Eins mit dem Tier von ValnarsKatze ================================================================================ Kapitel 21: Ewigkeit -------------------- »Mein König!« Valnar drehte sich um, als die Kriegerin zurückkam. Sie hatten gerade einen weiteren Angriff überstanden und waren gut dabei die Menschen aus dem Reich zu führen. Nur Valnar stand noch allein auf der Straße, um ihren Rücken zu decken. »Was?! Was ist mit Alaine?!«, fragte er aufgebracht. »Sie haben sie am Mast gebunden und wollen sie verbrennen!« Valnars Pupillen formten sich zu Schlitzen und er hob den Blick. In weiter Ferne sah er das Schiff und einige Flammen. »Nein!« Er würde niemals rechtzeitig bei ihr ankommen! Wäre er doch nur mit ihr gegangen oder hätte sie aufgehalten! Plötzlich hörte er die altbekannte Stimme; wie ein Blitz schlug sie in seine Gedanken ein. Gemeinsam können wir sie retten. Valnar verzweifelte. Er hatte keine andere Wahl! Er musste es tun, um seine geliebte Alaine zu retten! Sie durfte nicht sterben! »Verschwinde von hier! Los!«, knurrte er und die Kriegerin starrte ihn einen Moment an, bevor sie davon rannte. Die Panik und die Angst um Alaine brachten ihn um den Verstand. Valnars Tier pochte in seiner Brust, machte sich bereit. Es war, als hätte er ein innerliches Tor geöffnet, als es ihn durchflutete. Hass und Zorn nährten ihn und er übergab seiner inneren Stimme die komplette Kontrolle. »Es tut mir so leid«, flüsterte er ins Nichts, dachte an Alaine und Meira, während die Tätowierung an seinem Arm vor Schmerzen glühte. Du musst Alaine retten. Bitte. Bitte lass meinen Tod nicht umsonst sein. Panisch versuchte er an seine innere Stimme zu appellieren. Er würde sich ganz verlieren, aber sein Tier musste sie retten! Das war die einzige Möglichkeit! Direkt spürte er die Antwort. Valnar packte sich am Kopf und fauchte, als das Tier wie flüssiges Metall durch seinen Körper floss. Die Qual war unendlich, doch gleichzeitig fühlte er die endlose Macht, die sich in ihm aufbaute und ihn verwandelte. Seine Arme verlängerten sich, die Knochen knackten und brachen und irgendetwas wuchs aus seinem Rücken heraus. Aus seinen nun riesigen Pranken wuchs schwarzes Fell mit weißem Sternenmuster, bis er die Augen schließen musste. Er konnte nur noch schreien, als er immer größer wurde, wurde fast ohnmächtig von den Schmerzen. Das Tier übernahm seinen Verstand und als das Leid aufhörte, war da nur noch eine gewaltige Stärke und aus seinem Schnabel kam ein ohrenbetäubender Schrei. Mit dem Löwenschwanz zerschlug Valnar ein Gebäude, bis er die gefederten Schwingen spürte, die aus seinem Rücken ragten. Er streckte sie und es war, als hätte er sie schon immer gehabt. Dann schlug er die Flügel mit unglaublicher Kraft und sein Körper erhob sich in den Himmel. Sein Verstand war hinfort. Nur noch das Verlangen nach Blutvergießen existierte; er wollte alles und jeden vernichten. Doch niemand war in seiner Nähe, nur von Weitem konnte er ein Schiff erkennen und der Rauch lockte ihn an. Dort befanden sich sicher seine Feinde, die er gnadenlos verschlingen würde! Auf dem Weg dorthin wollte er seine unbändige Wut an den Häusern auslassen. Ein Fauchen kam aus seinem Maul, welches die Gebäude mit schwarzem Rauch umhüllte und zersprengte, aber es war unbefriedigend. Keine Schreie. Kein Geruch von Blut. Seine Neugier war ganz auf das Schiff gerichtet; er fühlte, dass er dort Blut und Fleisch bekommen würde, um seine Zerstörungswut und seinen Hunger zu stillen. Am Ufer konnte er einige Gestalten sehen und er öffnete erneut den Schnabel, als ein gigantischer Lichtstrahl herausschoss und seine Beute verbrannte. Das Schiff traf er nur leicht und die Funken sprühten. Valnar umkreiste es, bis er jemanden weinen hörte. »Valnar! Warum hast du das getan?!