Balance Defenders von Regina_Regenbogen ================================================================================ Kapitel 135: Verbindende Gefühle – Teil des Teams ------------------------------------------------- Verbindende Gefühle – Teil des Teams   „Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.“ (Ralph Waldo Emerson)   Im Aufenthaltsraum setzten sich die sechs auf die große Couch. Serena und Vitali nahmen an entgegengesetzten Enden Platz, saßen dadurch jedoch einander gegenüber. „Wie geht es euch?“, erkundigte sich Ariane besorgt. Ewigkeit flog derweil an ihre Seite und musterte Serena und Vitali interessiert. Serena nickte bloß, Vitali zuckte mit den Schultern. Die beiden sahen kurz einander an und wandten dann deutlich verlegen den Blick ab. „Was ist denn genau pa-“ Ariane wurde von Erik unterbrochen „Was sind diese Plagen?“, forderte er nachdrücklich zu erfahren. Ariane warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, den er gekonnt ignorierte. „Das wissen wir nicht genau.“, antwortete Justin. „Wann habt ihr davon erfahren? Und wieso habt ihr mir nichts davon gesagt?“, hakte Erik weiter nach. Vivien meldete sich zu Wort. „Der Schatthenmeister hat uns erst am Sonntag darüber informiert.“ Ariane war froh, dass Vivien das Reden übernahm. Sie selbst hätte keine Ahnung gehabt, wie sie Erik eine glaubhafte Geschichte auftischen sollte. Ihre Befürchtung, dass er die ganze Sache mit seiner Gedächtnislücke von Samstag in Verbindung bringen würde, machte sie nervös. „Der Schatthenmeister?“, fragte Erik ungläubig. Vivien nickte unbekümmert. „Er hatte den Auftrag, diese Plagen zu finden, aber er wusste nicht, dass sie freigesetzt würden, wenn sie in die normale Welt kommen. Er weiß auch nicht, was genau sie machen.“ „Stopp.“, unterbrach Erik. „Der Schatthenmeister, der euch entführt und Schatthen auf euch gehetzt hat?“ „Genau der.“, antwortete Vivien leichthin. Eriks Gesichtsausdruck sagte deutlich, dass er das für absolut absurd hielt. „Warum?“ Vitali antwortete. „Er hat keine Freunde.“ Erik fand das nicht lustig. „Was hat er davon, dass er euch Informationen zuspielt? Und wieso vertraut ihr ihm?“ „Wir vertrauen ihm nicht.“, stellte Justin klar. „Er hat uns damals bei den Allpträumen auch geholfen.“, erinnerte Vivien Justin und wandte sich wieder Erik zu. Lässig zuckte sie mit den Schultern. „Er informiert uns immer, wenn er einen Auftrag hat, mit dem er nicht alleine klarkommt.“ „Und ihr helft ihm?“ Erik war fassungslos. Ernst berichtigte Justin. „Wir verhindern, dass diese Dinger noch mehr Schaden anrichten. Wir helfen ihm nicht.“ Vivien fügte amüsiert hinzu: „Grauen-Eminenz ist wohl selbst kein Fan seiner Aufträge.“ Erik starrte sie unwillig an. „Ihr wollt mir allen Ernstes erzählen, dass er sich gegen seine Auftraggeber wendet? Das ist Unsinn. Er instrumentalisiert euch bloß für seine Zwecke!“ Vitali antwortete lapidar: „Nee, der ist einfach bloß bekloppt.“ Auch Vivien blieb locker, als wäre nichts dabei. „Besser wir sind vorgewarnt, als dass er wieder aus dem Hinterhalt angreift.“ „Das ergibt überhaupt keinen Sinn!“, schimpfte Erik. „Sagt ihr wirklich die Wahrheit?“ Ariane fuhr kurz zusammen, obwohl es den Tatsachen entsprach, dass der Schatthenmeister ihnen schon mehr als einmal geholfen hatte. Vivien lächelte „Wieso sollten wir dich anlügen?“ Erik richtete seinen Blick auf Ariane, als wüsste er, dass sie am schlechtesten darin war, ihm etwas vorzutäuschen. Ariane holte Luft: „Wir wissen nicht, warum er uns manchmal hilft.