Späte Erkenntnis von Turbofreak ((Fortsetzung)) ================================================================================ Kapitel 1: Geständnisse und Rückblicke -------------------------------------- Jetzt gehts endlich auch mit dieser FF weiter. Viel Spaß und bitte viele konstruktive Kommentare. April verließ den Ball. Sie wollte nur noch nach Hause. Das hier war mit Abstand ihr schlimmster Geburtstag, den sie je feierte. Gut, selbiges hatte sie auch schon von dem im vorigen Jahr behauptet, aber da wusste sie ja nicht einmal wo Fireball steckte und warum er einfach gegangen war. April setzte sich in ein Taxi und ließ sich in ihr Appartement zurückfahren. Sie war so sauer. Was dachte sich Fireball dabei? Einfach wieder aufzutauchen und sich dann auch noch so zu benehmen?! Waren bei ihm alle Sicherungen durchgebrannt? Fireball starrte auf den Boden und schlug die Fäuste gegeneinander. Das alles konnte doch nicht wahr sein?! Ohne auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen, drehte er sich auf dem Absatz um und stürmte hinaus. Er brauchte frische Luft. Saber schlich sich einen Schritt näher an Colt: "Kuhhirte! Mir wird das jetzt zu blöd! Wir müssen was unternehmen, sonst können wir unseren gemütlichen Abend vergessen. ...Hast du irgendeine Idee, um diese Situation zu retten?" Saber sah Colt wirklich hilfesuchend an, denn er wusste beim besten Willen nicht, wie er Fireball wieder beruhigen sollte, oder April erklären, dass Fireball sie nicht so anschreien wollte. Colt starrte in die Luft und seufzte: "Gut," er drehte sich zu Robin und Synthia: "Ihr Mädels fahrt zu April ins Appartement und versucht sie zu beruhigen. Saber und ich kümmern uns um den Wildfang." Die vier trennten sich. Colt und Saber suchten die nächstbeste Bar auf dem Ball auf. Und es gab reichlich Bars. Zwar saß Fire wie vermutet an einer Bar, doch dort hatten sie ihn als letztes erwartet: Die VIP-Lounge. Er saß unter den prominentesten Rennfahrern und auch anderen Persönlichkeiten bei seinem zweiten Bier seit Aprils Abgang. Er saß neben Chris, schweigend. Fireball war immer noch sauer, sauer auf sich selbst. Was konnte er April schon vorwerfen? Er war ja Schuld an der Misere! April war zu Recht böse auf ihn. Saber stellte sich neben Fireball uns setzte an: "Fire. Hör zu. Ich weiß, das alles ist etwas dumm gelaufen. Aber-." Fireball drehte sich ruckartig um und unterbrach Saber: "Spar dir deine Predigten, Schwertschwinger. Ich will es nicht hören!" Colt riss Fire vom Stuhl: "Du hörst jetzt zu, Junge. Keiner von uns will dir was Böses! Aber du benimmst dich unverantwortlich! Zuerst haust du ab und dann sagst du April so was! Was ist nur los mit dir?!" Fire sprang freiwillig auf: "Mein Leben ist die letzten fünfzehn Monate nicht gerade leicht gewesen." Colt lachte sarkastisch auf: "Ja! Das seh ich! Ein Leben in Luxus muss schon hart sein!" Wütend wollte Fire zu schreien beginnen: "Mein Leben?! Woher willst du wissen, welche Annehmlichkeiten ich die letzten fünfzehn Monate hatte! ...Ach, vergiss es," murmelte er dann betrübt, als er einsah, dass es nichts nutzte, und drehte sich zu seinem Bier: "Haut einfach in euer kleines gemütliches Leben ab." Nun war Colt richtig sauer. Sein Leben und gemütlich?! Er riss Fireball hoch: "Wenn du wüsstest, was wir alle durchgemacht haben!! Mein Leben war überhaupt nicht gemütlich! April hat gelitten und nächtelang wegen dir geheult! Ich hab mir fünfzehn Monate lang Sorgen um April gemacht. Dich hätte ich am liebsten verflucht, wenn ich nicht hätte fürchten müssen, dass du abgenippelt bist! Also erzähl du mir nichts von Unannehmlichkeiten und Sorgen. ...Verdammt, was hast du dir dabei gedacht?!" Niedergeschlagen ließ sich Fire auf den Stuhl sinken: "Ich habe doch nur einen Befehl befolgt, ihr zwei." Saber starrte den jüngsten an: "Welchen Befehl?" "Den von Eagle. Er hat mir befohlen, meine Sachen zu packen und mich zu verrollen." Fireball konnte an den Blicken seiner beiden Freunde erkennen, dass sie sich nicht auskannten. Den Tränen nahe erklärte er: "Eagle, der alte Fuchs, hat gemerkt, dass ich April," er deutete Anführungsstriche: "angegraben habe. Daraufhin, also nach der letzten Schlacht, hat mich zu ihm ins Büro gerufen. ...Diese Standpauke werde ich mein Leben lang nicht vergessen. ...Das Endergebnis habt ihr ja gesehen." Colt konnte es nicht glauben: "Ist nicht wahr! ...Eagle hat mich und Saber doch auch immer unterstützt." Fire seufzte: "Ihr habt ja seine Tochter nicht angegraben, oder etwa doch? ...Außerdem seid ihr nicht so aufmüpfig, ungehorsam, stur und ihr seid es wert, den Namen eures Vaters zu tragen." Saber wurde langsam klar, was an der ganzen Misere ausschlaggebend war. Es war Fires Art! Dass er so ganz und gar nicht wie sein Vater war, machte Eagle nicht gerade glücklich. Fireball wollte und konnte sich nicht unterordnen. Er konnte auch seinen Mund nicht halten, wenn er sich ungerecht behandelt fühlte. Das war einfach seine Art und Eagle konnte damit nicht umgehen. Auch, dass er sich mit April eingelassen hatte, brachte Eagle um den Schlaf. Saber stand staunend neben seinem Freund und Colt klopfte Fire auf die Schulter: " Und du dachtest wirklich, dass es April und dir besser geht, wenn du abhaust?" Fireball sah Colt verzweifelt an: "Hältst du mich wirklich für so dämlich, Kumpel? ...Es war ein Befehl!" Auch Chris stand immer noch bei seinem Kollegen und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Robin und Synthia räumten das Chaos ein wenig auf, während sie versuchten, April zu beruhigen. Diese hörte allmählich damit auf, irgendwelche Dinge durch die Wohnung zu schmeißen und bald kam nur noch ein stätiges, herzerreißendes Schluchzen und Weinen von der Couch. Robin setzte sich zu ihr und hielt sie im Arm: "April! Jetzt mach dir doch bitte keinen Kopf wegen diesem Typen. Männer sind es generell nicht wert und der ganz besonders nicht. Auf Männer ist niemals Verlass." Ihre beste Freundin ließ sich von Robin allerdings wenig trösten. Sie schluchzte: "Aber was ist mit dir, Robin? Du hast mit Colt eine bezaubernde kleine Tochter und du willst mir weis machen, dass auf den Cowboy kein Verlass ist?" Synthia kochte währenddessen Tee für April, der sollte sie wenigstens ein bisschen beruhigen. April fiel es schwer zu glauben, dass Fireball nur wegen ihrem Vater gegangen war. Vielmehr vermutete sie eine andere Frau dahinter. Aprils Gefühlswelt war dermaßen aus dem Gleichgewicht gekommen. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie glauben sollte. Ihrem Gefühl oder seinen Worten? Fünfzehn Monate hatte sie nicht gewusst, ob er noch am Leben war und heute Abend war er vor ihr gestanden und hatte ihr grinsend ins Gesicht gelogen! April konnte einfach nicht zu ordnen und verarbeiten, was die letzte Stunde alles vorgefallen war. Aber dass Robin und Synthia bei ihr waren, beruhigte sie ein bisschen. Immerhin war sie nicht alleine und die gute Absicht der beiden Frauen war zu erkennen. Robin bettete April ins Bett und setze sich zu ihr: "Soll ich bei dir bleiben, bis es dir wieder besser geht, Kleines?" April nickte nur. Sie war froh über Robins Gesellschaft. Synthia schickten sie nach Hause. Sie sollte sich etwas ausruhen, denn am nächsten Tag hatte Saber viel mit ihr vor. Robin erzählte April von den Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen. Es konnte nicht immer reibungslos zwischen Mann und Frau ablaufen. Sie erklärte April, dass es bei ihr und Colt eben momentan alles gut lief, aber sie wisse nicht, wie lange es noch halten werde. April erzählte Robin endlich, was sie alles bedrückte. Sie erzählte Robin, dass sie Fireball nicht glaubte. Dass Fire ihren Vater beschuldigte, konnte sie einfach nicht glauben. Robin mischte sich da nicht ein. Sie konnte die Glaubwürdigkeit von Fireball nicht beurteilen, immerhin kannte sie ihn fast nicht. April schluchzte plötzlich wieder: "Warum kann er nicht einmal ehrlich sein?" Robin sah April an: "Meinst du jetzt Fireball? War er vielleicht nicht immer ehrlich zu die?" April raffte sich auf und erzählte Robin, was in jener Nacht vor fünfzehn Monaten geschah. ...Nach dem Raport bei Eagle am Kriegsende trennten sich die vier Freunde vor Eagles Büro. Saber wollte unbedingt mit seinen Eltern telefonieren und Synthia die gute Nachricht überbringen. Colt hingegen hatte nichts Besseres zu tun, als Robin in Yuma aufzusuchen. April und Fireball blieben alleine vor Eagles Büro zurück. Sie führten ein kurzes Gespräch, das Eagle zufällig mithörte. Fireball stand, an eine Wand gelehnt und mit verschränkten Händen, vor April, die vor der Tür stand: "Und April? Was reißen wir zwei Hübschen noch an?" April zwinkerte: "Ich weiß nicht. Ich will aber nicht alleine sein, nicht heute Nacht." "Nun, wir könnten uns ja bei dir auf die Couch knuddeln." "Und was dann?" Fireball stieß sich von der Wand ab und drückte April: "Dann sehen wir weiter. Langweilig wird uns schon nicht." April kicherte: "Stimmt. Mein Bett wäre ja da auch noch..." Und genau diesen Satz bekam Eagle in den falschen Hals. Und so fuhren April und Fire zu ihr in die Wohnung. Sie tranken zusammen ein Gläschen Wein und unterhielten sich. Fireball war gerade dabei, April zu küssen und sie zu vergenusswurzeln, als sein Kommunikator schepperte. Widerwillig raffte er sich auf und hob ab: "Ja?" April erkannte plötzlich, wie sich Fireballs Gesichtsfarbe immer mehr ins Blass bis Weiß steigerte. Als er das Telefonat beendet hatte, packte er seine Sachen und verschwand mit den Worten: "Ciao, Süße! Ich komm gleich wieder!" Das war das letzte Mal, dass April Fireball gesehen hat... Robin blieb die Spucke weg. Keine Ahnung wer angerufen hatte, sollte April Fireballs Aussage von heute glauben. Jetzt konnte sie April voll und ganz verstehen. Sehr glaubwürdig fand auch sie das nicht mehr. Saber zwängte seinen Kumpel in ein Taxi: "Jetzt zier dich nicht so, Kleiner! April hat heute Geburtstag! Willst du ihr den so vermiesen?" Fireball spreizte sich: "Was?!" "Versau ihr nicht dauernd den Geburtstag, Turbofreak!" mischte sich auch Colt ein: "Sie ist immerhin heute zwanzig geworden. ...Und jetzt mach endlich hin!" Mit diesen Worten stieß Colt den Rennfahrer ins Taxi. Saber und Colt wollten Fireball doch nur helfen, nach alldem, was er erzählt hatte. Er schien April wirklich zu lieben. Die beiden Männer hatten beim Rausgehen schon einen Plan zurecht geschmiedet, wie sie es am besten machen könnten. Und so schleiften sie den Jüngsten im Bunde bis vor Aprils Appartement und läuteten. Colt klopfte Fire auf die Schulter und drehte sich um: "Versau's nicht wieder, sonst dreh ich dir den Hals um!" "Haha!" Das war Fireballs letzter Kommentar und bevor er Colt noch einen sarkastischen Spruch zurückschmettern konnte, öffnete Robin sachte die Tür. Als sie Fireball erblickte, knurrte sie ihn an: "Was willst du hier?" Verschämt und ungeschickt steckte er die Hände in die Hosentaschen und blickte zu Boden: "Ich möchte mit April sprechen." "Die ist gerade eingeschlafen. Also verroll dich!" Fireball drehte sich um und wollte gehen, als Colt um die Ecke gesprungen kam: "Halt! Nichts da! Du drehst wieder um und stehst das jetzt wie ein Kerl durch. Hast du mich verstanden?" Er drückte und schob Fireball vor sich her zur Türe zurück. Da erkannte er seine Maus: "Schatz, was machst du hier, bei April?" Robin grinste: "Ich tue nur das, was mir von euch aufgetragen wurde. Ich passe auf den kleinen Engel auf." Colt zog Robin auf die Seite: "Schätzchen? Weißt du was? Wir beide fahren jetzt nach Hause zu unserem Töchterchen. ...Ich will dem Babysitter nicht mehr zahlen, als sein muss. Also komm, mein Hase." Fire starrte Colt an: "Was? Ihr beide auch? In den letzte fünfzehn Monaten hat ja ein richtiger Babyboom bei euch eingesetzt!" Colt verstand nicht: "Warum Babyboom? Wer hat noch ein Kind?" Jetzt war Fireball total durch den Wind: "Nur du und Robin habt eins?? ...Aber April? Ich dachte, ist sie nicht verheiratet?" Kapitel 2: schweres Schicksal ----------------------------- Robin begann zu kichern: "Warum denn? Und vor allem: Von wem hätte sie ein Kind haben sollen, Kleiner? Vom heiligen Geist?? Hihi, außerdem: Sie hat keinen Mann mehr angesehen, seit du abgezogen bist." "Oh!," entfuhr Fireball: "Warst du am Freitag mit April und eurem Kind in der Stadt unterwegs?" Robin nickte und Fireball wurde einiges klar: "Dann hat April also für euer Kind Patentante gespielt. ...Weißt du, ich hab euch beide am Freitag aus einem Geschäft kommen sehen..." Robin klopfte ihm auf die Schulter: "Oho! Höret und staunet! Dem jungen Wilden scheint ja direkt noch was an April zu liegen. ...Männer! Einfach unbegreiflich, wie ihr euch ab und zu benehmt." Da stand April in der Tür. Sie wurde durch den Lärm geweckt und erblickte drei ihr gut bekannte Männer und Frauen: "Könnt ihr bitte etwas leiser sein? Ich versuche zu schlafen." Sie würdigte Fire keines Blickes. April war verschlafen und von der Heulerei hatte sie Kopfschmerzen. Colt und Robin verabschiedeten sich, doch Fire packte die Gelegenheit beim Schopf: "April? Darf ich kurz mit dir re-den? Bitte, es ist wichtig. Ich würde sogar sagen, es ist für unsere Beziehung lebenswichtig." April drehte sich um: "Du hast dich kein Stück geändert, Turbofreak." Sie wackelte in ihre Wohnung zurück und ließ Fireball auf dem Flur stehen. Nach einer kurzen Überlegung schlich er ihr nach und schloss die Tür hinter sich. Er blickte sich in der Wohnung um. Sie war nicht übermäßig gut beleuchtet, was wohl dar-an lag, dass das Licht nur aus Aprils Schlafzimmer kam. April hatte sich auf ihrem Sofa, das nahe an der großen Glaswand stand, niedergelassen und sich in eine Decke eingewickelt. Vom Fenster herein schie-nen nur die Stadtlichter und das Sternenlicht herein. Er riskierte einen Blick in ihr Schlafzimmer und merkte, dass ihr Kleid und sämtliche andere Kleidungsstücke auf dem Boden lagen. Was er so erkennen konnte, war Aprils Wohnung ordentlich aufgeräumt, sah aber nach einer Singlewohnung aus. Auf dem Arbeitsplatz stand eine halbvolle Wasserflasche und Unmengen von Zetteln lagen auf dem Tisch. In sicherer Entfernung blieb Fireball stehen und setzt nun an: "April. Ich weiß, was ich getan habe, war alles andere als zu verantworten. Aber es ging einfach nicht anders," Als er merkte, dass April nur auf den Boden starrte, bekam er plötzlich weiche Knie und er fühlte, wie ihm die Stimme versagte. Er konn-te April nicht so sehen. Er ertrug es ganz einfach nicht. Heißer murmelte er: "Ich habe doch nur einen Befehl befolgt. Nie im Leben hätte ich ihn befolgt, wenn ich gewusst hätte, was ich dir damit antue. Versteh doch, ich liebe dich." April fing wieder zu schluchzen an: "Und das soll ich dir glauben, Fire-ball Fells? Oder soll ich lieber Shinji Hikari zu dir sagen?!" Fire setzte sich auf den freien Stuhl beim Arbeitstisch und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Er sammelte sich und begann: "Darf ich dir erzählen, wie ich unsere letzte gemeinsame Nacht erlebt habe?" April nickte und sprach ironisch: "Tu, was du nicht lassen kannst. Das kannst du doch am Besten." Fireball atmete tief durch und begann mit ruhiger Stimme: "Erinnerst du dich noch an den Anruf damals?... Es war dein Vater. Er hat mich zu sich ins Büro gerufen, ich solle mich beeilen und niemanden etwas sagen. Ich bin also zu ihm ins Büro und dann hat der ganze Zirkus begonnen..." ...Fireball klopfte an die Tür. Während er auf eine Antwort wartete, überlegte er sich, was Eagle noch wollen könnte. Dieser bat ihn mit einem unwahrscheinlich barschen Ton herein: "Herein, Fireball!" Fireball salutierte: "Commander?" "Sei ruhig, ich muss mit dir reden! ...Was fällt dir ein, meine Tochter anzubaggern?!" Fireball stammelte und wurde käseweiß: "Sir, ich..." "Hab ich euch nicht schon tau-sendmal gesagt, dass ihr eure Finger von meinem Engel lassen sollt?! Ich kann es einfach nicht glauben! Saber hätte ich tolerieren können, Colt hätte ich mal unter meine Fittiche nehmen können, aber du?! Du bist untragbar! ...Weißt du, ich kenne deinen Vater, Offizier Hikari und du bist das genaue Gegenteil! Dein Vater war ein ehrlicher Mann. Du hast dich unter einem falschen Namen hier eingeschlichen! Shinji Hikari." Fireball verteidigte sich: "Gar nicht wahr! Ich scheine im KOK als Shinji Hikari auf, das wissen Sie." "Aber du hast April und die anderen angelogen!" "Sie haben mich damals gefragt, wie ich heiße und ich habe erwidert, dass man mich Fireball nennt! Keiner von ihnen war scharf darauf meinen richtigen Namen zu wissen. Fireball hat ihnen gereicht. Und Sie haben mich auch immer nur mit Fire-ball angesprochen!" Eagle ging auf das letzte Argument nicht mehr ein und beschuldigte Fireball erneut: "Von Autorität hast du auch keinen Plan, wie mir scheint! Ich erinnere dich nur daran, als du König Jarred über den Schnabel gefahren bist. Vor Vorgesetzten hast du null Respekt und deine aufmüpfige Art passt überhaupt nicht hier her." Bevor sich Fireball rechtfertigen konnte, hatte Commander Eagle bereits zum entscheidenden Schlag ausgeholt: Er schmiss ihm einen Zettel entgegen: "Das ist deine Kündigung! Lass dich hier nie wieder blicken und schlag dir meine Tochter aus dem Kopf!" Fireball war fassungslos: "Commander, ...ich? Warum werfen Sie mich auf dem KOK?" "Weil ich dich in der Nähe meiner Tochter nicht sehen will. Und kein Wort zu April! Du verziehst dich unverzüglich, hast du mich verstanden?" Fireball drehte sich um und wollte gehen. Eagle warf ihm noch eine Mappe zu: "Da sind dein Dienstzeugnis und so weiter drinnen. Das wirst du brauchen!" Fireball schnappte sich die Mappe und ging mit diesen Worten aus dem Büro: "Wie kann so ein Monster wie Sie nur so einen Engel als Tochter haben?" Fireball schloss die Tür und Eagle brüllte ihm hinterher: "Hikari!!!"... Fireball seufzte: "...Danach bin ich in meine Wohnung, meine Sachen packen." April hatte sich beru-higt, dennoch stand sie der Geschichte skeptisch gegenüber. Sie schüttelte nur den Kopf und ein sarkas-tisches "Ja, klar." Verließ ihren Mund. Entmutigt drehte sich Fireball um: "Dann werde ich mal gehen, April. ...Ich liebe dich und es tut mir unheimlich leid." Nun war April wieder alleine in ihrer Wohnung. Kaum hatte sich Fireball entschuldigt, war er auch schon zur Tür hinausgestürmt. April stand auf und ging schweigend zur Tür. Sie schloss geradezu be-dächtig die Tür ab und wandte sich ihrem Arbeitstisch zu. Schweigend nahm sie einen Schluck aus der Wasserflasche, löschte das Licht und ging in ihr Schlafzimmer. Sie legte ein CD in den Radio ein und suchte sich ein ganz bestimmtes Lied. Im Moment wusste April nicht, wie sie sich fühlen sollte. Sie fühlte sich nur leer. Fireball saß am Straßenrand. Nicht an irgendeinem Straßenrand, nein, er saß am Reande der Rennstre-cke auf der Tribüne. Ihm war, als würde er von etwas Abschied nehmen. Sein Wagen stand an der Start-linie, er selbst blickte dem Sonnenaufgang entgegen. Noch einmal blickte er Richtung Yuma und senkte den Kopf: "Wenigstens kann ich nicht behaupten, dass ich es nicht versucht hätte. ...Ar ganz klar, dass es so gekommen ist." Plötzlich hörte er eine Stimme: "Was? Was war klar, Turbofreak?" Erschrocken drehte er sich um und sah eine rothaarige Frau neben sich stehen: "Mandarin? Was tust du hier auf der Rennstrecke?" Sie klopfte ihm auf die Schulter: "Sie haben mir gesagt, dass du wieder hier bist, Fireball. Und sie haben mir auch gesagt, dass es dir nicht gut geht." Fast schon genervt lächelte Fire und gab Mandy eine zynische Antwort: "Mir geht's fantastisch! ...Ich werde jetzt zum Raumhafen dampfen und mir ein Ticket kaufen." Mit diesen Worten stand er auf und ließ Mandarin stehen. Diese sah ihm ver-dutzt hinterher: "Warte doch! Wo willst du hin?" Doch sie erhielt keine Antwort. Eine halbe Stunde späte erreichte Colt ein Anruf von jemanden, der im Grunde nichts mit ihm zu tun hatte. Der schrille Ton des Telefons hatte nicht nur Colt aus dem Schlaf gerissen, sondern auch seine Frau und sein Kind. Fluchend und keifend hob er ab: "Wer zum Donnerwetter stört um so eine Uhr-zeit?" Die Person am anderen Ende war damit genug eingeschüchtert: "Es tut mir sehr leid, dass ich störe. Ist Colt Wilcox da?" Colt grummelte: "Am Rohr! Und mit wem hab ich das Vergnügen, das frühe?" "Mein Name ist Chris. Ich bin ein guter Bekannter von Fire." Colt ahnte nichts Gutes, als er Fire erwähnt hatte. Chris sprach weiter: "Ich weiß, dass Shinji sehr gut mit Ihnen und den anderen Star Sheriffs befreundet war," Chris begann herum zu drücken, er wusste nicht wie er die Nachricht, die ihn selbst erst vor gut zehn Minuten erreicht hatte, formulieren sollte: "Nun ja, Colt, wissen Sie..." Colt unterbrach ihn abrupt, er ahnte, dass Fire was zugestoßen war: "Spuck endlich aus, was los ist, sonst krieg ich einen Anfall." Chris rückte mit der Sprache raus. Robin hatte die Freisprecheinrichtung einge-schaltet, sie war neugierig geworden und hörte alles mit. "Vor zehn Minuten hat das Memorial Hospi-tal von Yuma bei mir angerufen. Shinji hat seinen Wagen... um einen Baum gewickelt. Er wurde lebens-gefährlich verletzt und was ich so weiß, wird er gerade operiert." Robin und Colt fuhren zusammen. Colt wurde ganz anders zumute und er wusste nur eins. Saber und April mussten es auf schnellsten We-ge erfahren. Colt verabschiedete sich von Chris: "Danke für den Anruf, Chris. Ich wünsch dir noch was. Danke noch mal. Ciao." Schon wählte er Sabers Communicator an und erzählte ihm, was passiert war. Als Saber die Sprache auf April brachte, wurde Colt ruhig. Er wollte April das nicht erzählen. Auch Saber war nicht scharf darauf und so musste Robin das erledigen. Als Colt und Robin mit Jessica auf dem Arm im Krankenhaus eintrafen, standen Saber und Synthia bei der Information. Von April war noch nichts zu sehen. Synthia drehte sich zu Colt und Robin: "Hallo! ...Es sieht ganz und gar nicht gut aus." Da begann Saber zu argumentieren. Und das nicht leise: "Jetzt hören Sie mir mal zu, mein Herr! Ein junger Mann namens Shinji Hikari wurde hier eingeliefert. Mein Name ist Saber Rider vom KOK und Sie wollen mir weis machen, dass Sie mir nichts sagen dürfen? Dieser Mann gehört zu meinem Team und ich verlange eine Auskunft von Ihnen!" Colt konnte es kaum glauben. Saber war normalerweise die Fassung in Person, aber das jetzt war zirkusreif! Saber konnte ja zum Löwen werden, wenn es um einen Freund ging. Saber gesellte sich zu den Dreien: "Er wird gerade operiert. ...Wie geht's euch?" Robin nickte: "Soweit ganz gut. Wo ist April?" Der Schotte senkte den Kopf: "Sie ist noch gar nicht da." Robin ließ traurig den Kopf hängen. War ihr Fireball denn inzwi-schen egal geworden? Colt bat Saber um weitere Informationen: "Was hat unser Kleiner denn eigent-lich?" Saber nahm Synthia an der Hand und ging mit ihr und den anderen zum Warteraum. Er setzte sich und faltete besorgt die Hände vor der Stirn: "Der Mann an der Info hat mir erzählt, dass Fire einen schweren Autounfall hatte. Da kein anderes Auto zu sehen war, nehmen sie an, dass er einem Wildtier ausgewichen ist." Da stand Chris vor ihnen: "Ich dachte mir, dass ich euch hier finden würde." Er reich-te den Damen die Hand und danach begrüßte er die Herren. Er setzte sich neben Colt und begann: "Fireball hat schwere Kopfverletzungen und innere Blutungen. ...Er wird die Nacht vielleicht nicht mehr überleben." Allen entgleisten die Gesichtszüge. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass es so schlimm um ihn stand. Vor dem Krankenhaus hielt ein Taxi: "Danke. Behalten Sie den Rest." April wandte sich der Eingangs-türe zu und atmete tief durch. Was hatte sie da drinnen jetzt zu erwarten? Die Sorge um Fireball machte sie schier verrückt. Zitternd vor Ungewissheit ging sie Richtung Info. Dort wollte ihr niemand eine Auskunft über Fireballs Zustand geben. Ehe sie jedoch die Beherrschung verlor, stand Robin neben ihr: "Wie geht es dir, April?" April war den Tränen nahe: "Offensichtlich besser als Fire. ...Robin, was um Himmels Willen ist eigentlich passiert?" Robin gab ihr die Hand: "Er hatte einen sehr schweren Auto-unfall." Der blonde Star Sheriff konnte es nicht glauben: "Er ist doch der beste Autofahrer, den ich kenne. Wie konnte so etwas nur passieren?" Chris hatte sich zu den beiden Frauen gesellt: "Es war ganz einfach Pech," er sah April an: "Du musst der blonde Engel sein, von dem mir Shinji öfters erzählt hat." Er reichte ihr die Hand: "Mein Name ist Chris. ...Darf ich kurz allein mit dir sprechen. Unter vier Au-gen?" April drehte sich Richtung Krankenhauseigenem Cafe und nickte Chris zu: "Bei einer Tasse Kaf-fee? Ich kann meine Augen sonst nicht offen halten." Chris bot April einen Stuhl an: "Setz dich bitte." "Danke." April war sichtlich in Sorge um Fireball. Immer noch wusste sie nicht, welche Verletzungen er davon getragen hatte und wie es ihm ging. Chris bestellte zwei große Tassen Kaffee und begann: "Hör mir bitte zu, April. Ich weiß, du kennst mich nicht." April nickte niedergeschlagen: "Leider. Ich hätte dich gerne mal kennen gelernt, genauso wie Claudia Firenza." Chris lächelte sie kraftspendend an: "Wenn dir eine Kurzbeschreibung momentan reicht, dann: Ich bin ein billiger Abklatsch von Fireball. So habt ihr ihn doch immer genannt, nicht wahr?" April nickte wieder: "Ja. Und der Name passt zu ihm, glaub mir." "Was ich dir sagen wollte, April. Heute Abend ist alles schief gelaufen, was schief laufen kann. Zumindest was dich und Fireball betrifft. ...Ich habe viel mit ihm geredet, seit er wieder im Rennzirkus ist, und ich weiß, dass er dich liebt. Er hat mir auch erzählt, warum er nicht bei dir geblieben ist. Das Entscheidende aber ist, dass er dich die ganzen fünfzehn Monate nicht vergessen konnte. Er muss dich wirklich lieben. Glaub mir, nach dem, was ich so weiß, würde er dich nie allein lassen, außer wenn er einen Befehl befolgt. Und er hat einen Befehl befolgt, dein Vater hat ihn aus dem KOK gejagt." April stand wütend auf: "Das glaub ich nicht!! Du doch gar nichts über mich!" Plötzlich stand Commander Eagle neben den beiden: "April. Saber hat mich angerufen. Und was diesen jungen Mann betrifft: Er sagt die Wahrheit." Kapitel 3: hoffnungslos? ------------------------ Hier kommt eine kleine Fortsetzung der Geschichte. Wünsche und Anregungen bezüglich Ende sind bei mir immer willkommen, schreibt mir bitte fleißig. April blieb die Sprach weg. Eagle rechtfertigte sich: "Ich dachte, er würde dir weh tun. Dass ich dir damit so weh tun würde, habe ich nicht erwartet. April, es war zu deinem Besten." Chris stand auf und ging. Er war zwar neugierig, aber was sich April und ihr Vater zu sagen hatten, ging ihn nichts an. Währenddessen diskutierten Saber und die anderen, wie es weitergehen könnte. Am liebsten würden sie natürlich eine Aussprache zwischen April und Fire sehen. Doch das sollte nur ein Wunsch bleiben. Mittlerweile graute der Morgen und es gab immer noch keine Neuigkeiten über Fireball. Er wurde im-mer noch operiert und das ließ auf seinen schlechten Zustand schließen. Colt wurde langsam unruhig: "Ich würde zu gern wissen, was sie an ihm verpfuschen, dass das so lange dauert. Langsam bekomm ich eine ganz ungutes Gefühl, ein ungutes." April gesellte sich zu ihnen. Sie hatte verweinte Augen und auch sonst sah sie nicht glücklich aus. Robin legte einen Arm um sie: "Was hat dieser Chris jetzt von dir wollen?" Bevor April auch nur ein Wort herausbrachte, rannen ihr dicke Tränen über die Wangen. Und als Saber die Stirn runzelte, schwante ihm nichts Gutes. Gut, er und Colt wussten, dass Commander Eagle Fire den Befehl zum Abhauen gegeben hatte, aber Saber konnte sich nicht vorstellen, dass Chris ihr genau das noch einmal erklärt hatte. Tröstend nahm er sie in den Arm. Chris hatte sich zu Claudia und ihrem Teamchef gesetzt, die genauso gespannt auf Fireballs Zustand waren, wie die Star Sheriffs. Sie hatten sich eine Tasse Kaffee aus der Cafeteria geholt und nippten im-mer wieder kurz daran. Fireballs neuer alter Arbeitgeber brannte eine Frage auf der Zunge: "War er betrunken, als er den Unfall hatte?" Chris wusste, dass er auf Fireballs Zustand der letzten Monate an-spielte. Ironisch meinte er: "Der war so nüchtern wie selten." Claudia war nicht begeistert von der Art, wie Chris und ihr Chef über Fireball sprachen. Schließlich war er kein Alkoholiker, auch wenn er ab und zu seinen Frust zu ertränken versuchte. Sie machte ein sorgenvolles Gesicht: "Es steht nicht gut um ihn, das spüre ich." Chris wunderte sich über das Feingefühl, das Frauen oft in solchen Situationen an den Tag legen konnten. Ihm blieb dieses Feingefühl verwehrt, denn er wusste überhaupt nicht, wie es weitergehen sollte oder konnte. Der Vormittag neigte sich dem Ende zu ohne eine Nachricht von Fireball zu erfahren. Kurz nach Mit-tag, Claudia hatte sich an Chris gelehnt und war ein bisschen eingedöst, stand plötzlich ein Arzt vor ihnen. Er sah Chris ernst an: "Sie sind ein Angehöriger von Shinji Hikari?" Chris nickte nur. Der Arzt fuhr fort: "Sein Zustand ist kritisch. ...Selbst wenn er überlebt, wird er Schäden zurückbehalten." Clau-dia fuhr auf: "Was soll das heißen?" Ruhig fuhr der Arzt fort: "Aufgrund der schweren Kopfverletzun-gen, die er erlitten hat, kann es durchaus sein, dass er gelähmt sein wird. Im Moment ist er an ein Beat-mungsgerät angeschlossen, da die Lunge nicht selbstständig arbeitet. Die inneren Blutungen haben sei-nen Zustand noch verschlimmert," mitfühlend legte er die Hand auf Claudias Schulter: "Beten Sie für ihn, er hat es nötig." Damit war die Diskussion für den Arzt auch schon wieder gegessen. Zu den Star Sheriffs ging er gar nicht, sie waren keine Nahestehenden für ihn. Chris blieb die Sprache für einen Moment weg. Selbst wenn Fireball überleben sollte, was laut Arzt alles andere als wahrscheinlich war, so würde sich sein Leben komplett ändern. Fireball würde nie wieder in einem Rennwagen sitzen können. Dann nahm er Claudia in den Arm und redete ihr gut zu. Nach einigen Minuten stand er auf und ging unsicher auf die Star Sheriffs zu. Er wusste nicht, wie er ihnen diese Nachricht mitteilen sollte. Er kannte die Star Sheriffs nur von Erzählungen und er hatte sie erst zwei- oder dreimal gesehen. Zwar hatte er ihnen schon vorher gesagt, dass es schlimm um Fireball stand, aber nun, da es gewiss war, wusste er nicht, wie er mit ihnen umgehen sollte. Seinen Chef kannte er, dem hätte er das in einem Atemzug gesagt. Je näher er den Star Sheriffs kam, desto unsicherer wurde er. Colt bemerkte Chris: "Setz dich, Chris," und da er nicht der dümmste war, wusste der Cowboy natür-lich sofort, dass Chris mehr wusste: "Gibt's was Neues?" Chris vermied es tunlichst, jemanden in die Augen sehen zu müssen, als er ihnen mitteilte: "Fireball geht es sehr sehr schlecht. Wenn er überlebt, ist er wahrscheinlich gelähmt." April fuhr zusammen und stieß einen Laut aus: "Nein!" Sie wollte auf-springen, den verantwortlichen Arzt finden und ihn zur Rede stellen, doch sie besann sich. Verzweifelt sah sie Chris an: "Darf man zu ihm?" Langsam hob er die Schultern: "Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Aber ich glaube eher weniger. Er liegt auf der Intensiv, wenn es dir hilft." Der letzte Satz klang gerade zu nach einer Aufforderung für April, dort nachzufragen. Schweigen trat ein, niemand wagte es zu spre-chen. Colt senkte betrübt den Kopf und schickte ein Stoßgebet gen Himmel für seinen Hombre. Er wollte Fireball nicht sterben sehen. Nicht nach alle dem, was heute passiert war. Für Colt hatte der Tag so herrlich begonnen, der Abend war dann schon ein Höhepunkt der besonderen Art, aber von so einem Ende hatte er nicht einmal zu träumen gewagt. Colt sah seine schlimmsten Ängste bestätigt. In den letz-ten fünfzehn Monaten hatte er die Ungewissheit, ob Fireball noch am Leben war und da traf er ihn heute lebend. Colt war ein riesen Stein vom Herzen gefallen und nun musste er mit ansehen, wie Fire-ball im Sterben lag. Insgeheim glaubte er nicht daran, dass Fireball überleben würde. Den Schilderungen von Chris zufolge war er jetzt schon mehr tot als lebendig. Auch in Saber ging es nicht so kühn und besonnen ab wie sonst immer. Vor allem machte er sich Sor-gen um Aprils Zustand. Sie schien am Angeschlagensten zu sein. Saber fand sich in einer Lage wieder, in der Nachdenken und besonnen Handeln nicht angebracht waren. Einer seiner besten Freunde rang mit dem Tod und schien zu verlieren, seine beste Freundin verzehrte sich vor Angst um Fireball und auch die anderen schienen nicht an ein Wunder zu glauben. Er blickte in die Runde und musste in jedem Gesicht die gleiche Hoffnungslosigkeit ablesen. Diesmal würde niemand mit einem blauen Auge davon kommen. April machte sich insgeheim Vorwürfe. Sie suchte die Schuld für Fireballs Unfall bei sich selbst. Hätte sie ihn nicht wieder weggeschickt und ihm geglaubt, wäre alles nicht passiert. Warum konnte sie nicht einmal wenigstens auf ihr Herz hören? Sie wollte Fireball sagen, dass sie ihn immer noch liebte, dass sie keinen anderen mehr wollte und dass er sie nicht verlassen dürfte. Sie wollte ihn sehen und seine Hand halten. Die verquere Situation im Warteraum wurde ihr langsam unheimlich. Seit sich die Star Sheriffs zusammengefunden hatten, war die Stimmung niemals so gedrückt und niemand so ruhig gewesen. Das verdeutlichte April den Ernst und die Bitterkeit der Lage. Robin hielt ihre Tochter im Arm. Sie fühlte sich hilflos, klammerte sich an Colt, der ihren Druck erwi-derte. Jeder für sich alleine wäre im Moment ein Häufchen Elend, aber jeder schien dem anderen auf eigenartige Weise Kraft zu geben. Robin schien die Situation, wie sie jetzt war, wie ein schlechter Traum, aus dem sie jeden Moment aufwachen müsste. Doch es läutete kein Wecker und auch Jessica gab keinen Mucks von sich. Synthia plagte das schlechte Gewissen ein bisschen. Sie hatte Fireball vor nicht mal vierundzwanzig Stunden als falschen Fünfziger bezeichnet. Sie schämte sich so unbedacht gesprochen zu haben. Denn als sie Fireball an diesem Abend wieder getroffen hatte, war ihr klar geworden, dass er einfach jung, fast zu jung, war um auch in schweren Zeiten ein Mann zu sein. Sie konnte verstehen, warum Fireball ge-gangen war. Vor Eagle hatte selbst sie einen Heidenrespekt. Der Junge tat ihr leid, er hatte doch noch so viel vor sich. Kapitel 4: neue Freunde ----------------------- So, ich hatte wieder ein wenig Zeit und Ideen für die Fortsetzung dieser Geschichte. Ich würde mich über Anregungen freuen. Die Stunden verrieselten langsamer als alles bisher Dagewesene. Am späten Nachmittag schickte der Arzt alle nach Hause. Ihm wurde der Warteraum zu voll und auch die Gesichter der Angehörigen zu ertragen war ihm nicht mehr länger möglich. Colt und Robin luden die anderen Star Sheriffs zu sich ein. Sie wollten niemanden allein lassen, vor allem nicht April, die immer wieder zu weinen begann. So saßen diese fünf bei Colt im Wohnzimmer bei einer Tasse Tee. April lehnte sich an Colt und murmelte: "Ich kann es immer noch nicht glauben. Das darf einfach nicht wahr sein!" Colt umarmte den Blondschopf sanft: "Das konnte niemand voraussehen. ...Fireball wird schon durchkommen, ich weiß, dass er es schaffen wird." April versteckte ihr Gesicht in Colts Brust und schluchzte wieder. Saber schüttelte den Kopf, als er Colt ansah. Diese Feinfühligkeit, was Frauen betrifft; war ihm zuvor nie an Colt aufgefallen. Gut, mit Jessica wurde Colt selbst wieder zu einem kleinen Kind und mit Robin sprang er auch ganz passabel um, aber die Fähigkeit zu trösten war Saber eine völlig neue Seite an Colt. Wieder schwiegen alle. Niemand traute sich in diesen schweren Stunden mehr als nötig zu sprechen. Der Übergang auf das Alltagsleben war sowieso unmöglich für sie. Da klingelte das ComGerät von Saber. Alle schreckten in die Höhe und starrten gespannt auf Saber. Dieser meldete sich: "Offizier Rider." Es erschien Commander Eagle am kleinen Bildschirm: "Saber. Gibt es schon Nachrichten von Shinji?" Saber wurde fast ironisch: "Nein. Aber die müssten Sie doch als erstes bekommen. Wir sind als nicht Angehörige oder Arbeitgeber eingestuft worden." Commander Eagle wusste nicht recht, wie er darauf antworten sollte, kam es ihm doch so vor, als würde Saber da einen Vorwurf aussprechen. Knapp meinte er nur: "So sind die Bestimmungen und das weißt du auch, Saber Rider. ...Ich melde mich wieder, wenn ich was weiß." Da war die Verbindung auch schon wieder unterbrochen. Commander Eagle war offensichtlich ein wenig eingeschnappt. Aber Saber war diese Tatsache im Moment egal, er hatte schließlich ganz andere Sorgen. Die nächsten Tage änderte sich nichts an Fireballs Zustand. Jeder versuchte sich in dieser Zeit anders abzulenken, doch niemanden schien es recht zu gelingen. Colt und Saber trafen sich jeden Tag, weil keiner so richtig allein sein wollte. Sie tauschten sich aus und wollten auch April zu ihren Treffen einladen. Doch diese vergrub sich in ihrer Arbeit und kapselte sich richtig ab. April arbeitete noch verbissener an Projekten, die erst in einigen Monaten fertig sein sollten. Sie ließ niemanden an sich heran, auch nicht Robin oder Synthia. Die letzten Tage hatte sie sich in ihrem Appartement eingesperrt und ging nur dann ans Telefon, wenn sie dachte, es wäre wichtig. Knapp eine Woche nach dem Unfall klingelte bei Colt das Telefon. Er hob ab und staunte nicht schlecht. Chris hatte ihn angerufen. Er begrüßte den neu gewonnen Freund, schließlich teilte er das gleiche Schicksal: "Hallo. ...Gibt's was Neues?" Chris schüttelte den Kopf: "Nein, leider nicht. Er liegt nach wie vor im Koma. ...Colt, was ich dich fragen wollte: Hast du April irgendwo in der Nähe. Ich möchte gerne mit ihr sprechen. Es ist relativ wichtig." Colt schüttelte den Kopf: "Nein, sie ist in ihrem Appartement. Worum geht es denn?" "Das möchte ich nicht am Telefon besprechen. Können wir uns vielleicht treffen?" Die beiden machten sich einen Treffpunkt aus und Colt war ausnahmsweise mal pünktlich. Er wartete bereits ungeduldig vor einem Cafe als Chris ankam. Chris erzählte Colt von Fires Problemen, die er vor dem Unfall hatte. Er machte ihm verständlich, dass Fireball keinen rechten Lebenswillen mehr hatte. Im Rennzirkus war es ihm schwer gefallen, wieder Anschluss zu finden, obwohl er sich an Chris und Claudia wenden konnte. 