Insomnia von Funkenherz (Midnight x Mt. Lady) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Der Tag verging. Die Hitze des Sommertags hielt sich hartnäckig in der Luft, während das Licht des Tages langsam schwand. Langsam aber sicher neigte sich auch das Trainingscamp dem Ende zu, eine Tatsache, über die Schüler und Lehrer gleichermaßen froh waren. Die Temperaturen hatten sich als schier unerträglich entpuppt, was das Training nicht unbedingt angenehmer machte. Hinzu kam die Mückeninvasion rund um den See, welche allen das Leben noch einmal zusätzlich schwer machte. Vollkommen erledigt, waren die Helden von Morgen schließlich heilfroh, am Ende des Tages in den Reisebus schwanken zu dürfen, welcher sie zurück zur UA bringen würde. Trotz der Hitze des Tages, begann die Luft langsam nach Regen zu riechen, während dunkle Wolken aufzogen. Hitzegewitter waren im Sommer keine Seltenheit und doch gab es angenehmeres. Nachdem alle Schüler im Bus saßen und zwei Lehrkräfte überprüft hatten, dass niemand zurückgeblieben war, stiegen auch die Erwachsenen in den Reisebus. Mit einem skeptischen Blick gen Himmel, reihte sich die Blondine hinter Tiger ein, um in den Bus zu klettern. Im Reisebus konnte ihr das sich anbahnende Gewitter zwar egal sein, doch auch wenn die Erwachsenen die vorderen Sitzplätze belegten, würde ihr das kaum den Lärm ersparen, den eine ganze Gruppe Schüler nun einmal veranstaltete. Wie lebhaft eine solche Fahrt sein konnte, hatte sie bereits auf der Hinfahrt erlebt. Entsprechend graute es ihr schon vor der Heimfahrt, allerdings überwog letztlich doch die Erleichterung, bald wieder Zuhause zu sein, möglichst weit weg von dem Mückenverseuchten See. Gerade als Yu in den Bus steigen wollte, legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Nemuri hielt sie zurück und deutete mit einem Nicken an, dass sie ihr zwei Schritte zur Seite folgen sollte. Etwas widerwillig ließ die Jüngere sich vorerst davon abhalten den Reisebus zu betreten und folgte der UA Lehrerin, ehe die beiden stehen blieben und sie der Dunkelhaarigen einen fragenden Blick zuwarf. „Es fängt jeden Moment an zu gewittern. Wir sollten hier nicht stehen, sondern in den Bus steigen.“ Auch Midnight sah kurz in Richtung Himmel. Als wollte irgendeine höhere Macht Yus Aussage noch einmal unterstreichen, war just in dem Moment das erste Donnergrollen zu hören. „Stimmt, wir sollten hier nicht mehr all zu lange herumstehen.“, räumte die Ältere ein. „Allerdings habe ich in der Stadt noch zu tun, wenn wir wieder zurück sind und habe mir deshalb ein Taxi bestellt.“ Fragend legte die Blondine den Kopf schief. „Du fährst also nicht mit? Schön und gut, aber was habe ich damit zu tun?“ „Deine Wohnung liegt auf dem Weg. Wenn du willst, kannst du im Taxi mitfahren, statt im überfüllten Reisebus.“, bot Midnight ihrem Gegenüber an. Die Jüngere blinzelte überrascht. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, doch wenn sie die Wahl hatte, in einem ruhigen Taxi mitzufahren, würde sie dies dem überfüllten Reisebus eindeutig vorziehen. Auch wenn natürlich die Gefahr bestand, dass Nemuri und sie sich binnen kürzester Zeit wieder wegen irgendetwas streiten würden. „Von mir aus.“, stimmte die Profiheldin etwas zögerlich zu. „Aber versuch nicht mir am Ende die Rechnung aufzudrücken.