“, sagte sie kleinlaut. Das war definitiv nicht gelogen. Serena mischte sich ein und sah Erik durchdringend an. „Denkst du, ich würde dem Schatthenmeister vertrauen?“ Purer Argwohn sprach aus ihren Zügen. Das schien Erik zu beruhigen. „Wieso habt ihr es mir nicht gleich gesagt?“ Vitali alberte: „Hey Mann, da sind irgendwelche Plagen unterwegs, wir haben keine Ahnung, was die machen und ob das überhaupt stimmt, aber hey! Du wurdest gewarnt!“ Er deutete mit beiden Zeigefingern auf ihn. Erik seufzte. „Ab jetzt könntet ihr mich trotzdem informieren.“ Freudig fragte Vivien. „Willst du das?“ Erik zog die Augenbrauen zusammen, als verstünde er die Frage nicht. „Als wir dich eingeweiht haben, hast du gemeint, dass du es lieber nicht wissen würdest.“, erklärte Vivien. Erik widersprach nicht. Justin griff Viviens Gedankengang auf. „Wir wollen dich nicht unnötig in diese Dinge mit hineinziehen.“ „Dafür ist es ja wohl zu spät.“, entgegnete Erik. Auf seine Worte hin schwebte Ewigkeit zu ihm, als wolle sie ihn trösten. Er ging nicht darauf ein. Mit harter Stimme verkündete er: „Ich bin jetzt Teil dieses Teams und ich will auch so behandelt werden.“ Augenblicklich begann Ewigkeit zu strahlen und stieß euphorische Glöckchentöne aus. Zaghaft wandte sich Ariane nochmals an ihn. „Bist du dir wirklich sicher?“ „Du hast die ganze Zeit darauf bestanden, dass Secret ein Beschützer ist.“, erwiderte Erik abweisend. Prompt klebte Ewigkeit an seiner Wange. Er quittierte dies mit einem unzufriedenen Brummen, das die Kleine jedoch nicht mehr abschrecken konnte. Begeistert klatschte Vivien in die Hände und sprang von ihrem Platz auf. „Dann wirst du jetzt offiziell in unseren Teamruf eingeweiht!“ Sie positionierte sich und sah die anderen auffordernd an. Keiner der anderen tat ihr den Gefallen, ebenfalls aufzustehen. Vor Erik war es irgendwie peinlich. „Kommt schon!“, bettelte Vivien. „Erik gehört doch jetzt auch zum Team!“ Beschämt standen die anderen auf und Ewigkeit drehte fröhlich Pirouetten um Vivien. „Balaaaaaance….“ Während Vivien und Vitali ein lautes „Defenders!“ riefen, das die anderen nur flüsterten, streckten sie ihre Arme in die Höhe. Befangen schauten sie in Eriks Richtung. Dieser gaffte sie an, als wären sie eine Zirkustruppe. „Komm, mach mit!“, forderte Vivien ihn auf. Absolut ablehnend reagierte Erik. „Alles hat seine Grenzen.“ Vitali deutete schimpfend auf ihn. „Solange du den Teamruf nicht machst, bist du nicht Teil des Teams!“ „Ich überleg mir das noch mal mit dem Team.“, antwortete Erik. Ewigkeit wurde von dieser Aussage schwer getroffen. Sie wirkte, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Zur Überraschung der anderen erhob sich Erik daraufhin stöhnend. Er sah Ewigkeit miesepetrig an, dennoch lächelte sie nun wieder übers ganze Gesicht. Vivien kicherte und wiederholte den Gruppenruf. Dieses Mal waren auch die anderen mit mehr Elan bei der Sache, während Erik einfach nur zum richtigen Zeitpunkt den Arm in die Höhe streckte. Vitali neben ihm grinste ihn schelmisch an. „Willkommen im Team.“ Erik schaute, als würde er diese Entscheidung jetzt schon bereuen. Doch das brachte Vitali nur dazu, noch breiter zu grinsen und ihm spielerisch in die Seite zu boxen, um ihn aus der Reserve zu locken. Gekonnt wehrte Erik ihn ab. Vitali dagegen lachte enthemmt und entlockte Erik damit ein Schnauben, das entfernt belustigt klang. Kleinlaut ergriff Serena das Wort. „Ich müsste langsam nach Hause.“ „Okay!