Twenty-four dayz til xmas #2x20 von Daisuke_Andou ================================================================================ Kapitel 4: Nachtmahr -------------------- Nachtmahr by Masato Watanabe Es ist nicht so, dass ich zu der Sorte dieser gefühlsduseligen Menschen gehöre, dennoch befinde ich mich seit einem halben Jahr in einer Beziehung. In einer Beziehung mit einem Mann. Und das, obwohl ich selbst ebenso ein Mann bin. Wie es dazu gekommen ist, kann ich noch nicht einmal genau sagen. Ich gehöre nicht dieser Art Mensch an, die jemanden sieht und weiß, dass er mit ihm zusammen sein will. Oftmals fallen mir Menschen gar nicht auf oder ich ignoriere sie weg. Anziehung verspüre ich nicht. Bisher jedenfalls nicht. Ich hatte immer geglaubt, ich würde schon wissen, wenn ich jemandem begegne, der zu mir gehört. Aber das war wohl Irrglaube. Trotzdem ließ ich mich auf eine Vielzahl sogenannter Beziehungen ein. Ich verbrachte Zeit mit der anderen Person, machte Dinge, die mir selbst nicht einmal Spaß machten, nur um in die mir zugedachte Rolle zu passen. Ich ließ es zu, dass jemand in mein Leben eindrang und von diesem Besitz ergriff. Stück für Stück wurde versucht, mich zu einer Existenz zu biegen, die möglichst angenehm für mein Gegenüber war. Ich selbst aber nahm alles nur an, hinterfragte eher dieses Nebeneinander. Es dauerte nicht lange und man war meiner überdrüssig. Das liegt wohl an meiner eigensinnigen und verschrobenen Art. Das Miteinander inspirierte mich nicht und ich verfiel schnell in einen passiven Modus. Ändern kann ich dies jedoch nicht. Auch die Sache zu beenden lag mir fern. Ich wartete lieber ab, bis das Unausweichliche eintraf. So kam es immer, früher oder später und das Spiel ging von vorn los. Es wunderte mich immer, dass es nach wie vor Menschen gibt, die sich von mir angezogen fühlen. Es ist nicht so, dass ich wunderschönes Haar oder eine makellose Haut hätte. Auch das Parfüm, welches ich benutzte, hat einen eigenwilligen Geruch, der nicht von allen als angenehm empfunden wird. Mal ganz davon zu schweigen, dass ich recht kurz geraten bin und einen Hang zu Extremen habe. Das äußert sich vorwiegend in meinem Erscheinungsbild. Nun ereignete es sich, dass ich diesen Jungen traf. Mitten auf der Straße. Auf dem Heimweg nach meinem Aushilfsjob. Er ist einige Jahre jünger als ich, wie sich herausstellte. Er färbt sich seine Haare ebenso wie ich blond. Ich hatte das Gefühl, in einen Spiegel zu blicken. Seine Augenbrauen waren abrasiert, genau wie meine. Er trug ein auffälliges Piercing, welches sich um seine volle Unterlippe schlang. Ich muss nicht erwähnen, dass auch meine Lippen gepierct sind. Generell habe ich eine Vorliebe zu derartigen Löchern in meinem Körper, was er mit mir teilt, denn nach genauem Hinsehen erkannte ich weitere metallene Highlights. Er war mit mir so ziemlich auf Augenhöhe und der erste Satz, den er zu mir sagte, war „Hey, cooles Shirt!“. Das war der Moment, in dem ich auf seinen Style aufmerksam wurde und ich musste mir hinsichtlich dieser Sache eingestehen, dass wir auf der Stelle die Klamotten hätten tauschen können. Ich hätte mich trotzdem wohlgefühlt. Dass dieses Treffen auf offener Straße kein Zufall war, hatte mir Mao Wochen später gestanden. Im gleichen Zuge, in dem er mir auch offenbarte, dass er tiefgehende Gefühle für mich hat. Er war mir bisher nie aufgefallen, obwohl er – seiner Aussage nach – an der gleichen Schule war, wie ich. Nur, dass ich diese vor zwei Jahren verlassen hatte, um mit meiner Kunst erfolgreich zu werden. Ich muss nicht erwähnen, dass mein Plan große Lücken aufwies. Trotzdem verurteilte er mich nicht. Viel mehr gab er mir das Gefühl, dass mein Freigeist ihn anzog. Er war nicht aufdringlich, ließ mir Zeit und ich ließ seine Annäherungen geschehen. Ehe ich mich versah, war er Teil meines Lebens geworden. Doch diesmal war es anders. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es einen Eindringling gab. Auch das ernüchternde Gefühl des nebeneinander her Lebens blieb aus. Viel mehr war es ein miteinander, denn, wann immer er nur konnte, kritisierte er meine Arbeiten, verbesserte sie oder ließ mich an seinen Gedanken dazu teilhaben. Das wiederum brachte mich auf neue Gedanken, inspirierte mich, brachte mich voran. Ich fühlte mich nicht eingeengt, glaubte eher, mich entfalten zu können, mich weiterzuentwickeln. Und doch ist es dieser Junge, der mir nun in diesem Straßencafé gegenüber sitzt und mich ernst ansieht. „Kyo, ich kann das nicht mehr! Du bist wie ein Parasit! Und bevor du mich wegwirfst, weil du nichts mehr aus mir ziehen kannst, beende ich es lieber. Es ist aus!“, sprach Mao. Noch ehe ich mich dazu äußern konnte, stand er auf und verschwand. Ich drehte mich auf meinem Stuhl um und starrte in die Richtung, in die er verschwunden war. Mein Herz klopfte wild in meiner Brust, tat es noch, als ich aufwachte. Und da lag er, der Junge, mit dem ich seit einer Woche eine Beziehung führe: Mao. Der Junge, der mit mir vor gefühlten Ewigkeiten zusammen in der Kunst-AG unserer alten Schule war und mich und meine Kunst seitdem anhimmelt. Ich weiß nicht, ob ich wirklich ein Parasit bin, der nur das Beste aus ihm herauszieht, aber ich habe zumindest das Gefühl, dass er das Beste in mir hervorbringt. Auch, wenn die Angst bleibt, dass er mich jetzt, so kurz nach Weihnachten, absägt, wie diese sogenannten Wegwerf-Boyfriends, glaube ich, dass er mir viel über mich selbst beibringen kann. Umso mehr genieße ich den Anblick seines schlafenden Gesichts nah an meinem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)