Das Geheimnis der Kleeblattinsel von BlueGenie1974 ================================================================================ Kapitel 8: Buch 2 - Kapitel 2 ----------------------------- Buch 2 – Kapitel 2 Aus den Chroniken der Kleeblattinsel: „Der erste der vier ist gekommen. Doch wird es ihm und den anderen gelingen, das drohende Schicksal abzuwenden? Tosh Kamar wird alles tun, damit unsere Insel untergeht. Iduna lass uns nicht allein. Hilf uns!“ 7. Juni 1916 1 Monat nach der Strandung der Goeben Strandung der DIANA Te Kaha Bay, Neuseeland Die See war ruhig, und die Palmen wiegten sich sanft im Wind. Die Bucht wurde an ihrer Westflanke von massiven Bergen geschützt. Sanft brachen sich die Wellen am weißen Strand. In Ufernähe ragten mehrere kleine Felsen aus dem Wasser. Am Strand stand ein Maori-Krieger und starrte ungläubig auf das Meer. Denn in der Bucht lag ein Schiff, wie er noch nie zuvor eines gesehen hatte. Das fremde Schiff besaß einen Rumpf aus Stahl und war 126,8 m lang. Dem Maori fielen auch die drei Schornsteine auf, die hinter der Kommandobrücke wie Säulen in den Himmel ragten und aus denen schwarzer Rauch quoll. Bewaffnet war das Schiff mit einer Reihe kleinkalibriger Geschütze und maß an der breitesten Stelle 16,8 m. Voll beladen und voll bewaffnet verdrängte das Stahlschiff 6.897 Tonnen und hatte einen Tiefgang von 6,6 Metern. 559 Mann Besatzung waren nötig, um den geschützten Kreuzer DIANA, denn um dieses Schiff handelte es sich, am Laufen zu halten. Angetrieben wurde die DIANA von drei Dreifach-Expansions-Dampfmaschinen, die die 13.000 PS an drei Schrauben weitergaben und so in der Lage waren, den Kreuzer auf eine Höchstgeschwindigkeit von 19 Knoten zu beschleunigen. Die DIANA konnte 800 – 972 Tonnen Kohle bunkern, die in 24 Kesseln aus dem Hause Belleville verfeuert wurden. Wenn das Schiff nur mit 9 Knoten unterwegs war, war es in der Lage 2.200 Seemeilen zurückzulegen, ehe es erneut bunkern musste. Der Kommandoturm bestand aus 15,2 cm dicken Stahlplatten, während das Panzerdeck mit Platten mit einer Dicke von 3,8 – 6,3 cm ausgestattet war. Am Flaggenstock wehte eine weiße Fahne mit einem blauen Kreuz. Der Maori wusste nicht, dass das fremde Schiff der Marine des russischen Zaren Nikolaus II. angehörte. Auch wusste er nicht, dass sich die DIANA in der Bucht versteckt hielt, und von einem japanischen Schlachtschiff gejagt wurde. Dieses war vom Oberbefehlshaber der kaiserlichen japanischen Marine Admiral Togo Heihachiro mit der Verfolgung des russischen geschützten Kreuzers 121 beauftragt worden. Unmittelbar vor ihrer Flucht hatte die Diana bei der Durchführung eines Geleits einen leichten japanischen Kreuzer in einem 2-stündigen Gefecht versenkt. Danach hatte sie das Schiff, einen französischen Kohlefrachter, nach Singapur begleitet, wo sie neu bekohlt und neu verproviantiert wurde. Auch die Munitionsvorräte wurden bei dieser Gelegenheit ergänzt. Die Japaner hatten natürlich davon erfahren, und so hatte Admiral Heihachiro ein ganzes Geschwader in Marsch gesetzt, um die DIANA in Singapur abzufangen. Doch russische Spione hatten den Kapitän des russischen Kreuzers gewarnt, und so war das Schiff nach Einbruch der Dunkelheit ausgelaufen. Im Marinehauptquartier in Tokyo, Japans Hauptstadt, sorgte die Nachricht von der erfolgreichen Flucht des russischen Kriegsschiffes für reichlich Tumult in der Führungsetage. Admiral Heihachiro tobte vor Wut. „BIN ICH DENN NUR VON DILLETANTEN UMGEBEN, ODER WAS?“, brüllte er seine Stabsoffiziere an. „Aber Herr Admiral…“ „KEIN WORT! KÖNNEN SIE MIR VERRATEN, ISHIKURA, WIE ES DER DIANA GELINGEN KONNTE, ZU ENTKOMMEN?“, schnaubte Togo Heihachiro vor Wut. „Die Russen müssen einen Tipp bekommen haben,… Admiral.“ „AH JA?“, fragte der Flottenchef, um danach gleich weiter zu poltern. „UND VON WEM, FRAGE ICH SIE! VON WEM?“, tobte er. Einer seiner Adjutanten räusperte sich. „Darf ich offen sprechen, Admiral?“, fragte er vorsichtig. „Nur zu.“ „Ich denke, dass die Russen den Funkverkehr abgehört haben. Man hat in Moskau 2 und 2 zusammengezählt und die DIANA gewarnt.“, sagte der Leutnant. „Wollen wir hoffen, dass sie Recht haben, Watanabe. Denn wenn nicht, wird seine Hoheit, der Kaiser mich einen Kopf kürzer machen.“ An seine Offiziere gewandt, sagte der Admiral: „UND IHR SEHT ZU, DASS IHR DIESEN RUSSISCHEN KREUZER SO SCHNELL WIE MÖGLICH FINDET! UND BEEILT EUCH GEFÄLLIGST, SONST ROLLEN HIER KÖPFE!“ 122 Die Stabsoffiziere von Admiral Heihachiro wussten nur zu gut, dass der Flottenchef seinen Worten stets Taten folgen ließ. Wer seine Arbeit nicht ordnungsgemäß erledigte, der wurde durch jemand anderen ersetzt. So einfach war das. Berlin, Admiralität, Deutschland Großadmiral Alfred von Tirpitz saß in seinem Büro und ging die letzten Meldungen seiner Flotte durch. Alle Schiffe hatten sich wie befohlen gemeldet. Alle, bis auf eines. Der große Kreuzer Goeben ließ seit einem Monat nichts mehr von sich hören. „Vielleicht hat Kapitän Ackermann einfach vergessen zu antworten, oder die Funksprüche haben ihn nicht erreicht.“, dachte der Admiral. Es klopfte an der Tür. „Herein!“, sagte Tirpitz. Sein persönlicher Adjutant betrat den Raum. „Ich war gerade in der Schreibstube, Herr Admiral.“, sagte er. „Und? Gibt es Neuigkeiten von der Goeben?“ Tirpitz Adjutant zögerte mit der Antwort. „Um Himmels Willen, nun reden sie schon!“, sagte Alfred von Tirpitz. „Herr Admiral, ich befürchte, dass die Goeben gesunken ist.“ „Wie sicher ist diese Information, Lembke?“, fragte der Admiral. „Von sämtlichen Meldungen der Goeben selbst und auch allen Feindmeldungen ausgehend, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Untergangs bei… 98%.“ „Überlebende?“, fragte Alfred von Tirpitz. „Da gibt es unterschiedliche Meldungen, Herr Admiral. Mal ist von 40 Überlebenden die Rede, andere Meldungen melden die Goeben als Mit Mann und Maus gesunken.“ Großadmiral Tirpitz ging hinüber zu der großen Weltkarte, die auf der rechten Seite an der Wand hing. Nachdenklich nahm er einen Zug aus seiner Pfeife. „Welches ist die letzte bekannte Position der Goeben?“, fragte Alfred von Tirpitz. „Die letzte bekannte Position der Goeben ist hier.“ 123 Tirpitz Adjutant zeigte auf einen Punkt auf der Karte. „Dort hat Kapitän Ackermann einen Wassereinbruch gemeldet. Danach ist der Kontakt abgerissen.“, sagte Martin Lembke. Alfred von Tirpitz zog an seiner Pfeife und strich sich dann nachdenklich durch seinen Bart. „Welche Schiffe haben wir zur Zeit da oben?“, fragte er dann. „Nur den kleinen Kreuzer Leipzig.“ Alfred von Tirpitz ging in seinem Büro nachdenklich auf und ab, wobei er gelegentlich an seiner Pfeife zog. Dann drehte er sich zu seinem Adjutanten um. „Sie werden folgendes tun: Sie gehen in die Schreibstube und geben ein Telegramm auf, dass ich ihnen gleich diktiere. Am besten kennzeichnen wir es mit dem Vermerk „DRINGEND“.“, sagte er. „Jawohl, Herr Admiral.“ „Gut. Dann schreiben sie folgendes: „An Kommandant SMS LEIPZIG: „Großer Kreuzer Goeben seit einem Monat verschollen. Letzte bekannte Position: 38° 49´ 17“ N, 45 ° 16´ 6“ W. Beginnen sie ihre Suche dort. Bergen sie wenn möglich Überlebende oder Wrackteile. Nehmen sie vorher in Valparaíso noch frische Kohlen und frischen Proviant an Bord. Vermeiden sie vor allem jeden Feindkontakt.“, diktierte der Großadmiral. „Verstanden, Herr Admiral. Und mit dem Vermerk „DRINGEND“ kennzeichnen.“ „Fertig?“, fragte Großadmiral Tirpitz. „Ja, ich bin fertig, Herr Admiral.“ „Dann gehen sie, Lembke. Sorgen sie dafür, dass die Meldung an die „LEIPZIG“ heute noch rausgeht.“, sagte Tirpitz. „Jawohl, Herr Admiral.“ Sankt Petersburg, Admiralität, Russland Admiral Alexander Wassiljewitsch Koltschak saß in seinem Büro und hatte neben sich eine Tasse Tee stehen. Er hatte gerade ein paar Befehle für die russische Flotte unterschrieben, als es an der Tür klopfte. „Herein!“, sagte der Admiral. Sein persönlicher Adjutant betrat den Raum. 123 „Was gibt es neues, Marganin?“, fragte er ihn. „Admiral, gerade kam eine Meldung über den Verbleib unseres geschützten Kreuzers „DIANA“. „Setzen sie sich, Marganin und dann berichten sie.