'Was hab ich nur fabriziert? Ich kann jetzt nicht einfach bei Colt oder Saber anrufen und ihnen alles erzählen. Sie würden es doch nur für eine faule Ausrede halten...' Er lag im Hotelbett und zappte sich durch die Kanäle. Am nächsten Morgen würde wieder ein Rennen stattfinden und dafür sollte er eigentlich ausgeruht sein. Doch er fand keinen ruhigen Schlaf. Es war zwanzig nach drei vorbei und er konnte sich einfach nicht umdrehen und einschlafen. Zwar hatte er sich immer gewünscht, wieder in den Rennzirkus zurück zu kehren, doch nicht unter diesen Umständen. Er vermisste seine Kumpels und vor allem vermisste er April. Er hatte ihr noch nicht einmal Lebewohl sagen können. Er musste an Commander Eagle denken und in ihm stieg die Wut auf. Warum hatte er sich von diesem Mann vorschreiben lassen, was er zu tun hatte?! Er wusste, welches Leid er April mit seinem Verschwinden zugefügt hatte. Aber er konnte nichts mehr daran ändern, nun war es zu spät. Der Rennzirkus befand sich gerade auf New Witchita und er erinnerte sich an die hier erlebten Missionen. Plötzlich musste er wieder an April denken und ihm schossen die Tränen in die Augen. Er war schon so ein selten dämlicher Esel! Einfach das Mädchen zu verlassen, dass er liebte. Dafür könnte er sich selbst ohrfeigen! Chris schluckte einen Bissen Apfelstrudel hinunter und meinte: "Fire war einsam, das kannst du mir getrost glauben. Wenn ich dir sage, der war die letzten fünfzehn Monate auf keiner einzigen Party, schon gar nicht auf seiner eigenen Geburtstagsfeier. An den Reinfall kann ich mich noch genau erinnern. Das war vor fünf Monaten erst. Wir dachten, wir würden ihm damit eine Freude machen. Claudia hatte ihm gesagt, sie wolle mit ihm Essen gehen und ursprünglich hatte er auch zugesagt. ...Wir haben geschlagene zwei Stunden auf ihn gewartet und die Party dann sausen lassen. Die einzige Entschuldigung, die er anzubieten hatte, war dass es ihm nicht gut gegangen wäre." Colt drängte sich sofort eine Frage auf: "Warum war er dann auf dem Ball?" "Weil sein Chef ihn dazu gezwungen hat. Die Streiterei hättest du sehen sollen. Ich hab Fire noch nie so gesehen.. Er war so laut, dass wir ihn auf dem Gang auch noch gut verstehen konnten." Colt lächelte wehmütig: "Wundert mich aber. Ich kenne ihn gar nicht anders." Während Colt die zweite Tasse Kaffee bei seiner Stammkellnerin bestellte, wechselte Chris das Thema: "Du musst mich nicht für blind erklären, Colt. Ich weiß schon, dass April Fireball sehr gerne mag." Colt schluckte: "Ach ja?" "Das ist auch der eigentliche Grund, wieso ich mit dir sprechen wollte. Ich mache mir persönlich fast mehr Sorgen um April als um Fire. Ich war jeden Tag bei ihm und noch atmet er, aber bei April wär ich mir da jetzt nicht so sicher. Sie ist jeden Tag mal gekommen um nach ihm zu sehen und jedes Mal hat sie geweint als sie gekommen ist und geweint als sie gegangen ist." Colt verschlug es für einen kurzen Moment die Sprache. Er wusste nicht recht, was er jetzt dazu sagen sollte. Als er sich zu einem brauchbaren Gedanken durchgerungen hatte, begann er: "Die Sache ist so, Chris. Wäre Fire hier geblieben, hätten die beiden jetzt eine Beziehung miteinander. Sie waren auf Ramrod schon ziemlich dicke Kumpels. Fire war ihr Ansprechpartner, da ich und Saber anscheinend nichts dazu getaugt haben. Sie fühlt sich ihm sehr verbunden und sie hat die letzten fünfzehn Monate die Hölle durchgemacht. Ihre Nerven sind nicht die besten und nach dem Unfall jetzt ist sie völlig apathisch, das weiß ich auch." Die beiden diskutierten noch den halben Nachmittag und Colt wollte, dass Chris April mal besuchen ging. Denn Chris konnte April mehr Aufschluss geben, er wusste augenscheinlich mehr als alle anderen, wie es Fireball ging. Da Colt ihm die genaue Adresse gegeben hatte und ihm auch im KOK angemeldet hatte, war es für Chris kein Problem mehr, April aufzutreiben. Er stand vor ihrer Tür und klingelte. Nichts rührte sich. Es war dermaßen ruhig im Appartement, dass man denken konnte, niemand sei zuhause. Chris klingelte ein weiteres mal und fügte hinzu: "April? Bist du da?" Endlich steckte sie den Kopf durch einen kleinen Spalt in der Tür. Verwundert und total verweint öffnete sie ihm: "Chris? Mit dir hab ich nicht gerechnet," sie ahnte nichts gutes: "Darf ich dir was anbieten?" Chris trat in die Wohnung: "Gerne. Aber nur, wenn es dir nicht zu viele Umstände macht." Er merkte, wie er plötzlich verlegen wurde. Kapitel 5: ----------- Und wieder ein winzig kleiner Teil. Ich hoffe, er gefällt! Zwar war er schon hunderte Male in der Wohnung einer fremden Frau gewesen, aber momentan fühlte er sich hier ein bisschen fehl am Platz. Er folgte April in die Küche und wollte ihr helfen: "Kann ich dir irgendwie helfen?" Sie drehte sich zu ihm, als sie zwei Tassen aus dem Schrank nahm: "Nein, ich komm schon zurecht. Möchtest du lieber Tee oder Kaffee?" Chris entschied sich für einen Kaffee, das war für ihn so eine Art Allheilmittel gegen alles. Er setzte sich auf einen Stuhl in der Küche und begann zögernd: "Wie geht es dir jetzt, April?" Sie atmete tief durch: "Mies wäre noch untertrieben. ...Weißt du was Neues von Fire?" Langsam schüttelte Chris den Kopf: "Ich war heute kurz bei Shinji, sein Zustand ist unverändert. ...Aber ich glaube, er schafft es." April deckte den Küchentisch und setzte sich zu ihm. "Ich fühle mich so schuldig, für das, was geschehen ist," platzte sie plötzlich heraus. Chris verstand nicht richtig: "Warum denn? Tut mir leid, wenn ich das jetzt so fragen muss, aber was ist denn vor dem Unfall geschehen?" April faltete ihre Hände und sah zu Boden: "Er war bei mir im Appartement und hat sich bei mir entschuldigt. Aber ich war einfach so beleidigt, dass er meinen Vater für alles verantwortlich machte, dass ich ihn einfach wieder weggeschickt habe." April flossen wieder dicke Tränen über die Wangen. Chris gab ihr ein Taschentuch und versuchte sie zu beruhigen: "Das war bestimmt nicht deine Schuld, April. Solche Unfälle passieren nun einmal, sogar den besten Rennfahrern. Claudia hat auch schon ein Reh über den Haufen gefahren. Nur ist sie mit Blechschaden davongekommen. ...April, dieser Unfall war Pech, mehr nicht." April ließ sich von dieser Aussage nicht unbedingt beruhigen. Sie schluchzte: "Ich weiß von Mandarin, dass er noch auf der Rennstrecke war, bevor er den Unfall hatte. Sie hat mir erzählt, dass er total deprimiert und verärgert war." Diesen Punkt sah Chris als geeignet an um auf ein anderes Thema zu springen: "Deprimiert war er die letzten fünfzehn Monate über. Glaub mir, April, Shinji ist es dreckig gegangen, auch wenn er seine alten Freunde um sich hatte. Wir konnte ihm nicht helfen. Genauer gesagt, ließ er sich nicht helfen." Chris erzählte April von der Teilnahmslosigkeit, die Fire an den Tag gelegt hatte. So hatte er prinzipiell keine Interviews mehr gegeben und auf Partys hatte er sich nicht blicken lassen. Chris glaubte die ersten Monate, Fire wär ein Eigenbrödler geworden, weil er so gut, wie mit niemanden gesprochen hatte. Doch eines Abends war folgendes passiert: Es war bereits die Nacht über New England angebrochen. Der Rennzirkus hatte vorsorglich schon alle Utensilien wieder eingepackt und war bereit, um weiter zu ziehen. Es war ein lauer Sommerabend. Die Grillen zirpten, was Fireball als nervig einstufte, und eine kleine Brise zog über das Land. Er hatte sich den ruhigsten Platz gesucht, denn er auf die Schnelle auftreiben konnte. Der Jahrestag stand bevor. Der Tag, an dem die letzte Schlacht zwischen Outridern und Menschen geschlagen worden war. Er kauerte sich auf den Boden und starrte in die Ferne. Er beobachtete die Sterne und dachte an die Zeiten, als auf Ramrod alles paletti war und es niemanden gestört hatte, wenn er mit April rumhing. Niemals hätte er sich träumen lassen, ohne die anderen drei auskommen zu müssen. Er wollte die Zeit zurück drehen und seine Fehler wieder gut machen. Da setzte sich jemand neben ihn und fragte: "Ist bei dir alles in Ordnung?" Es war Chris, der seinem Kumpel gefolgt war. Die letzten Monate hatte er schon öfters die Beobachtung gemacht, dass Fire sich abkapselte von den anderen und immer alleine verschwand. Er hatte eine enorme Veränderung an Fireball festgestellt und machte sich Sorgen um seinen Freund. Fire antwortete leise: "Alles in bester Ordnung. Geh ruhig zu den anderen und begießt den Sieg miteinander." Chris zwang Shinji, ihn anzusehen: "Mit dir ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung, das weiß ich schon seit der ersten Woche nach deiner Ankunft. Shinji, rück endlich mit der Sprache raus. Ich seh doch, wie es dich innerlich zerfrisst. Du bist nicht mehr der alte, seit du bei diesen Star Sheriffs warst." Fire merkte, wie sehr sich Chris Mühe gab, ihm zu helfen und deshalb erzählte er ihm alles von April bis hin zu Commander Eagle. Er war den Tränen nahe: "Ich hab's gründlich verbockt. Ich würde April so gerne in meine Arme schließen und das alles einfach vergessen, aber ich darf nicht." Von diesem Abend an kümmerte sich Chris vermehrt um Fireball und versuchte, ihn aufzuheitern und ihm beizustehen. April blieb zunächst die Sprache weg. Diese Seite von Fireball hatte sie nie kennen gelernt. Normalerweise war er immer der erste, der den Mund aufmachte, wenn ihm was gegen den Strich ging oder wenn es ihm nicht gut ging. Gut, wenn es ihm nicht gut ging, wurden die Bemerkungen diesbezüglich sarkastisch, aber dass er alles in sich hineinfraß, wusste April bis jetzt noch nicht. Sie sprach mit Chris über ihre Erfahrungen mit Fire und dass es nicht immer leicht mit ihm gewesen war. Chris nickte und meinte: "Wann ist es schon einfach mit einem Menschen, der dich in- und auswendig kennt? Da kommen Reiberein zwangsläufig vor." April lächelte zum ersten Mal seit Tagen wieder: "Du bist wohl auf das Psychische Innenleben spezialisiert?" Sie erkannte, dass Chris sich viel mit Fireball und auch ihr, obwohl er sie nur aus Fires Erzählungen kannte, auseinandergesetzt hatte. Das imponierte ihr ein bisschen. Von wem konnte man heutzutage noch behaupten, er mache sich Gedanken um seine Freunde und Mitmenschen? Sie fand Chris in den schweren Tagen eine große Hilfe und wollte ihn an diesem Abend nicht gehen lassen. Sie wollte nicht wieder eine ganze Nacht lang alleine sein und sich mit ihren Gedanken quälen. Einige Wochen vergingen und alles schien seinen neuen gewohnten Lauf zu gehen. April ließ es sich nicht nehmen, Fireball einmal am Tag zu besuchen. Auch Colt und Saber schauten öfters im Krankenhaus vorbei, sie konnten dies allerdings nicht täglich tun. Colt und Saber trafen sich einen Nachmittag in ihrem alten Kaffeehaus. April hatte einmal mehr abgesagt, sie hatte anscheinend keine Zeit. So saßen die beiden ohne ihre Damen im Kaffeehaus. Colt musste unbedingt was loswerden. Und zwar bezüglich Fireball. Er hatte die letzten Wochen ausgiebig dazu genutzt, einiges mehr über seinen alten Kollegen in Erfahrung zu bringen und auch mit Eagle hatte er lange Gespräche geführt. Kapitel 6: ganz neue Einblicke ------------------------------ Hier kommt wieder ein kleiner Teil meiner Geschichte. Ich hoffe, ihr seid nicht allzu genervt von dieser Stückelei. Über Kommentare freu ich mich wie immer tierisch. Eagle hatte ihm zum Beispiel viel über Fireballs Vater erzählt und natürlich nicht außer Acht gelassen zu erwähnen, dass Fire das genaue Gegenteil seines Vaters war. Von Chris hatte Colt nicht nur erfahren, dass er sich zurückgezogen hatte, sondern auch, dass Fireball kein Interesse mehr an anderen Bekanntschaften zeigte. Colt beugte sich zu Saber: "...Verstehst du das, Säbelschwinger? Der hatte die hübschesten Mädchen um sich und keine einzige hat er angeschaut." Saber musste schmunzeln: "Da wärst du natürlich schon wieder im Paradies gewesen, wenn du Robin nicht hättest. Ich kenn dich doch, Colt. Und was Fire betrifft, dem hat die Liebe ins Gesicht geschlagen." Colt musste allerdings noch etwas loswerden: "Dir ist schon klar, dass wir von unserem Hombre fast nichts wissen, oder? ...Gut, dass er zufällig ins KOK geschlittert ist, bekommen wir beide ja noch hin, aber was jetzt kommt, wird dich von den Socken hauen. Als mir das Eagle erzählt hat, bin ich einen Stock tiefer gesessen. ...Fire war ursprünglich -," Colt wurde von April unterbrochen, die zufällig hereingeschneit kam: "Hi, Jungs!," Sie wirkte wieder etwas frischer als die letzten Wochen, dennoch war ihr anzumerken, dass sie sich Sorgen machte. Chris hatte sie auch mit: "Chris kennt ihr eh noch. Dürfen wir uns zu euch setzen? ...Wovon habt ihr gerade gesprochen?" Colt sah April und Chris mit großen Augen an: "Nichts Wichtiges. Nur, was mir Robin gestern noch erzählt hat. Sie ist so was wie eine Dorftratsche, zumindest manchmal." Saber nickte auffällig ein ja, damit es nicht zu gelogen aussah. April harkte nach: "Und? Was läuft so in Yuma?" Jetzt geriet Colt ins Schwitzen: "Tja, äh... Die Kleine bei uns nebenan ist schwanger." Saber hätte sich fast an seinem Tee verschluckt. Lügen konnte Colt noch nie richtig. April grinste übers ganze Gesicht: "Klar doch. ...Wart ihr heute schon bei Fire?" Saber verneinte: "Nein, heute noch nicht. Wart ihr denn bei ihm?" Chris bestellte für sich und April und antwortete dann: "Ich war heute schon bei ihm und hab dort mit seinem Arzt gesprochen. Anscheinend befindet er sich auf dem Weg der Besserung. Wider Erwarten ist die Schwellung im Gehirn zurück gegangen und er zeigt schon die ersten Zeichen des Erwachens." Colt wie auch Saber freuten sich über die gute Nachricht. Sie war ziemlich die erste gute Neuigkeit seit Fires unerwarteten Auftauchen. Die vier tranken miteinander noch ein Gläschen und danach machten sich April und Chris wieder auf den Weg. Sie müssten noch dringend was erledigen, wie April es titulierte. Nachdem April und Chris bei der Tür des Cafes draußen waren, lehnte sich Colt zurück und seufzte: "Was soll ich dazu jetzt sagen? Hat der doch einfach unsere kleine April angebaggert." Saber fiel ein Stein vom Herzen, er dachte schon, er hätte eine ernstzunehmende Seestörung: "Dann hab ich also doch keine Halozinationen. ...Du, was wolltest du mir vorhin über Matchbox erzählen?" Saber war die Neugierde ins Gesicht geschrieben. Colt lehnte sich locker über den Tisch, achtete darauf, dass er seine Ärmel in kein Getränk tauchte und meinte in einem mysteriösen Tonfall: "Die ganze Sache ist auf Eagles Mist gewachsen, damit du mich nicht falsch verstehst. Fire war eine Art Austausch. Eigentlich war der Junge ein Polizist und hat bei uns quasi geschnuppert." Saber konnte dieser Ausführung allerdings nicht sonderlich gut folgen. Anscheinend hatte er einige wichtige Details nicht gehört: "Was jetzt? Polizist? Der Junge ist doch keine 19 Jahre alt! ...Und das Rennfahren? Was für ein Austauschprogramm? ...Colt! Bind mir ja keinen Bären auf!" Colt grinste triumphierend von einem Ohr bis zum andern: "Hab ich mir gedacht. Also, Rennfahrer war er hobbymäßig. Als er zu uns gestoßen ist, war er für eine WM beurlaubt. Gearbeitet hat er bei der Japanischen Polziei. Bitte frag mich nicht, in welcher Abteilung er da war. Ich weiß nur, dass er gut war. Du weißt ja, dass das KOK mit verschiedenen Polizein zusammenarbeitet. Fire war der beste und hat sich freiwillig für den Austausch gemeldet. Eagle dachte eigentlich, dass er wie sein Vater wäre. ...Naja, das war nicht der Fall, wie wir alle erfahren durften. Er hat bei Eagle öfters auf den Tisch gehauen. Hitzig war er öfter, was seine Referenzen auch zeigen." Colt hatte sehr leise gesprochen, weil er diese Details nicht an die große Glocke hängen wollte. Schließlich ging es auch niemanden im Cafe etwas an. Saber grübelte indes: "Aha. Und warum ist er dann Rennfahrer geblieben?" Diese Frage brachte auch Colt zum Nachdenken. Wäre er Fireball gewesen, so wäre er wieder zur Polizei gegangen und nicht in den Rennsport. Er zuckte die Achseln: "Keine Ahnung. ...Ich würde allerdings zu gerne seine Hundemarke sehen." Kapitel 7: Zeit des Erwachens ----------------------------- Hier kommt wieder ein kleiner Teil, hoffentlich werd ich irgendwann fertig *g* Saber warf ihm einen bösen Blick zu: "Colt! ...Ist das das einzige, was dich interessiert?" Colt grinste verschmitzt: "Wenn du mich so fragst: Nein! Ich will auch noch dies oder das erledigen, bevor ich so ende, wie Fire," als er merkte, dass er ins Fettnäpfchen getreten war, korrigierte er sich sofort: "Was natürlich nicht heißt, dass ich nicht daran glaube, dass er wieder gesund wird." Die beiden verfielen in eine Diskussion, wobei sie April und auch Chris mit einigen Sätzen bedachten. Die beiden waren nicht blind, wie gesagt, und sie konnten sich ausmalen, dass mehr zwischen dem blonden Star Sheriff und dem Rennfahrer lief. Beide sahen diese Liaison mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits waren sie erfreut zu sehen, wie sich die beiden verstanden, andererseits wollten sie aber lieber Fireball an Chris' Stelle sehen. April saß auf einer Parkbank. Sie genoss die wenigen Sonnenstrahlen, die der November noch zu bieten hatte. Auf Yuma war es, Gott sei Dank, auch in den Wintermonaten nicht so kalt wie sonst wo, auch wenn das Thermometer nur noch auf +10°C kletterte. Chris hatte sie nach Hause geschickt. Sie wollte noch ein bisschen alleine sein. Auf der Wiese spielte eine Gruppe Kinder und die hatten sichtlich Spaß dran. Nur ein Kind stand etwas außerhalb und spielte nicht mit. Es sah ein bisschen traurig aus. Das Kind beobachtete den Spielablauf und die anderen Kinder genau. Eine Frau ging mit ihrem Hund Gassi. Es war ein kleiner Dackel oder so was in der Richtung. Auf alle Fälle aber war es ein kleiner Hund mit einer großen Schnauze. April senkte den Blick und sah auf ihre Schuhe. Zwei Monate waren seit Fireballs Unfall vergangen. Mit ihrem Vater hatte sie nur einmal ganz kurz gesprochen, sie war zu tiefst verletzt von ihm worden. Commander Eagle wollte seiner einzigen Tochter noch einmal erklären, dass es zu ihrem besten geschehen sei. Nächtelang hatte sie wach gelegen. Sie hatte stundenlang geweint und niemand hatte sie getröstet. Obwohl sie ihren gewohnten Weg wieder zu gehen schien, kämpfte sie mit diversen Gewissensbissen und auch Ängsten. Sie gab sich immer noch die Schuld an Fires Unfall und sie konnte ihn nicht ungeschehen machen. Seit dem Unfall war sie einmal am Tag im Krankenhaus gewesen, hatte oft mit dem Arzt gesprochen, doch dieser konnte ihr immer nur das selbe, fast gleichgültige, Achselzucken zeigen. Sie hatte stundenlang an seinem Krankenbett gesessen und hatte um sein Leben gebangt. Oft hatte sie ihm von den Dingen erzählt, die sie ihm schon immer mal sagen wollte und obwohl sie erleichtert sein sollte, dass es mit Fire bergauf ging, bekam sie doch eher ein beklemmendes Gefühl. In den letzten Monaten vertiefte April ihr Verhältnis zu Chris. Sie fühlte sich dem Rennfahrer auf eine eigenartige Art und Weise verbunden. Eines Tages hatten sie sich mal getroffen und waren miteinander in Chris Wohnung gegangen, auf einen Tee. Sie redeten stundenlang und plötzlich stieß es Chris hervor. Er gestand April, dass er Fireball beneidete. Und zwar wegen April. Chris war ins Krankenhaus gefahren. Nun saß er an Fireballs Bett und sah an seinem Freund hinab. Er bemerkte, wie sich Fireballs Augenlider bewegten. Er nahm Fires Hand und sprach ihm zu: "Gut so, Junge. Bloß nicht aufgeben. Shinji, April macht sich Sorgen um dich und sie will dich wieder haben. Du fehlst ihr. Du fehlst uns..." Fireball zeigte allerdings keinerlei Reaktion. Chris schüttelte den Kopf und flüsterte betrübt: "Komm doch wieder ins Leben zurück." Ohne es zu merken kullerte dem abgebrühten Rennfahrer eine einzige dicke Träne über die Wangen. Niemals hätte er gedacht, dass er sich an Fireball so gewöhnen könnte und ehrlich gesagt, hatte er ein irrsinnig schlechtes Gewissen seinem Kumpel gegenüber. Er hatte die Situation einfach schamlos ausgenutzt, während Fireball im Koma lag und mit dem Tod kämpfte. Chris hatte sich an April herangeschmissen. Er war ihr zu nahe gekommen, für seinen Geschmack, obwohl er es nicht wollte. Dieses schlechte Gefühl, dem besten Freund vielleicht die Liebe seines Lebens ausgespannt zu haben, machte Chris fast wahnsinnig. Am liebsten würde er es Fireball gleich jetzt beichten, doch er konnte nicht. Er konnte Shinji nicht ins Gesicht sehen und ihm die Wahrheit sagen, auch, wenn er sicher war, dass keine Antwort kommen würde. Robin hatte Synthia zu sich eingeladen. Die beiden saßen auf der Wohnzimmercouch mit einigen Zeitschriften in der Hand und beobachteten Jessica immer wieder. Das kleine Mädchen war eingeschlafen und die beiden Frauen versuchten, sich so leise wie möglich zu unterhalten. Die kleine Jessica wurde ihrem Vater von Tag zu Tag ähnlicher, so schien es den beiden. Die blauen Augen, das krause Haar, das den selben Haselnuss Ton hatte wie das ihres Vaters. Robin seufzte: "Saber hat dich also wirklich gefragt? ...Wie hat er das bloß angestellt?" Die blonde Lehrerin konnte noch immer nicht so recht glauben, dass sich Saber endlich dazu durchgerungen hatte. Synthia starrte auf das Titelblatt eines Magazins: "Gestern Abend haben wir zusammen gegessen. Ganz romantisch bei Kerzenschein. ...Plötzlich ist er vor mir auf die Knie gegangen und hat um meine Hand angehalten..." Synthia bekam wieder ein ganz zartes Lächeln auf ihrem Gesicht und ihre Augen strahlten. Robin freute sich für ihre Freundin. Endlich war aus Sabers und Synthias Beziehung etwas Festes, etwas Endgültiges geworden. Seit sich die beiden kannten, führten Synthia und er eine Art Fernbeziehung. Synthia war öfters auf Besuch gekommen. Zwar in regelmäßigen Abständen, aber doch zu selten, als dass sie als seine feste Freundin bezeichnet werden konnte. Nun war Synthia schon ganze zwei Monate auf Yuma, ein wahrer Rekord. Seit Fireballs Unfall war Synthia nicht mehr nach Hause gefahren, sie hatte sich für Saber und gegen den KOK-Kindergarten entschieden. Die beiden blätterten allerhand Zeitschriften durch. Von der aktuellen Tageszeitung bis hin zu einem Brautmagazin war alles dabei. Robin schlug den Sportteil auf und las über das letzte Formel1 Rennen einen Artikel. An sich war er nicht anders als alle anderen Artikel auch, doch der Schluss ließ Robin erschaudern: "Nicht am Start waren Christian Longemont und Shinji Hikari. Hikari hatte vor zwei Monaten nach dem Yuma Ball einen schweren Autounfall und Christian Longemont kümmert sich nach Angaben seines Rennstalles derzeit um ihn. Beide hinterlassen im Rennzirkus eine Lücke..." Synthia schüttelte den Kopf: "Noch blöder hätten sie nicht schreiben können, oder? ...Robin, ich hoffe, dass Fireball bald aufwacht." Robin stimmte ihrer Freundin zu. Die ganze Geschichte war alles andere als ein Zuckerschlecken für die Beteiligten. Das stete Bangen um Fireball nagte allen am Nervenkostüm. "Und ich sage dir, er wird wieder," herrschte Colt Saber neben dem Krankenbett an. Die beiden standen einmal mehr im Krankenzimmer und betrachteten ihren Kumpel. Nichts rührte sich, er schien immer noch im Tiefschlaf zu sein. Saber wies Colt zurecht: "Wenn's vielleicht auch ein bisschen leiser geht. ...Mensch, du hast wirklich keine Manieren." Der Kuhhirte fühlte sich bestätigt: "Noch nie welche gehabt." Er musterte seinen Hombre: "Wie ein Bulle sieht er aber ganz und gar nicht aus." Schon spürte er einen Schmerz auf seinem Kopf. Saber hatte ihm eine derartige Kopfnuss verpasst, dass er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Der blonde Schotte nörgelte: "Colt!!!!" Da bewegte sich Fireballs Hand und der junge Japaner schlug die Augen auf. Die beiden Besucher umarmten sich vor Freude und Colt lachte glücklich: "Mensch, ich wusste doch, dass du zäher bist als alles bisher dagewesene!" Matt und verloren sah Fireball Colt an: "Welchen Tag haben wir heute?" Colt war nicht mehr im Stande zu antworten, er starrte seinen Hombre nur freudeerfüllt an. Dafür antwortete Saber: "Der 13. November." Irritiert sah Fireball zum Fenster hinaus. Keine Blätter waren mehr an den Bäumen, Saber hatte Recht. August war nicht mehr. Wie lange war er denn bewusstlos gewesen, oder hatte er so lange geschlafen? Er sah Colt und Saber verdattert an: "Gestern war doch erst August." Colt war nach Fires Aussage kurz davor loszubrüllen und zu lachen, doch sein Hombre sah ihn käsig an und da verging ihm jeglicher Spaß. Saber stellte sich eine Frage: "Kannst du dich noch an etwas erinnern, Matchbox? An irgendwas?" Zuerst wusste Fire nicht, was Saber damit bezwecken wollte. Doch er tat seinem Kumpel den Gefallen und dachte angestrengt nach. Alles kostete ihn sehr viel Kraft. Er wusste jedoch nur noch, was er als letztes tun wollte: "Ich wollte nach Japan zurück, neu anfangen. April liebt mich ja nicht." Als er den Schmerz in Fireballs Stimme hörte, lenkte Colt gleich vom Thema ab. Er erzählte ihm alles, was passiert war, während er hier gelegen hatte. Er sagte ihm auch, dass sich Chris sehr um ihn kümmern würde. Fire war zwar noch sehr schwach, er konnte jedoch schon wieder eine dicke Lippe riskieren: "Ich glaube, Chris lässt an mir seine Vatergefühle aus." Saber verschwand ganz kurz aus dem Zimmer, er wollte einen Arzt aufsuchen. Nachdem er endlich den zuständigen Arzt gefunden hatte, tätigte er noch kurz ein Telefonat: "Ich bin es, Saber. Fire ist aufgewacht." Die Stimme am anderen Ende atmete auf: "Gott sei Dank. Ich werde April anrufen." Schon war der Anruf erledigt und Saber wollte wieder zu seinem Freund ins Krankenzimmer. Doch der Arzt drückte, gerade als er das Zimmer betreten wollte, Colt durch die Tür heraus: "Sie wissen ganz genau, dass Sie in diesen Minuten nichts bei Mr. Hikari verloren haben!" Da ging die Tür auch schon wieder zu. Colt drehte sich gegen die Tür und nörgelte: "Dieser Arzt ist so dermaßen unsympathisch, ist er. Ich könnte ihn, wenn er nicht..." Saber versuchte seinen Scharfschützen zu beruhigen: "Er will Fireball doch nur helfen, Cowboy," er lehnte sich gegen eine Wand: "Ich hoffe, dass er keinen bleibenden Schaden zurückbehalten wird." Colt fischte sich einen Stuhl und setzte sich verkehrt darauf. Er zog seinen Hut tiefer ins Gesicht und seufzte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er gelähmt sein soll. Er doch nicht! Fire war immer auf den Beinen, seit ich ihn kenne. Der Junge hat Hummeln im Arsch, wie soll der ruhig sitzen bleiben können?" Sabers ComGerät machte sich diesen Moment bemerkbar. Er hob ab: "Hallooooo, Schwester!" April strahlte ihm auf dem kleinen Bildschirm entgegen: "Hallo, Saber. Ich hab grad die gute Nachricht von Daddy erfahren! ...Wie geht es ihm?" Saber lächelte. Er freute sich, seine beste Freundin wieder lächeln zu sehen, es erfüllte sein Herz mit Wärme: "Das wissen wir selbst noch nicht so genau. Der Arzt untersucht ihn gerade." April nickte: "Ich schau später mal vorbei, ich möchte kurz mit ihm allein reden." Colt hatte natürlich mitgelauscht und schaltete sich sofort zu: "Aha! Willst du ihm was Bestimmtes mitteilen, Kleines?" Der blonde Star Sheriff konterte schnippisch: "Klar, ich will ihm so richtig die Meinung geigen, was denkst du denn?!" Kapitel 8: Freunde? Freunde! ---------------------------- So, wer hätte gedacht, dass ich am Tag meiner Französischmatura noch die Lust habe, was zu schreiben?! Muss wohl eher an der Langeweile liegen, die ich heute in der Klausur, oder wie die Österreicher das titulieren: "Diplomarbeit", hatte. Ich hoffe, dieses kleine Kapitel bringt neue Aspekte. Ansonsten viel Spaß Colt allerdings verstand den Witz nicht so ganz: "Du weißt aber schon, dass man Fireball momentan alles andere als beschimpfen sollte?! April, hast du kein Herz, Mädchen?" Bevor sich April rechtfertigen musste, kam ihr Saber zur Hilfe: "April hat nur einen Spaß gemacht, Kuhhirte! Sie würde ihm nie eine Standpauke halten, glaub mir das." April verabschiedete sich noch schnell von den beiden und versicherte ihnen, dass sie bald im Krankenhaus ankommen würde. Fireball wurde währenddessen vom Arzt untersucht. Er stellte ihm etliche Fragen und tastete ihn forschend ab. Fireball dachte nach, an die Frage, die ihm Saber kurze Zeit zuvor gestellt hatte. Was war eigentlich vor dem Unfall alles passiert? Er konnte sich nicht erklären, warum er hier im Krankenhaus lag, bereits November war und er den Faden komplett verloren hatte. Der Arzt riss ihn aus seinen Gedanken: "Mr. Hikari?? Spüren Sie das hier, hab ich Sie gefragt?" Er hatte seine Beine abgetastet, ihn manchmal sogar absichtlich gezwickt, doch der Japaner zeigte keine Reaktion. Fireball sah ihn verwundert an: "Was soll ich denn spüren?" Nun verfolgte er aufmerksam die Bewegungen des Arztes. Dieser fragte ihn noch einmal, ob er etwas gespürt habe. Fireball sah ihn an: "Nein. Das fühlt sich nur an, als wären mir die Beine eingeschlafen." Langsam roch Fireball, dass irgendetwas nicht so war, wie es normalerweise hätte sein müssen und er bekam Muffensausen. Mit Argusaugen sah er den Arzt noch immer an. Dieser schnappte sich einen Stuhl und setze sich neben Fireball. Er erklärte ihm, welche Verletzungen er hatte, als er hier eingeliefert worden war. Zum Schluss musste er ihm noch die schreckliche Nachricht machen. Er als erfahrener Arzt hatte zwar einige Routine mit heiklen Krankheitsbildern, aber einem Patienten zu sagen, dass er nicht mehr gehen konnte, blieb ihm glücklicherweise sehr oft erspart: "...Dass Sie von der Hüfte abwärts nichts mehr spüren, wird leider so bleiben, junger Freund. Wie gesagt, der Autounfall war sehr schwer. Sie sind von der Hüfte ab gelähmt. Es tut mir leid für Sie." Fire stockte der Atem. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein oder ein ganz mieser Traum, aus dem er gleich aufwachen würde. Er konnte sich nicht vorstellen, nie wieder einen Fuß vor den anderen zu setzen, geschweige denn nie mehr ein Auto zu steuern. Ihm war nicht geheuer, was der Arzt gerade so locker in den Raum hatte fallen lassen. Er forschte nach: "Die sind wohl eher gebrochen, oder Doc?" Als er den Arzt kopfschüttelnd das Zimmer verlassen sah, wusste er, dass es wahr war. Obwohl er von dieser schrecklichen Nachricht mitgenommen war, konnte er nicht darauf reagieren. Ihm war es nicht möglich ein Wort zu sagen, oder eine Faust zu ballen. Für Fireball brach die Welt zusammen. Gleich nachdem der Arzt die Türe aufgemacht hatte und gegangen war, kamen auch Colt und Saber wieder ins Zimmer. Sie wollten noch einmal nach ihrem Kumpel sehen und setzten sich neben ihm aufs Bett. Bevor die beiden etwas sagen konnten, sah sie Fireball niedergeschmettert an und fragte sie hilflos: "Habt ihr das gewusst?" Dabei deutete er auf seine Beine. Colt zuckte mit den Schultern, er hatte die Deutung nicht gesehen: "Was sollen wir gewusst haben?" Fireball deutete noch mal auf seine Beine, diesmal deutlicher: "Das hier!", er war den Tränen nahe: "...Mein Leben ist im Arsch." Betrübt sahen sich Saber und der Kuhhirte an und stellten die traurige Wahrheit fest. Da die beiden Herren keine Antwort von sich gaben, schlug Fire vor Zorn mit der Faust auf seine Beine: "Ich kann nichts mehr machen, verdammt noch mal!" Erschrocken sah Saber wieder auf den jüngsten und versuchte ihn sofort zu beschwichtigen: "Das ist doch gar nicht wahr! Es gibt so viele Dinge, die du tun kannst." Und auch Colt wollte ihm Mut machen: "Das darfst du nicht sagen! Du wirst wieder gesund werden. Außerdem hast du ja noch uns." Fire schüttelte den Kopf und schrie Colt fast an. Er wusste weder vor noch zurück: "Wie soll ich verdammt noch mal gesund werden?!" Jetzt war Colt mit seinem Kuhhirtenlatein am Ende. Er sah Saber bittend und fragend an, er solle doch bitte helfen. Dieser näherte sich auf Colts stimmlosen Hilferuf Fireball und sprach ihm zu: "Junge, das wird schon werden." All der Zorn schlugen bei Fireball plötzlich in Traurigkeit um. Er erkannte, dass alles Schimpfen und Fluchen nichts half. Mit tränenertränkter Stimme bat er seine Freunde: "Lasst mich bitte allein, bitte." Ihm kam die ganze Welt wie ein lächerlicher Witz vor und er, ein kleiner unbedeutender Rennfahrer, der aus seinem Bleifuß Kapital schlug, war der Clown der Nation. Er kam sich von allen verlassen vor. Dennoch konnte er es nicht ertragen, seine Freunde noch länger neben ihm sitzen zu sehen. Er wollte mit seinem Schmerz alleine klar kommen. Die letzten Monate hatte sich aber wirklich alles gegen ihn gewendet. Colt und Saber erkannten, wie sehr sie momentan störten und verließen betreten das Zimmer. Sie wollten Fireball helfen, doch sie wussten nicht, wie. An Saber und Colt fegte ein blonder Blitz vorbei und wollte in Fireballs Zimmer. Doch Colt war reaktionsschnell genug, um sie noch am Ärmel zu erwischen. Er sah sie traurig an: "Halt. Warte mal... April, bevor du Fire besuchst, solltest du wissen, dass...," Colt sprach nicht weiter. Er wusste nicht genau, wie er April diese Nachricht am besten unterbreiten konnte. Oh, wie er solche Situationen hasste. Nie konnte er die richtigen Worte für die Situation finden. Er versuchte etwas tollpatschig Fireballs Situation zu umschreiben. April lauschte seinen Worten. "Äh, dass er... na ja, er... April? Ihm geht's nicht so sonderlich gut." Um ein bisschen Bestätigung für sein Schaffen zu bekommen, blinzelte Colt zu Saber, der nur nickte. Also war er nicht so schlecht gewesen, wie er befürchtet hatte. April allerdings war mit Colts Ausführungen nicht so glücklich. Sie hatte von ihrem Vater erfahren, dass er wieder aufgewacht war, und sie wollte nach ihm sehen. Normalerweise würden sie Colt und Saber nicht daran hindern, aber sie hielten sie schon verdächtig lange vor der Zimmertür auf. Sie fragte skeptisch: "Wieso?" Ehe Saber oder Colt noch eine Antwort geben konnten, hörten die drei das Klirren eines zerspringenden Glases. Das nächste Geräusch war ein ziemlich lautes: "Au! Scheiße!!" von Fireball. Erschrocken fuhren die drei herum und stürzten in das Zimmer. April stand sofort neben seinem Bett: "Was ist mir dir?" Sie klang sehr besorgt. Seit Monaten war das das erste Lebenszeichen von Fireball für sie und sie musste ein Fluchen vernehmen, das sich gewaschen hatte. Sie machte sich ernsthafte Sorgen um ihn, auch wenn sie noch immer nicht wusste, wie sie zu ihm stand. Sie wollte ihn am Arm anfassen, doch Fireball stieß sie weg. Mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck rieb er sich den Kopf: "Ach nichts! Ich wollte was trinken, hab mir den Kopf angehauen und vor Schreck und Schmerz das Glas fallen lassen. So ein verdammter Mist!" April wusste nicht, was sie tun sollte. Fireball hatte sich nie so abweisend verhalten. Sie schüttelte den Kopf und ging zu Saber, der am unteren Ende des Bettes neben Colt stand. Der blonde Star Sheriff neigte seinen Kopf zur Seite: "Tut dir der Kopf weh?" Fire sah ihn zornig an: "Wonach sieht's denn sonst aus? Au, verdammt!," er ließ sich wieder in die Kopfkissen zurücksinken und schloss die Augen. Saber nahm April in den Arm und drehte sich um: "Ich glaube, der will schlafen. Lassen wir ihn alleine." April drehte sich noch einmal kurz Fireball zu: "Kann ich später mit dir reden?" Fire nickte nur matt: "Klar, wenn du willst." April grüßte ihn noch mal und schloss die Zimmertür. Die drei gingen in den Park um sich ein bisschen frische Luft zu gönnen. Und die Luft war im wahrsten Sinne des Wortes frisch. Saber wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, wie es um Fireball stand, als sich sein ComGerät bemerkbar machte. Er bat seine Freunde um Entschuldigung: "Sorry, ich heb schnell ab." Er drehte sich um und ging einige Schritte bevor er abhob: "Rider." Ein Mädchen meldete sich: "Heidiho, edler Schwertschwinger!" Saber verlor kurz seine Sprache. Am anderen Ende der Leitung war Mandarin! Es war Mandy. Das Mädchen hatte sich seit Fires Unfall nicht mehr bei ihnen gemeldet und als ob sie es riechen würde, rief sie ihn jetzt an. Saber schluckte erst mal: "Mandarin! Verdammt, wo bist du nur?! Ich hab die letzten Monate über versucht, dich zu erreichen, aber ich hab dich nie erwischt!" Mandarin zügelte Sabers plötzlichen Eifer ein bisschen: "Ruhig Blut, Saber. Ich war auf einer Geheimmission und für niemanden zu erreichen. So einfach ist das. ...Was ich dich fragen wollte: Wie geht's unserem Heimkehrer? Er ist doch auf Yuma geblieben, oder nicht?" Und jetzt fehlte Saber jegliche Sprache. Mandarin wusste anscheinend von gar nichts: "Wo lebst du eigentlich, Yamato?!," fragte er sie aufgeregt. Mandarin wurde leicht böse auf Saber: "Hey, ich kann nichts dafür, dass mich das KOK einfach irgendwohin schickt. Was ist jetzt bitte auf Yuma los?! Haben sich April und Fire gefunden, ist er wieder abgehauen oder haben sie sich lieb?" Saber seufzte: "Abhauen wollte er. ...Mandy, er hatte in dieser Nacht einen schweren Autounfall." Nun war Mandarin der Verzweiflung nahe: "Bitte wie? ...Saber, wie geht es ihm?" Saber konnte sich einen kleinen sarkastischen Satz nicht verkneifen: "Ach, weißt du, er war im Koma ist heute aufgewacht und hat erfahren, dass er nicht wieder gehen kann. Aber sonst geht's ihm gut," er verfiel wieder in seine alte Tonlage: "Wo bist du, Mandy?" "Ihr seid im Yuma Bay Krankenhaus, oder? Saber, ich bin in fünf Minuten da." Ehe Saber noch irgendwas fragen konnte, hatte das rothaarige Ding schon aufgelegt. Er starrte noch kurz auf das Display seines ComGeräts und drehte sich zu seinen Freunden: "Kennt sich einer von euch bei Fräulein Yamato aus?" April antwortete Saber mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht: "Nein, aber sie gehört schließlich auch nicht zu unserem Team," da wurde sie traurig, denn sie dachte an Fireball und dass sie von ihm auch nichts wusste: "...Ehrlich gesagt, bei manchen in unserem Team kennt man sich auch nicht aus." Betrübt seufzte sie. Colt legte einen Arm um sie und sah Saber mit einem schlechten Gewissen an. Sie hatten April noch immer nichts gesagt. Der Boss nickte und ging mit April und Colt ins Krankenhauscafe. Es klopfte zaghaft an der Tür. Fire öffnete vorsichtig die Augen und erblickte eine alte Bekannte. Sie war die letzte gewesen, die er vor seinem Unfall gesehen hatte. Leise nahm sie seine Hand und lächelte kraftspendend: "Na, du? Hab ich dich geweckt?" Er nickte schwach: "Wie immer eigentlich, oder?" Mandarin, der Captain mit den roten Haaren, fragte Fireball sorgenvoll: "Ich hab erst heute erfahren, was passiert ist, Fireball. ...Es tut mir alles so leid, dass ich nicht bei dir sein konnte. Wie fühlst du dich?" Fire verzog das Gesicht: "Was willst du von mir hören? Soll ich dir sagen, dass ich mich wohl fühle?" Er sprach mit Mandarin ganz leise und ruhig, ihre Gegenwart versprühte eine wohlige Wärme und gab ihm ein bisschen Vertrauen. Er seufzte: "Mandy? Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch leben will. Ich bin gelähmt und kann absolut nichts mehr machen. ...Ich bin ein Krüppel, zu nichts mehr nutze." Mandarin erstarrte bei diesen Worten. Noch nie hatte sie Fireball so gezeichnet erlebt und sie kannte ihn jetzt schon ziemlich lange. Sie drückte seine Hand und strich mit ihrer freien über seine Wange: "Jetzt hörst du mir aber mal zu, Kleiner. Du bist kein Krüppel und so weit ich mich erinnern kann, haben schon ganz andere körperlich Benachteiligte die WM gewonnen. Überhaupt im Rennsport. Dieser Jean Alesi ist doch nach seinem Unfall noch DTM gefahren und war auch ziemlich gut. Der hat sich nicht aufgegeben. Und du wirst das auch nicht tun." Fire schluchzte. Ihm war das alles einfach über den Kopf gewachsen. Er kannte keinen Ausweg: "Mandy." Sie nahm ihn in den Arm und versuchte ihn zu beruhigen. Sie hatten den kleinen doch gern und sie konnte einfach niemanden weinen sehen. "Ist schon gut, ich werde bei dir bleiben. Für immer, wenn du das willst." Kapitel 9: ----------- So, ich lass auch wieder was von mir hören. Allerdings nicht viel. Hab leider das Gefühl, dass meine Geschichten nicht mehr lesenswert sind. Meine Muse küsst mich auch nicht mehr *heul* Unten im Krankenhausrestaurant saßen die drei und warteten nun schon eine geschlagene halbe Stunde auf Mandarin. Colt stützte den Kopf auf eine Handfläche und seufzte: "Die hat noch nie was von Pünktlichkeit gehört." Und auch Saber ließ einen Seufzer von sich hören. Allerdings nicht einen, weil Mandarin auf sich warten ließ, sondern weil er noch immer nicht wusste, wie er April nun mitteilen sollte, was mit Fireball war. Gut, er war aus dem Koma aufgewacht, aber er konnte nicht mehr gehen und das wusste April nicht. Saber konnte seiner Arbeitskollegin und einer seiner besten Freunde die Wahrheit nicht einfach kurz und knapp ins Gesicht sagen, als sei es das normalste der Welt. Befehle konnte er ohne jede Gefühlsregung weitergeben, doch diese Nachricht hatte auch ihn getroffen. Seit er Fireball kannte, hatte er den Jungen nicht ein einziges Mal faulenzen gesehen und er konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass er für immer in einen Rollstuhl gefesselt sein sollte. Nach einem kräftigen Schluck vom Tee rang sich Saber endlich dazu durch. Er nahm allen Mut zusammen und setzte an: "April? Ich muss dir noch was sagen." Das blonde Mädchen sah Saber erstaunt an. Irgendwie hatte sie ein ganz ungutes Gefühl. Wenn Saber so diplomatisch ein Gespräch begann, konnte nichts Gutes der Grund für eine solche Unterhaltung sein. Sie zögerte mit ihrer Antwort: "Worum geht es denn?" "Nun, es geht um Fireball. ...Du weißt, dass er einen schweren Autounfall hatte." In April brach plötzlich die Panik aus. Seit Monaten begann sie zu zittern, wenn jemand Fireballs Namen erwähnte. Sei es auch nur, um zu fragen, wie es ihm gehe. Unkontrollierbar begann April zu zittern und ihr schlechtes Gefühl sollte sich in wenigen Momenten bewahrheiten. Saber fuhr fort: "Wir haben mit seinem Arzt gesprochen, nachdem er heute aufgewacht ist. ...April, der Arzt hat uns bestätigt, was sie seit dem Unfall befürchtet haben: Er ist-" "Tut mir leid, dass ich jetzt erst auftauche, war noch kurz bei Turbo im Zimmer!" Mit diesen Worten ließ sich Mandarin auch schon zu den dreien auf den letzten freien Stuhl fallen. Sie begrüßte die drei kurz, aber dennoch herzlich, bevor sie sich einen schwarzen Kaffee bestellte. Sie ließ sich nicht anmerken, dass sie ein sehr ernstes Gespräch mit ihrem Kumpel geführt hatte, sie wollte nicht, dass jemand sie darauf ansprach. Saber verfluchte das Auftauchen Mandys insgeheim. Er war knapp davor, April über alles aufzuklären und sie schnitt ihm das Wort ab. Aber wie er Mandy kannte, hatte sie viel zu berichten: "Ist er noch wach?" Mandarin lächelte: "Ja. Und er hat miserable Laune." Sie versuchte der Situation etwas Normales abzugewinnen. Wenn sie jetzt so über Fireball sprach, als hätte er sich lediglich ein Bein gebrochen, würde das vielleicht auch den anderen helfen, etwas lockerer zu werden. Sie sah ihnen die Anspannung an. Colt stieg ein, er wusste, dass man die Situation nur so überbrücken konnte: "Kein Wunder. Als wir vor einer guten dreiviertel Stunde bei ihm waren, hat er sich seine Rübe angestoßen. Wahrscheinlich hat er jetzt Kopfschmerzen." Da stand April auf. Sie entschuldigte sich: "Ich bin gleich wieder da, ich brauche nur etwas frische Luft." Bevor ihr auch nur einer antworten konnte, war sie schon Richtung Ausgang verschwunden. Sie schnell sie nur konnte, rannte sie in den Krankenhauspark und suchte sich das abgelegenste Plätzchen. Als sie an einer alten, verlassenen Trauerweide vorbeikam, machte sie halt und lehnte sich an den Baumstamm. So sehr sie auch versuchte, stark zu sein, sie konnte es nicht. Obwohl Saber nicht ausgesprochen hatte, was los war, wusste sie instinktiv durch seine Andeutung mit dem Arzt, dass Fireball nie wieder gehen konnte. Dicke Tränen liefen über ihre Wangen und sie schluchzte. Sie wollte sich klein machen, von niemanden dabei gesehen werden, wie sie einmal mehr weinte. Kaunernd ließ sie sich am Baum hinab sinken und umschlang mit ihren Händen die angezogenen Beine. Sie wollte nicht glauben, was in den letzten Monaten passiert war. Hätte sie Fireball damals nicht feindseelig von sich gewiesen, könnten sie jetzt eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Stattdessen saß sie unter dieser Trauerweide und sie wusste nicht, ob Fireball sie überhaupt noch als Freundin sah. Sie hatte ihn so kalt empfangen, hatte ihn wie einen begossenen Pudel vor allen Gästen auf dem Ball stehen lassen und hatte ihm nicht geglaubt, als er ihr die Wahrheit sagte. Sie fühlte sich so mies. Sie wollte all das so gerne ungeschehen machen und mit Fireball noch einmal bei null anfangen. All ihre Träume waren wie Seifenblasen zerplatzt und auch ihre heile Welt mit ihrem Vater war eingestürtzt. Sie hatte sich furchtbar mit ihm gestritten. Seit Fireballs Unfall hatte sie ihn zwar immer wieder gesehen, doch sie verhielt sich sehr distanziert. April fühlte sich schuldig für Fireballs Leid. Dass sie auch noch mit Chris ein bisschen angebandelt hatte, konnte sie sich nicht verzeihen. Ihre blonden Haare wehten strähnig im Wind und es schien, als würde auch der Wind ihre Gefühle teilen. "Wir sollten nach Hause gehen, Colt. Synthia wartet bestimmt schon auf mich." So erhob sich auch Colt und tat es Saber gleich: "Nur wenn du mich mitnimmst, Säbelschwinger." Die beiden verabschiedeten sich von Mandarin und gingen auf den Parkplatz. Colt sah Saber skeptisch an: "Willst du April denn nicht suchen?" Saber kramte den Autoschlüssel hervor und erklärte seinem Kumpel: "Nein. April weint sich jetzt aus. Sie will jetzt niemanden sehen. Und wer weiß, vielleicht geht sie, wenn sie sich wieder besser fühlt, zu Fireball." Colt nickte nur und setzte volles Vertrauen in Sabers Menschenkenntnis. Manchmal war es ihm schon fast unheimlich, was Saber alles voher sagen konnte. Er hatte sich auch schon überlegt, ihm einen anderen Spitznahmen zu geben. Das ließ er aber lieber bleiben. Schweigend machten sich die beiden auf den Heimweg. Auch Mandarin hatte das Restaurant verlassen und machte sich auf den Weg Richtung Heimat. Wie gut Saber und Colt die ganze Angelegenheit managten machte sie sprachlos. Sie waren mit soviel Geduld und auch Hoffnung dabei. Sie waren gute Freunde. Und die würde Fireball in den schweren Stunden brauchen. Kapitel 10: erste Worte ----------------------- So, ich meld mich auch mal wieder zu Wort, schön langsam gehts wieder aufwärts *g* Erschöpft sank sie wie ein Häufchen Elend an der Trauerweide zusammen. Immer wieder bahnten sich Tränen ihren Weg, obwohl sie nicht mehr weinen wollte. Sie wollte keine Tränen mehr wegen Fire vergießen. Die letzten Monate hatte sich April jeden Abend in den Schlaf geweint, obwohl sie wusste, dass es Fire kein Stück weit helfen würde. Sie wusste nicht, ob sie zu Fire ins Krankenhaus gehen sollte. Als sie vorhin mit Colt und Saber drinnen war, hatte er sie angefaucht. Ob jetzt jemand bei ihm war? April konnte sich nicht vorstellen, dass er in so einer Situation jemanden um sich haben wollte. Er konnte ja schon niemanden ertragen, wenn er wieder einen Gefühlsausbruch hatte. April konnte sich nicht dazu durchringen, jetzt mit ihm zu sprechen. Sie wollte ihn nicht auch noch mit ihren Problemen belasten, die verschwindend gering im Vergleich zu Fires waren. nach langem Hin und Her beschloss April, ihm am nächsten Tag eine Nachricht zukommen zu lassen. Mit wackeligen Beinen machte sie sich auf den Weg zu ihrem Appartement. Fireball lag in seinem Zimmer und starrte an die Decke. Er versuchte, Antworten zu finden. Was vor dem Unfall geschehen war, wusste er nur noch bruchstückhaft. Der ganze Abend war ein einziges Puzzle für ihn. Er wusste noch genau, dass er auf dem Ball April getroffen hatte. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, wie sie auf ihn reagiert hatte und warum er danach noch zu ihr gefahren war. Das letzte an das er sich erinnerte war, dass er viel zu schnell auf einer Landstraße unterwegs war und sich hundeelend gefühlt hatte. Er konnte sich auch noch daran erinnern, dass er nach Japan fliegen wollte und wieder in sein altes Leben zurück wollte. Dann wusste er von nichts mehr. Es machte ihn wütend, nichts von den letzten Monaten, die er im Koma lag, geschweigedenn von den Gesprächen, die er mit April vor dem Unfall geführt hatte, zu wissen. Das konnte doch alles schlecht wahr sein. An seine Beine wollte er gar nicht erst denken, es würde ihn nur noch deprimierter machen. Als er sich umdrehte und zum Fenster raussah, stiegen ihm die Tränen in die Augen. Die Sonne ging bereits unter und ihm wurde bewusst, dass er die Nacht ganz alleine verbringen würde. Allerdings wollte er nicht alleine sein, schon gar nicht jetzt. Es schien ihm, als hätte er seinem Glück schon längst einmal Lebewohl sagen sollen. Die Nacht würde lang werden. Immer wieder schreckte er in der Nacht aus seinen Träumen hoch, nur um sich im Krankenhausbett wiederzufinden und daran erinnert zu werden, dass er nie wieder gehen könnte. Die Geschehnisse vor dem Unfall kamen in den Träumen hoch und immer mehr Teile des Puzzles fügten sich zusammen. Plötzlich sah er April vor sich, wie sie ihm klar zu verstehen gab, dass sie ihn nicht wollte... Es klingelte an der Tür. Verschlafen öffnete April und gähnte ihrem Gegenüber entgegen: "Morgen!" Es war Chris, der an diesem Morgen nicht alleine frühstücken wollte. Er hatte ein paar Brötchen und einen kleinen Blumenstrauß unterm Arm. Ganz natürlich gab er ihr ein Küsschen auf die Wange: "Hi Kleines! Gibt's ein bisschen Kaffee dazu?" April ließ Chris an sich vorbei in die Küche. Noch einmal gähnte sie herzhaft und folgte ihm. Als sie Chris so beobachtete, wünschte sie sich insgeheim, dass Fireball hier ein- und ausging, als gäbe es nichts Natürlicheres. Sie setzte eine Kanne Kaffee auf und setzte sich dann zu Chris an den Tisch, der schon Marmelade und Butter aus dem Kühlschrank geholt hatte. Unsicher sah sie ihn an: "Wo kommst du eigentlich her?" "Aus dem Krankenhaus." "Wie geht es ihm?" Chris lächelte: "Es geht ihm schon wesentlich besser. Er hat mir einen Vortrag darüber gehalten, dass ich ihn nicht bemuttern solle und lieber ein paar Rennen gewinnen sollte." April fiel ein Stein vom Herzen, hatte sich Fireballs Laune wenigstens gebessert. Kurzerhand fasste sie all ihren Mut zusammen und entschloss sich, nach dem Frühstück zu ihm zu schauen. Mit Chris machte sie sich dann also auf den Weg. Mit zittrigen Händen klopfte sie an die Krankenzimmertür und hoffte, er würde nicht gleich wieder losmaulen. Vorsichtig lugte April bei der Türe herein. Im Zimmer standen Unmengen von Blumen herum und Fireball unterhielt sich etwas lautstark mit einer Dame. "So versuchen Sie doch wenigstens, sich an den Gedanken zu gewöhnen, Mr. Hikari. Wir wollen Ihnen doch nur helfen. Ich bin Tag und Nacht für Sie da, wenn Sie mich brauchen sollten." Fireball seufzte: "Verstehen Sie mich denn nicht? Sie tun sich da leicht, Sie können ja auch noch gehen," in einem viel sanfteren Ton jedoch sprach er weiter: "Ich war immer ein sehr selbstständiger Mensch und nun kann ich ohne fremde Hilfe nicht mal mehr richtig aus dem Bett. Das ist frustrierend." Die Dame sah ihn mitfühlend an: "Ich verstehe Sie. Und damit Sie wieder selbstständig werden, bin ich da. ...Es wird zwar nicht mehr so sein wie vorher, aber Sie werden sehen, es geht. Ich möchte möglichst bald mit Ihnen anfangen. Am liebsten wär mir noch heute, aber Ihre Ärzte haben mich darauf eingestimmt, dass es noch einige Tage dauern wird, bis Sie fit genug sind." Fire lehnte sich in sein Kissen zurück: "Ich werd' Sie also nicht mehr so schnell los wie ich das sehe... Darf ich zum Du übergehen?" Er reichte ihr die Hand und die brünette Schwester ergriff sie lächelnd: "Gerne, das macht das Zusammenarbeiten viel leichter. Ich bin Rachel." Nun öffnete April die Tür so weit, dass sie eintreten konnte und trat vorsichtig vor Fires Bett: "Hallo? Störe ich gerade?" Rachel stand auf und verabschiedete sich: "Nein, wir haben gerade die Physiotherapie für Herrn Hikari abgeklärt. ...Wiedersehen." Damit war Rachel auch schon bei der Türe draußen. Fireball sah betreten zu Boden: "Ich dachte, du willst mich nicht mehr sehen?" April ergriff seine Hand und sie nahm all ihren Mut zusammen: "Da hab ich auch noch nicht die ganze Wahrheit gewusst, Shinji. Nach dem Unfall hab ich mit meinem Vater einige Gespräche geführt und er hat mir deine Geschichte bestätigt." Fire sah nun zu April auf und wusste nicht recht, was er antworten sollte. Immerhin hatte sie nicht erwähnt, ob sie ihre Meinung geändert hatte. Bevor April noch etwas sagen konnte, wurde die Tür erneut geöffnet und Mandy stolperte förmlich herein. Sie fing sich gerade noch mal und stieß die Tür mit dem Fuß zu. Sie war voll bepackt und lächelte gut gelaunt: "Möhrchen, Kleiner!" Erst jetzt bemerkte sie April. Mandy versuchte zumindest April einen freien Finger zu reichen: "Hi, April. ...Ich hab Frühstück mit. Ich weiß doch, dass die schon um sechs Uhr Terror schlagen." Mandy schob das Tischchen an Fires Bett und breitete ihre Mitbringsel aus. Von einer Kanne Kaffee, über Semmerl bis hin zu einer süßen Überraschung war alles dabei. Fireball strahlte und riss die Kanne Kaffee an sich. Für einen Moment vergaß er seine Probleme und scherzte wie in alten Zeiten: "Das gehört mir! Hoffentlich ist da auch richtiger Kaffee drin, sonst geh ich ein. Alles andere dürft ihr euch teilen, Mädels." Mandy stieg ein: "Immer noch ein Kaffeekind wie? Und wozu hab ich dann die ganzen Leckerein gekauft? ...Mann, die Mühe hätt ich mir sparen können." April versuchte Mandy aufzuziehen: "Och Mandy. Du willst dir doch bloß dein schlechtes Gewissen wegkaufen." Breit grinsend und wohl wissend, was am Abend vor dem Unfall passier war, flachste der Sterncaptain: "Da müsstest du für dein schlechtes Gewissen ein ganzes Festbankett geben, werte April." Stutzig blickte Fire zwischen den Mädels hin und her. Er konnte gerade nicht nachvollziehen, was April und Mandarin vor hatten. Irgendwas musst er verpasst haben, sonst wüsste er, was die beiden spielten. Als die beiden Frauen munter weiter machten, wurde es Fireball zu bunt. ER setzte sich auf und murrte: "Ladies! Ihr seid hier in einem Krankenhaus. ...Was ist bloß in euch gefahren?! Ich dachte, ihr versteht euch?" Plötzlich hörte sich seine Stimme wieder gebrochen an: "Verdammt, kann denn nichts so sein wie vorher?!" April erschrak, als sie ihn so ansah. Er sah mitgenommen aus. Und Mandarin? Sie hielt plötzlich Fireballs linke Hand und strich immer wieder darüber. Die Blondine fühlte, wie ein Gefühl der Eifersucht in ihr aufstieg. Sollte sie tatsächlich über all den Schmerz der vergangenen Zeit noch tiefe Gefühle für Fire hegen? Da Mandarin die Situation wohl nicht aufklären würde, übernahm das April. Sie lächelte versöhnlich und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie miserabel sie sich schon wieder fühlte: "Wir haben bloß Spaß gemacht, Fireball. Natürlich sind wir noch Freunde." Hoffentlich. Im Moment fühlte sich April Fehl am Platz. Fire schien mehr an Mandy zu hängen. Sie stand deswegen auf und wollte sich verabschieden: "Ich geh dann mal wieder. Ciao ihr zwei!" Mandy sah kurz von April zu Fire und wieder zurück. Hatten die beiden etwa schon alles zwischen ihnen geklärt? Das konnte sich Mandy nun beim besten Willen nicht vorstellen. So schnell konnten sie sich nicht ausgesprochen haben! Aber was, wenn doch? Noch einmal sah sie April an. Kurz aber eindringlich. Nein, an Aprils Gesichtsausdruck hatte sich nichts geändert. Sie las darin immer noch den Schmerz ab, den April auch gestern und die letzten Wochen in sich trug. Fire murmelte nur: "Hast du's eilig, April?" Das blonde Mädchen sah zur Tür und log: "Ich muss noch einige Besorgungen machen, Fireball. ...Ich komme vielleicht am Nachmittag noch einmal vorbei." Fireball ließ sich zurück sinken. April hatte vielleicht gesagt und wenn sie sich seit seinem Abgang nicht geändert hatte, hieß das, dass sie ganz sicher nicht vor hatte, am Nachmittag vorbei zu schauen. War dieser kurze Besuch nur ein Anstandsbesuch gewesen? War sie nur gekommen, weil Colt und Saber das wollten? Fireball konnte es fast nicht glauben, aber bei dem Glück, das er momentan hatte, konnte es nur so sein. Er hob die Hand zum Gruß. April öffnete die Tür und verschwand ohne ein Wort zu sagen und ohne sich um zu drehen. Das gefiel Fireball ganz und gar nicht. Diese Frau brachte ihn noch um den Verstand. Als er sich sicher war, dass April nicht wieder bei der Türe hereinkam, wandte er sich an Mandy: "Was war die letzten Wochen und Monate hier eigentlich los?" Fire hatte komplett den Anschluss verloren. Jeder hier ging sein eigenes Leben. Colt hatte in dem letzten Jahr anscheinend den Expresszug genommen: zusammenziehen, heiraten, Baby bekommen. Mandy schüttelte den Kopf: "Da fragst du die Falsche. Ich war selbst nicht allzu oft auf Yuma. Was ich allerdings weiß: Colt hat eine kleine Tochter." Fire musste direkt schmunzeln: "Stell dir vor, Mandy, das hab ich auch gerade noch vor meinem Unfall mitbekommen." Mandarin strich Fire durch die Haare und erzählte ihm, was alles passiert war. Allerdings wusste Mandy auch nur das, was sie selbst miterlebt hatte und was ihr die anderen erzählt hatten. Der Sterncaptain vergaß auch nicht zu erwähnen, dass ihn die anderen gesucht hatten. Da war Fire doch eingeschlafen. Als Mandarin das bemerkte, stand sie auf und verließ ganz leise das Zimmer. Kapitel 11: Colts Feingefühl ---------------------------- So, dank einer Bekannten vom ICQ gehts hier auch mal wieder weiter. Vielen Lieben dank an dieser Stelle an Fireball. Sie machte sich auf die Suche nach April. Der schnelle Abgang von ihr vorhin hatte Mandarin nicht sonderlich zugesagt. Das war nie Aprils Art gewesen und Mandarin wollte auch nicht, dass sich April diese Eigenschaft aneignete. Sie hatte an April immer bewundert, wie stark sie war und wie liebenswert. Der blonde Star Sheriff hatte nie einen Menschen zurückgewiesen, oder leichtfertig abgespeist. Nur Fireball. Ihn hatte sie vor allen Besuchern angefahren und ihn als Lügner tituliert. Mandarin sah im Garten nach April, konnte sie aber nirgends entdecken. Bevor sie aufgab, zog sie noch ihren Kommunikator und suchte nach Aprils Nummer. Vielleicht hatte sie Glück und konnte sie erreichen. Mandy ließ einige Male anläuten, doch April hob nicht ab. Frustriert wählte Mandarin Sabers Nummer. Der meldete sich schließlich: "Hier Saber Rider." Mandy blinzelte: "Das weiß ich, hab ja deine Nummer gewählt. ...Du, weißt du, wo euer blonder Feger steckt? Ich möchte ein paar Takte mit ihr reden." Saber konnte Mandarin endlich weiterhelfen: "Sie ist, soweit ich weiß, mit Chris unterwegs. Sie wollte noch ein paar Dinge erledigen." Artig bedankte sich Mandarin: "Danke, Saber. Dann werde ich sie später noch mal anrufen." Chris und April saßen auf der Couch, bei Chris im Appartement. April hatte ihn angerufen, kurz nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatte. Sie musste mit jemanden darüber reden, wie sie sich fühlte und was ihr im Kopf herumgeisterte. In den letzten Monaten war Chris zu einem ihrer besten Freunde geworden. Er hatte ihr zugehört ohne über ihre Gefühle zu lachen und hatte ihr geholfen, Fire besser zu verstehen. April wollte anfangs nicht einsehen, dass Fireball wirklich nur einen Befehl befolgt hatte. Sie war felsenfest davon überzeugt, dass er auch ein bisschen froh über den Befehl ihres Vaters gewesen war. Doch je mehr sie von Chris über Fires Verhalten erfuhr, desto mehr wurde ihr klar, dass sie ihrem Ex-Kollegen Unrecht getan hatte. Es tat ihr unheimlich gut, mit Chris über ihre Probleme zu sprechen. Dass Chris ihr gestanden hatte, dass er sie sehr mochte, störte April nicht an der Tatsache, dass er für sie nur ein Freund war. Für April gab es keinen anderen als Fireball. Doch der verhielt sich nicht danach. Chris nahm April in die Arme und versuchte, sie einmal mehr zu trösten: "April, wie würdest du denn reagieren, wenn du aufwachst und dein Leben hätte sich komplett verändert?" April hielt trotzig dagegen: "Ich bin eines Nachts ins Bett gegangen und hab gewusst, dass sich mein Leben komplett verändert hat. Als ich damals nach stundenlanger Warterei ins Bett gegangen bin, hab ich gewusst, dass er nicht mehr zu mir zurückkommt!" "April." Chris wusste nicht, was er antworten sollte. Am liebsten hätte er ihr gesagt, dass sie damit aufhören sollte und sich selbst ein bisschen zusammennehmen sollte, aber das konnte er nicht. Was war das nur für eine verrückte Welt, in der er sich jetzt befand? Vor einem Jahr hätte er jeden ausgelacht, der gesagt hätte, dass es auch noch was anderes außer Rennfahren gab. Er saß nun hier mit dem Mädchen, das sein bester Freund über alles liebte und das offensichtlich auch die gleichen Gefühle für ihn hegte. Chris verstand nicht, wie sich die Fronten so verhärten hatten können. Als Fireball damals wieder bei ihm auftauchte, schien es sich nur um Liebeskummer zu handeln, aber Chris hatte schnell erkannt, dass es grundlegende Dinge waren, die Fireball so beschäftigten. Er hatte in den letzten Monaten oft genug gesehen, wie ihn die Selbstzweifel aufzufressen schienen. Hatten Commander Eagles Worte wirklich so an seinem Ego genagt? Er strich April über die Haare und richtete sich ein wenig auf: "April?" Fragend sah sie auf: "Was ist?" Unsicher fragte Chris, wie es um Aprils Gefühle bestellt war: "Wie stehst du nun eigentlich zu Fireball? ...Ich weiß, wir haben das die letzten Monate genug durchgekaut, aber..." Chris wusste nicht, wie er weitersprechen sollte, ohne Aprils Gefühle zu verletzten. Er konnte ihr nicht ins Gesicht sagen, dass sie aufstehen sollte und Fireball zur Rede stellen sollte, dass sie sich aussprechen sollten. Die Tatsache, dass Fireballs Gefühlswelt momentan sicherlich nachrangig war, wenn man an seinen Gesundheitszustand dachte, erschwerte die Aussprache ungemein. April blickte starr an Chris vorbei. Sie konnte ihm nicht antworten, obwohl sie tief in ihrem Inneren wusste, dass sie nie wieder von Fireballs Seite weichen würde, wenn dieser es zulassen würde. Leise gab sie Chris zu verstehen: "Ich hab doch alles kaputt gemacht..." und da begann sie auch schon wieder zu schluchzen: "Wenn ich ihm damals doch nur geglaubt hätte, dann wär er jetzt gesund und munter... Es ist alles meine Schuld!" Abermals bahnten sich Tränen ihren Weg. Leise klopfte es und eine blonde Frau steckte den Kopf bei der Türe herein. Unsicher drehte sie sich nach hinten: "Ich glaube, er schläft. Wir sollten lieber ein andermal vorbeischauen." Doch der Mann hinter ihr drängte sie ins Zimmer: "Der hat jetzt lange genug geschlafen, glaub mir, Robin." Robin hatte ihre kleine Tochter auf dem Arm. Das Kind war inzwischen ein bisschen über ein halbes Jahr alt und war an der ganzen weiten Welt interessiert. Mit der einen freien Hand versuchte Robin, Colt den Hut abzunehmen, doch es gelang nicht. Der Cowboy zuckte weg und fasste sich an den Kopf. Energisch flüsterte er ihr zu: "Der bleibt auf, ich bin doch in keiner Kirche!" Fireball hatte das Treiben beobachtet und schmunzelte. Colt und Robin benahmen sich noch genauso, wie er sie in Erinnerung hatte. Wenigstens etwas hatte sich nicht verändert. Grinsend begrüßte er Colt und Robin: "Aber in einem Krankenhaus, Kuhhirte. Auch da sollte man normalerweise die Kopfbedeckung abnehmen. ...Hallo Robin!" Die blonde Lehrerin setzte sich mit der Kleinen auf den Stuhl neben Fires Bett und gab ihm die Hand: "Hallo, Fireball! Schön, dass es dir wieder etwas besser geht." Colt lehnte sich gegen das Fensterbänkchen und stieß dabei unabsichtlich einen Blumenstrauß um. Die Vase zerschellte auf dem Boden und zersprang in tausend Teile. Die Blumen und das Wasser verteilten sich über den halben Fußboden. Robin sprang schon auf und drückte Colt Jessica in die Hände: "Hier, übernimm die Kleine und ich hol jemanden, der deine Ferkelein wegwischt." Da war sie auch schon wieder bei der Türe draußen. Fireball musterte das kleine Mädchen auf Colts Armen. Sie war ganz der Papa. Er wusste nicht, was er sagen sollte, also musterte er auch Colt von oben bis unten und meinte: "Deinen Cowboyhut hast du immer noch, wie ich sehe." Der Kuhhirte lächelte und setzte sich mit seiner Tochter auf dem Arm an den Bettrand: "Manche Dinge werden sich nie ändern." Der Cowboy spielte mit der kleinen Jessica, sie mochte es ungemein, wenn sie mit Händen spielen konnte. Einige Momente schwiegen sich die beiden ehemaligen Kollegen an. Colt musste plötzlich an den Ball denken und wie erschrocken er sich damals hatte. Er sah in Fireballs Gesicht, nur um festzustellen, dass er noch schlechter als damals aussah. Mit Wehmut erkannte er, dass Fireball viel zu schnell erwachsen geworden war. Die letzten Monate mussten für seinen Hombre wirklich die Hölle gewesen sein und jetzt auch noch diese schreckliche Nachricht. Wäre ihm das widerfahren, was Fire passiert war, er würde keinen Menschen sehen wollen. Doch sein Kumpel saß im Bett, die Schultern angezogen und unsicher. Colt hatte diese Haltung nie an Fireball gesehen, es bescherte ihm ein unbehagliches Gefühl. Wie sollte er mit Fireball bloß ein Gespräch beginnen? Er wusste nicht, wie dieser auf einen gutgelaunten Spruch reagieren würde. Doch Colt packte die Neugier und da Robin nicht in der Nähe war um ihn dafür zu tadeln, fragte er Fireball ganz offen: "Fire, ich hab die letzten Wochen und Monate viel mit Eagle gesprochen und er hat mir dann ein paar kleine Details aus deinem Leben geschildert, die nicht einmal Saber kannte. ...Warst du wirklich ein Polizist bevor du bei uns gelandet bist?" Der junge Japaner schüttelte kurz den Kopf. Er konnte nicht fassen, dass Eagle alles brühwarm erzählt hatte. Wenn er den Commander in die Finger bekam. Seit er Eagle kannte, pfuschte ihm dieser ins Leben wo es nur ging. Unnötig zu erwähnen, dass ohne Eagle für Fireball alles besser gelaufen wäre. Er hätte seinen Freunden schon irgendwann gesagt, was er vorher so getrieben hatte, da brauchte er keinen überfürsorglichen Commander dazu. Doch es machte keinen Sinn mehr vor Colt irgendetwas zu leugnen oder schönreden zu wollen. Colt hatte ja offensichtlich alles erfragt. Er versuchte sich ein bisschen aufzusetzen und erklärte ihm leise: "Ich war damals in einer Spezialeinheit. Ich bin dort ausgebildet worden und später auch in dieser eingesetzt worden. ...In unserem Bezirk hatten illegale Straßenrennen enorm zugenommen und ich wurde für einige Monate in den Rennzirkus geschickt um eine Lizenz zu bekommen. - Bei uns ist nichts illegal gelaufen. - Mit der Lizenz hab ich mich dann eingeschleust. Nach einigen Wochen bin ich von denen auch akzeptiert worden, genauer gesagt, als ich ihnen um die Ohren gefahren bin. Wir konnten einige von denen hops nehmen. ...Ich persönlich hab am Rennfahren aber meinen Spaß gefunden und bin zumindest nebenberuflich daran hängen geblieben. In meiner Sektion hatte ich einige Schwierigkeiten mit älteren Kollegen, wie soll's auch anders gewesen sein. ...Naja," Er machte eine kurze Pause und seufzte: "Meinen Abschluss habe ich, falls du das wissen willst und ich wäre bei der Polizei von Japan ein Officer, immer noch." Colt hatte gespannt zugehört und auch Robin, die inzwischen in der Tür stehen geblieben war, hatte sich die Geschichte angehört. Der Cowboy konnte nicht darauf antworten. Er hatte immer gedacht, der jüngste der Star Sheriffs wär gänzlich unbefleckt ins Kavallery Oberkommando eingezogen. Dabei hatte er schon jahrelange Erfahrung mit der Bekämpfung von Verbrechern. Schweigend trat Robin neben Colt und legte einen Arm um ihn. Colt blickte auf. Es war beruhigend, Robin neben sich zu haben. Colt war viel zu aufgewühlt um irgendetwas zu sagen. Es war einfach zu unglaublich. Allerdings drängte sich ihm noch eine Frage auf. Bevor Colt jedoch den Mund aufmachte, vergewisserte er sich bei Robin, ob er diese Frage stellen durfte. Schweigend nickte seine Frau, sie wusste, was Colt auf der Seele brannte. Colt holte tief Luft und begann: "Fire, warum bist du nach Eagles Rauswurf nicht wieder zur Polizei gegangen? Es tut mir leid, wenn ich dir damit jetzt auf den Schlips trete, aber wär ich du gewesen, wär ich zur Polizei zurückgegangen." Das war zuviel für Fireball. Eagle hatte Colt anscheinend alles erzählt, aber nicht wie er aus dem KOK gejagt wurde. In Fire begann es zu brodeln, wie hatte Eagle es bloß wagen können? Ungestüm versuchte Fireball nach Worten zu ringen. Er wusste, dass es sich nicht gehörte, neben einer Frau und einem kleinen Kind laut zu werden, aber er konnte sich nicht mehr beherrschen: "Colt!! Du hast doch keine Ahnung! Eagle hat mich förmlich aus dem KOK getreten. Der Alte hat kein gutes Haar an mir gelassen. Kannst du mir verraten, wie ich mit so einem Dienstzeugnis zu meinem alten Posten gehen hätte sollen?! ...Wenn du die ganze Wahrheit nicht kennst, dann redest du dich natürlich leicht!" Verdattert startete Colt einen neuen Versuch: "Welches Dienstzeugnis? Eagle hat gemeint, du wärst im Einvernehmen gegangen." Jetzt war's mit Fireball endgültig vorbei. Er schrie Colt an: "So ein Blödsinn. Eagle hat mich unehrenhaft entlassen, der alte Zausel!! Ich bin achtkantig rausgeflogen! Und frag mich ja nicht nach dem Grund, Kuhhirte, denn den kennst du!" Robin verließ indes das Zimmer. Sie wollte ihre Tochter nicht diesem Lärm aussetzen und ihr selbst war es im Moment unangenehm bei Fireball zu sein. Er hatte sich nach Robins Ansicht enorm verändert. Kein Lächeln oder Grinsen hatte sie bis jetzt von dem sonst immer fröhlichen Jungen bemerkt. Nur jede Menge aufgestauter Emotionen, die sich gerade entluden und auf ihren armen Mann einstürzten. Colts Augen wurden immer größer: "Nein, Fireball. Ich kenne den Grund nicht, wieso sollte ich auch? Warum hat dich Commander Eagle entlassen?" "Ich bin wegen Befehlsverweigerung geflogen, das ist der Grund, Colt! Verdammt, was denkst du denn, warum ich achtkantig rausgeworfen werde?!" Dass Eagle ihm auch noch mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gedroht hatte, falls er sich nicht unverzüglich aus dem Staub machte, erwähnte er gar nicht erst. Er sah auch so, dass Colt komplett überfahren war, für ihn war Eagle auch immer wie ein zweiter Vater gewesen. Die Befehlsverweigerung hatte ihm Eagle schon eingebrockt, weil er sich nicht an die interne Absprache zwischen den drei Jungs und Eagle gehalten hatte. April war für die Jungs Tabu, doch Fireball hatte damals gedacht, es würde nur bis zum Ende des Krieges gelten. Fireball war sich damals sicher, dass Eagle seine Drohung wahrmachen würde, wenn er gegen die unehrenhafte Entlassung was unternommen hätte. Der Commander hätte ohne mit der Wimper zu zucken aus Fireball einen Verbrecher gemacht. Der Cowboy saß überrumpelt vor seinem Freund und starrte ihn eine Zeit lang nur an. Endlich rang er sich dazu durch, ihn nach dem tatsächlichen Grund zu fragen. Jetzt wusste er von Fire fast alles, was die Polizei und seinen Abgang vom KOK betraf, da war es ihm schon egal, wenn er ungehobelt dabei rüberkam, wenn er genau über alles aufgeklärt sein wollte. Colt versuchte, seinen Kumpel ruhig danach zu fragen: "Welchen Befehl hast du verweigert?" Es war zuviel für Fireball. Eine Sicherung war wieder durchgebrannt. Wütend ging er auf den Cowboy los: "Das geht dich verdammt noch mal nichts an!" Aus Reflex stieß Colt Fireball zurück und sprang selbst kurz darauf auf: "Hey!" Da bemerkte der Cowboy, dass er Fireball zu fest erwischt hatte und dieser das Gleichgewicht verlor. Bevor Colt reagieren konnte und nach einer Hand griff, war Fireball auch schon aus dem Bett gefallen. Sofort lief er auf die andere Seite des Bettes und kniete sich besorgt zu Fireball hinunter. Der Junge war ziemlich unsanft gelandet und rieb sich schon die erste schmerzende Stelle. Besorgt musterte Colt ihn und fragte nach: "Alles in Ordnung, Fireball?" Statt einer Antwort erhielt er nur einen nichtssagenden Blick. Fireball hatte nicht vor, mit Colt noch ein Wort zu wechseln. Colt streckte ihm eine Hand entgegen und bat ihn: "Komm, Junge, steh auf..." Sarkastisch sah Fireball zu Colt auf: "Das würd ich auch gerne, da gibt's nur ein kleines Problem...," er schrie Colt auch schon wieder wutentbrannt an : "Ich kann nicht!!" Sofort schoss Colt die Röte ins Gesicht, er hatte wieder einmal ein Fettnäpfchen gefunden und es nicht ausgelassen. Peinlich berührt hob er den jüngsten gegen dessen Willen auf und setzte ihn wieder aufs Bett. Er zog seinen Hut so tief ins Gesicht, wie es nur irgendwie möglich war. Betreten murmelte er: "Sorry, Partner." Durch seinen ungewollten Ausflug aus dem Bett war Fireball wieder ein bisschen runter. Colt hatte schon irgendwie Recht, wenn er nun alles wissen wollte. Aber er konnte ihm nicht sagen, dass die Befehlsverweigerung von einer internen Abmachung abhängig gemacht worden war. Colt würde ihm das alles doch nie glauben. Seine Wut hatte sich wieder gelegt, allerdings war er nun enttäuscht. Er war enttäuscht über sich selbst. Wie konnte er einen seiner besten Freunde nur so anfahren und dann auch noch handgreiflich werden. Matt sah er den Cowboy an und murmelte: "Danke." Colt drehte sich um, er wollte Fire nicht ansehen müssen, wenn er so niedergeschmettert dreinblickte. Er hätte Fireball viel lieber mal wieder lachen gesehen. Noch immer betreten verabschiedete sich Colt: "Es tut mir leid, Fire. Ich wollte dich nicht aufregen. Sorry noch mal." Mit diesen Worte machte sich Colt auf den Weg zu Robin und Jessica. Leise schloss er die Tür hinter sich und schüttelte entnervt den Kopf. Kapitel 12: keine Nerven mehr ----------------------------- So, auch von mir gibts in der Vorweihnachtszeit wieder ein bisschen Nachschub, also holt euch Kaokao und Kekse und los gehts Colt nahm Robin an der Hand und ging mit ihr nach draußen. Er wusste, dass sie so gut wie alles verstanden hatte, was er und Fireball eben diskutiert hatten und er sah ihr an, dass ihr Fireballs Verhalten nicht behagte. Schweigend nahm er seine Frau in den Arm, während sie durch den Empfang nach draußen gingen. Colt konnte nicht glauben, was er da angezettelt hatte und dass Eagle dem Rennfahrer wirklich eine unehrenhafte Entlassung untergejubelt hatte. Wenn er drüber nachdachte, er hätte die genauso kassieren können. Immerhin hatte er Sabers Befehle im Laufe der Jahre mehr als nur einmal missachtet. Was er wohl gemacht hat, dass er die fristlose kassiert hat? Colt wusste zwar, dass Fire mit Commander Eagle manchmal so umgesprungen war, wie mit König Jarred bei ihrem ersten Zusammentreffen, aber auch Colt hatte Eagle öfter als einmal die Meinung unschön und forsch ins Gesicht gesagt und er hatte nicht einmal eine Verwarnung deswegen bekommen. Colt beschlich das ungute Gefühl, dass sich Fire die fristlose wegen April eingefangen hatte. Er beschloss, sich mit Saber zusammenzusetzen und die Sache mit ihm durchzugehen. Robin wollte er nicht mehr da hineinziehen, als er es durch diesen Besuch ohnehin schon getan hatte. Und April konnte er das einfach nicht fragen, was er wissen wollte. Die blonde Wissenschaftlerin wusste ja nicht einmal, dass Fireball vorher als Polizist gearbeitet hatte. Die nächsten Tage verbrachte Fireball damit, sich mit seiner Physiotherapeutin zu streiten und sie immer wieder auf die Palme zu bringen. Doch Rachel ließ nicht locker und schaffte es nach stundenlanger Diskussion, ihn dazu zu bewegen, sich von ihr ein bisschen durch den Garten schieben zu lassen. Rachel zeigte ihm ihren Lieblingsfleck im Krankenhausgarten. Sie stellte den Rollstuhl direkt neben dem Zaun ab und setzte sich auf die daneben gelegene Bank. Sie schwieg einen Moment, sie wollte, dass die Aussicht für sich sprach. Fireball blickte genau auf die Hügel, die Yuma City umschlossen. Die Gipfel lagen schneebedeckt vor ihm, darunter lag das Villenviertel. Idyllisch und ruhig wirkte es und Fire seufzte: "Yuma hat schon was." Rachel lächelte: "Ja, und zwar nicht nur Berge und Villenviertel, sondern auch besondere Menschen. ...Hast du dich denn ein bisschen beruhigt?" Er drehte sich zu Rachel um: "Ich bin die Ruhe in Person." Die Physiotherapeutin konnte nicht anders. Sie musste schmunzeln: "Da frag ich mich jetzt aber, wie du es immer wieder schaffst, die ganze Station zusammenzuschreien." Rachel erkämpfte sich Fireballs Vertrauen sehr hart, er zeigte sich nicht sonderlich kooperativ. Schon gar nicht, wenn es um den Rollstuhl ging. Die Therapie ging nur schleppend voran. Saber hatte sich mit Colt zusammengesetzt. Um Synthia und Robin nicht unnötig mit hineinziehen, hatten sie sich in einem Cafe getroffen. Ungläubig lauschte der Schotte Colts Ausführungen über seinen ersten Besuch bei Fireball. So einen Kurzschluss hatte auch der Cowboy beim jüngsten noch nie miterlebt und er machte dieser Verblüffung Luft. Colt schenkte sich zum fünften Mal Kaffee nach, als er endlich mit seiner Erzählung fertig war. Unschlüssig endete er: "Und das alles nur, weil ich ihn schlussendlich noch gefragt habe, welchen Befehl er denn genau verweigert hat." Saber konnte nicht glauben, was Colt ihm da gerade erzählt hatte. Er konnte sich doch kaum in Commander Eagle so derart getäuscht haben. Eagle hatte noch nie in seinem Leben jemanden wegen einer einfachen Befehlsverweigerung rausgeworfen. Er hatte diese Kandidaten maximal für eine Zeit vom Dienst suspendiert, aber die unehrenhafte Entlassung hatte noch keiner bekommen. Kopfschüttelnd reichte er Colt die Milch: "Du hast mich jetzt doch wohl nicht angelogen, Colt? Das ganze klingt so unglaubwürdig, dass ich es nicht fassen kann." Der Cowboy verlieh seinen Worten noch einmal Nachdruck. Er setzte die Milchkanne unsanft auf dem Tisch ab: "Und wenn ich es dir sage, Säbelschwinger. Der Junge war schon fast auf 180 als ich ihn gefragt habe, ob es wahr ist, dass er bei der Polizei war." Saber versuchte Colt wieder ein wenig zu beruhigen, er hatte gemerkt, dass Fires Verhalten ihn gekränkt hatte: "Das wird schon wieder, Kuhtreiber. Der Junge ist im Moment einfach ein bisschen durch den Wind, das ist alles." Unweigerlich begann Colt zu lachen. Es war ein boshaftes Lachen von ihm: "Dann erklär du mir mal, wie er die unehrenhafte Entlassung vor knapp zwei Jahren zustande gebracht hat! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Eagle einen seiner besten Männer so mir nichts dir nichts rauswirft." Strafend sah Saber seinen Freund an. Colt war eben etwas lauter als gewollt gewesen und das ganze Cafe starrte die beiden an: "Nicht so laut, Colt! Das geht die hier nichts an und wenn wir uns ehrlich sind: Uns beide geht es eigentlich auch nichts an. Das ist offenbar eine Sache zwischen Fire und dem Commander." Nachdem Colt aber nicht locker ließ und Saber immer wieder darauf hinwies, dass die Sache zum Himmel schrie, fasste sich der Schotte ein Herz und beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Er würde Fireball bei der nächsten Gelegenheit danach fragen, allerdings feinfühliger als Colt es getan hatte. Als Saber nach der Kellnerin Ausschau halten wollte, stand eine Frau vor den beiden Männern. Sie blickte auf den Schotten hinab und fragte ihn: "Entschuldigen Sie bitte. Sind Sie Saber Rider und Colt Wilcox?" Colt brach hervor: "Noch, ja. Mit wem haben wir beide hier die Ehre?" Saber stand auf und reichte der brünetten Dame die Hand: "Verzeihen Sie diesem ungeschliffenen Diamanten, er ist nur gerade ein wenig gereizt. ...Mein Name ist Saber Rider und er hier ist Colt, wie Sie schon richtig vermutet haben." Rachel schüttelte ihm kurz die Hand und erklärte lächelnd: "Gut. Mein Name ist Rachel Baily. Ich bin Herrn Hikaris Physiotherapeutin und um ihm ausreichend helfen zu können, möchte ich etwas über ihn erfahren. ...Darf ich mich zu Ihnen setzen?" Colt rückte einen Stuhl vom Tisch weg und bedeutete Rachel, sich zu setzen. Anerkennend nickte er schließlich: "Sie wagen sich da in die Höhle des Löwen, werte Miss Baily." Rachel lächelte: "Ich hab von der Stationsschwester schon gehört, was zwischen Ihnen und Herrn Hikari vorgefallen ist. Sie beide waren anscheinend so laut, dass man sie auf der ganzen Station hören konnte." Colt zog seinen Hut tiefer ins Gesicht und Saber schluckte schwer. Anschließend blickte er Colt entrüstet an: "Das hast du mir aber verschwiegen, Colt." Colt verteidigte sich energisch: "Ich dachte, dass sei selbstverständlich, wenn ich mir mit Matchbox in den Haaren liege." Saber konnte es nicht fassen: "Ich dachte, du hättest wenigstens ein bisschen Anstand. Das ist ja die Höhe!" Colt wollte sich am liebsten verstecken. Hoffentlich erzählte die Physiotherapeutin nicht auch noch, dass er Fire quasi aus dem Bett katapultiert hatte. Dann konnte er einpacken, denn er wusste beim besten Willen nicht, was er Saber da nur für eine Ausrede präsentieren sollte. Aber, Gott sei Dank, ergriff Rachel das Wort und fragte nach: "Sie beide haben doch mit Shinji früher in einem Team gearbeitet, hab ich Recht?" Saber nickte und Rachel fuhr fort: "Darf ich fragen, wie er denn früher so war? Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass er vor dem Unfall auch schon so negativ eingestellt war." Colt musste unweigerlich an die guten alten Zeit auf Ramrod denken und er antwortete kopfschüttelnd: "Von mir aus können Sie mich duzen, Rachel. Ich mag das Förmliche nicht. ...Also, unser kleiner Matchbox war ein Wirbelwind, wenn Sie mich verstehen. Der Junge hatte kaum einen schlechten Tag und war immer voller Tatendrang." Und Saber ergänzte Colt: "Ja, er war ein Wirbelwind, ungestüm und immer wieder hat er versucht, mit dem Kopf durch die Wand zu kommen. ...Mann, wenn ich dran denke, wie oft ich versucht habe, ihn zu mäßigen..." Colt und Saber verfielen in ein reges Gespräch. Ihnen fielen viele Sachen von damals wieder ein, was sie alles miteinander erlebt hatten und was sie alles angestellt hatten. Colt konnte sich manchmal ein Lächeln nicht verkneifen. Sie erzählten Rachel sogar von dem Vorfall bei König Jarred und dass dieser den Sohn seines besten Freundes wegen dieses Formfehlers damals keineswegs verachtete. Es war sogar das Gegenteil eingetreten, König Jarred mochte Fireball sehr gerne, er mochte die direkte Art dieses Jungen. Rachel hörte geduldig zu, sie konnte viel aus dem Gespräch der beiden entnehmen, was ihr bei der Arbeit mit Shinji weiterhelfen würde. Zum Ende des Gesprächs meinte Colt allerdings: "Und dann hat das Desaster begonnen. Hätte er sich nicht in April verguckt, würd er heute noch mit uns seine Runden drehen. ...Weiber." Der Schwertschwinger tadelte Colt sofort wieder: "Was heißt hier Weiber, Colt?! Du bist glücklich verheiratet, wenn ich dich daran erinnern darf." "Ja, und das will ich auch bleiben." Rachel bedankte sich für das Gespräch: "Danke für Ihre Ausführungen. Sie waren sehr hilfreich. ...Ich verspreche Ihnen, dass wir Ihren Freund wieder soweit hinbekommen, dass er alleine durchs Leben gehen kann." Saber gab ihr die Hand: "Keine Ursache, Miss Baily. Aber denken Sie bitte immer daran, dass mit Fireball ab und zu nicht gut Kirschen essen ist, wenn er wieder glaubt, mit dem Kopf durch die Wand zu müssen." Und auch Colt gab ihr einen Tipp mit auf den Weg: "Rachel, ich bin mir sicher, dass Sie das hinbekommen. Sie müssen unseren Kleinen nur ein wenig um den kleinen Finger wickeln, dann frisst er Ihnen aus der Hand." Rachel verabschiedete sich und auch die beiden Herren machten sich auf den Nachhauseweg. April hatte sich die letzten Tage öfters bei Fireball blicken lassen, allerdings war sie nie lange geblieben. Keinem der beiden fiel es leicht, miteinander umzugehen, als sei nie was passiert. April gab sich zwar alle Mühe, aber wenn sie wieder einen ungeschickten Satz von sich gab, war Fireball auch schon wieder auf hundertachtzig. Zögernd setzte sie sich auf den freien Stuhl neben Fireball. Colt musste schon da gewesen sein, denn auf Fires Nachttischchen stand jede Menge Süßkram. Fire deutete auf die Süßigkeiten und erklärte ihr in einem genervten Ton: "Colt will mich mästen, damit er mich demnächst durch die Gegend rollen kann." April packte aus ihrer Tasche ein richtig dickes Buch aus und versuchte, mit gesenktem Blick, Colt in Schutz zu nehmen: "Er meint es doch nur gut mit dir. ...Warst du heute schon unterwegs?" April hatte von Saber gehört, dass Fireball schon mit seiner Physiotherapie begonnen hatte. Sie hatte auch erfahren, dass sich Fire ab und zu weigerte, nach draußen, in die frische Luft zu gehen. Fireball lehnte sich etwas zu April nach vor. Es war für immer noch ein komisches Gefühl, wenn April bei ihm im Zimmer war. Er konnte nicht vergessen, was alles passiert war. Seit er eines Nachts wieder aufgewacht war und wusste, was vor dem Unfall wirklich alles passiert war, ging ihm Aprils kaltes Verhalten nicht mehr aus dem Kopf. Und er befürchtete, dass sie auch jetzt noch so kalt zu ihm war. Sie sah ihn kaum an, blieb immer nur eine viertel bis halbe Stunde und erzählte ihm nur die wichtigsten Dinge, die in der Welt passierten. Er deutete nach draußen, es schneite dicke Flocken vom Himmel, und antwortete auf Aprils Frage: "Schon mal nach draußen gesehen, werte Miss Eagle? Bei so einem Sauwetter bin ich als gesunder Mensch auch nicht rausgegangen und mit dem Blödsinn werde ich auch jetzt nicht anfangen, verstanden?" Er schüttelte sich kurz, ihm wurde schon kalt, wenn er nur an Schnee dachte: "Diese Kälte, igitt." April war baff. Was saß da für ein Stubenhocker vor ihr? Okay, Fire mochte das kalte Wetter nie, das wusste sie, aber dass er gar nichts mehr unternahm, war ihr neu. Seit diesem Unfall hatte sich Fires Gemüt immens verändert. Obwohl, wenn April genauer darüber nachdachte, war er schon auf dem Ball damals so komisch. Sie erkannte den Jungen, in den sie sich verliebt hatte, nicht wieder. Wenn sie doch nur wüsste, was ihr Vater damals getan hatte, dass Fire so schlecht auf ihn zu sprechen war, wäre ihr schon sehr geholfen. Vielleicht würde sie dann auch Fireballs Verhalten besser verstehen. Doch weder ihr Vater noch Fireball wollten Auskunft über ihr letztes Gespräch geben. Bedächtig legte April das Buch neben die Süßigkeiten. Fragend sah Fire seine große Liebe an: "Was ist das?" April versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie schwer sie sich mit Fires Art momentan tat. Sie nannte ihm den Titel des Buches: "Ich hab dir die gesammelten Werke von Tolstoi mitgebracht, damit du dir die Zeit hier vertreiben kannst." Fireball hasste diese gut gemeinten Ratschläge, die in letzter Zeit anscheinend von allen Seiten kamen. Egal, wer gerade bei ihm im Zimmer saß, jeder erteilte ihm Ratschläge, wie er weiterleben sollte und was er zu tun hatte. Er konnte es nicht mehr hören. Keine Woche war nun vergangen, seit er wieder aufgewacht war und seine alten Freunde gingen ihm schon auf die Nerven. Was Colt sich vor einigen Tagen geleistet hatte, steckte Fireball immer noch in den Knochen und er war heilfroh, dass sich wenigstens der Commander noch nicht hatte blicken lassen. Im Moment genügte ihm die kleine Ausgabe der Eagles völlig. Egal, was er sich auch vornahm, sobald April mit einem gut gemeinten Vorschlag ankam, wurde er stinkig. Genauso wie jetzt: "Das letzte, was ich brauche, ist so eine Schwarte zum Zeitvertreib! Rachel geht mir schon genug auf die Nerven, fang du jetzt bloß nicht auch noch damit an!" Erschrocken stand April auf und drehte ihm den Rücken zu. Diese Worte eben trieben ihr wieder die Tränen in die Augen, es tat ihr unheimlich weh. Leise schluchzte sie: "Ich hab's doch bloß gut gemeint, Fire." Wutentbrannt holte Fireball zum Schlag aus. Er hatte April die letzten Tage öfter gesehen, wie sie mit Chris im Krankenhauspark eng umschlungen spazieren gegangen war. Es hatte ihm jedes Mal einen Stich ins Herz gegeben, die beiden auch nur von weitem zu sehen. Außerdem dachte er, dass sich die beiden mehr als nur gut verstanden. Er fauchte April an: "Aber wahrscheinlich nicht so gut, wie es Chris mit dir meint! Herrgott, du musst nicht zu mir kommen, wenn du viel lieber bei Chris wärst! Ich brauch dein Mitleid ganz bestimmt nicht." Entsetzt drehte sich April wieder zu ihm. Was hatte er da eben gesagt? Sie und Chris? Dicke Tränen kullerten über ihr Wangen und sie schämte sich dieser Tränen unendlich. Sie wollte nicht vor Fireball heulen und schon gar nicht wollte sie vor ihm stehen, wie es in diesem Moment tat. Sie stand wie ein kleines Mädchen vor ihm, dem man ihr Glück verwehrte. Sie biss sich auf die Unterlippe, bevor sie sich dem Fenster zuwandte und schluchzte: "Fireball... Ich bin nicht hier, weil ich dich bemitleide." Immer noch wütend antwortete er: "Sondern weil Colt und Saber dich zu einem Anstandsbesuch genötigt haben! Für wie dämlich hältst du mich, April? Ich bin gelähmt und nicht blöd. Für dich war doch die Sache am Abend meines Unfalls gegessen. Ich weiß, dass du mich nicht mehr sehen wolltest, also was machst du dann hier?" April konnte ihm nicht antworten. Diese Worten prasselten auf sie nieder und erlaubten es ihr nicht, ihm eine vernünftige Antwort zu geben. Sie stammelte: "Fire..." "Was? Jetzt sag bloß nicht, dass dir keine Ausrede einfällt! Das wär ja mal ganz was Neues bei dir!" Jetzt ging April in die Offensive. Sie war nie aus Anstand hier gewesen, sie hatte ihn besucht, weil sie ihn gerne hatte und weil sie bei ihm sein wollte. Sie verteidigte sich: "Ich brauch keine Ausreden für das, was ich hier bei dir mache, Fireball! Ich bin hier, weil ich mir Sorgen um dich mache und nicht, weil Colt und Saber das so wollten." Doch Fireball wollte das nicht gelten lassen: "Ich würd mir auch Sorgen machen, wenn ein Rennfahrer sein Auto gegen einen Baum setzt und er überlebt! ...Verdammt noch mal, wär's nach mir gegangen, wär ich heute nicht hier, das kannst du mir getrost glauben." April erstarrte. In ihr verkrampfte sich alles, denn sie ahnte, dass Fireball damit nicht nur die Örtlichkeiten des Krankenhauses meinte. Ängstlich sah sie ihn an, doch er verzog keine Miene. Unsicher flüsterte sie: "Wie darf ich das bitte verstehen?" Fireball reizte April noch mehr, obwohl er es eigentlich nicht wollte: "Wie hast du's denn verstanden?" Aprils Lippen bebten und wenn sie an die Möglichkeit dachte, dass Fire bewusst gegen einen Baum gefahren war, bahnte sich ein Heulkrampf an. Sie versuchte noch, die Tränen zu unterdrücken, doch alleine an ihrer Stimme musste Fireball erkannt haben, dass sie nicht mehr konnte, als sie meinte: "Du wolltest augenscheinlich weg von uns, ganz egal wie." Mit hängenden Schultern verließ April das Zimmer. Sie verabschiedete sich nicht von Fire. Ein Schluchzen war alles, was Fireball noch von April vernahm. Einige Minuten vergingen, ehe sich Fireball beruhigte. Erst langsam begriff er, was er April an den Kopf geworfen hatte. Er verfluchte sich selbst, April abermals so weh getan zu haben. Seine Augen füllten sich mit Tränen, während er mit der rechten Hand über das Buch strich und flüsterte: "Ich wollte dem Allem doch nur ein Ende setzen." Kapitel 13: ungebetener Besuch ------------------------------ Kurz vor Weihnachten gibts von mir eine kleine Bescherung. Es ist nich viel und es ist nich weihnachtlich, aber besser als nichts *g* Fireball wollte niemanden mehr sehen, die Auseinandersetzung mit April hatte ihm zugesetzt. Er verfluchte sich, wäre er nicht auf den Ball gegangen und hätte er eine Streiterei mit seinem Teamchef riskiert, wäre ihm und April viel erspart geblieben. Allerdings war ihm auch bewusst, dass er trotzdem langsam zugrunde gegangen wäre, wenn er April nicht die Wahrheit gesagt hätte. Sein Leben schien im verkorkst und sinnlos, alles hatte sich gegen ihn verschworen. Auch wenn es seine Freunde gut mit ihm meinten, er kam mit seinem Schicksal nicht klar und wollte sich abkapseln. Seine Gefühlsausbrüche verstärkten nur seine missliche Lage. Schweren Herzens nahm er Aprils Buch in die Hände und begann darin zu lesen. Da erschien eine ihm wohl bekannte Gestalt in der Tür. Sie hatte nicht geklopft und der Gruß war alles andere als freundlich: "Du weilst ja immer noch unter uns." Wütend flog das Buch in Richtung des Besuchers: "Verschwinde! Mach die Tür wieder von außen zu!" Der Commander konnte sich gerade noch rechtzeitig bücken, das Buch verfehlte ihn knapp und landete mit einem lauten Knall auf dem Boden. Commander Eagle richtete sich wieder auf und machte seiner Verärgerung gleich Luft: "Du bist jetzt wohl komplett wahnsinnig geworden?! Dir geht's doch nicht gut!" Eigentlich war der Commander nur gekommen, um sich wenigstens einmal bei seinem früheren Angestellten blicken zu lassen. Mit diesem Empfang hatte er nicht gerechnet. Fireball fuhr den Commander gleich an. Er wollte eine Rechtfertigung für dessen Verhalten: "Was fällt dir eigentlich ein, allen brühwarm zu erzählen, womit ich früher mein Geld verdient habe? Das geht niemanden etwas an, hast du mich verstanden!" Noch blieb der Commander sachlich und relativ ruhig. Die Differenzen mit Fireball kosteten ihn viele Nerven: "Sie hatten ein Recht, es zu erfahren." Fireball war inzwischen schon wieder kurz vorm Kochen. Der Commander besaß die Frechheit hierhin zu kommen und so zu tun, als sei er der Retter in der