Somnus von Ice_and_fire ================================================================================ Kapitel 1: Somnus ----------------- Vanitas konnte nicht schlafen. Dieses Gefühl, kaum mehr als eine Ahnung, hielt ihn davon ab. Als ob man als Kind im Bett liegt und wartet. Alleine in der Dunkelheit. Darauf das was passiert, irgendetwas. Auf was genau man wartet, weiß man noch nicht. Aber dass es was bösartiges ist, was lauernd darauf wartet hervorzubrechen, das ist einem klar. Und plötzlich, als ob etwas oder jemand körperloses von hinten kommt, einem den feuchtkalten Atem in den Nacken stößt. Instinktiv weiß man, dass es sich nur um ein Raubtier handeln kann, um dass böse Monster, dass kommt um einen zu holen. Man will nach Mama und Papa schreien, aber stattdessen zieht man nur die Decke über den Kopf in der naiven Hoffnung, dass ein Stück Stoff ein Monster davon abhält, einen zu fressen. Man fleht, betet, bettelt geradezu auf Knien um Hilfe, aber die Nacht lockt nunmal Ungeheuer hervor, dass tat sie schon immer. Und anders als die Schatten der Dunkelheit lassen sich manche Ungeheuer nicht einfach mit Licht und der Portion Mut vertreiben, die es kostet sich selber zu versichern dass da nichts ist. Manchmal war da eben doch etwas. Und in Vanitas Leben, waren extrem wenige dieser nächtlichen Ungeheuer nur kindliche Einbildung gewesen. Weder die Hände, die ihn nachts aus dem Schlaf rissen, noch die Krallen, die sich durch die dünne Haut in seinen Flanken bohrten und diese grausam, tiefen Kratzer hinterließen, als er verzweifelt versuchte zu entkommen. Als er hilflos mit den Händen über den Boden scharrte, dass sich Blut unter seinen Nagelbetten bildete. Und das ständige und anhaltende Gefühl gejagt zu werden, machte ihn ruhelos, ließ die Dämonen in seinem Kopf niemals in den Hintergrund treten. Gehetzt zu werden wie ein verdammtes Tier, als Laborratte missbraucht und gefoltert zu werden. Dies alles hinterließ ihre Spuren, in einem Mensch. Vanitas fühlte sich absolut beobachtet in dem Zimmer, welches er zusammen mit Noé bewohnte und konnte dort einfach keinen Schlaf finden. Auch wenn er auf den Dächern von Paris lag, schlief er selten. Zu gefährlich. Die Schatten der Nacht waren zu präsent, die Angst, dass wenn er sich nur einen klitzekleinen Moment Entspannung gönnte, man über ihn herfallen würde. Nicht spezifisch Noé. Er traute dem Vampir (auch wenn es leichtsinnig war) Aber es reichte schon, dass jemand, irgendjemand anwesend war, um sein Misstrauen erregen. Und so blieb er selten nachts auf dem gemeinsamen Zimmer. Stattdessen sah er der Sonne beim untergehen und den Mond beim aufgehen zu, ließ die Sterne über sich hinwegziehen und schließlich wieder das Morgenrot den Himmel färben. Dort dämmerte er ein manchmal paar Stunden vor sich hin, aber es war natürlich hochgradig ungemütlich und nicht mit einem anständigen Schlaf zu vergleichen. Er war immernoch wachsam und wachte bei jeder Kleinigkeit auf. Wenn er wirklich mal tief und erholsam schlafen wollen würde, musste er woanders hin, sich irgendwo verkriechen wo niemand war, keine Menschenseele. Irgendwo, wo er alleine war, irgendwo wo er nicht Noés Blick im Rücken spürte, nicht die irrationale Angst verspürte die ihn glauben ließ, Noé gleich am Hals hängen zu haben. Bevor Vanitas Vampirbegleiter den Wunsch geäußert hatte mal sein Blut zu probieren, war es sogar noch besser gegangen, aber mittlerweile, hielt ihn sein Hirn, mit Horrorvorstellungen davon ab einzuschlafen. Und so verkroch er sich lieber auf dem Dach. Der junge Arzt hasste sich für seine Feigheit. Rational gesehen würde Noé ihn nicht angehen, dazu war er ein, viel zu, an seinen eigenen Idealen, festhaltender Vollidiot. Aber auch Vampire waren selbstsüchtig und falsch. Und auch Noé hatte, wie jeder dieser blutsaugenden Fledermäuse, das Verlangen, den Trieb dazu, Blut zu trinken. Da wollte man es ihnen nicht zu leicht machen. Falls es dennoch