“, sagte Admiral Koltschak. Der Adjutant, ein Leutnant ersten Ranges, setzte sich dem Admiral gegenüber. Dann begann er seinen Bericht. „Es gibt, wie gesagt Neuigkeiten von der DIANA. Sie konnte sich unbemerkt nach Te Kaha Bay in Neuseeland durchschlagen.“, sagte der Leutnant. „Das ist schon mal gut zu wissen.“ „Mit Verlaub, Admiral. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man den Kreuzer gefunden haben wird.“, sagte Koltschaks Adjutant. „Was macht sie da so sicher, Marganin?“ Leutnant Juri Marganin, ein schlaksiger, rothaariger Mann, trat an die große Weltkarte, die hinter dem Schreibtisch des Admirals an der Wand hing. „Die Japaner haben die Suche nach unserem Schiff intensiviert. Und zurzeit sind drei japanische Kriegsschiffe in der Nähe der Position der DIANA, die sie entdecken können, bevor wir sie gewarnt haben.“, sagte Leutnant Marganin. „Welche japanischen Kriegsschiffe operieren zurzeit in diesem Seegebiet?“ Admiral Koltschaks Adjutant nahm einen Bleistift und ein Lineal zur Hand und markierte die erste Position, die er mit einem großen „K“ markierte. „Wofür steht eigentlich das „K“, Marganin?“, fragte Alexander Wassiljewitsch Koltschak. „Das „K“ steht für die „KIRISHIMA“. Ein Schlachtkreuzer von 26.750 Tonnen. Das Schiff ist mit vier 35,56-cm-Geschützen ausgestattet.“ „Die Kirishima. Gott steh der Mannschaft auf der DIANA bei, dass die nicht diesem Kreuzer begegnen. Welche Schiffe sind sonst noch in diesem Gebiet?“, sagte Koltschak. Juri Marganin markierte eine neue Position, die er mit einem „S“ markierte. „Dort steht der Zerstörer Sakura.“, erklärte er. Als nächstes zeichnete Koltschaks Adjutant eine dritte Position auf der Karte ein, die mit einem „N“ markiert wurde. „Welches Schiff steht dort?“, fragte sein Vorgesetzter. 124 „Der leichte Kreuzer Nagara.“ „In Ordnung, Marganin. Gibt es noch irgendwelche japanischen Marineeinheiten, die der DIANA gefährlich werden könnten?“, fragte Alexander Wassiljewitsch Koltschak. „Nur das Schlachtschiff Fusō. Aber dieses Schiff befindet sich zurzeit im Pazifik.“ „Wo genau?“, fragte der Admiral. „Die Fusō steht zurzeit hier. Unmittelbar vor der Küste Ecuadors.“ „Sie werden jetzt folgendes tun, Marganin. Sie werden eine Warnung an die DIANA abschicken, selbstredend mit dem Vermerk „DRINGEND“ gekennzeichnet.“, sagte Admiral Koltschak. „Zu Befehl.“ „Dann schreiben sie, was ich ihnen jetzt diktiere.“, sagte der Flottenchef. „Jawohl, Herr Admiral.“ „An Kommandant geschützter Kreuzer DIANA: Schlachtkreuzer KIRISHIMA, Zerstörer SAKURA und leichter Kreuzer NAGARA befinden sich in ihrer Nähe. Wagen sie Ausbruch nach Einbruch der Dunkelheit. Versuchen sie sich nach Valparaíso durchzuschlagen und ergänzen sie dort Kohlen und Proviant. Danach Durchbruch in Richtung Heimat. P.S. Vermeiden sie unter allen Umständen Feindkontakt mit der KIRISHIMA und dem Schlachtschiff Fusō.“, sagte Koltschak. „Fertig, Admiral. Ich habe die Nachricht wie befohlen mit dem Vermerk „DRINGEND“ gekennzeichnet.“ „Gut, Dann beeilen sie sich. Die Nachricht muss heute noch raus.“, sagte Alexander Koltschak. Wenig später war die Nachricht verschickt. Te Kaha Bay, Neuseeland Die Sonne begann gerade unterzugehen und den Himmel rot zu färben, als auf dem russischen Kriegsschiff alle Kessel „Dampf auf“ machen mussten. Kapitän Wladimir Wladimirowitsch Scheltinga hatte am Nachmittag die Warnung aus Sankt Petersburg erhalten. Danach hatte er alle Offiziere zusammengerufen. Als alle beisammen waren, sah der Kapitän der DIANA in die Runde. „Meine Herren, ich habe sie zusammengerufen, weil ich vor 10 Minuten diese Warnung von der Admiralität erhalten habe. Uns sind drei japanische Kriegsschiffe auf den Fersen. Darunter der Schlachtkreuzer „Kirishima“. Wir sollen heute nach Einbruch der Dunkelheit Anker auf gehen und uns nach Valparaíso durschlagen und dort bunkern.“, sagte Kapitän Scheltinga. Der erste Offizier räusperte sich. „Sie haben Einwände gegen unseren Befehl, Gospodin Kamarov?“, fragte der Kapitän. „Herr Kapitän, das ist eine Strecke von 5.075 Seemeilen. Und selbst wenn wir in Anführungszeichen „NUR“ 9 Knoten laufen, kommen wir nur 2.200 Seemeilen weit. Das heißt, wir müssten noch mal bunkern.“ „Da haben sie nicht ganz Unrecht, Gospodin Kamarov. Was schlagen sie vor?“, wollte der Kapitän wissen. „Wir laufen Sydney an, bunkern dort und fahren von Sydney aus nach Kapstadt. Wobei wir unterwegs noch mal bunkern müssten. Ich würde Sankt Petersburg melden, dass wir mit einem Codewort um die Bereitstellung eines Kohletenders bitten. Die Nachricht müsste dann chiffriert werden, sonst machen uns die Japaner einen Strich durch die Rechnung.“ „Gut. Hat sonst jemand Vorschläge? Wenn nichtwürde ich jetzt gerne mit den Vorbereitungen beginnen, damit wir heute nach Einbruch der Dunkelheit abfahren können.“, sagte Wladimir Wladimirowitsch. Um 21:00 Uhr war die Nacht hereingebrochen. Der russische Kreuzer lichtete die Anker. Kapitän Scheltinga hatte auf jegliche Beleuchtung verzichtet, um es den Japanern unmöglich zu machen ihn zu orten. So gelang es DIANA, unbemerkt am japanischen Schlachtkreuzer Kirishima vorbeizuschlüpfen und in den offenen Seeraum zu entkommen. Nach 5 Tagen erreichte das russische Kriegsschiff um 9:00 Uhr den Hafen von Sydney. Ein als Kaufmann getarnter japanischer Spion bemerkte das Schiff, als er von einer Besorgungstour kam. Der Mann erkannte sofort, dass es sich bei dem Kriegsschiff um den russischen Kreuzer DIANA handelte. Er verschwand in seinem Laden, wo er mit den Waren im Lager verschwand. Dort setzte er sich an ein Morsegerät und schickte eine Meldung an die Admiralität in Tokyo. Sie lautete: „Russischer Kreuzer „DIANA“ bunkert in Sydney. Vermutlicher Durchbruch nach Kapstadt oder Surabaya.“ Danach räumte er die Waren in die Regale. Tokyo, Admiralität, Japan 12.06.1916 Admiral Togo Heihachiro war gerade von einer Audienz bei Kaiser Yoshihito zurück in seinem Büro. Der Tenno war ziemlich ungehalten darüber, dass es der kaiserlichen japanischen Marine nach wie vor nicht gelingen mochte, die DIANA zu versenken. 125 „Mir egal, wie sie das anstellen, Admiral Heihachiro, aber: VERSENKEN SIE DIE DIANA!“, hatte er gesagt. Togo Heihachiro ging in seinem Büro unruhig auf und ab, als es an der Tür klopfte. „Herein!“, sagte der Flottenchef. Sein Adjutant Takahito Watanabe betraten Raum, in der Hand ein Blatt Papier. „Was gibt es Watanabe?“, fragte der Admiral. „Admiral, gerade kam eine Nachricht von unserem Agenten in Sydney. Die DIANA liegt im Hafen.“ „Hat der Agent auch gesagt, warum sie dort ist?“, fragte Admiral Heihachiro. „Unser Agent berichtet, dass sie bunkert. Er vermutet, dass die DIANA einen Durchbruch nach Kapstadt oder Surabaya versuchen könnte.“ Togo Heihachiro rieb sich nachdenklich das Kinn. Dann sah er seinen Adjutanten an. „Seine Majestät der Kaiser ist ziemlich ungehalten darüber, dass wir diesen verdammten russischen Kreuzer einfach zu fassen kriegen.“, sagte der Admiral. Takahito Watanabe öffnete die Aktenmappe, die er als persönlicher Adjutant des Großadmirals immer mit sich führen musste, und holte einen weiteren Papierbogen heraus, den er seinem Vorgesetzten reichte. „Was ist das?“, fragte der Flottenchef. „Ein Funkspruch von der Admiralität in Sankt Petersburg an die DIANA, den unsere Leute abgefangen haben. Sie haben die DIANA vor unseren Schiffen gewarnt.“ „Kein Wunder, dass die DIANA unserer Flotte wieder entkommt. Sie hatten Recht mit ihrer Vermutung, dass die Russen ihr Schiff warnen, Watanabe. Den eindeutigen Beweis haben sie mir gerade eben gezeigt.“, sagte Admiral Heihachiro. Sydney, Australien Auf der DIANA war die Bekohlung abgeschlossen. Kapitän Wladimir Wladimirowitsch Scheltinga hatte mehr Kohlen bunkern lassen, als zulässig, denn er wollte den Durchbruch nach Kapstadt riskieren. Dort wollte er erneut bunker, um dann das Kap der guten Hoffnung und dann Buenos Aires anzulaufen. Dort sollte erneut gebunkert werden. 126 Berlin, Admiralität, Deutschland, 12 Juni 1916 Alfred von Tirpitz hatte gerade ein paar Befehle für die Flotte unterschrieben, als es an der Tür seines Büros klopfte. „Herein!