Ohne Worte von ValnarsKatze ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Valnar lag nackt mit Alaine in seinen Armen auf dem Sofa. Er hatte noch nie so guten Sex gehabt. Im Vergleich zu Aysha, lag Alaine nicht nur da wie ein Brett oder sogar eine Leiche. Nein, sie hatte es sogar sehr genossen. Ihr verschwitztes Gesicht, als sie ihren Höhepunkt erreichte ... Er seufzte. Was war er nur für ein Schwein, dass er seine Frau betrog? Auch, wenn sie ihn in letzter Zeit ständig wütend machte mit ihrer Art. Er musste an seinen Vater denken. Niemals wollte er so ein Dreckskerl werden wie er. Aysha musste die Wahrheit erfahren. Aber wie sollte er ihr das nur erklären? Nachdem er ihr wochenlang versprochen hatte, dass da nichts zwischen Alaine und ihm war, musste er ihr nun von seinem Ausrutscher berichten. Er stand vorsichtig auf, um Alaine nicht zu wecken, und legte sie sanft zurück aufs Sofa. »Gute Nacht«, flüsterte er, nahm seine Klamotten und ging ins Schlafzimmer. Morgen musste er zurück nach Schloss Tranak. Es war klar, dass Aysha Alaine nicht sonderlich mochte, doch er war sich sicher, falls etwas mit ihr passieren sollte, würde seine Ehefrau sich schon um sie kümmern und eventuell einen Arzt holen. Direkt fühlte er sich wieder schuldig. »Aysha, es tut mir so leid«, flüsterte er zu sich selbst. * Am nächsten Mittag war Aysha mit Alaine alleine zu Hause. Sie schaute ihr verächtlich dabei zu, wie sie den Boden fegte. Alaine tat immer so auf nett und krank, aber in Wirklichkeit war sie eine kleine Schlampe, die nur darauf aus war, ihr den Ehemann auszuspannen. Aber das war bald vorbei. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als es plötzlich an der Tür klopfte. »Das ist für mich.« Aysha eilte hastig zur Tür und öffnete sie. Ein Mann stand dort, mit zwei weiteren hinter ihm. Er war gut gekleidet, aber die anderen beiden sahen aus wie Sanitäter. Endlich! Sie wartete schon den ganzen Morgen. »Guten Tag, mein Name ist Sarus Ariaric. Sie müssen Aysha Darnus sein?« »Ja, die bin ich. Ich war heute Morgen bei euch in Shannar« Aysha lächelte und öffnete die Tür weit. »Dort ist das Mädchen für die Irrenanstalt. Wir haben versucht ihr ein normales Leben zu geben ... aber leider geht es ihr sehr schlecht und sie braucht professionelle Menschen um sich!« Alaine schaute sie schockiert an, als die beiden Sanitäter auf sie zugingen und sie an den Armen packten. Sie wehrte sich mit aller Gewalt und fing an zu weinen, während sie hinausgebracht wurde. Es war wie Musik in Ayshas Ohren und selbst ihr totes Herz machte einen Freudensprung. Alaine bekam endlich das, was sie verdiente. »Schon gut, Weib! Mach dir keine Sorgen! Du bist in guten Händen«, versprach ihr einer der Männer. »Gut, wir kümmern uns um sie. Wir, die Heil- und Pflegeanstalt von Shannar, bedanken uns bei Ihnen, Frau Darnus.« Sarus verbeugte sich, dann ging er mit Alaine und den Männern. »Oh nein, ich danke Ihnen«, flüsterte Aysha und schloss die Tür. Sie grinste zufrieden. Endlich war diese Hure weg! Sie musste es nur noch Valnar erzählen und überzeugend klingen, aber sie konnte schon immer gut schauspielern. * Am Abend kehrte Valnar nach Hause zurück. Den ganzen Tag zerbrach er sich den Kopf darüber, ob es Alaine gut ging und wie er Aysha am besten von seinem Ausrutscher erzählte. Er betrat sein Haus und war überrascht Aysha anzutreffen, doch war er direkt besorgt, als sie ihn traurig ansah. »Was ist passiert?