Das Herz will, was das Herz will! von Weissquell (Fortsetzung zu "Die Personentombola") ================================================================================ Kapitel 1: Nur ein blöder Kuss! ------------------------------- Trübes graues Tageslicht schien zwischen den Jalousien des Schlafzimmerfensters hervor und kündigte das erste Anzeichen des neuen Tages an. Eiri Yuki öffnete matt die Augen und warf einen Blick zur Uhr. Der kleine, graue Radiowecker zeigte gerade mal 5:53 h. Eiri brummte resigniert und vergrub sein Gesicht wieder in der Bettwäsche. Das war noch keine Zeit um aufzustehen. Seit Tagen war er nun schon immer so früh wach und langsam machte sich der Schlafmangel bemerkbar. Nicht dass er es nicht gewohnt war die Nächte durchzutippen, wenn ihn die Muse gerade küsste. Wenn ihn die Inspiration packte, konnte er alles um sich herum ausblenden und vergessen, sogar Essen und Schlaf. Meist holte sich jedoch sein Körper dann die nötige Erholung am nächsten Morgen und er schlief fast bis Mittags. Nicht so in letzter Zeit. Er war launisch, brummig und reizbar, zumindest mehr als normalerweise. Jedenfalls sagte das sein Mitbewohner. Er drehte den Kopf und betrachtete den jungen Mann mit den gefärbten Haaren, der neben ihm unter der Decke lag und noch immer tief und fest schlief. Seine Atemzüge waren gleichmäßig nur hin und wieder schien er im Schlaf ein wenig zu schmatzen. Eine leichte Spur Sabber lief ihm aus dem Mundwinkel, jedoch seine Gesichtszüge waren entspannt. Schweigend musterte Eiri den Schlafenden. Er sah so friedlich aus wenn er schlief, als könnte ihn kein Wässerchen trüben. Natürlich änderte sich das schlagartig wenn er wach war. Dann war dieser zierliche kleine Musiker das reine Chaos in Person und konnte eine entsetzliche Nervensäge sein. Eiri widerstand der Versuchung ihm eine ins Gesicht gefallene Haarsträhne beiseite zu wischen. Er atmete noch einmal durch und dann erhob er sich. Er würde ohnehin nicht mehr schlafen können. Schwerfällig bückte er sich zu seinem Slip neben dem Bett und streifte ihn über. Dann stand er auf, griff sich eine Zigarettenpackung vom Tisch und schlenderte zum Fenster hinüber. Er zog sich einen Stuhl heran, setzte sich verkehrt herum drauf und zündete sich eine Zigarette an nachdem er das Fenster auf kipp gestellt hatte. Es war Anfang April und morgens noch zu kalt um bei offenem Fenster zu rauchen. Gedankenverloren starrte er hinaus in die Morgenluft. Es war doch nur ein Kuss gewesen, verdammt! Und er hatte es ja noch nicht mal getan, weil er darauf scharf war. Er hatte es getan um diesem eingebildeten Schnösel Kaiba eins auszuwischen und er hatte auch genau die Reaktion erhalten die er erwartet hatte. Seine Nase war noch tagelang dick gewesen. Nein, keiner von ihnen beiden hatte wirklich Spaß daran gehabt. Warum zum Henker ging ihm dann dieser bescheuerte Kuss einfach nicht mehr aus dem Kopf? Als Autor kannte er das Problem von einer fixen Idee besessen zu sein, aber das hier ging schon weit darüber hinaus. Immer wieder spielte ihm sein Hirn irgendwelche wilden was-wäre-wenn-Szenarien vor und die brachten ihn langsam wirklich um den Schlaf. Warum konnte er das Kapitel nicht ruhen lassen? Kam das von den ganzen blöden Fanfictions, die er seine Fans über Kaiba hatte schreiben lassen um ihn unter Druck setzen zu können? Er hatte die meisten davon gelesen oder zumindest überflogen und gewisse Ideen brannten sich danach in seinem Schriftstellerhirn ein wie heiße Messer auf Eis. Er paffte einen weiteren tiefen Zug. Er machte ja keinen Hehl daraus dass er bekennend bi war. Die ganze Klatschkommune wusste davon. Doch bisher hatte er angenommen, dass sich sein Interesse am männlichen Körper auf den jungen Leadsänger hinter ihm im Bett beschränkte. Er stellte fest, dass dies offenbar so nicht länger korrekt war. Jetzt fing er sogar schon an von dem Knaben von der Kaiba Corporation zu träumen. Das konnte so nicht weiter gehen. Immerhin war er in einer... überwiegend festen Beziehung mit Shuichi und der junge Mann zog wirklich alle Register damit er bei ihm blieb. Inzwischen hatte er sich damit abgefunden, dass er ihn vermutlich nicht so schnell los wurde. In letzter Zeit war er wirklich geradezu erschreckend lieb und anhänglich. Vielleicht lag es ja daran. Vielleicht fühlte er sich ja ein wenig eingelullt von dieser ganzen Heile-Welt-Angelegenheit. Vielleicht wünschte er sich ja insgeheim etwas mehr... Würze. Den Hauch des Verruchten, des Unvernünftigen. Sprich