“, sagte der Flottenchef. Sein persönlicher Adjutant Martin Lembke betrat den Raum. „Was gibt es, Lembke?“, fragte Admiral von Tirpitz. „Eine Meldung von der Leipzig, Herr Admiral.“ „Haben sie die Goeben gefunden?“, wollte der Admiral wissen. „Sie haben das Wrack gefunden.“ „Wo?“, platzte der Admiral mit der nächsten Frage heraus. Sein Adjutant trat an die Karte und markierte die Position. „Da ist doch nichts, außer Wasser.“, sagte Admiral Tirpitz. „Offenbar ist dieses Riff auf keiner Karte verzeichnet. Außerdem hat die Leipzig noch einen Matrosen aus dem Wasser gezogen. Der Mann war zwar noch bei Bewusstsein, aber war schon so geschwächt, dass er bald gestorben ist. Aber bevor er die Augen für immer geschlossen hat, hat er dem Kapitän der Leipzig noch verraten, dass ein Besatzungsmitglied der Goeben überlebt hat.“ „Wer?“, fragte Alfred von Tirpitz. „Einer der Heizer. Dirk Hemmler.“ „Und die anderen?“, fragte Tirpitz. „Mehr konnte der Matrose dem Kapitän der Leipzig nicht mehr verraten. Denn danach war er tot. Man hat ihn aber mit allen Ehren bestattet. Sydney, Australien Um 12:00 Uhr stach die DIANA wieder in See. Die Leute waren zu beschäftigt, um vom Auslaufen des russischen Kreuzer Notiz zu nehmen. Nur der japanische Agent beobachtete das Schiff. Er wollte wissen, was der Kommandant des russischen Kriegsschiffes vorhatte. Als die DIANA zuerst auf Südkurs ging, hatte der Agent Gewissheit. Die Russen versuchten nach Kapstadt zu entkommen. Wohl deshalb hatte man das Schiff bis unter den Rand mit Kohlen vollgestopft. Rasch ging er in das Lager, um eine entsprechende Nachricht nach Tokyo zu senden. „DIANA nimmt Kurs auf Kapstadt. Hat mehr Kohlen geladen, als…“ Gerade als er das Wort „Erlaubt“ morsen wollte, verspürte er einen 127 stechenden Schmerz in seinem Rücken. Denn wie jede kriegführende Nation hatte auch Russland Agenten in Sydney, die die Gegenseite im Auge behielten. So hatten als Walfänger getarnte Russen sich in dem Laden umgesehen, und dabei das Morsegerät entdeckt. Somit war klar, dass der Kaufmann ein japanischer Spion war und nicht zögern würde, Tokyo zu unterrichten, sobald die DIANA auslief. Und genau das galt es zu unterbinden. So hatten die beiden Russen, sich über den Hintereingang des Gebäudes Zutritt zum Lager verschafft und auf ihr Opfer gewartet. Als der japanische Agent angefangen hatte zu senden, waren die beiden russischen Agenten aus ihren Verstecken hinter ihm aufgetaucht, ihre Waffen bereits schussbereit in der Hand. Sie hätten ihn sofort töten können, doch aus einem unerklärlichen Grund zögerten die russischen Agenten und ließen den Kaufmann erstmal senden, ehe sie ihn exekutierten. Tokyo, Admiralität, Japan Admiral Heihachiro war gerade auf dem Weg zu Kaiser Yoshihito, als sein Adjutant ohne anzuklopfen in sein Büro gestürmt kam, in der Hand den unvollständigen Funkspruch des japanischen Agenten. „Man klopft in der Regel an, bevor man eintritt, Watanabe.“, tadelte ihn der Admiral. „Admiral, dieser Funkspruch ist gerade eingegangen. Er stammt von unserem Agenten in Sydney.“ Takahito Watanabe reichte seinem Vorgesetzten das Blatt Papier. „Wieso ist er unvollständig?“, fragte der Flottenchef. „Das wissen wir nicht. Aber unser Geheimdienst geht davon aus, dass unser Mann aufgeflogen ist, und von den Russen eliminiert wurde.“ „Das ist in der Tat ärgerlich, Watanabe. Aber jetzt wissen wir, dass die DIANA nach Kapstadt will. In Ordnung, Watanabe. Welche Schiffe haben wir vor Kapstadt liegen?“, sagte Admiral Heihachiro. „Nur die Hiei, Admiral.“ „Sie werden jetzt folgendes tun, Watanabe. Nehmen sie Stift und Papier und nehmen sie eine Nachricht mit dem Vermerk „DRINGEND“ für die Hiei auf.“, sagte Togo Heihachiro. „Was soll ich schreiben, Admiral?“ „An Kommandant Schlachtkreuzer Hiei 128 Russischer Kreuzer DIANA versucht Durchbruch nach Kapstadt. Hat mehr Kohlen an Bord, als zulässig. Geschätzte Ankunft am 15. Juni. DIANA darf Kapstadt unter keinen Umständen erreichen. Ausguck Tag und Nacht besetzt halten.“, diktierte der Großadmiral. Danach machte er sich auf den Weg zu seiner Unterredung mit dem Tenno. Doch bevor er sein Büro verließ, sagte er zu seinem Adjutanten: „Sorgen sie dafür, dass die Nachricht an die Hiei heute noch rausgeht. Es steht eine Menge auf dem Spiel. Denn bisher tanzt uns der russische Kommandant auf der Nase herum und lacht sich ins Fäustchen.“ Takahito Watanabe begriff, was der Admiral meinte. Der Kapitän der DIANA hielt die gesamte kaiserliche japanische Marine nicht nur zum Narren, er band sogar ihre gesamten Streitkräfte. Japan war im Moment offen für eine Invasion, da seine Häfen ungeschützt waren. Im Thronsaal des Kaiserpalastes wurde Admiral Heihachiro von Kaiser Yoshihito bereits erwartet. Der Flottenchef sah dem Tenno an, dass er mit seiner Geduld am Ende war. Der Admiral musterte den Kaiser aufmerksam. Kaiser Yoshihito war ein Mann mit einem ovalen Gesicht und den für Asiaten typischen mandelförmigen braunen Augen. Seinen Bart hatte der Kaiser zu einem Oberlippenbart frisieren lassen. Auffällig war auch die Knubbelnase des Tenno. Seine schwarzen Haare hatte Kaiser Yoshihito kürzer geschoren, sodass sie oberhalb der Ohrläppchen endeten. Der athletische Körper des Kaisers steckte in einer schwarzen Uniform mit mehreren Orden und anderen Auszeichnungen. Dazu trug der Tenno schwarze Socken und schwarze Lackschuhe. „Würden sie mir bitte ihre Verspätung erklären, Admiral Heihachiro?“, fragte der Kaiser ungehalten. „Mein Adjutant war gerade bei mir und hat mir diese unvollständige Nachricht von unserem Agenten in Sydney überbracht.“ Der Admiral gab Yoshihito die Nachricht. Der japanische Kaiser las sie aufmerksam durch. „Haben sie eine Ahnung, warum sie unvollständig ist?“, fragte Yoshihito. „Unser Geheimdienst glaubt, dass unser Agent von den Russen enttarnt und eliminiert wurde.“ Der Kaiser rieb sich nachdenklich das Kinn. Dann fragte er: „Wer kommandiert die DIANA?“ „Kapitän Wladimir Scheltinga, Hoheit.“ „Kennen sie ihn, Admiral Heihachiro?“, fragte der Kaiser. 129 „Nicht persönlich, euer Hoheit. Aber nach allem, was man sich über ihn erzählt, ist er ein ausgezeichneter Seemann.“ „Welche Schiffe haben wir in diesem Seegebiet?“, wollte Kaiser Yoshihito wissen. „Den Schlachtkreuzer Hiei. Ich habe den Kommandanten bereits vom Versuch der DIANA nach Kapstadt durchzubrechen, in Kenntnis gesetzt, und ihm die entsprechenden Befehle erteilt.“ „Gut. Sehr gut.“, sagte der Tenno. Dann ging er hinüber zu einem Kartentisch. Der Flottenchef folgte ihm und ließ dabei seinen Blick durch den Raum schweifen. Im Zentrum des rückwärtigen Bereiches standen die beiden Thronsessel von Kaiser Yoshihito und seiner Gemahlin. In der Mitte hing über den beiden Thronen eine Chrysantheme mit 3 Meter Durchmesser. Zu beiden Seiten waren schwere, rote Brokatvorhänge aufgehängt. Der Boden war mit edelstem Marmor ausgestattet. „Was meinen sie, Admiral Heihachiro? Wieso versucht der Kapitän der DIANA den Durchbruch nach Kapstadt? Surabaya wäre doch viel näher.“, sagte der Kaiser. „Die DIANA wurde zurück nach Hause beordert. Offenbar will man sie im Kampf gegen das deutsche Kaiserreich einsetzen.“ „Würde Sinn ergeben. Aber warum den Weg um das Kap der guten Hoffnung wagen?“, fragte der Tenno. „Kapitän Scheltinga wurde instruiert, in Valparaíso noch einmal zu bunkern.“ „Welche Einheiten haben wir da oben?“, fragte Kaiser Yoshihito. „Das Schlachtschiff Fusō steht vor der Küste Ecuadors.“ „In Ordnung. Beordern sie die Fusō vor die chilenische Küste.“, sagte Yoshihito. „Sehr wohl, euer Hoheit.“ Nach der Unterredung mit Kaiser Yoshihito eilte Admiral Togo Heihachiro in sein Büro zurück. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, da klopfte es auch schon wieder. „Herein!“, sagte der Admiral. Takahito Watanabe, sein persönlicher Adjutant, trat ein. „Was gibt es, Watanabe?“, fragte Admiral Heihachiro. „Admiral, die Kommandanten, der Nagara, der Kirishima und der Sakura 130 erwarten neue Befehle.“ „Beordern sie sie umgehend nach Hause zurück. Wir brauchen sie hier.“, sagte Admiral Heihachiro. „Jawohl, Admiral.