Road Trip through Hell von Arcturus ================================================================================ Tartarus -------- Die Suche nach einem neuen Knochen gestaltet sich jedoch schwieriger, als Prinz Zagreus es sich ausgemalt hat. In den ersten Kammern des Tartarus begegnen unsere Protagonisten nicht einmal dem Schatten eines Schattens. Zwischen den imposanten Statuen und dem leisen Plätschern des Styx ist es beinahe schon gespenstisch still…   Zagreus stellte die Urne ab, die er angehoben hatte, um sie Kerberos unter die Nasen zu halten. Unter zusammengezogenen Augenbrauen starrte er zu niemand bestimmtem. “Du meinst, es wäre gespenstisch still, wenn du nicht die ganze Zeit reden würdest, alter Mann.” Die Antwort war betretenes … nein, beleidigtes Schweigen. Thanatos folgte Zagreus’ Blick, sah aber, wie erwartet, niemanden. (Also niemanden außer Kerberos, der sich, nun da ihm sein Prinz keine interessanten Dinge mehr hinhielt, auf die Suche nach einer neuen Beschäftigung gemacht hatte. Aktuell war das einer dieser massiven Steintische, der schon von weitem so aussah, als sei vor kurzem etwas darauf gestorben.) “Du könntest dich nützlich machen”, schlug Zagreus der Stimme vor. “Normalerweise hätten sich jetzt schon drei dutzend Schatten auf mich gestürzt, um mir den Garaus zu machen. Du kannst uns doch sicher sagen, warum sie es nicht tun.” So sehr es ihm auch danach verlangt, so kann der unruhige Prinz doch keinen Schatten entdecken. “Es geht hier nicht um mich.” Zagreus stemmte eine Hand in die Hüfte. Mit der anderen richtete er sein Schwert in die Mitte des Raumes. “Du gibst hier doch immer den allwissende Erzähler. Sicher kannst du uns sagen, wo sie sind. Genauso, wie du uns sagen kannst, was Kerberos über sein neues Lager denkt. Oder Than über meinen Chiton.” Thanatos hielt inne. Hatte Zagreus gerade- Ja.  Ja, hatte er. Langsam wandte er sich von den rostigen Ketten ab, die unheilschwanger von der Decke hingen. Genauso langsam musterte er seinen Freund. Die unzähmbaren, schwarzen Locken, den Funken sprühenden Lorbeerkranz und den gottverdammten Chiton. Immerhin hatte Zagreus ihn mittlerweile fest genug gezogen, damit er ihm nicht ständig von der Schulter rutschte. Die unordentlichen Falten betonten trotzdem mehr, als sie verdeckten. Vor allem die dummen Ideen, die mit Sicherheit gerade durch seinen Kopf spukten. Thanatos schnaufte. “Zag.” Zur Antwort zuckte selbiger mit den Schultern. Ein herausforderndes Lächeln spielte in seinen Mundwinkeln. “Ja?” Thanatos wusste nicht, ob Zagreus mit ihm oder mit der Stimme spielte. Genauso wenig, wie er wusste, ob es sinnvoller war, auf das Thema einzugehen oder es im Keim zu ersticken. Zumal er zwar den Faden spürte, der Zagreus an seine Existenz in Raum und Zeit band, nicht aber den der Stimme. Und Zags Faden würde Thanatos nicht durchtrennen. Egal, wie sehr es ihm auch in den Fingern juckte. Und es juckte ihm in den Fingern. Statt zu antworten, presste er die Lippen aufeinander. “Du würdest überrascht sein.” “Ich möchte nicht überrascht werden, Zag.” Ganz im Gegenteil.  