Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 73: Unverhohlen - Kränkung auf allen Seiten --------------------------------------------------- Unverhohlen – Kränkung auf allen Seiten „Wenn der Freund dich kränkt, verzeih’s ihm; und versteh: Es ist ihm selbst nicht wohl, sonst tät er dir nicht weh.“ (Friedrich Rückert, dt. Dichter, 18.,/19. Jhr.) „Was sollte das?!“ Vitali war sofort mit dem Läuten zur Fünfzehn-Minuten-Pause zu Justin gestürmt und stellte ihn zur Rede. Justin, der gerade dabei war, die Tische wieder an ihren richtigen Platz zu rücken, sah fragend zu ihm auf. „Serena gehört zu uns!“ Justin warf ihm einen strengen Blick zu, doch Vitali stoppte seine Tirade nicht. „Warum hast du Erik unterstützt? Das geht ihn gar nichts an! Und dann führt er sich auch noch auf, als wäre er Serenas persönlicher Beschützer! Der hat sie doch nicht alle! Was fällt dem ein! Als wäre er was Besseres. Und Serena, die dumme Kuh! Was soll der Scheiß! Die spinnen doch!“ Vitali wollte sich gar nicht mehr einkriegen. „Was soll das!“ Er schlug mit seiner Faust wütend auf den Tisch und zog eine grässliche Grimasse, die Augen auf den Tisch gerichtet. „Vitali.“, sprach Justin ihn an. „Vielleicht ist es besser, wenn Erik sich um sie kümmert. Er versteht Serena besser als wir.“ Vitalis Gesicht fuhr hoch, völliger Unwille sprach aus seiner Mimik, als habe sein Freund ihn persönlich beleidigt. „Gut, dann soll sie doch machen, was sie will!“, schrie er viel zu laut, wandte sich um, holte seinen Rucksack und lief aus der Tür. Justin sah ihm besorgt nach. Irgendwie wirkte Vitali auf ihn, als würde er vor lauter ohnmächtiger Wut kurz davor stehen zu weinen. Die Mädchen waren derweil zu ihm getreten. „Was ist los?“, fragte Ariane. Justin sah schuldbewusst zu Boden. „Vitali ist wütend, weil ich es unterstützt habe, dass Erik sich um Serena kümmert.“ Ariane machte nun auch ein besorgtes Gesicht. „Wir müssen zum Chemieraum.“, sagte Vivien quietschfidel. Sie schien als einzige von der gedrückten Stimmung nicht angesteckt zu werden. Ariane und Justin waren davon äußerst verwirrt. Der Chemieraum stieg nach oben an wie ein Zuschauerraum in einem Theater. Links und rechts gab es je einen langen Tisch. Üblicherweise saßen Vitali und Erik in der ersten Reihe der Wandseite, die anderen vier in der Reihe dahinter. Als die drei den Raum betraten, hatte Vitali bereits seinen Platz eingenommen, er hatte offenbar keine Lust gehabt, sich zu ihnen in die zweite Reihe zu setzen. Dass er freiwillig alleine in der ersten Reihe saß, zeigte, wie wütend er war. „Ich setz mich zu Vitali.“, verkündete Vivien und war auch schon an seiner Reihe angelangt, wo sie ihren Rucksack abzog und ihn abstellte. Sie ließ sich neben Vitali auf den Hocker fallen. „Was willst du?“, fragte Vitali missmutig, in teils eingeschnapptem, teils grollendem Ton. „Ich sitze hier.“, sagte Vivien unbekümmert. Vitali schaute nach vorne. „Seit wann?“ „Seit jetzt. Schau. Sitze!“ Vitali drehte sich ihr zu. Sein vorgetretener Mund und die zusammengezogenen Augenbrauen verrieten seine Stimmung unweigerlich. „Und was soll das?“ Sie holte ihre Schreibsachen hervor, als habe sie nichts gehört. „Hör mir gefälligst zu!“, schimpfte er lautstark. Vivien sah ihn arglos an. Was sollte er denn darauf sagen? „Ist mir doch egal.“, stieß er schließlich hervor und drehte sich wieder nach vorne. Nach wenigen Sekunden begann sie neben ihm eine Melodie zu summen. „Was machst du da?“, grollte er. „Hm?“ Wieder dieser dämlich unschuldige Ausdruck. Langsam fühlte Vitali sich träge. „Ah, Vitali! Du bist doch gut in Naturwissenschaften, kannst du mir das erklären?“, rief Vivien mit einem Mal und zeigte ihm im Buch die Aufgabe, die sie aufgehabt hatten. Überrascht betrachtete er die Aufgabe, auf die sie zeigte und begann ihr das Rutherfordsche Atommodell zu erklären. „Danke!