Veireva - Oneshots von Jinee94 ================================================================================ Kapitel 2: Infiziert -------------------- ☾ Freiheit... Das war das Gefühl, welches sie empfand wenn sie oben auf dem Rücken ihres Pferdes saß und die Welt im Galopp an ihr vorbeizog. Es war bereits der Abend angebrochen und auch wenn die Sonne noch genug Kraft hatte um den Himmel zu erhellen, so war der Mond schon blass an diesem zu sehen. Doch Hope dachte nicht daran nach Hause zurückzukehren, wo ihre Eltern auf sie warteten. Oder auch nicht. Ja, vermutlich bekamen sie nicht einmal mit, dass sie wieder einmal zu spät kam. So sehr wie ihr Vater auf die Arbeit konzentriert war, so sehr war ihre Mutter auf sich selbst oder ihre Verbindung fixiert, die sie und Aramir arrangiert hatten. Vermutlich würden sie nach dem Streit heute Mittag schon damit rechnen, dass ihre Tochter sich wohl nicht so schnell blicken ließ. War ja auch kein Wunder. Degan... Von allen Menschen die Veireva bevölkerten hatten ihre Eltern Degan für sie ausgesucht. Dieses Milchgesicht würde sie ja nicht einmal mit der Kneifzange anfassen und dann verlangten ihre Eltern noch von ihr, dass sie ihn heiraten sollte und am besten noch Kinder kriegen. Gott steh ihr bei... Irgendwie musste sie das verhindern. Am besten war es, wenn sie mit ihren Vater sprach, am besten wenn ihre Mutter nicht dabei anwesend war. Aber bei allem was ihr heilig war, sie würde diesen Schaubudenkasper nicht ehelichen! Sie besaß auch noch ein Maß an Würde. Vor allem redete dieser Mann ihr zu viel und meistens war es nichts, womit man etwas anfangen konnte. Sollte sie ihn also am Ende wirklich ehelichen, dann würde sie ihn in eine verdammte Eisstatur verwandeln und ihn nur zu besonderen Anlässen wieder auftauen, denn sonst würde sie vom höchsten Turm springen, den Veireva zu bieten hatte. Gerade wollte Hope den Gedanken weiter spinnen, als ein Geräusch an ihre Ohren drang. Nein, es war mehr als eines... Ihr Kopf ruckte herum und ihre Augen glitten durch das Astwerk und Gebüsch, während ihr Herzschlag sich beschleunigte. Und es dauerte nicht lang, als sie in ein weiteres paar Augen sah. Genau in jenem Moment ertönte ein Wolfsheulen und ein Rudel von Wölfen brach aus dem Wald heraus, bereit ihre Krallen und Zähne in ihr Opfer zu schlagen. Hope reagierte instinktiv, indem sie die Tiere mit ihrer Magie zurück in die Büsche schleuderte, bevor sie ihrem Pferd den Befehl gab zu rennen. Und verdammt, der Gaul ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Kurz warf Hope einen Blick zurück zu jenen Wölfen, die sie weiter verfolgten, nur um sie mit einem weiteren Zauber gegen eine Eiswand laufen zu lassen. „Schneller Brago.“, befahl sie und ergriff die Zügel fester. Doch weit sollten sie nicht kommen. Ein weiterer, riesiger Wolf sprang vor ihnen auf die Straße. Brago bremste ab und bäumte sich auf, während er mit seinen Vorderhufen ausschlug. Hope konnte sich zunächst noch auf dem Pferd halten, bevor ein Wolf ihren Umhang zu fassen bekam und sie aus dem Sattel riss. Und da spürte sie es. Ein Schmerz, ein fürchterliches brennen zog sich von ihrem Oberschenkel durch ihren ganzen Körper, als einer der Wölfe sie erwischte. Sie stieß einen Schrei aus und für einen Moment glaubte Hope, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen, als sie für einen Moment etwas aufblitzen sah und der Wolf, welcher über ihr thronte plötzlich auf ihr zusammenbrach. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, bevor sie eine weitere Gestalt über sich erkannte. Einen Mann mit goldenen Augen und weißem Haar. Zwei weitere Wölfe setzten zum Sprung an und endeten nicht anders als der tote Wolf, der auf ihr lag. Hope schaffte es gerade diesen von sich zu schieben, als eine Hand ihren Oberarm ergriff. „Steh auf.