«, fragte er und schaute sich nach Alaine um. Aysha schien es zu merken. »Ach Valnar ... Alaine ist fort.« Sie kam auf ihn zu und legte ihre Hand auf seine Schulter. »Ich weiß nicht warum, aber sie ging freiwillig in die Irrenanstalt von Shannar.« »Was?? Warum?« Er stellte sich die Frage eher selbst, sein Mund weit geöffnet. Sie ... sie war doch nicht etwa gegangen, weil sie miteinander geschlafen hatten? Er hatte ein schlechtes Gewissen. Vielleicht hätte er in der Nacht bei ihr bleiben sollen? Sie hätten erst gar nicht miteinander schlafen sollen. Es war ein großer Fehler gewesen. Valnar schaute verzweifelt und machte sich schreckliche Vorwürfe. »Aysha, ich- ich habe mit Alaine geschlafen, deshalb ist sie wahrscheinlich fort. Es tut mir wirklich leid«, gestand er vorsichtig und nahm ihre Hand. Wenn Valnar ehrlich zu sich war, bereute er es nicht. Könnte er zurück in die Zeit reisen, so hätte er es wieder getan ... Aber er wollte Aysha nicht so verletzen. Sie schaute ihn erschrocken an, aber dann gab sie ihn ein leichtes Lächeln, und lag ihre andere Hand auf seine. »Danke, dass du es mir gesagt hast, Valnar. Ich vergebe dir, aber mach so etwas nie wieder.« Valnar wusste nicht, wie er sich fühlen sollte. Er war zwar erleichtert, aber hatte er das wirklich verdient? Vielleicht hatte er tief in seinem Inneren erhofft, dass Aysha ihn verlassen würde. Auch sie brachte es so ... unnatürlich rüber. Als wäre es ihr völlig egal. Waren sie wirklich glücklich zusammen? Alaine war so anders. Sie war intelligent und liebenswert, selbst ohne Worte, und sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Da wurde ihm eins klar: Er fühlte mehr für Alaine, als er dachte. Doch nun war sie fort ... und es brach ihm das Herz. Wahrscheinlich ... wahrscheinlich hatte sie nicht dieselben Gefühle für ihn. Aber dass sie ihn womöglich ausgenutzt hatte, konnte er sich nicht vorstellen und verschwendete keinen Gedanken daran. Er war es, der sie in dieser Nacht allein ließ. Vielleicht würde es mit Aysha jetzt wirklich wieder besser gehen und eventuell würde er es schaffen, über Alaine hinwegzukommen. Ja, das musste er sich nur immer wieder einreden, dann konnten sie ihre Ehe retten, konnten glücklich sein. Aber trotzdem fühlte sich sein Herz an, als würde es zerreißen. Aysha legte die Arme um ihn, denn er fing an zu weinen, und drückte ihn feste. »Wir schaffen das schon. Zu zweit«, flüsterte sie. »Ich liebe dich.« Valnar nickte stumm und zwang sich, sich zusammenzureißen. Sie würden es zusammen schaffen; er musste sich nur dazu zwingen. Monate später. Seit Alaine fortging, lief die Beziehung zwischen Valnar und Aysha wieder besser und schien zu halten. Aber nach einigen Monaten fingen die ersten Streitereien erneut an und wurden immer schlimmer. Vor allem als Valnar das Thema Kinder in letzter Zeit angesprochen hatte. Er dachte, er könnte so ihre Ehe retten und Aysha hatte auch zugestimmt. Aber egal wie oft sie es versuchten, sie wurde nicht schwanger und beide ihrer Launen rutschten immer mehr in den Keller. Es machte ihn unglücklich. »Vielleicht kann ich einfach keine Kinder bekommen.