Not. Vollkommen entnervt schrie er den Commander wieder an: "Aber keines darauf, zu erfahren, wie ich aus dem KOK geschmissen wurde, oder wie sehe ich das?!" Der Commander setzte zum Gegenangriff an: "Du bist nicht grundlos entlassen worden, vergiss das nicht, Junge!" "Nicht grundlos?! ...Wenn bei euch jeder achtkantig fliegen würde, wenn er die Tochter eines hohen Tiers anschaut, wärt ihr bald unterbesetzt! Ich bin ihr nie auch nur einen Schritt zu nahe gekommen, ohne dass sie es wollte. Hast du dir das schon einmal überlegt, Eagle?" Eagle redete sich in Rage: "Es geht nicht alleine um meine Tochter, du lumpiger Rennfahrer! Du warst für das Team untragbar! Wie oft habt ihr eine Mission nur knapp erfolgreich beendet und das nur, weil du nicht hören willst?" Fireball sah den Commander an. Begann dieser etwa schon wieder mit einer Standpauke über seinen Vater? Das wollte Fireball nicht hören, nicht noch einmal. Seit ihrem letzten Aufeinandertreffen, nagten diese Selbstzweifel an ihm, weil ihm Eagle damals klipp und klar gesagt hatte, dass er nie so sein würde, wie sein Vater. Und Eagle begann erneut damit: "Du bist ein Nichtsnutz. Dein Vater würde sich in Grund und Boden schämen, wenn er sehen würde, was aus seinem Sohn geworden ist. Du bist es nicht wert, den Namen Hikari zu tragen und dich mit den Federn deines Vaters zu schmücken! Du bist ungehorsam, frech, aufmüpfig und nicht gut genug für meine Tochter. ...Du wirst nie in die Fußstapfen deines Vaters treten." Verdächtig ruhig reagierte Fireball auf Commander Eagles Predigt. Der Commander hatte einen Fehler begangen und das würde er ihm auch jetzt aufzeigen: "Du hast Recht, Eagle. Ich werde nie in die Fußstapfen eines anderen treten. Weder in die meines Vaters noch in die von jemand anderen. Ich kann nämlich keinen Schritt mehr machen." Der Commander war sauer auf Fireball und das nicht erst, seit er April schief angesehen hatte. Hasserfüllt sah er auf den jungen Mann im Bett, der sich kaum bewegte. Fireball hockte wie ein Beutetier vor seinem bittersten Feind. Der Commander fauchte Fireball an: "Deinetwegen spricht meine Tochter kein Wort mehr mit mir, du elender Mistkerl." Ungewohnt eingeschüchtert antwortete Fireball. Er hatte Commander Eagle zwar schon oft schreiend erlebt und auch ausfallend war er einige Male zu ihm gewesen, aber so wie er im Moment sprach, behagte es Fireball überhaupt nicht: "Ich hab ihrer Tochter bestimmt nicht eingetrichtert, dass sie mit dir nicht mehr reden soll. Du kannst mich nicht für alles verantwortlich machen, nur weil es dir gerade in den Kram passt." "Du hast ihr Flausen in den Kopf gesetzt und ihr das Herz gebrochen." Darauf antwortete Fireball um einiges energischer. Alles musste er sich vom Commander nicht gefallen lassen: "Das Herz hab ich ihr gebrochen, weil du mich rausgeschmissen hast. Ich hätte April nie alleine gelassen, keine Minute." Die beiden debattierten noch einige Zeit über Fireballs Beziehung zu April. Der Commander wurde immer ausfallender und lauter. Zum Schluss hatte er Fireball sogar soweit, dass er sich im Bett zusammenkauerte. Der Japaner wusste weder vor noch zurück. Vor dem Ball hatte er gedacht, dass er das Schlimmste überstanden hatte, aber dem war nicht so. Eine neuerliche Kostprobe von Eagles zynischen und verletzenden Wesen bewies Fireball das Gegenteil. Allmählich glaubte er, dass wirklich nur er Schuld an allem hatte. Fireball fühlte sich klein und ihm fehlte die Kraft, sich gegen Eagle aufzubäumen. Der Commander ließ keine Gegenworte zu. Kapitel 14: Klartext -------------------- Hallöchen! Ich poste hier wieder etwas häufiger, leider nicht viel. Aber ich hoffe, es gefällt euch... Nachdem sich Saber den restlichen Nachmittag frei genommen hatte, stattete auch er Fireball einen Besuch ab. Gerade, als er den Gang zu Fires Zimmer hinunterging, kam ihm fluchend und verärgert Commander Eagle entgegen. Der hatte die Zimmertür mit voller Wucht zugeschmissen und rauschte wortlos an Saber vorbei. Verwirrt drehte sich Saber nach seinem Vorgesetzten um und spekulierte, ob Commander Eagles Wutausbruch nicht was mit Fireball zu tun haben könnte. Es wäre für Saber durchaus wahrscheinlich, so wie Colt ihm Fires Verhalten geschildert hatte. Sachte klopfte er gegen die Tür und fragte: "Fireball?" Von drinnen kam nur ein lautes Fluchen, was sich für Saber so anhörte, als sei es für Commander Eagle bestimmt. Als er die Tür einen Spalt öffnete und hineinspähte, fragte er Fireball taktvoll: "Stör ich dich gerade?" Leise antwortete Fireball, der sich noch ganz schnell mit dem Arm über die Augen fuhr: "Komm ruhig rein, Schwertschwinger. Du störst ganz bestimmt nicht." Saber setzte sich auf den Stuhl zwischen dem Fenster und Fireballs Bett und betrachtete den jüngsten. Er kam ihm nicht vertraut vor und wenn er Fireball ins Gesicht sah, musste er feststellen, dass der Junge eher geweint als geschrieen hatte. Er rief sich den fluchenden Commander noch einmal in Erinnerung und konnte sich nur wage vorstellen, was gerade eben passiert war. Zögernd begann er: "Wenn es dich nicht stört, Fire, würde ich ganz gerne mit dir über Colts Besuch vor einigen Tagen sprechen." Fire seufzte: "Das kommt ganz darauf an, was du wissen willst." Unruhig rutschte Saber auf dem Stuhl hin und her. Fireball war im Moment unberechenbar und Saber musste sich erst einen Schlachtplan zurechtlegen. Er wollte Fireball auf keinen Fall anschreien oder ihn dazu bringen, selbst angeschrieen zu werden. Langsam begann er: "Colt hat mir erzählt, dass ihr beide etwas lauter geworden seid." Fire lächelte verstohlen: "Etwas lauter ist gut. ...Ja, Saber, wir sind ein bisschen aneinander geraten. Du weißt ja wie das ist, wenn man uns zwei Sturköpfe alleine lässt." Saber erkannte seine Chance und sprach freundschaftlich mit Fire: "Das weiß ich nur zu gut. Es endet meistens in einem Handgemenge zwischen euch beiden." Fire nickte nur und murmelte: "Bingo." Erschrocken sah Saber seinen Freund an. Fast wäre in ihm sogar die Wut aufgestiegen. Colt hatte von einer Rangelei kein Wort gesagt. Colt würde dafür noch was von ihm zu hören bekommen. Der hatte keinerlei Benehmen. Perplex fragte er noch einmal nach: "Ihr habt euch geprügelt?" Erschöpft setzte sich Fire auf und erklärte Saber überraschend ruhig: "Nein, nicht geprügelt, zumindest nicht ganz. ...Colt hat mich mit seiner Art auf die Palme gebracht und ich bin auf ihn losgegangen. Er hat sich lediglich zur Wehr gesetzt." Saber verstand nicht ganz: "Geht's vielleicht ein bisschen genauer, Fire. Colt hat mit keiner Silbe erwähnt, dass ihr euch geprügelt habt." Fire lächelte stumm in sich hinein. War doch klar, dass Colt Saber nicht erzählen würde, wie unschön er aus dem Bett gefallen war. Colt wusste doch genau, welche Standpauke auf ihn zugekommen wäre, hätte er auch nur ansatzweise etwas über den Salto erzählt. Der Cowboy hatte sich wegen der Lautstärke bei seinem Besuch wahrscheinlich schon genug anhören müssen. Fire drehte den Kopf zur Seite und strich mit einer Hand über die Bettdecke, als er Saber kleinlaut mitteilte: "Ich wollte Colt für seine dämlichen Bemerkungen eine runterhauen. Der hat sich allerdings gewährt und mich geschubst. Ich hab das Gleichgewicht verloren und bin hintenüber aus dem Bett gefallen. ...Das ist alles." "Hast du dich dabei verletzt?" Der Japaner wandte sich mit dem Gesicht wieder Saber zu: "Nein, ich bin nur zirkusreif auf meinem Hintern und dem Boden der Tatsachen gelandet." Saber erkannte, wie ruhig Fireball momentan war und er wollte die Gunst der Stunde nutzen. Er wusste, dass Colt nicht viel aus ihm herausgebracht hatte und erst recht, dass er mit April gar nicht darüber gesprochen hatte. Er musste einfach jetzt nachhaken, wer wusste schon, wann mit Fire wieder normal zu reden war: "Wie ist es überhaupt so weit gekommen, dass ihr aneinander geraten seid?" "Colt hat über Dinge gesprochen, von denen er nicht den leisesten Hauch einer Ahnung hat. Er ist mir mit der Nachbohrerei dermaßen auf die Schnürsenkel gegangen." Saber stand auf und tigerte vor Fireballs Bett herum. Er wollte die Atmosphäre zwar lockern, doch wusste er nicht recht, wie. Er fragte weiter nach: "Von welchen Dingen hat Colt keine Ahnung, Fire? Ich möchte es verstehen. Ich möchte verstehen, warum es soweit gekommen ist, dass du von heute auf morgen nicht mehr bei uns warst." Fireball schüttelte matt den Kopf und seufzte. Er würde Saber nun die Wahrheit sagen, allerdings nur die gekürzte und harmlose Fassung. Leise begann er: "Ich bin vom KOK gekündigt worden und hab von Eagle den Befehl erhalten, mich unverzüglich aus dem Staub zu machen. Ich sollte weder April noch dir oder Colt etwas erzählen. ...Weil ich nicht recht weitergewusst habe, bin ich wieder in den Rennsport zurück. Und den Rest kennst du." Saber wollte und konnte sich mit dieser Auskunft nicht zufrieden geben. Er wusste von Colt, dass Fireball die Fristlose bekommen hatte und dass er vor den Star Sheriffs hauptberuflich Polizist war. Nach Sabers Meinung hatte Fireball viel zu lange den Mund gehalten und nichts erzählt. Nachdenklich setzte sich Saber wieder auf den Stuhl und sah Fireball fragend an. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück: "Tut mir leid, ich versteh immer noch nur Bahnhof. ...Hat man dich beim KOK gekündigt, weil für dich kein Platz mehr war oder wegen einer anderen Sache?" Entmutigt ließ sich Fire in sein Kopfkissen sinken: "Was hat dir Colt alles erzählt? Hat er dir gesagt, dass ich unehrenhaft entlassen wurde, weil du so gezielt danach fragst?" "Ich will ehrlich zu dir sein, Fireball. Colt hat mir erzählt, was du vor den Star Sheriffs getan hast und er hat mir auch erörtert, dass du wegen Befehlsverweigerung gegangen worden bist. Allerdings hat er nicht gesagt, welchen Befehl du verweigert hast." Verlegen blickte Fireball Saber an. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Saber würde ihm seine Geschichte wohl kaum glauben. Wieso sollte dieser auch? Der Commander hatte Saber immer in allem unterstützt, was er vor hatte. Saber hatte nie eines dieser Gespräche führen müssen, das sich Fire zu Genüge gefallen lassen hatte müssen. Eagles Worte von vorhin hallten ihm noch in den Ohren. Schlussendlich entschied sich Fireball, Saber nichts zu sagen, Er würde ihm ohnehin keinen Glauben schenken. Leise gab er von sich: "Ich hab wohl einmal zu oft dagegen geredet." Kapitel 15: Klartext die 2. --------------------------- Langsam wird's spannend, auch für mich... Irgendwann muss ich die Ff doch mal fertigkriegen *g* Saber ließ allerdings nicht locker. Er forderte Fireball abermals auf, ihm die ganze Geschichte zu erzählen: "Fireball, das kannst du von mir aus allen anderen erzählen, wenn sie dich nach dem Grund fragen, aber nicht mir. Ich bin dein Freund, nicht dein Vorgesetzter. Ich will jetzt endlich die Wahrheit, auch wenn sie nicht schön ist. ...Also, raus mit der Sprache, welchen Befehl hast du verweigert?!" "Du willst also die Wahrheit...", eingeschüchtert musterte er Saber, bevor er fortfuhr: "Ich hab mich nicht an eine Abmachung gehalten, deshalb bin ich achtkantig geflogen. ...Saber, das musst du mir jetzt einfach glauben." Sabers Geduldsfaden war vorher schon fast gerissen, nun war es mit ihm endgültig vorbei. Er sah doch, wie sehr sich Fireball mit seiner Vergangenheit quälte und sie trotzdem niemanden anvertrauen konnte. Von Colt wusste Saber, dass April der wahrscheinlichste Grund für die Kündigung war, aber da musste noch was anderes zwischen Fireball und Commander Eagle vorgefallen sein. Saber kannte Commander Eagle zu gut um nicht zu wissen, dass der Commander niemanden so mir nichts dir nichts entlassen würde. Drohend machte Saber Fireball deutlich: "Mir reicht's jetzt langsam. Entweder sagst du mir jetzt, was vor knapp zwei Jahren in Eagles Büro passiert ist, oder ich vergesse mich!" Mit großen Augen starrte Fireball seinen früheren Vorgesetzten an. Sein Kumpel machte ihm direkt Angst, so hatte er Saber noch niemals gesehen und so war Saber noch nie mit seinen Freunden umgesprungen. Allerdings war die Angst vor Sabers plötzlichen Wutausbruch nicht so groß, wie die Angst vor Sabers Reaktion, wenn er die Wahrheit hören würde. Fireball kroch ein wenig mehr unter seine Decke, um Saber nicht zuviel Angriffsfläche zu bieten. Antworten würde er seinem Freund allerdings nicht. Saber ging auf Fireball zu und packte ihn an den Schultern: "Wenn du glaubst, dass ich mich so einfach abspeisen lasse, wie April oder Colt, dann hast du dich aber gewaltig verrechnet, mein Junge! Du verkrauelst dir alle mit deinem Verhalten, allerdings werde ich jetzt nicht gehen." Trotzig antwortete Fireball, der von Saber immer noch an den Schultern festgehalten wurde: "Das werden wir ja noch sehen.", allerdings fuhr er verzweifelter fort: "Kannst du denn nicht verstehen, dass ich mit dir genauso wenig drüber reden kann und will, wie mit den anderen?" Saber ließ Fireball wieder los und setzte sich wieder auf seinen Stuhl, er sah ein, dass er mit Fireball anders reden musste. Er versuchte es noch einmal mit der einfühlsamen Tour: "Ich kann ja verstehen, dass es dir schwer fällt, Fire. Aber es hilft weder dir noch uns, wenn du alles in dich hineinfrisst. Wir haben alle keine Lust darauf, dich noch einmal zu verlieren." Saber fühlte sich zunehmend hilflos, Fireball war dermaßen verschlossen ihm gegenüber. Aber er wollte seinem jüngsten Freund helfen, und wenn es hieß, ihn mit ungeheiligten Mitteln dazu zu bringen. Fireball jedoch wollte sich nicht helfen lassen. Wenn er nur an damals dachte, kam alles wieder hoch. Alle Gefühle, all die Worte, die ihm Eagle an den Kopf geworfen hatte. Er hatte für sich selbst beschlossen, dass das Thema KOK und April für ihn ein für alle Mal abgehakt war. Forsch gab er Saber deshalb zur Antwort: "Ich bin halt achtkantig geflogen, warum reicht dir die Antwort nicht?" Sabers Stimme überschlug sich fast: "Weil das nur die verdammte halbe Wahrheit ist! Was glaubst du eigentlich, wie oft Colt dann schon entlassen worden wäre, wenn er jedes Mal die Fristlose kassiert hätte, wenn er Eagle dagegen geredet hätte? Du willst mich doch nicht für so blöd erklären, dass ich nicht sehe, dass da noch was anderes war, oder?" Entschlossen antwortete Fireball diesmal: "Eagle hatte mit Colt auch kein Problem, sonst wär der genauso geflogen!" Nun hatte Saber endlich einen Anhaltspunkt. Er war wild entschlossen, aus Fireball alles rauszukitzeln, was ihn und Eagle betraf. Saber stand wieder auf und tigerte durch das Krankenzimmer: "Was hast du Eagle denn getan? Hast du ihm eine Frau ausgespannt oder was? ...Verdammt, Fire, du warst der beste Pilot im KOK!" Fire wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Er wusste doch selbst nicht, was Eagle gegen ihn hatte, außer eben, dass er eine Schande für die Familie Hikari war. Unsicher gab er Saber zurück: "Wenn ich das mal so genau wüsste. Er mag mich einfach nicht und das ist alles." Der blonde Schotte würde mit Fireball noch einmal verzweifeln. Ganz bestimmt kam schon irgendwo ein graues Haar zum Vorschein. Langsam kam er sich nach Strich und Faden veräppelt vor und das ließ er Fireball jetzt auch spüren. Er deutete wütend auf die Tür: "Du glaubst doch jetzt nicht im Ernst, dass ich dir das abkaufe und bei der Türe draußen bin?!", Saber spielte nun seinen Trumpf aus, da würde Fireball garantiert anbeißen: "...Hast du überhaupt auch nur eine einzige Sekunde mal an April gedacht und was du ihr angetan hast?!" Etwas lauter als gewollt, gab Fire zurück: "Ich weiß verdammt noch mal sehr gut, was ich April angetan habe! Aber es ging nicht anders..." Saber wurde immer wütender. Gerade, wenn es um April ging, war er ziemlich schnell böse mit jemanden: "Was muss passieren, damit man jemanden wissentlich das Herz bricht, ich kapier das einfach nicht! ...Aber egal, was es ist, es ist es nicht wert, April alleine zu lassen und ihr weh zu tun!" Allmählich wurde Fireball klar, welches Ausmaß dieser ungewollte Rausflug vom KOK annahm. Die ganze Sache beschränkte sich nicht nur mehr auf eine nicht eingehaltene Abmachung und zwei gebrochene Herzen, sie nahm auch Saber und Colt, sowie dessen Partnerinnen, ziemlich mit. Wollte er riskieren, dass auch bei Saber und Colt bald der Haussegen schief hing, nur weil er zu stur und zu verbohrt war, jemanden die Wahrheit zu sagen? Seit er auf Yuma gelandet war, uferte die ganze Angelegenheit aus und er konnte nichts unternehmen, um die Wogen ein wenig zu glätten. Mit April kam er überhaupt nicht mehr klar, obwohl er sie über alles liebte und mit Saber und Colt würde er sich die Freundschaft auch nicht mehr lange halten können, nur weil er zu feige war. Inzwischen konnte es ihm doch egal sein, was passieren würde. Der Streit mit Eagle war nun fast zwei Jahre her und dieser würde ihm lediglich noch den Tod wünschen, mehr allerdings schon nicht mehr. Schweren Herzens entschied sich Fireball, Saber die ganze Geschichte zu erzählen: "Schwertschwinger? Ich bin wegen April damals achtkantig geflogen. Nur, weil ich diese dämliche Abmachung nicht befolgt habe, die wir drei uns mit Eagle damals ausgeredet haben. ...Verdammt, ich konnte doch nicht riechen, dass ich mich in sie verliebe." Als Saber diese verzweifelte Antwort hörte, blieb er abrupt stehen und drehte sich zu seinem Freund. Er musste erst mal verdauen, was er da gerade gehört hatte, etwas kam ihm spanisch vor. Um seine eigenen Gedanken zu ordnen, fragte er Fireball nach der Abmachung: "Welche Abmachung meinst du damit, Fireball? ...Es ist aber nicht diese, wo wir Eagle damals versprochen haben, April keine schönen Augen zu machen?! ...Die hat mit der Arbeit doch gar nichts zu tun! Wie kann man dafür die unehrenhafte erhalten?" Entmutigt starrte Fireball Saber an. Er konnte dem blonden Recken ansehen, dass er eine faule Sache hinter der Kündigung vermutete. Die Abmachung, die Saber so treffend noch einmal erwähnt hatte, war zwischen Eagle und den drei Jungs damals privater Natur entstanden. Sie sollte niemals in den Arbeitsalltag einfließen, zumindest nicht so, dass April etwas davon mitbekam. Währenddessen echauffierte sich Saber über etwas ganz anderes: "Und wieso kommst du Armleuchter dann nicht zu einem von uns?! Die Entlassung hättest du niemals so hinnehmen müssen, ist dir das klar?" Fire gab klein bei. Allerdings bereitete ihm diese Antwort Bauchschmerzen: "Ich durfte nicht zu euch gehen. Ich hätte mächtig Ärger kassiert, wenn ich was gesagt hätte." Saber konnte es nicht fassen. Jetzt hatte der Junge endlich verstanden, dass er alles hören wollte und dann kam er zwischendurch wieder mit so fadenscheinigen Erklärungen an. Wie sollte er ihm denn helfen, wenn er keine vielversprechenden Antworten bekam? Saber dämmerte immer mehr, dass an der Sache was gewaltig faul war. Allerdings war ein wenig hin und her gerissen. Sein Bild von Eagle begann ziemlich zu wackeln. Aber er wusste auch, dass Fireball ihn nicht belog, dafür machte er einen viel zu eingeschüchterten Eindruck auf ihn und der Junge hatte ihn noch nie belogen. Würde Eagle für seine Tochter wirklich so weit gehen, dass ein guter Mann aus dem KOK geschmissen wurde, nur weil er mit ihr anbandelte? Immer noch gereizt gab er Fireball zu verstehen: "Ich werde nicht eher gehen, als wir die Sache aus der Welt geschafft haben, Kleiner. Stell dich also darauf ein, dass du entweder gesprächiger werden musst, oder ich bleibe die Nacht über bei dir. ...Was war das denn für Ärger, der angestanden hätte, wenn du was gegen die Kündigung unternommen hättest?" Kapitel 16: Saber flippt aus ---------------------------- Hi, von mir kommt auch wieder was (so eine lange Szene hab ich noch nie geschrieben, also seid gnädig mit mir *g*) Fireball verließ abermals der Mut, das war in letzter Zeit häufiger der Fall gewesen. Er konnte Saber doch nicht die ganze Wahrheit sagen. Was würde der von ihm denken? Etwa, dass er zuviel von irgendwelchen Substanzen eingeworfen hatte? Es fiel ihm doch selbst schwer zu glauben, was ihm Eagle da angedichtet hätte, wenn er Saber auch nur einen Ton davon erzählt hätte. Unsicher setzte er an: "Strafrechtlichen Ärger." Er wollte es dabei bewenden lassen und hoffte inständig, dass Saber mit diesen Fragen aufhörte, die für ihn alles nur noch schlimmer machten. Doch zu Fireballs Enttäuschung fuhr Saber unbeirrt im Faktensammeln fort: "Und das jetzt ein bisschen genauer bitte, wenn's geht. Strafrechtlicher Ärger kann alles sein, von einem Kavaliersdelikt bis hin zu einem Mord." "Saber, Eagle hätte mich vor ein Gericht stellen lassen und ich wär zu hundert Prozent verurteilt worden. ...Mehr musst du gar nicht wissen." Doch Saber kannte Fireball nun lange genug, er erkannte, dass Fireball zögerte und vor etwas oder jemanden Angst zu haben schien. Kopfschüttelnd ging Saber zum Fenster und drehte Fireball dabei bewusst den Rücken zu. Er fragte ihn sachlich: "Wovor hast du Angst?" Jedoch wollte Fireball nicht unbedingt mit Saber darüber reden. Er versuchte lieber einen Witz aus der Sache zu machen: "Jetzt gerade? ...Vor dir." Erschrocken drehte sich Saber wieder um, das war ihm ganz was Neues. Besänftigend ging er auf Fireball zu: "Vor mir musst du gar keine Angst haben, ich will dir doch nur helfen. ...Und damit ich dir helfen kann, muss ich die Wahrheit erfahren. ...Die kennt nur leider außer dir niemand. Mit welchem Grund hätte dich Eagle also vor ein Gericht ziehen können?" Der junge Japaner erkannte, dass Saber es ernst meinte und ihm glauben würde, auch wenn es harter Tobak sein würde. Er nahm all seinen Mut zusammen, denn noch nie hatte er darüber Auskunft geben müssen. Chris hatte ihn ohne lange zu fragen akzeptiert und hatte versucht, ihm zu helfen. Ganz leise flüsterte er: "Wäre ich damals geblieben oder hätte einem von euch was gesagt, hätte mich Eagle wegen sexuellen Missbrauchs anklagen lassen." Nun war es raus, doch Fireball fühlte sich deswegen kein Stück besser. Was sollte Saber bloß von ihm denken? Saber allerdings hatte gespannt zugehört und versuchte, sich sein eigenes Urteil zu bilden. Er überlegte lange, bevor er zum nächsten Schritt ansetzte und Fireball damit fast zum Wutausbruch brachte: "Hast du April-?" Mehr brachte Saber einfach nicht heraus, er tat sich schwer mit solchen Themen. Fireball hingegen setzte sich lebhaft zur Wehr: "Ich hätte April nie was angetan, nie! Ich hab sie noch nicht einmal geküsst, ohne dass sie es wollte!," zerknirscht fügte er noch an: "Ich wusste doch, dass du mir das nicht glaubst." Nun war es an Saber, sich zu verteidigen: "So war das nicht gemeint. Ich muss einfach alle Eventualitäten ausschließen können. Ich glaube dir, Fire. Aber warum hätte Eagle zu so einem Mittel gegriffen?" Fireball war viel zu aufgewühlt, um Saber jetzt noch vernünftig antworten zu können. Er stammelte: "Ich weiß es doch auch nicht. Ich..." Mitfühlend nahm Saber Fire an der Schulter und redete ihm gut zu: "Das muss damals bei dir und Eagle ganz schön hart gewesen sein, wenn er dir mit so was droht. ...Und du hast wirklich keine Idee, was vorgefallen sein könnte." Fireball schüttelte nur matt den Kopf. Allmählich bildete er sich ein, das größte Hindernis im Leben der anderen zu sein. Sogar Saber machte sich zunehmend Gedanken um die Angelegenheit. Er wollte doch niemanden da mit hineinziehen und dennoch hatte er es im Alleingang geschafft, dass sich das Leben aller zum Negativen verändert hatte. Langsam beruhigte sich auch Saber wieder, dessen Herz bis vor wenigen Minuten noch im Akkord geschuftet hatte. Er ließ sich alles noch einmal durch den Kopf gehen und so saßen beide schweigend nebeneinander. Saber konnte nicht alles verstehen, was Fireball ihm gerade eben aufgetischt hatte. Einiges war ihm zwar klar geworden, vor allem was Fires Verhalten die letzten Monate über betraf, allerdings begriff er eines nicht: "Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen. Was um Himmels Willen ist zwischen dir und Eagle vorgefallen, dass du so wortkarg geworden bist?" Doch Fires guter Wille hatte nicht lange angehalten. Er wollte nicht mehr reden, noch mehr Staub aufzuwühlen war nicht das, was er sich unter einer guten Unterhaltung vorstellte. Viel lieber machte er jetzt die Schotten dicht: "Es ist nichts vorgefallen und außerdem geht es dich ja auch nichts an. Alles weitere ist meine Angelegenheit." Saber stand wieder auf und schrie den Jungen vor sich an: "Deine Angelegenheit ist es schon nicht mehr, seit du damals gegangen bist. Du hast April da mithineingezogen, ihr das Leben mit deinem Abgang zur Hölle gemacht!" Hätte Fireball aufstehen können, wär er nun am liebsten gegangen. Das musste er sich nicht von Saber bieten lassen. Aber weil Fliehen in seinem Zustand nicht drin war, musste er angreifen. Und er griff Saber sehr forsch an: "Denkst du, das weiß ich nicht?! Wäre es dir vielleicht lieber gewesen, wenn ich geblieben wäre und den Ruf des gesamten Teams in den Dreck gezogen hätte? April hätte das nicht überstanden!" "Viel schlechter hätte es April nicht gehen können als es ihr ohnehin schon gegangen ist. ...Wir hätten dir beigestanden.", Saber verlor schon wieder die Fassung. Mit Fireball war es momentan so schwer, dass selbst Saber die Gelassenheit über Bord geschmissen hatte. Fireball hingegen versuchte nun, Saber irgendwie wieder los zu werden. Für seinen Geschmack wusste der blonde Schotte so schon zu viel, noch mehr würde er ihm eh nicht mehr glauben. Er wiegelte Saber auf: "Das hätte mir doch auch nichts gebracht. Würde man einem einfache Star Sheriff noch was glauben, wenn der Commander des westlichen Grenzlandes das Gegenteil behauptet? ...Saber, so wie es gelaufen ist, ist es nun mal gelaufen und daran kannst selbst du nichts mehr ändern. Ich hab's überlebt, was willst du mehr?" Gekränkt sah Saber den Rennfahrer an. Was sollte der letzte Satz eben? Sehr verärgert reagierte er darauf: "Vielleicht dass es dir und April gut geht. Verdammt, du bist ein Sturkopf und wirst es immer bleiben!" "Ich kann für meinen Sturkopf nichts! Wär's nach mir gegangen, würde es April gut gehen und ich wäre nicht hier!" Fireball hatte sich schon wieder derart in Rage geredet, dass er Saber lauthals anschrie. Der Cowboy hatte April zusammengepackt und ging mit ihr gerade den Flur zum Krankenzimmer entlang. Diesmal würde er ihr Schützenhilfe geben, damit sie sich gegen Fireball zu Wehr setzen konnte und ihm endlich sagen konnte, was sie fühlte und wie sie sich bei Fires Verhalten fühlte. Freundschaftlich hatte er April in den Arm genommen und sprach ihr gut zu: "Wirst sehen, das heute hat er bestimmt nicht so gemeint, Süße. Außerdem, was solltest du mit Chris denn anfangen?" April verstand Colts Sinn für Humor nicht immer, allerdings war sie ihm jetzt dafür sehr dankbar. Er heiterte sie auf und gab ihr neuen Mut. Sie lächelte Colt dankbar an: "Du glaubst also, dass er das nur so gesagt hat mit dem Baum?" Der Cowboy nahm den Hut ab und grinste: "Klar! Der würde nie mit Absicht gegen einen Baum fahren, dafür hängt er viel zu sehr am Leben." Sie wollten gerade klopfen und eintreten, als sie Fireballs Stimme vernahmen. Es hörte sich nicht gut an und so entschieden sich die beiden, erst mal vor der Tür zu warten und zu lauschen, wer da mit Fireball wieder einen Kampf austrug. Saber antwortete mindestens genauso laut wie Fireball: "Wärst du wieder abgehauen, wenn du den Unfall nicht gehabt hättest? Wärst du Eagle aus dem Weg gegangen und hättest dich wieder versteckt?!" Fireball gab stinksauer zurück: "Ja, ich wäre gegangen, für immer. Allerdings hat das nicht so hingehauen wie ich das gerne gehabt hätte!" "Ist dir der Baum dazwischengekommen, oder was meinst du damit?!" Wütend schlug Fireball mit der Faust auf seine Beine, er spürte den Schmerz ja nicht mehr: "Der Baum war schon richtig so, das Auto war nur zu gut gebaut! Oder ich hätte mehr Gas geben müssen, so genau weiß ich das nicht mehr!" Mit einem Mal verschlug es Saber die Sprache. Er wurde plötzlich weiß um die Nase und musste sich setzen. Hatte ihm Fireball gerade eröffnet, dass er sich umbringen wollte? Er atmete tief durch und fragte nach: "Du wolltest dich umbringen?! ...Warum?" "Warum? Warum?! Also ob das jetzt noch eine Rolle spielt! Ich wollte und konnte nicht mehr, weshalb also nicht?!" Saber begann mit sich selbst zu kämpfen. Er wollte Fireball eigentlich nicht anschreien, doch von dieser Antwort wurde ihm vor lauter Wut fast schlecht: "Wenn das der einzige Grund ist, warum du gegen einen Baum gefahren bist, geschieht es dir nur recht, dass du deine Beine nicht mehr spürst! ...Hast du nur einmal an uns gedacht, was du uns damit angetan hättest?!" "Ich hab an April gedacht, und nur deshalb... Du hast doch keine Ahnung was mir Eagle immer wieder an den Kopf geworfen hat und das über Monate hinweg!" Saber stand wieder auf und ballte die Hände zu Fäusten: "Wie soll ich das auch wissen, du Vollkoffer hast doch keinen Ton gesagt?! Wie lange ist das überhaupt so gegangen mit dir und Commander Eagle?" Fireball begann vor Wut schon zu zittern, einerseits ärgerte er sich über sich selbst auf der anderen Seite kamen alle Emotionen zum Vorschein, die er eigentlich Eagle hätte spüren lassen müssen: "Ich war einen Monat im Team bis er angefangen hat, mich bei jeder Kleinigkeit einen Kopf kürzer zu machen! Komplett ausgeflippt ist er, als er erfahren hat, wie ich mit König Jarred seinerzeit umgesprungen bin. Ab da war ich nur noch untragbar und eine Schande für alle!" "Wie kann es dann bitte sein, dass er dich immer wie einen von uns behandelt hat, wenn wir was zusammen unternommen haben?!" "Weil Eagle eine falsche Schlange ist, so einfach ist das!" Völlig unbeherrscht fuhr Saber Fireball abermals an: "Und du bist augenscheinlich zu blöd um zu deinem Vorgesetzten zu gehen und das zu melden! Es wäre meine Aufgabe gewesen, das aus der Welt zu schaffen, was zwischen dir und Commander Eagle steht und sich offensichtlich ins Unermessliche aufgestaut hat!" Wütend rutschte Fireball ein Stück im Bett nach vor: "Ich sag's dir jetzt noch einmal und diesmal in einer Sprache, die du verstehst! Du scheinst mich ja nicht zu verstehen! Ich wollte euch nicht da hineinziehen. Vor allem nicht April, die wäre in einen Gewissenskonflikt gekommen!" Kapitel 17: Tränen und Wut -------------------------- Inzwischen fuchsteufelswild herrschte Saber den Rennfahrer an: "Der einzige, der hier was nicht versteht, bist einzig und allein du! Alle anderen wären soviel gewesen, mit jemanden darüber zu reden, nur du wieder mal nicht! Woran liegt das wohl? Bist du dir zu stolz um um Hilfe zu bitten?!" Fireball wusste allmählich weder vor noch zurück, er fühlte sich von Saber in die Ecke gedrängt. Warum wollte Saber nicht glauben, dass er nicht mehr wusste, als er schon gesagt hatte? Außerdem erinnerte ihn Sabers Wutausbruch verdächtig an den von Eagle. Allerdings gab es zwischen den beiden nur einen Unterschied. Im Gegensatz zu Eagle meinte es Saber nur gut, auch wenn gerade die Pferde mit ihm durchgingen. Saber hatte ihn genau da getroffen, wo er sowieso schon nicht mehr standhalten konnte. Fires Selbstvertrauen war derart im Keller, dass er sich gegen Saber nicht mehr rechtfertigen wollte. Plötzlich schossen ihm die Tränen in die Augen. Ihm wurde schmerzhaft bewusst, was er sich und den anderen angetan hatte. Er wünschte sich immer mehr, den Baum doch richtig getroffen zu haben. Er wollte das alles nicht mehr ertragen müssen, nicht mehr mit der Schuld, den anderen das Leben versaut zu haben, leben müssen. Gebrochen gab er Saber zurück: "Kannst du endlich aufhören, in der Vergangenheit rumzustochern? ...Saber, geh jetzt bitte." "Ich werde den Teufel tun und jetzt gehen! Ich werde die Wahrheit herausfinden, und wenn ich sie aus dir rausprügeln muss.", Saber konnte selbst kaum glauben, was er Fire da eben angedroht hatte. Die Worte waren ihm einfach rausgerutscht. Jetzt bekam Fire Angst vor Saber. So etwas hatte sein alter Chef noch nicht einmal Outridern angedroht. Er fühlte sich zunehmend hilf- und schutzlos. Genau wie vorhin bei Eagle. Diesmal flehte er Saber an: "Ich weiß doch nicht mehr, als ich dir schon gesagt habe, Saber! Selbst, wenn ich wollte, ich könnte dir nicht mehr sagen, denn dann würde ich dich anlügen. ...Bitte hör endlich auf, Saber. Eagle hat mit heute schon gereicht, da musst du mich nicht auch noch kleiner machen, als ich ohnehin schon bin." Wild entschlossen ging Saber zur Tür: "Gut, soll mir recht sein. Dann werde ich jetzt zur Hauptperson Nummer Zwei gehen und dem mal auf den Zahn fühlen. Eagle wird wohl hoffentlich wissen, warum er dich derart schikaniert hat." Saber öffnete die Tür mit ziemlich viel Schwung und schlug sie Colt genau ins Gesicht. Bevor Saber wortlos am Cowboy und an April vorbeisausen konnte, griff Colt nach seinem Arm und forderte ihn kurz entschlossen auf: "Halt, Freundchen! Du lässt deinen Kopf jetzt erst mal ausrauchen, bevor du deinen Job riskierst!" Wohlwollend nickte Colt April zu und bedeutete ihr, dass er mit Saber erst einmal in den Garten hinunterging. Unsicher blieb April neben der offenen Türe stehen und blickte hinter Colt und Saber her. Sie wusste nicht, ob sie nicht lieber gehen sollte. Fireball war so laut gewesen und sie glaubte nicht, dass er innerhalb von ein paar Minuten wieder runterkam. Langsam drehte sie sich dem Zimmer zu und wollte die Türe schließen. Sie riskierte einen Blick zu Fireball hinüber und erschrak. Ihm standen die Tränen in den Augen und er machte keinen guten Eindruck auf April. Ihr schlug das Herz bis zum Hals, als sie ihn so verlassen und mutlos dort sitzen sah. So kannte sie ihn nicht, so wollte sie ihn auch nie kennen. April hatte Fire immer bewundert, weil er alleine mit seinen achtzehn Lenzen so gut durchs Leben gekommen war. Es war ihr unheimlich, tausend Gedanken schossen ihr in diesem Augenblick durch den Kopf. Aus ihrem Vorhaben, die Tür von außen zuzumachen wurde nichts. April konnte Fire in diesem Moment nicht alleine lassen. Der Anblick brach ihr das Herz. Sie trat leise in sein Zimmer und schloss die Tür. Sie blickte sich kurz im Krankenzimmer um und sah das Buch gleich neben der Tür auf dem Fußboden liegen. Sie hob es auf und ging zu Fire ans Bett. Ihre Knie begannen zu zittern und nun war sie nervös. Wie sollte sie ein Gespräch beginnen? Sie legte das Buch wieder auf das Nachttischchen und ging zum Fenster. Zittrig stützte sie sich mit den Händen auf dem Fensterbänkchen ab und richtete ihren Blick auf den Krankenhausgarten. Bei genauerem Hinsehen konnte sie sogar Saber und Colt erkennen, die wohl heftig zu debattieren schienen. Leise seufzte sie. Es fiel ihr so unheimlich schwer, Fireball nicht einfach in den Arm zu nehmen. Nach alle dem, was sie in den letzten Minuten mitanhören musste, stiegen selbst ihr die Tränen auf. Sie ärgerte sich über ihren Vater. Was hatte dieser Fireball bloß angetan? Zögernd drehte sich April um und brachte die Sprache auf das Buch, das am Boden gelegen hatte: "Es hat dir wohl nicht gefallen?" Allerdings antwortete Fireball nicht auf ihre Frage. Er hatte kaum im Buch zu lesen angefangen, als Commander Eagle im Zimmer gestanden hatte. Matt fuhr sich der Rennfahrer über das Gesicht. Er musterte April und erkannte die Sorge in ihrem Gesicht. Lag ihr doch noch was an ihm? Als er die Tränen in ihren Augen erkannte, murmelte er beschämt: "Du hast wohl zugehört? ...Wenn Eagle das erfährt, kann ich mich einbuddeln lassen." April nahm all ihren Mut zusammen und setzte sich zu Fireball aufs Bett. Sie strich ihm behutsam die Haare aus dem Gesicht und flüsterte geknickt: "Was hat dir mein Vater bloß angetan?" Fireballs Hände begannen abermals zu zittern und er musste schwer schlucken um nicht in Tränen auszubrechen. Der ganze Tag war ein furchtbarer Albtraum gewesen. Zuerst Commander Eagle und dann auch noch Saber. Er brachte kein Wort heraus, er schüttelte nur verzweifelt den Kopf. April hätte es nie erfahren dürfen, schon gar nicht so. Seine eigenen Vorwürfe wurden immer lauter und wollten nicht mehr verstummen. Was hatte er auch mit April flirten müssen? Gerade begann er wieder, sich zu fragen, was er in seinem letzten Leben alles angestellt haben musste, um jetzt so bestraft zu werden. Hatte er einen Weltkrieg angezettelt oder eine Bombe auf wehrlose Menschen fallen lassen? Auf Aprils Frage konnte ihr Fire nicht antworten. Er wusste doch ganz genau, dass Commander Eagle Aprils einziger Verwandter war, der in der Nähe lebte. Er konnte ihr nicht ihren Vater nehmen, die einzige Ansprechperson. Colt versuchte verzweifelt, Saber davon abzuhalten, in seinem derzeitigen Gemütszustand zu Commander Eagle zu gehen. Der Cowboy wusste ausnahmsweise genau, welche Konsequenzen das für Saber nach sich ziehen konnte, wenn er Commander Eagle auch nur ansatzweise so anblaffte, wer er das vor nicht einmal fünf Minuten mit Fireball praktiziert hatte. Er zerrte an Sabers Mantelärmel und versuchte, den Schotten in eine Cafe oder Ähnliches zu manövrieren. Er versuchte, Saber gut zuzureden: "Komm erst mal wieder runter, edler Schwertschwinger! Du kannst dich so nicht bei Commander Eagle blicken lassen." Endlich hatte Colt es geschafft. Saber blieb stehen und sah Colt direkt in die Augen. Er war immer noch fuchsteufelswild, die Situation schien ihn endlos aufzuregen. Erbost riss er sich von Colt los und fuhr ihn an: "Wieso soll ich mich bei Eagle so nicht blicken lassen können, Colt?!" Langsam wurde es Colt unheimlich. Sonst war doch er immer derjenige, den man kaum von seiner Palme runterbringen konnte, wenn er mal kochte. Er versuchte, die Ruhe zu bewahren und drängte Saber in das nächstbeste Cafe: "Wenn du Eagle genauso anfährst, wie du's mit Fire oder mir gerade machst, kannst du deine EDM in den Mülleimer werfen. ...Saber, was in aller Welt hat dich so erbost?" Saber ließ sich auf einen Stuhl fallen und machte seinem Ärger weiterhin Luft: "Der sture Hund im Krankenzimmer natürlich! Wer denn bitteschön sonst?!" Colt riss sich am Riemen, in diesem Moment musste wenigstens einer die Ruhe bewahren. Er hatte zwar nicht alles gehört, er konnte sich jedoch sehr gut vorstellen, dass Fire nun mit der ganzen Wahrheit rausgerückt war. Leise deutete er der Kellnerin, ihnen zwei Kaffee zu bringen, und versuchte Saber wieder runterzuholen: "Saber. Fire ist nicht einfach momentan, das wissen wir alle. Aber was hat Eagle mit deinem Wutausbruch zu tun? Ist außer der Befehlsverweigerung noch was gewesen?" Saber raffte sich dazu auf, Colt alles haarklein zu erzählen. Dabei wurde er allmählich ruhiger, er erkannte, dass er Fire so nicht helfen würde. Aber er war immer noch wild entschlossen, sich mit Commander Eagle zusammenzusetzen. So einfach würde ihm der Commander diesmal nicht auskommen, immerhin ging es um einen Freund von ihm. Saber erkannte langsam, dass er sich im Krankenzimmer wie ein Verrückter benommen haben musste. Als ihm klar wurde, dass er Fire die Lähmung gönnte, wurde ihm ganz anders: "Ich hab Fire doch tatsächlich gesagt, dass er für den Blödsinn, den er gemacht hat, die Lähmung verdient. ...Was bin ich nur für ein Kumpel?" Colt klopfte ihm auf die Schulter. Nun war ihm schon viel wohler, hatte sich Saber doch wieder beruhigt: "Die Pferde sind mit dir durchgegangen. ...Und ehrlich gesagt, ich hätte auch nicht gewusst, was ich ihm gesagt hätte, wenn er mir so was vor die Füße wirft." Nach dem Kaffee hatte sich Saber wieder soweit im Griff, dass er es wagen wollte. Er stand auf und zahlte: "Kommst du mit?" Colt sprang nun ebenfalls auf und begleitete seinen alten Vorgesetzten ins KOK. Er war schon richtig gespannt auf die Unterhaltung. Allerdings wusste er, dass er nur Zaungast war und wahrscheinlich draußen warten musste. April hatte Fireball inzwischen soweit, dass er wenigstens zu zittern aufgehört hatte. Er tat ihr unheimlich leid, dennoch wusste sie nicht, wie sie ein Gespräch mit ihm führen sollte. Seit ihrem letzten Versuch hatte er kein Wort gesagt, nur dagesessen und gezittert. April machte sich Sorgen um ihn und das war sehr offensichtlich. Sie saß immer noch auf der Bettkante, hielt seine Hand. Plötzlich sah Fire zu April auf: "Was hast du gehört, April?" Seine Stimme klang unsicher und schwach. Erstaunt musterte April Fireball, der extrem bleich im Gesicht war. Sie antwortete ihm mindestens genauso leise, wie er sie gefragt hatte: "Genug, um zu wissen, dass dir der Baum nicht im Weg war." Fast erleichtert lehnte sich Fireball zurück: "Nur das?" Entrüstet stand April auf: "Nur das?! Wird wohl reichen, dass ich das gehört habe und wie du mit Saber über die Art meines Vaters gesprochen hast." Als April Fireballs Gesichtsausdruck sah, merkte sie, dass da noch wesentlich mehr zur Sprache gekommen war und sie eigentlich nur den krönenden Abschluss gehört hatte. Sie wurde neugierig, wagte es aber nicht, Fire danach zu fragen. Allerdings wollte sie ja auch noch einige anderen Sachen von Fire wissen. Sie blickte ihn unsicher an und fragte: "Was hast du die letzten fünfzehn Monate eigentlich gemacht? Wo hast du dich rumgetrieben?" Schweren Herzens murmelte Fireball: "Ich war wieder im Rennzirkus, bei meinem alten Team. Allerdings hab ich mich nicht viel mit den anderen rumgetrieben." April lächelte ein wenig: "Das hab ich von Chris schon gehört. Er hat gemeint, du wärst ein Stubenhocker geworden." Sie unterhielt sich ruhig mit Fireball. Es schien ihm wieder etwas besser als vorhin zu gehen. Allerdings konnte sie an Fires Haltung erkennen, dass nicht alles in Ordnung war. Es war schwierig mit ihm, dennoch versuchte sie ihr bestes. Langsam wurde es dunkel über Yuma und es begann abermals zu schneien. April wollte noch in der Dämmerung nachhause kommen und so verabschiedete sie sich von Fire: "Ich werde dich jetzt mal alleine lassen. Wenn du willst, hol ich dir noch was, wenn du was brauchst." Enttäuscht deutete Fire auf sein Nachttischchen: "Hab alles, danke. ...Willst du nicht noch hier bleiben?" Ihm wurde klar, dass er nicht alleine sein wollte. April hatte ihm die letzte halbe Stunde über das Gefühl der Geborgenheit vermittelt. Er fühlte sich mies und er hatte das Gefühl, die Nacht nicht zu überstehen. April war schon aufgestanden und zur Tür gegangen. Sie drehte sich noch einmal kurz um: "Ich denke nicht, dass ich hier bleiben sollte. Ich will dich weder aufregen noch will ich, dass du mir hier irgendwie zusammenbrichst." Er schüttelte den Kopf: "Bitte bleib hier. Ich... ich möchte nicht alleine sein. Nicht nach diesem Tag." April schloss die Tür wieder und kam einige Schritte näher. Sie machte sich Sorgen um ihn: "Du siehst schlecht aus, Fire. Bist du dir sicher, dass ich bleiben soll?" Matt nickte dieser: "Bitte bleib. Ich fühl mich schäbig und wenn ich jetzt alleine bin, dann fang ich bloß wieder an, über alles nachzudenken." Verunsichert setzte sich April wieder zu Fireball aufs Bett. Instinktiv wusste sie, dass er ihre Nähe brauchte, nicht ihre Worte. Sie überschlug die Beine und streichelte ihm sanft ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Es war still im Zimmer, nur das gleichmäßige Atmen der beiden war zu hören. Außer dem kleinen Nachttischlämpchen waren alle Lichter ausgeschalten. April glaubte sogar, Fires Herz schlagen zu hören. Sie dachte über Sabers und Fireballs Streit von vorhin nach. Sie hatte Saber noch nie in ihrem Leben derart laut erlebt, das war nicht seine Art. Sie begann sich zu fragen, weshalb die beiden wirklich gestritten hatten, doch sie fand keine Antwort darauf. Fireball hatte gehofft, dass es ihm besser ging, wenn April bei ihm bliebe, doch stattdessen musste er wieder mit der aufsteigenden Traurigkeit kämpfen. Er hatte an Eagles Worte gedacht, an Sabers Vorwurf, April das Leben zur Hölle gemacht zu haben. Wieder leicht zitternd setzte er sich auf und schloss April in seine Arme. April ließ ihn gewähren, er sollte spüren, dass sie