Der Blaue Geist und der Freiheitskämpfer von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Zuko sprang von Baum zu Baum. Die meterhohen Fichten boten eine gute Deckung, während er den Konvoi im Auge behielt. Es war ihm egal was Iroh gesagt hatte: Das Leben auf der Straße war nichts für ihn. Er hatte sich für etwas Anderes entschieden. Sein Onkel mochte sein Glück in Ba Sing Se oder wo auch immer suchen, er jedoch nicht. Zuko war nicht dazu bestimmt das einfache Leben eines Straßenhändlers oder Teebrauers zu führen – er war schließlich der Prinz der Feuernation. Ironischerweise war er gerade dabei einen Versorgungstrupp eben jener Nation auszuschalten, die ihm unterstand. Natürlich war er verkleidet, wie immer: Als Blauer Geist, der Geißel der Feuernation. In Gedanken versunken hätte er fast verpasst wie der Konvoi anhielt. Sie waren auf einer gut geschützten Lichtung angekommen und die Komodorrhinos bockten. Die Tiere waren müde und ausgelaugt; eine Pause war angebracht. Der ideale Moment um zuzuschlagen. Gerade als sich Zuko aus der Baumkrone stürzen wollte, ging ein Aufschrei durch das provisorische Lager. Von überall und nirgends her hagelten Pfeile, Steine und Baumstämme auf die Soldaten ein. In Sekundenbruchteilen war die geordnete Formation der Einheiten der Feuernation zerstört, die Feuerbändiger ausgeschaltet und die normalen Soldaten heillos zerstreut. „Gute Arbeit“, meldete sich eine Jungenstimme zu Wort. Aus dem Unterholz traten mehrere Leute, allesamt männlich. Ihr Anführer, dem Verhalten nach zu urteilen, war ungefähr in Zukos Alter. Er trug zwei Hakenschwerter am Gürtel, hatte dunkelbraune Haare und einen Getreidehalm im Mund. Ein paar Jugendliche waren in der Lage gewesen einen Versorgungskonvoi der Feuernation auszuschalten – das war beeindruckend und ärgerte den Prinzen gleichermaßen. Er sah sich noch immer als Teil der mächtigsten Fraktion der Welt. Kurz überlegte er, ob er nicht selbst eingreifen sollte, als er sich aus der Baumkrone stürzte. Mit ausgestreckten Beinen streckte er einen der letzten Nachzügler nieder, der sich aus dem Hinterhalt heraus auf den Anführer hatte stürzen wollen. Leise stöhnend brach der maskierte Soldat unter ihm zusammen. „Boss, hinter dir!“ Der Größte und Beleibteste von ihnen deutete hinter seinen Anführer, welcher sogleich nach den Schwertern am Gürtel griff und ausholte. Zuko seinerseits zog die Krummschwerter und parierte den Angriff mühelos. Trotz des Überraschungsmoments auf der gegnerischen Seite war der Prinz in der Lage sich zu wehren und dabei eine elegante Figur abzugeben. Dabei stand er noch immer auf dem stöhnenden Soldaten. Die Maske des Blauen Geists verbarg sein Gesicht, während er den auf ihn einprasselnden Attacken auswich. Seine Stimme würde ihn verraten oder zumindest ein Indiz für seine wahre Identität bilden. Er schüttelte zwar mehrmals mit dem Kopf, was aber den Fremden nicht zu interessieren schien. „Moment Mal, Boss. Den Typ kenne ich von den Fahndungsplakaten. Das ist…“ Dem Dicken stockte der Atem, während sich die anderen um ihn scharten. „Das ist der Blaue Geist. Jet, hör auf!“ Just in dem Moment hielt Jet im nächsten Hieb inne. Zuko zögerte einen Moment, drehte die Krummschwerter dann aus den Handgelenken heraus und schob sie in die Scheiden am Rücken zurück. Um zu zeigen, dass er keinen weiteren Streit wollte, hob er die bloßen Hände in die Höhe und streckte die Innenflächen nach außen. „Wenn wir den zu den Freiheitskämpfern bekommen, Jet, dann sind wir unschlagbar“, meldete sich ein weiterer „Freiheitskämpfer“ zu Wort, dieses Mal ein Junge mit einem kreisrunden Hut, der an einer Lederschnur unter dem Kinn gehalten wurde, sowie einem Bogen in der Hand. „Der Blaue Geist ist nur ein Mythos, Longshot. Jeder Trottel kann sich so eine Maske überziehen“, meinte Jet mit einem Hauch von Unsicherheit im Gesicht. „Du bist aber der beste Kämpfer von uns, er hat dir widerstanden und obendrein das Leben gerettet“, stellte Longshot nüchtern fest. „Das mag stimmen, aber…“ Zuko rollte mit den Augen und musste ein Seufzen unterdrücken. Ihm wurde das allmählich zu dumm. Er wusste ja nicht einmal, warum er sich diesen Kindergarten überhaupt antat. Die Lebensmittel und die Verpflegung würde die komische Truppe sich wohl unter den Nagel reißen und auf einen weiteren