“, rief Vivien begeistert. „Jetzt versteh ich das! Du bist echt toll, Vitali!“ Sie sah ihn mit großen leuchtenden Augen an. Vitalis Mundwinkel formten automatisch ein stolzes Grinsen. „Hehe, ja, ich kann das schon gut.“, sagte er, noch breiter grinsend. „Unheimlich gut!“, feuerte Vivien ihn an. Er verschränkte die Arme wie ein Herrscher und schien mit einem Mal mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Genau rechtzeitig zum Beginn der Stunde. Justin und Ariane hatten das Schauspiel stumm beobachtet. Ariane beugte sich zu Justin und flüsterte ihm leise ins Ohr. „Hat sie das nicht nur gemacht, um seinem Ego zu schmeicheln?“ Er nickte stumm, ehe ein träumerischer Ausdruck auf seine Züge trat. Vivien zwinkerte ihm heimlich zu, worauf er zu lächeln begann. Ariane hatte dabei gemischte Gefühle. So positiv sich Viviens Einsatz auch auswirkte, so unheimlich fand sie ihr manipulatives Geschick, mit dem sie scheinbar mühelos, jeden nach ihren Wünschen ummodeln konnte – selbst Erik. Ariane bekam eine Gänsehaut, wenn sie bedachte, wie oft Vivien sie vielleicht schon nach ihrer Pfeife hatte tanzen lassen. Der Heimweg verlief still. Zumindest machte Serena jetzt weniger den Eindruck, als würde sie gleich das Bewusstsein verlieren. Erik hatte die eine Hand in seine Jackentasche gesteckt – zu dieser Jahreszeit trug er noch seine kurze, schwarze Lederjacke – mit der anderen hatte er Serenas Hand ergriffen. Es fühlte sich ein bisschen an, als wären sie zwei Grundschulkinder, die zusammen nach Hause liefen. Der Gedanke ließ ihn schmunzeln. „Man kann Menschen nicht vertrauen.“, sagte Serena leise. Erik hatte es dennoch gehört. „Da hast du Recht.“ Serena sah zu ihm auf, als erwarte sie weitere Worte von ihm, doch da musste er sie enttäuschen. Sie senkte den Blick wieder. „Warum verstehen sie sich so gut mit ihr? Ich halt das nicht aus.“ Erik war über ihre ehrlichen Worte überrascht. Serenas Reaktion auf Amanda hatte ihm zwar deutlich gezeigt, was sie so bedrückte, aber er hätte nie damit gerechnet, dass sie dies laut aussprechen würde. Er wartete, um ihr die Möglichkeit zu geben, weiterzureden. „Ich kann niemandem vertrauen.“ „Das musst du doch auch nicht.“, entgegnete er. Serenas Gesicht verzog sich schmerzhaft. Ihre Reaktion bestürzte ihn. Die Trauer, die aus ihren Zügen sprach, ließ nur eine Deutung zu. „Du… möchtest vertrauen.“ Serena drehte ihr Gesicht weg. Erik konnte sich nicht des Gedankens erwehren, dass sie das unschuldigste Wesen war, das er seit langem gesehen hatte. Ihre Naivität schmerzte ihn. Es gab keinen Trost, den er ihr hätte spenden können. Vertrauen war nichts, was man sich wünschen sollte. „Es ist falsch zu vertrauen.“ Er wusste nicht, wieso er diese Worte aussprach; er konnte einfach nicht anders. Serenas Unterlippe kräuselte sich. „Wenn du vertraust, tun dir die Menschen nur weh. Darum: verlang nichts von Menschen, damit sie dir nicht wehtun können.“ Serena fühlte bei seinen Worten, wie sich etwas in ihrer Brust zusammenzog, wie eine Hoffnung, die zerquetscht wurde. „Freundschaft ist nur wichtig, solange es einem gut geht. Wenn es einem schlecht geht, ist man allein besser dran.“ Sie atmete tief ein und aus. Die Bilder von den anderen, wie sie um Amandas Tisch standen, wurden erneut in ihr wach und Hitze ergriff von ihr Besitz, stieg in ihren Kopf. Automatisch blieb sie stehen. „Serena?“ Erik sah, dass sie erneut einem Anfall nahe war. „Serena! Komm zu dir!“ Verdammt, er musste sie irgendwie ablenken. Hilflos griff er in seine Hosentasche, wo er allerdings nur sein Handy fand. „Schau mal, das neue iPhone. Damit kann man gestochen scharfe Bilder machen, und… Musik hören und… im Internet surfen.