für ihn da war. Plötzlich wurde das Zittern stärker und April hörte ihn schluchzen. Sie umarmte ihn und drückte ihn an sich: "Ich bin da, Fire. Ich bin bei dir." April brach es das Herz, Fireball weinen zu sehen. Aber sie wusste auch, dass diese Tränen längst fällig gewesen waren. Bis jetzt hatte er nur mit seiner Wut versucht, mit seinem Schicksal klar zu kommen. Beruhigend strich sie ihm immer wieder über den Rücken und sprach ihm gut zu. Fireball fühlte sich schwach und ausgelaugt. Er schämte sich seiner Tränen und dennoch konnte er sie nicht zurückhalten. Dieser Tag hatte das ohnehin schon volle Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Saber und Colt standen am Empfang. Saber begrüßte Commander Eagles persönliche Sekretärin freundlich: "Guten Tag, Misses Müller. Könnten Sie mich bitte beim Commander anmelden?" Die Sekretärin meldete Saber also an und deutete ihm dann, ins Büro durchzugehen. Colt musste, wie erwartet, draußen bleiben. Er setzte sich der guten Misses Müller gegenüber und nickte Saber kraftspendend zu: "Wird schon schief gehen, Saber." Saber klopfte und als Eagle ihn zu sich bat, trat er ein. Der Schotte hatte sich vorgenommen, sich nichts anmerken zu lassen und deshalb salutierte er wie gewohnt vor seinem Vorgesetzten. Commander Eagle sah von seinem Schreibtisch auf: "Was gibt es denn, Saber? Es ist schon ziemlich spät." Saber atmete tief durch und bat den Commander so förmlich er nur konnte: "Sir. Ich bin da an einer Sache dran und möchte einige Dinge abklären. Ich bräuchte dazu allerdings eine Personalakte und einige Auskünfte von Ihnen." Noch wusste der Commander nicht, worauf Saber abzielte und er antwortete ihm deshalb gelassen: "Immer doch. Um welche Sache geht es?" Saber drückte den Rücken durch, er hoffte, dadurch seriöser zu wirken: "Es geht um eine unehrenhafte Entlassung. Commander, ich möchte die Personalakte von Shinji Hikari einsehen." Woher wusste Saber von der unehrenhaften Entlassung? Dem Commander schwante nichts Gutes und er wollte auch nicht, dass die Sache zwischen ihm und Fireball weitere Kreise zog. Er stand auf und gab Saber zu verstehen: "Seine Personalakte steht unter Verschluss! Und was heißt hier eigentlich Entlassung?! Fireball und ich waren uns einig, sozusagen eine einvernehmliche Lösung." Saber biss die Zähne zusammen. Er konnte sich keinen Wutausbruch vor Commander Eagle leisten: "Commander. Ich möchte mir nur ein Bild von dieser Angelegenheit machen. Was war also der Grund für den Rauswurf?" Erbost ging der Commander um seinen Schreibtisch herum und versuchte Saber noch einmal zu warnen: "Er hat nicht hierher gehört, von Anfang an. Es war das Beste für uns alle, wenn er geht." Saber wollte diese Antwort nicht gelten lassen: "Wenn er schon von Anfang an hier Fehl am Platz war, warum haben Sie ihn bis zum Kriegsende behalten?", er wurde sarkastisch: "Hatten wir derartigen Personalmangel, Commander?" Eagle versuchte sich vor Saber aufzubauen: "Nein, natürlich nicht! Er war ein guter Pilot, aber er hat hier nicht hergehört und ich hätte ihn schon früher entlassen müssen." Der Commander hatte sich verplappert. Saber sah seine Chance und fragte noch einmal nach: "Also doch eine Entlassung. Darf ich noch einmal nach dem Grund fragen, Commander?" Commander Eagle war inzwischen derart aufgebracht, dass er nicht mehr über seine Worte nachdachte, die er Saber vorwarf. Immer, wenn es um den vergeratenen Sohn von Hikari ging, wurde Commander Eagle sauer. Er erklärte Saber: "Ganz einfach. Er hat sich in meine Tochter verguckt. Dieser Nichtsnutz hat es doch tatsächlich gewagt! Zuerst schickt er unschuldige Menschen in den Tod und dann versucht er, sich meine Tochter zu nehmen." Saber hatte eben geglaubt, sich verhört zu haben. Verdutzt sah er den Commander an und verlangte weiter nach Antworten: "Wie unschuldige Menschen? Was hat er denn gemacht?" Commander Eagle wurde wieder laut: "Er hat den besten Offizier der japanischen Polizei auf dem Gewissen. Wegen ihm ist Yamato gestorben!" Saber verstand kein Wort, das Commander Eagles Mund verließ. Das konnte doch alles nur ein schlechter Witz sein. Fireball hatte nie auf einen Menschen geschossen, oder etwa doch? Saber musste sich absichern, das konnte er so nicht stehen lassen: "Fire hat auf jemanden geschossen?" Eagle schrie: "Das nicht! Aber er, der Idiot ist aufgeflogen und Yamato ist in die Schusslinie geraten. Es ist Fireballs alleinige Schuld, dass ein guter Freund von mir sein Leben verloren hat." Kapitel 18: Nachforschungen --------------------------- So, ich will ich euch nicht zu lange auf die Folter spannen, obwohl ich nicht weiß, ob ich euch noch mehr antun kann... *g* Saber atmete abermals tief durch, schön langsam verlor er den Faden. Was ging hier bloß vor? Noch einmal musste Saber nachhaken: "Commander, bitte klären Sie mich auf, ich blicke gerade nicht durch. Wie soll es Fireballs Schuld sein, dass ein guter Freund von Ihnen sein Leben verloren hat? War das damals bei der Polizei oder bin ich da auf dem Holzweg?" Der Commander sog die Luft zwischen den Zähnen ein und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben. Er hätte wissen müssen, dass sich Saber Rider mit einer lapidaren, halben Antwort nicht zufrieden gab: "Fireball hat damals bei der Polizei gearbeitet, das ist richtig. Er ist bei irgendeiner Aktion, die geheim bleiben hätte sollen, aufgeflogen und mein Freund, Yamato, musste ihn da rausholen. Yamato ist getötet worden, weil dieser Junge nicht fähig war, seine Arbeit richtig zu machen." Saber wurde immer mehr bewusst, dass dieser Rauswurf von Fireball nur persönliche Gründe hatte und er wollte nur noch die Akten einsehen. Er speicherte die Informationen von Commander Eagle vorerst ab und wollte sich darum kümmern, sobald er Zeit dafür hatte und die Sache mit der Entlassung vollständig geklärt war. Saber wusste, dass es keinen Sinn machte, Commander Eagle noch einmal um die Akteneinsicht zu bitten, er konnte spüren, wie erbost der Commander immer noch war. Eigentlich wollte er sich schon für das aufschlussreiche Gespräch bedanken und gehen, doch Commander Eagle kam ihm zuvor. Ihm war aufgefallen, dass Saber an ganz etwas anderes dachte und das ließ sich der Commander nicht bieten: "Saber? ...Zuerst verlangst du von mir Informationen und wenn ich sie dir gebe, dann hörst du mir nicht zu. Was ist das für eine Art?" Neuerlich fiel bei Saber ein Schalter um. Er musste sich nicht gefallen lassen, dass er unhöflich war. Was war denn bitte dann der Commander? Dieser war mit Fireball so miserabel umgesprungen, während dieses Gespräches hatte Saber sehr schnell erkannt, dass Fireball für den Commander ein rotes Tuch war und er den Jungen nur schlecht behandelt hatte. Saber ging einen Schritt auf den Commander zu: "Ich habe sehr wohl zugehört, Commander. Ich habe alles gehört und ich weiß, dass Sie einen guten Freund verloren haben. Allerdings ist das noch lange kein Grund, einen anderen Menschen derart schlecht zu behandeln, wie Sie es offenbar mit Shinji getan haben." Der Commander verteidigte sich lautstark: "Ich habe den Jungen so behandelt, wie er es verdient hat, Saber. Er war nicht länger für das Team tragbar, deshalb musste er gehen. Was gibt es daran falsch zu verstehen, Offizier Rider?!" Es war Sabers Pflicht, den Mund aufzumachen. Er war Fireballs direkter Vorgesetzter, wenn, hätte er entscheiden müssen, wie tragbar Fireball für das Team Ramrod war: "Denken Sie nicht, dass ich als Shinjis Vorgesetzter davon zu unterrichten gewesen wäre? Commander, dieser Rauswurf war das Unsinnigste, das Sie jemals gemacht haben." Das war zuviel für Commander Eagle. Er musste sich nicht vorschreiben lassen, was er zu tun und zu lassen hatte! Saber würde dafür erst einmal das KOK nicht mehr betreten dürfen: "Ich sage dir jetzt eines: Geh, und denk eine Woche darüber nach, in welche Angelegenheiten du dich hier gerade einmischt! Ich will dich eine Woche nicht hier auf dem KOK-Gelände sehen, ist das klar?" Saber fiel alles runter. War das seine Suspendierung? Das war ein starkes Stück vom Commander, das hätte Saber ihm nicht zugetraut. Saber öffnete die Tür und verabschiedete sich: "Ich bin froh, wenn ich hier eine Zeit lang rauskomme, aus diesem Affenzirkus." Er schmiss die Tür regelrecht zu und stapfte zu Misses Müller. Allen Augenschein nach zu urteilen, hatte Colt keinen Ton von dieser Unterhaltung mitbekommen, denn dieser stand gerade mit Misses Müller am Schreibtisch und unterhielt sich mit ihr. Saber klopfte auf den Tisch: "Zu wem muss ich gehen, damit ich eine Personalakte einsehen kann?" Misses Müller sah erstaunt auf, sie kannte Saber gar nicht so forsch. Sie deutete nach oben: "Aus der Personalabteilung. Die ist zwei Stock höher." "Danke." Schon war Saber wieder unterwegs, er musste sich beeilen und die Akte besorgen, bevor sich die Suspendierung herumsprach. Er zerrte Colt weg und machte sich mit ihm auf in den siebten Stock. Der Cowboy beschwerte sich lautstark, er wollte seinen Kaffee noch in Ruhe zu Ende trinken. Er hatte kein Wort von Commander Eagles und Sabers Gespräch mitbekommen, er war zu sehr in das Gespräch mit Misses Müller vertieft. Colt nörgelte: "Was soll das? Ich wollte noch mit Misses Müller reden. Ich hab die Gute ja schon ewig nicht mehr gesehen." Saber antwortete Colt nicht, er musste an die Akte kommen so schnell es nur ging. Colt würde schon früh genug erfahren, was hier gespielt wurde. Oben im siebten Stock angekommen, sprach Saber den erstbesten Mitarbeiter an, den er finden konnte: "Sie da! Ich brauch die Personalakte von Shinji Hikari, aber ein bisschen trillipampi!" Colt traute seinen Ohren nicht mehr. Seit wann war Saber mit anderen Mitarbeitern des KOKs so unfreundlich? Ansonsten hatte Saber doch immer brav bitte und danke gesagt. Dem Cowboy drängte sich der Verdacht auf, dass in Eagles Büro etwas nicht so gelaufen war, wie Saber sich das vorgestellt hatte. Schweigend blieb er neben Saber stehen und beobachtete ihn aufmerksam. Bis der Mitarbeiter endlich mit der Akte zurück kam, klopfte Saber mit den Fingern auf dem Tisch herum. Saber war in Colts Augen ungeduldig und aufgebracht. Diesen Gesichtsausdruck hatte er erst vor kurzem gesehen und Colt fühlte sich in seiner Annahme bestätigt. Saber musste mit Commander Eagle ganz einfach gestritten haben. Als der junge Mann mit der Akte zurückkam, riss Saber ihm diese aus den Händen: "Das hat ja ewig gedauert. Ich hab schon gedacht, dass ich hier übernachten müsste." Verunsichert versuchte sich der junge Mann zu verteidigen: "Entschuldigung, Mister Rider. Die Akten von den ausgetretenen Mitarbeitern werden ganz hinten im Archiv verstaut. Ich musste sie erst suchen." Saber drehte sich auf dem Absatz um und gab Colt ein Zeichen zum Aufbruch. Dem Mitarbeiter des Personalbüros gab er noch zu verstehen: "Ich hab sie ja jetzt. ...Die Akte bekommen Sie in den nächsten Tagen wieder!" Damit waren die beiden auch schon auf dem Weg Richtung Ausgang. Colt kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Seite von Saber wollte er keinesfalls näher kennen lernen. Endlich beim Auto angekommen, traute sich Colt Saber auf sein Verhalten anzusprechen: "Was ist denn in Eagles Büro passiert, Saber?" Saber stieg in den Wagen und schloss die Tür. Er steckte den Zündschlüssel rein und startete den Wagen. Genervt blickte er Colt an und antwortete diesem: "Meine Suspendierung! Was denkst du denn?" Aus Colts Mund kam nur ein erstauntes "Oh!", er war nicht in der Lage, das noch großartig zu kommentieren. Irgendwie kam es Colt komisch vor. Seit Fireball auf dem Ball plötzlich aufgetaucht war, passierten Katastrophen und suspekte Vorfälle am laufenden Band. Welches Geheimnis verbarg sich bloß hinter Fireballs Entlassung? Saber fuhr den Wagen auf die Hauptstraße und fragte Colt: "Fahren wir zu dir, oder zu mir in die Wohnung, um die Akte durchzusehen?" Colts Neugier war geweckt. Die Akte! Auf die hatte er ganz vergessen, er war zu sehr mit Sabers komischen Verhalten beschäftigt gewesen. Er nahm sie vom Rücksitz und sah sie skeptisch an: "Die ist ziemlich dick, wenn du mich fragst. Wenn alle Akten solche Schwarten sind, will ich nicht wissen, wie die von einem Mitarbeiter aussieht, der sein ganzes Leben im KOK verbracht hat." Saber musste gegen seinen Willen schmunzeln: "Wenn er ein unauffälliger Zeitgenosse war, ist die nur halb so dick. ...Colt, wohin jetzt?" Jedoch wartete Saber eine Antwort gar nicht mehr ab. Er bog Richtung Stadtmitte ab und fuhr zu sich nach Hause, Synthia würde sicherlich schon auf ihn warten. Als sie angekommen waren und Synthia in alles eingeweiht hatten, setzten sie sich an den Wohnzimmertisch und schlugen die Akte auf. Die beiden Männer kamen aus dem Staunen nicht mehr raus, die Akte war gespickt mit Verweisen und Verwarnungen. Haufenweise Arztberichte waren ebenfalls in der Akte zu finden. Sie studierten die Akte aufmerksam durch und die gute Laune verging mit jeder Seite mehr. Ziemlich weit hinten in der Akte tauchten auch Fires Kündigung und sein Dienstzeugnis auf. Saber lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Er schloss für einen Moment die Augen und versuchte, all die Informationen zu ordnen, die er in den letzten Stunden erhalten hatte. Allmählich stiegen in Saber Vorwürfe auf, er hätte sich viel früher mit Fireball befassen müssen. Wäre Saber ein verantwortungsvoller Vorgesetzter gewesen, hätte er merken müssen, dass mit Fireball was nicht stimmte. Allerdings war es nun zu spät, was wäre wenn Spiele konnten Fireball nicht helfen. Erschüttert schlug Saber die Akte zu und sah Colt an: "Ich kann nicht glauben, dass ich von alle dem nichts mitbekommen habe. Es hätte nie soweit kommen dürfen." Colt war nicht entgangen, dass Sabers Gesichtsausdruck während des Lesens immer deprimierter wurde. Er roch förmlich, dass Saber sich eine Teilschuld an der Misere gab. Er drehte sich seinem Freund zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter: "Hey, keiner hat davon was mitbekommen. Und ändern kannst du daran jetzt auch nichts mehr, Saber. Wir müssen es hinnehmen." Saber widersprach seinem Freund: "Sieh dir die Akte an, Cowboy. So viele Verweise. Da hätte ich doch irgendwann drüberstolpern müssen... Warum hat der Sturkopf nie was gesagt?" Der Schotte fühlte sich schlecht wegen der Sache. Laut der Akte war Fire von Anfang an so schikaniert worden, wegen Nichtigkeiten, teilweise auch ohne Grund. Saber verstand Commander Eagle nicht. Seit er den Commander kannte, hatte er nie auch nur jemanden ansatzweise so schlecht behandelt wie Fireball. Und das auch noch vor seinen Augen, ohne dass er davon was mitbekommen hatte. Saber begann an allem zu zweifeln, woran er jemals geglaubt hatte, zumindest soweit es Commander Eagle betraf. Er versuchte, sich in Fires Situation zu versetzen und er kam zu einem ernüchternden Ergebnis. Wäre er in Fireballs Haut gesteckt, er hätte das nicht so lange ausgehalten, ohne was zu sagen. Colt versuchte währenddessen, Saber gut zuzureden: "Fire hat nie über Dinge gesprochen, die ihn selbst betroffen haben, Saber. Und unser guter Commander wird bei den Verweisen und Verwarnungen schon darauf geachtet haben, dass wir nicht drüberstolpern." Es fiel auch dem Cowboy nicht leicht, all das hinzunehmen. Er dachte daran, wie oft er irgendwelchen Mist gebaut hatte und dafür nur ein fünfminütiges Gespräch mit dem Commander führen musste und ihm versprechen musste, dass er beim nächsten Mal nachdachte, bevor er losstürmte. Colt nahm einen Schluck vom Wasser, das ihm Synthia gebracht hatte, und lehnte sich nachdenklich zurück. Nach etlichen Minuten des Schweigens begann Colt: "Mir wär da ja irgendwann der Kragen geplatzt." Saber sah Colt vorerst verdutzt an, verstand allerdings schnell, was der Cowboy damit andeuten wollte. Er musste ihm zustimmen: "Ja, ich wäre wohl auch früher oder später bei der Dienstaufsichtsbehörde aufmarschiert. Bei aller Loyalität dem KOK und dem Neuen Grenzland gegenüber, aber das hätte ich mir nicht gefallen lassen." Auf dieses Kommentar war Colt nicht gefasst. Er starrte seinen alten Vorgesetzten ungläubig an, bevor er zu kichern begann: "Das würd' ich zu gerne sehen. Du, wie du bei der Dienstaufsicht stehst und dich über deinen Job beklagst," ernster fügte er jedoch noch hinzu: "Was hast du jetzt vor, Saber? Willst du da noch tiefer schürfen?" Ohne eine Antwort zu geben, stand Saber auf und suchte an seinem Arbeitsplatz nach Stift und Papier. Als er wieder zurückkam, schlug er die Personalakte noch einmal auf und zwar die aller erste Seite. Er schrieb die Adresse ab, die auf dem Briefkopf stand und setzte sich wieder. Geheimnisvoll begann er schließlich: "Ich werde meinen unbezahlten Urlaub gleich nützen, was denkst du denn?" Colt verstand nicht: "Und wofür willst du deine Woche Suspendierung nützen?" Saber lehnte sich betont lässig zurück und antwortete: "Ich mache mich die nächsten paar Tage zum U-Boot. Ich werde nicht hier auf Yuma sein, Colt." "Und wo geisterst du dann rum? Saber, klär mich mal auf!" Colt begann ungeduldig und neugierig zu werden. Er hasste es, wenn jemand in Rätseln sprach. Saber lächelte indes geheimnisvoll: "Ich werde nach Japan fliegen, mit Synthia. Ich werde dort ein paar Nachforschungen anstellen." Und langsam starb er vor Neugierde: "Welche Nachforschungen? Was hast du bei Eagle rausgefunden?" Der Schotte lehnte sich wieder nach vor und deutete auf die Adresse in der Akte: "Ich werde zur Polizeidirektion in Tokio gehen. Ich hab von Commander Eagle einige Informationen über eine Top-Secret Angelegenheit erhalten und diese werde ich auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen." Colt seufzte entmutigt. Würde er niemals eine Antwort von Saber bekommen, mit der auch er was anfangen konnte: "Top-Secret also. Hört sich an, als würdest du mir das nicht erzählen wollen. ...Komm schon, Schwertschwinger. Ich gebe dir mein Ehrenwort, dass ich es nicht weitertratschen werde." Saber schmunzelte: "Dein Indianerehrenwort kenne ich schon zur Genüge, Kuhhirte. ...Also, schön. Eagle ist rausgerutscht, dass ein Polizist, der gut mit ihm befreundet war, durch Fireballs Schuld gestorben ist. Ich werde zu Kommandant Tomoei fahren und die Schuldfrage klären. ...Ich traue Commander Eagle diesmal nicht. Fire würde niemanden umbringen oder etwas in der Art." Colt war kurz davor, stinksauer aufzuspringen und Saber zu fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank habe. Wäre der letzte Satz da nicht nachgekommen. So blieb er sitzen, seine Meinung musste er trotzdem loswerden: "Ich dachte jetzt schon, du glaubst das auch noch! Mensch, du kannst mich doch nicht so schockieren, Säbelschwinger." Saber stand nun wieder auf. Er wollte noch den Kommandanten in Japan anrufen und seine Klamotten packen. Colt sollte zu Robin nachhause fahren: "Kuhhirte. Ich muss noch packen und ich würde dich bitten, dass du ein Auge auf Fire und April hast, während ich weg bin. Erzähl ihnen aber kein Sterbenswörtchen, wo ich bin und was ich mache. An die Personalakte muss ich dich doch hoffentlich nicht auch noch erinnern, dass die keinen was angeht." Colt stand nun ebenfalls auf und suchte nach seiner Jacke: "Und was, bitteschön, soll ich den beiden auftischen, wenn sie mich fragen?" Der Schotte versuchte, ein bisschen lockerer zu werden und einen Witz zu machen: "Fire weiß sicher ganz genau, was in seiner Akte steht, April muss es ja nicht wissen. Und wenn sie dich fragen, wo ich umgehe, dann erzähl ihnen einfach, ich wäre im Urlaub und für niemanden erreichbar." Schmunzelnd zog sich Colt seine Jacke über: "Jetzt muss ich auch noch für dich lügen. So weit ist es mit der ehemals besten Einheit des Neuen Grenzlandes also schon gekommen. Ruf mich wenigstens an, wenn du was Genaueres weißt." Breit grinsend gab Saber zurück: "Ich geb dir die Exklusivrechte für das erste Interview mit mir. Was hältst du davon?" "Das muss ich nun auch wieder nicht haben," Colt wurde im Tonfall wieder ernster: "Sag einfach nur Bescheid, wenn du was weißt." Die beiden verabschiedeten sich voneinander und gingen ihre eigenen Wege. Saber verschloss noch hinter Colt die Wohnungstür und half dann Synthia beim Packen. Er war sehr froh, so eine Partnerin gefunden zu haben. Synthia würde sogar durchs Feuer gehen, nur wenn es Saber helfen würde. Sie war ohne nach weiteren Gründen zu fragen ins Schlafzimmer gegangen und hatte mit dem Einpacken begonnen. Während er einige Hemden in den Koffer legte, erklärte er Synthia noch einmal ausführlich was an diesem Tag alles vorgefallen war. Sie nickte verständnisvoll und ab und zu fragte sie genauer nach. Sie merkte, wie aufgewühlt ihr Liebster im Moment war und wie sehr er darauf brannte, endlich die Wahrheit herauszufinden. Und sie war sich sicher, dass Saber die Wahrheit ans Licht bringen würde. Sie dachte kurz an Fireball, den das alles ja betraf und senkte den Kopf. Synthia konnte nicht ganz verstehen, warum er nie etwas gesagt hatte. Sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung im Kindergarten. Er hatte auf sie einen fröhlichen und unbeschwerten Eindruck gemacht. Sie wünschte niemanden ein solches Schicksal, nicht einmal Jesse Blue oder einem Outrider. Als Synthia bemerkte, wie still ihr Lebensgefährte wurde, ließ sie von ihren Klamotten ab und schmiegte sich an ihn: "Es wird alles gut, Schatz. Alles wird sich aufklären, da bin ich mir ganz sicher." Saber erwiderte die Umarmung und schloss seinerseits Synthia in die Arme. Allerdings antwortete er ihr nicht. Er gab ihr nur einen zärtlichen Kuss, der ihr zeigen sollte, dass sie der wichtigste Mensch in seinem Leben war. Kapitel 19: Vergangenheit ------------------------- So, jetzt kommt der erste Teil der Aufklärung für alle, die es schon nicht mehr erwarten können *g*. Viel Spaß "Also, dann. Ich hol dich später im Einkaufszentrum ab, Synthia," Saber gab seiner Freundin noch einen innigen Kuss und drehte sich der Eingangstüre zu. Die Polizeidirektion war in einem riesigen Gebäudekomplex, der mindestens fünfzig Stockwerk zählte. Er atmete noch einmal tief durch und ging noch einmal die wichtigsten Punkte durch, die er klären musste. Angespannt stieg er die ersten Treppen hinauf. Kurz vor neun. Der Kommandant hatte ihm einen der ersten Termine gegeben, war sehr freundlich mit ihm am Telefon. Langsam ging er hinein und sah sich um. Hätte ihm der Kommandant nicht eine kurze Beschreibung am Telefon gegeben, hätte er jemanden fragen müssen. Der Plan war nur in japanischen Schriftzeichen geschrieben, von denen Saber kein einziges entziffern konnte. Im dritten Stock angekommen suchte er nach Tomoeis Büro. Eine Sekretärin half ihm dabei: "Kommandant Tomoei wartet bereits auf Sie, Mister Rider. Sie können dort drüben gleich Platz nehmen, er wird Sie sofort empfangen." Saber bedankte sich und setzte sich vorerst auf den freien Stuhl neben einer Tür. Hier herrschte hektisches Treiben und immer wieder läutete ein Telefon. Wenn er es mit dem ruhigen Treiben im KOK verglich, war hier die Hölle los. Etwas müde fuhr sich Saber über die Augen. Er hatte auf dem Weg hierher kaum geschlafen, der Flug war ziemlich holprig gewesen. Plötzlich stand ein Mann neben ihm und reichte ihm die Hand: "Sind Sie Offizier Rider vom KOK?" Saber stand auf und gab dem älteren, etwas kleingeratenem Mann mit Brille, die Hand: "Ja, der bin ich. Sind Sie Kommandant Tomoei?" Der Kommandant nickte: "Ja. Gehen wir doch in mein Büro. ...Weshalb haben Sie mich um einen Termin gebeten, Offizier Rider?" Saber nahm den angebotenen Platz gerne an und setzte sich dem Kommandanten gegenüber. Die Sekretärin brachte beiden noch eine Tasse Kaffee. Als sie die Türe hinter sich schloss, begann Saber: "Kommandant Tomoei. Ich bin hier, weil ich mit Ihnen über Shinji Hikari sprechen möchte." Tomoei ließ sich in seinem Stuhl zurücksinken. Er hatte den Jungen schon Jahre nicht mehr gesehen, wusste im ersten Moment auch gar nicht, was Shinji mit dem KOK zu tun haben sollte. Laut seinen Informationen war Shinji damals in den Rennsport gegangen. Er faltete die Hände und stützte die Ellbogen auf. Saber schien ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner zu sein: "Offizier Rider, ich weiß leider nicht, ob ich da der richtige Ansprechpartner für Sie bin. Ich habe vom jungen Hikari seit Jahren nichts mehr gehört. Vielleicht sollten Sie seine Mutter aufsuchen." Saber richtete sich im Stuhl etwas auf. Fires Mutter? Kurzerhand entschloss er sich, diese in einem Aufwaschen auch zu besuchen, falls sie in der Nähe wohnte. Er gab dem Kommandanten zu verstehen: "Ich bin nicht beruflich hier, Kommandant Tomoei. Shinji Hikari war ein Teamkollege und guter Freund von mir. Mir ist zu Ohren gekommen, dass bei einer Undercoveraktion, an der Shinji beteiligt war, jemand gestorben ist. Ich hätte gerne nähere Informationen dazu von Ihnen." Der Kommandant konnte sich nur zu gut an die besagte Aktion erinnern. Er nahm einen Schluck vom Kaffee und ließ sich im Stuhl wieder nach hinten gleiten: "Das ist eine lange Geschichte, Offizier Rider. Shinji hatte seine Ausbildung kaum richtig abgeschlossen, da war auf Tokios Straßen auch schon die Hölle los. Wir haben ihn eine Rennlizenz machen lassen und ihn dann in die Bande, die illegale Straßenrennen und auch andere krumme Dinger gedreht hatte, eingeschleust. Am letzten Abend bevor wir die Bande auffliegen lassen wollten, ist es zu einer fürchterlichen Schießerei gekommen. Ein Polizist hat dabei sein Leben verloren und Shinji war schwer verletzt." Saber hakte weiter nach. Er war froh, dass der Kommandant so bereitwillig Auskunft darüber gab: "Dieser eine Polizist, war dessen Name Yamato? Hatte er was mit Shinji zu tun?" Tomoei war erstaunt, den Namen seines alten Kollegen aus dem Mund eines völlig fremden zu hören. Er nickte kurz: "Ja, Yamato ist bei der Schießerei gestorben. ... Yamato hat den jungen Hikari von Anfang an unter seine Fittiche genommen, ihm alles beigebracht und auf ihn aufgepasst. Sie haben sich prima verstanden. Am besagten Abend wollten wir eigentlich zuschlagen und deshalb war Yamato in der Nähe von Shinji..." Der Kommandant erzählte Saber alles haarklein... Ein Wagen hielt neben ihm. Fireball stieg aus, schloss die Autotür und lehnte sich gegen seinen Wagen: "Wenn du das nächste Mal länger brauchst, sag mir Bescheid, dann geh ich mir noch einen Kaffee holen." Die beiden jungen Männer standen unmittelbar neben einer Gruppe von sieben bis zehn anderer Jugendlicher. Die Mädchen unter ihnen jubelten, sie hatten schon lange niemanden mehr in der Gruppe gehabt, der einen lässigen Spruch auf den Lippen hatte, und dem Boss um die Ohren fuhr. Der Anführer, Tom, schloss wütend seine Autotür. Eben hatte er sein erstes Straßenrennen verloren, und dann auch noch gegen einen Frischling in der Bande. Er schnauzte den Neuling an: "Was hast du mit der Kiste da gemacht, verdammt noch mal?! Hast du eine Lachgaseinspritzung drinnen oder einen stärkeren Motor? ...Ich dachte eben, ich würde mit der ersten anfahren!" Fire klopfte mit der flachen Hand auf die Motorhaube seines schwarzen Wagens. Er war angespannt und etwas nervös. Allerdings wusste er, dass er nicht alleine war: "Ich hab an der Karre nur ein bisschen gebastelt, sonst nichts, Tom." Es war verdächtig ruhig in dieser Nacht. Ansonsten war auf den Straßen immer sehr viel los, aber nicht an diesem Abend. Ein kalter Wind zog durch die Straßen Tokios. Fire stieß sich von seinem Wagen ab und ging auf die Gruppe zu. Er gähnte herzhaft und winkte Tom: "Komm, lass uns jetzt endlich einen Trinken gehen, sonst verdurst ich hier neben meinem Wagen." Tom war immer noch sauer, bisher hatte es niemand gewagt, ihn bei einem Rennen zu überholen und dieser Junge da vor ihm hatte ihn regelrecht stehen lassen. Er war sichtlich schlecht gelaunt und stapfte hinterher: "Aber bilde dir nicht ein, dass das so stehen bleibt! Wir drehen danach noch eine Runde, aber nach meinen Spielregeln." Als die Gruppe in einem Lokal verschwand, schüttelte Yamato skeptisch den Kopf und flüsterte seinem Kollegen zu: "Das gefällt mir ganz und gar nicht." Die beiden Polizisten saßen im Bistro gegenüber und beobachteten das Geschehen skeptisch. Beide hatten sehr viel Erfahrung mit solchen Einsätzen und warteten nur noch auf Shinjis Zeichen um zuzuschlagen. Dass der jüngste im Team allerdings mit den anderen in einem Lokal verschwand, war nicht klug. Ihnen entging nichts und sie hielten mit den anderen Eingreiftrupps, die auch über das ganze Viertel verteilt auf der Lauer lagen, Kontakt. Während Tom vor sich hin grummelte, unterhielt sich Shinji gut mit einem Mädchen aus der Gruppe. Sie war Toms Schwester Laura und ziemlich vom Neuling angetan: "Du bist unglaublich schnell, wie machst du das bloß?" Shinji stellte sein Getränk auf dem Tisch ab und antwortete in einem sanften Tonfall. Er wusste genau, wie man ein Mädchen um den Finger wickeln konnte und ab und zu war es auch ganz nützlich. Bei seiner Antwort blickte er das Mädchen aufmerksam an: "Ich hab eine Begabung für schnelle Autos. ...Aber dich wird das doch nicht wirklich interessieren, Kleines. Ein Mädchen wie du hat doch sicherlich andere Interessen, nicht wahr?" Die junge Japanerin unterhielt sich sehr gut mit Shinji. Sie mochte ihn, allerdings konnte sie nicht sagen, warum. Es war das erste Mal für sie, dass sich jemand mit ihren Interessen befasste und sie nicht nur als Püppchen ansah. Shinji flirtete ein wenig mit ihr, der Spaß sollte auch bei der Arbeit nicht zu kurz kommen. Er gab ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und machte ihr immer wieder Komplimente. Bis es ihrem Bruder, Tom, zu bunt wurde. Er war aufgestanden und forderte seine Revanche ein: "Wir tragen jetzt die Revanche aus, bist du fit?" Sofort spannte sich jeder einzelne Muskel in Fireballs Körper. Er drehte sich zu Tom um und setze ein Lächeln auf: "Du bist wohl scharf aufs Verlieren, was?" "Quatsch keine Opern und komm. Diesmal mach ich dich fertig." Ohne weitere Widerworte stand Shinji auf und ging zu seinem Wagen. Tom folgte ihm und als sich Fireball ungeschickt bewegte, lugte seine Dienstwaffe unter der Jacke hervor. Tom erkannte die Waffe und wusste, dass nur Polizisten mit einem solchen Exemplar ausgerüstet waren. Sofort wurde ihm klar, dass auch seine Neuwerbung, die mit seiner kleinen Schwester liebäugelte, ein Polizist war und keineswegs ein einfacher Mechaniker, wie er gesagt hatte. Als Shinji seinen Wagen aufsperren wollte, gab Tom Shinji stinksauer zu verstehen: "Wir arbeiten mit keinen Bullen zusammen und wir lassen uns ungern hinters Licht führen! Dafür wirst du bezahlen, mein Freund." Bevor Shinji reagieren konnte und sich umdrehte, breitete sich ein höllischer Schmerz in seinem Körper aus. Tom hatte ihn angeschossen! Ein kurzer Aufschrei war alles, was er noch hervorbrachte. Er musste sich an seinem Wagen festhalten um nicht umzukippen. Er spürte, wie das Blut aus der tiefen Wunde sickerte und über seinen Rücken lief. Der Schmerz strahlte über den gesamten Oberkörper aus und er vermochte es nicht, seinen rechten Arm richtig zu bewegen. Unter starken Schmerzen zwang sich Shinji dazu, seine Waffe mit der linken Hand aus dem Gürtel zu ziehen und sich zu Tom umzudrehen. Um besser zielen zu können, nahm er auch die rechte Hand zur Pistole. Er stand auf wackeligen Beinen und immer wieder verschwamm das Bild vor ihm. Er zielte auf Tom und forderte ihn auf: "Lass deine Waffe fallen und nimm die Hände nach oben! Das Spiel ist für dich gelaufen." Allmählich wich alle Farbe aus seinem Gesicht, Tom musste sehr gut getroffen haben. Er spürte, wie ihm jede Bewegung starke Schmerzen bereitete und er die Waffe kaum noch halten konnte. Langsam wurde es brenzlig. Tom machte keine Anstalten, die Waffe fallen zu lassen. Er zielte nun seinerseits auf Shinji und schrie ihm entgegen: "Wenn ich noch einmal abdrücke, überlebst du das nicht!" Die Gruppe beobachtete still das Geschehen vor ihnen. Nur Laura brachte den Mund auf. Sie ging auf Tom zu und forderte ihn flehend auf: "Tom, hör auf. Du hast schon genug angerichtet! Willst du dein Leben im Gefängnis verbringen?" Unsanft stieß er seine kleine Schwester zur Seite, die stolperte und hinfiel. Er herrschte sie an: "Ich bringe lediglich zu Ende, was ich angefangen habe! Halt den Rand und steh mir nicht im Weg!" Laura war nicht dumm und sie wusste, dass es für ihren Bruder böse enden würde. Immerhin hatte er einen Polizisten angeschossen und allem Anschein nach würde er diesen auch umbringen. Stumm und zitternd schlich Laura wieder zur Gruppe zurück. Nachdem der erste Schuss gefallen war, war Yamato von seinem Stuhl aufgesprungen und hielt seinen Kollegen an: "Zugriff!! Funk die anderen an, bevor noch mehr passiert! Sie sollen sich beeilen!" Ohne darauf zu achten, ob sein Kollege ihn verstanden hatte, stürmte er nach draußen. Dem Jungen durfte nichts passieren. Er wusste nicht, wie er seiner Mutter den Tod ihres Sohnes beibringen sollte, falls er es nicht überleben sollte. Yamato machte sich schrechkliche Vorwürfe, er hätte Shinji nicht in solche Gefahr bringen dürfen. Er kannte Shinji nun schon, seit dieser mit seiner Mutter wieder vom KOK zurückgekommen war. Damals war er noch ein kleines Kind von zweieinhalb Jahren gewesen. Yamato hatte Shinji quasi sein gesamtes bisheriges Leben begleitet, ihn aufwachsen sehen. Die beiden waren sehr gute Bekannte, Yamato hatte Shinji den Vater ersetzt. Wenn er nun mit ansehen müsste, wie der junge Hikari auf offener Straße ermordet wurde, Yamato hätte es nicht verwinden können. Ohne groß nachzudenken, was er tat, stürmte Yamato auf Shinji zu und rief ihm zu: "Geh aus der Schusslinie, Shinji! Geh!" Noch ehe Shinji reagieren konnte, hatte Yamato ihn auch schon umgestoßen und ein weiterer Schuss erklang in den Straßen. Voller Schmerzen setzte er sich auf und sah, wie Yamato auf den Boden sank. Mittlerweile trafen auch die anderen Polizisten ein und entwaffneten Tom. Doch von alle dem bekam Shinji nichts mit. Er starrte wie gebannt auf Yamato, der sich nicht bewegte. Er hatte den Schuss abgefangen, der Shinji hätte treffen sollen. Langsam wurde dem jungen Polizisten bewusst, was Yamato gerade getan hatte. Er rappelte sich auf, so geht es ging, und kroch zu Yamato. Er legte dessen Kopf auf seinen Schoss und fühlte nach dem Puls. Es war nichts zu spüren. Langsam stieg Verzweiflung in Shinji auf. Er drückte Yamatos Hand und murmelte: "Yamato. Du musst durchhalten. Das kannst du Mutter nicht antun. Das kannst du mir nicht antun," jedoch bekam er von Yamato keine Antwort mehr. Weinend sank Shinji zusammen: "Nein!"... "...Shinji hat damals zum zweiten Mal einen Vater verloren. Seit diesem Vorfall hat er das Revier kein einziges Mal mehr betreten. Nach seiner Genesung hat er telefonisch um unbezahlten Urlaub gebeten. Das war das letzte, was ich von Shinji gehört oder gesehen habe." Dem Kommandanten war anzumerken, dass es ihm schwer fiel. Es war bis jetzt die einzige Tragödie im Leben von Tomoei in diesem Ausmaß gewesen. Saber konnte nur matt den Kopf schütteln, als der Kommandant schließlich mit seiner Erzählung fertig war. Er hatte nie auch nur einen Ton von diesem Unglück aus Fires Mund gehört. Saber wollte nun alles wissen, auch wenn es nichts Erfreuliches war: "Kommandant Tomoei. Welche Verletzungen hat Shinji damals davongetragen? Soweit ich das verstanden habe, ist er doch angeschossen worden, oder?" Tomoei lächelte wehmütig. Es war seltsam für ihn, mit einem wildfremden Mann über seine ehemaligen Mitarbeiter sprechen zu müssen, allerdings hatte er auch bemerkt, wie wichtig Saber diese Informationen über Shinji waren. Er konnte nicht sagen, warum, aber etwas sagte ihm, dass dieser Offizier vom KOK nicht ohne Grund hier war. Er nahm noch einen Schluck von seinem inzwischen kalten Kaffee und erklärte dem blondem Mann vor ihm: "Er ist zwischen den Schulterblättern getroffen worden. Ein paar Millimeter mehr nach links und sie hätten ihm die Wirbelsäule durchtrennt. So ist er mit einer tiefen Schusswunde und einem kaputten Schulterblatt davongekommen. Der Schuss hat einige Muskeln und ich glaube auch Nerven verletzt, was alles wieder verheilt ist. Vom rechten Schulterblatt sind einige Knochenteile abgesplittert. Er hat wochenlang im Hospital gelegen." Saber wurde die Schwere der Verletzungen bewusst. Eine tiefe Schusswunde war niemals zu unterschätzen und so meinte er nachdenklich: "Shinji wird selbst mit dem Tod gerungen haben, oder?" Der Kommandant nickte nur. Er konnte sich noch daran erinnern, als er Shinji das erste Mal im Krankenhaus besucht hatte. Einer musste ihm die schreckliche Nachricht überbringen und Tomoei hatte damals den Schwarzen Peter gezogen. Er saß wie ein begossener Pudel neben Shinjis Krankenbett und dieser hatte an seinem traurigen Blick sofort gemerkt, wie der Hase lief. Shinji hatte ihn damals nicht einmal begrüßt, er hatte ihn lediglich gefragt, ob Yamato tot sei. Als er nur genickt hatte, waren Shinji die Tränen in den Augen gestanden. Tomoei gab Saber noch eine Information: "Shinji ist damit nie richtig fertig geworden. Er hat die Schuld als erstes bei sich gesucht und oft gemeint, es hätte besser ihn als Yamato erwischen sollen. ...Shinji muss in seinem vorigen Leben ein schlechter Mensch gewesen sein, so viele Schicksalsschläge wie er schon hinnehmen musste." Saber schüttelte abermals den Kopf: "Fireball ist kein schlechter Mensch, bestimmt nicht, Kommandant Tomoei. Aber das Schicksal meint es nicht gut mit ihm, wie es aussieht." Überrascht sah der Kommandant zu Saber: "Wie meinen Sie das? Haben Sie ihn in letzter Zeit mal gesehen?" Der Schotte erzählte dem Kommandanten nun seinerseits alles, was er über Fireball wusste. Er ließ auch nicht den eigentlichen Grund für seinen Besuch aus und erklärte Tomoei, dass Commander Eagle Fireball für Yamatos Tod verantwortlich machte und es ihn über die Jahre hinweg hatte spüren lassen. Für Saber fügte sich das Puzzle Stück für Stück zusammen und er war sich sicher, dass er Fire nun besser verstehen konnte. Allerdings wusste er noch immer nicht, warum dieser nie etwas in der Art erzählt hatte. Es würde ihm wohl ein Rätsel bleiben. Saber beendete seiner Erzählung: "Vor einigen Monaten hatte er dann einen schweren Autounfall und lag lange im Koma. Leider hatte er derart schwere Verletzungen an der Wirbelsäule, dass er nicht mehr gehen kann." Der Kommandant war erschüttert: "Nein, wie ist das passiert? Seine Mutter? Weiß sie, wo er ist?" Saber musste den Kopf schütteln: "Nein, Kommandant. Ehrlich gesagt wussten wir nicht einmal, dass er noch Familie hat. Wir wussten lediglich, dass sein Vater für das KOK in den Tod gegangen war, aber von seiner Mutter hat er nie gesprochen. ...Aber ich werde sie informieren, wenn Sie eine Adresse von ihr hätten." "Sie werden Hikari doch sicherlich wieder besuchen, oder?" Saber konnte nur nicken, er wusste nicht, was diese Frage zu bedeuten hatte. Plötzlich war der Kommandant auch schon bei der Türe draußen. Kurze Zeit später kam er mit einem Kuvert und einem Notizzettel wieder. Beides drückte er dem verdutzten Schotten in die Hände und erklärte ihm: "Auf diesem Zettel steht die Adresse von Misses Hikari, sie wohnt etwas außerhalb der Stadt. Ich würde vorschlagen, Sie setzen sich in ein Taxi und lassen sich hinbringen. ...Dieser Brief ist für Shinji. Bitte geben Sie ihm den, wenn Sie ihn das nächste Mal besuchen und richten Sie ihm von der gesamten Belegschaft des Polizeireviers die besten Genesungswünsche aus." Saber stand auf und bedankte sich für das Gespräch. Er versprach dem Kommandanten, Fire den Brief zu überbringen und machte sich dann auf den Weg nach draußen. Synthia saß vor dem Einkaufszentrum auf einer Terrasse eines Cafes, als Saber dort eintraf. Er war hocherfreut, dass er sie nicht suchen musste und setzte sich zu ihr an den Tisch. Lächelnd nahm er neben ihr Platz: "Darf ich mich zu Ihnen setzen, junge Dame?" Erst jetzt sah Synthia auf. Sie blickte in Sabers leuchtende Augen und strahlte: "Aber immer doch, mein Schatz. ...Wie war's auf dem Revier?" Saber bestellte sich einen Orangensaft und erzählte Synthia, was er alles erfahren hatte. Er ließ sich die Sonne auf die Haut scheinen und genoss die Wärme in Japan. Auf Yuma war gerade tiefster Winter und Saber mochte den Schnee nicht unbedingt. Ruhig weihte er seine Freundin über den Besuch bei Misses Hikari ein, bei dem sie ihn begleiten sollte. Synthia wusste zuerst nicht, ob das so eine gute Idee war, aber schließlich war sie eine Frau und sie konnte sich besser in Misses Hikari hineinversetzen als ihr Liebster. Sie wusste, wie schwer sich Saber ab und zu mit dem Trösten tat, diese Erfahrung hatte sie schon ein paar Mal gemacht. So brauchte Saber nicht viel Überredungskünste anwenden, denn Synthia konnte sich vorstellen, wie geschockt Misses Hikari sein würde, wenn sie diese schlechten Nachrichten erhielt. Die beiden bezahlten ihre Getränke und nahmen sich ein Taxi. Sie ließen sich zu Misses Hikari fahren und standen eine halbe Stunde später vor dem Haus der Hikaris. Saber sah sich aufmerksam um. Wie der Kommandant gesagt hatte, lag das Haus etwas außerhalb der Stadt und hatte genügend Grünfläche dabei. Der Garten war sehr gepflegt und auch das Haus war gut in Schuss. Es wies gerade mal zwei Stockwerke auf, was Saber dann doch wieder als klein empfand. Sogar ihr Schloss in den Highlands wartete mit vier Stockwerken auf. Aber nun wusste Saber, warum Fire es immer ruhig und beschaulich im Urlaub mochte. Er war in einer solchen Umgebung aufgewachsen. Saber richtete seine Uniform zurecht und blickte zu Synthia. Sie nickte ihn an und nahm seine Hand. Er öffnete das Gartentürchen und schritt neben Synthia bis zur Eingangstür. Dort angekommen holte er noch einmal tief Luft und läutete. Kapitel 20: Misses Hikari ------------------------- Eine zierliche Frau mit langen schwarzen Haaren öffnete die Tür und ihr Lächeln erstarrte nur Augenblicke später. Sie kannte diese Uniform und sie verhieß nichts Gutes. Dennoch freundlich grüßte die Frau das Paar: "Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?" Saber konnte sich noch im letzten Moment davon abhalten, nach Misses Hikari zu fragen. Der Kommandant auf dem Posten hatte ihm erzählt, dass Fires Mutter dort alleine lebte und diese junge Frau vor ihnen musste sie einfach sein. Saber schätzte sie maximal ein paar Jahre älter als er selbst war. Ihm war aufgefallen, dass ihr freundliches Lächeln nicht lange gehalten hatte. Der Schotte begann zögernd: "Misses Hikari. Mein Name ist Saber Rider und ich arbeite im KOK. Ich komme, um Ihnen Nachrichten von Shinj-," Weiter jedoch kam Saber nicht. Die Dame hatte ihn bereits gereizt unterbrochen: "Finden Sie nicht, dass eine Nachricht von meinem Mann reichlich spät kommt? Er ist vor achtzehn Jahren verschwunden und ihr vom KOK wart bis heute nicht fähig, ihn für tot zu erklären. Wollen Sie mir die Nachricht jetzt überbringen, weil nach achtzehn Jahren sowieso keiner mehr auftaucht?" Saber starrte die Frau vor ihm fassungslos an. Langsam verstand er, dass auch Fireballs Vater den selben Vornamen hatte und Fires Mutter offensichtlich nicht wusste, dass Fireball im KOK gearbeitet hatte. Wie sollte er die Situation aufklären, ohne noch mehr Schaden anzurichten? Ruhig und gefasst sprach er Fireballs Mutter noch einmal an: "Misses Hikari, ich bringe Nachrichten von Ihrem Sohn, nicht von Ihrem Mann. ...So leid es mir tut, was vor achtzehn Jahren passiert ist, Ihr Mann ist nach wie vor ein Vorbild für alle." Den letzten Teil von Sabers Worten hatte Hiromi schon nicht mehr mitangehört. In ihr verkrampfte sich alles, sie hatte etliche Zeitungsberichte der letzten Monate gelesen und dass nun ein Mann in einer Uniform vom KOK vor ihr stand, riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Hiromi hatte seit Jahren