Kampf hatte er gerade wenig Lust. Als er sich zum Gehen umdrehte, wurde er durch ein „Moment“ gehindert. „Du hast bisher noch kein Wort gesagt“, bemerkte Jet. „Wie scharfsinnig“, ging es dem Prinzen durch den Kopf. Kurz überlegte er, bevor er sich umdrehte, hinhockte, ein Schwert zog und mit der Spitze das Wort „stumm“ ins Erdreich ritzte. Die Meute kam näher, beugte sich über ihn und der Hüne rümpfte die Nase. Sie wirkten noch nicht sonderlich überzeugt. Zukos Magen grummelte lautstark. Er war hungrig, das konnte er nicht bestreiten. Die Aussicht auf ein vernünftiges Abendessen ließ ihn seine Pläne zu verschwinden doch noch einmal überdenken. Hastig schrieb er dazu: „Stumm, wegen der Feuernation. Maske, weil Narbe durch Folter.“ Beides war nicht einmal gelogen. Was sein Vater mit ihm angestellt hatte war Folter gewesen. Einem Kind so etwas anzutun, noch dazu dem Eigenen, es auf ewig zu brandmarken. Nicht einmal die besten Heiler würden diesen Makel entfernen können. Deswegen trug er auch die Maske so gerne: Damit war er einfach nur ein Schatten, jemand, den man nicht beachten wollte, weil man ihn fürchtete, und nicht mehr der verbannte Prinz. Jets Züge veränderten sich schlagartig. Ein mitleidiger Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. Er hielt Zuko die Hand hin und nickte. „Schon okay. Das respektieren wir.“ Dass der Junge mit dem Getreidehalm im Mund seine feindselige Position so schnell aufgegeben hatte, machte Zuko misstrauisch. Zu schnell und zu auffällig. Kurz sah er in die braunen Augen und musterte diese eingehend, konnte aber nichts erkennen, was auf eine List oder Feindseligkeit hingedeutet hätte. Stumm ließ er sich in die Höhe ziehen und schob das Schwert in die Scheide am Rücken zurück. „Schön dich kennenzulernen, Fremder. Ich bin Jet, und das ist meine Truppe, die Freiheitskämpfer.“ Nacheinander zeigte er auf die umstehenden Leute und benannte sie. Der große Dicke hieß Pipsqueak, der mit dem Hut und Bogen Longshot, und zwei kleine Jungen, die sich als Smellerbee und Duke herausstellten. Letzterer hockte auf den Schultern von Pipsqueak und hob fröhlich die Hand. „Wie sollen wir dich nennen?“, fragte Jet und hob die Mundwinkel zu einem einladenden Lächeln an. Zuko überlegte einen Moment, bevor er mit der Fußspitze den Namen „Lee“ in den Boden zeichnete. „Okay, dann Herzlich Willkommen bei den Freiheitskämpfern, Lee. Wir würden uns freuen, wenn du gemeinsam mit uns isst.“ Damit drehte sich Jet um und gab Anweisungen wie mit den Vorräten zu verfahren sei. Zu Zukos großem Erstaunen lief das Ganze außerordentlich koordiniert ab. Jeder hatte eine feste Aufgabe, die sich von Feuerholz sammeln, über Kisten schleppen, bis hin zu kochen erstreckte. Im Nu war ein Lager aufgebaut. Pipsqueak würde mit Duke die erste Wache übernehmen, während sich der Rest um ein Feuer versammelte und gebratenen Reis zu sich nahm. Zuko verhielt sich, gemäß seiner eigenen Angaben, schweigend und beobachtete die anderen beim Essen. Keiner bedrängte ihn, sie versuchten aber auch nicht, ihn aktiv in die Gespräche einzubinden. Sein Magen grummelte noch lauter, als ihm der Duft des Reises in die Nase stieg. Er musste jetzt einfach etwas essen. Langsam griff er nach einer Schale, schob sich die Maske ein wenig nach oben und begann mit Stäbchen zu essen, sorgsam darauf bedacht, nicht zu viel von seinem Gesicht preiszugeben. „Seht nur, er taut auf“, grinste Jet und klopfte Zuko auf den Rücken. Dieser hob kurz abwehrend die Hand, nur um dann weiterzuessen. Hätte er diese verdammte Narbe nicht, wäre er als irgendein Flüchtling der Feuernation durchgegangen. Das Ding brandmarkte ihn einfach und verkomplizierte sein Leben unnötig. Sein Onkel hätte jetzt wieder etwas von „Ehrlichkeit“ und „Vertrauen“ geschwafelt, aber Iroh hatte leicht reden: Er ging als alter, komischer Kauz mit einem Hang zu Tee durch. Das war bei ihm nicht so einfach. „Jetzt nimm die Maske schon ab, wir beißen nicht.“ Bevor Zuko reagieren konnte, hatte ihm Jet die Maske vom Kopf gezogen und der Prinz erbleichte. Alle Augen waren auf ihn gerichtet und auch geweitet. Innerlich machte er sich bereit auf einen Kampf und spannte seine Muskeln an. „Sieht ja wirklich schlimm aus“, murmelte Longshot mitfühlend. „Vor uns musst du dich damit aber nicht verstecken. Wir alle haben durch die Feuernation etwas verloren.