Eins mit dem Tier von ValnarsKatze ================================================================================ Kapitel 5: Offenbarung ---------------------- Die Bar war überfüllt von feiernden Kriegern; die leicht bekleideten Dienerinnen lachten und brachten ihnen Krüge voll mit Blutrosenalkohol. Valnar hatte seit seiner Verwandlung nichts Alkoholisches mehr getrunken. Er fühlte sich nach einigen Bechern schon angetrunken und es erinnerte ihn an seine Zeit als Mensch. Doch wie alles andere war es viel intensiver. Das Tier verstärkte die Wärme in seinem Körper und umarmte seinen Geist; er war so dankbar, dass es für ihn da war.   Am liebsten würde er aufstehen und jeden einzelnen Krieger umarmen. Sie waren seine neue Familie und er liebte sie über alles. Vor allem seinen Mentor.   Wo steckte er eigentlich? Wollte er nicht mitfeiern?   Selbst Kizuna trank, obwohl sie vorher nie ein Freund davon gewesen war. Ein weiterer Beweis, wie toll alles war.   »Auf uns! Und auf dich Valnar. Ich hab noch nie jemanden gesehen, der in eine brennende Stadt rennt«, lachte Garrin, sowie der Rest. »Entweder bist du total lebensmüde oder ganz schön mutig.«   Valnar lachte und legte den Arm um ihn. »Ohne dich wäre ich drauf gegangen. Du hast mir mein Leben gerettet, Kumpel.«   Garrin grinste ihn an und erwiderte die Geste, drückte ihn fest an sich. »Werd mir jetzt bloß nicht sentimental, sonst haben wir gleich blutige Tränen überall.«   Erneut lachte Valnar und hob seinen Krug. »Prost!«, rief er und nahm noch einen Schluck, während er die Hälfte verschüttete.   *   Mitten in der Nacht taumelte Valnar über den Burgplatz. Eigentlich wollte er den Weg zu seinem Zimmer finden, aber irgendwie lenkte ihn die Schönheit des Palastes ab. All dieses Gold funkelte sogar in der Nacht! Wunderschön. Er konnte immer noch nicht glauben, dass das hier sein zu Hause war.   Als er sich endlich von diesem Blick abwenden konnte, erspähte er den dunklen Krieger, der aus einem kleinen Gebäude kam.   »Meister! Da seid Ihr ja!«, lallte Valnar und rannte zu ihm hin; er drückte ihm den Finger in die Schulter. Das Tier in ihm pochte heiß und verlangte nach Bewegung, wollte seine Muskeln fordern. Valnar bleckte die Zähne vor Kampfeslust, empfand es als ausgezeichnete Idee.   »Ich fordere Euch heraus!« Valnar griff nach seinem Schwert, verfehlte es und fiel fast zur Seite, aber sein Meister hielt ihn fest.   »Geht Euch erst einmal ausnüchtern«, spottete sein Mentor gelassen, aber Valnar ließ nicht locker.   »Moment! Ich kann mich zusammenreißen! Lasst uns in den Garten gehen und gebt mir ein paar Minuten.«   Der dunkle Krieger fing an zu lachen. »Ihr werdet wohl nicht locker lassen, was? Nun gut. Ich befördere Euch gerne in den Dreck, wenn ihr darauf besteht.«   So wie Valnar sich gerade wahrnahm, glaubte er nicht daran, dass er jemals gegen ihn verlieren könnte.   *   »Bereit?«   Valnar hielt sein Schwert fest in den Händen. Seine innere Stimme lechzte nach Blut, ließ ihn sich wie einen Kriegsherren fühlen.   Aber eigentlich fühlte er sich ganz schön wackelig auf den Beinen.   »Äh, ja«, grinste Valnar, dann, wie er es gelernt hatte, griff er ihn an, wurde aber sofort von seinem Meister abgewehrt.   Er lachte ihn aus und Valnar versuchte es wieder, aber er hatte keine Chance, landete keinen einzigen Treffer auf seinem Gegenüber.   Seine Bestie schrie nach Vergeltung und Valnar knurrte. Mit einem schwankenden Sprung drehte er sich und wollte einen Hieb ausführen, aber er rutschte ungeschickt ab und durchtrennte den Halter der Brustrüstung seines Meisters.   Wie erstarrt blieb Valnar stehen, das Schwert über sich haltend. Seine Augen rissen auf, als er auf die Oberweite des dunklen Kriegers starrte. Entweder war er völlig besoffen oder das waren tatsächlich weibliche Brüste in dessen Unterhemd.   Wütend erhob sein Meister das Schwert und schlitzte ihm den Bauch auf, woraufhin er zurücktaumelte.   »A-ah. Ihr ... Ihr seid eine Frau!« Valnar keuchte, als er sich die brennende Wunde hielt. Prompt gab sein Mentor ihm eine Ohrfeige und hielt den Arm vor seinen- ihren Brüsten.   »Wie könnt Ihr es wagen?!«, schimpfte sie erbost.   