Memories von Pragoma ================================================================================ Kapitel 2: Der Blick eines Hundes --------------------------------- Diese Augen. Braun, einen Blick, der dem eines Hundes glich, welcher einen erwartungsvoll ansah und gekrault werden wollte. Dann dieses Lächeln. Dieses unschuldige Schmunzeln, welches nicht darauf hindeutete, was dieser Kerl bereits alles getrieben hatte und vor allem mit wem. Kevin schmunzelte wissend vor sich hin, während er die Zimmerdecke über sich ansah und in Erinnerungen schwelgte. Zwölf Jahre, fast schon dreizehn war es her, als er ihn zum ersten Mal sah. Unschuldig auf einer Couch und keine Ahnung, wer er war und wie er hieß. Kevin seufzte, er drehte sich um und auf den Bauch, um besser an seinen Laptop zu kommen. Zielstrebig öffnete er einen selbst angelegten Ordner, klickte sich durch unzählige Bilder und blieb bei einem länger hängen. Da war es. Jenes Bild, welches sich tief in seine Netzhaut gebrannt hatte und noch schlimmer in sein Herz und seinen Verstand. Den Wochentag selber wusste er nicht mehr, dafür aber das Datum, an jenem er früher als erwartet in der Agentur angekommen war und zielstrebig auf der Suche nach Lukas war. Einer der Fotografen, der bereits seit Jahren im Geschäft und früher auch Darsteller war. *** Er konnte an den Stimmen nicht erkennen, ob da gerade Lukas oder Marty ein Shooting durchführte. Schwer für ihn zuzuordnen, die Stimmen. Kevin horchte daher auf, blieb einen Augenblick stehen und schlich bis zu der Tür, aus der die Stimmen kamen und linste um die Ecke. Doch ein Shooting und Marty, der die Kamera in der Hand hielt und dem Jungen auf dem Sofa Anweisungen gab. Er schien gut zu sein, setzte vieles zu Martys Zufriedenheit um und noch immer sah er nicht richtig, wer da geshootet wurde. Lediglich braune Haare erkannte er, gekleidet war der Junge mit einem weißen Shirt und verwaschene Bluejeans. Das Gesicht sah er nicht wirklich, dafür stand er zu weit weg, wollte nicht stören und schon gar nicht erwischt werden. Dennoch blieb er nicht unbemerkt, Marty hatte Augen wie ein Luchs und scheinbar konnte er zu seinem Nachteil um Ecken gucken. „Was machst du da, Kevin?" Ertappt und sichtlich verlegen trottete Kevin aus seiner Ecke heraus und grinste unbeholfen. „Eigentlich suche ich ..." Kevin blieben die Worte im Hals stecken, sein Blick klebte förmlich an dem Jungen auf der Couch, an dessen Lippen, an seinen Augen, seinem unschuldig wirkenden Blick, der unsicher zu ihm herübersah. „Ja?", hörte er zwar Marty fragen, doch er konnte sich nicht von diesem griechischen Gott abwenden, der plötzlich so süß zu lächeln begann, dass ihm ganz anders wurde. „Kevin?" „Hm?", brummte der Angesprochene lediglich und reagierte erst, als Marty kopfschüttelnd auf ihn zutrat und sich vor ihm aufbaute. „Raus jetzt, du Trantüte. Ich hab zu tun." Kevin schmollte kurzzeitig, verließ jedoch das Zimmer und doch drehte er sich nochmals um, sah den Jungen auf dem Sofa an und lief beinahe gegen den Türrahmen. Marty rollte mit den Augen, er schüttelte nochmals den Kopf und nahm sich schließlich wieder seine Kamera zur Hand. „Wer war das?", wollte der braunhaarige Junge wissen und kam nicht umhin leise zu lachen. „Dein Drehpartner für die nächsten Tage", erwiderte Marty knapp und nahm seine Arbeit wieder ganz auf. Trotz der Entfernung konnte Kevin deutlich hören, was Marty gesagt hatte oder spielten ihm seine Ohren einen Streich? Nein, sicher nicht. Kevin hatte sehr wohl mitbekommen, dass dieser süße Junge sein Drehpartner sein sollte. Ein schüchternes Lächeln umspielte seine Lippen und die zuvor sichere Haltung wich. Warum war er überhaupt in die Agentur gekommen? Alles war weg, nur dieser Junge war in seinen Gedanken und dominierten diese. „Kevin?", sprach ihn jemand an, doch er brauchte eine ganze Weile, um zu realisieren, dass Lukas rief und die Hand hob. „Kommst du? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit und wir müssen noch einiges besprechen." Ohne zu antworteten, folgte Kevin dem älteren Mann in sein Büro, setzte sich ihm gegenüber und sah ihn an. „Du hast in zwei Tagen einen Dreh mit einem Neuzugang und ich erwarte, dass du nett zu ihm bist." „Wie heißt er?", wollte Kevin wissen. „Andre. Er ist nur wenige Wochen jünger als du und hat gerade jetzt sein erstes Fotoshooting. Wenn du willst, kann ich euch nachher kurz bekannt machen", schlug Lukas vor, während er sich durch seinen Dreitagebart strich. „Das Thema ist dir bereits bekannt?" Ein Nicken folgte. „Keine überdrehten Sachen. Nichts, was überfordert oder Andre abschrecken könnte. Sei natürlich ..." Verschwommen drangen die restlichen Worte in seine Ohren. Kevin war in Gedanken schon wieder bei diesem süßen Jungen, der ihm von der ersten Sekunde an massiv den Kopf verdreht hatte. „Kevin, hörst du zu?" Dümmlich grinsend nickte der Angesprochene, was zur Folge hatte, dass Lukas seufzte, eine Packung Taschentücher nahm und ihn an den Kopf warf. „Ich erwarte übermorgen ein gewisses Maß an Professionalität und jetzt komm, Andre hat nachher noch ein Interview", wies er Kevin an, der sich bereits erhob und ungeduldig wirkte. Lukas schüttelte den Kopf. Er kannte dieses Verhalten gut, hatte es bei anderen Jungs schon oft gesehen und wusste, was sich daraus entwickelte. Oft nichts Gutes. Anfänglich vielleicht, danach endete es im Chaos, mit Tränen und nicht geplantem, vorzeitigem Ausstieg. Lukas folgte Kevin, holte ihn ein und hielt ihn kurz bevor er das Zimmer, in welchem Andre saß erreichte, zurück und sah ihn besorgt an. „Tu dir selber einen Gefallen und stürze dich nicht in ein Abenteuer, was euch beiden schadet. So etwas endet nie gut." 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