“ Zuko zog die Augenbrauen zusammen. Den freundlichen Blicken nach zu urteilen hatte wirklich niemand Ahnung von seiner Identität. Konnte denn das die Möglichkeit sein? Seine Geschichte war doch innerhalb der Feuernation bekannt. „So ist es doch beim Essen angenehmer, oder?“, lächelte Jet und legte die Maske neben Zuko auf den Baumstamm. „Jetzt stärke dich mal und dann schlaf eine Runde. Das ist das Mindeste, was wir für dich tun können. Wir übernehmen die restlichen Wachen.“ Zuko wollte schon „Danke“ sagen, hielt dann aber inne. Er war schließlich stumm. Oder doch nicht? Sollte er seine neuen Freunde, oder eher Bekannten, denn er brauchte keine Freunde, mit einer Lüge strafen? „Schon okay, ich kann auch eine übernehmen“, murmelte er leise und fügte, auf die erstaunten Blicke der anderen, hastig hinzu: „Ich kann sprechen. War eine reine Vorsichtsmaßnahme. Meine Identität preiszugeben könnte mir eine Menge Ärger einhandeln.“ Zu Zukos großer Überraschung reagierte die Truppe auch hier wieder verständnisvoll. „Klar, damit hast du was mit Smellerbee gemeinsam, nicht wahr?“, meinte Jet grinsend und nickte zu dem kleinen Jungen, der frech die Zunge herausstreckte. Der Anführer beugte sich zu Zuko hinüber und murmelte: „Mädchen.“ „Das habe ich gehört, Jet!“, fauchte Smellerbee, was aber im Gelächter der Runde unterging. Sogar der Prinz konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das hier war anders. Noch immer ein Leben auf der Straße, unter seiner Würde, aber erträglicher. „Du brauchst aber heute keine Wache zu übernehmen, Lee. Ich schulde dir was.“ Jet drehte den Getreidehalm in seinem Mund ein wenig herum und legte Zuko erneut eine Hand auf die Schulter, wobei er dieses Mal sanft zudrückte. „Hau dich aufs Ohr, ist okay.“ Alles in Zuko sträubte sich. Das konnte noch immer eine Falle sein. Sie mussten einfach wissen wer er war. Dann meldete sich Onkel Irohs Stimme in seinem Kopf zu Wort, faselte wieder etwas von Vertrauen und Ehrlichkeit, was sein Neffe nur mit einem Augenrollen kommentierte. Der alte Mann verfolgte ihn sogar hier. „Ist gut, danke“, lächelte Zuko verlegen und aß fertig, bevor er sich auf eine der ausgebreiteten Matten legte, die Schwerter in Griffnähe und die Augen schloss. Er hörte den anderen noch eine Weile mit geschlossenen Augen zu, die sich aber über allerlei Dinge unterhielten, nur nicht über ihn, bevor er endlich wegdämmerte und zum ersten Mal seit langem ruhig schlief. Für eine Weile zumindest. Kapitel 2: ----------- Mitten in der Nacht schreckte Zuko aus dem Schlaf. Er hatte die rechte Hand schon nach seinen Schwertern ausgestreckt. Hastig sah er sich um und konnte nichts Verdächtiges erkennen. Da war nur Jet, der am Lagerfeuer saß und leise vor sich hin murmelte. Was der braunhaarige Junge da von sich gab, konnte er nicht verstehen. Wäre es unhöflich gewesen zu lauschen? „Natürlich“, mahnte ihn sein Onkel mental. Innerlich seufzend stand Zuko auf und räusperte sich dezent. Jet drehte sich herum und lächelte schief: „Ich dachte du schläfst?“ „Ich bin es gar nicht mehr gewohnt so ruhig schlafen zu können“, wich Zuko aus und ließ sich neben Jet fallen. „Bist du schon so lange auf der Flucht?“ „Lange genug um mit Waffen in Griffnähe schlafen zu müssen“, hob der Narbenträger die Mundwinkel an. „Wie lange seid ihr schon unterwegs?“ Zu sehr auf seine fiktive Vergangenheit eingehen zu müssen hätte Unstimmigkeiten bedeuten können und damit Probleme. „Auch schon eine ganze Weile.“ Jet legte Holz nach und starrte gedankenverloren in die Flammen. Zuko war unschlüssig. Sollte er etwas sagen? Den anderen aufmuntern? Trösten? Er war in solchen Dingen nicht gut, das hatte er damals schon bei Mai nicht geschafft. Auch seinen Onkel hatte er nicht wirklich trösten können, wobei der alte Mann sich bisher immer selbst aus seinen trübsinnigen Gedanken, sollte er diese jemals offen zeigen, gekämpft hatte. Die Entscheidung wurde ihm von Jet abgenommen, der einfach den Mund aufmachte. „Weißt du, manchmal ist es ein wenig schwierig die Truppe beisammenzuhalten. Sie sehen das alles viel enger als ich.“ „Wie meinst du das?“, fragte Zuko und zog die Augenbrauen zusammen. „Sie trauen sich nur über kleinere Projekte, wie das heute.“ „Na, wenn du das klein nennst…“ „Natürlich. Große Projekte sähen ganz anders aus.