“ Während ihres letzten Einsatzes vor ein paar Tagen, hatte sie versehentlich ein Gebäude beschädigt. Ein Vorfall, der nicht zum ersten Mal vorkam und den die Versicherung gar nicht lustig fand. Auf einem Teil des Schadens war Mt. Lady daher wieder einmal sitzen geblieben, was ihrem Kontostand nicht unbedingt gutgetan hatte. „Da will ich einmal nett sein und schon kann ich mir so eine Unterstellung anhören.“, murrte Nemuri und warf ihrem Gegenüber einen genervten Blick zu. Die Blondine funkelte zurück und erwiderte: “Bei dir weiß man ja nie.“ Bevor wieder einmal ein Wort das andere geben und sich ein Streit anbahnen konnte, streckte Aizawa den Kopf aus dem Reisebus und blickte in Richtung der beiden Frauen. Der Lehrer machte einen vollkommen genervten und übermüdeten Eindruck, was man ihm in Anbetracht der Tatsache, dass er zwei Tage lang den UA Schülern kaum hatte aus dem Weg gehen können, nicht verübeln konnte. „Was ist jetzt mit euch? Der Busfahrer will losfahren!“, rief er den beiden zu. Nemuri wandte sich dem anderen Lehrer zu und winkte ab. „Fahrt ruhig ohne uns los, wir fahren mit dem Taxi zurück in die Stadt.“ Die Aussage brachte ihr einen irritierten Blick ein, doch schließlich zuckte ihr Kollege lediglich mit den Schultern, murrte ein 'Na wenn du meinst.' und verschwand wieder im Bus. Der Reisebus setzte sich in Bewegung und zurück blieben die beiden Heldinnen. Ein Blitz zuckte am Himmel entlang, erhellte einen Moment die Umgebung und wich schließlich dem darauffolgenden Donnergrollen. „Der Donner folgte dem Blitz praktisch sofort. Wir haben die Schlüssel zur Unterkunft schon abgegeben. Ich hoffe, dass wir bereits im Taxi sitzen, wenn das Gewitter gleich richtig losgeht. Hier ist kein Baum und kein Strauch, unter dem man sich unterstellen könnte.“ Zwar hatte auch Nemuri kein Interesse daran, während eines Gewitters am Seeufer zu stehen, doch die offenkundige Skepsis der Jüngeren ließ sie schmunzeln :“Sag mir nicht, dass du Angst vor Gewittern hast.“, neckte sie sie. Yu zog ein Gesicht. „Nein, natürlich nicht! Trotzdem hätte ich jetzt lieber ein Dach über dem Kopf.“ Ein Dach über dem Kopf und einen starken Kaffee, fügte sie in Gedanken hinzu. Schade, dass der kleine Kiosk bereits vor einer Stunde geschlossen hatte und die Kaffeequelle damit erst einmal versiegt war. Als das erwartete Taxi den Parkplatz am Seeufer erreichte, staunten die beiden Frauen nicht schlecht. Zwar hatten sie Glück und konnten in den Wagen steigen, bevor das Gewitter über sie hereinbrach, doch damit, dass sie von einem selbstfahrenden Taxi abgeholt werden würden, hatten sie nicht gerechnet. „Fehlt da nicht etwas? Oder besser gesagt jemand. Der Fahrer zum Beispiel?“ Yu betrachtete das Taxi für einen Moment lang skeptisch, ehe sie auf der Rückbank Platz nahm. „Das nennt man dann wohl neuste Technik. Ich bin zwar auch noch nie in einem selbstfahrenden Auto mitgefahren, aber das Taxiunternehmen wird uns wohl kaum ein Taxi schicken, dass uns geradewegs im See versenkt.“ „Ich hoffe du hast Recht.“ Bis es ihnen gelungen war, der im Wagen eingebauten App begreiflich zu machen, welche Adresse das Taxi ansteuern sollte, vergingen noch einmal drei Minuten, doch schließlich setzte das Fahrzeug sich endlich in Bewegung. Inzwischen klatschten erste dicke Regentropfen an die Fensterscheiben. Gerade zu Beginn war es ein höchst merkwürdiges Gefühl, dass das Fahrzeug ganz von allein fuhr und beschleunigte und das Lenkrad sich wie von Geisterhand drehte, doch nachdem der Wagen bereits einige Minuten lang sicher die Straße entlanggefahren war und Kurs auf die Stadt nahm, begannen die beiden Frauen der Technik langsam mehr zuzutrauen und sich ein wenig