« Aysha klang desinteressiert wie immer, als sie in ihren Eintopf herumstocherte. Sie konnte ja nichts dafür, aber warum war es ihr so egal? Warum spürte sie nicht dieselbe Trauer wie er? Fühlte sie überhaupt irgendetwas? »Wieso interessiert es dich nicht?«, zischte er. Aysha erhob endlich den Kopf und schaute ihm wütend in die Augen. »Natürlich interessiert es mich!«, schrie sie ihn an. »Was kann ich dafür?! Vielleicht bist du ja schuld!« Valnar wollte sich nicht schon wieder streiten. Also stand er auf und verließ das Haus. »Wo gehst du hin?!«, schnauzte sie ihn an, aber er ignorierte sie und knallte die Tür hinter sich zu. Er ging nicht weit, nur bis zu dem großen Apfelbaum und setzte sich. Nicht einmal Tränen hatte er mehr übrig. Das war nicht mehr die Aysha, die er geliebt hatte. Seine Aysha war schon vor Monaten verschwunden. Valnar hielt sich den Kopf und dachte wieder an Alaine. Ob es ihr wohl gut ging? Er hoffte es auf jeden Fall, aber er vermisste sie so sehr. »Ach Alaine, wäre doch bloß alles anders gekommen ...« * Ein Tag später erreichte Aysha ein Brief aus der Irrenanstalt. Zuerst wollte sie ihn verbrennen, aber dann packte sie die Neugier und sie öffnete ihn. Was sie in dem Brief las, schockierte sie so sehr, dass sie ihn weit weg von sich auf den Tisch schmiss, als wäre er eine Seuche. Sie strich sich durch die blond gefärbten Haare und knurrte, verfluchte das Schicksal. Diese Hure Alaine hatte ein Kind von ihrem Valnar bekommen. Und die Irrenanstalt wollte wissen, wer der Vater war, aber das durfte niemand herausfinden! Vor allem nicht Valnar! Er würde sofort zu ihr hin und alles zunichtemachen. Aysha stockte und fing plötzlich an zu grinsen. Moment. Was wäre, wenn sie beide das Baby aufnahmen? Valnar wollte doch unbedingt eine Familie mit Aysha gründen, aber sie konnte als Vampir keine Kinder bekommen. Es wäre perfekt. Dann wäre Valnar endlich glücklich und Alaine wäre zutiefst verletzt. Sie verschwendete keine Zeit und machte sich sofort auf nach Shannar. Es dauerte nur eine Stunde, bis sie Shannar erreichte, und als sie Alaine erblickte, musste sie sich ihr Schmunzeln verkneifen. Das Weib sah aus, als hätte sie tagelang geweint. Natürlich durfte sie in ihren Zustand ihr Kind nicht behalten und ein Sanitäter hielt es stattdessen. Im Brief stand, es wäre eine Tochter, aber Aysha konnte diese kleinen Maden sowieso nicht unterscheiden. Sie hatte einen Ansatz von roten Haaren und grüne Augen. Ekelerregend, genauso wie Alaine. »Ich weiß leider nicht wer der Vater sein könnte, aber mein Mann und ich werden uns liebevoll um das Kind kümmern.« Aysha lächelte. »Immerhin haben wir uns auch um Alaine gekümmert. Wir helfen gerne.« Sie gab Alaine darauf einen kurzen Blick. Alaine fing erneut an zu weinen. Schließlich schlug sie vor Wut so außer sich um, dass zwei weitere Helfer sie packen mussten und herausbrachten. Jetzt fing ihre Tochter auch an zu schreien und der Sanitäter versuchte sie zu beruhigen. »Verzeihen Sie Alaines Verhalten ... Sie hatte heute noch nicht ihre Medizin. Jedenfalls, das ist sehr gütig von Euch, Frau Darnus.« Er reichte ihr das Mädchen, nachdem er sie zum Schweigen gebracht hatte. »Wenn Sie hier noch ein paar Unterlagen unterschreiben, gehört das Baby Ihnen.« »Natürlich.