«, schrie eine Frau mit roten Haaren. Sie war an einem Mast gebunden und das Feuer schien sie fast zu verschlucken. »Bitte bring dich in Sicherheit!« Er landete auf dem Schiff und krächzte, während es unter seinem Gewicht wackelte. Seine weiß leuchtenden Pfoten brannten Löcher in das Holz und das Blut der Frau drang in seine Nase ein; es roch wundervoll. Er wollte sie töten und verschlingen. »Bitte, Valnar«, flehte sie, konnte kaum noch sprechen. »Rette unser Reich ... unsere Tochter.« Plötzlich hielt er inne als ihre Stimme in seinem Inneren widerhallte. Irgendetwas nagte an ihm, dass er nicht er selbst war; etwas an dieser Frau war vertraut. Seine Sinne hatten ihren Geruch schon einmal wahrgenommen und ihr Gesicht ... ihre Aura. Valnar fing an, sich zu erinnern, wurde wieder Herr seiner Gedanken. Alaine? Das war Alaine! Was tat er hier bloß? Er musste sie retten! Er wollte ihren Namen schreien, aber es kam nur der Laut eines Raubvogels gemischt mit dem Gebrüll eines Löwen aus seinem Maul. Valnar sprang zu ihr hin und wollte sie mit seinen Pranken vom Mast befreien. »Valnar?«, keuchte Alaine fassungslos, die Augen weit aufgerissen. Verzweifelt versuchten seine Krallen die Kette zu ergreifen, bis er aufschrie, als er einen sengenden Schmerz in seiner Seite spürte. Er drehte seinen Kopf zur Seite und erkannte Morlon. »Stirb, du Bastard!«, brüllte er und versuchte ihn wieder aufzuschlitzen. Valnar wollte ihn mit seinem Schwanz wegschlagen, aber er wich aus. »Opferst du dich, um deine Hure rechtzeitig verbrennen zu sehen?«, lachte Morlon. »Ich habe gewonnen! Komm, lass mich deinen Tod beschleunigen.« Dann versuchte er ihn erneut anzugreifen. Die Rache ist nah! Zerfetze ihn! Zerreiße ihn in der Luft! Wütend zogen Valnar und sein Tier an einem Strang, wollten den verhassten Vampir tot sehen. Er machte einen Satz auf ihn zu und Morlon stach ihm mit einem Kampfschrei tief in die Brust. Aber Valnar ignorierte den Schmerz; er erfasste Morlons Kopf zwischen seinem Schnabel und zog daran. Der Vampir brüllte, bis er anfing vor Schmerzen zu schreien. Mit einem einzigen Ruck riss Valnar ihm den Kopf ab und verteilte sein Blut und die Hautfetzen überall hin, bis er seinen Schädel verschlang. Triumphierend kreischte er auf. Endlich hatte er seine Rache bekommen! Doch wurde er aus diesem Siegesrausch herauskatapultiert, als Alaine kreischte. Das Feuer erreichte ihre Beine und er biss rasch in die Eisenketten hinein. Alaine heulte und wand sich vor Schmerz. Mit all seiner Kraft riss Valnar an den Ketten, versuchte gleichzeitig schnell und vorsichtig zu sein, um seine geliebte Frau nicht zu verletzen. Er ignorierte das Stechen in seiner Brust und seiner Seite, auch wenn es noch so sehr brannte. Doch Alaines Geschrei löste Panik in ihm aus und er beschädigte seinen Schnabel, als er die Ketten durchbiss und sie endlich befreite. Blut lief seinem Maul hinunter. Wieder krächzte er, wollte Alaine hier rausholen. »Valnar«, röchelte sie und hielt sich mit letzter Kraft an seiner Pranke fest. Er schlug mit seinen Schwingen und erhob sich mit letzter Kraft erneut in die Lüfte. Das Blut tropfte seinen Körper hinunter ins Meer und er bemerkte schon, wie seine Macht schwand. Das Schiff versank. Er konnte sich nicht mehr halten und schmiss Alaine von sich, bevor er selbst aufs Ufer krachte und den ganzen Sand herumwirbelte. Schwer atmend verwandelte er sich zurück. Das Tier zog an seiner Lebensenergie, wollte nicht aufgeben. Valnar wusste, dass es sein Ende war, konnte es nicht mehr aufhalten. Doch Alaine und seine Tochter waren in Sicherheit und das war alles, was zählte. Der Feind war endgültig tot. Er öffnete die Augen und sah seine Liebste weinend auf ihn zu rennen. »Valnar!