Valnar blinzelte und verstand gar nichts mehr. Die Stimme war eindeutig männlich. Was ging hier vor sich?   Er lief rot an. Die ganze Zeit über war sein Meister eine Frau gewesen. Hätte er das mal vorher gewusst, dann wären ihm so einige halb nackte Szenen im Tempel erspart geblieben.   »Ich- Es tut mir leid. Ich dachte immer, Ihr wäret ein Mann.«   Der dunkle Krieger seufzte. »Das darf niemand erfahren. Bitte behaltet es für Euch.«   »Selbstverständlich. Ich werde Euer Geheimnis bewahren«, antwortete er rasch ohne Bedenken.   Bevor er irgendwas hinzufügen konnte, nahm sein Mentor den Helm ab. Lange rote Haare fielen ihr über die Schultern, bis Valnar in die roten Augen der Hohepriesterin starrte.   »H-hohepriesterin Alaine«, stotterte er und ging sofort auf die Knie.   Sie stemmte die Hände in ihre Hüften. »Nun steht schon auf!«   Valnar tat, wie ihm befohlen wurde. Noch immer war ihre Stimme so dunkel und er war völlig perplex.   »Wie ... wie macht Ihr das? Die Stimme.«   Alaine öffnete den Mund und nahm eine kleine weiße Perle aus ihren Zähnen, dann grinste sie. »Kleines magisches Spielzeug. Ist wirklich keine große Kunst für meinen Schattenpriester.«   »Dieser Magier? Mit dem schwarzen Umhang?«, fragte Valnar nach und dachte an den Mann mit dunkelblauen Haaren.   »Genau.«   Valnar nahm tief Luft und am liebsten hätte er gelacht. War das hier gerade die Wirklichkeit? Träumte er? Sicherlich hatte er zu viel getrunken.   Aber da stand sie: Hohepriesterin Alaine. Selbst in einer Kriegerrüstung war sie wunderschön und er spürte wieder, wie er rot anlief. Kein Wunder, dass der Geruch ihres Blutes immer so stark gewesen war.   »Tut mir leid, dass ich Euch so verletzt hatte. Der Hieb war unfair, aber ich verlor für einen Moment meine Beherrschung.« Sie nahm seine Hand und zog ihn mit sich. »Kommt mit, ich kümmere mich drum.«   Valnar nickte nur und folgte ihr in den Palast ohne jegliche Widerworte, immer noch baff von dem, was hier gerade ablief.   *   In kompletter Stille saß Valnar auf einer Bank und hielt sein Oberteil hoch, während Alaine seine Wunde reinigte. Die beiden sprachen kein einziges Wort. Valnar wollte ständig mit irgendeiner kleinen Unterhaltung anfangen, um die peinliche Stille zu brechen, aber entschied sich dann doch dagegen. Schließlich schmierte sie eine Salbe auf seine Verletzung, die etwas unangenehm brannte, und er versuchte sich ein Stöhnen zu verkneifen.   Alaine zog sein Hemd rasch herunter, als könnte sie den Anblick nicht mehr ertragen. »So, jetzt sollte sich Eure Wunde etwas schneller heilen.«   »Vielen Dank«, äußerte er verlegen, aber Alaine schüttelte nur den Kopf, als sie sich neben ihn setzte und die Beine überschlug.   »Es war immerhin meine Schuld.«   Dann schwieg sie. Valnar beobachtete sie aus seinem Augenwinkel. Sie starrte auf den Boden und schien in Gedanken versunken, aber er wollte nicht, dass sie sich wieder anschwiegen.   »Wieso haltet Ihr Eure Kampfkunst geheim? Ihr seid wirklich begabt.«   Sie drehte sich überrascht zu ihm um und gab ihm ein leichtes Lächeln. »Ich bin die Hohepriesterin. Das wird überhaupt nicht gerne gesehen. Vor allem nicht von meinem Onkel Vincent.«   Valnar schmunzelte, aber sah sie nicht an, als er daran dachte, dass sie nicht einmal in der Bar war. »Sicher fühlt Ihr Euch auch zu überlegen, um offiziell zwischen den Reihen Eurer Krieger zu marschieren.«   Erst starrte sie ihn sprachlos an, aber dann lachte sie sanft. »Was? Natürlich nicht! Ich war stolz, mit euch den Sieg zu erringen.«   Vielleicht war es noch der Alkohol oder das Tier, das ihn zu diesen Worten trieb, aber Valnar grinste sie verstohlen an. »Dann kommt und feiert mit uns unseren Sieg. Schließlich wart Ihr dabei!«   Alaine legte die Arme um sich und schaute verlegen weg. »Ich ... ich weiß nicht. Das ist nicht gerade mein Stil ... zu feiern.«   Daraufhin fing er herzhaft an zu lachen. »Wusste ichs doch.«   »Also, so war das jetzt nicht gemeint!«, versuchte Alaine sich zu verteidigen, aber auch sie musste grinsen.   Schließlich stand Valnar auf und hielt ihr die Hand hin; verwirrt starrte sie darauf. »Kommt schon. Ein paar Gläser auf unseren Sieg? Ich verspreche Euch, es wird Euch Spaß machen.