« Aysha grinste zufrieden und schaute sich das Balg an. Sie hielt nicht viel von Kindern, aber das würde sie schon schaffen. Wie schwer konnte es sein, so eine Göre zu erziehen? Als sie mit allem fertig war, ging Aysha draußen mit dem Baby an Alaine vorbei und lachte ihr ins Gesicht. »Jetzt zieh ich mit Valnar euer Kind auf und er wird es nie erfahren. Du hast dich mit der Falschen angelegt, meine Liebe«, flüsterte sie. Völlig außer sich versuchte Alaine sie daraufhin anzugreifen, was selbst Aysha überraschte. Doch eine Wache eilte herbei und hielt ihre Arme hinter ihrem Rücken fest. Alaine hörte nicht auf zu wüten und Aysha steckte dem Mann einige Filar zu. »Es wäre gut, wenn dieses Weib von hier verschwindet«, flüsterte sie. Es wäre viel besser für Aysha, wenn Alaine nicht mehr hier wär, falls Valnar doch stutzig wird. Die Wache glotzte verwundert, aber dann fing auch er an zu grinsen. »Sehr wohl, gnädige Frau.« Ayshas Grinsen wurde breiter. Besser hätte das alles nicht für sie laufen können. * Als Valnar von Schloss Tranak nach Hause kam, wollte er direkt ins Bett. Aber Aysha kam ihm mit einem Baby im Arm entgegen. Er schaute es verdutzt an und dann sie. »Was ist jetzt los? Wer ist das?«, fragte er seine Ehefrau. »Das ist unsere Tochter. Ich habe sie aus Asrans Waisenhaus adoptiert.« Sie gab ihn einen Kuss auf die Wange. »Bist du glücklich?« Aysha hatte ohne ihn ein Kind adoptiert?! Wie konnte sie das nur ohne ihn entscheiden? »Ich-« Aber Valnar dachte daran, dass klägliche Versuche selbst ein Kind zu zeugen, ständig scheiterten. Aysha übergab ihm das Mädchen und er musterte es. Sie schaute ihn mit ihren großen grünen Augen neugierig an und dann stieß er ein ungläubiges Lachen aus. Dass er mal ebenso schnell Vater wurde, hätte er sich nie erträumen lassen. Vor allem nicht Vater einer so süßen Tochter. Sie war mehr als bezaubernd. Der Ansatz von roten Haaren und grünen Augen erinnerten Valnar an Alaine ... aber Alaine war in Shannar. Er versuchte Alaine schnell aus seinen Gedanken zu verbannen und sich auf die Situation zu konzentrieren. Aysha hatte ihm tatsächlich ein Kind geschenkt, hatte die Mühe auf sich genommen, nach Asran zu reisen, damit sie eine glückliche Familie werden konnten. Er konnte nicht anders, als ihr die Stirn zu küssen. Das war die Aysha, die er liebte und er war so froh, dass sie wieder da war. »Danke, Aysha. Das ist das schönste Geschenk, was du mir machen konntest.« Er war wirklich den Tränen nahe. Alles war wieder so, wie früher. Aysha kicherte und lehnte sich an ihn. »Ach, ich liebe dich doch, mein Schatz. Jetzt sind wir endlich Eltern. Eine niedliche, kleine Familie.« Valnar küsste sie auf den Mund, das erste Mal seit Ewigkeiten. Ja, dank der Kleinen würde von nun an alles viel besser werden. * Es vergingen einige Wochen. Valnar und Aysha zogen nach Melsan in ein größeres Haus. Zwar wusste Aysha, dass Valnar Klennar vermisste, aber zum Wohle ihrer Tochter könnte er sich überall einleben. Aber allmählich wurde es ihr zu viel. Lilea war ständig nur am Schreien, wenn Aysha sich um sie kümmern musste. Langsam hatte sie wirklich keine Lust mehr. Vor allem, wenn sie daran dachte, dass es Alaines Kind war. Es war eine total blöde Idee gewesen, dieses Kind aufzunehmen, denn es raubte ihr den letzten Nerv. Das tat sie alles nur mit Absicht, um Aysha zu bestrafen. Sie saß für eine Weile auf ihren Stuhl, kämmte ihre Haare und versuchte diese Göre zu ignorieren. Bis Valnar hereinkam. Aber sie hatte nicht darauf geachtet und er sah diese Szene noch, bevor sie die Bürste wegstecken konnte. Ihr Ehegatte gab ihr einen wütenden Blick. »Wieso schreit sie?