nichts von ihrem Sohn gehört, die Zeitungsberichte hatten ihr schon das Herz gebrochen. Aber nachdem der Autounfall keine Sensation mehr war, verstummten die Berichte und Hiromi wusste nicht, wie es Shinji ging und wo er zu erreichen war. Mit zittriger Stimme bat sie Saber und Synthia herein: "Bitte, Mister und Misses Rider. Setzen wir uns einen Augenblick in die Küche." Hiromi zitterte am ganzen Körper, alles in ihr gab ihr zu verstehen, dass es um ihren Sohn sehr schlecht stand. Allerdings wusste sie nicht, was das KOK mit Shinji zu tun hatte. Sie hatte sehr schlechte Erfahrungen mit dem KOK und dessen Informationspolitik gemacht und war deswegen auf alles gefasst. Saber verbeugte sich höflich vor Hiromi und stellte sich und seine Partnerin noch einmal vor: "Misses Hikari, bitte nennen Sie mich Saber und das hier ist meine Lebensgefährten, Synthia." Synthia reichte Hiromi die Hand: "Es tut uns leid, Ihnen die schlechten Nachrichten überbringen zu müssen." Hiromi gab Synthia ebenfalls die Hand und führte die beiden in die Küche: "Mein Name ist Hiromi Hikari. ...Was haben Sie mit meinem Sohn zu tun, Mister Rider?" Saber erklärte ihr, wie er Fireball kennen gelernt hatte, wie er mit ihm zusammengearbeitet hatte und was nach dem Krieg passiert war. Der Schotte machte hin und wieder kurze Pausen und zum Schluss meinte er: "Nach dem Unfall haben sich allerhand Fragen aufgeworfen, was Ihren Sohn betrifft und mein Vorgesetzter war nicht sehr hilfreich, deshalb bin ich mit meiner Lebensgefährtin nach Japan geflogen. Misses Hikari, Ihr Sohn war eine Bereicherung für das Team Ramrod, auch wenn unser Chef das nicht so sieht. Shinji hat sich in dessen Tochter verliebt und für seine Vergangenheit offensichtlich büßen müssen. Misses Hikari, Shinji geht es den Umständen entsprechend, allerdings kann er nicht mehr gehen. Es tut mir leid." Hiromi hatte aufmerksam zugehört, bis zum bitteren Ende. Sie war nicht einmal böse, dass ihr Sohn zum KOK gegangen war, obwohl sie ihm immer wieder davon abgeraten hatte. Ihr tat es im Herzen weh, all diese schlechten Nachrichten auf einmal zu hören, dennoch war sie Saber dankbar dafür. Zum Schluss stand Hiromi auf und ging Richtung Kaffeemaschine. Sie drehte dem Paar den Rücken zu. Niemand sollte sie weinen sehen, auch keine fremden Menschen. Sie kramte kurz in einer Schublade nach einem Taschentuch und trocknete ihre Tränen rasch damit, ehe sie sich den beiden Gästen wieder zuwandte: "Darf ich Sie bitten, noch ein wenig zu bleiben, Mister Rider, Synthia?" Saber nickte und schloss kurz die Augen. Er hasste es, anderen solch schlechte Nachrichten zu überbringen. Er fand Fireballs Mutter durchaus sympathisch, auch wenn sie ihn vorhin an der Tür ein wenig angefahren hatte. Saber schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er Hiromi doch über Fireball noch einige Dinge fragen konnte. Sie war immerhin seine Mutter, sie würde ihn doch von allen am besten kennen. Während Hiromi Kaffee und ein paar Kekse servierte, begann Saber erneut, mit ihr zu plaudern: "Misses Hikari. Ich weiß leider sehr wenig über Shinji, zumindest was seine Vergangenheit und seine Persönlichkeit betrifft. Macht es Ihnen etwas aus, wenn Sie mir von ihm erzählen?" Saber hatte einen Hintergedanken dabei. Er wollte herausfinden, ob Fireballs Gemüt schon immer so gewesen war, wie er es kennen gelernt hatte, oder ob sein Temperament ein Produkt der Schicksalsschläge war. April bekam am frühen Morgen einen Anruf, der sie beide weckte. Verschlafen sah sich April um. Sie war eingeschlafen! Sie hatte die Nacht bei Fireball im Krankenzimmer verbracht! Verlegen und verwirrt suchte April nach ihrem Communicator. Sie wollte Fireball damit nicht aufwecken, es schien als sei er lange nach ihr eingeschlafen. Endlich fand sie ihn in ihrer Jackentasche. Allerdings war es schon zu spät. Fireball schlug bereits die Augen auf und sah April verloren an. Er wusste, dass dieser Anruf von nur einer Person stammen konnte. Ganz sicher wollte er seiner Tochter einschärfen, welch schlechter Mensch Fireball war. Und er konnte es dem Commander nicht einmal übel nehmen. Egal, wo er hinkam, er stürzte alle um sich herum ins Unglück. April hob mit einem entschuldigenden Blick ab: "Hallo?" Während des Telefonates wurde Aprils Blick immer trauriger: "Daddy, ich bin zuhause... Wenn du willst, kann ich später, nach dem Frühstück, zu dir ins Büro kommen..." Fireball verfolgte das Gespräch gespannt, konnte allerdings nur Aprils Antworten hören, was ihr Vater von sich gab, wusste er nicht. Ihm gefiel nicht, dass April ihren Vater anlog, das sollte sie nicht. Nicht wegen ihm. Kaum hatte April das Gespräch beendet und den Communicator wieder verstaut, zog sich April ihre Jacke über und entschuldigte sich: "Ich muss leider los, Fireball. ...Ich komme später noch einmal mit einem Frühstück vorbei, gut?" Da war April auch schon bei der Türe draußen und Fireball alleine. Langsam wurde ihm klar, dass April die ganze Nacht hier verbracht hatte. Er ließ den Abend und die Nacht noch einmal Revue passieren. Der Abend war wie ein Deja-vu gewesen. Das letzte Mal, als er längere Zeit im Krankenhaus verbringen musste, war auch ein Mädchen bei ihm geblieben. Auch sie war unfreiwillig neben ihm eingeschlafen. Allerdings hatte das Mädchen im Gegensatz zu April gewusst, was alles passiert war. Sie war dabei gewesen. Fireball konnte sich noch gut an Laura erinnern. Sie war vom Wesen und der Art her fast genauso wie April. Allerdings hatte Laura das Pech, einen kriminellen Bruder zu haben und zwischen die Fronten zu geraten. Fire wusste nicht, weshalb ihm Laura wieder in den Sinn kam. Er hatte sie schon Jahre nicht mehr gesehen. Als er von zuhause weggegangen war, hatte er alle Brücken hinter sich abgerissen. Er hatte sich in einer Kurzschlussreaktion von ihr getrennt und war so weit wie möglich weggegangen. In den Rennzirkus. Plötzlich fielen ihm Sabers Worte wieder ein: Wärst du wieder abgehauen, wenn du den Unfall nicht gehabt hättest? Wärst du Eagle aus dem Weg gegangen und hättest dich wieder versteckt?! Fireball wurde klar, dass er Problemen immer aus dem Weg gegangen war. Sobald etwas schwierig geworden war, hatte Fireball die Notbremse gezogen. Er war ein verdammter Feigling. Hiromi erzählte den plötzlich aufgetauchten Freunden von Shinji, wie es damals mit ihm war. Sie wusste noch genau, wie sie damals in dieses Haus gezogen waren. Shinji war keine drei Jahre alt gewesen, hatte nicht verstanden, weshalb man ihn aus der gewohnten Umgebung gerissen hatte. Sie schmunzelte, als sie Saber von Yamato erzählte. Er hatte sie damals vom Raumhafen abgeholt und hatte ihr beim Auspacken geholfen. Yamato war mit Hiromi und Shinjis Vater zur Schule gegangen. Er fühlte sich Hiromi und dem kleinen Shinji gegenüber verantwortlich. Yamato ersetzte ihm den Vater und zog ihn mit Hiromi groß. Allerdings war diese Art von freundschaftlicher Beziehung für Shinji nicht immer leicht. In der Schule wurde er oft schief angesehen, weil seine Mutter viel jünger war, als die der anderen Kinder und sie nicht verheiratet war. Zumindest nicht mit Yamato. Trotz der Probleme, im Land des Lächelns ohne Vater aufwachsen zu müssen, hatte sich Shinji immer ein fröhliches Gemüt bewahrt. Als Jugendlicher hatte er viele Freunde und war oft mit denen unterwegs. Sein Gemüt schlug erst um, nachdem Yamato auf offener Straße niedergeschossen wurde. Von einem Tag auf den anderen wurde er ruhig und verschlossen. Seine Mutter hatte ihn nicht wieder erkannt. Hiromi fiel es schwer, über die letzten Monate mit Shinji zu sprechen: "Er war kaum noch zuhause, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Jeden Morgen hat er das Haus verlassen und ist zur Rennstrecke gegangen, obwohl er nicht hätte dürfen. Er war so unerträglich still, jeden Tag... Es hat mir das Herz gebrochen, nicht zu wissen, wie sich mein Sohn fühlt." Synthia nahm mitfühlend Hiromis Hand, als sie bemerkte, dass ihre Stimme zu versagen begann. In diesem Augenblick war Synthia froh über ihre fundierte Ausbildung, die ihr solche Momente erleichterte. Saber hingegen wusste gar nicht, wo er hinsehen sollte. Er hatte das Gefühl Misses Hikari mit seinen Blicken schon auf den Schlips zu treten. Sie hatte ihnen so gut wie alles aus dem Leben ihres Sohnes erzählt und Saber war fix und alle. Er hatte sich nicht annähernd vorstellen können, wie es war, ohne Vater in einem Land auf zu wachsen, das sehr konservativ war. Allerdings wusste er nun, dass Fires Selbständigkeit nicht von ungefähr kam. Hiromi tat ihm leid, hätte er früher von ihr erfahren, wäre er schon viel eher zu Besuch gekommen. So hatte er die unangenehme Aufgabe, sie über alles aufzuklären und ihr zu sagen, wie miserabel es ihrem Sohn ging. Hiromi seufzte und erzählte den beiden noch von dem einzigen Mädchen, das Shinji jemals nahe kommen durfte, zumindest etwas: "Shinji hat Laura über seine Arbeit kennen gelernt und er mochte sie sehr gerne. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat er sie mitgebracht und sie hat sogar bei uns gewohnt. Bis Shinji gegangen ist. Er hat hier eine große ...Lücke hinterlassen." "Guten Morgen, Misses Müller. Ist bei meinem Vater jemand im Büro?", April wollte nicht wie sonst in eine Besprechung oder Ähnliches platzen, nicht heute. Sie war nur einen Sprung zuhause gewesen, um sich die Zähne zu putzen und etwas herzurichten. Misses Müller verneinte und so ging April auf die große Holztür zu. Sie atmete tief durch und klopfte. Das blonde Mädchen konnte sich ausmalen, was nun auf sie zukam. Allem Anschein nach wollte ihr Vater nicht mit ihr über die neuen Projekte sprechen. Leise schlich sie zur Tür hinein und setzte sich ihrem Vater gegenüber. Sie begrüßte ihn freundlich und lächelte ein wenig. Die Differenzen der letzten Monate waren immer noch nicht vergessen. Weshalb hatte ihr Vater Fireball weggeschickt? Sie wusste es immer noch nicht, weder ihr Vater noch Fire gaben irgendeine brauchbare Auskunft darüber. Commander Eagle beugte sich über den Tisch und drückte seiner Tochter ein Küsschen auf die Wange: "Guten Morgen, April. Na, wie geht's dir?" April setzte sich zurecht und sah ihrem Vater zwinkernd ins Gesicht: "Gut, jedenfalls besser als anderen in meiner Umgebung." April wollte mit ihrem Vater nicht reden, obwohl sie darauf brannte, was wirklich zwischen ihm und Fireball vorgefallen war. Sie war nicht in der Stimmung dazu. Sie fühlte sich hundeelend, die Nacht auf dem Bett hatte sie ganz schön mitgenommen. Commander Eagle wusste, auf wen seine Tochter anspielte und meinte etwas unbeherrscht: "Der ist an seiner Situation auch selber schuld, April. Wenn er so einen Blödsinn macht, muss er auch mit der Quittung dafür leben können." April erstarrte in ihrer Bewegung. Welcher Film lief hier ab? Seit wann war ihr Vater so hart anderen gegenüber? April wurde immer mehr klar, dass ihr Vater Fireball aus unerklärlichen Gründen auf den Tod nicht ausstehen konnte. Verdattert sah sie ihn an und fragte: "Daddy? Warum sagst du so was?" Eagle stand auf und tigerte durchs Büro. Eigentlich wollte er mit seiner Tochter wieder mal auf Du und Du reden, aber irgendwie hatte das nicht so funktioniert, wie es hätte sollen. Gereizt gab er ihr zu verstehen: "Fireball war schon immer waghalsig, wir können alle froh sein, dass auf Ramrod nie etwas passiert ist, sonst hätte ich vielleicht dich und die anderen beiden auch noch im Krankenhaus besuchen können. Reicht schon, dass er wieder alles vermasselt. Der hat nie hierher gehört und war kein guter Umgang für dich. Du solltest dich nicht mit ihm abgeben, April." April standen bei diesen Worten die Tränen in den Augen. Wie ihr Vater den Mann beschimpfte, den sie liebte, konnte sie nicht ertragen. Verstohlen fuhr sie sich mit der Hand über die Augen und stand auf. Sie rechtfertigte sich vor ihrem Vater: "Das kannst du nicht ernst meinen, Daddy. Fireball ist mein Freund und er braucht mich jetzt. Es geht ihm schlecht, merkst du das denn nicht?" Ein paar Tränen kullerten über Aprils Wangen. Sie hatte das Bild vor Augen, das sich ihr gestern geboten hatte. Fireball, wie er in Tränen ausgebrochen war. Sie konnte es nicht vergessen, so sehr sie sich das auch wünschte. Commander Eagle hingegen wusste auch darauf eine plausible Antwort. Er bezog alles auf seine Gesundheit: "Er hätte sich früher oder später sowieso zum Krüppel gefahren. Dass es ihm jetzt schlecht geht, ist kein großes Wunder. Aber wie gesagt, er ist selbst schuld, April. ...Du wirst ihn nicht mehr besuchen, hast du mich verstanden?" April verstand kein einziges Wort, dass den Mund ihres Vaters verließ. Alles schien wie ein böser Traum für sie, bis sie aus ihrer Lethargie erwachte und ihrem Vater etwas lauter als gewollt, zu verstehen gab: "Ich bin zwanzig Jahre alt, Daddy. Ich bin alt genug, um für mich selbst zu entscheiden, mit wem ich mich abgebe und mit wem nicht. Du brauchst dir nicht einzubilden, dass ich Fire jetzt noch einmal alleine lasse. Ich hab fünfzehn Monate nicht gewusst, wo er ist, wie es ihm geht und warum er so mir nichts dir nichts gegangen ist. Nein, ich werde das nicht noch einmal mitmachen." Wütend und zugleich todtraurig stapfte April aus dem Büro ihres Vaters. Sie wollte nichts mehr von alle dem hören. Der Blondschopf brauchte jetzt dringend jemanden, der sie in den Arm nahm und ihr zuhörte. Sie versuchte, Saber anzuwählen, doch der hob nicht ab, also musste Robin herhalten. Sie schnappte sich beim Portier am Eingang einen Wagenschlüssel und fuhr zum Anwesen der Wilcox's hinaus. Commander Eagle wollte seine Tochter noch zurückhalten, doch bevor er was sagen konnte, war sie auch schon wieder weg. Er verfluchte es. Seit dieser Bengel wieder aufgetaucht war, benahm sich jeder hier, wie es ihm gerade passte. Saber mischte sich in Angelegenheiten ein, die ihn absolut nichts angingen, April lehnte sich plötzlich gegen ihren eigenen Vater auf. Irgendwie begann sich Eagle nun zu fragen, wie lange es wohl noch dauerte, bis Colt hier ankam und Ärger machen würde. Und für all das war nur ein einziger verantwortlich. Commander Eagle verfluchte es, den Jungen nicht schon rausgeschmissen zu haben, bevor sich die anderen mit ihm angefreundet hatten. Nun war er wieder auf Yuma und machte mehr Ärger, als jemals zuvor. Eagle kochte vor Wut, er würde dem Burschen einheizen. Der Commander entschied sich, gleich jetzt zu ihm ins Krankenhaus zu fahren, solange er noch wusste, was er ihm vorzuwerfen hatte. Sobald seine Wut nämlich erst einmal vergangen war, würde er ihm nichts mehr tun. Mit Schwung verließ er sein Büro und warf Misses Müller einen flüchtigen Blick zu: "Ich bin im Krankenhaus und ungefähr in einer Stunde wieder da, Misses Müller." April klingelte Sturm bei Colt und Robin, weil auf normales Läuten keiner reagiert hatte. Bis schließlich ein verschlafener Cowboy die Tür einen Spalt breit öffnete. Er blinzelte ihr entgegen: "Wo brennt's denn?" April fiel ihm um den Hals: "Ich muss mit dir oder Robin reden, bitte." Überrumpelt blickte Colt an sich hinab, wie April sich an ihn kuschelte und nicht mehr von ihm abließ. Dem Cowboy schwante nichts Gutes, was bei dem Gesichtsausdruck von April auch nicht schwer zu erraten war. Allerdings wollte er sich nicht zu sehr in die Angelegenheiten zwischen ihr und Fire einmischen, deshalb fragte er: "Solltest du nicht lieber mit Fireball darüber reden?" Bestürzt sah April zu Colt auf und mit flehenden Blicken antwortete sie: "Es geht ja um ihn. Bitte Colt." Der Cowboy hatte April falsch verstanden, er dachte sie wollte mit ihm über den Salto sprechen, den Fire dank ihm vor einiger Zeit geschlagen hatte. Schützend riss er die Hände in die Höhe und verteidigte sich: "Ich hab ihn nicht freiwillig aus dem Bett befördert, ich schwör's, April. Das war keine absichtliche Absicht." Colt drückte April zur Tür herein, ihm wurde langsam kalt. Er hoffte inständig, dass nicht auch noch April eine Standpauke über seine Manieren halten würde, wie es Saber bereits getan hatte. Zu seinem Glück wusste April gar nicht, wovon er da sprach. Sie zog sich die Schuhe an der Eingangstür aus und fragte Colt: "Wovon redest du eigentlich, Kuhhirte?" Er nützte seine Chance, er wäre nun sicherlich nicht so dämlich, April auch noch haarklein zu erzählen, wie Fire aus dem Bett geflogen war. Ruhig wartete er, bis April ihre Jacke abgelegt hatte und begleitete sie ins Wohnzimmer: "Nichts, war nicht so wichtig, Süße. ...Worüber wolltest du mit mir sprechen, April?" Er ließ sie auf dem Sofa Platz nehmen und beobachtete sie aufmerksam. Der Cowboy spürte, wie schlecht sich April fühlte und dass sie kurz davor war, zu weinen. Irgendetwas musste vorgefallen sein und weil April mit ihm über Fireball sprechen wollte, nahm er an, dass Fire wieder gewaltig schlecht drauf gewesen sein musste. Colt fragte sich, wie der junge Rennfahrer es immer wieder mit Leichtigkeit schaffte, April weh zu tun. Der Kleine musste eine Begabung dafür haben. April machte es sich auf dem Sofa gemütlich und versuchte erst mal einen klaren Gedanken zu fassen. Sie war verwirrt, die ganze Situation überforderte sie. Als sie wusste, wie sie beginnen sollte, sah sie Colt an und murmelte: "Ich war heute bei meinem Vater, Colt. ...Weißt du, warum Daddy Fire schlecht behandelt?" Colt wurde unsicher. Er wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte. Einerseits hatte er Saber versprochen, die Klappe zu halten und April nicht noch mehr zu beunruhigen, aber andererseits konnte er sie nicht einfach abwimmeln, wenn sie von selbst hier auftauchte und nach Antworten suchte. Kurzerhand entschied er sich, zuerst die Unschuldsnummer auszuprobieren, er konnte später immer noch zur Wahrheit übergehen, falls April ihm die Nummer nicht abnahm. Er setzte sich neben April und sah sie gespielt erstaunt an: "Dein Vater hat ihn schlecht behandelt? Wer hat das gesagt? Fireball?" Kapitel 21: Schlag ins Gesicht ------------------------------ Hi, mal wieder was von mir, langsam wird's ernst *g* Allerdings war Colt damit gerade ein kleiner Fehler unterlaufen. Er hatte ganz vergessen, dass er und April am Vortag einen Teil des Streits zwischen Saber und Fireball mitangehört hatten und mitbekommen hatten, wie Fire Saber über Eagles Verhalten berichtet hatte. Zu seinem Glück ging April nicht darauf ein und Colt hatte die Möglichkeit, sein Versprechen Saber gegenüber noch ein wenig länger zu halten. Eine einzelne Träne bahnte sich den Weg über Aprils Wangen. Sie war zornig auf sich selbst und sauer auf ihren Vater. Nie wieder wollte sie wegen Fire eine Träne vergießen, das hatte sie sich hundert Mal geschworen und dennoch kullerten immer wieder Tränen. Verzweifelt antwortete sie Colt schließlich: "Ich war doch gerade bei meinem Vater. Er wollte mir verbieten, ihn zu besuchen, hat schlecht über ihn gesprochen. ...Er ...er hat ihn sogar einen Krüppel genannt." April hielt immer wieder inne und schluchzte herzerweichend. Colt wusste nicht, was er machen sollte, also nahm er April vorerst in den Arm und gab ihr ein Taschentuch. Er ließ sich ihre Worte noch einmal durch den Kopf gehen. Er wurde sogar wütend. Was dachte sich der Commander dabei, Fire einen Krüppel zu nennen?! Beruhigend strich er April über den Kopf und schmiss, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, seine Taktik über Bord. Er stand kurz auf und verschwand für einen Augenblick. Als er wiederkam, hatte er ein Tablett mit zwei Tassen und einer Kanne Kaffee, sowie eine dicke Unterlage, bei sich. Er schenkte April eine Tasse Kaffee ein und setzte sich neben sie. Es war ihm recht, dass Robin und sein Töchterchen noch im Land der Träume verweilten, die beiden sollten nicht zu viel davon mitbekommen. April beobachtete Colts Verhalten mit Argusaugen. Sie verstand nicht, was im Moment vor sich ging. Als er mit dieser dicken Unterlage unterm Arm wieder zu ihr kam, hatte sie vollkommen den Durchblick verloren. Sie konnte sich nicht vorstellen, was das sein sollte. Bis Colt die Unterlage auf den Tisch legte und April die Worte auf dem Einband lesen konnte: Shinji Hikari, Star Sheriff, Einheit Ramrod! Es war Fires Personalakte! Fragend und zitternd sah April Colt an. Sie war nicht in der Lage, Colt anzusprechen, ihr fehlten die Worte. Der Cowboy konnte April ihre Verwirrung nicht übel nehmen, er hatte ja selbst nicht nur ein Fragezeichen auf der Stirn, als Saber ihn in die Personalabteilung gezerrt hatte. Er nahm April in den Arm und begann mit leiser Stimme: "Du musst jetzt tapfer sein, April. Für dich und auch für Fireball. ...Dein Vater mochte Fire nicht besonders, weißt du?" Zögernd blickte April zu dem Cowboy auf. Was sollte das heißen? Unsicher schweifte ihr Blick auf die Akte und mit zittrigen Händen nahm sie diese dann vom Tisch. Sie fuhr über den Einband, starrte wie gebannt darauf. Mit tränenerstickter Stimme flüsterte sie: "Was weißt du, Colt?" Colt nahm April die Personalakte wieder ab und legte sie auf den Tisch zurück. Sie sollte ihm erst zuhören und dann darin stöbern. Unsicher begann er und versuchte einen Witz zu machen: "Ich weiß, dass er damals nicht freiwillig gegangen ist." April war nicht in der Stimmung für Witze. Sie forderte den Cowboy auf: "Soweit war ich auch schon, Colt. Was weißt du davon?," sie deutete mit dem Zeigefinger auf die Akte. Colt seufzte, bevor er schließlich begann: "Am besten, ich fange ganz, ganz weit vorne an. ...Unser Heißsporn war vor seiner Karriere als Rennfahrer hauptberuflich-," Weiter kam Colt nicht, denn sein ComGerät meldete sich. Er stand auf und murrte: "Pünktlich wie die Eieruhr! ...Süße, ich komm gleich wieder." Mit diesen Worten ging er in die Küche hinüber. Er las Sabers Namen auf dem Display und sprach schon das erste Gebet, dass dieser wenigstens eine gute Nachricht hatte. April kam sich überfahren vor. Als Colt auch noch aufstand und in die Küche hetzte, riss ihr Geduldsfaden. Sie war neugierig und zugleich hatte sie Angst, dass das, was Colt ihr zu erzählen hatte, nicht leicht zu ertragen war. Sie wurde neugierig, wer um diese Uhrzeit bei Colt anrief und so schlich sie ihm in die Küche nach und belauschte das Gespräch. Allerdings half ihr das nicht sonderlich, ihre Verwirrung über die Situation wurde immer größer. Colt hob ab: "Morgen, Schwertschwinger! Na, schon was herausgefunden?" Am anderen Ende meldete sich Saber, der immer noch bei Fireballs Mutter war. Er zwang sich dazu, wenigstens zu lächeln: "Tja, ich hab einiges herausgefunden, allerdings nichts Gutes. Es ist wie verhext." Saber erzählte Colt in der Kurzfassung, was er bei der Polizei in Erfahrung gebracht hatte und was Fireballs Mutter zu berichten hatte. Colt wurde blass um die Nase, als er die Geschichte mit Yamato bis zu Ende gehört hatte. Er unterbrach den edlen Recken ungläubig: "Und was ist mit der Schuldsache?" Saber schüttelte den Kopf: "Schuld war er ganz sicher nicht, er hat selber damals zwei Monate im Krankenhaus verbracht, weil er sich einen Schuss zwischen die Schulterblätter eingefangen hat. Allerdings war Yamato nicht nur ein Kollege von Fireball und guter Freund von Commander Eagle, er war auch so was wie Fires Ziehvater, wenn du so willst." Colt blieb der Mund offen stehen, so verwundert war er: "Ziehvater?! Wie muss ich denn das verstehen?" Saber musste bei Colts Anblick direkt schmunzeln. Der Cowboy brachte ihn doch immer wieder zum Lachen. Allerdings wollte er das Gespräch so kurz wie möglich halten, er würde ohnehin bald wieder auf Yuma sein: "Das ist jetzt eine Geschichte, für die ich keine Zeit habe, Colt. Nimm es einfach für den Moment so hin, ich erklär dir alles genauer, wenn wir wieder auf Yuma sind." Gespielt beleidigt antwortete der Cowboy: "Das ist jetzt nicht fair von dir, Saber. Wie soll ich die nächsten Nächte schlafen können?!" Saber grinste: "Versuch's einfach mal. ...Colt, was ich dich noch fragen wollte: Du passt eh gut auf die Akte auf und erzählst keinem was davon?," Saber hatte ein ganz ungutes Gefühl dabei, Colt mit der Akte alleine zu lassen. Nur zu gut wusste er, wie Colt mit Geheimnissen umging: nicht sehr sorgsam. Colt versuchte seinen Kumpel zu beruhigen: "Boss, du kennst mich. Auf mich kannst du dich 100%ig verlassen." Seufzend gab Saber zurück: "Genau deshalb frag ich dich ja. Mittlerweile kenne ich dich schon zur Genüge." Diese Worte von Saber hörten sich für Colt wie eine Aufforderung zum Geständnis an, und Colt gestand freiwillig. Er wollte mit Saber keinen Krach riskieren: "Gut, du hast mich erwischt. ...April ist hier." Saber fiel aus allen Wolken. Den Cowboy konnte man keine fünf Minuten alleine lassen. Etwas barsch warf er Colt vor: "Hast du sie auf ein Frühstück mit Kaffee und Personalakte eingeladen, oder was?!" Colt verteidigte sich mit Händen und Füßen: "Nein! Sie ist heute Morgen vor meiner Tür gestanden und wollte reden. ...Commander Eagle hatte nämlich einen Ausfall, einen Verbalausfall sozusagen." Saber konnte seinem Freund am anderen Ende der Leitung nicht folgen, auch wenn er ihm aufmerksam zugehört hatte: "Wie bitte?" Bereitwillig gab Colt zu der Sache Auskunft und erklärte Saber eindrucksvoll: "Er wollte ihr verbieten unseren Matchbox noch einmal zu besuchen. Außerdem hat er den Kleinen einen Krüppel genannt." Saber schüttelte ungläubig den Kopf und blickte kurz zu seinen beiden Begleiterinnen, die das Gespräch verfolgen konnten. Auch Synthia schüttelte nur den Kopf und Hiromi stiegen die Tränen in die Augen. Kurzerhand entschied sich Saber, wieder nach Yuma zu fahren um die Situation unter Kontrolle zu bekommen: "Jetzt spinnt er total. Colt, ich pack meine Sachen und komm so schnell wie möglich wieder mit Synthia nachhause. Mach's gut in der Zwischenzeit und hab ein Auge auf April." Da war die Verbindung auch schon beendet. Colt hielt ungläubig sein ComGerät in Händen: "Der hat vielleicht Nerven." Als sich Colt umdrehte, bemerkte er April. Genervt fragte er sie: "Was hast du gehört?" Colt hatte absolut keine Lust ihr auch noch erklären zu müssen, weshalb Saber in Japan bei der Polizei war, und weshalb sie ihr die Informationen vorenthalten hatten. April antwortete ihm mit leiser Stimme: "Alles. Ich bin dir nachgegangen. ...Colt, was wird hier bloß gespielt?" Colt versuchte es mit einem kleinen Witz: "Detektiv? ...Lass uns ins Wohnzimmer gehen und dort weiterreden, gut?" Er lotste seine ehemalige Partnerin wieder auf die Couch und wartete ab, bis sie sich gesetzt hatte. Danach begann er mit dem Anfang: "Fire war vor seiner Karriere als Rennfahrer hauptberuflich Polizist in Japan. Bei dieser Schießerei, von der Saber gesprochen hat, ist damals ein guter Freund von deinem Dad umgekommen, anscheinend. ...Also, langer Rede kurzer Sinn, Eagle gibt offensichtlich Fire die Schuld an dessen Tod und das hat er ihn auch von Anfang an spüren lassen. ...Süße, die Akte ist deswegen so dick, weil da haufenweise Verweise und Verwarnungen drinnen sind." April kullerten abermals dicke Tränen über die Wangen. Sie verstand die Welt nicht mehr. Mit zittrigen Händen nahm sie abermals die Akte in die Hände und begann darin zu blättern. Egal, welche Seite sie auch aufschlug, unter jedem Bericht war das Kürzel ihres Vaters zu lesen mit einer anschließenden Verwarnung. Bewusst suchte April nun einen Bericht, von dem sie genau wusste, dass er planmäßig verlaufen war und stöberte auch einen auf. Auch bei diesem war anschließend ein Vermerk zu sehen, der von ihrem Vater unterzeichnet worden war. Es war ein Verweis für unzureichenden Gehorsam. Am Ende entdeckte sie auch das Kündigungsschreiben. Sie las es sich durch und murmelte: "Das hat er also damit gemeint, dass er nicht freiwillig gegangen ist." April fühlte sich schäbig bei dem Gedanken, dass ihr Vater den Mann, den sie liebte, wirklich so schikaniert hatte. Sie lehnte sich an Colt und ließ den Kopf hängen: "Welchen Befehl hat er verweigert, Colt?" Der Cowboy nahm April in den Arm, strich ihr beruhigend über den Rücken und murmelte: "Gar keinen. Fire ist achtkantig rausgeschmissen worden, weil er sich nicht an eine private Abmachung zwischen uns drei Jungs und deinem Vater gehalten hat. Er hätte dir nicht zu nahe kommen dürfen." April sah zum Cowboy auf, der wie ihr erst jetzt auffiel, im Jogginganzug und ohne Hut, neben ihr saß: "Er ist mir doch nie zu nahe gekommen... Warum hat Daddy das bloß getan?" Der Cowboy schlug noch einmal die Akte auf und zeigte April einen Verweis, den sie übersehen hatte: "Ich weiß nicht, warum dein Vater so etwas tut, aber ich weiß, dass er es getan hat. ...Unsere Rennsemmel ist von deinem Vater systematisch zur Schnecke gemacht worden. Sieh her, sogar für die Kratzer an Ramrods Außenhülle war er verantwortlich." April ließ die Informationen erst einmal sacken, sie verstand nicht einmal die Hälfte von dem, was ihr Colt gerade erklärt hatte. An Yamato konnte sich April sogar noch erinnern, zumindest an dessen Beerdigung. Sie war damals mit ihrem Vater nach Japan geflogen, um von ihm Abschied zu nehmen. An einen jungen Mann, der Fireball ähnlich gewesen wäre, konnte sie sich nicht erinnern. Sie dachte an die Zeiten auf Ramrod zurück, in denen er offensichtlich auch schon schikaniert worden war und ihr stellte sich nur eine Frage: "Warum hat er nie was gesagt? ...Fire konnte doch sonst nie seinen Mund halten, warum hat er darüber nie ein Wort verloren?" Colt konnte ihr darauf keine Antwort geben, er hatte sich diese Frage ja auch schon öfter gestellt: "Ich weiß es auch nicht, April." April machte sich selbst schwere Vorwürfe: "Warum hab ich nie was bemerkt? Ich bin ihm von allen an Bord am nächsten gestanden, weshalb hab ich nie gespürt, dass was nicht stimmt? ...Colt, ich hätte ihm helfen müssen." Colt nahm April an den Schultern und sah sie ernst an. Auch bei Saber hatte er diesbezüglich schon am Vorabend durchgreifen müssen. War er denn der einzige, der von alleine sah, dass diese Selbstvorwürfe niemanden halfen? Er gab April sehr ernst zu verstehen: "April, jetzt komm wieder runter. Es hat keinen Sinn, wenn du dich deswegen jetzt fertig machst, es hilft ihm kein Stück weiter!" April war sprachlos, solche Worte aus Colts Mund zu hören. Sonst war Colt doch immer derjenige, der von Saber oder ihr wieder zur Vernunft gebracht werden musste. Als ihr klar wurde, wie recht der Cowboy mit diesen Worten hatte, nickte sie verschämt. Fireball hatte eine grausame Nacht verbracht, die ihm immer noch in den Knochen steckte. April hatte die ganze Nacht bei ihm in dem schmalen Bett verbracht, was nicht gerade bequem gewesen war. Er selbst hatte kein Auge zubekommen, seine Gedanken hatten ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die halbe Nacht war er hellwach neben ihr gelegen, hatte sie beim Schlafen beobachtet. Nun packte ihn allerdings die Müdigkeit. Die Visite hatte ihn schon besucht, also konnte er ohne schlechtes Gewissen noch einmal bis zum Mittagessen schlafen. Gerade, als er eingeschlafen wäre, spürte er einen starken Widerstand, der seinen Kopf noch mehr in das Kissen drückte. Der anschließende Schmerz rund um sein rechtes Auge ließ ihn erschrocken hochfahren. Verdattert fasste er sich an die Augenbraue und spürte Blut. Als er sich im Zimmer umsah, erkannte er Commander Eagle, der vor ihm stand. Vorsichtig nahm er die Hand wieder von der Braue und fluchte: "Au, verdammt!" Der Commander hatte keine Lust, Fire zu erklären, warum er eben die Gerade kassiert hatte. Er machte ihm schwere Vorwürfe: "Was fällt dir ein?! Wie kannst du es wagen?!" Fireball wollte lieber eine Rechtfertigung für den Schlag eben. Er fragte den Commander im schroffen Ton: "Was soll das? Wofür war das denn schon wieder?" Aprils Vater reagierte jedoch nicht auf diese Frage. Er hob nur drohend die Faust und hielt ihm erbost einen Vortrag: "Du fängst gleich noch eine, wenn du den Mund noch einmal aufmachst! Jetzt rede ich, hast du mich verstanden? ...Wie kannst du es wagen, meine Tochter anzufassen? Sie hat die ganze Nacht bei dir verbracht und jetzt ist sie komplett übergeschnappt." Der Japaner versuchte sich noch im Ansatz zu verteidigen, doch der Commander ließ keine Widerworte zu: "Aber ich-," "Ruhe! Du Nichtsnutz hast meiner Tochter den Kopf verdreht! Du hast verdammtes Glück, dass wir hier in einem Krankenhaus sind, sonst würdest du nicht mehr so seelenruhig da sitzen! Du wirst meine Tochter nie wieder anfassen, nie wieder. Sobald du hier draußen bist, hoffe ich für dich, dass du deine Sachen packst und aus Yuma ein für alle Mal verschwindest." Fireball konnte den Zorn von Commander Eagle deutlich spüren und es breitete sich das Gefühl der Unsicherheit rapide in ihm aus. Er wusste genau, wenn er nun auch nur einen falschen Pieps von sich gab, hätte er den nächsten Schlag schon sicher. Es fiel Fire unheimlich schwer, Commander Eagle nicht zu zeigen, welchen Respekt und Angst er ihm in diesem Moment einflößte, diese Genugtuung wollte er ihm nicht geben. Leise fragte er den Commander: "Was? ...Ich hab weder Ihnen noch April jemals was getan. Womit hab ich das denn bitte verdient?" Eagle verlieh seiner Stimme noch mehr an Stärke: "Du weißt ganz genau, wovon ich rede und weshalb du wesentlich mehr verdient hättest, als nur ein blaues Auge, Freundchen!" Fire nahm etwas Abstand vom Commander, damit ihn nicht so schnell was treffen konnte, egal was es auch war, als er all seinen Mut zusammen nahm und ihn fragte: "Warum? Warum hätte ich wesentlich mehr verdient? Was hab ich verbrochen?" Eagle baute sich noch mehr vor seinem ehemaligen Piloten auf und gab ihm lautstark zu verstehen: "Du hast ein Menschenleben auf dem Gewissen!! Seit du im KOK angekommen bist, machst du nichts als Ärger und bringst alle um dich herum in Gefahr! Du bist nichts weiter als ein missratener Rennfahrer, der zufällig das Talent seines Vaters als Pilot geerbt hat! ...Denkst du, ich kenne solche wie dich nicht?! April ist doch für dich nur ein Spielzeug für ein paar schöne Stunden! Sobald du sie ins Bett gebracht hast, machst du dich aus dem Staub! Von Gefühlen hast du doch keine Ahnung!" Als der erste Satz gefallen war, wusste Fireball instinktiv, wen Commander Eagle meinte. Er flüsterte gebrochen: "So läuft also der Hase..." Er musste schon wieder für den Fehler bezahlen, den er vor Jahren begangen hatte und der für ihn selbst damals den größten Verlust bedeutet hatte. Ohne es zu wollen, begann Fireball wieder leicht zu zittern. Er musste dem Commander den Wind aus den Segeln nehmen, indem er ihm die Wahrheit über seine Gefühle für April sagte: "Ich liebe April, ...mehr als mein eigenes Leben, Commander." Der gewünschte Effekt blieb allerdings aus. Der Commander drehte ihm einen hübschen Strick aus seinem Geständnis: "Du liebst sie genauso lange, bis du hattest, was du wolltest! Und dann brichst du ihr wieder das Herz! Tja, und wie sehr du an deinem Leben hängst, hast du uns ja eindrucksvoll bewiesen! Dein Leben ist dir genauso viel wert, wie mir: nämlich gar nichts!" Fireball verließ der Mut schlagartig wieder. Sein ehemaliger Vorgesetzter hatte ihn voll erwischt und er musste ihm Recht geben. Sein Leben war nichts wert, rein gar nichts! Trotzdem versuchte er sich noch immer zu verteidigen: "Aber... ich," Der Commander wollte von Fireball kein Wort mehr hören. Er fauchte ihn an und gab ihm zu verstehen: "Nichts aber! Wenn du mein Kind auch nur noch einmal schief ansiehst, vergesse ich mich. Darauf kannst du Gift nehmen!" In dieser ausweglosen Situation blieb für Fireball nur noch der Angriff über. Allerdings blieb es beim Versuch, der Commander hatte ihm alles genommen, woran er geglaubt hatte. Er meinte sarkastisch: "Und ich hab gedacht, du hast dich schon vergessen, als du mir vorhin die Faust ins Gesicht geschossen hast." "Glaub mir, wenn ich mich vergesse, dann hast du nachher nicht nur eine aufgeplatzte Augenbraue, du vergeratener Sohn von Shinji Hikari! Ich bin viel zu lange gut mit dir umgesprungen. Das nächste Mal, wenn ich mitbekomme, dass April hier bei dir war, ziehe ich andere Seiten auf." Fireball gab niedergeschlagen zurück: "Ich kann nichts dafür, wenn sie mich besuchen kommt. April ist alt genug um alleine zu entscheiden, ob sie kommt oder nicht." Und Commander Eagle schärfte ihm ein: "Und du bist hoffentlich klug genug, um sie wieder nachhause zu schicken, sonst warst du lange genug hier!" Ohne noch ein Wort zu sagen, verließ Commander Eagle wieder das Zimmer. Diesmal hatte er dem Jungen wirklich eingeheizt. Der würde sich so schnell nicht mehr an April halten. Fire sank in sich zusammen. Bei diesem Streit war ihm ein Licht aufgegangen. All diese Schikanen und der Hass von Commander Eagle hatten nur einen Grund. Er musste mit diesem Menschenleben einfach Yamato gemeint haben! Der Commander gab ihm die alleinige Schuld für dessen Tod, das hatte er ihm deutlich zu verstehen gegeben. All die Erinnerungen an diesen schrecklichen Abend stiegen wieder in ihm auf und heiser flüsterte: "Ich hab Yamato sterben lassen. Er ist wegen mir gestorben, ich bin Schuld..." Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und versuchte krampfhaft, das Bild von damals wieder aus seinem Kopf zu bringen. Jahrelang hatte er diesen Abschnitt seines Lebens so gut wie möglich verdrängt und hatte keinen Gedanken an Yamato verloren. Nun kam alles wieder hoch. Fireball wusste nicht, wie lange er gebraucht hatte, um die Augen wieder schließen zu können, ohne das Bild des sterbenden Yamato vor sich zu sehen. Vielleicht waren es nur ein paar Minuten gewesen, wahrscheinlich war allerdings, dass er sein Gesicht über eine Stunde in den Händen versteckt hatte. Verunsichert drehte er sich nach dem Nachttischchen um und suchte nach etwas, womit er das Blut von der Braue tupfen konnte und seine rechte Hand wieder sauber bekam. Sie war voller Blut, denn während er so im Bett gesessen hatte, war das Blut stetig auf seine rechte Hand getropft. Da stieß jemand die Tür auf und kam voll bepackt reingetorkelt: "Na, hast du mich schon vermisst?" Als die Tür aufgegangen war, fuhr Fireball erschrocken herum. Er erkannte unter all den Tüten Mandarin, die ihn eben so freundlich begrüßt hatte. Ziemlich leise antwortete Fire: "Nicht schon wieder." Er hatte nicht den Wunsch nach Gesellschaft, im Moment wollte er niemanden sehen, auch nicht Mandarin. Sie würde bestimmt auch versuchen, herauszufinden, was alles passiert war, genau wie die anderen. Er wollte mit niemanden mehr über sein verkorkstes Leben reden müssen, auch nicht mit Mandy, mit der er sich immer gut verstanden hatte. Allerdings drehte Mandy nicht ab, sie kam immer näher, während er noch versuchte, sich das Blut von der Braue zu tupfen. Mandarin manövrierte ihre Tüten Richtung Bett und stellte sie dann schwungvoll ab. Sie hatte wie immer gute Laune und lächelte von einem Ohr bis zum anderen. Das verging ihr allerdings schlagartig, als sie freie Sicht auf ihren Kumpel hatte und die aufgeplatzte Braue entdeckte. Sie näherte sich ihm sofort bis auf wenige Zentimeter und fragte ihn besorgt: "Mensch, Fire, wie ist das denn passiert?" Während ihm Mandarin die Hand von der Braue nahm, erklärte er unsicher: "Ich hatte ein Rendezvous mit meinem Nachttischkästchen und das wollte beim ersten Date gleich Knutschen. ...Aua." "Ich seh mir das mal an, Fire," vorsichtig fuhr Mandy mit dem Finger über die Wunde, um zu sehen, inwieweit was fehlte. Doch Fire zuckte zurück, er wollte sich nicht verarzten lassen: "Das ist halb so wild. Mein Dickkopf übersteht ja sogar einen Baum, da wird ihm so ein schmächtiges Brett wohl kaum was anhaben können." Mandarin spürte wie niedergeschlagen ihr Kumpel im Moment war, so hatte sie ihn noch nie zuvor erlebt. Gut, dass er gleich nach dem Aufwachen etwas durch den Wind war, konnte sie verstehen, aber diese Stimmung war ihr total fremd an Fireball. Sie kannte ihn nur lachend und Scherze machend. Gerade eben saß er vor ihr, als wollte er sich am liebsten unsichtbar machen und die Braue sah auch nicht aus, als wäre sie von der Kante am Nachttischchen aufgeplatzt. Sie riskierte einen flüchtigen Blick auf das kleine Beistelltischen und bemerkte sofort, dass dort weder Blut noch eine eingedrückte Stelle zu sehen waren. Etwas war faul an Fires Geschichte. Mandarin verarztete Fire noch so gut es ging und setzte sich dann auf den Besucherstuhl. Sie musterte ihn noch einmal kurz und meinte dann lässig in den Raum hinein: "Dein Cut sieht aber nicht aus, als wärst du mit deinem Schädel wo dagegen geknallt. Eher als hätte man dir eine übergezogen." Fire verschränkte die Arme vor der Brust und konterte, allerdings nicht sehr überzeugend: "Mir hat niemand eine übergezogen, weshalb denn auch! Mir ist das Buch runtergefallen und ich wollte es aufheben, dabei hab ich halt das dämliche Nachttischchen übersehen. Ist das so schwer zu begreifen, Kleines?" Mandarin ließ nicht locker. Sie sah ihm in die haselnussbraunen Augen und erklärte ihm: "Das ist eine ziemlich schlechte Ausrede, Süßer. Ich hoffe, das ist dir bewusst. Es passen nämlich zwei Sachen absolut nicht zu deiner Geschichte. Erstens: Wenn du dir wirklich den Kopf gestoßen hättest, als du das Buch aufheben wolltest, hättest du das dämliche Buch liegen lassen. Es liegt aber nicht auf dem Boden, sondern fein säuberlich auf dem Tischchen neben dir. Und zweitens: Der Schnitt der Augenbraue wäre, wenn du wirklich mit dem Kopf gegen die Kante geknallt wärst, ein gerader. Das ist er aber nicht. Außerdem wäre an der Kante auch Blut, da ist aber keines. ...Also ich höre, was ist passiert und wer hat dir so eine übergezogen, dass dir sogar die Augenbraue aufplatzt?" Kapitel 22: die ganze Wahrheit ------------------------------ So, es geht weiter und es wird spannend bleiben, das versprech ich *g* Aufmerksam hatte Fireball dem rothaarigen Sterncaptain zugehört und wurde unterdessen immer unruhiger. Er kannte Mandarin, sie würde jetzt solange Fragen stellen, bis sie hatte, was sie wissen wollte. Sie war um einiges standhafter und gerissener als Saber. Kurz ballte er die rechte Hand zur Faust, bis die Knöchel weiß hervortraten. Er hasste sich selbst und wenn das alles nicht bald ein Ende nahm, würde er es selbst in die Hand nehmen, diesmal aber mit einer sichereren Methode. Er saß vor Mandarin und starrte auf seine Beine, obwohl seine Gedanken bei Yamato waren und er sich wünschte, an dessen Stelle treten zu können. Mit einem aufgesetzten Lächeln blickte er zu Mandarin auf: "Du hast eine blühende Fantasie, Misses Columbo. Wer soll mir denn seine Faust ins Gesicht jagen?!" Mandarin rutschte am Stuhl hinunter und verschränkte die Arme vor der Brust. Herausfordernd gab sie ihm zurück: "Sag's mir! Ich weiß ja nicht, wie viele Feinde du dir in letzter Zeit so gemacht hast." Fireball rutschte ein Stück näher zu Mandarin, er flüsterte nur noch: "Keine Neuen, außer ich fahre Saber noch einmal so an, wie ich es getan habe." Mandarin hatte ihn falsch verstanden. Schockiert sprang sie vom Stuhl auf und riss die Hände in die Höhe: "Jetzt sag bloß, dass Saber ausgeholt hat?! Spinnt der total?!" Mit großen Augen verfolgte Fire, wie wütend Mandarin gerade geworden war. Sofort versuchte er sie wieder auf den Boden der Tatsachen zu bringen: "Nein, um Himmels Willen! Saber war's ganz bestimmt nicht. Der hält mir höchstens einen Vortrag, dass ich mich am liebsten in einem Mäuseloch verkriechen würde, aber zuschlagen würde er nie." Er wollte seinen ehemaligen Vorgesetzten da jetzt nicht mit hinein ziehen. Fireball hatte nicht damit gerechnet, dass Mandarin seinen Satz über neue Feinde so derart falsch verstehen konnte. Mandarin war immer noch in Rage, sie sah Fireball vor sich, der keinen Ton von sich gab. Wer würde ihren Kumpel bloß derart zurichten? Sie atmete tief durch und setzte sich neben ihm aufs Bett. Mit ruhiger Stimme fragte sie ihn noch einmal: "Wer dann? Wer flößt dir soviel Angst und Respekt ein, dass du dich nicht wehrst?" Mutlos schüttelte Fireball den Kopf. Es machte keinen Sinn, irgendjemanden von seinen Problemen zu erzählen. Er wusste, dass er alle anderen nur noch tiefer darin verstricken würde und seine Freunde würden viel zu viel aufs Spiel setzen, nur um ihm zu helfen. Ihm war nicht mehr zu helfen, er war ein Mörder. Ein Mörder, der seinen engsten Freundeskreis im Stich gelassen hatte. Er ließ sich in sein Kissen gleiten und murmelte: "Was sollte das schon ändern? Er hat mir ins Gesicht geschlagen, das kannst du nicht rückgängig machen, Mandy. Du kannst gar nichts rückgängig machen." Den letzten Satz hatte er nur noch stimmlos gehaucht. Die Verzweiflung und die Schuldgefühle taten ihr übriges um Fireballs ohnehin angegriffenes Nervenkostüm noch mehr zu zerstören. Er wollte Mandarin nicht antworten. Wie würde sie wohl reagieren, wenn sie erfahren würde, dass ihr Vorgesetzter ganz gerne mal zuschlug? Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Instinktiv wusste er, dass er mit seinen Wutausbrüchen und dem Streit, den er mit Saber ausgefochten hatte, schon genügend Staub im KOK aufgewirbelt hatte. Um nichts auf der Welt würde er noch einmal seinen Mund aufmachen und die Wahrheit sagen. Er wusste doch, was ihm das bis jetzt beschert hatte. Nichts als Ärger. Sei es nun der Ärger mit Eagle oder das schlechte Verhältnis zu seinen damals besten Freunden. Seit er unehrenhaft entlassen worden war, und ohne ein Sterbenswörtchen zu sagen gegangen war, fühlte er sich April, Colt, Saber und auch Mandarin gegenüber wie ein schäbiger Verräter. Er wusste doch, wie es für die vier damals ausgesehen haben musste, und er konnte sie voll und ganz verstehen, wenn sie ihm nicht mehr vertrauten. Fireball würde sich selbst nicht einmal bis zur nächsten Ecke trauen. Mandarin beobachtete ihren alten Freund argwöhnisch. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, wie matt und niedergeschlagen er war. Er war früher einfach nicht so, zumindest hatte sie ihn nie so erlebt. Sanft strich sie ihm eine Strähne aus dem Gesicht und flüsterte: "Was kann ich nicht rückgängig machen, Fire? Was ist bloß mit dir geschehen?" Als ihn Mandarin berührte, öffnete er verwundert seine Augen. Er spürte, wie ihre Finger zärtlich seine Gesichtskonturen nachfuhren. Obwohl es ihm gut tat, wollte Fireball Mandarin nicht zu nahe an sich lassen. Er nahm ihre Hand von seiner Wange und murmelte: "Ich kann's dir nicht sagen, Mandy. Ich hab die letzten Tage schon viel zu viel gesagt." Traurig beobachtete Mandarin, wie Fireball ihre Hand wieder von seinem Gesicht gab. Früher hatten ihm Berührungen dieser Art nichts ausgemacht. Sie hatten sich auch immer in die Arme geschlossen, wenn sie sich getroffen hatten. Und nun wollte er niemanden mehr an sich heran lassen. Mandarin tat es weh, ihn so zu sehen. Denn sie spürte, wie sehr er Hilfe und Wärme brauchte, obwohl er alles ablehnte. Diese stummen Schreie nach Hilfe stachen mehr als tausend Nadelstiche es je tun hätten können. Mandy legte ihre Hände in den Schoß und in einem sanften Tonfall sprach sie mit ihm: "Das redest du dir bloß ein, Fire. Ich hab einiges zu Ohren bekommen und ich finde, du hast viel zu wenig gesagt. ...Fire, es frisst dich auf, wenn du so weitermachst." Fireball seufzte: "Du hast wohl von meinem Streit mit Saber Wind bekommen, wie? Ich bin mit Saber gestern nicht gerade freundlich umgegangen, am Ende hat er mir sogar Prügel angedroht. Du kannst dir vorstellen, was alles vorgefallen ist, wenn er so was sagt." Ein bisschen verständnislos schüttelte Mandarin den Kopf. Und das sollte der Grund dafür sein, dass er mit niemanden mehr über seine Probleme sprechen wollte? Mandarin konnte sich vorstellen, dass das alles nur die Spitze des Eisberges sein musste, Fireball hätte bei einem normalen Streit zwischen ihm und Saber sicherlich nicht gleich beschlossen, mit keinem mehr zu sprechen. Und dann die Geschichte mit der aufgeplatzten Augenbraue eben. Mandarin machte sich zunehmend Sorgen um Fireball und das spiegelte sich in ihrem Gesichtausdruck wieder. Ihr Lächeln war seit Minuten nicht mehr aufgetaucht, ihre Augen leuchteten nicht so strahlend wie sonst, wenn sie mit Matchbox beisammen saß. Sie meinte leise: "Und dass auch unser aller Säbelschwinger mal einen schlechten Tag hat, ist dir wohl noch nicht in den Sinn gekommen? Fire, Saber würde niemals ausholen, schon gar nicht würde er einen Freund verprügeln. Dafür ist er viel zu gerecht. Du darfst das nicht so ernst nehmen." Fireball konnte erahnen, worauf Mandarin hinauswollte. Auch, wenn er sie sehr gerne mochte, wollte er mit ihr nicht über sein Leben sprechen und auch nicht noch mehr über den Streit, den er mit Saber hatte. Er drehte schweigend den Kopf zur Seite und blickte in die Ferne. Erst nach etlichen Sekunden gab er Mandarin eine Antwort: "Ich weiß, dass Saber nicht ausholen würde, dafür habe ich doch zulange mit ihm auf engstem Raum zusammengelebt. Aber mir hat sein Ausraster gestern gereicht. Ich möchte niemanden mehr damit belasten." Schockiert blickte Mandarin zu Fireball hinab, der die Augen wieder geschlossen hatte. Es brach ihr schier das Herz zu sehen, dass Fireball offenbar mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Sie rückte noch ein Stückchen näher zu ihm und senkte den Kopf. Sie flüsterte ihm mit gesenkter Stimme ins Ohr: "Es tut mir weh, dich so zu sehen, Fire. Das Verhalten passt ganz und gar nicht zu dir." Der Schmerz in Mandarins Stimme war ihm nicht entgangen, und trotzdem ignorierte er ihn: "Es passt vieles nicht zu mir und trotzdem ist es ein Teil von mir. Ich kann es nicht ändern, Mandarin. Ich kann nicht." Mittlerweile hatte sich Mandarin wieder aufgerichtet. Sie musste tief durchatmen um die Tränen zu unterdrücken, die sich anbahnten. Noch nie hatte ihr ein Mann Tränen in die Augen getrieben. Ihr wurde klar, dass Fireball etwas Schreckliches widerfahren sein musste, wenn er so sprach. Sie wollte ihn nicht alleine lassen, sie konnte es einfach nicht. Immerhin war Fireball seit Jahren einer ihrer besten Freunde, auch wenn er monatelang nirgends zu finden gewesen war. Sie wollte ihm helfen, für ihn da sein. Mandarin sah den gequälten Blick in Fireballs Augen und sie musste immer wieder den Kopf schütteln. Was ist bloß passiert? Ihm geht's dermaßen schlecht, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass es nicht nur wegen dem Streit mit Saber oder den Geschichten, die seit einiger Zeit im KOK herumgeistern ist, sondern wegen etwas ganz anderem. Mandarin nahm noch einmal all ihren Mut zusammen und fragte den Japaner: "Was passt denn sonst nicht zu dir? Fireball, sag mir doch, was los ist. Niemand hier wird dich dafür beißen, das versprech ich dir." Auch Fireball setzte sich auf und murmelte niedergeschlagen: "Es passt zum Beispiel nicht zu mir, dass ich einen Befehl befolge, von dem ich nicht hundertprozentig überzeugt bin. Und dennoch hab' ich es getan! Ich bin gegangen, als Commander Eagle es mir befohlen hat, ohne daran zu denken, wen oder was ich zurücklasse. Und, wie du siehst, lass ich mir eine runterhauen, ohne zurück zu schlagen." Nun ging Mandarin ein Licht auf. Erstaunt deutete sie auf die Augenbraue: "Eagle hat dir eine runtergehauen! Wie konnte er das nur machen?! Was hat Eagle noch alles getan, Fireball? Was hat er dir angetan?" Der rothaarige Sterncaptain wusste kaum noch, was sie sagen sollte. Sie verstand die Welt nicht mehr und Fireball saß neben ihr und wollte sie nicht aufklären. Er ließ sie mit dieser notdürftigen Auskunft einfach stehen und biss sich auf die Lippen. Mandarin konnte erkennen, dass er sich darüber ärgerte, dass ihm das alles rausgerutscht war. Sie nahm ihn in den Arm und sprach ihm gut zu: "Hey, warum hast du das nicht früher gesagt, Fireball? Weshalb hat er dir befohlen zu gehen? Du hast ihm doch nichts getan?" Unsanft stieß Fireball Mandarin wieder weg. Er wollte sie nicht umarmen, sie nicht nahe bei sich haben. Er wollte niemanden mehr zunahe kommen, nie wieder. Nervös starrte er an Mandarin vorbei und murmelte: "Anscheinend schon. Ich hab alles falsch gemacht. Egal, was es war, ich war Schuld. Aber das gehört nicht hier her. Es ist egal." "Nein, Fire. Es ist nicht egal. Alle machen sich Sorgen um dich, egal was vorher vielleicht passiert ist. ...Woran hat er dir überhaupt die Schuld gegeben?," Mandarin war zwischendurch aufgestanden, sie war verletzt, wollte ihn das aber nicht spüren lassen. Sie versuchte herauszufinden, was zwischen ihrem Kumpel und Commander Eagle stand. Unsicher verfolgte Fireball Mandarins Bewegungen, bevor er ihr zu verstehen gab: "Es war nicht so wichtig. Niemanden ist was passiert, lassen wir das jetzt bitte wieder." Traurig drehte sich Mandarin von Fireball weg. Sie ging zum Fenster und blickte nach draußen. Es war ein regelrechter Schneesturm aufgezogen und es schneite, was der Himmel hergab. Im Krankenhauspark war keine Menschenseele zu sehen und auch sonst war auf den Straßen nicht viel los. Mandarin starrte in die Ferne. Sie brauchte eine Weile um sich wieder zu beruhigen. Denn vor nicht einmal zwei Sekunden hätte Fireball am Liebsten eine runtergehauen. Er brachte etwas zwar zur Sprache, erzählte aber nur Bruchstücke davon und wollte das Thema dann gleich wieder abhaken. Was war es nur, was er nicht einmal ihr erzählen konnte, und was ihm so derart zu schaffen machte? Sie kämpfte mit der aufsteigenden Traurigkeit und der Gewissheit, nie alles über ihren Freund gewusst zu haben. Tief in ihr wusste Mandarin, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis alles noch schlimmer für Fireball wurde. Einige Minuten vergingen, in denen sich die beiden anschwiegen. Zögernd machte diesmal Fireball den ersten Schritt. Ihm war klar, dass er Mandarin furchtbar vor den Kopf gestoßen hatte und dafür wollte er sich entschuldigen: "Es tut mir leid, Mandy." Überrascht drehte sich Mandarin vom Fenster weg: "Was? Wofür entschuldigst du dich?" "Weil das gerade eben nicht nett von mir war, deshalb. Mandarin, die ganze Angelegenheit ist bis jetzt schon derart ausgeufert und sie hat so viele Menschen, die ich mag, da mit hineingezogen, dass ich dich da nicht auch noch mit hineinziehen will," Fireball senkte verschämt den Kopf und versuchte, sich so klein wie möglich zu machen. Mandarin ging neugierig einige Schritte auf ihn zu: "Wie lange geht das überhaupt schon so, wenn du sagst bis jetzt? ...Fire, was ist bloß vorgefallen?" Mandarin wusste nicht, was sie sagen sollte. Offensichtlich lag ganz schön viel zwischen Fireball und dem Commander und das schon ziemlich lange. Sie blickte an Fireball hinab und konnte an dessen Augen ablesen, dass es ihm nicht gut ging. Nachdenklich setzte sie sich wieder auf den Besucherstuhl und flüsterte: "Du weißt, dass du mir das Herz in Stücke reißt, Fire? Wenn ich dich so sehe, wie du auf der einen Seite nach Hilfe schreist und auf der anderen Seite aber alles, was dir helfen könnte, vehement ablehnst. Ich könnte heulen, weil ich dich so nicht kenne, so will ich dich auch nicht kennen." "So bin ich aber nun mal und ich kann es auch nicht ändern, Mandy. Denkst du, mir gefällt es, alle um mich herum ins Unglück zu stürzen, so wie ich es dauernd mache?," Fireball war kurz davor, seine Nerven wegzuschmeißen. Seine Stimme war kaum noch mehr als ein leises Hauchen und seine Augen füllten sich mit Tränen. Fireball haderte mit sich selbst. Er konnte Mandarin einfach nichts erzählen, obwohl es ihm die Seele zerfraß. Weder Mandarin noch sonst jemanden wollte er zu viel erzählen, damit ihnen nichts passierte. Fireball konnte sich vorstellen, was Mandarin als erstes machen würde, wenn sie erfuhr, was Commander Eagle all die Jahre getan hatte und was er ihm heute vorgeworfen hatte. Mandarin blickte mit großen fragenden Augen zu Fireball hinüber: "Wen hast du ins Unglück gestürzt? Den einzigen, den ich hier sehe, der vor Unglück fast eingeht, bist du, Fireball. Als ich dich damals an der Rennstrecke noch einmal getroffen habe, ist mir das Herz in die Hose gerutscht, ich hab mich vor dir erschrocken. Ich hab dich damals fünfzehn Monate nicht gesehen und plötzlich sitzt du dort, und siehst aus, als wärst du nur noch eine leere Hülle. Deine Augen waren früher so klar, jetzt sind sie nur noch todtraurig und unglücklich. ...Fire, ich möchte dir helfen, egal was passiert ist oder noch passieren sollte. Du sollst nicht alleine bleiben müssen." Nun hatte auch Mandarin Tränen in den Augen, die drohten, beim nächsten Wimpernschlag über ihre Wangen zu kullern. Es tat ihr im Herzen weh und sie hoffte, mit ihren Worten wenigstens etwas bei ihm zu erreichen. Sie drehte sich zur Seite und wischte sich verschämt die Tränen aus den Augen, bevor Fireball etwas bemerkte. Es war still im Zimmer und auch vom Gang drang kein Geräusch herein. Fireball blinzelte kurz und ließ die Schultern noch weiter nach unten fallen: "Na schön." Verdutzt blickte Mandarin wieder zu Fireball. Hatte er gerade eben eingesehen, dass es besser war mit jemanden darüber zu reden? Sie wechselte noch einmal ihren Sitzplatz und setzte sich abermals zu Fireball aufs Bett: "Hast du dich dazu durchgerungen, mir was zu erzählen, oder etwa doch nicht?" Fireball linste kurz zu Mandarin und griff dann nach einer Tasse Kaffee, die Mandarin mitgebracht hatte. Er nahm sie in beide Hände und blickte lange Zeit stumm hinein, ehe er begann: "Das Veilchen hier ist nur der Höhepunkt von allem, was Commander Eagle und ich die letzten Jahre ausgefochten haben. Und jedes Mal hab ich verloren, wie du siehst. Angefangen hat der ganze Zirkus damals, als ich noch ganz frisch im KOK war. Ich glaube, ich war damals ein gutes Monat auf Ramrod, dann hab ich die erste Verwarnung von ihm kassiert. Und das hat sich über all die Jahre so hingezogen. Jedes Mal, wenn ich zum Raport bei Commander Eagle antreten durfte, hab ich derart eins auf die Mütze bekommen, dass ich nach fünf Minuten schon nicht mehr wusste, wo vorne und hinten ist. Ich hab alles falsch gemacht, ich war an allem Schuld. Egal, was es war. Nach jeder Mission hat er mich zur Schnecke gemacht. Am Anfang hab ich noch dagegengehalten und zurückgemault, wenn ich mich ungerecht behandelt gefühlt hab, aber das hab ich ziemlich schnell aufgegeben. Nach der letzten Schlacht hat er mich unehrenhaft entlassen und mir mit dem Gefängnis gedroht, falls ich auch nur irgendjemanden ein Sterbenswörtchen davon erzähle. Ich musste Yuma und das KOK stillschweigend verlassen, was ich auch getan hab. Mein Gewissen hat mich über all die Monate hinweg gequält, ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, was ich euch angetan hab und was mir Eagle vorgeworfen hat." Mandarin hatte Fireball aufmerksam zugehört und bekam annähernd ein Bild davon, was Commander Eagle alles getan haben musste, denn Fireball wurde von Satz zu Satz leiser und begann leicht zu zittern. Seine Augen glitzerten verdächtig und was er zum Schluss erzählt hatte, klang nach übelsten Depressionen. Sie legte behutsam eine Hand um seine Schultern und versuchte ihn zu beruhigen. Es dauerte eine Weile, bis das Zittern wieder nachließ und Mandarin ihre Frage ohne weitere Bedenken stellte: "Was hat dir der Commander vorgeworfen, Fire?" "Anfangs hat er mir nur vorgehalten, was ich alles falsch mache, was ich verbocke. Nach und nach hat er dann angefangen, mich eine Schande für die Familie und für die Einheit zu nennen. Er hat mir tausend Mal vorgehalten, dass ich meinem Vater nicht im Geringsten ähnlich bin und er sich im ...Grab umdrehen würde, wenn er sehen würde, welche Schande ich bin. Und heute? Heute hat er mich für einen Mord verantwortlich gemacht." Mandarin erschrak, mit so einer ehrlichen Antwort hatte sie nicht gerechnet. Die letzte halbe Stunde hatte Fireball versucht, alles zu verharmlosen, und nun so ein Geständnis! Sie nahm etwas Abstand zu Fireball und murmelte fassungslos: "Das meint der doch nicht ernst, oder etwa doch?! Fire, weshalb sollte er so etwas behaupten?" Fireballs Unterlippe begann zu zittern, genauso, wie sein ganzer Körper. Er stellte die Tasse auf das Beistelltischchen und ballte die Hände zu Fäusten, um die Tränen unterdrücken zu können: "Es war sein voller Ernst. Und das Schlimme daran ist, dass er Recht hatte. Jeder Vorwurf, jedes einzelne Wort ist wahr. Er hat mit jedem verdammten Wort Recht." Nun war es aus und vorbei. Fireball brach in Tränen aus und schluchzte. Als Mandarin ihn in den Arm nehmen wollte, stieß er sie abermals unsanft weg und schüttelte kraftlos den Kopf. Notgedrungen stand Mandarin auf und gab Fireball den Abstand, den er zu brauchen schien. Es dauerte lange, bis er sich wieder soweit im Griff hatte, dass er Mandarin auch erzählen konnte, wen er umgebracht hatte. Der rothaarige Sterncaptain hörte sich alles gespannt an, sie wurde selbst immer blasser bei Fireballs Geschichte und konnte zu Guter letzt ihre Tränen auch nicht mehr unterdrücken. Sie kramte nach einem Taschentuch für sich und ihren Kumpel, das sie ihm lächelnd reichte. Sie versuchte ihn so gut es ging aufzuheitern, ihm zu sagen, dass nicht alles seine Schuld war und dass Commander Eagle sicherlich nicht mit allem, was er sagte, Recht hatte. Mandarin hatte für sich beschlossen, den restlichen Vormittag bei Fireball zu verbringen und sich auch ein paar Wochen Urlaub zu gönnen. Sie wusste nun, wie sehr Fireball unter dem Erlebten litt und jemanden brauchte, der ihm zur Seite stand. Während seiner Erzählung hatte sie ganz deutlich gemerkt, wie wichtig es gewesen war, ihn dazu zu bringen. Es hätte ihn umgebracht, ganz sicher. Kapitel 23: Robins Vorwurf -------------------------- So, von mir gibt's auch wieder ein wenig Lesestoff, ich hoffe, es gefällt. April war trotz drei Tassen starken Kaffees auf Colts Couch eingenickt. Der Cowboy legte sie längs auf die Couch und deckte sie zu, ehe er Richtung Küche verschwand. Er hing den trüben Gedanken noch immer nach, die er in den letzten Stunden hatte. Ob sie jemals die ganze Wahrheit erfahren würden? Colt hatte keine Ahnung, ob sich Fireball jemals jemanden öffnen würde. "Was ist denn hier schon los gewesen? Hier sieht's aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, Colt," Robin stand verschlafen im Türrahmen und betrachtete skeptisch das Chaos in der Küche. Colt drehte sich erschrocken zu seiner Ehefrau um, er hatte eigentlich mit niemanden mehr gerechnet, nachdem April eingeschlafen war. Lächelnd antwortete der Cowboy: "Ich hatte heute schon mit April das Vergnügen, Süße. ...Auch einen Kaffee?" Ohne eine Antwort von Robin abzuwarten, schenkte Colt noch einmal Kaffee in zwei Tassen und brachte ihn an den Frühstückstisch. Er setzte sich und wartete, bis auch Robin neben ihm Platz genommen hatte. Robin setzte sich zu ihrem Mann an den Tisch und gab etwas Milch in ihren Kaffee und rührte um. Verwundert sah sie Colt an: "Weshalb ist April heute schon bei dir gewesen, Colt?" "Sie ist immer noch da, Süße, sie ist auf der Couch eingeschlafen. April war bei ihrem Vater und hatte mit dem heute schon ein interessantes Gespräch. Und sie hat mich soweit gebracht, dass ich ihr alles brühwarm erzähle. Wie macht ihr Frauen das bloß immer?," Colt sprach in einem ruhigen Ton zu Robin und nahm dann einen Schluck vom Kaffee. Er wusste inzwischen, dass er mit Robin über alles reden konnte, egal was es war. Am Vorabend hatte er sie noch in alles eingeweiht und sie um ihre Meinung gebeten. Und nun saßen sie am Frühstückstisch und es ging schon wieder gleich weiter, wie es am Vorabend aufgehört hatte. Fireball verfolgte alle, auch Robin, die nie viel mit ihm zu tun hatte. Robin lächelte ihren Mann an: "Du hast ihr erzählt, was du mir gestern erzählt hast, nicht wahr. Und das, obwohl du Saber hoch und heilig versprochen hattest, April gar nichts zu sagen. Habt ihr wenigstens etwas mehr Licht in diese Angelegenheit bringen können?" Frustriert schob Colt seine Tasse auf dem Tisch hin und her: "Wir drehen uns im Kreis, das ist frustrierend. Allerdings hat Saber sich heute schon gemeldet und ein paar News losgelassen." Neugierig blickte Robin von ihrer Tasse auf: "Was hat er denn rausgefunden, Colt?" Colt ließ von seiner Tasse ab und erzählte Robin ganz leise: "Du erinnerst dich doch bestimmt daran, was ich dir gestern über den Polizisten erzählt hab?," Colt machte eine kurze Pause und vergewisserte sich, dass Robin wusste, worum es ging, bevor er weitersprach: "Also, der gute Saber war heute auf dem Posten und hat herausgefunden, dass es eine Schießerei gegeben hat, bei der Eagles guter Freund erschossen wurde. Dieser Freund war Fireballs Vorgesetzter und quasi Vater, so wie ich das aufgefasst hab. Fireball war bei dieser Schießerei auch dabei, er hat ja mit Yamato bei der Polizei gearbeitet." Bevor Colt noch weiter reden konnte, hatte Robin schon verstanden, worauf ihr Guter hinauswollte und sie nickte betrübt: "Commander Eagle gibt also Fireball die Schuld am Tod von diesem Yamato. Das wird ja immer verzwickter." "Immer verzwickter ist leicht untertrieben," ein sarkastisches Lächeln formte sich auf Colts Lippen, das sofort wieder verschwand. Er beobachtete, wie der Kaffee in der Tasse Wellen schlug, während er umrührte. Colt tat es in der Seele weh, nichts von Fires Problemen geahnt zu haben. Robin nahm Colts rechte Hand in ihre Hände und umschloss sie zärtlich. Sie blickte in Colts traurige Augen und versuchte, ihn aufzuheitern. Robin hatte Colt noch nie so zerknirscht gesehen, wie in diesem Moment. Im sanften Ton redete sie mit ihrem Liebsten: "Fireball wird sich selbst auch die Schuld am Tod von Yamato geben. Wundern würde es mich allerdings nicht, wenn es so wäre. Er war damals doch noch fast ein Kind, keine siebzehn Jahre, oder?" Colt wand sein Hand aus Robins Umschließung und murmelte: "Er dürfte bei diesem Vorfall knapp sechszehn gewesen sein. Vorausgesetzt, er hat nicht gelogen." Robin setzte sich wieder aufrecht hin und widerlegte Colts Theorie: "Da hat er bestimmt nicht gelogen. Fireball verhält sich wie ein Jugendlicher. Seine ganze Art ist eigentlich mehr, als wäre er ein eingeschüchtertes Kind. Als hätte er schreckliche Angst." Lachend sah Colt zu seiner Frau auf der anderen Tischseite hinüber. Fast höhnisch antwortete er Robin auf ihren letzten Satz: "Vor Eagle!" Sofort veränderte sich auch Robins Gesichtsausdruck. Sie hasste es, wenn sie kurz nach dem Aufstehen schon fast angefahren wurde. Verärgert nahm Robin einen Schluck von ihrem Kaffee und fing unweigerlich an, mit Colt zu diskutieren. Sie fragte ihren Mann, was er eigentlich überhaupt von Fire wusste, ob er irgendwas aus dessen bisherigen Leben wusste, was er nicht selbst miterlebt hatte. Robin stieß Colt derart vor den Kopf, dass dieser wütend darauf reagierte. Er wusste doch selbst, dass er von seinem alten Hombre nicht einmal den richtigen Vornamen kannte, geschweige denn etwas über dessen Leben. Schlimmer als jeder andere Vorwurf traf ihn dieser aus Robins Mund. Denn sie, die Fireball nur ein paar Mal flüchtig gesehen hatte, wusste augenscheinlich mehr als er in zwei Jahren in Erfahrung hatte bringen können. Colt stand mit gemischten Gefühlen vom Frühstückstisch auf und herrschte seine Frau nicht gerade leise an: "Verdammt noch mal, Robin! Ich weiß, dass ich ihn nicht gut genug kenne, dafür, dass wir zwei Jahre auf engstem Raum zusammengelebt haben. Mich schockiert die Akte jedes Mal aufs Neue und jedes Mal, wenn ich eine neue Nachricht über ihn erhalte, frage ich mich, ob er wirklich der Matchbox ist, für den ich ihn immer gehalten habe!" "Du musst mich nicht gleich so anschreien! Ich weise dich lediglich darauf hin, dass er auf Ramrod schon massive Probleme mit Commander Eagle hatte und ihr drei euch einen Dreck darum gekümmert habt," auch Robin war aufgesprungen und verteidigte sich energisch. Für sie war es unverständlich, dass weder Saber, April oder Colt von alle dem nichts gemerkt haben wollten. Alles in Robin sträubte sich gegen diese Naivität, die die drei ehemaligen Star Sheriffs an den Tag gelegt hatten. Sie konnte nicht glauben, dass sie einen Freund derart im Stich gelassen hatten und das machte sie Colt auch deutlich. Und dieser verteidigte sich lauthals. Er versuchte ihr klar zu machen, dass man einfach nichts merken konnte, egal wie sehr man sich auch angestrengt hätte. Außerdem erklärte er ihr im unfreundlichen Tonfall, dass weder er noch die anderen beiden sich getraut hätten, Fireball auf eventuelle Probleme anzusprechen, weil keiner die Reaktion des Gegenübers erleben wollte. Der Streit der beiden eskalierte schließlich und Colt zog die Notbremse: "Nicht mit mir! Ich lass mich von dir jetzt nicht zum Sündenbock machen! Saber war unser Boss, wenn, hätte er was unternehmen müssen. ...Ich geh jetzt, dass ist ja nicht zum Aushalten mit dir alter Hobbypsychologien!" Colt wollte zur Tür rausstürmen und bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass April in der Tür stand. Robin und er mussten so laut gewesen sein, dass sie April aufgeweckt hatten. Er wusste weder, wie lange sie schon dort stand, noch was sie alles gehört hatte. Er bremste sich gerade noch so ein und forderte April auf, zur Seite zu gehen: "Rück ein Stück nach rechts, damit ich vorbei kann, April." Bis jetzt hatte er sich nicht die Mühe gemacht, April genauer anzusehen, er war derart sauer auf seine Frau, dass er nur noch raus wollte. April ließ ihn passieren und kein Wort verließ ihre Lippen. Sie stand bloß todtraurig im Türrahmen und versuchte zu verstehen, was gerade in Robin gefahren war. Sie hatte allen hier schwere Vorwürfe gemacht und war derart in Rage geraten, dass sie weder auf ihren Tonfall noch darauf geachtet hatte, was sie von sich gegeben hatte. Robin schrie Colt wütend hinterher: "Das ist die richtige Einstellung, Colt! So wirst du ihm sicherlich helfen, wenn du einfach jedes Mal in der nächstbesten Kneipe verschwindest, wenn es Probleme gibt! Über diese Hilfe dürfte sich Fireball sehr freuen!" Robin bemerkte Aprils fragende Blicke kurz nachdem sie Colt diese Worte hinterher geschrieen hatte. Sie wandte sich an April und kam auf sie zu. Auch mit April sprang Robin nun nicht so freundlich um, wie sie es sonst zu tun pflegte: "Und du, Fräulein Eagle! Überleg dir das nächste mal besser, wenn du als Lügner bezeichnest und wem du das Leben komplett damit auf den Kopf stellst." Kapitel 24: Schlimmer kann es nicht mehr werden ----------------------------------------------- So, es gibt wieder Nachschub, allerdings weiß ich nicht recht, was ich dazu sagen soll *g*. Also, lasst euch überraschen April wusste sich nicht zu wehren: „Robin...“ Unbeherrscht ging Robin noch einige Schritte auf sie zu und erklärte ihr: „Er hatte so schon genug Probleme am Hals, da musstest du ihm nicht auch noch seine Gefühle in Frage stellen. Fireball wusste keinen anderen Ausweg mehr, als gegen einen Baum zu fahren.“ Fast eingeschüchtert von Robin gab April Auskunft. Sie hatte Robin selten so erlebt, und wenn, dann war sie mit Colt so barsch umgesprungen und nicht mit ihr: „Ich hab doch nicht gewusst, wie sehr ihm mein Vater zusetzt.“ „Und wie ich es Colt vorhin auch schon erklärt habe,“ Robin war immer noch wütend auf die drei und machte ihrer Verärgerung Luft: „ihr hättet was merken müssen! War er denn nie komisch, wenn er vom Rapport gekommen ist?“ April schlich an Robin vorbei, sie hatte das ungute Gefühl, dass es noch länger dauern würde, bis sich Robin wieder so weit im Griff hatte, normal mit jemanden zu sprechen. Sie setzte sich an den Küchentisch, stützte den Kopf auf beide Hände und flüsterte gebrochen: „Er ist meistens erst gekommen, wenn wir schon geschlafen haben.“ Gespannt verfolgte Robin Aprils Bewegungen und merkte selbst, wie schroff sie gerade gewesen war. Aber irgendwie war sie es sich schuldig, alles aus den beiden rauszukitzeln, was sie von damals wussten. Robin konnte ja schlecht die einzige sein, die sah, dass er vorher schon Probleme hatte. Genervt setzte auch sie sich wieder an den Tisch zu ihrer Tasse und fragte April alles andere als freundlich: „Woher willst du das wissen, April?“ Abgekämpft fuhr sich April über die Augen und erklärte Robin: „Ich bin oft wach geworden, wenn die Rampe geöffnet wurde.“ Robin seufzte, so viel Gutgläubigkeit hätte sie von April nie erwartet: „Aha. Und du hast dich nie gewundert, warum er so spät kommt?“ April sank in sich zusammen und nickte: „Doch. Ich hab ihn auch ab und zu gefragt, weshalb er erst so spät kommt.“ „Und seine Antworten waren nie komisch?“ Robin wunderte sich von Minute zu Minute mehr über April, vergaß dabei aber ganz darauf, wie böse sie war und ihr Tonfall wurde wieder freundlicher. April erinnerte sich an eine Nacht, in der Fireball besonders spät erst gekommen war und sie berichtete ihrer Freundin leise: „Robin... Er hat immer nur gesagt, dass er nach dem Rapport noch einen Freund getroffen hat und es deshalb später geworden ist...“ Es war weit nach Mitternacht und Fireball stand vor Ramrod. Es war stockdunkel und auf Ramrod herrschte Stille. Seine Freunde mussten also schon schlafen gegangen sein. Er starrte zu Boden, die Hände in den Hosentaschen, und schüttelte matt den Kopf. Tausende Dinge schossen ihm durch den Kopf, er brauchte wahrscheinlich wieder eine Ausrede, wo er so lange war. Er kannte seine Freunde mittlerweile und wusste in etwa, was er antworten musste, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Er war die halbe Nacht unterwegs gewesen, allerdings wusste er nicht mehr, wo er überall war. Nach dem Gespräch bei Commander Eagle war er einfach aus dem KOK gestürmt, ohne darauf zu achten, wohin und hatte sich erst auf der Rennstrecke wieder gefunden. Es trieb ihn nahezu immer auf die Rennstrecke, wenn Commander Eagle wieder einen schlechten Tag hatte. Ganz leise schlich er die Rampe hoch und zog die Jacke aus. Als er sich die Schuhe auszog, ging die volle Beleuchtung im Flur an und er vernahm die Stimme seiner weiblichen Kollegin: „Wo warst du so lange?“ Ertappt richtete sich Fireball wieder auf und blickte in die Richtung, aus der Aprils Stimme gekommen war: „Ich hab einen alten Freund getroffen.“ Er hoffte, dass April sich damit zufrieden gab, er hatte absolut keine Lust, das auch noch weiterzuspinnen. Fireball drehte sich Richtung Küche und schlenderte hinüber zum Kühlschrank. April ging ihm nach. Sie war durch das Öffnen der Rampe wach geworden und stand im Pyjama neben ihrem Kollegen. Dass sie sich Sorgen um ihn gemacht hatte, erzählte sie ihm lieber nicht. Da machte sie ihm doch einen Vorwurf: „Weshalb hast du deine Com nicht angenommen? Wir haben dich öfter als einmal angerufen.“ Erst jetzt zog Fireball sein ComGerät aus der Tasche und bemerkte, dass er es immer noch ausgeschalten hatte. Nach Eagles Vorwürfen hatte Fireball keine Lust gehabt, gleich auch noch eins von Saber auf die Mütze zu bekommen, weil es so spät geworden war. Er schaltete es ein und meinte entschuldigend zu April: „Ups... Ich hab’s einschalten vergessen, nachdem ich bei deinem Dad gewesen bin.“ April stemmte die Arme in die Hüften und machte sich vor Fireball etwas größer: „Das passiert dir hier auf Yuma verdächtig oft. Was oder besser: Wer verdreht dir den Kopf derart, dass du dein ComGerät total ignorierst?“ Abwesend griff Fireball in den Kühlschrank und nahm sich eine halbvolle Wasserflasche, aus der er einen kräftigen Zug nahm und stellte sie dann ohne Schraubverschluss auf die Ablage neben dem Kühlschrank, ehe er April antwortete: „Worauf spielst du an? Denkst du, ich hab mich mit einem Mädchen getroffen? ...Ach, April. Ich hab einen Kumpel getroffen und halt die Zeit übersehen. Das passiert dir ständig, egal auf welchem Planeten wir sind. Was ist da also groß dabei, wenn ich erst jetzt zurück komme?“ Etwas verzweifelt gab April zurück: „Bei mir nichts, aber bei dir anscheinend schon. Du bist für Stunden weg und wir hören keinen Mucks von dir. Ich rufe wenigstens an, wenn es später wird.“ Fireball seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er wusste nicht, was er April noch auftischen sollte: „Was? April, ich war in der Stadt mit einem Freund und wir haben was getrunken. Warum willst du das nicht verstehen?“ Er könnte sich selbst eine runterhauen. Hätte er nach dem ersten Satz von April Kehrt gemacht und wär in sein Quartier gegangen, würde er jetzt nicht hier stehen und mit April darüber diskutieren, was er getan hatte. Es war doch egal, dass er alleine durch die Straßen gegangen war, aber April gab keine Ruhe. Sie war in Redelaune und drängte sich in Fireballs Gesichtsfeld: „Und einen Mords Spaß habt ihr dabei gehabt, wie?“ April stand vor Fireball und musterte ihn. Er war in ihren Augen nicht er selbst. Etwas stimmte nicht und sie wollte erfahren, was passiert war. Sonst kam er nie so spät zurück und wenn doch, meldete er sich meistens. Fireball verschwand abermals neben April und erklärte ihr, während er in sein Quartier schlurfte: „Wir hatten uns viel zu erzählen.“ Verwundert folgte April Fireball bis zu seinem Quartier. Sie forderte ihn noch einmal auf, zu sagen was los war: „Deinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, hast du dich nicht sonderlich gefreut, deinen Freund wieder zu sehen.“ Fireball öffnete schon die Tür und verabschiedete sich von April. Er wollte nicht mehr reden, es freute ihn nicht mehr. Doch April gab noch nicht auf: „Es war ein Mädchen, mit dem du dich getroffen hast, hab ich Recht?“ „Wenn du meinst. Und jetzt schlaf gut,“ Fireball schloss die Tür und ließ April vor dem Zimmer stehen. April beendete ihre Erzählung ganz leise: „Es war ganz bestimmt was nicht in Ordnung, sonst wäre er nicht so wortkarg gewesen.“ Robin hatte sich alles in Ruhe angehört und hatte ab und zu von ihrem Kaffee genippt. Wenn ihr Colt so eine Antwort auftischen würde wie es Fireball getan hatte, wäre sie an die Decke gegangen, und zwar so lange, bis sie die Wahrheit kannte. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und tippte April mit dem rechten Zeigefinger auf die Stirn: „Und das fällt dir jetzt ein? ...Na, wenigstens kommt noch eine Einsicht, besser als gar keine.“ April verhielt sich ruhig und antwortete Robin nicht mehr. Ihre Freundin hatte mit jedem Wort Recht und das machte April nur traurig. Robin kannte Fireball doch eigentlich nur vom Sehen und was ihr Colt so erzählt hatte, und dennoch hatte Robin eher als alle anderen erkannt, dass Fireball Probleme hatte, die er alleine nicht bewältigen konnte. April fühlte sich schlecht, hätte sie eher was bemerkt, hätte sie der ganze Misere entgegen wirken können und Fireball würde vielleicht noch neben ihr sitzen und lachen. Es bahnten sich wieder Tränen an, die April noch zu unterdrücken versuchte. Sie saß vor Robin, mit angezogenen Schultern und so klein wie möglich, als ihr wieder Tränen über die Wangen kullerten. Sie versuchte, nicht zu weinen, ihr Schluchzen zu unterdrücken, doch sie schaffte es nicht. Sie starrte auf die Akte, die geöffnet vor ihr lag und weinte bittere Tränen. Die Tränen tropften von Aprils Wangen teilweise auf die Akte und bildeten nasse Flecken auf dem Bericht. April schüttelte den Kopf und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. Ihr Herz blutete, ihre Seele wusste weder vor noch zurück und allmählich konnte sie nachvollziehen, weshalb Fireball sich von jedem abwandte, der ihm nahe stand. Saber hatte den nächsten Flug nach Yuma gebucht und würde sich mit Synthia und Mrs. Hikari am nächsten Morgen auf den Weg machen. Synthia hatte die Idee, Hiromi mitzunehmen, Fireball sollte jemanden in seiner Nähe haben, der ihn sein ganzen Leben schon begleitet hatte, vielleicht würde es ihm helfen. Saber war dankbar, Synthia zu haben, sie bei sich zu haben, egal was war. Sie war immer für ihn da, in guten wie in schlechten Tagen und diese schwierige Situation bewies Saber einmal mehr, dass er das Richtige getan hatte. Synthia war neben seiner Familie sein größtes Glück und er war unheimlich froh, dass die schwarzhaarige Kindergärtnerin den Rest seines Lebens mit ihm verbringen würde und ihm nie wieder von der Seite wich. Nach einem langen Gespräch war Saber aufgefallen, dass Hiromi die letzten Jahre vor Sorge schier umgekommen war, weil sie von ihrem Sohn nichts mehr gehört hatte. Auch, als Saber ihr alles erzählte, was sie zusammen erlebt hatten, zauberte dies kein Lächeln auf Hiromis Gesicht. Es musste für Hiromi die letzten Jahre unheimlich schwer gewesen sein, zuerst hatte sie ihren Mann, dann einen guten Freund und zu guter letzt auch noch fast ihren Sohn verloren. Saber war schockiert, wie viel Leid eine Familie ertragen musste, noch dazu die Familie eines guten Freundes. Der blonde Schotte hörte aufmerksam zu, als Hiromi von Fireball erzählte. Sie sprach mit sehr leiser Stimme und mit einem traurigen Unterton: „Shinji war ein intelligenter Junge und immer fröhlich, egal wie schwer er es hatte. Sie müssen wissen, hier in Japan wird man ohne Mann an der Seite ziemlich schnell zum Außenseiter. Shinji hat alles ertragen, war immer Klassenbester. In der Oberstufe hat er dann einige Klassen übersprungen und hat mit sechzehn Abitur gemacht. Danach hat er sich für den Polizeidienst entschieden. Leider war er dort nicht lange...“ Synthia nahm Hiromis Hand: „Er ist nach dem Vorfall mit Herrn Yamato aus der Polizei ausgeschieden, oder?“ Hiromi nickte verstohlen: „Kaum war er soweit auf den Beinen, dass er das Krankenhaus verlassen hat, hat er den Dienst für unbestimmte Zeit quittiert. Allen im Revier hat es Leid getan, so ein junges Talent ziehen zu lassen, nicht einmal sein damaliger Captain, Herr Tomoei, konnte ihn damals umstimmen.“ Saber legte den Kopf schief und sah Hiromi leicht lächelnd an: „Stur war er damals also auch schon, Mrs. Hikari. Das ist er übrigens immer noch, eines der wenigen Dinge, die sich nicht geändert haben dürften.“ Saber und Synthia unterhielten sich noch lange mit Hiromi, Saber mochte Fireballs Mutter sehr gerne. Sie war in seinen Augen eine starke Frau. Es fiel ihm schwer, sich von Mrs. Hikari zu verabschieden, auch wenn es nur ein Abschied für wenige Stunden sein würde. Fireballs Mutter war so freundlich gewesen und hatte dem verliebten Pärchen einige Sehenswürdigkeiten der Stadt aufgezählt, die sie sich unbedingt noch vor ihrer Abreise ansehen sollten. Während die beiden das taten, würde Hiromi einige Sachen packen und in der Firma anrufen, um Urlaub zu beantragen. Der Flug nach Yuma war lange und auch anstrengend. Hiromi war schon lange nicht mehr so weit von zuhause weg und der Flug war alles andere als angenehm für sie. Immer wieder versuchte sie sich darauf vorzubereiten, was wohl auf sie zukommen würde, aber sie konnte sich kein Szenario vorstellen. Sie würde wohl oder übel auf die Situation, in der sie auf ihren Sohn traf, warten müssen und versuchen, stark zu sein. Hiromi konnte sich kaum ein Bild davon machen, auch wenn Saber ihr alles so genau wie möglich geschildert hatte. Am Raumhafen von Yuma City angekommen, checkten die drei so schnell wie möglich aus und Saber griff zu seinem ComGerät. Er nickte seinen beiden Begleiterinnen zu: „Ich werde uns schnell ein Taxi rufen.“ Saber wählte allerdings keine Taxinummer sondern Colt an, der murrend abhob: „Was?“ Sofort verging Saber sein freundliches Lächeln: „Was ist das denn für eine Begrüßung, Colt? Was ist denn los?,“ mittlerweile wusste Saber instinktiv, dass bei Colt nicht alles in Ordnung war. Der Cowboy zischte etwas verärgert zwischen den Zähnen hervor: „Hier hat sich seit gestern nicht viel getan, Saber. Allerdings hat meine Frau gemeint, sie müsse mich eines Besseren belehren, was in einen furchtbaren Krach ausgeartet ist.“ Der Schotte sah Colt mitfühlend an: „Oje. ...Colt, was ich eigentlich fragen wollte: Kannst du uns vom Raumhafen abholen? Wir wären schon da.“ „Klar, mach ich. Bin in einer viertel Stunde bei euch beiden,“ Colt wusste nicht, dass auch Hiromi mitgekommen war. Noch bevor Saber ihn korrigieren konnte, hatte Colt schon aufgelegt und überließ die drei kurzerhand eine Weile ihrem Schicksal. Saber wandte sich wieder den beiden Frauen zu und meinte nüchtern: „Mein Freund Colt holt uns gleich ab. ...Wollen wir solange nicht was Essen gehen?“ Hiromi nickte verstohlen: „Mir würde eine Tasse Kaffee schon reichen, danke.“ Auch Synthia nickte und die drei setzten sich in das Flughafenrestaurant, bis Colt eintreffen würde. Als dieser schließlich eintraf, verschlug es Saber fast die Sprache. Colt sah aus, als hätte letzte Nacht kaum ein Auge zugebracht. Der Cowboy hatte nicht einmal seinen Hut auf, den er sonst bei keiner Gelegenheit abnahm. Colt sah Saber fragend an: „Hast du dir in Japan eine zweite Frau angeschafft, oder was sehen meine entzündeten Äuglein da?“ Colt hatte es wieder einmal geschafft. Saber schämte sich zutiefst und wurde sogar rot, dank Colts Aussage. Er schüttelte den Kopf, deutete zu Hiromi hinüber und stellte sie vor: „Colt, das ist Shinjis Mutter, Mrs. Hikari. Mrs. Hikari, das ungehobelte Etwas ist Colt Wilcox, mein und Shinjis alter Kollege und Freund.“ Colt reichte Hiromi lächelnd die Hand und erklärte ihr: „Freut mich, Sie kennen zu lernen. Das wegen vorhin tut mir unheimlich leid, wer kann denn ahnen, dass so ein hübsches Ding wie Sie, Fireballs Mutter ist.“ Hiromi drückte Colt ihren Koffer in die Hände und konterte: „Ich hab ja schon viele Amerikaner gesehen, aber noch keinen, der so schlechten Humor hat, wie Sie.“ Der Cowboy war baff und konnte Hiromi nicht mehr antworten. Allerdings amüsierten sich die anderen beiden hervorragend mit Hiromi und Colt. Saber glaubte sogar für einen kurzen Moment, Fireball und Colt in Aktion erlebt zu haben. Wie oft sich die beiden damals auf Ramrod Wortgefechte geliefert hatten und was Hiromi eben mit Colt vollzogen hatte, erinnerte Saber an die guten alten Zeiten auf Ramrod. Dieses lockere Mundwerk musste wohl in der Familie Hikari liegen. Bevor allerdings noch ein weiteres Wortgefecht dieser Art entbrennen konnte, ging Saber dazwischen und erklärte Colt: „Wir werden erst mal zu mir nach Hause fahren, dann sehen wir weiter.“ Colt schüttelte matt den Kopf und folgte Saber und Synthia, immer darauf bedacht, Hiromi nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten. Er war hundemüde und hatte keine Lust, sich als kompletter Idiot von Hiromi hinstellen zu lassen. Auf der Fahrt zu Saber bat Colt seinen blonden Freund dann gleich um ein Bett für ein paar Stunden, damit er sich ausruhen konnte. Er hatte ihm auch ganz leise erzählt, dass er die ganze Nacht nicht zuhause bei seiner Frau gewesen war, seit sie ihn so unbeherrscht angeschrieen hatte und ihr erst wieder unter die Augen treten wollte, wenn er halbwegs ausgeschlafen war. Saber verstand Colt voll und ganz und stellte ihm die große Couch zur Verfügung. Als sie die Koffer abstellten und Saber wieder zur Tür hinaus gehen wollte, sah Synthia bittend zu ihrem Liebsten: „Fahr bitte alleine mit Hiromi zu Fireball, ich möchte mich noch ein wenig ausruhen und ehrlich gesagt...“ „Ist schon okay, Schatz. Bleib hier und leg dich ein wenig aufs Ohr.,“ es bedurfte keiner Worte zwischen Saber und Synthia, der blonde Schotte wusste auch so, dass sich Synthia im Moment nicht wohl bei Fireball fühlte. Sie war sensibel und reagierte sofort bedrückt auf die Stimmung im Krankenzimmer, das hatte er selbst schon erlebt. Deshalb war er ihr auch nicht böse, weil sie nicht mitkommen wollte. Er gab ihr einen Kuss und machte sich mit Fireballs Mutter auf den Weg. „Du bist gemein, Fireball! Wie kannst du so etwas nur sagen?!,“ April standen einmal mehr Tränen in den Augen. Sie hatte sich die halbe Nacht mit der Akte um die Ohren geschlagen, wollte ihm helfen und kaum hatte sie ihn darauf angesprochen, wurde er auch schon ungehobelt zu ihr. Es verletzte sie zutiefst und dennoch wollte sie nicht locker lassen. Fireball saß im Bett und vermied es, April anzusehen. Er wusste sehr genau, dass er ihr schon wieder wehgetan hatte, aber er wollte mit ihr nicht über diese Sache sprechen. Er starrte zum Fenster hinaus, als er ihr schroff zu verstehen gab: „Himmel Herrgott noch mal! Die verdammte Akte ist nichts weiter als ein Stück Papier und du machst gleich ein Folterinstrument daraus! Das verdammte Ding,“ April unterbrach ihn barsch: „Es ist kein Folterinstrument, aber die Aufzeichnung dessen, was mein Vater gemacht hat! ...Fireball, warum hast du dich nicht gewehrt?