“ Takahito Watanabe wandte sich zum Gehen. „Noch etwas, Watanabe.“, sagte der Flottenchef. „Ja, Admiral?“ „Seine Majestät der Kaiser hat eine Verlegung der Fusō vor die chilenische Küste befohlen. Veranlassen sie das umgehend, Watanabe.“, sagte Togo Heihachiro. „Jawohl, Admiral.“ Kapstadt, Südafrika, 15 Juni 1916 Um Mitternacht war die DIANA in den Hafen von Kapstadt eingelaufen. Mit der letzten Schaufel Kohle war der riskante Durchbruch gelungen. Kapitän Scheltinga saß über einer Karte und berechnete die kürzeste Route für die 4.279 Seemeilen von Kapstadt nach Buenos Aires. Wie immer hatte er sein Schiff verdunkelt und sich so an der Hiei, einem japanischen Schlachtkreuzer der Kongō-Klasse, vorbeigeschlichen. Nach dem Anlegen hatte er sofort Kohlen und Proviant bunkern lassen, denn er wollte vor Sonnenaufgang wieder in See stechen. Worauf der russische Kapitän allerdings verzichten konnte, war von der Hiei gestellt und versenkt zu werden. Das bedeutete, dass er sich wieder an dem japanischen Großkampfschiff vorbeischleichen musste. Wladimir Scheltinga war so in seine Gedanken vertieft, dass er aufschrak, als es an der Tür klopfte. „Herein!“, sagte er. Der erste Offizier der DIANA trat ein. „Was gibt es, Gospodin Kamarov?“, fragte der Kapitän. „Das Bunkern ist abgeschlossen. Ich habe mehr Kohlen an Bord nehmen lassen, als eigentlich erlaubt.“ „Gut.“, sagte Wladimir Scheltinga. „Nicht gut, Kapitän. Wenn wir das Kap der guten Hoffnung umrunden, dann gehen wir ein hohes Risiko ein.“ „Worauf wollen sie hinaus, Gospodin Kamarov?“, fragte der Kapitän. 131 „Sie wissen doch, Kapitän, dass das Kap der guten Hoffnung berüchtigt ist, Hier sind schon viele Schiffe auf unerklärliche Weise untergegangen. Außerdem können hier aus dem Nichts Wellen auftauchen, die mehr als 10 Meter hoch sind. Sie wissen, was das für uns bedeuten würde, Kapitän.“ „Ja, ich weiß, Gospodin Kamarov. Aber wir haben keine andere Wahl. Wan geht heute die Sonne auf?“, fragte Kapitän Scheltinga. „Um 6.15 Uhr. Aber die Flut hat schon 3 Stunden früher ihren höchsten Stand erreicht.“ „Dann werden wir um 3:15 Uhr auslaufen. WEGTRETEN!“, sagte der Kapitän. Tokyo, Admiralität, Japan Admiral Togo Heihachiro saß gerade an seinem Schreibtisch, als es an der Tür klopfte. Er ahnte schon, wer draußen wartete. „Treten sie ein, Watanabe.“, sagte er. Takahito Watanabe, der persönliche Adjutant des Flottenchefs betrat den Raum. Und seinem Gesichtsausdruck konnte Togo Heihachiro entnehmen, dass er wieder schlechte Nachrichten im Gepäck hatte. „Die DIANA hat den Durchbruch nach Kapstadt geschafft, nehme ich an?“, fragte er seinen Adjutanten. „Leider, Admiral. Hier ist der Bericht.“ Mit diesen Worten gab Takahito Watanabe seinem Vorgesetzten den Bericht. „Admiral, da die DIANA auch der Hiei entkommen ist,… wäre es nicht ratsam, sie ebenfalls nach Hause zu beordern?“, fragte er dann. Der Admiral schüttelte den Kopf. „Nein, Watanabe. Dafür ist es noch zu früh. Der russische Kapitän will nach Valparaíso, soviel ist sicher.“, sagte er zu seinem Adjutanten. „Das ist aber mit viel Risiken verbunden, Admiral.“ „Was meinen sie, Watanabe?“, fragte der Flottenchef. Gerade als sein Adjutant zu einer Antwort ansetzen wollte, klopfte es an der Tür von Admiral Heihachiros Büro. „Herein!“, sagte der Admiral. Sowohl der Flottenchef als auch dessen Adjutant waren sichtlich überrascht, als Kaiser Yoshihito höchstpersönlich eintrat. 132 Sofort standen beide stramm und salutierten. „Stehen sie bequem, meine Herren.“, sagte der Tenno. Togo Heihachiro zog noch einen weiteren Stuhl heran, damit der Kaiser sich setzen konnte. Sein Adjutant blieb jedoch stehen. „Setzen sie sich, Watanabe. Sie brauchen sich nicht die Beine in den Bauch zu stehen.“, sagte der Admiral. Yoshihito entdeckte den Papierstapel auf dem Schreibtisch seines obersten Admirals. „Neuigkeiten von der DIANA?“, fragte er dann. „Ja, euer Hoheit. Aber keine guten fürchte ich.“ „Sagen sie nichts, lassen sie mich raten, Admiral Heihachiro. Der DIANA ist der Durchbruch nach Kapstadt geglückt.“, sagte der Kaiser. „Leider, Hoheit.“ „Wie macht dieser Russe das bloß, dass er unseren Schiffen immer wieder entkommt?“, fragte der Kaiser mehr zu sich selbst, als an die anderen gewandt. Takahito Watanabe räusperte sich. „Sie wollen etwas zu unserer Diskussion beitragen, Watanabe?“, fragte der Tenno. „Mit Verlaub, Hoheit… ich glaube, dass der russische Kapitän sein Schiff komplett verdunkelt.“ „Das würde ja bedeuten, dass auch keine Positionslichter brennen.“, sagte der Admiral. „Ganz genau. Er weiß, dass man ihn bei brennenden Positionslichtern orten kann.“ „Ich würde es nicht anders machen, wäre ich in der Position des russischen Kommandanten.“, sagte Kaiser Yoshihito. „Na schön. Kapitän Scheltinga will nach Valparaíso, um dort wie befohlen zu bunkern. Dafür müsste er aber vorher noch mal Buenos Aires anlaufen.“ „Gar nicht mal schlecht, Admiral Heihachiro. Er muss noch einmal bunkern, sonst läuft er Gefahr, dass er die Umrundung von Kap Hoorn nicht schafft.“, sagte der Kaiser. Der Adjutant des Admirals räusperte sich erneut. 133 „Sprechen sie, Watanabe.“, sagte der Admiral. „Wahrscheinlich muss er gar nicht um Kap Hoorn herumfahren.“ Kaiser und Flottenchef sahen ihn an. „Der Kommandant der DIANA würde doch wohl eher die Abkürzung durch den vor zwei Jahren eröffneten Panama-Kanal nehmen. Das spart Zeit und vor allem kostbare Kohlen.“, sagte Takahito Watanabe. Sein Vorgesetzter und der Kaiser sahen erst ihn an, dann einander. „Ich glaube, sie haben den falschen Posten, Watanabe. Ein Mann mit einem so messerscharfen Verstand gehört eigentlich zur Spionageabwehr oder zum Nachrichtendienst.“, sagte der Tenno dann. „Danke,… Hoheit.“ „Nun, Watanabe, sie wollten mir vorhin erklären, warum der Weg nach Südamerika für den Kapitän der DIANA riskant ist.“, sagte Togo Heihachiro. „Admiral, wenn der russische Kapitän wirklich Buenos Aires anlaufen sollte, dann müsste er um das Kap der guten Hoffnung. Und dieses Seegebiet ist tückisch und eine Umrundung ist immer mit Risiken verbunden.“ „Könnten sie vielleicht noch etwas präziser antworten, Watanabe?“, fragte Yoshihito. „Euer Hoheit, in diesen Gewässern können aus dem Nichts Wellen auftauchen, die höher als 10 Meter sind. Stellen sie sich eine solche Welle vor. Gegen eine solche Wasserwand ist die DIANA eine Nussschale. Das Schiff würde von den Wassermassen zum Kentern gebracht und unter Wasser gedrückt.“ „Ich habe schon von solchen Wellen gehört. Aber das ist doch alles Seemannsgarn.“, sagte der Kaiser. „Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich habe selbst eine solche Welle gesehen, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich erinnere mich, dass ich damals mit meinem Vater und meinem Großvater zum Fischen rausgefahren bin. Das Wetter war top. Sonne, blauer Himmel und kein Wind. Perfekte Bedingungen zum Fischfang. Etwa 40 Meter von uns entfernt befand sich ein weiteres Fischerboot. Es war die „Keiko“. Das Boot war nicht größer als unseres. Und urplötzlich, wie von Geisterhand herbeigezaubert war da auf einmal diese riesige Welle. Sie war mindestens 20, 25 Meter hoch. Diese Wasserwand ist über der Keiko hereingebrochen. Unser Boot hat es auch erwischt. Aber im Gegensatz zu den Männern auf der Keiko hatten wir noch Glück und kamen mit dem Leben davon.“ Togo Heihachiro sah seinem Adjutanten an, dass ihn dieses Ereignis damals 134 sehr mitgenommen hatte. „Wie alt waren sie damals, Watanabe?“, fragte er vorsichtig. „Ich war 10.