kälter war, als dass man es eine ganze Nacht auf dem Dach hätte aushalten können, lehnte er sich auf einem Stuhl zurück, die Beine vor sich ausgestreckt, damit sie nicht einschliefen, er jederzeit fliehen konnte, und legte den Kopf auf die behandschuhten Unterarme. Auch stellte er seinen Stuhl in dem Falle so, dass er Noé im Blick hatte. Das hielt er eine ganze Zeit aus. Ja, Vanitas kam lange ohne richtigen Schlaf aus. Das hatte ihm schon das eine oder andere Mal, das Leben gerettet, oder eine Narbe erspart. Richtig schlafen tat er nur, wenn er sich absolut sicher fühlte. Und momentan, tat er das nicht. Dass er Angst vor Noé hatte, hätte er sofort bestritten, aber tief in seinem Unterbewusstsein, empfand er doch jenen gewissen Ton der Furcht, auf den man ihn so konditioniert hatte. Es ging gegen jede Rationale Empfindung seinerseits und ihm gewaltig gegen den Strich, gegen das Vertrauen was er ihm gegenüber aufgebaut hatte. Aber er konnte nichts machen Er fühlte sich nur bei ihm sicher, wenn er sich notfalls auch hätte verteidigen können. ************************************************ Vanitas wirkte seltsam verloren in seinem schwarzen, wallenden Mantel. Fast so als würde ihn der Stoff verschlingen wollen; finster, verschwindent dürr und denkbar übel gelaunt. Ein Seufzen hallte durch die Gasse. Sein Schatten eilte ihm vorraus. Nur durch das dämmerige Licht der Straßenlaternen trat Vanitas aus der Gasse und sah sich um. Einem Moment kam es ihm vor, als ob er soeben einem langen Traum entkommen wäre, aber er konnte sich partout nicht erklären woher dieses Gefühl stammte. Das reale Leben schien merkwürdig entrückt, nicht greifbar. Als würde sein Verstand einen halben Meter neben seinem Kopf träge Kreise ziehen und sich einfach nur als kleines Wölkchen ziellos durch die Luft treiben lassen. Er blinzelte mehrmals und schüttelte den Kopf um dieses seltsame Gefühl loszuwerden. Torkelnd versuchte er seinen Körper und Geist wieder in Einklang zu bringen, griff sich an die Schläfen und knurrte genervt. Scheiß Schlafmangel! Den Mund zu einem gewaltigen Gähnen aufgerissen, schlurfte er die Gassen entlang. Seine Beine waren schwer wie als ob er durch Sirup hätte waten müssen und sein Rücken tat bei jedem vermaledeiten Schritt weh. Verdammt noch eins! Noé war schon irgendwie lästig, jedenfalls wenn es darum ging sich in Paris zu bewegen. Ansonsten musste Vanitas zugeben, war es recht praktisch Noé dabei zu haben. Er hatte eine gewisse Kampfkraft vorzuweisen und war aufmerksam und unterhaltsam. Aber eben auch ein weitere Person auf die er aufpassen musste. In mehrerlei Hinsicht. Noé war sehr vielschichtig. Naja, in erster Linie war Noé gerade eines: weg. Mal wieder. Genervt fuhr sich Vanitas über die brennenden, blauen Augen und seufzte. Wozu hatte man einen Bodyguard, wenn der sich am laufenden Band verlief und ihn somit verlor. Was nutzte ihm eine solche Person wenn sie nicht da war, um ihn zu schützen? Natürlich hätte Vanitas es niemals zugegeben,aber er hatte sich tatsächlich auf die Suche nach Noé begeben, um nicht zu riskieren, dass er jemandem in die Hände fiel. Am Ende noch Moreau Eine absolute Katastrophe, wäre das. Er hatte sich so an Noé gewöhnt und außerdem brauchte er ihn mehr als er zugeben wollte. Etwas Beständigkeit in seinem wuseligen, gehetzten Leben. Abgesehen davon, würde ihn der Doctor, garantiert mit Vanitas in Verbindung bringen (er hatte überall seine Augen und Ohren, ehrlich gesagt wunderte es den Vampirkenner, dass ihn dieser Irre nicht schon ausfindig gemacht und an den Haaren zurückgeschleift hatte) und ausquetschen. Und auf noch eine Begegnung mit diesem Mann konnte der junge Arzt gut verzichten. Wenn dieser von dem Vorhaben des Angehörigen des blauen Mondes erfuhr… Vanitas wollte sich lieber nicht ausmalen, was dann passieren würde. Seufzend und sich die Haare raufend, bog Vanitas in die nächste Gasse ein. Auch sie war unbelichtet und