Er mochte Routinen. Ereignislos war ihm seine Arbeit am Liebsten. Thanatos brauchte keine Sterblichen, die ihn mit irgendwelchen Sonderwünschen behelligten. Er brauchte auch keine Schatten, die es taten. Oder Götter. Es gefiel ihm, das Zag, trotz all des Chaos, das ihn umgab wie eine zweite Haut, erstaunlich berechenbar war. Egal, was er auch trieb - irgendwann stieg er immer aus dem Bassin im Haus des hades. Ihr Ausflug in den Tartarus war ihm bereits anders genug. Die Stimme schwieg für einen weiteren, unangenehm langen Moment, in dem sich Thanatos nicht sicher war, ob er gerade rot oder blass wurde. Schließlich schluckte die Stimme hörbar. Just in dem Augenblick, als der Prinz der Unterwelt seine Suche unterbricht, erklingt das erste Zeichen von Leben - so man es in den Tiefen der Unterwelt so nennen kann - in Form eines einsamen Platschens am anderen Ende der Kammer. Wie um diese Worte zu unterstreichen, platschte es tatsächlich. Irgendwo hinter Zagreus, zwischen Kerberos und einem Haufen Urnen. Beinahe simultan drehten sich vier Köpfe dem Geräusch zu. Der fünfte steckte bis zur Nasenwurzel in einer Urne.  Kerberos war der erste von ihnen, der reagierte. Mit zwei großen Sätzen war er bei dem Loch und steckte seine zwei freien Köpfe tief genug hinein, um es beinahe komplett auszufüllen. Den Dritten schüttelte er, bis sich die Urne löste.  Thanatos duckte sich reflexartig. Hinter ihm schepperte es. Skeptisch warf er einen Blick zu dem frischen Scherbenhaufen. Ein paar Bruchstücke steckten noch in der Wand. Im Gegensatz zu ihm hatte Zagreus vermutlich nicht einmal geblinzelt. Thanatos hörte, wie er Kerberos mit einem Spurt nachsetzte. “Alles in Ordnung, Than?” “Ich-” Er schüttelte den Kopf. Dieser Hund. “Ja, alles in Ordnung.” “Okay.” Nachdem er sich versichert hatte, dass keine weiteren Töpferwaren wie Zags Schild durch die Gegend flogen, folgte er seinen Begleitern. Der Wächter der Unterwelt hatte immer noch zwei von drei Köpfen im Loch und schnüffelte hörbar über die Wasseroberfläche des Styx. Zagreus hockte daneben und rang offenbar mit der roten Mähne um die verbleibende Sicht. “Denkst du, das war ein Fisch?”, hörte er Zagreus fragen, als er sie erreichte. Zur Antwort drängelte sich Kerberos’ mittlerer Kopf an den anderen beiden vorbei und verschwand mit einem Platschen im Styx. “Wenn es einer war, dann ist er jetzt weg.” Zagreus seufzte zustimmend. “Wobei ich schon davor”, er deutete mit den Händen auf Kerberos’ Kopf und die Luftbläschen, die neben ihm an die Oberfläche stiegen, “kein Blubbern gesehen habe.” “Du konntest neben dem ganzen Fell etwas sehen?” Sein Freund öffnete den Mund, antwortete dann aber doch nicht.  Behutsam stupste Kerberos’ linker Kopf ihn an und fiepte leise. “Ja, ich weiß”, antworte Zagreus ihm und hob die Hand, um gedankenverloren durch das dichte Fell seines Begleiters zu streichen. “Ich versteh es auch nicht nicht. Sicher. Dass sich die Fische vor mir verstecken, ist nichts neues. Die hat Vater höchstens auf seinem Teller, aber nicht unter seiner Fuchtel. Aber seine Schatten?” Thanatos nickte bedächtig.  Die Schatten verhielten sich tatsächlich anders als üblich. Aber ihr Ausflug war auch anders als üblich. “Ich kenne die Einzelheiten ihrer Aufträge nicht, aber es ist möglich, dass wir sie nicht erfüllen”, sagte er schließlich. “Du fliehst heute nicht.” “Und deswegen lassen sie sich die Chance entgehen, mit Zaubern nach mir zu werfen, mich in Ketten zu legen und mir den Garaus zu machen?”, fragte Zagreus und legte den Kopf schief. Das nahm Kerberos zum Anlass, ihm mit dem verbleibenden Kopf übers Haar zu lecken. Zag zuckte nicht einmal, er seufzte nur betont wehleidig. “Normalerweise bist du es, der ihnen den Garaus macht, Zag.” “Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass sie das kümmert.” Thanatos zuckte mit den Achseln.  