“ Was redete er da eigentlich? Wie in Trance starrte Serena auf sein Smartphone. Eilig drückte Erik auf die Musikgalerie und blätterte mit dem Finger zwischen den Titeln hin und her, so dass sie dem Ganzen folgen konnte. Als er ihre Aufmerksamkeit zu verlieren drohte, wählte er einen Titel aus und ließ ihn abspielen. Serenas Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ich hasse Hip Hop.“ Amanda hörte diese Musik. Erik hatte leider nicht viel mehr auf Lager und er hatte auch keine App für den Radioempfang heruntergeladen. „Entschuldige.“ Serena ließ den Kopf hängen. „Ich kann den anderen nicht mehr unter die Augen treten.“ Erik steckte sein iPhone wieder weg. „Wie kommst du darauf?“ „Ich kann nur hässlich zu ihnen sein.“, flüsterte sie. „Wenn das wahr wäre, wären sie sicher nicht mit dir befreundet.“ Serenas Gesicht verzog sich, als würde sie gleich losweinen, aber es flossen keine Tränen. Erik lehnte sich zu ihr. „Hey. Wer redet dir so was ein?“ Wieder schwieg sie. „Lässt du dir von Amanda so was einreden?“ Plötzliche Wut packte ihn. „Was soll das? Wieso lässt du dich so manipulieren? Das ist dumm!“ Er ergriff ihr Handgelenk und zog sie mit sich. „Komm.“ Sie waren nur noch ein paar Schritte von Serenas Zuhause entfernt. Erik schleifte sie mit sich und blieb erst vor der Haustür stehen. „Tu mir einen Gefallen und hör auf so viel zu denken, klar? Zieh dir einen Film rein oder mach sonst was, aber denk nicht so viel. Okay?“ Serena nickte, holte ihren Schlüssel aus dem Rucksack und schloss auf. Sie trat ein und drehte sich Erik zu, um Tschüss zu sagen. Sie sah immer noch elend aus. Erik machte einen Schritt auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Es ist alles gut.“ Dann löste er sich wieder von ihr. „Wir sehen uns morgen.“ Es klopfte an der Tür des Chemieraums. Frau Schmitz unterbrach ihre Ausführungen, da die Tür sich ohne Schlüssel nur von innen öffnen ließ. Erik entschuldigte sich höflich für seine Verspätung. Durch das Gespräch mit Serena hatte ihre Eskortierung länger gedauert, wodurch die erste Chemiestunde bereits fast zu Ende war. Frau Schmitz war über die Umstände bereits informiert worden, und ging zurück zum Tageslichtprojektor, um die Folie weiter zu besprechen. Als Erik auf seinen üblichen Sitzplatz sah und dort Vivien entdeckte, fing er sich einen bösen Blick von Vitali ein. Er hatte es nicht nötig, diesen zu erwidern. Stattdessen lief er zur zweiten Reihe, schlüpfte an Ariane und Justin vorbei und nahm neben Justin Platz. Keiner der beiden stellte Fragen, stattdessen gab ihm Justin zwei Arbeitsblätter und sagte ihm in Kürze, wo sie gerade waren. Auch in der Fünf-Minuten-Pause gab es keine Nachfragen. Ariane schien ihn ansprechen zu wollen, wurde aber von Justin davon abgehalten, wodurch Erik Zeit hatte, den Aufschrieb des ersten Arbeitsblatts nachzutragen. Erst als die Schulklingel das Ende des Unterrichts einläutete und sie gemeinsam den Raum verließen, wurde das Thema angesprochen. „Ist alles okay mit Serena?“, erkundigte sich Ariane. Erik nickte. „Was ist passiert?“, fragte sie. Ernst blickte Erik nach vorne. Der Haupteingang war nicht mehr weit. „Ihr solltet nicht so viel mit Amanda reden.“ „Aber -“ Ehe Ariane daran erinnern konnte, dass es sich dabei doch nur um eine Gruppenarbeit handelte, wurde sie von Vitalis tobsüchtigem Schrei unterbrochen. Er stand plötzlich vor Erik. „Das geht sie ’nen Scheißdreck an, mit wem wir reden!“ Serenas halb ohnmächtiges Gesicht schoss Erik durch den Kopf und sein Zorn über Vitalis Einwurf kannte keine Grenzen. „Weil sie dir scheißegal ist!“ Automatisch versetzte Vitali ihm einen wütenden Stoß vor die Brust. Zornig funkelte Erik ihn an. „Wo warst du, als sie geweint hat?“ „Niemand hat dich darum gebeten, dich um sie zu kümmern!“, schrie Vitali. „Während du dich prächtig mit Amanda unterhalten hast.