Amnesie von Onlyknow3 (Wo ist Katsuya?) ================================================================================ Kapitel 1: Das Verschwinden des Jonouchi Katsuyas ------------------------------------------------- Kapitel 01 - Das Verschwinden des Jonouchi Katsuyas Kaiba Seto saß an seinem Schreibtisch seines Heimbüros. Der Raum wurde nur durch die traditionelle Schreibtischlampe erhellt, während sonst Dunkelheit herrschte. Regen klatschte schwer gegen das hohe Fenster, welches typisch für die Villa war, in der Seto seit seinem 10. Lebensjahr wohnte. Der Monitor seines Rechners war ausgeschalten, was ungewöhnlich war, wenn er sich in diesem Raum befand. Langsam hob der brünette Mittzwanziger seine Hand und griff nach einem flachen Schälchen, in dem ein Schluck Sake im Schein der Lampe schimmerte. Als er es zwischen Zeigefinger und Daumen hielt prostete er einem Bilderrahmen, der auf seinem Schreibtisch stand, zu. "Wieder ein Jahr ohne dich", meinte er melancholisch, bevor er das Schälchen an die Lippen hob und in einem Zug den Alkohol schluckte. "Nie hätte ich gedacht, dass du's ernst meinst." Langsam setzte er das Schälchen wieder auf die Oberfläche seines Schreibtisches und verkorkte die Sakeflasche wieder sorgfältig. Er konnte nicht glauben, dass es nun schon vier Jahre waren. Vier Jahre, in denen er nichts von Jonouchi Katsuya gehört oder gesehen hatte. Dafür konnte er sich umso deutlicher an ihre letzte Begegnung erinnern: "Alter, geh mir nicht auf den Sack", bellte Jonouchi den Jungunternehmer an. "Ich dir?", erwiderte Seto stoisch gelassen. "Eher du mir." "Den Scheiß hab ich mir jetzt drei volle Jahre angehört", keifte der Blonde erregt und wurde von seinem besten Freund, Honda Hiroto, zurückgehalten. Sonst hätte er seinen Gegenüber mit Sicherheit am Kragen gepackt und gegen die nächste Wand gedonnert. Seto grinste arrogant. Er musste arrogant grinsen, denn er befürchtete, dass Jonouchi ihn ansonsten durchschauen und seine Gefühle für ihn erkennen würde. Immer wieder hatte Setos kleiner Bruder ihm geraten endlich zu seinen Gefühlen zu stehen, doch die Erziehung ihres Adoptivvaters saß einfach zu tief in ihm. "Weißte was, Geldsack? Ich geb dir mein Wort: Nach heute wirst du mich nie wieder zu Gesicht bekommen oder etwas von mir hören", hatte Jonouchi aufgebracht geschrien. Dann befreite er sich von seinem besten Freund, schnappte sich seine Jacke und stapfte in die noch frische Märznacht davon. Gewäsch. Das hatte Seto über das Versprechen des anderen gedacht. Jonouchi hatte mit Ach und Krach seinen Abschluss gepackt. Sicherlich würde er in einem Schnellrestaurant am Drive Thru-Schalter landen ... oder auf dem Bau Hilfsarbeiten verrichten ... aber wohl kaum aus dieser Stadt rauskommen. Und dieser Gedanke erfüllte Seto mit ... Bitterkeit. Jonouchis Freundeskreis und er hatten doch alles getan, damit sich Jonouchis Notendurchschnitt hob, doch ein halbes Jahr war einfach zu wenig Zeit gewesen. Die schlechten Vornoten hatten den Schnitt des Blonden trotz der guten Abschlussarbeiten erheblich gesenkt. Doch als Jonouchi an diesem Abend dann anfing seine Noten, Anstrengungen und Leistungen selbst zu einem Witz zu degradieren, war Seto die Hutschnurr geplatzt. So hatte er sich hinreißen lassen etwas zu sagen, was er weder wirklich dachte, noch so meinte, nämlich das jeder seinen Platz im Leben zugewiesen bekommt. Noch im gleichen Moment hatte er seine Spitze gegen den Blonden bereut und sich gewünscht, sie wieder zurücknehmen zu können. Doch was einmal den Mund verlassen hatte, war draußen und konnte nicht wieder zurückgenommen werden. Er wusste, dass die Noten nichts über den Blonden aussagten. Der war nicht dumm, faul oder nachlässig gewesen. Er hatte schlicht und ergreifend keine Zeit zum Lernen gehabt. Das hatte sich erst gebessert, nachdem dieser Säufer von Vater ins Gras gebissen hatte. Der alte Jonouchi war im Suff eine Treppe zur U-Bahn hinunter gestürzt und hatte sich so schwer verletzt, dass er die Nacht im Krankenhaus trotz Notoperation nicht überlebt hatte. So hatte er einen mittellosen