“ „Wie etwa?“, bohrte Zuko nach. „Ich hatte einmal die Idee einen Staudamm zu sprengen, um ein Dorf des Erdkönigreichs zu befreien. Nun, das Dorf wird noch immer als Stützpunkt für die Feuernation genutzt“, hob Jet freudlos die Mundwinkel an und kaute auf seinem Halm herum. Das klang sogar in Zukos Ohren ein wenig abgebrüht. Bei seiner Suche nach dem Avatar war er auch viele Risiken eingegangen, aber das Leben seiner Mannschaft aufs Spiel zu setzen… Dieser Gedanke war ihm allerdings auch schon einmal gekommen. Er war so versessen darauf gewesen den Avatar vor seinen Vater zu schleifen und seine Ehre wiederherzustellen, dass er, ohne seinen Onkel, oft in blinde Raserei verfallen und umgekommen wäre. „Zeigt ihm seine Fehler auf, Neffe“, meldete sich Iroh prompt zu Wort. Diese geistige Stimme war lästig. „Was ist? Bist du auch dagegen?“, riss ihn Jet aus seinen Gedanken. „Hättest du mich noch vor einigen Monaten gefragt, hätte ich dir mit Nein geantwortet. Jetzt würde ich vorsichtig behaupten, dass du im Unrecht bist.“ Zuko konnte seinem Gesprächspartner zusehen, wie dessen Schultern nach unten wanderten. „Das ist kein Vorwurf und soll auch keine Belehrung sein, aber, es gibt manche Opfer, die sind es nicht wert.“ Der Prinz zögerte erneut. Onkel Iroh war einfach besser in solchen Dingen. „Lasst Euer Herz sprechen und Ihr findet die richtigen Worte“, säuselte die Stimme des alten Mannes. „Du hast das Herz am rechten Fleck, Jet, oder scheinst es zumindest zu haben. Wer so eine Truppe zusammenhält, der muss Verantwortung tragen und sie auch übernehmen. Bleib lieber mit dir im Reinen – du würdest es bereuen.“ Er legte Jet die rechte Hand auf die Schulter und drückte fest zu. „Vertrau mir, da habe ich mehr Erfahrung als du.“ Jet starrte einige Momente lang auf Zukos Hand, bevor dieser sie hastig zurückzog. Ein Anflug von Bedauern war in den Zügen des jungen Mannes zu erkennen. Hatte der Prinz mit dieser einfachen Geste bereits etwas falsch gemacht? „Ich weiß ja, dass du Recht hast, Lee, trotzdem.“ Jet seufzte leise und drehte den Halm zwischen seinen Zähnen. „Es fühlt sich an wie ein Kampf gegen Windmühlen. Für jeden Schritt den wir vorwärts machen, fallen wir drei zurück. Von uns sind nicht mal Fahndungsplakate ausgeschrieben – nicht so wie von dir.“ Zuko blinzelte kurz. Fahndungsplakate? Sein Blick wanderte zur Maske, die neben den Schwertern lag, dann begriff er. Langsam schüttelte er den Kopf: „Nein, das ist nichts, worauf man Stolz sein muss. Ich mache das auch nicht gerne.“ „Wie meinst du das?“ „Ich“ – fast hätte er sich verplappert. „Ich hätte auch ein anderes Leben haben können. Eines, in dem es mir an Nichts gemangelt hätte.“ Unweigerlich strich er sich über die Narbe. „Manche Dinge kann man eben nicht ändern.“ Warum nur hatte Zuko gerade das Gefühl, dass sein Onkel mächtig stolz auf ihn gewesen wäre? Er hatte diesen Quatsch und das Gequassel des alten Mannes mittlerweile gut drauf und das erschreckte ihn ein wenig. Ein Teil von ihm bedauerte es bereits, Iroh alleine gelassen zu haben. „Manchmal ist es einfach schwer so zu sein“, sagte Jet und hob die Schultern an. „Die Verantwortung, wie du sagst. Ich würde mir jemanden wünschen, der mir ein wenig davon abnimmt.“ „Warum hast du noch niemanden zu deinem Stellvertreter ernannt?“ „Weil niemand geeignet ist“, stellte Jet nüchtern fest und legte erneut Holz nach. „Am ehesten Longshot, aber auch er ist zu zögerlich. Da bleibe nur ich übrig.“ Zuko dachte einen Moment lang nach und schaute ins Feuer. Verantwortung teilen – das hörte sich prickelnd an. Er hatte gar keine Verantwortung mehr, nur für sich selbst, dabei war er dazu berufen gewesen, die Verantwortung für eine ganze Nation zu tragen. Genau das Reich, das Jet zu bekämpfen versuchte. „Weißt du, dass du ganz… hm… niedlich aussiehst, wenn du nachdenkst?“ Der Narbenträger zuckte zusammen. Was? Niedlich? „Inwiefern?“, wollte er wissen und musste sich zusammenreißen Jet keine mitzugeben. „Naja, du hast so etwas Grüblerisches an dir. In den Momenten wirkst du mehr wie ein Jugendlicher, nicht wie jemand, der eine schwere Bürde mit sich herumschleppt.“ Jet grinste breit und drehte den Halm erneut im Mund herum. „Steht dir“, fügte er an. Zuko war überfordert. Sein Gesprächspartner hatte das nicht negativ gemeint oder abwertend. „Ähm… danke, schätze ich?