Twenty-four dayz til xmas #2x20 von Daisuke_Andou ================================================================================ Kapitel 9: Spuren im Schnee --------------------------- Spuren im Schnee by Natsuo Kurokawa Die schweren Eisenketten, die um die Reifen gespannt waren, drückten sich unnachgiebig in den frisch gefallenen Schnee, als der junge Mann den kleinen Lieferwagen in die Einfahrt des Hotels steuerte. Das laute Röhren des Motors verstummte, als er den Schlüssel in seine Richtung drehte und ihn abzog. Kurz darauf sprang er aus seinem Gefährt. Nun begann das anstrengende Prozedere des Ausladens der Ware. Aber auch diese Aufgabe erledigte der blonde Junge gewissenhaft. Es schien ihn fast mühelos von der Hand zu gehen. Seiner verschneiten Umgebung schenkte er dabei wenig Beachtung. Nao betrat das Hotel durch den Dienstboteneingang und setzte seinen Weg in die Küche des kleinen Hotels fort. Die schwere Kiste, die er dabei in seinen Armen balancierte, stellte er auf der Ablage ab. „Hab‘ alles bekommen! Die anderen Kisten stehen bereits im Lager!“, teilte er den beschäftigten Anwesenden diese Information mit. Unter ihnen auch seiner Mutter. „Danke, Schatz!“, erwiderte sie, aber sogleich legte sich ihre Stirn in Falten. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass Straßenschuhe nichts in der Küche zu suchen haben?“, maßregelte sie ihren Sohn jedoch unmittelbar. Der lächelte sie entschuldigend an und huschte wieder zur Tür. „Ich weiß! Will aber noch schnell eine Runde gehen!“, weihte er sie in seinen Plan ein. „Aber nicht mehr so lange, es dämmert schon!“ Die gut gemeinten Worte erreichten ihn allerdings nicht mehr, denn Nao war schon auf den Weg zu dem Zwinger, in dem sein Hund untergebracht war. Er wunderte sich schon, dass kein freudiges Winseln zu hören war, als er den Schnapper öffnete. Die Hütte, einst auch ein Lagerraum des Hotels, war leer. Hundekissen leer. Hundehütte leer. Kein Shiba, der hastig sein Fressen herunterschlang. „Häh?“, entkam das Unverständnis dem Jungen. Er hockte sich extra nochmal vor die Hundehütte, fand dort allerdings nur eine Kiste vor. Auf dieser klebte ein Zettel mit der Aufschrift ‚Wenn du deinen Hund wiederhaben willst, dann öffne mich!‘ „Hahaha… Was soll das denn? Natürlich will ich meinen Hund wieder!“, grummelt er vor sich hin und positionierte die Box vor sich. Anschließend öffnete er den Deckel, stutzte. Ein Kompass, eine Karte der Umgebung, eine Taschenlampe, ein Sandwich, sowie ein Zettel. „Klasse!“, murrte Nao. So viel zum Feierabend und was war? Man spielte Spielchen mit ihm. Er besah sich die Karte, identifizierte diese aber nur als einen der Prospekte, die sie in ihrem Hotel den Touristen anboten. Hier waren nützliche Informationen hinterlegt und anhand der Karte konnte man sich einen Überblick über die Skipisten der Umgebung verschaffen. Er hatte das eher weniger nötig, denn er war hier aufgewachsen und kannte die Umgebung wie seine Westentasche. Auch den Wald. Also besah sich Nao den Kompass, doch sofort schlich sich Ernüchterung ein. Das war sein alter Kompass, den er vor Ewigkeiten kaputt gemacht hatte. Das erkannte er an dem Sprung im Glas. Aber hatte er den nicht bereits weggeworfen? „So ein Müll!“, fluchte er, da er es nicht leiden konnte, wenn man ihn an der Nase herumführte. Missmutig riss er das Sandwich auf und angelte eine der belegten Weißbrotscheiben heraus. Er hatte seit dem Frühstück nichts gegessen, daher biss er gierig in das fluffige Brot. Zumindest befand sich darauf sein Lieblingsbelag. Mit seiner freien Hand entfaltete er den Zettel und sah, dass auf diesem mehreren Anweisungen notiert waren. „Lass es dir schmecken“, brummelte er gedanklich und schluckte herunter. Dann schob er sich den Rest des Sandwiches in die Futterluke. „Begib dich zur großen Kreuzung! Wenn du dort angekommen bist, wende dich nach Norden und folge dem Weg!