« Aber er ging selbst zu seiner Tochter und nahm sie hoch, um sie zu beruhigen. Aysha verdrehte die Augen. Was stellte er sich wieder so an? Sie war doch nicht dem Tode nahe. »Sie schreit ständig ...« Aber Valnar ignorierte sie. »Ich muss mich ständig alleine um Lilea kümmern. Sie ist auch DEINE Tochter«, schimpfte er. Aysha konnte es nicht mehr hören: Lilea hier, Lilea da. Sie biss die Zähne zusammen, bevor sie irgendwas an seinen Kopf schmiss und sich verriet. Nein, es war SEINE Tochter. Seine, zusammen mit dieser verdammten Alaine. »Wo willst du hin?«, rief Valnar ihr hinterher, als sie laut ins Schlafzimmer stapfte. Aysha antwortete ihm nicht. Sollte er sich doch um dieses Blag kümmern, wenn es sowieso der Mittelpunkt in seinem Leben war. Ugh, sie hätte Alaine direkt am ersten Tag die Kehle rausreißen sollen. * Valnar streichelte seiner Tochter über die Haare und seufzte. Was war denn nur wieder mit Aysha los? Hasste sie etwa ihr gemeinsames Kind? Er wollte gar nicht daran denken, aber seine Ehefrau kümmerte sich nicht um sie; er musste alles alleine machen, und sie sah ihr Kind auch immer so verachtend an. Lilea griff seinen Finger und sofort verflog seine Verzweiflung. »Ich weiß auch nicht, was mit deiner Mutter los ist.« Er schüttelte den Kopf und versuchte an schöne Dinge zu denken. Zum Beispiel, wie schön Melsan aussah und deshalb ging er zum Fenster und schaute hinaus. Dann stockte ihm der Atem. »Alaine ...«, flüsterte er. Konnte es wirklich möglich sein? Spielten seine Gedanken verrückt? Nein, sie war es wirklich, ohne Zweifel. Draußen stand Alaine und kommunizierte mit einem Kirchenangehörigen, dann führte sie ihren Weg alleine fort. Aber war sie nicht in Shannar? Wurde sie etwa geheilt? Valnars erster Instinkt war, aufzuspringen und sie zur Rede zu stellen. Aber vielleicht wollte Alaine nichts mit ihm zu tun haben, wollte nicht mit ihm kommunizieren. Deshalb ging sie doch erst fort. Nein, er musste zu ihr! Schon alleine, damit er sich bei ihr entschuldigen konnte. Er hob Lilea hoch und ging nach draußen. Erst lief er vorsichtig auf sie zu, dann immer schneller, als würde das Schicksal sich jeden Moment gegen sie stellen und sie würde verschwinden. Sein Herz raste immer mehr, je näher er kam. »Alaine.« Seine Stimme war fast schon ein Flüstern, aber sie blieb stehen und drehte sich um. Direkt erkannte sie ihn und ihre Augen rissen weit auf. Sofort schlug sie die Hand über den Mund und fing an zu weinen. Valnar zerriss es glatt das Herz; es war alles seine Schuld. Er wollte sie in den Arm nehmen, trösten, ihr so viel erklären und sich entschuldigen, aber die Angst packte ihn, die Angst, dass sie ihn von sich stoßen würde. »Alaine, was machst du hier? Bist du nicht in Shannar?«, fragte Valnar stattdessen und erinnerte sich an den Kirchenangehörigen von gerade. »Die Kirche kümmert sich jetzt um dich?