ein wenig mehr Konfliktpotenzial. Seine Gedanken gingen zurück an die Begebenheit vor ein paar Wochen. Er musste ein wenig schmunzeln, als er die Ereignisse Revue passieren ließ. Seto Kaiba war ziemlich sauer aus seinem Hotelzimmer abgerauscht. Gut, man konnte es ihm nicht verdenken. Immerhin hatte er ihn um Zweimillionen Yen (ca. 33000 Euro) erpresst. Die doppelte Summe die er auf der Wohltätigkeitsveranstaltung bei der Personentombola für ihn hingeblättert hatte. Nein, die sein Schwager hingeblättert hatte. Tohma Seguchi hatte nicht mal gefragt was er mit ihm vor hatte. Ihm hatte es gereicht zu hören, dass es seine feste Absicht war ihn zu ersteigern. Eiri wusste nicht wirklich ob er darüber erfreut oder beunruhigt sein sollte. Aber vieles was sein Schwager tat, passierte nach dessen ganz eigenen Regeln und Vorstellungen und er hatte es aufgegeben, ihn hinterfragen zu wollen. Wieder tat Eiri einen Zug. Das Geld hatte sowieso nie eine Rolle gespielt. Es ging lediglich um die Unterschrift. Und um das Lächeln auf Shuichis Gesicht als er ihm das Autogramm seines Idols in die Hand gedrückt hatte. Das alleine war es wert gewesen. Auch den Schwinger den er dafür kassiert hatte, dass er den Chef der Kaiba Corporation in seinem Hotelzimmer gegen die Wand gedrückt und einfach geküsst hatte. Und da wären wir wieder bei dem Kuss. Er hatte ihn nur ärgern wollen und trotzdem war in dem Moment irgendwas passiert. Dieser Mann ließ sich nicht um den Finger wickeln. Dieser Mann ließ sich seine Launen nicht gefallen. Dieser Mann bot ihm Paroli und Eiri konnte nicht leugnen, dass er das irgendwie anziehend fand. Wenn er daran zurückdachte, konnte er spüren wie sein Puls sich unwillkürlich beschleunigte und sein Körper ziemlich untypisch reagierte. Er seufzte leicht. Er konnte nicht leugnen, dass er ihn gerne noch einmal treffen wollte. Nur noch einmal dieses elektrisierende Gefühl in der Magengegend spüren. Einmal noch diese eigenartige Erregung empfinden. Doch leider gab es da ein kleines Problem. Nachdem Kaiba ihm den Scheck in die Hand gedrückt hatte, hatte er unmissverständlich klar gemacht, dass er nie wieder von ihm etwas sehen oder hören wollte. Und Seto Kaiba hatte sicher die Mittel um das durchzusetzen. Was also konnte er da tun? Die meisten Sachen die ihm einfallen würden, wären Kaiba vermutlich kaum den Anruf zur Rechtsabteilung wert gewesen. Und mit Sicherheit würde er nicht zulassen, dass er noch einmal in seine Nähe kam. Die einzige Möglichkeit wäre höchstens Kaiba dazu zu bringen, ihn selbst aufzusuchen. Doch was könnte ihn so sehr aus der Reserve locken, dass er sich selbst darum kümmern wollte und nicht seine Lakaien vorschickte? Grüblerisch verzog er den Mund. Er war ein intelligenter junger Schriftsteller. Ihm würde da doch sicher irgendetwas einfallen. „Yuki?“, vernahm er mit einem Mal eine verschlafene Stimme hinter sich. „Bist du schon wach? Es ist doch noch so früh?“ „Schlaf weiter!“, brummte Eiri ohne sich umzudrehen. „Es ist noch nicht mal sechs Uhr“, maulte die Stimme hinter ihm weiter. „Was machst du denn da schon?“ „Geht dich nichts an!“, gab Eiri mürrisch zurück. „Komm wieder ins Bett! So wie du da sitzt fängst du dir höchstens noch was ein.“ „Lass mich bloß mit deiner Gluckerei in Ruhe und penn' weiter!“, gab Eiri patzig zurück. Eine Antwort kam nicht, doch nun hörte er das Rascheln einer Bettdecke und dann das tapsende Geräusch von nackten Füßen auf dem weichen Teppich. Dann plötzlich legten sich von hinten zwei schlanke Arme um seinen Nacken und er spürte das Schlafshirt des Anderen an seinen Rücken geschmiegt. „Yuki, komm, sei nicht so grantig und komm wieder mit ins Bett!“, nuschelte die leicht maulende Stimme seines Partners neben seinem Ohr. Sein warmer Atem hauchte dabei gegen seine Ohrmuschel. Eiri lief ein Schauer über den Rücken. Er seufzte leicht. Das hatte man nun davon, wenn man die ganze Zeit an gewisse Sachen dachte. Er drückte die Zigarette im Aschenbecher auf der Fensterbank aus. Dann fuhr seine Hand einmal langsam über die Unterarme des Anderen um seinen Hals. Zufrieden bemerkte Eiri die Gänsehaut die sich nun darauf abzeichnete. Er seufzte noch einmal. „Na schön, wenn es denn sein muss, aber nur ein Mal!“ Mit diesen Worten stand er auf und schob den anderen zurück zum Bett, ließ ihn mit einem sanften Stoß hinabplumpsen und begann dann damit aufsteigende Wunschvorstellungen sehr pragmatisch aus seinem Kopf zu entfernen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)