“ Ein fragwürdiges Kompliment, doch er wollte mal nicht so sein. Warum eigentlich? Jet war ein Fremder, ein Niemand, der ihn mehr oder weniger beleidigt hatte. Niedlich setzte Zuko mit Schwäche gleich, zumindest in seiner Position. „Du machst dir eindeutig zu viele Gedanken“, lachte Jet leise und klopfte Zuko auf die Schulter, wobei er deutlich sanfter vorging, als der Prinz vorhin. Für Zukos Geschmack einen Moment zu lange ließ er seine Hand auf ihm ruhen, bevor er sie zurückzog. „Leg dich wieder hin, Lee. Morgen wird ein anstrengender Tag.“ „Wer hat denn gesagt, dass ich bleibe?“ „Ich“, grinste er breit. „So jemanden wie dich können wir gebrauchen. Sieh es dir einfach mal an. Was hast du schon zu verlieren?“ Da hatte Jet Recht. Es wartete niemand auf ihn und Iroh kam alleine klar. Die Jagd nach dem Avatar vergrub er tief in seinem Inneren. Etwas in ihm wollte, dass er hierblieb, zumindest für eine Weile. Etwas in ihm wollte diesen Jet näherkennenlernen. Bisher war er einer der wenigen Menschen gewesen, der sich nicht sofort von ihm abgewandt, oder sich unterworfen hattee, weil er der Prinz beziehungsweise der verbannte Prinz war. „Na, ich überlege es mir“, hob Zuko die Mundwinkel an und ging zu seinem Schlafplatz zurück. Langsam dämmerte er ins Reich der Träume und bemerkte so nicht, wie Jet ihn lächelnd beobachtete. Kapitel 3: ----------- Zuko war schlussendlich doch bei den Freiheitskämpfern, wie sich selbst nannten, geblieben. Die ersten 14 Tage vergingen wie im Fluge. Er konnte dabei die gesamte Truppe ein wenig näher kennenlernen und hatte mit ihnen die verschiedensten Aufgaben bewältigt. Dabei hatte sich gezeigt, dass Jet und er ein sehr gutes Team bildeten. Das Einzige woran er sich noch gewöhnen musste war der Fakt, dass man ihn „Lee“ nannte. Darüber, dass sie seine Identität doch erraten würden, machte er sich keine Gedanken mehr. Seit seiner Entscheidung alleine sein zu wollen, sogar ohne seinen Onkel, hatte er sich nicht mehr so wohlgefühlt. Die Suche nach dem Avatar war in den Hintergrund gerückt und er fühlte sich derzeit frei und glücklich. Sie saßen gemeinsam am Lagerfeuer, lachten ausgiebig und waren eine eingeschworene Truppe. So wie auch heute, als er und Jet gemeinsam Wache schoben. „Sag mal, Lee – hast du eigentlich eine Freundin? Oder hattest du?“, fragte ihn Jet, nachdem er Zuko über die Namensherkunft Pipsqueaks aufgeklärt hatte. Der Prinz zögerte kurz. Sollte er die Wahrheit sagen? Eine kleine Notlüge war in Ordnung, ganz sicher. „Nicht so wirklich. War mehr eine Jugendfreundin“, gestand er leise. Mai war wirklich nur eine Jugendfreundin gewesen. So ganz stimmte das natürlich auch nicht, denn er mochte sie wirklich, sogar heute noch, aber daran war gerade nichts zu ändern. „Und einen Freund?“ „Wie?“, blinzelte der Blaue Geist und schrägte ein wenig den Kopf. Einen Freund? „Na du weißt schon – einen männlichen Freund.“ Zuko zog die Augenbrauen in die Höhe. Das war eine seltsame Frage. Natürlich hatte er noch keinen Freund gehabt, wenn er das richtig verstand. Warum auch? In der Feuernation herrschte das klassische Familienbild, Vater – Mutter – Kind, seit Generationen vor. Zwei Väter, wobei sich die Frage stellte, wie dann Kinder dazukommen sollten, waren verpönt und quasi nonexistent. Ihm war jedenfalls kein Fall bekannt. „Nein?“, antwortete Zuko vorsichtig. „Das heißt, du hast auch noch nie einen Jungen geküsst?“, fragte Jet weiter und hob dabei die Mundwinkel ein wenig an. Veräppelte ihn sein Gegenüber? Warum grinste er so seltsam? Wahrscheinlich machte er sich gerade über ihn lustig. Zuko war kurz davor aus der Haut zu fahren, als ihn wieder die mentale Stimme seines Onkels zur Räson brachte: „Beruhigt Euch. Er stellt doch nur ein paar Fragen. Seht Ihr denn nicht wie nervös er ist?