“, spottete Erik. „Lass Amanda da raus.“ Angewidert schüttelte Erik den Kopf und wollte an Vitali vorbeigehen. Vitali verstellte ihm den Weg. „Für wen hältst du dich eigentlich? Für Serenas Beschützer?“, blaffte er. Erik warf ihm nur einen verächtlichen Seitenblick zu. „Du bist es jedenfalls nicht.“ Vitalis Erregung erreichte einen Höhepunkt „Du weißt ’nen Scheiß!“ „Geh doch zu deiner heißgeliebten Amanda.“ Vitalis Brüllen war ohrenbetäubend. „Wenigstens schmeißt sie sich nicht an dich ran, wenn kein anderer da ist!“ Eriks Zorn wurde übermächtig. Er stieß Vitali mit aller Gewalt von sich, dass dieser mit dem Hintern auf dem Boden landete. Drohend streckte er ihm die Hand entgegen. „Pass auf, was du sagst!“ Vitali sprang wieder auf und wollte auf ihn losgehen, doch Justin war zur Stelle, um die beiden auseinander zu halten. „Hört auf!“ „Ihr benehmt euch lächerlich!“, rief Ariane lautstark. Erik entzog sich Justins Griff, reckte das Kinn und verließ mit erhobenem Haupt das Schulgebäude. Vitali schrie ihm noch ein Schimpfwort hinterher. „Vitali!“, schrie Justin ihn an, wie um ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Vitali durchbohrte ihn mit wutentbrannten Blicken. Seine Stimme wuchs zum unkontrollierten Brüllen an. „Und ihr unterstützt die Scheiße auch noch! Er kann machen, was er will! Serena kann machen, was sie will! Aber euch interessiert das ja nicht! Ich scheiß auf Serena!!!“ Der Bereich um Vitalis Augen hatte eine purpurne Farbe angenommen, als würde er weinen, ohne Tränen zu vergießen. Er wandte sich in einer brutalen Bewegung ab und rannte aus dem Schulhaus. „Vitali!“, schrie Ariane ihm noch nach, doch es half nichts. Sie spurtete ihm hinterher. Justin stand hilflos da, sah Ariane und Vitali hinterher. Er fühlte sich schrecklich und dachte, er sei der Schuldige an dieser ganzen Misere. Hätte er nicht Erik als Serenas Begleiter bekräftigt, wäre das vielleicht alles nicht passiert. Vivien trat neben ihn und lächelte ihn sachte an. „Ariane macht das schon. Sie kann gut mit den Jungs. Vertrau ihr.“ Justin sah wenig überzeugt aus. Betrübt senkte er das Haupt. Vivien sprach weiter. „Vitali ist nie lange böse.“ Die Behauptung ging an Justin vorbei. Er sah keine Möglichkeit, dass Vitali ihm vergab. Vielleicht hätte er ihm als Freund beistehen müssen, zu ihm halten. Aber als es um diese Entscheidung gegangen war, hatte er als Beschützer gedacht und daran, was für Serena das Beste war. Er hatte ja nicht ahnen können, was er damit anrichtete. Er hatte alles falsch gemacht. „Justin?“ Er sah nicht auf. „Erik und Vitali sind gute Freunde. Und Serena und Vitali sind auch gute Freunde.“ Während ihrer Worte sackte Justin immer mehr zusammen. „Die Welt geht nicht unter, wenn sie mal streiten. Dafür haben sie sich viel zu gern.“ Nun war Justin nur noch ein Schatten seiner selbst. Wie eine verdorrte Pflanze stand er da, Vivien wunderte sich etwas darüber und betrachtete ihn eingehend. „Justin. Vitali mag auch dich viel zu gern, als dass er dir jemals lange böse wäre.“ Sie sah an seiner Körperreaktion, dass sie dieses Mal den richtigen Punkt getroffen hatte. „Weißt du nicht, dass du Vitalis bester Freund bist?“ Offenbar nicht. „Vitali macht vieles, ohne darüber nachzudenken. Bei dir ist es umgekehrt.“ Nun erst sah er sie wieder an. „Wenn er dich anschreit, hat er sich das nicht lange überlegt. Er tut das einfach, weil ihm danach ist, und eine Minute später ist es wieder vergessen. Das würdest du nie tun.“ Justin schien ihr da voll und ganz zuzustimmen, er würde das nie tun. Automatisch lächelte sie. Vielleicht war es auch das, was sie so sehr an ihm liebte. Unsicher sah Justin zu ihr. „Komm.“, sagte sie, nahm seine Hand und zog ihn mit aus dem Schulhaus. Auf dem Weg zur Bushaltestelle neben der Grünfläche holte Ariane Vitali ein. „Warte doch!