“, knurrte der Fremde und zog sie auf die Beine, was Hope wiederum mit einem Schrei quittierte. Sofort presste die Magierin eine Hand auf ihre Wunde und biss die Zähne zusammen. „Der Geruch von deinem Blut wird sie direkt zu dir locken. Kannst du reiten?“ „Seh ich so aus, als würde ich so reiten können?“, stellte Hope mit zusammengebissenen Zähnen direkt eine Gegenfrage, bevor ein weiteres Wolfsheulen ertönte. Der Mann stieß ein Knurren aus, bevor seine gelben Augen sich auf ihre Wunde legten. Erneut wanderten seine Augen über ihre Erscheinung, bevor sich ein Arm um ihre Taille legte, nur um sie auf den Rücken des Pferdes zu bugsieren. „Könnt.. ihr denn reiten?“, fragte die Rothaarige, als der Fremde hinter ihr aufsaß. „Wird schon nicht so schwer sein.“ ☾ „Wir reiten nicht nach Tolbrook..“, stellte Hope einige Zeit später leise fest. Sie waren den Wölfen mit Glück entkommen und die Magierin hatte sich gegen den Körper des anderen sinken lassen. Inzwischen hatte sich kalter Schweiß auf ihrer Haut gebildet, während ihre Haut gleichzeitig brannte wie Feuer. „Wo bringt ihr mich hin? Ich muss...zu einem Heiler..“, raunte sie. „Ein Heiler wird dir nicht helfen können.“ war das Einzige, was der Fremde sagte, während er weiter das Pferd führte. Hopes Gedanken überschlugen sich, während sie gleichzeitig das Gefühl hatte, überhaupt nicht mehr klar denken zu können. Die Schmerzen die von ihrem Bein ausgingen wurden immer stärker, während ihr Kopf zu explodieren drohte. Und doch brachte sie die richtige Schlussfolgerung ans Tageslicht. „Es war ein...Lychantrop, oder?.“ Ein kurzer Moment der Stille setzte ein, während sie hinauf in den Himmel sah. „Sterbe ich?“ Schweigen folgte und Hope glaubte gar nicht mehr daran, dass der Fremde ihr noch antwortete und doch drang kurz darauf wieder seine Stimme an ihr Ohr. „Vermutlich.“ Hope sah zu dem anderen hinauf. „Wieso habt ihr mich dann gerettet?“, fragte sie leise und gelbe Augen legten sich auf sie. „Weil ´vermutlich´ nicht gleich bedeutet, dass du wirklich abkratzt.“ Er sah wieder vor sich auf die Straße. „Ich bringe dich in mein Versteck“ und dann würde sich zeigen, ob sie stark genug war. ☽ Als sie das Versteck des Mannes erreichten, war Hope kaum noch in der Lage die Augen auf zu halten. Starkes Fieber hatte inzwischen ihren Körper ergriffen. So stark, dass sie nicht einmal mitbekam, wie der andere sie vom Pferd hob, um sie anschließend in sein Versteck zu bringen und ihre Wunde zu versorgen. Tage vergingen. Furchtbare, grauenvolle Tage in denen sie sich nichts anderes gewünscht hatte, als einfach zu sterben. Sie hatte geschrien und gewinselt, den anderen angefleht es einfach zu beenden und doch tat er es nicht. Die ganze Zeit über war er bei ihr geblieben, hatte ihr in den wachen Momenten Nahrung und Trinken eingeflößt und auch neue Lappen und Tücher auf die Stirn und um die Beine gelegt um das Fieber zu senken, welches sie so sehr im Griff behielt. Wenn Hope wach war, dann weinte sie meist stumme Tränen, einfach weil sie nicht mehr konnte. Doch als sie nach 5 Tagen die Augen aufschlug, waren alle Schmerzen fort. Sie fühlte sich wie neugeboren, so als wären die letzten Tage gar nicht geschehen. Und doch sprach so einiges dagegen. Die Wunde an ihrem Oberschenkel bewies es, aber auch der Ort an dem sie sich befand. Ihre Augen scannten die Umgebung, als sie plötzlich in der Bewegung innehielt. Sie hörte Schritte, die sich ihr näherten. Es dauerte länger als erwartet, bis eine Gestalt vor ihre Augen trat. Sofort schlug ein Geruch an ihre Nase, den sie nicht wirklich zuordnen konnte. Wie schlimm musste man eigentlich stinken, wenn sie ihn auf diese Entfernung riechen konnte? Doch die Magierin verbiss sich einen Kommentar und musterte den Mann vor sich, der alles andere verdient hatte als das. Denn er war es... Der Fremde, der sie gerettet hatte. Langsam trat er näher an ihre Bettstatt heran und stellte eine Schale ab, während er sie eindringlich musterte. „Iss..