“ Natürlich hatte Iroh Recht, dennoch fragte sich der Prinz, warum er mit solchen Fragen konfrontiert wurde. „Nein“, antwortete Zuko erneut. Bevor er wusste wie ihm geschah, war Jet auch schon neben ihm und bettete sein Gesicht sanft in seinen Händen. Ein beruhigendes, sanftes Lächeln aufgesetzt, legte der Anführer der Freiheitskämpfer seine Lippen auch schon auf die des verbannten Prinzen. Sie fühlten sich weich und sanft an. Ihr Geschmack war durchzogen von den Kirschen, die sie zuvor noch gegessen hatten. Obwohl sich alles in ihm hätte sträuben sollen, ließ Zuko ihn gewähren und seufzte leise auf. Es war, als würde eine große Last von ihm abfallen. Ruhe kehrte in ihn ein. In diesem einen Moment war er frei von der Bürde seiner Abstammung, seines Daseins als Blauer Geist, er war einfach nur er selbst, ein Junge mit einer Narbe, die sein Gegenüber nicht einmal zu stören schien. Zuko stieg in den Kuss ein und erwiderte ihn, ganz sanft und zärtlich. Nach einer kleine Ewigkeit löste sich Jet von ihm, zog einen Getreidehalm vom Gürtel und grinste breit. „Was?“, fragte der Prinz und räusperte sich, um seiner Stimme die normale Tonlage zurückzugeben. „Es scheint dir gefallen zu haben“, neckte ihn der Braunhaarige. „Es…“, murmelte Zuko und schaute beschämt zu Boden. Ja, es hatte ihm Gefallen, hatte sich richtig angefühlt, ihm ein Stück Sicherheit und Geborgenheit gegeben. Welch dummer Gedanke das doch gewesen war! Er konnte nicht erwarten, dass Jet sich so für ihn interessierte, zumal er selbst bis vor einigen Augenblicken lang nicht einmal gewusst hatte, wie es ist, einen Jungen zu küssen. „Stumm wie es für den Blauen Geist passt“, gluckste Jet und rückte noch ein wenig näher an Zuko heran um sich seine Hand zu schnappen und ihre Finger miteinander zu verschränken. „Du trägst etwas mit dir herum, eine Last, die weit größer ist als meine. Willst du dich mir nicht doch anvertrauen?“ War das alles ein abgekartetes Spiel? Wollte Jet in seiner Vergangenheit herumschnüffeln und hatte sich deshalb an hin herangemacht? Sollte er etwas erzählen? Bevor sich Onkel Iroh wieder melden konnte, kam ihm sein Neffe zuvor. „Das ist nicht so einfach. Ich will diesen Moment nicht zerstören“, setzte Zuko an und brach den Satz gleich wieder ab. Nein, er durfte nichts sagen – dieser Augenblick war zu schön. Er schaute zu seinem Sitznachbarn und spürte ein angenehmes Kribbeln im Bauch. War das Liebe? Konnte das Liebe sein? Geboren aus einem einzelnen Kuss? War er verschossen? Gefiel ihm Jet, obwohl er ein Junge war? „Du denkst noch immer viel zu viel nach – ich denke, ich mache mal den Anfang.“ Jet drehte sich auf dem Baumstamm so, dass er Zuko direkt gegenübersaß und ihm in die Augen schauen konnte. „Deine Gedanken zu erraten ist echt nicht schwer. Du wirkst manchmal wie ein scheues Reh. Ein äußerst hübsches, scheues Reh, das muss ich zugeben.“ Um seine Worte zu unterstreichen strich er ihm mit dem Zeigefinger über die Wange, wobei er sorgsam darauf achtete, die Narbe auszulassen. Zuko seinerseits zuckte kurz zusammen, hob die Mundwinkel aber an und ließ ihn gewähren. „Du bist wirklich süß, Lee. Dein Lächeln kommt viel zu selten zum Vorschein, dabei ist es so wunderschön. Du bist anders als der Rest – ein geborener Anführer, wie ich. Dir kann ich Verantwortung aufladen. Du hast Mut, Verstand und das Herz am rechten Fleck. Ich möchte nur wissen, was dich so aus der Bahn geworfen hat, dass du dich so verändert hast. Du bist so verbittert und einsam, selbst in einer Runde aus Freunden und Bewunderern.“ Beim letzten Wort zog Zuko die Brauen in die Höhe. „Denkst du, wir hätten nicht alle kapiert, dass du ein Krieger bist? Das liegt nicht nur daran, wie du dich mir im Kampf gestellt hast, sondern deine Bewegungen, deine wachsamen Augen, dein Verhalten – sag mir doch einfach, was los ist, warum du niemandem vertraust? Sogar mir nicht, und ich wage zu behaupten, mit mir verstehst du dich am besten.“ Sollte er etwas sagen? Jet war gerade so ehrlich zu ihm gewesen und er wirkte auch nicht als hätte er gelogen. Zuko schien ihm zu gefallen. Er mochte ihn wohl wirklich. In seinem zweiwöchigen Aufenthalt hatte der junge Prinz aber auch gelernt, dass Jet von einem unbändigen Hass auf die Feuernation angetrieben wurde. Ihm zu erklären, dass der Junge, in den er verschossen war, Zuko wollte bewusst nicht das L-Wort benutzen, genau an der Spitze dieses Teils der Welt stehen sollte, das hätte ihm das Herz gebrochen und ihn selbst wieder dazu verdammt, weiterziehen zu müssen. Das wollte er aber nicht. „Ich kann nicht, Jet“, windete sich Zuko und trat die Flucht nach vorne an. „Das ist zu kompliziert, glaube mir. Können wir uns nicht darauf einigen, dass ich Lee bin, der Blaue Geist und dich wohl auch mag?