“ Ruckartig drehte er sich zu ihr um. „Ich hab die Schnauze voll davon zu hören, dass wir ständig auf Serena Rücksicht nehmen sollen!“ Sein Mund nahm eine unstete Form an, als wisse er nicht, welcher Gefühlsregung er nachgeben sollte. „Vitali…“ Ariane streckte die Hand nach ihm aus und berührte sachte seinen Oberarm. „Ich hab einfach die Schnauze voll!“, wiederholte er, mehr schwach als zornig. „Das verstehe ich.“ „Da bist du aber die einzige.“ Seine Gesichtsmuskulatur war noch immer angestrengt damit beschäftigte, nicht noch mehr zu offenbaren, doch wie immer gelang es ihr nur schlecht. „Ist ja gut.“ Sie fuhr ihm beruhigend über den Arm. „Warum sind alle immer auf Serenas Seite? Warum darf sie immer alles machen und es ist allen egal?“ Nun war der verletzte Klang aus seiner Stimme deutlich herauszuhören. „Sie macht das nicht, um dir wehzutun.“ Augenblicklich verzog sich Vitalis Mimik unschön, er redete wie ein beleidigter kleiner Junge. „Die blöde Kuh.“ Ariane musste angesichts dieser Wendung lachen. Vitali sah sie an und konnte nicht anders als in das Lachen mit einzustimmen, wie man es manchmal tat, wenn man nicht mehr wusste, was man sonst mit den ganzen Emotionen machen sollte, die sich in einem angesammelt hatten. „Wieder gut?“, erkundigte sich Ariane. „Natürlich.“, meinte Vitali betont gelassen. „Ist ja nichts gewesen.“ Ariane schüttelte belustigt den Kopf und stieß ihn schelmisch an. Vitali lächelte. Vivien hatte richtig vermutet. In einigen Metern Entfernung standen Ariane und Vitali. Sie schleifte Justin, der bei Vitalis Anblick automatisch stehen geblieben war, weiter mit sich. Justin torkelte hinter ihr her und hatte den Blick gesenkt. Als Vitali ihn kommen sah, nahm sein Gesicht wieder den Ausdruck eines eingeschnappten Jungen an. „Was wollt ihr denn hier?“, sagte er so künstlich desinteressiert, als gäbe es nicht den geringsten Anlass mit ihnen zu reden. Aber er war ein so schlechter Schauspieler, dass Vivien für einen Moment nur grinste. Justin dagegen stand mit eingezogenem Kopf da. „Äh?“ Vitali deutete verwirrt auf Justin. „Was ist mit dem los?“ Vivien antwortete nicht, stattdessen ließ sie Justin los. Justin reagierte nicht. Daraufhin trat Vitali auf ihn zu und boxte ihm vorsichtig gegen die Schulter. „Hey!“ Kleinmütig sah Justin auf. „Oh nee. Jetzt machst du auch schon so ’ne Fresse wie Serena!“ Vitali riss seine Hände an den Kopf. „Ich werde verfolgt!“ Dann packte er Justin entschieden bei den Schultern. „Du bist ein Mann! Männer gucken nicht so!“ „Natürlich schauen Männer so.“, wandte Ariane ein. „Tun sie nicht!“, rief Vitali. Ariane senkte die Augenlider halb. „Du hast vor einer Minute noch so geschaut.“ „Waaas?! Hab ich nicht!“, schrie Vitali. „Hast du wohl.“ „Hab ich nicht!“ Ariane verdrehte die Augen. „Dann ist es eben männlich so zu schauen!“, entschied Vitali und klopfte Justin bestätigend auf die Schulter. Justins Gesichtsausdruck nach zu urteilen verstand er nichts davon. „Du solltest trotzdem damit aufhören.“, meinte Vitali. Justin war verwirrt. „Justin…“, sagte Vitali mit Grabesstimme und verwuschelte dem einen halben Kopf kleineren Jungen das kastanienbraune Haar. Von der groben Behandlung gar nicht begeistert, entzog sich Justin eilig seinem Griff und hielt sich den Kopf. Vitali lachte auf. Justin, davon überrascht, schien in diesem Moment erst zu begreifen, dass Vitali ihm tatsächlich nicht mehr böse war und seine Geste kein Angriff sein sollte. Vitali grinste ihn an, als wäre nie etwas gewesen. Noch immer zögerte Justin. Dann lächelte er schüchtern, was Vitalis Grinsen noch breiter werden ließ. Vivien indes hakte in Gedanken die beiden auf ihrer mentalen Liste ab. Jetzt fehlte nur noch Serena. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)