Vermutlich mussten sie bis zu Zags nächsten Ausbruchsversuch warten, um seine These zu prüfen. Nicht, dass er Zag diesen Vorschlag jetzt unterbreiten würde. Seine Pause war die einzige Zeit, die keine von Hades’ Vorschriften unterworfen war, und ihm war daran gelegen, dass es so blieb. “Ich frage mich, warum wir ihm nicht einfach einen Knochen aus diesem Glas im Salon beschafft haben.” “Weil die kitschiges Dekor sind, das meinen Vater um den Verstand bringt.” Als Antwort zog Thanatos die Augenbrauen zusammen, doch das veranlasste Zag nur dazu, noch breiter zu grinsen, als ohnehin schon. “Außerdem zappeln die nicht.” Während Thanatos noch überlegte, ob er dazu etwas sagen wollte (er tendierte zu nein), tauchte Kerberos’ mittlerer Kopf wieder auf. In einer fließenden Bewegung spuckte er Zagreus ein paar Edelsteine in den Schoß. Anschließend schüttelte er sich. Blutiges Wasser spritzte überall hin. Auf die Steinkacheln, auf Zagreus und in sein Gesicht. Langsam ließ Thanatos seinen Blick über seinen Freund wandern. Über die glänzenden Edelsteine, über die Flecken auf seinem Chiton und seine unter dem Styxwasser schimmernde Brust, bis ihre Blicke sich trafen. Zag prustete. Thanatos prustete nicht. Schweigend hob er den Arm und wischte sich mit der freien Hand übers Gesicht. “Du weißt, dass ich das für dich machen könnte?”, schlug Zag vor. Als wolle er seine Worte unterstreichen, fuhr er sich durchs Haar. Es hätte verführerisch aussehen können, hätte er dabei nicht ausgesehen, als hätte er höchstpersönlich im Styx gebadet.  Thanatos wurde das Gefühl nicht los, dass er das Wasser nur von links nach rechts wischte. Das seine Kapuze und sein Chiton an ihm hingen, wie eine zweite Haut, machte es nicht besser. “Du weißt, dass du deine Belohnung einpacken könntest?” Sein Freund seufzte schwer. Das “Spielverderber”, das darin mitschwang, konnte Thanatos förmlich hören. Immerhin machte er sich aber daran, gehorsam die Edelsteine aus seinem Schoß zu fischen. “Warum habe ich das Gefühl, dass du nachher eine Rückenmassage brauchst?” Weil vermutlich nicht nur Thanatos das angespannte Knacken in seinen Schultern hören konnte - auch wenn er das sicher nicht ansprechen würde. “Lass uns gehen.” Er wartete nicht darauf, dass Zagreus ihm folgte, sondern glitt demonstrativ zur nächsten Tür. Hinter ihm seufzte Zagreus theatralisch. “Denkst du, ich kann einen Krug mit Massageöl beim Baumeister ordern?” “Ich dachte, der habe nur kitschiges Dekor, das deinen Vater um den Verstand bringt?” “Das auch.” Er konnte Zagreus nahezu grinsen hören. Genauso, wie er hören konnte, wie er stockte, eilig die Edelsteine in seinen Chiton stopfte und sich aufrappelte. “Hey! Warte auf mich!”     *     Die nächste Kammer war so still, wie all die anderen davor. Keine Schatten, keine Fische, keine weiteren Flirtversuche, die Thanatos endgültig davon überzeugen konnten, einfach umzudrehen.  Für eine Weile schwiegen sie beide. Es war angenehm, mit Zagreus durch die Kammern zu streifen und Kerberos dabei zu beobachteten, wie er durch sorgsam aufgestellte Urnen trabte und seine Nase in jedes Styxloch steckte, in dem sich auch nur rein theoretisch ein Schatten hätte verstecken können. Es wäre noch angenehmer gewesen, wäre da nicht diese dumpfe Gewissheit, beobachtet zu werden, die in seinem Nacken kribbelte. “Wer ist das eigentlich?”, fragte er irgendwann. “Diese … Stimme?” “Eh?” Zagreus sah ihn verdattert an. “Oh, du meinst den Alten?” Zur Antwort nickte