zu entspannen. Während das Taxi durch den Regen fuhr, herrschte im Inneren des Wagens eine komfortable Stille. Die Blondine blickte aus dem Fenster, betrachtete das Gewitter und die vorbeiziehende Landschaft und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Das fahrerlose Taxi fuhr ruhig und sicher. Die späte Stunde und das Prasseln des Regens auf dem Autodach sorgten dafür, dass ihre Augenlider schwer wurden, doch wusste die Profiheldin ganz genau, dass ein bisschen Müdigkeit allein nicht reichen würde, um sie wirklich einschlafen zu lassen, mal ganz abgesehen davon, dass sie die Taxifahrt über nicht vor hatte die Augen zu schließen. „Seit wann hast du diese Schlafstörungen?“, durchbrach Midnight die Stille. Die Blondine wandte sich nun der anderen Frau zu und musterte diese einen Moment lang schweigend. „Wer hat denn behauptet, dass ich Schlafstörungen hätte?“, wollte sie schließlich wissen. „Komm schon, jetzt versuch nicht mir zu erzählen, das wäre normal.“ „Ich weiß nicht was du meinst.“ Die Jüngere wandte den Blick ab. „Oh doch, das weißt du ganz genau. Deine ständige Müdigkeit, die Unmengen an Kaffee und Koffeintabletten, die du dir tagsüber gönnst und dann noch die Tatsache, dass eine einzelne Schlaftablette bei dir überhaupt keine Wirkung mehr erzielt. Das ist doch nicht mehr normal. Den Tablettenvorrat in deinem Badezimmer mit eingeschlossen.“ Die Dunkelhaarige blickte die jüngere Heldin mit schwer zu deutender Mimik an. Dass sie sich mit keiner ausweichenden Antwort würde abspeisen lassen, war deutlich. Yu schwieg einen Moment. Langsam aber sicher ging ihr auf, dass Midnight sie nicht einfach so zu dieser Taxifahrt überredet hatte, sondern weil sie sie zur Rede stellen wollte und sie der Dunkelhaarigen hier im Auto schlecht ausweichen konnte. Diese...! „Das geht seit fast sechs Monaten so.“, räumte die Blondine schließlich ein. „Aber ich komme damit klar.“ Nun war es an der UA Lehrerin überrascht zu blinzeln. „Was, schon so lange? Warst du damit mal beim Arzt?“ Die Kleinere sah sie an und lachte zynisch auf. „Als wenn ein Arzt dagegen etwas unternehmen könnte.“ „Und was macht dich da so sicher?“ Während die blauen Augen der Dunkelhaarigen ihr Gegenüber durchdringend musterten, zog die Jüngere es vor wieder aus dem Fenster zu sehen. „Weil das keine normalen Schlafstörungen sind.“, rückte sie schließlich zögerlich mit der Wahrheit heraus. „Ich habe vor ungefähr sechs Monaten einen Schurken in der City geschnappt und an die Polizei übergeben. Der Einsatz an sich verlief problemlos, aber kurz bevor ich den alten Knacker an die Beamten übergeben konnte, hat er seine Quirk aktiviert und eine Art blauen Nebel verbreitet, den ich dummerweise eingeatmet habe. Er sagte noch, dass ich dieses Mal zwar gewonnen hätte, er letztlich allerdings am längeren Hebel sitzen würde. Dann haben die Beamten ihn abgeführt.“ Yu suchte nach einer bequemeren Sitzposition und fuhr schließlich mit ihrem Bericht fort. „Weil im ersten Moment rein gar nichts passiert ist, habe ich mir nichts dabei gedacht und erst nicht verstanden, was der Typ mit seinen Worten gemeint haben könnte, doch als ich mehrere Tage am Stück nicht schlafen konnte und erst Schlaftabletten halfen, wurde mir langsam klar, was der Typ gemeint haben musste.“ „Die Wirkung ist also erst verzögert eingetreten.“, schlussfolgerte Nemuri. „Und anfangs hat eine Schlaftablette gereicht? Gestern hast du zwei Tabletten schlucken müssen, um schlafen zu können.