«   Wieder schmunzelte sie nur und schloss ihre Augen. Fast dachte Valnar, sie würde wieder ablehnen, doch dann blickte sie in sein Gesicht und griff nach seiner Hand, sodass er sie hochzog.   »Abgemacht.«   *   Alaines Identität schien kein großes Problem zu werden, denn alle Krieger waren viel zu betrunken, um irgendetwas zu bemerken.   Sie feierten und es blieb nicht nur bei einem Krug. Alaine wurde so betrunken, dass sie nur noch lachte und selbst Valnar konnte kaum noch stehen.   Die beiden redeten über ihre gemeinsamen Trainingsstunden und dass sie ihn so oft im Tempel angetroffen hatte.   »Hätte ich vorher gewusst, dass Ihr eine Frau seid, hätte ich mir vorher was drübergezogen!«, rief Valnar mit gespielter Empörung.   »Das hätte mir aber nicht so gut gefallen«, lachte Alaine und zwinkerte ihm zu, als sie ihm den Zeigefinger in die Brust drückte.   Überrascht hob Valnar die Augenbraue und nahm einen weiteren Schluck von seinem Getränk, während Alaine sich umdrehte, um bei einem Kräftemessen zwischen zwei Kriegern zuzuschauen.   Das Tier lauerte wieder gefährlicher in seinem Inneren, wollte Valnar dazu bringen, über die Hohepriesterin herzufallen. Ihr Blut würde so rein sein und ihr Körper würde sich an ihm schmiegen, nackt und sich windend, bis er seinen Höhepunkt erreichte.   Er verschluckte sich fast an seinem Alkohol, schüttelte den Kopf und verbannte diese lüsternen Gedanken wieder, zusammen mit dem Tier.   *   Valnar und Alaine liefen zusammen laut lachend zum Palast. Die Hälfte der Vampire waren schon bewusstlos auf den Tischen gelegen und sie selbst wurden langsam müde.   »Ihr hattet recht. Es hat wirklich Spaß gemacht«, grinste Alaine. »Das sollten wir irgendwann wiederholen.«   Anstatt weiter zum Palast zu laufen, setzte sie sich erschöpft ins Gras und Valnar tat es ihr gleich. »Gerne. Dass Ihr so sein könnt ... Ich hätte nicht gedacht, dass die Hohepriesterin sich auf den Tisch stellt, um Ihren Alkohol zu exen«, grinste er.   Alaine lachte wieder laut auf und fiel auf den Rücken. Valnar packte ihre Hand aus Reflex und sie schaute wie versteinert in seine Augen.   Sie verweilten einen Moment in dieser Position. Valnar wusste nicht, was er denken oder tun sollte, bis Alaine sich räusperte und sich an seiner Hand hochzog.   »Danke«, flüsterte sie. »Es ist schön, einmal alle Sorgen zu vergessen.«   Valnar senkte den Kopf und dachte erneut an die Schlacht in Tradan. Diese blonde Frau, die Alaine beschuldigt hatte. »Wer ist denn überhaupt Molana? Wieso nannte sie Euch eine Schlächterin?«   Das hätte er nicht fragen sollen. Alaine drehte sich weg und ihre Miene verfinsterte sich, doch zeigte sie auch eine Art Trauer. Gerade wollte er sich entschuldigen, als sie das Wort ergriff.   »Es ... ist nicht meine Schuld ... Das kommt davon, wenn verwandelte Vampire Menschen beißen. Sie erschaffen Geschöpfe, die kaum noch als Vampire leben können. Deshalb ist es verboten.« Sie schüttelte den Kopf und sah Valnar nun wieder an. »Doch gibt es Vampire wie Molana, die nach mehr Macht streben und nicht an die Konsequenzen denken.«   Valnar nickte ihr zu. »Ich verstehe.« Er wollte sie nicht noch weiter ausfragen. Vor allem nicht in diesem Moment.   Kurz darauf streckte sie ihre Hand aus und er half ihr auf die Beine.   »Ich sollte ins Bett und Ihr solltet Euch auch ausruhen. Jetzt, wo Ihr wisst, wer ich bin, werdet Ihr Euch doch nicht vor dem Training drücken, oder?«   Er grinste sie an. »Niemals. Wer Ihr seid, ändert nichts an Eurer Begabung.«   Alaine lächelte leicht und nickte, während sie sich den Arm hielt.   »Gute Nacht, Valnar«, flüsterte sie.   »Gute Nacht, Hohepriesterin.«   Sie zögerte einen Moment, dann drehte sie sich um und lief in Richtung Palast.   Er schaute ihr noch lange nach und ihr anziehender Duft umarmte seine Sinne. Sein Tier verlangte nach ihr ... Ihre Nähe, ihr Blut ... oder war er das? Etwas in ihm strebte danach, ihr zu folgen, aber er bewegte sich nicht.   Sein Inneres brannte nach Verlangen, bis sie schließlich in der Dunkelheit verschwand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)