“, las er vor. Entnervt stöhnte Nao auf, schnappte sich dann die zweite Scheibe aus dem Plastik und ging zur Tür. „Vergiss die Taschenlampe nicht!“ Nao rollte mit den Augen und ging zurück, schnappte sich die besagte Lampe aus dem Karton und machte sich auf den Weg. Was für ein albernes Spiel. Die ersten Anweisungen konnte er mühelos befolgen, auch wenn sein Proviant bereits aufgegessen war. Diesen Weg wäre er auch mit seinem Hund gegangen, was nicht verwunderlich war, denn hier so fernab der Zivilisation in Hakuba gab es nicht sonderlich viele befestigte Straßen. Hier war nun einmal ein Skigebiet und die Natur wurde so belassen, wie sie eben war. „Finde einen Wegweiser!“, nuschelte Nao. Noch konnte er in dem Licht des endenden Tages die Wörter ausmachen. Aber lange würde das nicht mehr gutgehen. Glücklicherweise fand er Steine, die in Form eines Pfeils auf dem Boden verteilt worden waren. Also verließ er den Weg und stieg der verschneiten Treppe nach oben, die weiter in den Wald führten. „Gehe dorthin, wo die Rehe sich am liebsten aufhalten!“ Nao schnaubte. Ernsthaft? Er wusste doch, dass dieser Weg zur Futterstelle der Rehe führte. Immerhin brachte er oftmals ihre Küchenabfälle genau dorthin. Was ihn aber stutzen ließ war die Tatsache, dass sich keine weiteren Anweisungen auf seinem Papier befanden. Irritiert blickte er sich um, als er an der Futterstelle war. Von seinem Hund aber war nichts zu sehen und auch nicht von dem Entführer seines Lieblings! Total genervt ging er um das Holzgestell, entdeckte dann aber einen weiteren Zettel, der an das Holz genagelt war. Darauf befand sich auch nur wieder ein Pfeil, in dessen Richtung er weiterging. So langsam hatte er keine Lust mehr. Er ging immer weiter in den Wald und es wurde dunkler, sodass er nun doch die Taschenlampe anschaltete. Dabei fielen ihm Fußspuren auf. Nur von einer Person, da hier sonst nie jemand lang ging. Warum auch? Dort war schließlich nichts weiter, was von Interesse wäre. Dann aber checkte Nao, dass sich neben den Fußabdrücken auch noch andere Spuren befanden. Tapsen! Zweifelsfrei von seinem Hund! Dieser hatte die Angewohnheit sich ungeduldig im Kreis zu drehen, wenn man ihm nicht schnell genug folgte. Und genau diese Spuren auf einer Stelle konnte er gerade im Schnee erkennen. Also lief er weiter, etwas schneller als nötig, aber er hatte das Gefühl, seinem Ziel nah zu sein. Und dann stand er vor einer Hütte. Mitten im Wald. Er konnte sehen, dass Licht brannte. Ob das sein Ziel war? Nao gab sich einen Ruck und ging zu der Tür, an der er einen weiteren Hinweis las: ‚Klopfen!‘ Aber das war gar nicht mehr nötig, denn er hörte hinter dem Holz bereits aufgeregtes Tapsen und vertrautes Jaulen. Und dann öffnete sich die Tür vor ihm. „Du bist so ein Penner!“, schimpfte Nao und streichelte seinem Hund bereits durch das weiche Fell, da dieser sich gleich mit den Vorderpfoten gegen seine Beine gestemmt hatte. „Hast uns doch gefunden!“, erwiderte der großgewachsene Mann mit den grau gefärbten Haaren, die ihm wild ins Gesicht hingen. „Du hast meinen Hund entführt!“, schimpfte Nao seinen langjährigen Freund. „Der Zweck heiligt die Mittel! Wie soll ich denn sonst in den Genuss kommen, allein mit dir Zeit verbringen zu können?“, fragte Tatsumi nach und zog den Kleineren schließlich ins Innere der Hütte, damit er endlich die Tür schließen konnte. „Wie wäre es mit einfach fragen?“, sagte Nao vorwurfsvoll, aber da fummelte Tatsumi bereits an seinem Schal herum und zog ihn verspielt zu sich. „Würdest du heute eine Nacht mit mir in dieser warmen, lauschigen Waldhütte bei Gulasch und Rotwein verbringen? Kuscheln im Bett inklusive!“, fragte der Größere mit verführerischer Stimme nach und stupste seine Nase gegen die kalte Nase seines Gegenübers. „Das Essen hat mich überzeugt!“, lenkte Nao ein, da er nun auch bemerkte, dass dies alles wohl zu einer Überraschung für ihn gehörte. Also überbrückte er die wenigen Zentimeter, um dem anderen einen Kuss zu stehlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)