« Sie nickte, aber schaute ihn nicht an. Er wollte sie noch nicht mit Fragen überrumpeln; er musste sich entschuldigen. »... Es tut mir so leid, wegen unserer gemeinsamen Nacht, ich-« setzte Valnar an, aber Alaine schien ihm gar nicht richtig zuzuhören. Er bemerkte den Blick, den sie seiner Tochter gab, und es war mehr als Neugierde. Es war schon fast Sehnsucht? »Das ist Lilea. Aysha und ich haben sie von einem Waisenhaus aus Asran. Willst du sie halten?« Wenn Alaine sich schon so für sie interessierte, dann könnte er ihr immerhin damit eine Freude machen. Alaine zögerte erst, aber dann nickte sie und öffnete ihre Arme. Valnar übergab ihr das Mädchen. Lilea fühlte sich in ihren Armen wohl, so wie Valnar das beurteilen konnte. Alaine ging sehr liebevoll mit ihr um, küsste ihr den Kopf und kuschelte sie an sich. Seine Tochter lachte so laut, dass ihm das Herz aufging. Sie strich der Kleinen über den Kopf. Wenn er die beiden so betrachtete ... Eigentlich sahen Lilea und Alaine sich ziemlich ähnlich ... Rote Haare, grüne Augen, aber auch die Lippen und- Alaine schaute ihn verzweifelt an und plötzlich realisierte Valnar es. »Nein, das-« Er wechselte seinen Blick abwechselnd zwischen Alaine und Lilea. Wie konnte er nur so dumm sein? Plötzlich ergab alles einen Sinn ... »Es ist unser Kind ...«, stellte er fest und Alaine nickte unter Tränen. Valnar biss sich auf die Zähne. Aysha hatte ihn angelogen. Sie hatte Alaine das Kind genommen. Aber warum?! Valnar legte die Arme um Alaine und drückte sie an sich. »Es tut mir so leid«, flüsterte er und strich durch ihre Haare. Alaine schmiegte sich an ihm, ihre Tochter zwischen ihnen. »Ich- ich muss mit Aysha reden.« Er ließ wieder von ihr ab und ballte die Fäuste, dann nahm er seine Tochter aus Alaines Armen. »Ich bin gleich wieder da.« Alaine nickte ihm zu und er lief schnell zurück in sein Haus. Das war wirklich das Allerletzte! Er war noch nie so wütend auf seine Ehefrau gewesen, aber er musste die Wahrheit von ihr hören. Doch dann packten ihn wieder die Schuldgefühle. Er hatte sie betrogen. Zwar hatte er es ihr gebeichtet und sie hatte ihn vergeben, aber daraus entstand ein Kind. Aber das entschuldigte ihr Verhalten nicht! Er legte Lilea in ihre Krippe und lief aufs Schlafgemach hinzu. »Aysha!«, brüllte er. Sie kam ihm entgegen und schaute verdutzt, aber er drückte sie zurück in den Raum und knallte die Tür hinter ihnen zu. »Was ist denn?«, fragte sie völlig entsetzt. »Du hast das Kind nicht von einem Waisenhaus!«, schrie er sie an. »Du hast es Alaine genommen! Gib es zu!« Valnar musste sich zusammenreißen, sie nicht zu packen und sonst was zu tun. »Es ist mein leibliches Kind!« Aysha öffnete den Mund, dann strich sie sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und starrte auf den Boden. »Antworte mir!«, brüllte er sie erneut an. »Ja ... es stimmt«, knurrte Aysha. »Ich habe euch beobachtet und schließlich entschied ich mich, Alaine nach Shannar zu schicken. Weit weg von uns! Als dann Monate später dieser Brief kam ... Du durftest es nicht erfahren! Du wärst nur zu ihr zurückgegangen!« Valnar war fassungslos, was er da hörte. Dass seine Ehefrau überhaupt zu so etwas hinterhältigem fähig war, machte ihn fertig. »Aysha ... ich ... ich kann dir nicht mehr vertrauen.