“ Yu zuckte mit den Schultern. „Mein Körper scheint sich inzwischen daran gewöhnt zu haben.“ Der Blick der Älteren richtete sich nun intensiver auf sie. „Dann hast du das Ausmaß deines Problems noch nicht erfasst.“, sagte sie schließlich. „Erst reichte eine Schlaftablette nicht mehr, bald kommst du mit zwei Tabletten nicht mehr aus und so weiter. End vom Lied ist eine Überdosis.“ Die blonde Heldin starrte die UA Lehrerin mit offenem Mund an, für den Moment sprachlos. So hatte sie die Sache noch gar nicht betrachtet. Legte man die Worte des Schurken so aus, dass es auf eine Überdosis hinauslief, ergab die Aussage, dass er letztlich am längeren Hebel sitzen würde, durchaus Sinn. „Und was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?“, wollte sie schließlich ungewohnt kleinlaut wissen. „Ohne Schlaftabletten kriege ich kein Auge zu, aber der Mensch braucht Schlaf.“ Mit erhobenem Finger tadelte die Dunkelhaarige die Jüngere gespielt, ehe sie zu einer Antwort ansetzte. „Es ist bloß ein Gedanke, von dem ich nicht weiß, ob er funktioniert, aber einen Versuch wäre es wert. Du hättest dir schon viel früher Hilfe von der Person holen sollen, deren Quirk so etwas wie den entgegengesetzten Effekt von den Fähigkeiten dieses Schurken hat. Vielleicht lässt sich der Effekt auf die Art durchbrechen.“ Die Blondine blinzelte. „Die gegenteilige Quirk?“, wiederholte sie. Anstelle einer Antwort, griff Midnight nach dem Gurt der Jüngeren, mit welchem diese sich für die Autofahrt angeschnallt hatte. Sie löste die Gurtschnalle und zog Yu mit einem Ruck zu sich herüber. „Wa- hey!!“, beschwerte die Blondine sich überrumpelt, hatte sie doch nicht damit gerechnet, plötzlich über die Rückbank einen Platz weiter gezogen zu werden, sodass sie mit der Seite nun an der anderen Heldin lehnte. Diese legte ihr einen Arm um die schmalen Schultern, um zu verhindern, dass die Blondine wieder Abstand suchte. Schließlich riss Midnight ein Loch in den Ärmel ihres Heldenkostüms, etwa auf Höhe ihres Handgelenks, ehe sie ihre Hand über Yus Mund und Nase legte. „Und jetzt tief einatmen.“, verfügte sie, von ihren Fähigkeiten Gebrauch machend. Da das Taxi selbständig fuhr, bestand nicht die Gefahr den Taxifahrer gleich mit auszuschalten und einen Unfall zu verursachen. „Hmpf...!“ Die Jüngere zappelte im ersten Moment und versuchte die Hand der Lehrerin von ihrem Gesicht zu entfernen, doch ewig konnte sie nicht die Luft anhalten und schon hatte sie etwas von der blassrosanen Wolke eingeatmet. Midnight betrachtete die andere Heldin derweil fast wie ein Versuchsobjekt, während sie ihr weiterhin eine Hand auf Mund und Nase drückte. Ob das überhaupt funktionierte? Ihre Quirk wirkte bei Männern deutlich besser als bei Frauen und hinzu kam, dass selbst Schlaftabletten Yu so schnell nicht mehr aus der Bahn warfen. Um so überraschter war sie, dass die Gegenwehr der Blondine fast sofort erstarb und ihr binnen Sekunden die Augen zufielen. Das...hatte dann doch besser funktioniert als ursprünglich gedacht. Die Heldin war bereits nach nur wenigen Atemzügen eingeschlafen und sackte gegen die Schulter der Älteren, welche ihre Hand nun wieder vom Gesicht der Blondine entfernte. Die Schlafstörungen der Jüngeren waren eine wirklich unschöne Sache und sollte sie recht behalten, konnte der Tablettenkonsum noch ein höchst ungutes Ende nehmen. Zwar schafften die beiden Heldinnen es ständig sich über Kleinigkeiten zu streiten, dennoch war Nemuri klar, dass sie der Blondine helfen würde. Den ersten Schritt hatte sie