“ Kapstadt, Südafrika, 15 Juni 1916, 3:15 Uhr Ortszeit Um 3:15 Uhr lief die DIANA aus Kapstadt aus. Wladimir Wladimirowitsch Scheltinga wusste, dass sein erste Offizier Juri Kamarov recht hatte. Wenn bei der Umrundung des Kaps der guten Hoffnung eine solche Monsterwelle auftauchte, war das Schiff verloren. Aber es gab keinen anderen Weg vom indischen Ozean in den Atlantik. Sie mussten es versuchen. Doch dieses Mal war Fortuna den Russen nicht wohl gesonnen. Denn als der russische geschützte Kreuzer gerade den schützenden Hafen verlassen hatte, entdeckte der Kommandant der Katsura, eines japanischen Zerstörers der Kaba-Klasse, die Rauchwolken des russischen Kreuzers. Normalerweise hätte er seine Entdeckung sofort an die Hiei weitermelden müssen, doch eigensinnig wie er war, wollte der japanische Kapitän die Lorbeeren alleine kassieren. Er wusste, dass ihm nur dann eine Beförderung winkte, wenn er ein Erfolgserlebnis vorzuweisen hatte. Also heftete sich der japanische Kommandant an die Fersen des russischen Kriegsschiffes. Auf der Hiei war das natürlich nicht unbemerkt geblieben. Man hatte der Katsura sogar per Lichtsignal befohlen wieder auf ihre alte Position zurückzukehren. Doch deren Kommandant hatte den Befehl missachtet. Die Hiei meldete diesen Vorfall sofort nach Tokyo, denn eine solche Insubordination durfte nicht ungestraft bleiben. Bei der Umrundung des berüchtigten Kaps der guten Hoffnung hatte zumindest die DIANA Fortuna auf ihrer Seite, während ihr Verfolger nicht soviel Glück hatte. Denn als der japanische Zerstörer den Leuchtturm bei Cape Point passierte, tauchte aus dem Nichts eine Monsterwelle auf, die 30 Meter hoch war. Die Katsura sendete zwar noch SOS aber es war zu spät. Die Welle begrub das Schiff unter sich, brachte es zum Kentern, und drückte das japanische Kriegsschiff unter Wasser. Tokyo, Admiralität, Japan Admiral Togo Heihachiro saß gerade an seinem Schreibtisch und hatte einen Schluck japanischen Reisweins, Sake genannt, getrunken, als es wieder an seiner Tür klopfte. „Wird wieder Watanabe sein.“, dachte er. Mit einem lauten „Herein!“, erteilte der Flottenchef seinem Besucher einzutreten. Takahito Watanabe trat ein. „Sie sollten sich doch ausruhen, Watanabe.“, sagte der Flottenchef. 135 „Tut mir leid, Admiral. Aber… ich konnte nicht schlafen. Außerdem sind gerade diese beiden Meldungen rein gekommen. Ich dachte, sie wüssten gerne sofort bescheid.“ Mit diesen Worten reichte der Adjutant seinem Vorgesetzten die beiden Funksprüche. „Danke, Watanabe. Und jetzt legen sie sich wieder hin und schlafen sich mal aus. Sie haben die letzten Tage genug gearbeitet.“, sagte Togo Heihachiro. „Ja, Admiral.“ Nachdem Admiral Heihachiros Adjutant das Büro verlassen hatte, kam ein Kurier des Flottenkommandos in das Büro gestürmt. In der Hand hatte er einen weiteren Funkspruch. Togo Heihachiro sah dem Mann an, dass er ganz außer Atem war. „Wo brennts denn?“, fragte er. „Admiral, einer unserer Zerstörer, die Urakaze, hat zwei Überlebende der Katsura aus dem Wasser gefischt. Den ersten Offizier und den Funker.“ „Wie geht es denn Männern?“, wollte der Admiral wissen. „Den Umständen entsprechend gut. Sie befinden sich zurzeit in Kapstadt im Krankenhaus. Sobald sie transportfähig sind, sollen sie nach Japan zurückkehren.“ „Sind die Männer ansprechbar, oder wenigstens einer von den beiden?“, wollte der Admiral wissen. „Bedauerlicherweise muss ich verneinen, Admiral.“ „Na schön. Sobald die beiden Männer wieder nach Japan zurückkehren können sagen sie bitte meinem Adjutanten bescheid.“, sagte der Flottenchef. „Jawohl, Admiral.“ Buenos Aires, Argentinien, 19.06.1916 Um Mitternacht hatte die DIANA den Hafen der argentinischen Hauptstadt erreicht. Und dieses Mal hatte sie es gerade so geschafft. Denn die letzte Schaufel Kohle war schon viel früher verfeuert worden. Die Feuer in den Kesseln waren schon teilweise heruntergebrannt und lieferten kaum noch genug Hitze um den entsprechenden Druck für die Dampfmaschine zu erzeugen. Kapitän Scheltinga musste ein weiteres Mal bunkern. Aber auch wenn das Einlaufen des russischen Kreuzers nicht bemerkt worden war, spätestens bei Tagesanbruch würden japanische Agenten Bescheid wissen und Tokyo vom erfolgreichen Durchbruch der DIANA in Kenntnis setzen. Sankt Petersburg, Admiralität, Russland Admiral Alexander Koltschak saß gerade an seinem Schreibtisch und studierte einige Berichte. Neben ihm auf dem Schreibtisch stand wie immer seine Tasse mit schwarzem Tee. Er sah von seinem Stapel Papiere auf, als es an der Tür klopfte. „Herein!“, sagte Alexander Wassiljewitsch Koltschak. Sein Adjutant, Leutnant Juri Marganin, betrat den Raum. „Ah, Marganin. Haben sie Neuigkeiten für mich?“, sagte der russische Flottenchef. „Admiral, unser Schiff der geschützte Kreuzer DIANA hat es bis nach Buenos Aires geschafft.“ „Sollte die DIANA nicht nach Valparaíso durchbrechen?“, fragte Admiral Koltschak. „So lautete ihr Befehl. Aber es musste noch zweimal gebunkert werden.“ Juri Marganin trat an die große Weltkarte und markierte die Häfen, in denen die DIANA gebunkert hatte. „Sydney und Kapstadt. Zugegeben von Neuseeland nach Australien ist es nicht weit. Aber wie haben es Kapitän Scheltinga und seine Mannschaft bis nach Südafrika geschafft?“, sagte Alexander Koltschak. Die Antwort seines Adjutanten verblüffte ihn. „Sie haben die DIANA bis unter den Rand mit Kohlen vollgestopft. Sonst hätten sie es wohl nicht geschafft.“ „Wann kam die Meldung, über das Einlaufen der DIANA in Buenos Aires?“, fragte der Admiral. „Vor 10 Minuten. Unser Schiff ist um 0:00 Uhr Ortszeit, in Buenos Aires eingelaufen. Und dieses Mal wäre es fast in einem Fiasko geendet. Ein japanischer Zerstörer, die Katsura, hat die DIANA entdeckt und die Verfolgung aufgenommen. Aber man hört seit geraumer Zeit nichts mehr von ihr.“ „Hat die Katsura die Verfolgung vielleicht abgerochen?“, fragte Admiral Koltschak. „Nein, Admiral. Die Katsura wurde am Kap der guten Hoffnung bei Cape Point von einer Monsterwelle getroffen und ist gesunken. Nur zwei Leute haben überlebt. “ 136 „Wenigstens ist unser Schiff durchgekommen.“, sagte Alexander Wassiljewitsch Koltschak. Dann wandte er sich an seinen Adjutanten. „Machen sie einen Funkspruch für die DIANA fertig.“, sagte er. „Was soll ich schreiben, Admiral?“ „An Kapitän Waldimir Scheltinga: Wir gratulieren ihnen zum erfolgreichen Durchbruch nach Buenos Aires. Bunkern sie und laufen so schnell es geht wieder aus. Nehmen sie die Passage durch den Panamakanal. Fassen sie wie befohlen in Valparaíso neue Kohlen und dann kommen sie nach Hause. Viel Glück weiterhin.“, diktierte der Admiral. Kapstadt, Südafrika Der japanische Schlachtkreuzer Hiei, dem die DIANA zweimal hatte entkommen können, lag im Hafen. Aus Tokyo war die Nachricht gekommen, dass man das Schiff nach Hause beordert hatte. Auch die Urakaze, der Zerstörer, der den ersten Offizier der Katsura und einen der Funker gefunden hatte, war nach Hause beordert worden. Beide Schiffe sollten in Sydney und in Surabaya bunkern und dann in Richtung Japan laufen. Außerdem sollte die Hiei die beiden Überlebenden des Untergangs der Katsura an Bord nehmen. Buenos Aires, Argentinien Es war Mittag, als man die Bekohlung und die Verproviantierung der DIANA abgeschlossen hatte. Kurz zuvor hatte Admiral Koltschaks Befehl den Kreuzer erreicht. Kapitän Scheltinga hatte daraufhin die Offiziere zu einer neuen Besprechung zusammengerufen. Bevor er diese eröffnete hatte er den Offizieren den Funkspruch aus Sankt Petersburg vorgelesen. „Nun, meine Herren, ich würde sagen, unser Befehl ist eindeutig. Wir sollen nach Hause zurück.“, sagte der Kapitän. „Das gebe ich ihnen Recht, Kapitän, aber wir sollten unser Schiff in Valparaíso überholen lassen. Ich kann sonst nicht garantieren, dass unsere Maschine durchhält.“ Diese Mahnung kam vom Leitenden Ingenieur. „Was meinen sie, Gospodin Kamarov?“, fragte Wladimir Scheltinga seinen ersten Offizier. „Ich muss dem LI beipflichten. Es wäre nicht gerade berauschend, wenn uns auf hoher See die Maschine ausfallen würde.“ 137 „Hat sonst noch jemand etwas zu sagen?“, fragte der Kapitän in die Runde. Der zweite Offizier hob die Hand. „Bitte, Gospodin Moskrovnovitch.“, sagte der Kapitän. „Kapitän, es kursiert das Gerücht, dass die Japaner das Schlachtschiff Fusō vor die chilenische Küste beordert haben, um uns abzufangen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir auf sie stoßen?“ „Da wir angewiesen wurden, die Passage durch den Panamakanal zu nehmen, werden wir wahrscheinlich oberhalb der chilenischen Küste herauskommen. Die Japaner werden wahrscheinlich davon ausgehen, dass wir das Kap Hoorn umrunden werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir auf die Fusō treffen ist also gering. Ist ihre Frage damit beantwortet? “, sagte Wladimir Wladimirowitsch Scheltinga. „Da.