« Er hatte keine Worte dafür; es verletzte ihn zutiefst. Niemals mehr wollte er was mit dieser Frau zu tun haben. Er hatte ihr auch weh getan, aber das ging viel zu weit. »Wie konntest du das nur tun? Ich sehe keinen Sinn mehr in unserer Ehre ...« Aysha packte ihn an die Schultern, mit so einer gewaltigen Kraft, die ihn komplett überraschte. »Nein, Valnar«, flüsterte sie. »Wir werden für immer zusammen bleiben ... Dafür werde ich sorgen.« Valnar wollte ihr schon widersprechen, ihr sagen, dass sich nichts mehr an seiner Entscheidung ändern würde. Aber so weit kam er nicht. Er versuchte, aus ihrem Griff zu entkommen, aber es war vergebens. »Lass mich los!«, rief er, dann drückte ihm irgendetwas die Kehle zu. Ayshas Blick wurde finster und ihre Augen glühten rot. »Du gehörst mir«, zischte sie und öffnete ihren Mund. Lange, spitze Reißzähne. Valnar wollte schreien, wollte sich losreißen, aber es half alles nichts. Aysha hatte eine unglaubliche Kraft. Sie war ein Monster! Valnar war schon mal so einer Bestie begegnet, aber ... er dachte, das wäre alles Einbildung gewesen! Aysha jagte ihre Eckzähne in seinen Hals und er schrie vor Schmerz, doch kam kein einziger Ton aus seinem Mund. Er versuchte, sich zu wehren, schaffte es nicht, bis er plötzlich ein brennendes Gefühl unter seiner Haut spürte. Aysha ließ ihn los und er klatschte auf den Boden auf, sich vor Schmerz krümmend. Valnar spürte, wie das Blut in seinem gesamten Körper anfing zu kochen und er hatte höllische Schmerzen, die an seiner Seele zerrten, ihn fast den Verstand raubten. Fühlte es sich so an zu sterben? »Aysha ...« Valnar blickte mit aller Kraft zu ihr hoch, ihr lächelnder Mund blutverschmiert. In all den Jahren, die er mit ihr verbracht hatte, hätte er niemals gedacht, dass sie kein Mensch war. »Alaine. Lilea,«, flüsterte er. Er wollte zu ihnen, wollte sie vor seiner Ehefrau beschützen, bevor sie als Nächstes dran waren. Aber seine Sicht verschwamm und er verlor das Bewusstsein. * Valnar blickte auf die blutüberströmte Leiche seines Vaters. Ein Mann mit langem, grauem Haar kniete vor ihm; sein roter Umhang und seine Kleidung ließen ihn wie einen Adligen aussehen. Aber er war kein Adliger, kein Mensch. Es war ein Monster, denn sein Mund war voller Blut. Valnar hatte Tränen in den Augen. Er hatte kein Mitleid mit seinem Vater, aber er hatte Angst, und hielt sich an den Türrahmen fest. »Und du sollst mein Nachkomme sein? Schwächling«, sprach er höhnisch, lachte Valnars Vater aus. Dann drehte er sich zu Valnar um und Valnar war wie erstarrt beim Anblick seiner rot leuchtenden Augen. Er würde als Nächster sterben ... Er sah es in den Augen des Monsters. »Was guckst du so dämlich, du Balg?!« Das Monster fauchte ihn an und sprang mit einem Satz auf ihn zu. Valnar erschrak sich so sehr, dass er hinfiel und sich die Hände vor die Augen schlug. Aber er spürte keinen Schmerz. Die Kreatur rannte an ihm vorbei und verschwand in der Dunkelheit. Valnars Herz raste wie verrückt und er traute sich nicht, aufzustehen. Aber er hatte überlebt. * Als Valnar die Augen öffnete, sah alles so anders aus, doch trotzdem noch gleich. Die Haare vor seinem Gesicht waren nicht länger grün, sondern weiß. Er stöhnte, als er sich aufrappelte und sah seine Ehefrau auf ihn zulaufen. »Du« Valnar fauchte und war sofort schockiert. Fauchen? Wieso würde er