Twenty-four dayz til xmas #2x20 von Daisuke_Andou ================================================================================ Kapitel 12: Neujahrsküsse ------------------------- Neujahrsküsse by Natsuo Kurokawa 365 verschwendete Tage. Und die paar Stunden vom heutigen Tag. Was für ein scheiß Jahr! Das waren die Gedanken, die dem jungen Yoshi durch den Kopf gingen, als er am letzten Tag des Jahres in einem Club in Shinjuku allein abgestiegen war. Es war nicht die Bar, in die er sonst immer ging. Aber das lag daran, dass er in seiner eigentlichen Stammbar seit geraumer Zeit Hausverbot hatte. Der schwarzhaarige Junge seufzte und sog mit seinen vollen Lippen an dem Strohhalm seines Cocktails. Die gekühlte Flüssigkeit rann seiner Kehle herunter. Auch dieses Gesöff schmeckte nicht so gut wie die Cocktails, die sonst eigens für ihn gemixt wurden. Aber an die kam eh keiner ran. Das lag wohl an dem Barkeeper. Nur ein weiteres Kapitel dieses verfluchten Jahres. Alles aus und vorbei. Da passte dieses zuckersüße Zeug mit hohem Alkoholgehalt sehr gut zu seinem desillusionierten Ich. „Geht alles den Bach runter“, nuschelte er zu sich selbst, und sank etwas mehr in sich zusammen. Während er sein leeres Glas zum Barkeeper schob und ihm mit der Hand andeutete, dass er noch einen wollte sortierte er die roten Schokolinsen aus einer kleinen Schale und legte sie in einer Reihe vor sich hin. Der nächste war dann also sein vierter Drink. Aber sei es drum. Dieses Jahr würde er eh nichts mehr reißen können. Dieses Jahr stand unter keinem guten Stern. So gar nicht. Und wenn er es Revue passieren ließ, dann war ihm einiges total peinlich oder unangenehm. Wieso stolperte er eigentlich ununterbrochen von einer Katastrophe in die Nächste? Es begann damit, dass er unter Zugzwang geraten war. Dabei hatte er sich in den Kopf gesetzt so schnell wie möglich Erfahrungen zu sammeln. Egal mit wem, egal wie. Hauptsache er kannte sich mit Sex und solchen Zeug aus! Herhalten musste sein bester Freund, dem er regelrecht einen Blowjob aufgezwungen hatte. Geändert hatte dies nichts. Die Erfahrung genügte nicht und seine zarten Gefühle für einen anderen Jungen wurden immer stärker. Für den hatte er sich dann regelrecht zum Hampelmann gemacht. Wenn Yoshi daran zurückdachte, krampfte sich sein Magen zusammen. Er war einerseits nicht in der Lage gewesen, mit diesen neuen Gefühlen umzugehen und auf der anderen Seite war er total dumm gewesen, da ihn dieser Kerl zwar seinen ersten Kuss geraubt, aber ihn sonst auf ganzer Linie verarscht hatte. Getrieben von Enttäuschung hatte er diesen Kerl komplett aus seinem Leben gestrichen. Vor allem, da noch weitere Geheimnisse ans Licht gekommen waren. Yoshi zupfte das pinke Schirmchen aus seinem neuen Cocktail und legte dieses auf den Tresen neben sein Glas. Dann angelte er sich mit zwei Fingern die Ananasscheibe vom Rand und steckte sie sich umständlich komplett in den Mund. Mit dicken Bäckchen kaute er, lustlos. Wie ging es dann weiter? Ach, ja, er hatte seine Jungfräulichkeit in einem One-Night-Stand an einem ihm fast Fremden verloren. Tja, so war die Ausgangssituation gewesen, bis er ihn näher kennengelernt hatte. Ein Kerl, locker 10 Jahre älter als er und eine Niete im Bett. Seines Zeichens „sein Barkeeper“ und menschlich gesehen ein Volltreffer. Wäre da nicht diese eine Sache, die nicht lief. Den Fehler hatte er anfänglich bei sich selbst gesucht, sich sogar beim Doktor untersuchen lassen, weil er der Meinung war, dass mit ihm irgendwas nicht stimmen konnte. So viel zu seiner Blauäugigkeit. Trotzdem wollte er „seinen Barkeeper“ nicht einfach aufgeben und hatte er es mit ihm immer und immer wieder versucht, bis es zu dieser verhängnisvollen Nacht kam. Verhängnisvoll darum, da dies wiederum eine Lawine auslöste, die sein gesamtes Leben unter sich begraben hatte. Ähnlich wie ein Skifahrer auf frisch gefallenen Schnee löste eine unbedachte Tat einen ganzen Schneerutsch aus. Er hatte unter Alkoholeinfluss Sex mit einem anderen Jungen aus seinem Freundeskreis gehabt und der hatte ihm gezeigt, dass er nicht der Problemfaktor war. Kurz: er war gekommen! Und wie. Mit dem neuen Wissen bewaffnet, hatte er aber die Arschkarte und wusste nicht, wie er seinem potenziellen Freund beibringen sollte, dass er mies im Bett war. Es war schließlich generell schwer über Sex zu sprechen und erst recht, wenn es nicht lief. Damit überschritt man eine sensible Grenze. Doch dieses heikle Gespräch hatte sich wie von selbst erledigt. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer, dass er mit einem anderen Kerl – der auch noch dazu vergeben war – eine heiße Nacht verbracht hatte. Natürlich verpassten diese Tatsache und ein total unnötiges Geständnis dessen intakter Beziehung den Todesstoß. Wer war schuld? Er natürlich! Und als wäre das nicht genug, erfuhr auch „sein Barkeeper“ hinter seinem Rücken aus zweiter Hand davon. Der hielt mit seinem Wissen nicht lange hinter dem Berg und stellte ihn zur Rede. Damit war die Bombe geplatzt und die Trümmer seines Lebens lagen vor ihm ausgebreitet! Auf einmal war er der miese Ehebrecher und das, obwohl er und „sein Barkeeper“ noch nicht einmal in einer Beziehung miteinander gewesen waren. Natürlich wollte er ihn nicht mehr sehen und noch dazu wurde er hochkant aus der Bar geschmissen, inkl. Hausverbot. Radikaler Schlussstrich. Seine Gefühle aber konnte er nicht leugnen. Und so weinte er nun seiner unerwiderten Liebe zu Masa hinterher, während er sich aus reinen Schuldgefühlen auf so eine Art „Beziehung“ mit seinem Kumpel eingelassen hatte. Also Sex ja, Gefühle nein. Und auch das lief in letzter Zeit nicht mehr so reibungslos, wie er sich das gedanklich ausgemalt hatte. Alles zog ihn nach wie vor zurück zu „seinem Barkeeper“, den er noch nicht einmal mehr sehen konnte, da sich der blöde Türsteher sich ihm immer in den Weg stellte. Das war doch echt ein Teufelskreis. Während Yoshi so seinen Gedanken nachhing und seine Misere erörterte, leerte sich sein Glas immer weiter. Alles in allem sollte man auf diese Weise ein Jahr definitiv nicht beenden und auch kein Neues anfangen. Dem war sich Yoshi bewusst. Also krabbelte er umständlich von seinem Barhocker herunter. „Dann hole ich mir meine Neujahrsküsse eben hier ab!“ Und so mischte er sich unter die feiernde Meute. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)