Thanatos knapp. “Du scheinst ihn zu kennen?” Statt seine Vermutung zu bestätigen, spähte Zagreus erst die Kammer hinab und warf dann einen Blick hinter sich. Die Bewegung betonte die Muskeln in seinen Schultern und Thanatos kam nicht umhin, sich zu fragen, ob das Absicht war. “Bedaure.” Er zuckte mit den Achseln. “Hat sich mir noch nie gezeigt. Eigentlich kenne ich noch nicht einmal seinen Namen.” Thanatos öffnete den Mund, hielt dann aber doch inne. Die Entgeisterung, die ihm im Rachen saß wie ein Kloß, fand keine Worte. Er schüttelte den Kopf. Auch das half nur bedingt. Hatte er das wirklich gerade gesagt? Ja. Ja, hatte er. Zag. “Ignorier ihn einfach.” Die Entgeisterung schmeckte sauer. “Willst du mir wirklich sagen, dass du eine Stimme kennst, der du vorschlägst, meine Gedanken zu lesen, obwohl du keine Ahnung hast, zu wem sie gehört?” “Ähm … Ja?” Zumindest hatte er den Anstand, sich verlegen am Hinterkopf zu kratzen und dabei betreten dreinzuschauen. “Es ist einfach das, was er tut. Er wusste von Mutter.” Thanatos rieb sich die Schläfen. “Zagreus.” Zagreus schrumpfte in sich zusammen. “Ich weiß”, gestand er schließlich. “Es ist nicht so, als hätte ich mir diese Frage nicht auch schon gestellt. Selbst ich stelle mir Fragen, wenn plötzlich eine Stimme aus dem Nichts auftaucht, meine Ausbruchsversuche kommentiert wie den neuesten Epos und zu allem eine Meinung hat.” Thanatos schnaubte, doch Zagreus zuckte nur mit den Achseln. “Alles, was ich sagen will, ist … ohne diesen Besserwisser wäre ich nicht so weit gekommen, wie ich es bin. Wenn er es gewollt hätte, hätte er mehr als genug Gelegenheiten gehabt, um mich in Schwierigkeiten zu bringen. Und normalerweise hält er sich aus allem heraus, was in meiner Kammer passiert.” “Tsk.” “Vielleicht sollten wir unser nächstes Treffen wieder in meine Kammer verlegen.” “Bitte.” Kerberos, der ihre Diskussion bislang zugunsten einer besonders interessanten (und jetzt besonders nassen) Feuerschale ignoriert hatte, stupste ihn mit einer seiner Nasen gegen die Schulter. Irritiert drehte er sich zu dem Wächter der Unterwelt. Sie tauschten einen langen Blick, während dem Thanatos die Augenbrauen immer weiter zusammenkniff und Kerberos seine rote Mähne auf eine passiv-aggressive Art plusterte, wie es nur ein dreiköpfiger Hund konnte. Im Gegensatz zu Zagreus wusste sein pelziger Liebling nicht, wann er aufzugeben hatte. Seufzend hob Thanatos die freie Hand, um ihm übers Fell zu streichen. Während Kerberos zufrieden hechelte, warf Thanatos seinem Freund einen finsteren Blick zu. Zagreus ignorierte ihn prinzlich. Er grinste ebenso prinzlich. Wenigstens verkniff er sich das Kichern. Thanatos wusste, wann er auf verlorenem Posten stand und sparte sich jeglichen Kommentar. Stattdessen griff er ihr eigentliches Thema wieder auf: “Und du weißt wirklich nicht, zu wem diese Stimme gehört?” Zagreus schüttelte den Kopf. “Ich habe versucht, es herauszufinden”, antwortete er. “Zuerst habe ich geglaubt, es sei irgendein Gott. Kalliope würde nicht passen, aber Apollo schon. Er gehört zu den Olympischen Göttern und er ist der Gott der Weissagung, der Dichtung und-” Sein Freund zuckte mit den Achseln, ohne den Satz zu beenden. Thanatos kannte die Antwort auch so: allem, was nicht bei drei auf einem Baum war. Ja. Er kannte Apollo. Gut genug, um zu wissen, dass es erklären würde, warum sich die Stimme ausgerechnet bei Zagreus’ Flirtversuch auf dem Ruhesessel eingeschaltet hatte. Es war