so etwas tun? Er spürte schließlich die langen Eckzähne in seinem Mund und dann war alles klar. »Du ... du hast mich in ein Monster verwandelt« Er knurrte und fasste ihr an die Schultern. Sein erster Instinkt war es, sie zu töten, ihre Haut aufzureißen und die Knochen zerbeißen, bis ihr Blut- Er riss die Augen weit auf, als er Blut witterte. Nicht Ayshas Blut, sondern das Blut seiner Tochter im Nebenzimmer. Sofort spukten Gedanken in seinem Kopf, sie in der Luft zu zerreißen. Nein! Er könnte ihr niemals etwas antun! Was war nur los mit ihm? Er war nicht wie diese anderen Monster! Valnar fasste sich am Kopf, dann versuchte er, sich die Nase zuzuhalten. Der Geruch raubte ihm fast den Verstand, bis Aysha ihm ihr blutendes Handgelenk vors Gesicht hielt. »Du bist jetzt ein Vampir. Nimm mein Blut, Valnar ... Du brauchst es jetzt.« Valnar konnte kaum realisieren, welche Worte aus ihrem Mund kamen. Ein Vampir? Er wollte das nicht, aber sein Körper schrie ihn an. Irgendetwas in seinem Inneren zwang ihn, sich die Fangzähne in das Fleisch seiner Ehefrau zu stoßen. Er konnte kaum glauben, wie gierig er ihr Blut trank, als hätte er wochenlang nichts mehr getrunken. Jedes Mal, wenn das Blut seine Kehle hinunterfloss, fühlte es sich besser an als jeder sexuelle Höhepunkt; jede noch so kleinste Ecke seines Körpers stöhnte vor Zufriedenheit auf. Valnar konnte nicht aufhören, denn er wollte mehr und mehr, bis Aysha plötzlich ihren Arm zurückzog. Erst jetzt, als sich sein Körper wieder beruhigte, packte ihn der Ekel. Wie ... wie konnte er so was nur tun? Aysha näherte sich ihm und legte die Arme um seinen Hals. Er dachte an einer Schlange, die davor war, ihn zu erwürgen, aber er wehrte sich nicht. »Warum ...?«, fragte er sie und vergrub sein Gesicht in seine Hände, völlig verzweifelt. »Du kannst nicht zurück zu Alaine und deiner Tochter«, flüsterte Aysha, und schmiegte sich an ihm, küsste seine Haare. »Du wärst eine Gefahr für sie beide.« Valnars Sicht verschwamm, als er anfing zu weinen. »Warum ...«, wiederholte er. »Jetzt können wir für immer zusammen bleiben. Ich helfe dir mit deinem neuen Leben«, antwortete Aysha, aber Valnar wollte es nicht wahrhaben. Doch sie hatte recht. Selbst Lileas Blut machte ihn rasend vor Gier. Wie schlimm würde es dann werden, wenn er Alaines Blut witterte? Aysha hatte sein Leben zerstört ... * Es schneite stark, als Valnar sich mit Lilea in den Armen zu Alaines Haustür begab. Er brauchte all seine Willenskraft, um seine Tochter nicht zu beißen und das allein war ein grauenhaftes Gefühl. Sie war in einer dicken Decke eingewickelt und er strich seine Finger sanft über ihr Gesicht. »Lilea... ich hoffe, es wird dir und deiner Mutter gut ergehen ... ohne mich ...« Er schluchzte, und als er sie auf die Stufen legte, kamen die blutigen Tränen erneut. Er war ein Monster. »Bitte verzeih mir«, weinte er. »Es tut mir so leid.« Aber so etwas könnte er niemals wieder gutmachen. Aysha trat an ihn heran und klopfte an der Haustür, dann nahm sie seinen Arm. »Komm jetzt, bevor uns jemand sieht«, zischte sie und zog ihn mit. Valnar schaute noch einmal rüber zu seiner Tochter und hoffte, dass sie und Alaine ihn eines Tages vergeben würden. Dann ging er mit Aysha fort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)