Nichtschwimmer von Veexx ================================================================================ Prolog: Wir waren unendlich --------------------------- Sanft legte sich die Dunkelheit um die zwei Körper auf der großen Luftmatratze während sich das Mondlicht brach, in den Scheiben der Gläsernen Decke des Wintergartens des warmen Einfamilienhauses. Die Decke nur halb über sie Gezogen, Arme unter dem Kopf verschränkt lagen die Blicke beider Jungen auf der Sternenansammlung die sich wie ein Zelt über sie spannte. Sie lagen oft hier, immer wenn sie sich trafen schliefen sie im Wintergarten von Lukas Elternhaus. Lukas war Min-kis bester Freund. Der erste der auf ihn zu gekommen war, der sich mit Händen und Füßen mit dem Koreaner unterhalten hatte, als dieser noch kein Deutsch sprach. Lukas war ihm wichtig. Und niemals würde Min-ki jemandem von Heute erzählen. Dem letzten Abend an dem sie hier im Wintergarten hatten liegen können, von den Tränen die Lukas geweint hatte. Lukas Eltern ließen sich scheiden. Scheidung. Ein Satz den der Schüler nicht gänzlich greifen konnte. Nicht begreifen. Wie konnte man sich denn einfach nicht mehr lieben? So ganz plötzlich? Eltern sollten zusammen bleiben. Eine Familie sein. Ob seine Eltern sich auch irgendwann einfach entlieben würden? Oder ihn? „Zieht ihr weit weg?" Min-Kis stimme klang leise während seine Hand mit den dunklen Haaren seines besten Freundes spielten. „Nein. Aber in der neuen Wohnung haben wir keinen Wintergarten mehr" „Dann schlafen wir eben auf dem Balkon" Lukas nickte und Mins Fingerspitzen fühlten der sachten Bewegung seines Kopfes dabei nach. Leise knarzte die Luftmatratze während der Koreaner sein Bein anwinkelte. Es gab nicht viele Menschen, bei denen er sich schon sicher genug fühlte, die Prothese ab zu nehmen, die er seit drei Jahren brauchte. Seit er bei dem Unfall sein Bein verloren hatte. Nur sein Bein, hatten seine Eltern gesagt. Sie waren froh, das es nur das Bein war. Min-ki nicht, er hätte es gern wieder. Hatte manchmal Alpträume, von seinem Bein, wie es einfach in den Müll geworfen wurde. Sein Vater, der ihm erklärt hatte was mit dem Körperteil passiert war, hatte es unwissentlich nicht besser gemacht. Min hätte es gern beerdigt. Ob man auch einfach nur ein Bein beerdigen konnte? Er hatte noch kein Grab dafür gesehen. „Tut das eigentlich weh?" Der kleinere der beiden Schüler sah zu seinem besten Freund, ließ die Hand von seinen Haaren ab, durch die Bewegung von Lukas als dieser sich aufsetzte, zu der Prothese sah. „Manchmal" „Aber es ist doch weg, wie kann das weh tun?" Auch Minki setzte sich auf, lehnte sich auf seine Unterarme und legte den Kopf ein wenig schief. „Ich weiß nicht. Aber es tut weh. Manchmal kribbelt es, als wäre es eingeschlafen." Phantomschmerz. Nichts das Minki wirklich greifen konnte, doch fühlen. Das konnte er. Genauso wie er die Wärme fühlte, als Lukas seinen Kopf auf Minkis Schulter legte, und seine dunklen Haare ihn an der Nase kitzelten. „Ih. Das stell ich mir richtig scheiße vor" „Das ist richtig scheiße" Die Stille gesellte sich wieder zu den Jungen, wurde nur ein wenig gestört, von dem wieder leisen Schluchzendem Lukas, auf dessen Rücken die Hand des Koreaners lag, sacht darüber strich. Niemals würde er es jemandem erzählen, das Lukas weinte. Jungs weinten nicht. Oder viel mehr, hier weinten die Jungs nicht. Hier umarmten sie sich aber auch nicht. Nicht so. Hier lagen sie nicht zusammen auf Luftmatratzen und sahen sich die Sterne an und sprachen über fehlende Beine und Kaputte Familien. Hier kraulten sie sich nicht gegenseitig durch die Haare. Minki und Lukas taten es trotzdem. Vielleicht weil Lukas es nicht schlimm fand, und Minki so gern bei ihm war. Vielleicht aber auch, weil Minki dieses Kribbeln im Bauch hatte, immer wenn Lukas ihn in den Ferien ganz aufgeregt anrief und sie zum schwimmen fuhren wenn es warm war, oder wenn Lukas etwas ganz besonders leckeres aß und Minki den Löffel entgegen hielt. Und bestimmt war es auch dieses Kribbeln das ihn nicht schlafen ließ, wenn er neben Lukas lag. das sein Herz so schnell schlug das ihm manchmal sogar schlecht wurde. Und das er so viel von ihm sprach und am liebsten alle Abenteuer die ihm das Leben noch geben würde mit ihm erleben wollte. Minki würde sich nie von Lukas scheiden lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)