Eins mit dem Tier von ValnarsKatze ================================================================================ Kapitel 2: Der dunkle Krieger ----------------------------- Valnar öffnete die Augen und starrte auf einem wackelnden Muster an einer Decke. Was genau war das hier? Er blinzelte noch ein paar Mal, bis er realisierte, dass es Wasser war, welches an der Decke spiegelte. Seine Sicht war viel schärfer als vorher und auch seine Ohren konnten das leise Plätschern des Wassers wahrnehmen. Doch sein Herzschlag war fort.   Als er dann neugierig mit seiner Zunge über seine kleinen Fangzähne fuhr, war es ihm endgültig klar: Er hatte es geschafft.   Er setzte sich auf und bemerkte die schwarze Lederrüstung der Vampire an seinem Leib. Testweise bewegte er seine Hand und lauschte dem knirschenden Ledergeräusch. Was für eine Ehre. Noch nie war er dermaßen stolz auf sich gewesen. Zwar hatte er das Tier gezähmt, aber er spürte es immer noch in sich schlummern. Ganz leise drängte es ihn und Valnar hatte ein leichtes Gefühl von Kampfeslust, fühlte, wie sein Blut kochte. Aber es war noch nicht so stark, dass er es nicht kontrollieren konnte, und das sanfte Echo der Wasserquelle beruhigte ihn.   Vielleicht waren die Vampire deshalb so kalt, weil das Tier ständig eine Belastung war, doch Valnar fühlte sich nicht so. Zumindest noch nicht.   Zum ersten Mal schaute er sich um. Sie waren in einer Art Tempel und er sah viele der Krieger auf Steinbänken liegen, so wie er es tat. Einige waren hellwach, andere wiederum veranstalteten ein Kräftemessen mit ihren Fäusten. Darunter war auch der Krieger, der vor der Hohepriesterin fliehen wollte.   Und der Rest ...   Nicht jeder hätte es schaffen können, das war ihnen von Anfang an klar, aber Valnar erfuhr am eigenen Leib, warum es so war. Fast hätte auch er sich verloren.   Er lief den Gang entlang und hielt Ausschau nach Garrin und Kizuna, konnte sie aber noch nirgendwo sehen. Plötzlich hörte er einen lauten Schrei, gefolgt von einem wütenden Knurren. Auf einem der Steinbänke stand eine Kriegerin mit langen grauen Haaren, die Augen rot vor Blutgier.   »Ich werde euch alle töten!«, fauchte sie, kam aber nicht weit, als zwei Wachen sie packten und auf den Boden drückten. Sie schlug wild um sich und knurrte.   »Wenn du dich nicht beruhigst, werden wir dich eliminieren«, drohte eine der Wachen und Valnar sah, wie gewaltsam sie gegen ihre Wut ankämpfte. Das erkannten auch die Wachen und hoben sie hoch, dann führten sie sie weiter in den Tempel hinein.   Das Tier brannte stark in ihr und hatte die Kontrolle übernommen. Valnar hatte Mitleid; sie war so kurz davor gewesen, doch hoffentlich schaffte sie noch die Kurve.   »Hey, du lebst ja immer noch!«   Valnar musste sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, wer mit ihm sprach.   Garrin klopfte ihm auf die Schulter und grinste ihn an. Auch wenn er manchmal ein ziemlicher Idiot war, war Valnar froh, dass er überlebt hatte.   »Du anscheinend auch«, lachte er.   »Hast du Kizuna gesehen?«   Valnar schaute sich noch einmal um, aber sah ihre gemeinsame Begleiterin nicht. »Nein, ich-«   Die neuen Vampire wurden still und machten Platz, als die Hohepriesterin den Tempel betrat, begleitet von ihrer Leibgarde und jemand Neuem mit dunkelblauen Haaren. Er sah aus wie eine Art Magier und sein Blick strahlte eine Arroganz aus.   Alaine lief an den Steinbänken vorbei und schaute betrübt auf die Leichen hinab. Bei einer rothaarigen Dame blieb sie stehen.   »Deine Schwester hat es nicht geschafft, Nyria«, flüsterte sie zu ihrer Leibgarde. Der Schmerz war deutlich erkennbar in Nyrias Gesicht, doch sie nickte und zwang sich wieder zu ihrem neutralen Gesichtsausdruck.   »Ich erlaube es«, flüsterte Nyria zurück, worauf Alaine ihrem männlichen Begleiter zunickte.   Valnar hatte keine Ahnung, worum es ging, aber es ging ihn auch nichts an und er versuchte dieses Gespräch auszublenden.   