gerade bereits getan. Ihr Blick wanderte zu Yu, welche fast sofort eingeschlafen war, nachdem sie den blassrosanen Nebel eingeatmet hatte. Das ihre Quirk bei einer anderen Frau so gut funktionierte, noch dazu, wenn diese mehr Koffein als Blut in den Venen haben musste, wunderte sie wirklich. Doch den Gedanken schob sie recht schnell bei Seite. Die Blondine drehte im Schlaf leicht den Kopf, was dazu führte, dass eins der hornähnlichen Enden ihrer Maske, den Augen der Älteren beunruhigend nahe kam. Midnight beschloss diesbezüglich besser kein Risiko einzugehen, wollte sie ihre Augen doch ganz gerne noch ein Weilchen behalten. Sie griff nach der Maske der schlafenden Blondine und entfernte diese aus deren Gesicht. Die Dominomaske legte sie neben die Jüngere auf die Rückbank , ehe sie die andere Frau musterte und stutzte. Die Profiheldin schlafen zu sehen war ein recht ungewohnter Anblick, erst recht, wenn diese sich unbewusst an ihre Seite gekuschelt hatte. Ruhig und regelmäßig ging der Atem der Anderen, während ihr Körper eine angenehme Wärme ausstrahlte. Die UA Lehrerin schluckte. Die Blondine konnte so eine Zicke sein, doch gleichzeitig gelang es ihr auch im Schlaf so unglaublich niedlich auszusehen, dass es der Dunkelhaarigen im ersten Moment nicht mehr gelang noch einen klaren Gedanken zu fassen. Vorsichtig, um die Jüngere nicht zu wecken, strich sie ihr mit einer Hand übers Haar, ehe sie ihr einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht sortierte. Yu schien sich daran nicht zu stören, wachte sie doch nicht auf, sondern kuschelte sich im Schlaf nur noch etwas gemütlicher an die Ältere. Erneut musste die Dunkelhaarige schlucken und jetzt ganz eindeutig gegen die aufkommenden, alles andere als jugendfreien Gedanken ankämpfen. Nemuri lehnte letztlich ihr Kinn auf den blonden Schopf der Anderen und zog diese noch etwas näher zu sich, damit beide es während der restlichen Taxifahrt bequem hatten. Einerseits hatte dieser plötzliche Zuckerschock, welcher recht schnell durch einige nicht unbedingt jugendfreie Gedanken abgelöst worden war, sie ziemlich aus der Bahn geworfen, anderseits auch wieder nicht, war es doch nicht das erste mal, dass sie in ähnliche Tagträume im Bezug auf die jüngere Heldin abdriftete, auch wenn die Blondine es meistens schaffte, sie mit ihrer Art binnen Sekunden zur Weißglut zu treiben. Mit dem Daumen streichelte sie der Blondine über die Wange, während sie die Nähe der Kleineren genoss, doch ansonsten hatte sie sich unter Kontrolle. Die andere Heldin schlief immerhin und auch wenn eine leise Stimme in ihrem Kopf ihr anderes zuflüsterte, würde sie einen Teufel tun dies auszunutzen! Während das Taxi auch ohne Fahrer unfallfrei durch die Stadt manövrierte, versuche Midnight ihre Gedanken zu ordnen. Anstatt sich Tagträumereien hinzugeben, sollte sie sich viel mehr den Kopf darüber zerbrechen, was sie tun konnten, sollte ihre Quirk nicht dauerhaft helfen und sollten die Schlafstörungen der Jüngeren sich folglich nicht bessern. Inzwischen war das Gewitter vorbei, lediglich leichter Regen fiel nach wie vor vom Nachthimmel und prasselte leise auf Dach und Fenster des Taxis herab. Schließlich kamen bekanntere Straßen in Sicht, ehe das selbstfahrende Fahrzeug mit erstaunlicher Geschicklichkeit in eine Parklücke manövrierte. Sie hatten das Haus der jüngeren Heldin erreicht. Midnights Blick fiel auf die schlafende Yu in ihren Armen. Sollte sie sie jetzt wirklich wecken? Doch über diese Frage musste sie sich