“, stimmte Vivien fast schon überdreht zu. Sie holte ihren Rucksack und reichte ihn ohne Umschweife Vitali, der sie ziemlich irritiert anschaute. „Bringst du den zu mir nach Hause? Ich will noch etwas frische Luft schnappen.“ „Ich bin doch nicht dein Packesel.“, merkte Vitali an, während er den Rucksack bereitwillig entgegennahm. „Danke schön!“, flötete Vivien und umarmte Vitali kurz. Unsicher blickte Justin zu ihr. Erik entging es nicht. „Willst du auch laufen?“ Ertappt wandte sich Justin ihm zu und zögerte. „Wir bringen deinen Rucksack auch zu Vivien, dann muss Vitali nicht zweimal teleportieren.“, schlug Erik vor, als sei es bereits entschiedene Sache. Vivien kicherte. Justin zog den Kopf ein. „Danke.“ Erik streckte seinen Arm aus, um Justins Rucksack an sich zu nehmen. Nachdem er seinen Haustürschlüssel herausgeholt hatte, tat Justin ihm den Gefallen, auch wenn er nicht ganz glücklich damit aussah. Anschließend wandte Erik sich an Ewigkeit „Möchtest du bei Serena bleiben?“ und drehte sich zu Serena. „Wäre das für dich okay?“ Serena nickte. Dann richtete er das Wort an Vitali. „Macht es für dich kräftetechnisch einen Unterschied, ob du eine Person teleportierst oder mehrere?“ Vitali zuckte mit den Schultern. „Nö.“ „Willst du uns dann alle zusammen teleportieren?“ Vitalis Gesichtsausdruck legte nahe, dass er Eriks Vorschlag nicht nachvollziehen konnte. Erik hob vielsagend die Augenbrauen und Vitali schien zu begreifen, dass er ansonsten – wenn auch nur für Sekunden – mit Serena alleine sein würde. „Klar.“, presste er hervor. „Dann bringen wir als erstes Serena nach Hause, anschließend Ariane, und ich helfe dir, die Sachen bei Vivien abzulegen.“ „Machst du für alles Pläne?“, fragte Vitali verdutzt. „Einer muss ja für dich mitdenken.“, entgegnete Erik und grinste, woraufhin Vitali das Gesicht säuerlich verzog. Gemeinsam verließen sie das Sofa. Vivien umarmte noch einmal Serena, als habe diese die Extraportion Liebe am nötigsten, dann verabschiedeten sie sich voneinander und Vitali teleportierte.   Erik war einmal mehr überrascht, wie schnell Vitali diese Teleportationskräfte einsetzen konnte. Wenn Ewigkeit nicht jedes Mal vorher noch hätte nachschauen müssen, ob die Luft rein war, wäre es noch schneller gegangen. Sie kamen in seinem Zimmer an. Ein Augenblick verstrich. „Du musst loslassen, sonst funktioniert das nicht.“, nörgelte Vitali. „Ich muss mit dir reden.“, sagte Erik und ließ seine Hand schließlich los. „Hä?“, machte Vitali. Erik ging nicht darauf ein, sondern widmete sich Ewigkeit. „Kannst du uns kurz allein lassen?“ Das Schmetterlingsmädchen nickte und war im gleichen Moment verschwunden. Vitali schreckte von ihm weg. Erik verdrehte die Augen. „Ich bin nicht besessen.“ Vitali schürzte beleidigt die Lippen, als hielte er es für boshaft, dass Erik sich darüber lustig machte.   „He.“, sagte Erik sachte. „Ich war vielleicht vorhin etwas streng zu dir, aber mir ist klar, wie schwer das für dich war.“ Vitali machte den Eindruck, nicht nochmals an die Situation denken zu wollen. Erik sprach weiter. „Auch wenn es nicht einfach für dich ist, solltest du wissen, dass sie solche Gefühle für dich hat.“ Vitali starrte ihn an. „Deshalb ist sie oft abweisend zu dir. Sie will nicht, dass du es merkst, weil sie Angst hat.“ Etwas ging in Vitalis Gesicht vor, seine Züge wurden hart. Erik konnte das nicht nachvollziehen. An Vitalis Verhalten war schon immer zu erkennen gewesen, dass er mehr als Freundschaft für Serena empfand. Das gestern hatte es nur noch deutlicher gemacht.  „Hast du mir gerade zugehört?“, fragte er irritiert. Die Anspannung in Vitalis Gesicht wandelte sich zu Trotz. „Ist mir egal!