“ April gab sich alle Mühe, sachlich zu bleiben, nicht allzu unbeherrscht zu werden, doch es gelang ihr nicht. Zu viel stand für sie auf dem Spiel. Sie wusste, dass sie Fireball für immer verlieren würde, wenn sie nun locker ließ. Aber dieser Sturkopf vor ihr blieb hart: „Und du glaubst den Blödsinn, der da drin steht?! Komm schon! Dein Vater wär wohl kaum so dämlich alles in die Akte zu schreiben, was ich jemals verbockt habe. So blöd ist er nicht.“ April floh förmlich zum Fenster und tränenerstickt keuchte sie: „Hast du jemals auch nur einen Blick in deine Personalakte geworfen? ...Ich glaube eher weniger, denn sonst wüsstest du, dass deine Akte fast dreimal so dick ist wie meine, und ich bin schon mein ganzes Leben im KOK,“ der blonde Star Sheriff drehte sich wieder zu Fireball um und zwang ihn förmlich, sie anzusehen: „Du hast derart viele Verweise und Verwarnungen kassiert, dass du schon mindestens drei oder vier Mal die fristlose Kündigung bekommen hättest müssen.“ Fuchsteufelswild setzte sich Fireball im Bett auf und fuhr April an: „Wird doch wohl reichen, wenn ich einmal fristlos geflogen bin! April, es interessiert mich nicht die Bohne, was in der Akte steht. Ich hab mit der ganzen Sache abgeschlossen, ich hab mit allem abgeschlossen! Es ist mir egal, wie es weitergeht! Ich hab nicht das geringste Interesse daran, jemanden vom KOK wieder zu sehen, dort noch einmal einen Fuß hinein zu setzen! Also lass mich endlich in Frieden damit!“ „Was ist aus dir geworden?! Was ist aus dem Mann geworden, den ich geliebt habe? Ich hab an dir immer bewundert, wie stark du bist und wie du alleine durchs Leben gekommen bist. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal miterlebe, wie du aufgibst.“ April setzte sich weinend zu ihm ans Bett und versteckte ihr Gesicht in ihren Händen. Sie hatte Fireball quasi ihre Liebe gestanden und von ihm kam kein Wort dergleichen rüber. Er saß neben ihr, ließ die Füße vom Bett baumeln und erklärte ihr kalt: „Das KOK hat mein Leben zerstört und mir meine Zukunft genommen. Kapitel 25: Gesprächstherapie ----------------------------- Wollt euch nich so lange warten lassen, aber leider wollt die Geschichte nicht so, wie ich es vorhatte *g* Sein Blick war immer noch starr zum Fenster raus gerichtet. Fireball war sich sicher, wenn er April jetzt ansehen würde, bräuchte nicht nur sie ein Taschentuch. Es tat ihm selbst weh, April derart vor den Kopf zu stoßen und dennoch sah er keinen anderen Ausweg. Jedes Mal, wenn er April an diesem Tag ansah oder er ihre Stimme hörte, hörte er auch unweigerlich die Stimme von Commander Eagle, die ihm unmissverständlich aufgetragen hatte, seiner Tochter nicht mehr zu nahe zu kommen. Jedes einzelne Wort vom Vortag wiederholte sich zum tausendsten Mal in seinem Kopf und schließlich begann er wieder zu zittern. Commander Eagle wünschte ihm nichts anderes als den Tod, den auch er sich selbst wieder zu wünschen begann. Fireball wusste tief in seinem Inneren, dass er das Leben seiner Freunde ruiniert hatte und dass, egal was er auch unternehmen würde, er April nie in seine Arme schließen durfte. Als er einige Finger auf seiner aufgeplatzten Augenbraue spürte, zuckte er völlig entnervt zurück und starrte April mit weit aufgerissenen Augen an. Was war in sie gefahren, ihn so zu erschrecken? Aprils rechte Hand verharrte noch einige Sekunden in dieser Position, ehe sie sie fallen ließ und heißer flüsterte: „Woher hast du diese Verletzung?“ „Ich...,“ mit zittrigen Fingern deutete er auf das Tischchen neben seinem Bett: „bin gegen das Ding gestoßen.“ April bemerkte den ängstlichen Ton in seiner Stimme und konnte sich vorstellen, was ihm Angst machte. Es war ihr unheimlich, Fireball so zu sehen. Sie hatte nie erlebt, dass Fireball vor irgendetwas Angst hatte. Der Japaner hatte noch nicht einmal Angst, als ihm Jesse Blue ans Leder wollte. Sie nahm eine seiner Hände und fühlte plötzlich, wie knochig und sehnig sie war. Sie musterte Fireball erstaunt und stellte fest, dass nicht nur seine Hände knochig waren. Seit seinem Abgang damals war er sicherlich einen Kopf größer geworden und schien einiges an Gewicht verloren zu haben, nicht erst durch den Unfall. Vorsichtig zog Fireball seine Hand zurück und flüsterte: „April, bitte nicht.“ Die junge Frau verstand kein Wort. Was sollte sie nicht? War ihm ihre Nähe unangenehm? April schüttelte betrübt den Kopf und stand auf. Schweigend verließ sie sein Zimmer. Sein Verhalten war so seltsam. Vor Kurzem hatte er sie noch gebraucht, hatte sie stundenlang nicht losgelassen und nun durfte sie ihm nicht einmal die Hand geben, ohne dass er zu zittern begann. Völlig gedankenverloren schlich April die Treppen hinunter und bemerkte nicht, was um sie herum geschah. Sie machte sich Gedanken darüber, was vorgefallen sein könnte, seit sie ihn das letzte Mal besucht hatte. Im gleichen Augenblick machte sie sich aber auch selbst schwere Vorwürfe, nichts von seinen Problemen damals gemerkt zu haben. Sie wäre sofort eingeschritten, wenn sie etwas davon gewusst hätte. So im Gedanken versunken bemerkte April auch nicht, dass sie von einem jungen Mann angesprochen wurde. Erst als dieser sie anstupste, sah sie zu ihm auf. Überrascht begrüßte sie ihn und umarmte ihren Freund kurz: „Oh, Saber! ...Ich bin so froh, dass du wieder da bist.“ Unweigerlich kullerten April wieder dicke Tränen über die Wangen und Saber tröstete April, bevor er zu irgendeiner Erklärung hätte ansetzen können. Er nahm sie in den Arm, wiegte sie ein wenig und beruhigte sie schließlich wieder. Er sprach ihr gut zu: „Hey, Kleines. Das wird schon wieder werden. Ganz sicher.“ April nickte und erzählte Saber schließlich, was passiert war. Sie beendete ihre Erzählung völlig verzweifelt: „Ich weiß nicht, was ich nur tun soll. Ich dringe überhaupt nicht zu ihm durch und wenn ich ihn mir so ansehe, habe ich das Gefühl, er will mich nicht einmal sehen.“ Saber legte einen Arm um April und drehte sie zu einer dunkelhaarigen Frau: „Deshalb war ich in Japan, April. Vielleicht kann uns Hiromi helfen, dass er sich uns wieder ein bisschen öffnet. Übrigens, das ist Shinjis Mutter, Hiromi Hikari. ...Hiromi, darf ich vorstellen: das ist April Eagle.“ Hiromi nickte und zum ersten Mal sah Saber Fireballs Mutter lächeln. Sie gab April die Hand und begrüßte sie: „Hallo, April. Saber hat mir schon viel von Ihnen erzählt.“ Hiromi musterte April von oben bis unten und wartete währenddessen auf eine Reaktion des Mädchens. Sie schien sympathisch zu sein, ein nettes Mädchen. Hiromi erkannte sofort, wie viel April an Fireball lag und unmerklich nickte sie. Sie fühlte sich bestätigt, so ein Mädchen hatte sie sich immer für ihren Sohn gewünscht. April wischte sich schnell die letzten Tränenspuren vom Gesicht und stellte sich vor: „Guten Tag, Misses Hikari. Bitte duzen Sie mich.“ „Gerne. Gehe ich Recht in der Annahme, dass du gerade bei meinem Sohn warst?,“ Hiromi hoffte, dass ihr April vielleicht ein bisschen die Angst vor dem ersten Wiedersehen nehmen konnte. Doch April senkte den Blick und wusste nicht recht, was sie antworten sollte. Da wusste Hiromi, dass ihr Sohn das nette Mädchen zum Weinen gebracht hatte und das wahrscheinlich auch noch, ohne es zu merken. April antwortete leise: „Ich hab ihn grade besucht, Misses Hikari.“ Saber schickte ein Stoßgebet gen Himmel und hoffte, dass April nicht wieder zu weinen begann, trösten war für ihn nämlich immer noch harte Arbeit und er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Aprils Besuch abgelaufen war. Fireball hatte sie wahrscheinlich schon zur Begrüßung angefahren und ihr unmögliche Sätze vorgeworfen. Genauso, wie er es bei Saber das letzte Mal getan hatte. Doch April riss sich zusammen und versuchte, freundlich zu lächeln: „Wenn Sie ihn besuchen, Misses Hikari, kann ich Ihnen einen guten Tipp geben. Fragen Sie ihn nur nicht, wie es ihm geht, zumindest nicht sofort. Ansonsten ist er von Anfang an sauer und glauben Sie mir, das wollen Sie nicht gesehen haben.“ Saber seufzte und schüttelte den Kopf. Er wusste, dass April ihn nicht als erstes gefragt hatte, wie es ihm ginge, sondern höchstwahrscheinlich nur ein Hallo ausgereicht hatte, um Fireball auf die Palme zu bringen. Als Saber höflichkeitshalber fragte, ob April mit zu Fireball kommen wollte, lehnte sie dankend ab und meinte, sie hätte noch was zu erledigen. Also wagten sich Saber und Hiromi alleine in die Höhle des Löwen. Vorsichtig klopfte Saber und ließ Hiromi dann den Vortritt. Sie ging ganz leise ins Zimmer und sah sich um. In ihrer Bewegung erstarrte sie allerdings, als sie ihren Sohn im Bett sitzen sah. Erschrocken flüsterte sie: „Shinji.“ Ohne zur Tür zu sehen hob Fireball matt die Hand und murmelte: „Bitte heute nicht mehr. Ich wär ganz gerne alleine.“ Kurze Zeit herrschte gespenstische Stille im Zimmer. Hiromi blickte verunsichert zu Saber. Sie wusste nicht, ob sie nun wieder gehen sollte oder doch lieber hier bleiben sollte. Aufmunternd nickte Saber Hiromi zu und erklärte Fireball freundlich: „Jetzt hab dich nicht so, Fireball. Du hast heute ganz seltenen Besuch. Darüber freust du dich sicher.“ Auf Sabers Worte hin drehte Fireball seinen Kopf zur Tür und musterte die Frau, die neben Saber stand. Eines war ihm sofort klar: Es war nicht Synthia, die da neben Saber ungeduldig von einem Bein auf das andere trat. Erst nach genauerem Hinsehen konnte er die Frau als seine Mutter identifizieren. Erstaunt drehte er sich mit dem gesamten Körper zur Tür und flüsterte überwältigt: „Mum...“ Hiromi ging auf ihren Sohn zu, schloss ihn in die Arme und drückte ihn ganz fest. Sie wusste ebenso wenig, was sie sagen sollte, wie ihr Sohn. Er legte die Arme um sie und vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter. Als sich Fireball endlich aus seiner Starre lösen konnte, war Saber bereits wieder aus dem Zimmer gegangen und hatte sich auf die Suche nach April gemacht. Fireball sah seine Mutter verwirrt an: „Wie... woher wusstest du, dass ich hier bin?“ Hiromi griff nach Fireballs Hand und erklärte ihm: „Dein Freund, Saber, hat mich in Japan zuhause aufgesucht und mir alles erzählt. Er war sehr in Sorge um dich.“ Schuldbewusst senkte Fireball den Blick zu Boden. Wenn Saber ihr alles erzählt hatte, was er wusste, dann dürfte seine Mutter über alles informiert sein. Fireball musste seine Mutter maßlos enttäuscht haben. Sie war immer für ihn da gewesen, hatte ihn alleine groß gezogen und er hatte nichts Besseres zu tun, als sich bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Staub zu machen. Kaum merklich schüttelte er den Kopf und schloss für einen kurzen Augenblick die Augen. Er erinnerte sich an die vergangenen Jahre, in denen er nicht zuhause gewesen war. Anfangs hatte er sich noch regelmäßig gemeldet, sich nach seiner Mutter erkundigt. Doch als er ins KOK eingetreten war, riss der Kontakt ab. Fireball hatte sich nie getraut, seiner Mutter zu gestehen, dass er die Arbeit seines Vaters fortsetzte. Er hatte nicht gewusst, wie sie darauf reagieren würde, zumal sie ihn immer daran erinnert hatte, was seinem Vater im KOK passiert war. Nun saß er in einem Krankenhaus, das KOK hatte ihm sein Leben zerstört und plötzlich wurde ihm eines klar: Er war genau wie sein Vater! Seinem Vater wurde das KOK genauso zum Verhängnis wie ihm. Auch wenn Commander Eagle immer wieder behauptet hatte, Fireball hätte nichts mit seinem Vater gemeinsam, so wurde dem Rennfahrer jetzt bewusst, dass er seinem Vater ähnlicher war, als angenommen. Hiromi verfolgte mit Argusaugen die Bewegungen ihres Sohnes. Noch immer hatte sie zittrige Knie und einen dicken Kloß im Hals. Sie war erschrocken darüber, wie sehr sich ihr Sohn verändert hatte und gleichzeitig heilfroh, dass er lebend vor ihr saß. Besorgt blickte sie in seine niedergeschlagenen Augen, die jeglichen Glanz und Esprit verloren hatten. Sie entdeckte auch die Platzwunde auf seiner Augenbraue und fragte sich unweigerlich, wie er sich diese Verletzung eingefangen hatte, wenn er doch kaum aus dem Bett kam. Sein Gesicht war blass und eingefallen. Als sie bemerkte, wie er den Kopf senkte, legte sie ihm einen Arm um die Schulter und sprach ihm kraftspendend zu: „Du bist nicht mehr alleine, Shinji. Du musst dich nicht mehr alleine quälen, nie mehr.“ Fireball vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter. Seine Mutter gab ihm in diesem Moment das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit, das er so lange vermisst hatte und das ihm April seit dem Unfall nicht mehr geben konnte. Seit damals stand eine Wand zwischen Fireball und April, die keiner von beiden durchdringen konnte. Sie hatten sich so weit voneinander entfernt, jegliches Vertrauen zueinander verloren, dass auch ihre Liebe dieses Hindernis nicht überwinden konnte. Während er sich an seiner Mutter festhielt, murmelte er kaum hörbar: „Ich will nur nach Hause, Mum.“ Hiromi wusste, dass dieser Wunsch sein einziger im Moment war und dennoch wusste sie nicht, ob es so klug war, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen. Hiromi wusste weder um den Gesundheitszustand bescheid, noch konnte sie darauf vertrauen, dass sich Fireball und April nichts mehr zu sagen hatten. Sie hatte April zwar nur flüchtig kennen gelernt, hatte aber sofort bemerkt, dass ihr Fireball am Herzen lag. Behutsam und schützend legte Hiromi eine Hand auf Fireballs Haupt und ließ ihn spüren, dass sie jederzeit für ihn da war, allerdings gab sie ihm keine Antwort. Langsam hob Fireball den Kopf und sah seine Mutter fragend an. Weshalb gab sie ihm keine Antwort? Durch ihr Schweigen konnte Fireball erahnen, wie die Antwort ausfiel. Matt ließ er den Kopf wieder hängen und seufzte. Vielleicht würde sie ihre Meinung ja noch ändern, wenn sie einige Tage hier war. Saber war April nachgegangen und hatte sie schließlich im Erdgeschoss eingeholt. Nun saßen sie gemeinsam in der Cafeteria und erzählten sich, was die letzte Zeit passiert war. April musste immer wieder unterbrechen, weil ihr die Stimme versagte. Sie erzählte Saber, welche Vorwürfe Robin am Vortag lautstark von sich gegeben hatte, wie sie insgeheim ihnen dreien die Schuld an Fireballs Leid gegeben hatte. Zu guter Letzt erzählte sie Saber auch noch, was vor wenigen Minuten im Zimmer vorgefallen war. Wieder glitzerten ihre Augen und sie flüsterte nur noch: „Zuerst hat er mich angeschrieen und kurz darauf hat er zu zittern begonnen, war total verstört und wollte nicht, dass ich ihm in irgendeiner Form nahe bin. ...Es tut mir so weh, ihn so zu sehen.“ Saber nahm April in den Arm und versuchte sie zu trösten. Mittlerweile hatte selbst er Übung darin und wusste, was April beruhigte. Allerdings ließ ihn Robins Wutausbruch nicht los. Er verstand nicht, was genau passiert war, dass Robin derart auf den Putz gehauen haben musste, deshalb fragte er April feinfühlig: „Du weißt nicht zufällig, weshalb es so weit gekommen ist, dass Robin Colt rausgeworfen hat?“ Leise versuchte April, Saber etwas mehr Klarheit zu schaffen. Allerdings konnte sie ihm nur das erzählen, was sie selbst wusste: „Sie haben sich gestritten und die ganze Sache ist dann eskaliert. Und weil Colt die Kurve gekratzt hat, bin ich von Robin ins Gebet genommen worden. ...Ich hatte keine Ahnung, wie viel Robin eigentlich über Fireball wusste. Und eins kann ich dir sagen, sie weiß wesentlich mehr über Fireball als wir drei es in den beiden Jahren auf Ramrod gewusst haben.“ Saber nickte: „Ja, Robin hat eine gute Menschenkenntnis.“ Die beiden unterhielten sich noch eine ganze Weile in der Cafeteria. Saber gab endlich über seine Pläne Auskunft. Hiromi sollte Fireball nicht nur besuchen, sondern ihn etwas stabilisieren. Allerdings hatten sie dafür nur knapp eine Woche Zeit, weil Hiromi nicht länger Urlaub bekommen hatte. Außerdem würde er Commander Eagle noch einmal auf den Zahn fühlen. Saber wollte Antworten auf seine Fragen und die hatten sich seit dem Japanaufenthalt stark vermehrt. Der blonde Schotte war ein wenig schockiert, was sich in seiner Abwesenheit alles getan hatte. Normalerweise tat sich wochenlang nichts bei den Freunden und kaum war er mal für ein oder zwei Tage weg, herrschte Chaos, egal wo er auch hinsah. Synthia war zwar hundemüde vom langen Flug, konnte aber dennoch kein Auge zutun. Also packte sie die Koffer aus und machte es sich dann in der Küche bei einer Tasse Tee gemütlich. Sie hing ihren Gedanken noch etwas nach, jetzt hatte sie ja Zeit zum Nachdenken. Irgendwie schien es für die junge Kindergärtnerin immer noch ungewohnt, mit Saber zusammen zu leben. Aber sie genoss jede freie Minute, die sie mit dem Schotten verbringen konnte. Das einzige, was das Glück der beiden momentan trübte, war diese allgemein trübsinnige Stimmung, der sie alle ausgesetzt waren. Obwohl Fireball seinen schweren Autounfall überlebt hatte, war niemand glücklich mit dem Ausgang der Geschichte. Synthia tat es schrecklich leid für Fireball, was alles passiert war. Allerdings behagte ihr nicht, wie sich Saber für Fireball einsetzte und sich förmlich um Kopf und Kragen zu reden schien. Sie starrte in ihre Tasse und stützte ihren Kopf auf einer Hand ab. Sie hatte Angst um ihre Zukunft, wenn sie ganz ehrlich war. Denn sie spürte, dass sich bald grundlegende Dinge in ihrem und in Sabers Leben ändern würden und sie wusste nicht, ob sie damit klar kommen würde. Synthia war sensibel und hatte so was wie einen sechsten Sinn entwickelt. „Krieg ich auch einen?“ Erschrocken sah Synthia auf und merkte, dass sich Colt zu ihr an den Küchentisch gesetzt hatte. Als er bemerkte, wie sehr sich Synthia erschrocken hatte, entschuldigte er sich sofort und erklärte ihr: „Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken, Synthia. Weißt du, ich konnte nicht einschlafen und als ich gemerkt hab, dass du auch nicht schläfst, sondern in der Küche sitzt, hab ich mich gefragt, ob ich vielleicht mit dir eine Tasse Tee trinken darf.“ „Gerne,“ Synthia erhob sich vom Tisch und bereitete Colt eine Tasse Tee zu. Sie setzte sich wieder zu ihm und sah ihn fragend an: „Weshalb bist du nicht bei deiner Frau und deinem Kind, Colt?“ Kapitel 26: Schlussstrich ------------------------- Von mir gibts wieder Nachschub! Es war unheimlich schwer für mich, die letzten paar Absätze hinzubekommen, aber seht selbst Der Cowboy setzte sich zu Synthia an den Tisch und seufzte: „Mein Schatz hat gestern Vormittag den Vorschlaghammer rausgeholt.“ Ihm war immer noch nicht wohl in seiner Haut. Seit dem Streit fühlte er sich schlecht, nicht nur, weil er Robin angeschrieen hatte, sondern auch, weil seine Frau mit jedem einzelnen Wort Recht hatte. Selten hatte Robin ihr Instinkt im Stich gelassen und so verhielt es sich auch diesmal und Colt war das auch klar. Als Synthia nach dem Grund fragte, erklärte ihr Colt alles ausführlich. Er verschwieg ihr auch nicht, dass er April die Akte gezeigt hatte und erzählte ihr auch, dass Robin ihn für einen miserablen Freund hielt. Er murmelte: „Ich meine, nicht dass sie nicht Recht hätte, aber ich mach mir selber schon genug Vorwürfe, da muss mich meine eigene Frau nicht auch noch daran erinnern, dass das alles vielleicht nie passiert wäre, wenn einer von uns was gemerkt hätte.“ Synthia merkte augenblicklich, dass Colt die Vorwürfe seiner Frau schwer zu schaffen machten. Der sonst immer lustige Colt saß gerade vor ihr wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte, und er schilderte ihr eine Seite an Robin, die sie auch noch nicht kannte. Wenn sie genauer darüber nachdachte, zeigten alle ehemaligen Star Sheriffs Charakterzüge, die man nie von ihnen erwartet hätte. Synthia nippte von ihrem Tee und unterhielt sich angeregt mit Colt: „Dass Robin derart auf den Putz haut, ist man von ihr gar nicht gewöhnt. Normalerweise hackt sie auf niemanden herum, der seine Fehler schon einsieht.“ Colt pflichtete Sabers Verlobten bei: „Ich hätte auch nicht gedacht, dass sie derart steigt. Zumal sie vor Monaten noch gar nichts mit Fireball anfangen konnte. Für sie war er ein kleiner Casanova, weil er April derart am Haken hatte.“ Die Kindergärtnerin nickte. Sie wusste nur zu gut, wovon Colt da sprach: „Ich weiß, was du meinst. Ich hatte über Fireball auch keine allzu gute Meinung. Ganz ehrlich: ich war immer der Ansicht, dass Fireball nicht reif für tiefe Gefühle war. Aber so wie ich ihn jetzt kennen gelernt habe? Es tut mir so leid für ihn.“ Colt verschlug es einen Moment die Sprache und fast hätte er sich an seinem Tee verschluckt, als er dieses Geständnis von Synthia hörte: „Was?! Die brave Synthia hegt schlechte Gedanken! Schön langsam wird’s mir unheimlich. Zuerst meine Frau und jetzt du.“ Mit einem schiefen Lächeln verteidigte sich Synthia: „Nur, weil ich Kindergärtnerin bin und euren Oberhelden heiraten werde, heißt das noch lange nicht, dass ich nur lieb und geduldig bin. ...Scheint so, als würden wir uns alle von einer anderen Seite kennen lernen.“ Die beiden unterhielten sich noch stundenlang und plötzlich war wieder Leben in Sabers Appartement. Der blonde Schotte war mit April, Hiromi und Robin im Schlepptau nachhause gekommen. Robin hatten sie unterwegs noch eingesammelt, weil Saber nicht wollte, dass Colt vielleicht auch noch die Nacht bei ihm auf der Couch verbrachte. Als die vier Erwachsenen und die kleine Jessica in der Küche bei Colt und Synthia standen, blickten die beiden erstaunt zu ihnen hinüber. Colt verschlug es augenblicklich die Sprache, als er Robin vor sich stehen sah. Plötzlich schnürte es ihm die Luft ab und er war unfähig einen Ton herauszubringen. Betreten sah er deshalb zu Boden und hoffte, dass Robin ihm nicht wieder eine Rede hielt. Es war ihm unheimlich unangenehm derart verlegen vor seiner Frau zu sitzen und dass ihm die Worte fehlten, war ihm mehr als peinlich. Ansonsten hatte er doch immer einen doofen Spruch auf Lager, egal ob er was angestellt hatte oder jemand wütend mit ihm war. Irgendwie hatte er es immer geschafft, die Stimmung wieder ein wenig zu lockern. Aber diesmal gelange es ihm nicht. Saber nahm Synthia an der Hand und ging mit ihr aus der Küche. Auch die anderen folgten ihm, sodass nur noch Colt und Robin mit der Kleinen auf dem Arm in der Küche waren. Robin schlug schuldbewusst die Augen nieder und setzte sich neben Colt. Noch immer schwiegen sich beide an. Colt war die Stille unangenehmer als von tausend Outridern umzingelt zu sein und sich da ganz alleine wieder rausschlagen zu müssen. Robin griff zögernd nach Colts Hand und flüsterte: „Es tut mir leid, Schatz.“ Verdattert starrte Colt seine Frau an. Was hatte sie da eben von sich gegeben? Seit er Robin nun kannte, hatte sie sich kein einziges Mal bei ihm entschuldigt, auch wenn sie offensichtlich Unrecht gehabt hatte, eine Entschuldigung war ihr nie über die Lippen gekommen. Ungläubig blickte er Robin an und flüsterte: „Wie bitte, was?“ Robin blickte verunsichert zu Boden, als sie ihm antwortete: „Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Colt. Ich weiß, ich hätte dich gestern nicht derart anfahren dürfen, du bist nicht Schuld an Fireballs Problemen.“ Robin sprach nicht weiter. Sie fand keine Worte für ihr Verhalten vom Vortag und mehr als sich dafür zu entschuldigen, konnte sie nicht machen. Colt erlöste sie schließlich aus ihrer Situation und nahm sie sanft in den Arm. Er wiegte sie leicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn: „Du hattest ja Recht, Robin. Mit allem, was du gesagt hast.“ Hiromi blieb ein paar Tage auf Yuma, mehr war sich nicht ausgegangen. Jeden Tag verbrachte sie bei Fireball im Krankenhaus und einmal konnte sie sogar miterleben, was Saber gemeint hatte, als er ihr erklärte, wie verfahren die Situation zwischen Fireball und April war. Sie platzte unfreiwillig in ein Gespräch zwischen Fireball und April und wurde glücklicherweise nicht von den beiden bemerkt, denn sie waren zu sehr in das Gespräch vertieft. Sie belauschte die zwei eine ganze Weile. April stand mit verschränkten Armen und mit dem Rücken an das Fensterbrett gelehnt, im Zimmer und murmelte: „Wie war’s bei der Polizei, Fire?“ Sie wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen um ein Gespräch zu beginnen. Sie wollte endlich mit Fireball über die Geschehnisse der letzten Jahre sprechen, sie wollte es aus seinem eigenen Mund hören. Anstatt einer brauchbaren Antwort, erhielt April lediglich ein verächtliches Schnauben. Fireball kniff wütend die Augen zusammen um nicht zu schreien. Offensichtlich hatten Saber wie auch Colt alles ausgeplaudert und April wollte nur noch eine Bestätigung des bereits Erzählten. Seine Vergangenheit war sein Bier, wollte das niemand verstehen? April stieß sich vom Fensterbrett ab und ging einen Schritt auf Fireball zu: „Hast du Yamato gut gekannt?“ Plötzlich funkelte sie ein Paar Augen wütend an. Fireballs Blick war starr auf Aprils Gesicht fixiert. Er öffnete den Mund und fuhr sie an, ohne ihr eine richtige Antwort zu geben: „Weshalb musst du immer deine Nase in die Angelegenheiter fremder Leute stecken, verdammt noch mal?!“ Erschrocken hielt April in ihrer Bewegung inne. Offenbar hatte sie einen sehr wunden Punkt getroffen. Doch obwohl sie die Geschichte bereits kannte, konnte sie nicht aufhören, weiter danach zu fragen. Als ob ihr Fireball nicht geantwortet hätte, fuhr sie fort: „Weißt du, er war ein guter Freund meines Vaters und hat uns einige Male zuhause besucht. Er war sehr nett...“ Mehr konnte April nicht sagen, denn Fireball schnitt ihr das Wort ab, und das ziemlich lautstark und erbost: „Ach, ja?! Denkst du, ich wüsste nicht, was für ein netter Kerl er gewesen ist, wenn er mit mir zusammengearbeitet hat?! Ich hab fast mehr Zeit mit Yamato auf dem Revier verbracht, als mit meiner Mutter! Und jetzt halt endlich den Mund, bevor du noch mehr Schaden anrichtest!“ April war lange genug ruhig geblieben, aber nun fuhr auch sie andere Geschütze auf. Saber hatte April zwar erzählt, dass sich Yamato und Fireball kannten und zusammengearbeitet hatten, aber nicht, dass Fireball am Abend von Yamatos Tod selbst schwer verwundet wurde. Überhaupt hatten ihr Saber und Colt nur erzählt, was unbedingt sein musste und mehr nicht. Sie erwiderte in einem ebenso scharfen Tonfall wie Fireball: „Und wenn du so viel Zeit mit ihm verbracht hast, wo warst du dann auf seiner Beerdigung? So gute Freunde wart ihr dann doch nicht, wie?!“ Unbewusst hatte es April geschafft Fireball ruhig zu stellen. Weder antwortete er April, noch sah er sie an. April hatte keine Ahnung, was sie angerichtet hatte, sie konnte die Ausmaße nicht ahnen, da sie nur die Hälfte wusste. Fireball atmete tief durch und schluckte die Tränen so gut es ging hinunter. Wie konnte sie nur solche Worte von sich geben? April konnte Fireballs Haltung und Schweigen nicht deuten, deshalb setzte sie sich auf den Besucherstuhl und fragte ihn immer noch gereizt: „Kannst, oder willst du mir nicht antworten? Weshalb warst du nicht auf Yamatos Beerdigung, wenn ihr zwei doch so dick miteinander wart?“ Fireball biss sich lediglich auf die Unterlippe und griff nach dem Buch auf dem Tischchen. Er musste sich ablenken um nicht wieder daran zu denken. Allerdings ließ April ihn nicht darin lesen. Sie nahm ihm das Buch aus der Hand und zwang ihn, sie anzusehen. Ihre Augen schienen bis in seine Seele durchzudringen und er konnte ihrem Blick nicht standhalten. Als April Fireball in die Augen sah, verging ihr schlagartig die Wut, die sie vor noch nicht einmal zwei Minuten noch hatte. Plötzlich erkannte sie, dass sie Fireball mit ihrer Frage verletzt haben musste. Sie legte das Buch zur Seite und fragte ihn noch einmal, diesmal aber mit mehr Feingefühl: „Weshalb warst du nicht auf seiner Beerdigung, Fireball?“ Diesmal bekam April eine Antwort. Fireball sprach leise und zerknirscht, aber die Antwort fiel nichtssagend aus: „Ich war nicht in der Lage dazu.“ Fireballs Verhalten verwirrte April und es gab ihr einen Stich ins Herz. Weshalb sagte Fireball nichts mehr? Wie tief saß der Schmerz bei Fireball wirklich? April lehnte sich ein Stück nach vor und wollte Fireball eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen, als sie bemerkte, wie Fireball Tränen in den Augen standen. Sie hielt inne und wartete erst mal ab. Zornig wischte sich Fireball die Tränen aus den Augen und er schluchzte. Er schien April im Moment gar nicht wahrzunehmen, so, als säße sie gar nicht im Zimmer. April hatte Fireball daran erinnert, dass er sich von Yamato nie verabschieden konnte. Alles, was ihm von seinem Vaterersatz geblieben war, war die Erinnerung daran, wie er durch Fireballs Schuld gestorben war. Fireball war, nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus damals, nur ein einziges Mal auf dem Friedhof gewesen. Er war damals an einem späten Nachmittag alleine dorthin gefahren und war stundenlang vor Yamatos Grab gesessen. Die Blumen waren alle schon verwelkt, die die Trauergäste zu seiner Ehre niedergelegt hatten. Fireball hatte stundenlang vor dem Grab gesessen und stumm in sich hineingeweint. Er erinnerte sich an die Worte, die auf dem Grabstein geschrieben standen, und er murmelte sie leise vor sich hin: „Hilfsbereit, treu, ehrlich und immer für andere da, bis in den Tod...“ Fireball sank in sich zusammen und vergrub das Gesicht in seinen Händen. In seinen Gedanken hörte er den tödlichen Schuss auf Yamato und Commander Eagles Worte ‚Du hast ein Menschenleben auf dem Gewissen!!’ hallten hinten nach. April beobachtete Fireball weiter, hörte ihn immer öfter schluchzen. Sie ertrug es nicht länger, es brach ihr fast das Herz. April stand auf und nahm Fireball in den Arm. Sie entschuldigte sich flüsternd: „Es tut mir leid, Fireball. Ich wollte dich nicht verletzen.“ Doch Fireball sah nicht einmal auf, als April diese Worte sprach. Sie würde es ohnehin nicht verstehen, auch wenn er es ihr erklären würde. Fireball murmelte nur: „Du verstehst es nicht, das wirst du nie.“ Neugierig ließ sich April hinter Fireball nieder und flüsterte ihm ins Ohr: „Was? Was verstehe ich nicht?“ Sie hatte beim besten Willen keine Ahnung, was Fireball meinte. Langsam begann sie sich zu fragen, was Saber und Colt bei der Geschichte mit Yamato nicht erzählt hatten. Sie konnte sich verschwommen daran erinnern, dass Colt was von einer Schießerei erwähnt hatte, wusste aber nicht mehr in welchem Zusammenhang. Fireball krallte seine Hände in die Bettdecke und raunte: „Ich hab meiner Mutter den Mann genommen, der ihr meinen Vater ersetzt hätte. Ich hätte damals sterben sollen, nicht er. Warum hat er sich nur dazwischen geworfen? Warum nur?!“ April wollte ihn in die Arme schließen, er weigerte sich jedoch. Er rückte ein Stück nach vor und gab April schon wieder etwas lauter zu verstehen: „Bitte nicht. Lass mich bitte in Ruhe, April.“ Ihre Berührungen waren Fireball im Moment unerträglich. Wenn er sie zu nahe an sich heran lassen würde, hätte er noch mehr Probleme. Er war schon lange nicht mehr Herr über seine Gefühle, da musste April es nicht noch schwieriger machen, als es ohnehin schon war. Er atmete noch einmal tief durch und drehte sich dann zu April um: „Hör zu, die ganze Sache ist Jahre her und schon längst Schnee von gestern. Lass es einfach und sieh lieber zu, dass du dein Leben endlich auf die Reihe bekommst.“ Fireballs Worte waren ungewohnt scharf und direkt. Selbst Fireball war von seiner eigenen plötzlichen Stärke in seiner Stimme überrascht. Aprils Unterlippe begann zu beben und gleich würde sich wieder heimlich eine Träne davonstehlen. Fireball verzog leidig das Gesicht, als er ihr sagte: „Geh zu Chris und lass dich trösten, April.“ Mit weit aufgerissenen Augen blickte April zu Fireball: „Willst du mich loswerden?“ Fireball hatte sein Ziel erreicht. April vergaß über all ihren Zorn ihre Traurigkeit, die sie gerade noch hatte. Auch wenn es Fireball noch so weh tat, er schickte April fort. Er schickte sie fort von ihm und fort von all dem Kummer, den er ihr noch bereiten könnte: „Das hab ich so nicht gesagt. Wir beide, April es wird nicht gut gehen. Ich hab keine Kraft dafür, absolut nicht. Bei Chris bist du gut aufgehoben, das weiß ich, und er mag dich.“ Fireball war erstaunt, wie ruhig er das eben gesagt hatte. Er hatte diese Entscheidung eben erst getroffen, dass sie beide keine Zukunft hatten. So schmerzhaft es auch war, das Liebste zurückzulassen, er hatte es schon einmal getan und es überlebt, es war das Beste für beide. Fireball würde April nie die Wahrheit sagen können und auf Halbwahrheiten konnte keine Beziehung basieren. Sie musste ihn einfach verstehen. Stinksauer schlug April mit der Faust gegen die Wand und sie schrie unter Tränen: „Wer sagt das?! Wer sagt dir, dass wir beide keine Chance verdient hätten?! Fireball, warum tust du mir nur so weh?“ Kapitel 27: Entscheidung ------------------------ Hallöle! Alles hat ein Ende, meine FF jetzt auch! Viel Spaß beim letzten Kapitel. Wünsche, Anregung und Beschwerden könnt ihr gerne an mich richten. *g* Nun stand Hiromi im Zimmer. Sie konnte nicht mehr mit ansehen, wie sich die beiden gegenseitig das Leben schwer machten, obwohl sie augenscheinlich tiefe Gefühle für einander hegten. Sie schloss die Tür hinter sich und blickte gespielt erstaunt in die Runde: „Stör ich gerade?“ April schüttelte den Kopf und drehte sich zur Wand. Fireball war nicht so wortkarg. Er empfing seine Mutter: „Nein, du störst nie. Wir beide sind ohnehin... fertig.“ April packte ihre Sachen und stürmte lautlos an Hiromi vorbei. Die zierliche Japanerin wartete, bis April die Türe geschlossen hatte, und setzte sich dann zu ihrem Sohn aufs Bett. Sie blickte ihn fragend an und schließlich öffnete sie den Mund: „Wer ist dieser Chris, zu dem du April geschickt hast?“ Irritiert antwortete Fireball: „Du hast gelauscht!“ Der schwarze Humor lag in der Familie Hikari und so musste sich auch Fireball ein paar sarkastische Sätze von seiner Mutter anhören: „Ihr beide wart nicht zu überhören. So unfreundlich und laut hab ich dich selten erlebt, aber das wird wohl zum guten Ton im KOK gehören.“ Fireball bedeutete seiner Mutter, ein Stückchen näher zu kommen. Er verzog das Gesicht zu einem aufgesetzten Lächeln und gab seiner Mum zu verstehen, dass April keine andere Sprache verstand. Er musste seiner Mutter nicht immer gleich alles lang und breit erklären, sie verstand ziemlich schnell, außerdem hatte sie gelauscht. Alleine dafür könnte er ihr einen Vortrag halten, aber er verhielt sich auffällig ruhig. Hiromi grinste ihrem Sohn entgegen: „Eher verstehst du da einiges nicht, mein Junge. ...April macht sich Sorgen um dich, und deshalb fragt sie soviel. Sie weiß doch kaum was über dich. Und als Antwort erhält sie nur wage Angaben, wenn überhaupt. Denn meistens gibst du gar keine Auskunft und schnauzt sie an. Du tust ihr unheimlich weh damit, Shinji.“ Fireball senkte den Blick und sein Lächeln verschwand. Er hatte gemerkt, wie seine Mutter langsam ernst mit ihm über April sprechen wollte. Obwohl sie offensichtlich das Gespräch belauscht hatte, hatte sie nicht bemerkt, dass auch April nicht gerade freundlich mit ihm war. Beleidigt verschränkte er die Arme vor der Brust und fuhr fort: „Aber dass sie mir mit ihren Fragen auch unheimlich wehtut, das sieht wieder keiner! April braucht nicht alles zu wissen, schon gar nicht von mir.“ Fragend sah Hiromi an Fireball hinab, sie verstand ihn nicht ganz: „Was soll das heißen?“ „Tja, April, Colt und Saber sind gut miteinander befreundet, wie du sicher schon gemerkt hast und die drei brauchen mir nicht zu erzählen, dass sie sich untereinander nicht ausgetauscht haben. April braucht doch nur eine Bestätigung von mir, was ihr Saber und Colt erzählt haben.“ Hiromi bemerkte, dass sich Fireball von ihr angegriffen fühlte. Mit einem etwas sanfteren Tonfall entgegnete sie ihm: „Sie haben ihr bestimmt nicht alles erzählt, sonst würde sie nicht soviel fragen, Shinji. Deine beiden Freunde, Saber und Colt, wissen sehr genau, was für Aprils Ohren bestimmt ist und was nicht. Für April ergeben die paar zusammengesetzten Erklärungen keinen Sinn, deswegen fragt sie dich danach. Was ist daran so schlimm?“ „Es ist so schlimm, weil sie mich nach Dingen fragt, über die ich mit ihr nicht reden kann, weil ich ihr noch mehr wehtun würde, als ich es mit meinen Ausweichmanövern mache. Immerhin geht es um ihren Vater und ich kann ihr nicht ihre einzige Ansprechperson nehmen. Ich weiß, dass sich April von ihm abwenden würde, wenn sie wüsste, was er wirklich getan hat, außer mich zu kündigen und ein paar Verweise in die verdammte Akte zu schreiben.,“ Fireball stellten sich die Nackenhaare auf, wenn er daran dachte, was alles vorgefallen war. Niemand sollte es wissen, nicht einmal seine Mutter. Hiromi versuchte Fireball so weit zu bringen, dass er mit ihr offen und ehrlich über April und sich sprach, aber der Junge verschloss sich sofort wieder. Sie verfluchte diesen Charakterzug an Fireball, denn sie wusste, dass es ein antrainierter Schutzmechanismus ihres Sohnes war. Als Jugendlicher war er immer ehrlich und offen gewesen. Er hatte stundenlang mit seiner Mutter in der Küche gesessen und mit ihr über seine Probleme gesprochen, wenn er welche hatte. Bis zu Yamatos Tod. Seit diesem Vorfall verschwieg Fireball, was ihn belastete. Sie erkannte mit Wehmut, dass sie ihn kaum dazu bewegen konnte, mit ihr darüber zu reden. Es schien ihr, als hätte Fireball jegliches Vertrauen verloren. Deshalb wechselte sie das Thema: „Wie steht’s um deine Genesung, Shinji? Machst du Fortschritte?“ Ein bisschen zynisch antwortete Fireball: „Alles, was durch meinen kleinen Ausflug ins Gebüsch nicht komplett hinüber ist, ist wieder verheilt. Ich sollte dieser Tage wohl mal entlassen werden.,“ Ernster fügte er hinzu: „Würdest du mich mit nach Hause nehmen, wenn ich entlassen werde?“ Hiromi nickte nur. Sie hatte eingesehen, dass es keine gute Idee war, Fireball auf Yuma zu lassen, wie sie es vorher geplant hatte. Ihrem Sohn sollte nichts mehr passieren und er sollte sich endlich von den seelischen Strapazen in Ruhe erholen können. Hiromi war sicher, so würden seine Wunden eher heilen und vielleicht war er in einer gewohnten und vertrauten Umgebung gesprächiger. Kaum zwei Tage später war es tatsächlich soweit, die Ärzte entließen Fireball. Er konnte nachhause und alles hinter sich lassen. Kurz vor Mittag standen alle versammelt am Raumhafen, auch Chris war gekommen. Nur April war nicht erschienen. Allesamt machten einen traurigen Eindruck. Keiner hätte mit einem solch abrupten Abschied gerechnet und auch nicht mit so einer Entscheidung. Saber war fest dazu entschlossen, mit Fireball und den anderen die ganze Angelegenheit zu bereinigen. Aber Fireball hatte sich dazu entschieden, zu gehen und die anderen wieder ihr gewohntes Leben gehen zu lassen. Er hatte Saber ausführlich erklärt, dass er wegen Eagle ging und nicht, weil er sie nicht mehr mochte. Es fiel allen schwer, Fireball wieder gehen zu lassen, dennoch hatten sie keine andere Wahl. Es würde ihm in Japan wenigstens besser als hier auf Yuma gehen, da waren sich alle sicher. Robin kniete sich zu Fireball hinunter und schloss ihn fest in die Arme. Sie ließ ihn eine ganze Weile nicht los, bis Colt gespielt eifersüchtig anfing: „Hey, Robin! Noch bist du aber schon meine Frau, vergiss das nicht!“ Die blonde Lehrerin ignorierte Colts Aussage und unterhielt sich mit Fireball leise: „Sei April bitte nicht böse. Ich bin mir sicher, irgendwann versteht sie dich, Fire. Niemand ist dir böse wegen deiner Entscheidung. Nur vergiss uns bitte nicht, Fireball.“ Fireball lächelte: „Danke, Robin. Für die Geduld, die du mit mir aufgebracht hast und dafür, dass du mir Colt ab und an ausgeliehen hast.“ Alle konnten in Fireballs Gesicht die Enttäuschung sehen, weil April nicht gekommen war. Er wollte sich wenigstens von ihr verabschieden, das war er ihr nach alle dem schuldig. Er hatte sie, seit er sie zu Chris schicken wollte, nicht mehr gesehen. Jeder nach der Reihe gab Fireball und seiner Mutter die besten Wünsche mit auf den Weg. Fireball wusste, dass Chris auf Yuma bleiben würde, bis die nächste Saison begann. Er hatte eine Bitte an ihn: „Chris? Kümmere dich um April, bitte. ...Passt mir alle aufeinander auf und vielleicht besucht ihr mich mal.“ Chris nickte. Es war selbstverständlich für ihn, Fireball diesen Wunsch zu erfüllen. Mittlerweile verstand er sich mit den ehemaligen Star Sheriffs sehr gut, nicht zuletzt dadurch, weil sie in den letzten Monaten viel mit einander erlebt hatten. Fireballs und Hiromis Flug wurde aufgerufen. Noch einmal sagten sie Lebewohl zueinander und dann verschwanden die beiden im Gate. Saber schluckte schwer: „So plötzlich er wieder aufgetaucht war, so plötzlich verschwindet er auch wieder. Ich hätte mir gewünscht, ihn anders gehen zu sehen.“ Der blonde Schotte senkte den Kopf und blickte traurig zu Boden. Ihm war nicht wohl in der Haut, er hatte das Gefühl, dass dies nicht das Ende des Sturms gewesen war. Er wusste, dass er nur an der Oberfläche von Fireballs Leben gekratzt hatte, nur ein paar Eckpunkte kennen gelernt hatte, die ihm nur ansatzweise halfen, den jungen Japaner zu verstehen. Immer noch hatte er viele Fragen, die wohl nie beantwortet werden würden. Er blickte kurz auf und sah in die Runde. Alle schwiegen. Es schien ihnen ähnlich wie Saber zu gehen. Nachdenklich steckte er die Hände in die Hosentaschen und grübelte, wie es April wohl jetzt ging. Kurz bevor sie zum Raumhafen gefahren waren, war Saber noch einen Sprung bei April gewesen und hatte sie gebeten, sich von Fireball zu verabschieden. Aber April hätten keine zehn Pferde dazu bewegen können. Ob sie es nicht doch bereute, zuhause geblieben zu sein? Colt zog Robin und seine kleine Tochter näher zu sich, er wollte jetzt nicht alleine sein. Auch wenn er es nie zugeben würde, Fireballs Abgang hatte ihm wehgetan. Der kleine war immer sein bester Freund neben Saber geblieben und es schmerzte ihn sehr, dessen Schicksal mit ansehen zu müssen. Hätte Fireball den Wunsch geäußert, Eagle dafür zur Rechenschaft zu ziehen, Colt hätte es ohne zu zögern für ihn gemacht. Aber Fireball wollte nicht noch mehr Aufruhr stiften, hatte er gesagt, und so kam Eagle mit alle dem davon. Colt spürte, wie die Wut darüber in ihm aufstieg. Er fand es höchst unfair, Commander Eagle nicht vor ein Disziplinargericht zu stellen. Aber er musste Fireballs Entscheidung akzeptieren, etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Chris machte schließlich den Vorschlag, zu April zu schauen, sie auf andere Gedanken zu bringen. Alle fünf machten sich auf den Weg zu April ins Appartement. Als sie dort klingelten, bekamen sie keine Antwort. Es schien, als wäre April gar nicht da. Als sie auch auf Klopfen und Fragen nicht reagierte, öffnete Saber mit seiner EDM Aprils Appartement. Sie traten ein und suchten nach April. Der Rennfahrer fand sie schließlich. Allein und heulend im Schlafzimmer. Er nahm April in den Arm und strich ihr sanft über die Haare: „Hey, Süße. Alles wird gut, versprochen.“ Doch April schüttelte den Kopf und schluchzte: „Warum tut er mir das an? Warum kann er nicht bei mir bleiben?“ Das blonde Mädchen ließ sich nur schwer beruhigen. Ihre Gedanken kreisten um ihr letztes Gespräch und wie es geendet hatte. Fireball und sie waren im Streit auseinander gegangen. Sie wollte nicht wahrhaben, dass er wieder gegangen war, sie wieder alleine zurückgelassen hatte. ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)