“ Um 12:30 Uhr lichtete die DIANA die Anker und verließ die argentinische Hauptstadt und nahm Kurs auf den Panamakanal. Wieder hatte man das Schiff bis unter den Rand mit Kohlen vollgepackt. Kapitän Scheltinga wollte erneut kein Risiko eingehen. Außerdem wollte er nicht dafür verantwortlich sein, wenn sich der Schiffsverkehr im Kanal staute. Valparaíso, Chile, 23.06.1916 Um 0:15 Uhr hatte seiner Majestät Schiff der russische geschützte Kreuzer DIANA sein Ziel erreicht. Und wieder war es knapp gewesen. Ein einziges Kohlebrikett war noch übrig. Der Kreuzer wurde sofort in die Werft gebracht und die Arbeiter begannen mit der Überholung des russischen Kriegsschiffes. Sankt Petersburg, Admiralität, Russland Admiral Koltschak war gerade in seinem Büro angekommen, als es auch schon an der Tür klopfte. „Herein!“, sagte er, obwohl er genau wusste, wer etwas von ihm wollte. Sein Adjutant Juri Marganin trat ein. „Was gibt’s denn, dass sie sich schon so früh herbemühen, Marganin?“, fragte der Admiral. „Admiral, gerade kam eine Nachricht von der DIANA. Sie hat es bis nach Valparaíso geschafft.“ „Das sind doch schon mal gute Nachrichten.“, sagte Alexander Koltschak. 138 Sein Adjutant räusperte sich. „Mit Verlaub, Admiral, so gut sind die Nachrichten auch wieder nicht. Die DIANA liegt zurzeit in Valparaíso im Dock und wird überholt. Offenbar hat die Maschine einiges mitgemacht.“ „Verstehe, Marganin. Wie lange wird die Reparatur der DIANA dauern?“, wollte der Flottenchef wissen. „Kapitän Scheltinga schätzt 2 – 3 Tage. Aber er geht eher von 4 Tagen aus.“ Tokyo, Admiralität, Japan Admiral Togo Heihachiro hatte gerade die zu unterschreibenden Dokumente erledigt, als es an der Tür seines Büros klopfte. Er wusste, dass sein Adjutant draußen wartete. „Treten sie ein, Watanabe.“, sagte der Admiral. „Admiral, die DIANA hat Valparaíso erreicht.“ Admiral Heihachiro sprang von seinem Stuhl auf. „Wann?“, fragte er aufgeregt „Um 0:15 Uhr chilenischer Zeit ist sie in den Hafen eingelaufen.“ „Wie haben die Russen das fertig gebracht, Watanabe?“, kam wie aus der Pistole geschossen, die nächste Frage des Admirals. „Sie haben die Passage durch den Panamakanal genommen, wie ich vermutet hatte.“ „Deswegen hat die Fusō also keine Sichtungsmeldung gesendet. Weiß man, wann die DIANA Chile wieder verlassen wird?“, sagte Togo Heihachiro. „Zurzeit liegt die DIANA in Valparaíso zur Reparatur im Dock. Es wird mindestens drei Tage dauern, bis sie wieder voll einsatzbereit ist.“ „Danke, Watanabe. Und jetzt senden sie einen Funkspruch an die Fusō, sie sollen die Augen offen halten.“ „Jawohl, Admiral.“ Valparaíso, Chile, 28.06.1916 Der russische geschützte Kreuzer DIANA war wieder einsatzbereit. Die Überholung des Schiffes hatte einen Tag mehr in Anspruch genommen, als ursprünglich geplant. Doch nun war das Schiff wieder flott und bereit wieder in See zu stechen, um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Die Reise in die 139 Heimat. Es war noch dunkel, als die DIANA aus Valparaíso aus. Doch dieses Mal hatte Fortuna beschlossen, das Schiff im Stich zu lassen. Denn als der russische Kreuzer die chilenischen Hoheitsgewässer hinter sich gelassen hatte, schlugen zwei 35,56-cm-Granaten des japanischen Schlachtschiffes Fusō vor dem Bug der DIANA ins Wasser. An Bord der DIANA Juri Kamarov, der erste Offizier kam auf die Brücke gestürmt. „Kapitän! Die Fusō hat uns gerade eben per Lichtsignal signalisiert.“, sagte er aufgeregt. „Was sagt die Fusō, Gospodin Kamarov?“ „Kreuzer DIANA, Kreuzer DIANA, HALT! Bleiben sie wo sie sind, oder wir eröffnen das Feuer.“ Kapitän ich glaube die wollen zu uns an Bord.“, sagte der erste Offizier. „Gegen das japanische Schlachtschiff können wir keinen Blumentopf gewinnen, Gospodin Kamarov. Drehen sie ab und dann nebeln.“ „Welcher Kurs, Kapitän?“, fragte der Rudergänger. „Kurs 170.“ „Kurs 170. Zu Befehl, Kapitän“, bestätigte der Rudergänger den Befehl des Kommandanten. Die DIANA ging auf den neuen Kurs. An Bord der Fusō Der japanische Kommandant sah durch sein Fernglas. Und was er sah, erfreute ihn gar nicht. Die Russen klemmten den Schwanz ein und flohen, anstatt zu kämpfen. Und das zeigte ihm einmal mehr, dass die Russen keine Ehre hatten. Doch es kam nicht infrage, den russischen Kreuzer entkommen zu lassen. Er hatte seine Befehle. Und die lauteten, die DIANA unter allen Umständen auf den Meeresboden zu schicken. Also gab er den Befehl, das Feuer auf den fliehenden Kreuzer zu eröffnen. An Bord der DIANA Auf der Brücke des russischen Kreuzers hatte man den Angriff der Japaner mitbekommen. Kapitän Scheltinga befahl deshalb „VOLLE KRAFT VORAUS!“ Sofort beschleunigte der kleine Kreuzer und vergrößerte die Entfernung zwischen sich und dem japanischen Schlachtschiff. An Bord der Fusō 140 Noch einmal ließ der Kapitän der Fusō eine Salve abfeuern und zwei der zwölf 35,56-cm-Granaten trafen ihr Ziel. Eine detonierte am Heck und zerstörte den achteren Geschützturm. Die zweite traf den letzten der drei Schornsteine und riss ihn von seinem Platz, sodass er über Bord ging. An Bord der DIANA Die beiden Granattreffer erschütterten das Schiff. Wladimir Scheltinga sah, wie der Schornstein über Bord ging. „Setzen sie die Nebelmaschine ein. Noch so ein Treffer und wir brennen wie eine Wunderkerze.“, befahl er. Sofort stieg vom Heck des Schiffes dichter Nebel auf, der die DIANA verdeckte. Denn die Granate hatte den Nebelgenerator verfehlt. An Bord der Fusō Der Kommandant des japanischen Schlachtschiffes fluchte. Diese verdammten Russen zeigten einmal mehr, dass sie Hasenfüße waren. Jetzt verbargen sie ihr Schiff sogar hinter einem Nebelvorhang. Kapitän zur See Mukai Yaichi war schon drauf und dran, die Verfolgung des flüchtigen Schiffes aufzunehmen denn sein Schiff war der DIANA was Geschwindigkeit und Feuerkraft anging haushoch überlegen, dennoch er musste auch auf seine Kohlenvorräte achten. Außerdem wusste er, dass sich noch ein japanisches U-Boot, die O3 in diesen Gewässern aufhielt. Sollte sich deren Besatzung doch darum kümmern, den russischen Kreuzer zu versenken. Um die Mittagszeit hatte die DIANA dann die äußeren Ausläufer des Riffs erreicht, dass die Kleeblattinsel umgab. Hier hatte ein Teil der Besatzung, darunter der erste Offizier, das Schiff gewechselt und war auf die AURORA, ein Schwesterschiff der DIANA umgestiegen. Auch hatte man von einem Kohlentender, der die AURORA begleitet hatte einige Tonnen Kohlen übernommen. Die DIANA dampfte weiter. Doch auf die Gefahr, die unter Wasseroberfläche lauerte, achtete von der verbliebenen Besatzung niemand. An Bord von O3 Der Kommandant des japanischen U-Bootes sah durch sein Periskop. Als er die DIANA entdeckte ordnete er sofort den für alle weltweit operierenden U-Bootfahrer den obligatorischen Gegencheck im internationalen Nachschlagewerk Dr. Janes Fighting Ships an. Als dieser erfolgt war, entschloss sich der Kommandant, die DIANA anzugreifen. „Geschwindigkeit: 19 Knoten. Entfernung: 800 Meter.“, gab der Kommandant an den Torpedoraum weiter. Von dort kam die Bestätigung. 141 „Geschwindigkeit 19 Knoten, Entfernung 800 Meter.“ „Rohr 1 – 4 laden und bewässern.“, befahl er. Aus dem Torpedoraum kam die Bestätigung. „Rohr 1 – 4 geladen und bewässert.“ „Mündungsklappen öffnen.“, befahl der japanische U-Boot-Kommandant. „Mündungsklappen sind auf.“ „Rohr Eins: LOS!“, befahl der Kapitän. Aus dem Torpedoraum kam die Bestätigung. „Rohr Eins los.