Alaine wandte sich an die Überlebenden. »Ich bin stolz auf euch, meine Krieger. Ihr seid die, die es mit starkem Willen geschafft haben. Doch werden wir die Toten nicht verachten, sondern ihnen eine würdige Beerdigung widmen.« Sie faltete die Hände zusammen und winkte die anderen Wachen zu sich. »Aber zuerst will ich sehen, wie ihr gegeneinander kämpft! Das heiße Blut in euren Adern muss abgekühlt werden, aber treibt es nicht zu weit. Wir wollen keine weiteren Toten.«   Valnar war froh, dass zu hören. Auch alle anderen Krieger wurden beim Gedanken zu Kämpfen aufgeregt, wollten sich die Zähne abstoßen. Er musste sich eingestehen, dass er töten wollte, wollte irgendetwas zerreißen, aber er schüttelte hastig den Kopf.   Nein, das war nur das Tier.   »Na endlich! Ich warte hier schon seit Stunden darauf mal etwas zu tun«, flüsterte Garrin, aber Valnar schaute sich weiter um.   »Ich hoffe, Kizuna ist hier noch irgendwo.«   Immerhin waren sie so etwas wie eine Art Freunde gewesen. Garrin schüttelte nur den Kopf, aber er sprach seinen Gedanken nicht aus.   *   Unglaublich! Das Kolosseum war fast so groß wie eine ganze Abteilung der Menschenstadt. Der Sand auf dem Boden war voller getrocknetem Blut. Die Euphorie breitete sich noch stärker in Valnar aus und sein Tier wollte bei dem Geruch mitmachen, aber Valnar fauchte und drängte es geistlich zurück.   Wachen und Krieger Veteranen füllten die Sitze und schauten gespannt auf sie herab, jubelten ihnen zu. Die Hohepriesterin war nirgends zu sehen. Vielleicht war sie weiter oben?   Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, öffneten sich die Tore und die neuen Krieger wurden aufeinander losgelassen.   Sofort griffen sie sich gegenseitig an wie wilde Tiere. Valnar parierten einen Schlag eines Kriegers mit seinem Schwert und drängte ihn zurück. Er fühlte die außerordentliche Stärke, die er nun besaß, und lachte, als er einen weiteren Krieger das Schwert aus der Hand schlug und ihn zu Boden stieß.   Nichts und niemand konnte ihn aufhalten!   Fauchend sprang der Krieger auf, seine Augen vor Wut zerfressen. Was machte er denn da? Er sollte sein Tier zurückdrängen!   Ohne Waffe griff er Valnar an, versuchte ihn zu schlagen und zu zerreißen. Valnar wich ihm geschickt aus, wurde aber dann doch an der Schulter erwischt. Sein eigenes Tier meldete sich, wollte, dass er sich für diesen Frevel rächte. Er fauchte und bleckte die Zähne. Fast hätte er sich der Stimme hingegeben und ihn erstochen, aber stattdessen boxte er seinem Gegenüber so feste ins Gesicht, dass Blut aus seiner Nase spritzte und ihn auf die Knie zwang.   »Tut mir leid!«, rief er ihm noch zu und rannte weiter ins Gemetzel hinein.   Garrin versperrte ihm den Weg und hob seinen Säbel. »Ich wollte dir schon immer mal ein paar aufs Maul geben«, lachte er und Valnar musste grinsen.   Noch bevor sich die beiden duellieren konnten, tauchte jemand neben ihnen auf und stieß sie zu Boden.   Valnar hustete den Sand aus, der sich in seine Lunge gesammelt hatte und schaute hoch. Ein Krieger, komplett in Schwarz mit einem Helm.   »Das nennt ihr kämpfen?«, lachte er und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich. Einige wütende Vampirkrieger stürzten sich auf ihn, aber mit Leichtigkeit wich er ihnen aus und lachte weiter. Er war unglaublich schnell! Und seine Hiebe mit dem Schwert trafen seine Gegner so gezielt, dass sie sofort zu Boden gingen.   Einer nach dem anderen landete neben ihn, bis fast niemand mehr stand. »Kommt schon! Ihr wollt doch eure Wut herauslassen!«, spottete er. »Was seid ihr denn für Krieger, wenn ihr nicht einmal einen Gegner aufhalten könnt?«   Gereizt hob Garrin den Säbel und knurrte. »Na warte, den mach ich platt!!« Er sprang auf den Angreifer zu und prompt hatte er den Schwertknauf des Kriegers im Magen. Verstört rissen seine Augen auf, während er auf die Knie sackte.   »Ver ...dammter Mistkerl«, keuchte er.   Valnar nahm die Chance, den Krieger sofort zu attackieren. Dieser war so verwundert, dass Valnar es schaffte, ihm am Arm zu streifen.   