nicht mehr den Kopf zerbrechen, denn nach der etwa halbstündigen Taxifahrt, schlug die Blondine von ganz allein wieder die Augen auf. Noch müde und ganz eindeutig neben der Spur, gähnte die Profihelden und kuschelte sich sogleich wieder an ihr bequemes Kissen. Beinahe hätte sie die Augen wieder geschlossen, als ihr plötzlich auffiel, dass sie sich immer noch in dem Taxi befand. Von jetzt auf gleich hellwach riss Yu die Augen auf und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Wenn sie aus dem Fenster des Taxis blickte, konnte sie ganz eindeutig ihr Haus sehen. Waren sie also schon da? Und dann war da noch die Tatsache, dass ihre aktuelle Position mehr als gemütlich war... Erst langsam sickerte die Erkenntnis, dass sie sich an eine andere Person geschmiegt hatte, zu ihr durch. Und da in diesem Taxi nicht all zu viele Personen zur Auswahl standen, musste sie sich nicht lange fragen, wen sie da als Kissen umfunktioniert hatte. „Gut geschlafen?“, neckte die UA Lehrerin sie und nahm die Arme bei Seite, sodass die Blondine sich wieder aufsetzen und auf Abstand gehen konnte, was diese sogleich tat. Ein wenig bedauerte Nemuri dies. „W-was zum?! Sag mir nicht ich bin eingeschlafen?“ Yu blinzelte der Anderen entgegen. Sie stolperte dabei eher nicht über die Tatsache, dass sie eingeschlafen war, sondern viel mehr darüber, dass sie sich die ganze Fahrt über an die ältere Heldin geschmiegt haben musste. Schlagartig fühlten sich die blassen Wangen der Heldin heiß an und sie beeilte sich ihre Maske wieder aufzusetzen, welche sie auf der Rückbank neben sich liegend vorgefunden hatte. Zwar verdeckte die Maske ihre Augenpartie nur unzureichend, doch aktuell war die Blondine um jeden Millimeter Haut froh, der verdeckt wurde und die Röte auf ihren Wangen verbarg. „Doch, das bist du wohl.“, amüsierte Nemuri sich derweil. „Du hast die ganze Fahrt über so friedlich wie ein Murmeltier geschlafen.“ Als Yu sie nur anstarrte und versuchte eine passende Antwort zu finden, was gar nicht so leicht war, da sich nach dieser Erkenntnis einfach kein klarer Gedanke einstellen wollte, wurde das Schmunzeln auf den Lippen der Dunkelhaarigen breiter. „Es wundert mich wirklich, dass meine Fähigkeiten dich so leicht ausgeschaltet haben. Eigentlich wirkt meine Quirk bei anderen Frauen nicht so gut.“ Immer noch verlegen, blickte die Blondine zur Seite. „Ich war eben todmüde. Was erwartest du da auch anderes?“ „Wie viel Kaffee und Koffeintabletten hast du heute noch gleich vernichtet?“, erinnerte Midnight die andere Heldin. Diese murrte als Antwort nur etwas unverständliches. „Es ist am leichtesten die Personen einschlafen zu lassen, die sich in irgendeiner Art und Weise von mir angezogen fühlen.“ Das Grinsen wurde breiter. „Bedeutet das am Ende also...?“, zog Nemuri die Jüngere breit grinsend auf und konnte beobachten, wie deren Gesichtsfarbe von rot zu neonrot wechselte. Ihre Frage konnte die UA Lehrerin nicht mehr ganz ausformulieren, da die Profiheldin ihr gegen den Oberarm boxte. „Sei bloß still!“, blaffte Yu peinlich berührt. „Alte Schachtel...“, nuschelte sie in den nicht vorhandenen Bart hinein, was Nemuri ihr zur Abwechslung einmal nicht verübelte, denn die Verlegenheit im Gesicht der Jüngeren war einfach göttlich. „Sag mir lieber, ob es funktioniert hat und deine Quirk die Quirk von diesem verdammten Schurken neutralisieren konnte.“ Die Dunkelhaarige blinzelte. Nun, das war eine durchaus berechtigte, gleichzeitig aber auch ziemlich gute Frage. „Woher soll ich das wissen?