“, rief er lautstark. Wut kam in Erik auf. „Dir ist egal, was sie für dich fühlt?“ „Ja!“, schrie Vitali. Erik fühlte den Drang, ihn für diese Worte zu bestrafen. Wie konnte ihm egal sein, dass Serena unglücklich in ihn verliebt war?! Vitali schrie weiter. „Ihr ist doch auch egal, was ich fühle!!!“ Erik stockte. Vitali wirkte völlig aufgelöst. Es war offensichtlich, dass er vor Wut und Ohnmacht kurz davor stand, in Tränen auszubrechen. „Es geht immer nur um Serena!“, brüllte er. „Dir und allen anderen!“ Erik konnte die Tränen in Vitalis Augen sehen. Seine Stimme wurde weich. „Denkst du das?“ Vitali wich seinem Blick aus. Daraufhin setzte Erik fort. „Ich dachte, es wäre leichter für dich, wenn ich dir das sage. Ich habe Serena nichts über deine Gefühle für sie erzählt.“ Mit einer unglaublichen Verletzlichkeit im Blick sah Vitali ihn an. Erik fühlte sich unwillkürlich an das Bild von Serena erinnert. Von diesen Moment, in dem sie ihm wie das unschuldigste Wesen vorgekommen war. Er hatte nicht geglaubt, ein zweites Mal einen solchen Eindruck von jemandem zu bekommen. Auch wenn er gewusst hatte, dass Vitali zu naiv und ehrlich war, wurde ihm erst in diesem Moment wirklich bewusst, wie verletzlich ihn das machte. Er rang sich zu weiteren Worten durch. „Mir ist wichtig, was du denkst.“ Vitalis Mund verzog sich. Dieser Junge hatte einfach ein so sprechendes Gesicht, dass man ihm viel zu oft ansah, was in seinem Herzen vorging. Wie hatte er so bloß bis zum heutigen Tag überleben können? Vitalis Stimme schrumpfte zusammen. „Versprichst du, dass du ihr nichts sagst?“ Erik war von Vitalis Arglosigkeit schockiert. Verstand er denn nicht, dass er dadurch vor ihm zugab, in Serena verliebt zu sein? Er war viel zu vertrauensselig! Fast als würde er keine bösen Hintergedanken kennen. Wahrscheinlich war es das, was Serena so zu ihm hinzog. Beide waren von einer so täppischen Aufrichtigkeit, dass es Erik unbegreiflich erschien, wie sie nicht längst daran zerbrochen sein konnten. Diese Welt war zu hart für solche Menschen. Viel zu hart. Ein halb trauriges, halb gerührtes Lächeln stahl sich auf Eriks Lippen. Diese beiden waren wirklich noch Kinder. Er holte tief Luft. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“, sagte er nüchtern. „Wieso stehen wir überhaupt noch hier? Ist dir langweilig?“ Das verführte Vitali tatsächlich zu einem Lächeln. „Gut, dass du so ein Gedächtnisproblem hast.“ Nun grinste er. Erik antwortete mit einem grimmigen Lächeln. Ein Lachen schien Vitalis Versuch zu sein, seine vorige Anspannung umzuwandeln. Ohne Umschweife rief Erik Ewigkeit herbei. „Schau, ob bei Verändern der Raum frei ist.“ Schon war sie wieder weg. „Erik?“ „Hm?“ Ewigkeit kam zurück. „Alles frei!“ Vitali nickte ihr zu, worauf sie wieder ging. „Wolltest du noch was sagen?“, fragte Erik. „Nö.“, meinte Vitali, blieb dann aber stehen, anstatt zu teleportieren. „Willst du mir noch eine Liebeserklärung machen?“, neckte Erik ihn. „Halt die Fresse.“, zischte Vitali und stieß die Luft aus. Einen weiteren Moment zögerte er. „Du bist ein echter Freund.“ Erik kam nicht in die Verlegenheit, darauf zu antworten. Im gleichen Moment war Vitali verschwunden.  Sprachlos stand Erik da. Etwas Leidendes trat in seinen Blick. Vitali war … – wirklich viel zu naiv! Er biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Doch auch das konnte nicht verhindern, dass das warme Gefühl, das er in der Nähe der anderen immer mehr empfand, sein Inneres einnahm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)