“ Bevor Jet etwas erwidern konnte, küsste ihn Zuko behutsam. Es war eine total irrige Ansicht, dass die Kraft des Feuers nur aus Wut und Hass geboren war, und die Bändiger sich dementsprechend rabiat und grob verhielten, im Gegenteil – Zuko sehnte sich nach nichts mehr als einem Stück Zärtlichkeit und Geborgenheit. Dass er alles richtig machte schlussfolgerte der Prinz daraus, dass Jet Wachs in seinen Händen wurde und sich verträumt seufzend an ihn lehnte. Er konnte die Finger des Braunhaarigen in seinem Nacken spüren, wo sie ihn kraulten. Ein himmlisches Gefühl. Obwohl er sich geschworen hatte, niemals eine so verletzliche Seite erneut zu zeigen, denn das hätte seinem Vater missfallen, tat er es gerade und es fühlte sich verdammt gut an. Für den Moment war er der unangenehmen Frage nach seiner Herkunft entschlüpft, doch ob ihm das auf die Dauer gelingen würde war fraglich. Er brauchte einen Plan, dringend. Kapitel 4: ----------- Es waren weitere 14 Tage vergangen in denen Jet und Zuko sich nähergekommen waren. Mittlerweile war es ein offenes Geheimnis unter den anderen, dass sie ein Paar waren. Niemand sprach sie darauf an, aber insgeheim freuten sich alle ein wenig für beide. Jet tat Zuko, oder Lee wie sie ihn nannten, gut und umgekehrt. Letzterer war nicht mehr so verschlossen und griesgrämig, lachte des Öfteren, während Ersterer seinen Hass auf die Feuernation vergaß und sich um andere Dinge kümmerte. Jet war zuvor schon ein guter Anführer gewesen, doch seine Qualitäten hatten sich seitdem Lee ihm Lager war, noch verbessert. Sie machten fast alles zusammen und hockten förmlich aufeinander. Trotzdem war es Jet nicht gelungen Zukos Geheimnis um seine Herkunft oder sein eigentliches Problem zu entschlüsseln. So saßen sie wieder einmal, im Schein des Lagerfeuers, beieinander, wobei der Prinz seinen Freund auf dem Schoß, und die Hände um dessen Bauch geschlungen hatte. „Warum möchtest du mir nicht davon erzählen?“, fragte Jet, wie so oft, ohne mit einer Antwort zu rechnen. Zuko hatte seine Nase in dessen Haaren vergraben und sog ihren Duft ein. Eine Mischung aus Wald, Jet und einem Hauch von Apfelblüten. „Weil es unser Ding zerstören würde“, murmelte Zuko gedankenverloren und presste Jet fester an sich. „Das nennt man Beziehung, Lee, und ich glaube kaum, dass du mir etwas über dich erzählen könntest, das meine Meinung von dir ändern würde. Ich liebe dich nämlich.“ Jet beugte sich nach hinten und stahl sich einen Wangenkuss. „Du verstehst das nicht“, seufzte der Prinz. „Jet, ich mag dich, wirklich, sehr sogar.“ Bewusst vermied er noch immer das L-Wort, denn es war ein Zeichen von Schwäche. Auch wenn er seine verletzliche Seite gegenüber Jet offen zeigte, so wollte er trotzdem nicht, dass dieser ihn für einen Schwächling hielt. Es ging darum sein Gesicht zu wahren und den Mythos des Blauen Geists aufrechtzuerhalten. „Aber?“, hakte der Braunhaarige nach. „Ich will es dir einfach nicht erzählen, okay? Es ist besser so“, wiegelte Zuko ab. „Du kannst mir dennoch alles erzählen, das weißt du“, murrte Jet gespielt und strich mit den Daumen über Zukos Handrücken. Wenn er ihm doch nur glauben hätte können. Genau für das zu stehen, was Jet alles genommen hatte, was dieser so sehr hasste, das konnte einfach nicht gut gehen. Er musste schlauer sein, so verlockend es auch war, die letzte Lüge in ihrer Beziehung, wie Jet ihr Ding nannte, auszumerzen. Nein, er durfte einfach nicht. Zur Abwechslung blieb auch die Stimme seines Onkels stumm. Ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war vermochte er nicht zu deuten. „Ich weiß“, murmelte der Prinz und strich mit den Lippen an Jets Hals entlang. Diese Momente der Zärtlichkeit ließen ihn Sorgen und Probleme vergessen und er hatte sich bereits mehr als einmal dabei ertappt, mehr zu wollen. Das wäre aber unschicklich gewesen und außerdem fehlte im Lager die nötige Privatsphäre. „Gut“, beendete Jet das Gespräch und schmiegte sich an seinen Liebsten. Er im Gegenzug hatte keine Probleme damit, auch seine „verletzliche“ Seite zu zeigen. In Lees Armen fühlte er sich sicher und geborgen und musste nicht den starken Anführer mimen. Hier konnte er sein, was er eigentlich war: Ein fünfzehnjähriger Junge mit zu viel Last auf den Schultern. „Hast du dir eigentlich überlegt einmal sesshaft zu werden?“, fragte der Freiheitskämpfer nach einer Weile. „Nein, warum?