“ Im Abstand von 30 Sekunden folgten dann die restlichen drei Torpedos. An Bord der DIANA Der Mann im Ausguck entdeckte als erster die vier Blasenspuren der von O3 abgefeuerten Torpedos. Doch er erkannte schnell, dass die ersten drei vor dem Bug des russischen Kreuzers vorbeigehen würden. Trotzdem gab er Alarm. An Bord von O3 Der Kommandant fluchte. Der erste Torpedo war gerade vor dem Bug der DIANA vorbeigegangen. Auch der zweite und der dritte hatten sich als Blindgänger entpuppt. An Bord der DIANA Eine Detonation erschütterte das Schiff, als der vierte und letzte Torpedo den russischen Kreuzer traf. Kapitän Scheltinga befahl sofort, die Schotten zu schließen, um einen gefährlichen Wassereinbruch zu verhindern. Die DIANA hatte nach dem die erste Kammer überflutet war 8 ° Schlagseite. Dies führte dazu, dass man die Geschwindigkeit von 19 auf 9,5 Knoten herabsetzen musste, um eine drohende Katastrophe zu verhindern. An Bord von O3 Der japanische U-Boot-Kapitän sah mit Genugtuung, das wenigstens der vierte Torpedo noch getroffen hatte. Doch die DIANA hatte er damit nicht versenken können. Aber wenigstens hatte er den russischen Kreuzer beschädigt. An Bord der DIANA Die Herabsetzung der Geschwindigkeit führte dazu, dass sich das 142 angeschlagene Schiff schwerer manövrieren ließ. Die Katastrophe war damit unvermeidbar. Um 13:30 Uhr passierte das Unheil. Der russische geschützte Kreuzer DIANA streifte mit der Steuerbordseite das Riff, wobei der Rumpf auf einer Länge von 60 Metern aufgerissen wurde. Auch vier der fünf Schotten, die die wasserdichten Abteilungen voneinander trennten, wurden schwer beschädigt . Das Wasser drang so schnell in das Schiffsinnere, das die Zeit gerade noch ausreichte, um ein Rettungsboot zu Wasser zu lassen, in das sich auch der zweite Offizier der DIANA Jewgeni Moskrovnovitch retten konnte. Die anderen sprangen über Bord. Nur Kapitän Scheltinga blieb allein auf der Brücke zurück. Das Rettungsboot des russischen Kreuzers war gerade so weit von dem sinkenden Schiff entfernt, dass es nicht vom Sog erfasst werden konnte, als einer der Insassen einen starken Ammoniakgeruch wahrnahm. „Hast du was verschüttet, Briderchen?“, sprach er seinen Nebenmann an. Dieser schüttelte den Kopf und verneinte. Doch mit dem, was als nächstes geschah, rechnete niemand. Das Boot wurde hochgehoben und dann auf den Kopf gestellt. Jewgeni Moskrovnovitch durchbrach die Wasseroberfläche. Rings um ihn herum war die See aufgewühlt. Er bekam einen Schreck, als ein gigantischer Tentakel aus dem Wasser schoss, den leitenden Ingenieur packte und ihn unter Wasser zog. Eine Planke trieb vorbei, an der sich Jewgeni festklammerte. Eine Welle trug den Russen über das Riff und spülte ihn an den Strand. Jewgeni Moskrovnovitch blickte zum Himmel auf, an dem dunkle, schwarze Wolken aufzogen. Er wusste, dass ein Unwetter aufziehen würde. Und genau wie einen Monat zuvor Dirk Hemmler, suchte auch er in einer Höhle Schutz. Als er von seinem Unterschlupf auf das offene Meer blickte, sah in der Ferne das Heck der DIANA in den Fluten des Meeres versinken. Tränen stiegen dem zweiten Offizier in die Augen, als er hilflos mit ansehen musste, wie das Schiff, dass einmal seine zweite Heimat gewesen war, für immer in den Fluten versank. Als ein Wasserschwall an die Oberfläche stieg, fing Jewgeni Moskrovnovitch an zu weinen. Er wusste, dass er nun auf sich allein gestellt war. Doch was, wenn die Insel bewohnt war? Sprachen die Einheimischen überhaupt seine Sprache? Und selbst wenn Jewgeni sich mit ihnen verständigen konnte, wer garantierte ihm, dass die Einwohner der Insel ihm nicht feindselig gesinnt waren, und ihn am Ende töteten? Vielleicht waren es auch Kannibalen. Das Unwetter wütete ganze vier Tage. Am fünften Tag, es war Montag, der 03.07.1916, fand eine berittene Patrouille den Schiffbrüchigen. Der Russe bemerkte sie, als die Soldaten im Halbkreis um ihren herum standen. Sie waren mit starken Harnischen und Langschwertern bewaffnet. Auf den Schilden konnte Jewgeni Moskrovnovitch einen Delfin erkennen, der vor einer untergehenden Sonne aus dem Wasser sprang. Der Anführer, den Abzeichen nach ein Hauptmann oder ein Feldwebel stieg 143 von seinem Pferd und ging auf den Russen zu. Er musterte den Fremden eine Zeitlang. Der Mann, der vor ihm im Sand kniete war 1,65 groß und hatte einen athletischen Körperbau. Das Haupthaar des Mannes war blond. „Zeig mir dein Gesicht, Fremder.“, befahl der Soldat in einem unfreundlichen Tonfall. Als Jewgeni Moskrovnovitch nicht sofort gehorchte, hielt ihm der Gardist sein Schwert an die Kehle. „Zum letzten Mal, Fremder. Ich will dein Gesicht sehen. Und wenn du jetzt nicht tust, was ich sage, dann kommt dich das teuer zu stehen. Hast du verstanden, was ich gesagt habe, Fremder?“, sagte der Soldat. Jewgeni nickte und hob seinen Kopf. Der Soldat sah in ein ovales Gesicht mit rotgeweinten, braunen Augen, das am Kinn von einem blonden Vollbart bedeckt wurde. Die Nase hätte der Gardist als guten Durchschnitt bezeichnet. Anhand der Kleidung des Schiffbrüchigen erkannte der Soldat sofort, dass er einen Offizier vor sich hatte. Diese bestand aus einer schwarzen Uniform und den dazugehörigen Socken und Schuhen. „Steh auf!“, befahl der Soldat unwirsch. „Mir scheint, du weißt nicht, mit wem du dich hier anlegst, Briderchen.“ „So? Mit wem habe ich denn die Ehre?“, fragte der Soldat höhnisch. „Jewgeni Moskrovnovitch. Zweiter Offizier auf seiner Majestät Schiff DIANA.“ „Oho. Zweiter Offizier also. Warum nicht erster Offizier? Bist du dafür etwa nicht gut genug, oder was?“, fragte der Soldat spöttisch. Doch plötzlich ertönte hinter ihm eine Frauenstimme. „Es reicht jetzt!“, sagte die Frau. Der Soldat sah Jewgeni in die Augen. „Das ist Königin Eliska. Wenn dir dein Leben lieb ist, dann geh vor ihr auf die Knie. Ich werde nicht zögern und dich töten, wenn du ihr den ihr zustehenden Respekt verweigerst.“ Die Königin trat nun dem Russen gegenüber. Dieser zeigte sofort den Kniefall und senkte demütig das Haupt. „Du kniest vor niemandem mehr nieder.“, sagte Königin Eliska mit einer warmen, freundlichen Stimme. Der Anführer der Patrouille wollte aufbrausen, doch seine Gebieterin 144 schnitt ihm mit einer entsprechenden Geste das Wort ab. „So behandelst du keinen Fremden mehr, der meine Gastfreundschaft genießt, Ture. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“, sagte die Königin und bedachte den Soldaten mit einem wütenden Blick. Die Königin trat zurück um den Neuankömmling genauer zu betrachten. Jewgeni Moskrovnovitch sah sie ebenfalls an. Vor ihm stand eine1,68 m große Frau mit einem hübschen ovalen Gesicht und wunderschönen braunen Augen, die Freundlichkeit und Güte ausstrahlten. Ihre hellbraunen Haare trug sie offen, sodass sie bis zu ihren Brüsten reichten. Ihren Körper hätte kein Bildhauer besser zu gestalten vermocht. Ihre Nase war etwas breit, aber nicht zu breit. Bekleidet war Königin Eliska mit einem schwarzen Minikleid, trug aber keine Schuhe. „Wie ist dein Name, Fremder?“, fragte die Königin. „Jewgeni Moskrovnovitch. Ich war der zweite Offizier auf dem geschützten Kreuzer DIANA.“ „Willkommen auf Oamaru, Jewgeni Moskrovnovitch.“, sagte die Königin, um dann fortzufahren: „Und woher kommst du?“ „Aus Murmansk, Hoheit.“ „Ich nehme an, dass du Russe bist.“, sagte die Königin. Jewgeni nickte stumm. „Danke, Iduna.“, sagte Eliska und blickte zum wolkenlosen Himmel auf. „Bitte um Verzeihung, Hoheit, aber… wer ist Iduna?“ „Das geht dich nichts an.“, sagte Ture barsch. Doch seine Herrin wies ihn erneut zu Recht. „Halt den Mund, Ture. Ich hab dir gerade eben was gesagt. Noch so eine unverschämte Bemerkung gegenüber meinem Gast und ich werde dich degradieren.“, sagte Eliska streng. Dann wandte sie sich an Ture. „Gib ihm dein Pferd, Ture.“, befahl sie. „Niemals. Das ist mein Pferd. Es ist ein Geschenk meines Vaters. Niemand außer mir darf darauf reiten.“ Als Antwort gab ihm die Königin eine kräftige Ohrfeige. 145 „Ich warne dich ein letztes Mal, Ture. Noch so eine Insubordination, und du wirst unehrenhaft aus meinen Diensten entlassen.“, sagte sie drohend. Einer der anderen Soldaten räusperte sich. „Willst du etwas sagen, Meandor?“ „Mit Verlaub, Hoheit,… euer Gast könnte doch das Packpferd nehmen. Ich könnte es satteln, wenn ihr es wünscht.“, sagte Meandor. „Einverstanden. Sattle das Pferd. Dann kehren wir in den Palast zurück.“ Ture wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch er biss sich noch rechtzeitig auf die Lippe. Denn er wusste genau, dass er jetzt einen schweren Stand bei seiner Herrin hatte. Und er wusste auch, dass die Königin ihren Worten auch Taten folgen ließ. Meandor sattelte das Packpferd, einen stattlichen Fuchs, und brachte es zu Jewgeni. „Nimm es Ture nicht übel. Er ist vorsichtig und das trübt oft sein Urteil.