“ war zunächst das einzige, was er sagte. Anschließend ließ der Fremde sich auf einem Hocker nieder und schob sich selbst etwas zwischen die Zähne. Hope zögerte einen Moment, bevor sie die Schale ergriff und einen Blick hineinwarf. „Das riecht als wäre, was auch immer das ist, schon 4x gestorben.“, murmelte sie und verzog angewidert die Miene, während sie mit dem Löffel den Inhalt der Schüssel rauslöffelte, bevor es wieder in die Schale zurückfiel. Doch nicht nur das... Die Essmanieren des Fremden ließen auch zu wünschen übrig. „Jammer nicht... Iss.“, wiederholte er und Hope gehorchte nach einem kurzen zögern. Doch es bedurfte doch einiges an Disziplin, um ihm nicht die Schale an den Kopf zu werfen. Die Geräusche die er beim Essen von sich gab waren einfach ekelhaft. Hope wusste nicht wie, doch es gelang ihr irgendwie die Schale in ihrer Hand zu behalten und dabei warf sie immer wieder einen prüfenden, kurzen Blick zu dem Weißhaar. „Danke..“, murmelte sie schließlich irgendwann und unterbrach damit die Stille. „Dank mir besser noch nicht. Du hast es zwar überlebt, aber ob du es willst oder nicht, du bist nun bis zum Rest deines Lebens verflucht.“ Verflucht? Hope stockte und jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. „Ich bin ein...“ „Ja.“ Sie schluckte. „Und.. was passiert jetzt?“ Der Mann zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Ich denke das weißt du. Scheinst zumindest schon einmal von uns gehört zu haben.“ Moment... was? „Uns?“ Der andere nickte. „Also bist du auch... aber du warst ein...“, stammelte sie und der Weißhaarige sprach sogleich dazwischen. „Mensch?“ ein kurzes Lachen erklang, welches sich in ihren Ohren einfach nur seltsam anhörte. „Niemand von uns ist dazu gezwungen in dieser Form zu wandeln, außer es ist Vollmond oder man hat seine menschliche Seite gänzlich abgelegt.“, klärte er sie auf. „Und nun iss.“ ☽ Als Hope die Schüssel geleert hatte, wagte sie es sich, dass erste Mal seit Tagen zu erheben und den Unterschlupf des anderen zu verlassen. Sie sollte so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren, denn inzwischen sollte ihre Abwesenheit aufgefallen sein. Komischerweise fühlte sie sich nicht schwach auf den Beinen. Ganz im Gegenteil. Sie verspürte sogar einen richtigen Bewegungsdrang, fast so als wollte sich etwas in ihr mal so richtig austoben. Und da war noch etwas. Sie nahm ihre Umgebung völlig anders wahr. Ihre Sinne waren geschärft, allen voran der Geruchs- und Hörsinn und so viele Eindrücke prasselten auf sie ein, an die sie sich erst einmal gewöhnen musste. Es war einerseits erschreckend und auf der anderen Seite faszinierend zugleich. „Komm wieder hierher, bevor Vollmond ist.“, erklang die Stimme des anderen und Hope wandte sich fragend zu ihm um. „Die erste Wandlung ist die schmerzhafteste überhaupt. Noch dazu wirst du den Wolf nicht kontrollieren können. Hier kann ich dafür sorgen, dass du in der Stadt keinen Hühnerstall plünderst oder eine Großmutter frisst.“ Hope zog eine ihrer Augenbrauen in die Höhe. Scherzte er gerade? Allerdings klangen seine Argumentationen äußerst logisch in ihren Ohren und nachdem er all die Tage über sie gewacht hatte, hatte der Fremde sich doch einen kleinen Vertrauenszuschuss verdient. „Von mir aus. Aber verrätst du mir wenigstens noch deinen Namen?“ Ein wölfisches Grinsen legte sich auf seine markanten Züge. „Vermis.“ Hosted by Animexx e.V. 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