“, antwortete sie Yu daher ehrlich. „Ob es funktioniert hat, wird sich wahrscheinlich in den nächsten Tagen zeigen. Falls nicht, solltest du dich mit deinem Problem allerdings auf jeden Fall an einen Experten wenden.“ „Weil es ja auch so viele Experten auf diesem Gebiet gibt?“, hakte Mt. Lady nach und verdrehte die Augen. Midnight musterte die Blondine einen Moment lang. „Aktuell siehst du nach deinem Power-Napping zumindest erholter aus als heute Morgen.“, befand sie schließlich. „Ach ja, findest du?“ »Sie haben Ihr Ziel erreicht!«, machte derweil die App des Taxis nachdrücklich auf sich aufmerksam, da der Wagen inzwischen bereits seit mehreren Minuten in der Parkbucht stand. Yus Blick fiel auf die Preisuhr des Taxis, welche munter weiter lief. Ach du Schreck! „Das Taxiunternehmen rechnet scheinbar auch fürs Herumstehen ab. Du solltest weiter, wenn du nicht willst, dass die App noch dein ganzes Monatsgehalt frisst.“ Rasch langte sie nach dem Griff der Autotür und öffnete diese, als gerade kein Auto an ihnen vorbei fuhr. Da die Blondine auf der Straßenseite ausgestiegen war, lief sie nun einmal um das Taxi herum, um zum Bürgersteig zu gelangen. Ihr Blick fiel noch einmal zum Fenster des Autos. Die andere Heldin winkte ihr zu und trug immer noch dieses schwer zu deutende Grinsen auf den Lippen. Eigentlich war es ein Wunder, dass sie sich innerhalb der letzten paar Minuten nicht wieder angezickt hatten. Die Jüngere hob kurz die Hand zum Abschiedsgruß, ehe sie sich auf den Weg zu ihrem Haus machen wollte, doch etwas ließ sie inne halten. Kurz zögerte sie, dann trat sie doch noch einmal an das Taxi heran, griff nach der Tür und öffnete diese. Nemuri blickte ihr fragend entgegen. „Hast du was vergessen?“, wollte sie wissen. Die Blondine gab dem plötzlichen Impuls nach, bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte. Rasch beugte sie sich herunter und verschwand mit dem Oberkörper noch einmal im Taxi. Die Ältere blickte sie überrascht an, doch da hatte die Profiheldin den letzten Abstand zwischen ihnen auch schon überwunden und der Lehrerin geradewegs einen Kuss auf die Lippen gedrückt. Für einen Moment verharrte Yu in dieser Position und genoss das Gefühl der warmen Lippen der Älteren auf ihren, ehe sie wieder auf Abstand ging und zurück auf den Bürgersteig trat. „Arigatou und gute Nacht!“, verabschiedete sie sich und schloss die Tür des Taxis wieder, ehe Nemuri noch die Gelegenheit dazu bekam zu reagieren. Rasch wandte die Blondine sich zum Gehen und legte die letzten Meter bis zu ihrem Haus zurück. Diesmal war sie es, auf deren Lippen ein abwesendes Lächeln ruhte. Diese Taxifahrt hatte sich gelohnt, in jeder Hinsicht. Nicht nur, dass sie den Effekt dieser elenden Schlafstörungen nun hoffentlich los war, auch der Kuss war es definitiv wert gewesen, erst recht, da die Ältere, nachdem sie die erste Verwirrung überwunden hatte, doch tatsächlich darauf eingegangen war. Glücklicherweise lag der Haustürschlüssel in ihrer Handtasche diesmal ganz oben, sodass Yu den Schlüsselbund recht schnell gefunden hatte, die Tür aufschließen und ihr Haus betreten konnte. Derweil hatte Nemuri es endlich geschafft, der Taxi-App begreiflich zu machen, dass die weitere Fahrt geradewegs in Richtung UA gehen sollte. Eigentlich war die Fahrt zum Haus der Blondine ein Umweg gewesen, doch sie wollte sich nicht beschweren, denn dieser kleine Umweg war sein Geld definitiv wert gewesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)