“, sagte er leise. Dann kehrte man in den Palast zurück. An der Spitze ritt die Königin. Dann folgte Jewgeni Moskrovnovitch. Dahinter die Soldaten, deren Anführer Ture ein ziemlich finsteres Gesicht machte. Er konnte den Fremden partout nicht ausstehen. Am liebsten hätte er diesen widerwärtigen Fremdling ordentlich verprügelt, aber Königin Eliska hielt ihre schützende Hand über den Schiffbrüchigen, indem sie ihm ihre Gastfreundschaft gewährte. Und solange das so blieb, durfte er keine Hand an den Mann legen. Im Palast angekommen, wies die Königin ihre Diener an, ein Bad für den einzigen Überlebenden des Untergangs des russischen Kreuzers vorzubereiten. Dann befahl sie Ture zu sich. Als dieser ihr Arbeitszimmer betrat, hatte die vierte Königin Oamarus ihm den Rücken zugewandt. Dann drehte sie sich zu ihm um und sah ihn aus ihren braunen Augen böse an. „Was du dir heute am Strand geleistet hast, war zu viel des Guten, Ture. Dein Verhalten ist mir schon seit einiger Zeit ein Dorn im Auge.“, sagte Eliska. „Hoheit, wir kennen den Mann nicht.“ „Das ist egal. Er ist mein Gast. Und nur damit du bescheid weißt: Du scheidest mit sofortiger Wirkung aus meinen Diensten. Weil du mir die ganzen Jahre aber treu und loyal gedient hast, will ich dich in allen Ehren verabschieden.“, sagte Königin Eliska. Die Königin seufzte, ehe sie weitersprach. 146 „Obwohl du es eigentlich gar nicht verdient hast. Du hast heute in Gegenwart meiner Soldaten meine Autorität infrage gestellt. Normalerweise müsste ich dich dafür hinrichten lassen. Dass ich davon absehe, ist einzig und allein der Tatsache geschuldet, dass deine Frau ein Kind erwartet und sie dich braucht. Und jetzt geh, Ture. Morgen früh, wirst du mit einer Parade aus meinen Diensten verabschiedet.“, sagte Eliska. Später am Abend bat Königin Eliska ihren Gast zum Abendessen. Jewgeni Moskrovnovitch wollte sich ans andere Ende des Tisches setzen, so wie er es von diversen Empfängen im Offizierskasino gewohnt war, doch die Königin bestand darauf, dass er neben ihr saß, denn sie wies ihm den Platz zu ihrer Linken zu. Dann läutete sie mit einem kleinen Glöckchen. Ihr persönlicher Diener erschien daraufhin. „Euer Hoheit haben geläutet?“, fragte er nach einer Verbeugung. „Du kannst das Abendessen servieren, Vongsa.“ „Wie ihr wünscht, meine Königin.“, sagte der Diener und verschwand. Kurz darauf kam er mit einer Salatschüssel zurück und gab jedem etwas auf den Teller. „Die Suppe wird bald fertig sein. Darf ich der übrigen Dienerschaft etwas von dem Salat abgeben, Hoheit?“, fragte Vongsa dann. „Natürlich.“ Jewgeni probierte unterdessen ein Stück Salatgurke und stellte erstaunt fest, dass es aromatischer schmeckte, als er das zu Hause in Russland kannte. „Wirklich hervorragend.“, sagte er. „Freut mich, dass es dir schmeckt.“ Vongsa trug die Suppe auf und gab jedem etwas auf den Suppenteller. „Der Hauptgang ist in 10 Minuten fertig. Darf ich mich bis dahin zurückziehen, meine Königin?“, sagte er. „Wie lange dienst du mir schon, Vongsa?“ „Fast mein ganzes Leben, euer Hoheit.“, sagte der Diener. „Dann solltest du mich doch mittlerweile gut genug kennen um zu wissen, dass ich kein Leuteschinder bin, wie Tosh Kamar.“ Jewgeni Moskrovnovitch wurde hellhörig. „Wer ist dieser Tosh Kamar, von dem ihr gerade gesprochen habt, 147 Hoheit?“, fragte er, als Eliskas Diener sich entfernt hatte. „Alles zu seiner Zeit. Noch heute sollst du alles erfahren, was du wissen musst.“ Das Hauptgericht, Vongsa servierte Thunfischsteak mit Kräuterbutter und Rosmarinkartoffeln, schmeckte ebenfalls sehr delikat, wie Jewgeni erfreut feststellte. Auch das Dessert, bestehend aus gebratenen Bananen mit Honig, war ebenfalls eine Wucht. Nach dem Abendessen führte Königin Eliska Jewgeni in die Bibliothek, und bat ihn, noch ein Glas Wein mit ihr zu trinken. Der Russe willigte mit Freuden ein. Jewgeni Moskrovnovitch staunte nicht schlecht, als er all die Regale voll mit Büchern sah. Seine Gastgeberin sah unterdessen durch eines der großen Fenster auf das Meer hinaus. Lange Zeit sagte keiner ein Wort. Doch dann brach die vierte Königin der Kleeblattinsel das Schweigen. „Du hast am Strand nach Iduna und beim Abendessen nach Tosh Kamar gefragt. Ich will dir alles sagen, was wichtig ist. Iduna ist die oberste Göttin unserer Inselwelt. Der Tempel, der sich im Herzen von Oamaru befindet, ist ihr geweiht.“, sagte sie. „Und was ist mit Tosh Kamar?“ „Wir leben in Furcht vor ihm. Zwei Monate nach seiner Verbannung, ist dieses Scheusal wieder aufgetaucht und hat diese Insel mit einem Fluch belegt. Wenn unser allerheiligstes, der Feueropal, nicht binnen 5.000 Monden wieder in Idunas Tempel zurückgebracht wird, dann wird Tosh Kamars Riesenkalmar unsere schöne Insel in die Tiefe ziehen.“, sagte Eliska. „Und wer soll den Feueropal wieder zurückbringen?“ „Vier müssen ausziehen und den Opal wiederfinden, um ihn in den Tempel zurückzubringen. Ein Deutscher, ein Russe, ein Schwede und ein Engländer. Du bist einer dieser auserwählten.“, sagte die Königin. „Und wer sind die anderen?“ „Der Deutsche ist schon hier. Er heißt Dirk Hemmler und war Heizer der GOEBEN.“, sagte Eliska. „Der Mann ist mein Feind, meine Königin. Ihr könnt nicht von mir verlangen, dass ich mit ihm zusammenarbeite.“ Eliska drehte sich um. „Nur damit wir uns klar verstehen, Jewgeni. Hier auf dieser Insel und speziell in diesem Schloss bist du niemandem mehr Gehorsam schuldig. Außerdem ist das mein Haus und hier gelten meine Gesetze. Als mein Gast brauchst du mich nicht zu siezen und mich mit meinem Titel ansprechen.“, sagte sie dann. 148 „Aber draußen ist Krieg. Unsere Nationen sind miteinander verfeindet. Wie kann ich Dirk Hemmler vertrauen, und er mir?“ „Ihr müsst euch vertrauen, wenn ihr wieder auf die Kleeblattinsel zurückkehren wollt. Alleine wird es keiner von euch schaffen, den Opal zurückzubringen.“, sagte Eliska um dann wieder zum Fenster hinauszusehen. In diesem Augenblick begann die Sonne unterzugehen, und den Himmel blutrot zu färben. „Es fängt an.“, sagte Eliska. „Was?“ „Die Sonne fängt an unterzugehen. Gleich wird Tosh Kamars Riesenkalmar aus den Fluten auftauchen und die See aufwühlen.“ Jewgeni war nun neben sie getreten und sah mit ihr aus dem Fenster. In diesem Augenblick tauchte der Riesenkalmar auf und peitschte mit seinen Tentakeln und seinen beiden Fangpeitschen auf das Wasser. Die ruhige See war nun ein Hexenkessel. Jewgeni wurde an die Ereignisse an jenem Tag erinnert, als sein Schiff auf dem Riff gestrandet war, dass die Insel umgab, auf der man ihn so freundlich willkommen geheißen hatte. „Gott, was für ein Monster!“, entfuhr es ihm. „Ist er auch an dem Tag erschienen, als du hierher kamst?“ Eliska sah ihren Gast fragend an. Der Russe nickte. „Ich bin der einzige Überlebende, dieses Unglücks.“, sagte er dann. „Tosh Kamars Riesenkalmar hat dich nur aus einem einzigen Grund verschont, Jewgeni. Dein Vorfahr Iwan Grigorovitch war ein Mitglied des Landungstrupps, der damals den Opal gestohlen hat. Er war es, der den Stein aus dem Tempel getragen hat.“ Jewgeni Moskrovnovitch öffnete seine Tasche, die er die ganze Zeit bei sich trug und förderte ein Tagebuch und ein Teilstück einer Karte zutage. Als er das Buch öffnete, las er den Namen seines einstigen Besitzers. Er lautete: „IWAN GRIGOROVITCH“. „Ich werde dich und die anderen nicht enttäuschen. Wir werden diesen Opal finden und wieder zurückbringen. Das schwöre ich bei meinem Leben.“, sagte Jewgeni. Eliska strich ihm sanft über die Wange. 149 „Ich weiß. Sei bitte vorsichtig. Versprich mir, dass du heil und unversehrt und vor allem lebend nach Oamaru zurückkehrst.“ „Warum denn dieses?“, fragte Jewgeni. „Weil ich dich liebe. Ich will dich nicht verlieren. Versprich es mir. Bitte.“ „Ich verspreche es.“ Und dann tat Eliska etwas, womit Jewgeni nicht gerechnet hatte. Die Königin umarmte ihn und gab ihm einen innigen Kuss. 150 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)