“ „Weil es schön wäre nicht mehr davonlaufen zu müssen. Einfach irgendwo ein Dasein zu beginnen, von Neuem, vielleicht im Erdkönigreich? In Ba Sing Se? Ein kleines Häuschen, dazu Arbeit und keine Sorgen mehr.“ Zuko schürzte die Lippen. Das war ein Tagtraum, nicht mehr. Er kam ja schon mit diesem Leben schwerlich klar, wie sollte er da das einfache Leben eines Arbeiters fristen? Mit Jet an seiner Seite hatte es schon etwas Verführerisches, aber dafür war er nicht geschaffen. Er war ein Prinz, berufen die Krone des Feuerlords zu tragen und den Avatar zu fangen. Das war seine Aufgabe, sein Ziel. Trotzdem hatte sich das alles ein wenig in den Hintergrund bewegt; seitdem er mit Jet zusammen war, fühlte er sich nicht mehr so verpflichtet. „Da seid Ihr ja, Neffe!“ Das Pärchen stob auseinander wobei Zuko die Schamesröte ins Gesicht stieg. Vor ihm stand sein Onkel, beleibt wie eh und je, mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen. Kurz freute er sich, dann übermannte ihn die Angst. Wenn Iroh ihn beim Namen nannte oder Prinz, dann würde Jet von seinem Geheimnis erfahren. Der alte Mann schüttelte kaum merklich den Kopf und besah sich Jet einen Moment lang. „Wie sind Sie an den Wachen vorbeigekommen?“, wollte dieser wissen und griff an seinen Gürtel, nur um zu stutzen. Er hatte seine Schwerter abgelegt. Wie nachlässig. „Keine Sorge, es geht allen gut. Ich habe mich mit ihnen unterhalten und sie haben mich durchgelassen. Es geht um meinen Neffen.“ Iroh warf Zuko einen vielsagenden Blick zu. „Was ist denn los, Onkel? Du weißt doch, dein Neffe, Lee, hat wenig Zeit“, überspielte er die Situation und gab dem alten Mann den Hinweis, wie er sich hier im Lager genannt hatte. „Ich brauche Eure Hilfe“, seufzte der Alte. „Es schmerzt mich dieses glückliche Paar trennen zu müssen, aber ohne Euch bin ich aufgeschmissen.“ Jet zuckte mit dem rechten Augenlid und schüttelte vehement den Kopf. „Lee bleibt hier, bei mir.“ „Habt Ihr ihn das auch schon gefragt, junger Mann? Ob er denn bleiben möchte?“, fragte Iroh sanft. „Natürlich, er, er…“, schnaubte der Freiheitskämpfer und sah zu seinem Freund, der die Augen gesenkt hatte und die Hände zu Fäusten geballt. „Du, du gehst doch nicht, oder?“ Nein, er wollte nicht gehen. Er wollte hierbleiben, bei Jet und die Zeit mit ihm genießen, er wollte aber auch nicht auf ewig in diesem Lager hocken und am Ende irgendwo in Ba Sing Se versauern. Iroh hatte ihn sicherlich aus einem guten Grund aufgesucht. „Das…“, stammelte Jet und machte einen Schritt auf Zuko zu. „Es tut mir leid“, murmelte der Prinz leise und senkte sein Haupt. „Was soll so wichtig sein, als dass Lee Ihnen folgen sollte?“, fuhr Jet Iroh nun an. „Er gehört zu uns, zu mir. Er ist ein fester Bestandteil meiner Gruppe!“ „Er gehört niemandem, nur sich selbst. Junger Mann, ich weiß, wie schwierig ihm diese Entscheidung fällt, doch ich bedarf seiner Hilfe. Es geht um seine Bestimmung und sein Erbe.“ Der Drache des Westens senkte nun seinerseits den Blick ein wenig. „Ginge es anders, ich würde nicht darum bitten. Es mag anmaßend sein, doch das Gefüge der Welt steht auf dem Spiel.“ Ungläubig schaute Jet zwischen Lee und seinem Onkel hin und her. Rasch überbrückte er die Distanz zu seinem Liebsten und zwang ihn sich anzusehen. „Sag mir, dass das nicht wahr ist. Sag mir, dass du hierbleibst, bei mir.“ Er schüttelte Zuko durch. „Los!“, schrie er ihn an und Tränen quollen ihm dabei aus den Augen. „Nein“, murmelte der Prinz leise und senkte seine Lippen ein letztes Mal auf die von Jet. Im Kuss griff er nach der Maske des Blauen Geists an seinem Gürtel und drückte sie Jet in die Hände. „Damit du mich nicht vergisst.“ Rasch wandte er sich ab und stürmte durch das Unterholz, um die aufkeimenden Tränen zu verbergen. „Lee!“, echote Jets Rufen in seinen Ohren wider. Sie würden sich eines Tages wiedersehen, ganz sicher. Er musste nur eben die Welt retten, gemeinsam mit seinem Onkel. Dann würde er Jet auch nicht mehr anlügen müssen. Solange musste die Erinnerung an ihn in seinem Herzen ausreichen. Auf einer Lichtung hielt er keuchend inne und wartete auf Iroh. Der alte Mann war der einzige Mensch gewesen, der sich immer um ihn gesorgt und gekümmert hatte – nun gab es zwei davon. Hoffentlich hatte er sich nicht falsch entschieden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)