Aber nur gering.   Der dunkle Krieger sprang zur Seite, schlug den Schwertknauf in Valnars Rücken, sodass er mit dem Gesicht wieder in den Sand landete.   Seine Knochen schmerzten und Valnar hörte nur noch das Jubeln. Als er den Kopf hob, stand kein einziger der neuen Krieger mehr, nur dieser eine.   Zu seiner Überraschung hielt der Gewinner ihm die Hand hin. Valnar war erst verwirrt, griff sie dann aber und zog sich hoch.   »Nicht schlecht«, lobte er. »Aber geh die Sache nicht so impulsiv an und achte mehr auf deine Verteidigung.«   Beschämt nickte Valnar ihm zu. Verdammt, er hatte sich so unbesiegbar gefühlt. Zwar war er nun ein Vampir, aber er war wohl noch ziemlich fern davon, wirklich gut zu sein.   *   »Dieser verdammte Krieger!«, schimpfte Garrin, als sie den Weg entlang liefen. »Was glaubt der eigentlich, wer er ist? Wenn ich noch ein bisschen mehr trainiere, kriegt der so eine aufs Maul!«   Valnar antwortete ihm nicht, dann stellte Garrin sich vor ihm und versperrte ihm den Weg. »Und du! Du hattest nur Glück, klar? Bilde dir bloß nichts darauf ein. Ich bin weit besser als du.« Garrin drückte seine Hand auf seine Brust, um ihn zu wegzustoßen, aber Valnar schlug sie weg und machte einen Schritt auf ihn zu.   Sofort entfachte sich das Feuer in ihm. »Ach ja? Ich hab ihn ganz sicher nicht durch Glück getroffen! Das war alles Können! Dein Versuch war mehr als lachhaft«, knurrte er. Wütend griff Garrin ihm an die Schultern und Valnar tat es ihm gleich. Seine innere Stimme feuerte ihn an, wollte, dass es eskalierte, wollte Blut sehen. Sie waren gerade dabei, sich zu prügeln, bis er eine andere Stimme wahrnahm.   »Herrgott noch mal! Da ist man für ein paar Stunden weg und ihr seid euch wieder nur am Streiten!«   »Kizuna!«, riefen Valnar und Garrin gleichzeitig. Sofort ärgerte Valnar sich, dass er sich auf den Streit eingelassen und sein Tier mit Zorn gefüttert hatte. Das durfte nie wieder passieren.   »Wo warst du?«, grinste Garrin und klopfte ihr auf die Schulter. Auch sie trug dieselbe schwarze Lederrüstung und ihre Augen funkelten rot.   »Ich hatte wohl etwas länger gebraucht. Fast hätte ich es nicht geschafft ... Es war furchtbar.«   Valnar nickte ihr zu. Sie musste keine Details preisgeben. Das Tier suchte nach allen Erinnerungen, die ihnen am meisten wehtaten und versuchte, diese für sich zu nutzen.   »Ach, war doch voll leicht. Das Tier ist auch nur eine Lusche«, fügte Garrin hinzu und Kizuna gab ihn einen bösen Blick.   Aber Valnar und Kizuna wussten beide, dass er das nur sagte, um stark zu wirken.   »Jetzt bist du aber auch komplett rasiert, oder?«   »Garrin!!!«, keifte Kizuna und schlug ihm auf den Hinterkopf.   Schon war wieder alles so wie immer.   *   Sie kamen an einem großen Platz an, wo die Krieger, die es nicht geschafft hatten, in einer Reihe lagen. Sie waren nackt und komplett mit Blutrosenblüten bedeckt. Nur ihr Gesicht konnte man sehen.   Hohepriesterin Alaine sprach einige Worte, eine Erinnerung, wie gefährlich das Tier war. Valnar musste seufzen. Er wurde selbst ständig daran erinnert.   »Der Kampf im Kolosseum hat euch hoffentlich gezeigt, dass ihr euch eurer Raserei nicht hingeben sollt. Ihr habt noch sehr viel zu lernen.« Alaine gab Valnar dabei einen kurzen Blick. Sie hatte wohl alles gesehen. »Ihr müsst stets die Kontrolle bewahren, auch nachdem ihr das Tier gezähmt hat. Es ist euer ständiger Begleiter, bis in alle Ewigkeit.«   Sie griff nach einer großen Fackel und zündete die Blüten an.   »Mögen sie Frieden finden«, flüsterte sie fast, als die Leichen anfingen zu brennen.   Der Duft von Rauch und Rosen vernebelte die Luft und rote Reste der Blüten stiegen in den Himmel hinauf, bis der Geruch von verbranntem Fleisch in seine Nase eindrang.   Valnar würde niemals aufgeben. Niemals würde er den Kampf gegen seiner Bestie verlieren, sondern sie mit eisernen Willen auf die Knie zwingen. Komme, was wolle! Er war der alleinige Herr seiner Seele. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)