und nun total überschuldeten Sohn zurückgelassen, der dann auch noch drohte auf der Straße zu landen. Als Seto davon erfahren hatte, hatte er dem Inkassobüro die Schulden abgekauft und gelöscht. Dann hatte er dafür gesorgt, dass Jonouchi eine kleine, möblierte zwei-Zimmer-Wohnung in der Nähe der Schule gefunden hatte, die der Blonde sich leisten konnte. Tatsächlich hatte Seto das Gebäude mit der Wohnung kurzerhand gekauft, als er von Jonouchis Interesse an der Wohnung erfahren hatte. Dann hatte er den Verwalter angewiesen dem Blonden die Wohnung zu einem wesentlich günstigeren Preis anzubieten, so dass dieser sofort einschlug und die Wohnung anmietete. Alles, ohne dass Jonouchi auch nur eine Ahnung hatte, dass Seto hinter all dem steckte. Einige Tage nach der Abschlussfeier hatte sich der Verwalter des Mietshauses bei dem Jungunternehmer gemeldet. Er hatte nachgefragt, ob Seto die kleine Wohnung auch weiterhin so weit unter dem Mietwert auf dem Markt anbieten wollte. Erst hatte Seto die Frage nicht verstanden, doch dann fügte der Verwalter hinzu, dass man jetzt, wo sie wieder frei war, die Miete durchaus problemlos angleichen konnte. Es war, als hätte man ihm mit voller Wucht einen Vorschlaghammer in den Magen gerammt. Hektisch hatte er nachgehakt, was der Verwalter mit 'frei sein' meinte. Da informierte der Mann ihn, dass der junge Mann, der bislang in ihr gewohnt hatte, eine schriftliche Kündigung geschickt hatte. Zuerst war in Seto der Gedanke aufgeflammt, dass Jonouchi wohl rausbekommen hatte, wem das Gebäude gehörte. Doch wie? Also hatte er alles stehen und liegen lassen, war ins Büro des Verwalters, dass zwei Häuser weiter in einem anderen Mietshaus lag, gefahren und hatte sich die Kündigung zeigen lassen. Es war unverkennbar Jonouchis Handschrift. Wie konnte der Blonde so dumm sein, auf Grund eines verletzten Stolzes eine Wohnung in so günstiger Lage und zu so einer kriminell niedrigen Miete zu kündigen? Doch als er sich den Umschlag anschaute fiel ihm der Stempel des Postamtes auf. Der Brief war am Tag vor dem Abschlussfest gestempelt worden. Also... hatte die Kündigung nichts mit ihrer Auseinandersetzung zu tun gehabt? Er wandte sich um, ignorierte die Frage des Verwalters, was nun mit der Miete wäre, und verließ das Büro, sowie das fremde Haus. Draußen zog er sein Handy und suchte im Adressbuch nach dem Eintrag von Honda. Als er den Eintrag fand ließ er sich von seinem Chauffeur zur gespeicherten Adresse fahren, stieg aus und klopfte energisch an der Tür des kleinen Ein-Familien-Hauses. Erst nach einigen Minuten wurde ihm von einem ziemlich verschlafen wirkenden Honda die Tür geöffnet, der ihn fragend musterte. "Kaiba?", gähnte er ihm entgegen. "Ist er bei dir?", hatte Seto ihn direkt gefragt, ohne irgendeine Höflichkeitsfloskel zu entbieten. Direkt. Auf den Punkt. "Wer?", fragte Honda verwirrt. "Jonouchi", keifte der Brünette haltlos. "Ja, weißt du's denn gar nicht?", entgegnete Honda, der langsam wacher wurde. "Was?", drängte der Jungunternehmer weiter. "Jonouchi ist in den Staaten", erklärte Honda. "Willst du reinkommen und einen Kaffee?" "Was für Staaten?", überging er Hondas Einladung. "Die... vereinigten Staaten", kam es langsam von Honda. "Von Amerika." "Er besucht seine Schwester?", blaffte Seto überrascht. "Und wann kommt er wieder?" "Hm, ich würde sagen... in vier bis sechs Jahren", antwortete Honda, der langsam ungeduldig wurde. "Was?", hakte der Blauäugige nicht verstehend nach. "Haben sie ihn drüben einkassiert?" Honda musste auflachen, während er sich durch sein ungemachte Haar ging, dass ihm halb über das Gesicht hing und normalerweise nach hinten gegelt war. "Was?", blaffte Seto erneut. "Du weißt es wirklich nicht, oder?", kam es etwas belustigt von dem anderen Brünetten. "Er ist zum Studieren drüben. Letzte Woche wurde er informiert, dass er bei einer der Unis, auf deren Warteliste er stand, doch noch reingekommen ist. Mit Vollstipendium. Ein anderer Stipendiat war abgesprungen", informierte Honda sein Gegenüber. "Also... ist er weg?", stammelte der Jungunternehmer