« Sie schmiss sich neben ihn hin. »Warum hast du das getan? Warum?!« Verzweiflung machte sich in ihrer Stimme breit und sie versuchte seine Blutungen zu stoppen. »Alaine ... es geht dir gut. Ich- ich bin so froh,« Er rang nach Luft, fühlte immer noch wie das Tier sein Leben entzog. Sie fing wieder an zu weinen; sie wussten beide, welchen Preis sie für die Verwandlung bezahlen mussten. Wie gerne würde er seine Hand ausstrecken und ihre Tränen wegwischen, ihr versichern, dass sie gemeinsam zu ihrer Tochter zurückkehren würden. »Du kannst mich doch nicht einfach alleine lassen!«, schrie sie. »Was ist mit unserer Tochter? Valnar!« Sein Kopf fiel zur Seite, als sich seine Augen schlossen. Alaine packte sein Gesicht, schüttelte ihn, flehte ihn an, dass er aufstehen sollte. Aber ihm fehlte bereits die Kraft. Er spürte, wie sein Tier ihn verschlang. Seine Aura strahlte hell und er fühlte sich von all den Schmerzen seines Körpers erlöst. Wieder rief Alaine nach ihm und er wollte zu ihr, zu Meira, aber er wurde immer schwächer und ihre Stimme klang nur noch wie ein weit entferntes Flüstern. Mit einem Aufschrei versuchte er durch sein Tier hindurchzustürmen, nach Alaine zu greifen; er wollte ihr noch so viel sagen, wollte sie nicht verlassen. Aber das Tier holte ihn zu sich in sein weißes Licht, welches so hell war, dass er fast verbrannte. Wir werden eins sein, bis in alle Ewigkeit. Schließlich riss es ihn fort. Die Schmerzen verschwanden und alles wurde still ... Alles um ihn herum endete. Alaine ... * »Valnar! Nein! Du darfst nicht sterben!«, heulte Alaine auf, schüttelte ihn immer noch. »Bitte nicht, bitte.« Ihre Eckzähne verlängerten sich und sie biss ihm in den Hals, musste ein Lebenszeichen finden. Er konnte nicht fort sein! Das durfte alles nicht wahr sein! Sein kaltes Blut floss ihre Kehle hinunter und ihr Tier labte sich freudig daran, aber das war Alaine in dem Moment völlig egal. So sehr sie auch versuchte, ihn zu finden, sie hatte keinen Erfolg; er war leer. Es gab keinen Funken Leben mehr in ihm und die Erkenntnis drohte ihr Herz in Stücke zu reißen. Einsam stand sie in seinem Inneren, hielt sich den Kopf und schrie vor Verzweiflung. Seine Seele war fort und auch die Präsenz seines Tieres. »Valnar«, schluchzte sie und ließ vorsichtig von ihm ab, am Boden zerstört. Warum musste er sterben? Warum er? Er hätte sie nicht retten sollen! Wut überkam sie. Sie hätten beide ihr Kind nehmen und von Horan verschwinden sollen! Tausende Alternativen kamen ihr in den Sinn, aber dafür war es zu spät. Sie würde niemals die Zeit zurückdrehen können und langsam realisierte sie endgültig, dass Valnar tot war. Wieder weinte sie, ließ ihren Tränen freien Lauf und konnte sich nicht mehr fangen. Sie hielt sich am Bauch und legte ihren Kopf auf Valnars, heulte so laut und verzweifelt, fragte immer wieder warum und wollte das alles nicht wahrhaben. Stundenlang lag sie neben ihn, wollte nicht ohne ihn sein. Alles um sie herum war still. Nur die Wellen des Meeres waren zu hören und die Einsamkeit umgab sie, wollte sie verschlingen. Ihre Augen waren auf das Gesicht ihres Liebsten fixiert und die Tränen kamen immer noch, aber sie weinte nicht mehr. Es war alles wie ein furchtbarer Albtraum; Alaine wusste nicht mehr, was um sie herum passierte, was sie denken sollte. Sie wusste nur eine Sache: Sie hatte den Mann verloren, den sie am meisten liebte. Den Vampir, der ihr alles bedeutet hatte. Ihr wurde das Wichtigste genommen, was sie jemals besaß, und sie drohte daran zu zerbrechen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)