einfach sein … Ding. Eines seiner Dinger, jedenfalls. “Er ist es trotzdem nicht”, sprach Thanatos aus, was sie vermutlich beide dachten. Zagreus stimmte nickend zu. “Wäre er es, er hätte keinen Grund, die Geschichte nicht brühwarm den anderen Göttern aufzutischen. Vielleicht nicht nach meinem ersten Fluchtversuch, aber …” “... sobald er der Meinung ist, dass die Geschichte einen spannenderen Konflikt braucht, als die schwierige Beziehung zu deinem Vater, ja”, vervollständigte Thanatos seinen Satz. Außerdem standen die Chancen gut, dass Apollo sich selbst als den spannendsten Konflikt erachtete. “Die anderen Musen sind es sicher auch nicht. Wie steht es mit Schatten?” “Das ist mein anderer Verdacht”, sagte Zagreus. “Du erinnerst dich an diese Büste, die ich habe aufstellen lassen?” “Dieser bärtige Alte?” “Bingo. Weißt du, immer, wenn ich sie mir genauer ansehen will, fängt er an zu schmollen. Und der Baumeister hat das Ding als - ähm, wie war das? - ‘Marmorne Darstellung eines bedeutenden Dichters’ ausgeschrieben, oder so. Erinnert sie dich an jemanden?” Thanatos versuchte, sich die Büste in Erinnerung zu rufen, doch mehr als das Abbild eines generischen, alten Mannes erschien nicht vor seinem inneren Auge. Es sah nicht einmal besonders griechisch aus. Sein Blick glitt zu Kerberos, der mittlerweile die Augen geschlossen hatte und sich an seine Hand schmiegte. Nein, der wusste es sicher auch nicht. Schließlich schüttelte Thanatos den Kopf. “Hast du es schon im Arbeitszimmer deines Vaters versucht?” “Im-” Zagreus wurde blass. “Wenn er ein Schatten ist, sollte es Aufzeichnungen über ihn geben.” “Urgh. Than!” Thanatos erlaubte sich ein dünnes Lächeln. “Ja?” “Wie wäre es, wenn wir uns künftig einfach wieder in meinem Gemach treffen?” Er zuckte mit den Achseln. Generell war es ihm lieber, wenn sie sich in Zagreus’ Zimmer trafen und nicht im hellhörigen Westflügel. Vor allem dann, wenn sie vorhatten, die Ruhesessel, die Zag überall aufgestellt hatte, nicht nur als bloßes Dekor zu benutzen. Andererseits wäre es ihm noch lieber, das ohne neugierige Schatten zu tun, die Zags Chiton kommentierten. Oder Thanatos’ Innenleben. “Denkst du wirklich, dass ihn das davon abhält, dein Liebesleben zu kommentieren als hätten wir Publikum?” “Er stört dich wirklich, oder?” “Dich nicht?” “Kommt … auf das Publikum an?”, fragte Zag kleinlaut. Er schluckte. “Und darauf, ob du damit einverstanden bist?” Thanatos atmete durch. Einen Moment lang suchte er nach der Verwunderung über dieses Geständnis, doch da war keine. Natürlich nicht. Sie wussten beide, warum sich Zagreus’ ausgerechnet den Ruhesessel im Westflügel ausgesucht hatte, um sich darauf zu räkeln wie - wie hatte es die Stimme genannt? - die Göttin der Liebe, nur in deutlich mehr Kleidungsschichten gehüllt. Genauso, wie sie um den Grund für all die verstohlenen Berührungen im Salon und heimlichen Küsse am Balkon wussten. Zagreus seufzte. “Hör mal”, begann er, “wenn er es wirklich tun sollte … jetzt wo Mutter zurück ist, habe ich Zeit. Und ich habe Erfahrung damit durch die Unterwelt zu kriechen und Schatten ausfindig zu machen. Sisyphus. Eurydike. Patroklos … Wie schwer kann es sein?” Sie tauschten einen langen Blick. Zagreus lächelte dünn. “Ich denke, ich kann ein paar Stunden für einen Besuch im Arbeitszimmer reservieren.”  Thanatos lächelte zurück. Die Stimme blieb stumm. Thanatos konnte schwören, er hörte sie schlucken.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)