geschockt. "Er wird sicherlich in den Semesterferien vorbei schauen... oder wenn er fertig ist zurückkommen", versuchte Honda Seto zu beruhigen, dessen Schulter plötzlich abgesackt waren. "Da... Danke für die Auskunft, Honda", meinte er schließlich kraftlos und wandte sich zum Gehen. "Warum hast du es ihm nicht einfach gesagt?", rief Honda ihm fragend hinterher. Seto blieb stehen, drehte sich halb um und sah den anderen fragend an. "Was du für ihn wirklich fühlst?" Seto hatte gemerkt, wie seine Wangen heiß wurden, als sie sich röteten. Ohne die Frage zu beantworten hatte er sich wieder dem niedrigen Gartentor zugewandt, es geöffnet und hatte den Grund und Boden der Familie Honda verlassen, um in seine Oberklassenlimousine einzusteigen. Eigentlich hätte sich Seto für den Blonden freuen wollen, doch der Streit lag ihm noch schwer im Magen und dann ... kam alles noch viel schlimmer: Nach einer Woche, in der Seto kaum mehr als ein Schatten seiner selbst gewesen war, hatte Honda vor der Villa auf ihn gewartet, als er abends nach Hause gekommen war. Seto war ausgestiegen und war zu dem anderen gegangen, der irgendwie auch nicht wie er selbst wirkte. "Was willst du?", fragte Seto ohne Umschweife. "Es geht um Jou", hatte Honda begonnen. "Was? Schmeckt ihm die amerikanische Küche nicht?", hatte der Geschäftsmann schnippig eingeworfen und bereute sofort diese Reaktion. "Er ist nie in Amerika angekommen", informierte Honda ihn ruhig. Für einen Moment fühlte Seto einen stechenden Schmerz in seiner Brust und griff sich an sein Hemd, während er zwei Schritte zurück taumelte. Honda reagierte blitzschnell, griff nach seinem Arm und bewahrte ihn davor, das Gleichgewicht zu verlieren. "Komm, lass uns erst einmal reingehen. Dann kannst du dich se..." "Wenn er nicht in Amerika ist, wo ist er dann?", kam es auf einmal aufgebracht von dem etwas Älteren. "Das wissen wir nicht", antwortete Honda sofort. "Seine Mutter und seine Schwester haben gedacht, dass er sich vielleicht mit dem Abflugtag vertan hätte. Sie haben versucht ihn anzurufen, aber konnten ihn nicht erreichen. Dann haben sie hier bei uns die Polizei angerufen, doch die sagte ihnen, dass sie erst nach drei Tagen aktiv werden könnten. Jetzt ist er vermisst gemeldet, aber es gibt keine Spur. Die Polizei bittet uns alle morgen Vormittag auf der Wache zu erscheinen." "Er ist seit anderthalb Wochen weg und erst jetzt wird die Polizei aktiv?", fauchte Seto ungläubig. Honda konnte nur mit den Schultern zucken. "Unfähiges Pack. Ich werde ihn selbst suchen ... und finden." Damit schob er sich an Honda vorbei in seine Villa, eilte in sein Hausbüro und rief den firmeneigenen Privatermittler an. Vier Jahre später hatten sie immer noch keine Spur. Doch die Suche lief immer noch. Nicht von Seiten der Polizei. Sie hatten die Akte nach ein paar Monaten ohne Ergebnis geschlossen. Doch Seto war hartnäckig geblieben und hatte jede Woche den zuständigen Detective aufgesucht und nach neuen Erkenntnissen gefragt. Irgendwann, nach weiteren Monaten hatte der Detective ihn zur Seite genommen und ihn gebeten, nicht mehr zu ihnen zu kommen. Offiziell vermutete die Polizei, dass Jonouchi seine Pläne in letzter Minute geändert hatte und einen neuen, eigenen Weg verfolgte. Das glaubte Seto nicht. Jonouchi hatte das gesamte halbe Jahr vor ihrem Abschluss immer wieder von dieser einen Uni gesprochen, auf die er so unbedingt wollte. Die, die ihn schließlich in letzter Minute doch noch aufgenommen hatte. Diese Chance hätte der Blonde niemals weggeworfen. Niemals. "Wo bist du, Katsuya?", richtete Seto seine Frage an den Bilderrahmen vor ihm. In ihm war ein Bild des Blonden, auf dem er gerade herzlich lachte. Er hatte dieses Bild von Honda bekommen, damit er etwas hatte, was ihn an den Blonden erinnerte. Nicht dass er so etwas gebraucht hätte. Dennoch hatte er es gerahmt und hier auf seinen Schreibtisch neben das Bild seiner Eltern und dem Bild von Mokuba gestellt. Vier Menschen, die ihm alles bedeuteten, und jeder einzelne hatte ihn verlassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)