roch schlecht. Er blieb stehen, sah sich etwas desorientiert um. Einen Moment rührte er sich gar nicht, als ob er in einen Raum gegangen wäre und ihm spontan entfallen war, was er dort wollte. Dann schüttelte er wieder energisch den Kopf und wandte sich mit wehendem Gewändern um. Nein, Noé hatte eine Schwäche für das Schöne, er würde an eindrucksvollen Orten sein. Wo die Sonne spektakulär durch Glasfenster leuchtete, oder wo Reiter und Pferd majestätisch abgebildet waren. An Orte, an welchen man die Gelegenheit hatte, etwas darüber zu lernen, wie lächerlich klein die Zeitspanne eines Menschen bzw. Vampirlebens im Gegensatz zu der Masse an vergangener Zeit war. Orte die so altehrwürdig waren, dass einem fast der Atem wegblieb (jedenfalls wenn man Vampir war, weiße Haare und violette Augen und einen beeindruckenden Sinn für Gerechtigkeit vorzuweisen hatte) Also blieben ungefähr hundert Sehenswürdigkeiten. Vanitas drehte sich wieder um, schwer seufzend, um die Gasse zu verlassen. Beinahe wäre er mit einer Mülltonne zusammen gestoßen die dort stand. Das laute metallische Klappern und das Schaben, dass der Gegenstand von sich gab als Vanitas ihn streifte, stach in seine Trommelfelle und kratzte über seien Hirnrinde. Der Arzt zischte und warf der Mülltonne einen finsteren Blick zu. Schon den ganzen Tag beschlich ihn diese seltsame Entrücktheit. Als ob er nicht in diesen Zeit gehörte. Außerdem war ihm schwindelig und er hatte das Gefühl eine Erkältung bahnte sich an. Und das nervte ihn. Er war sowieso durch Noés Verschwinden gereizt und der Schwindel machte es nicht besser. Wütend vor sich hingrummelnd, stampfte er so entschieden durch die Straßen, dass einige Passanten ihm erschrocken auswichen. Noé befand sich letztendlich vor Notre Dame. Er und seine dämliche Katze saßen auf einer Bank und sahen der Sonne dabei zu, wie sie hinter der imposanten Kathedrale verschwand. Vanitas hielt es für eine denkbar dämliche Idee, sich ausgerechnet als Vampir vor eine Kirche zu setzen. Das kam der sprichwörtliche Höhle des Löwen schon sehr nahe. Leise vor sich hinfluchend, rauschte er zu ihm hinüber. "Noé" ,zischte Vanitas ihm von hinten ins Ohr und der Vampir zuckte zusammen drehte sich dann jedoch lächelnd zu Vanitas um. "Vanitas! Die Buntglasfenster sind wunderschön, findest du nicht?", fragte er. Kindliche Begeisterung vermischte sich mit ernster Ehrfurcht in seinem Blick. (Absolut unvorsichtig von dem Vampir mit dem Rücken zu einer offenen Fläche zu sitzen, fand Vanitas.) Vanitas schloss kurz resigniert die Augen, hob die Hand um sich in die Nasenwurzel zu kneifen. Schon wieder suchte ihn der Schwindel heim. Einen kurzen Moment geriet er ins Taumeln, fing sich aber wieder. Konnten sie jetzt bitte endlich zurück? Außerdem schien sein Kopf es sich zur Aufgabe gemacht haben, ihn zu nerven, denn ein dumpfes Pochen hatte sich hinter seinen Augenhöhlen eingenistet und weigerte sich wieder zu gehen. "Ja, sehr hübsch, komm wir gehen",schnaufte Vanitas angestrengt und bedachte Noé mit einen stechenden Blick. Noé erhob sich seufzend. Der Arzt bemerkte, dass er immer vergaß wie groß der Vampir eigentlich war. Und verdammt, er war richtig groß. Verflucht! Der Vampir könnte ihn mit Leichtigkeit überrumpeln. Ohne die geringste Anstrengung! Ein eisiger Schauer lief seinen Rücken hinab. Plötzlich bemerkte er, dass er Noé nach wie vor anstarrte und dieser fragen, mit schief gelegten Kopf seinen Blick ruhig erwiederte. Rasch senkte Vanitas den Kopf und begegnete stattdessen dem Blick Murrs. Der Kater lief an seine Seite und blickte dem Angehörigen des blauen Mondes mürrisch und anklagend direkt in die Augen. Ein knarzendes Miauen erscholl. Vanitas unterdrückte den kindlichen Drang der Katze die Zunge rauszustrecken und wandte sich ab. Noé schlenderte hinter ihm her, staunte ab und zu über irgendeine Kleinigkeit, was dem ohnehin genervten Vanitas zur Weißglut brachte. "Beweg deinen Hintern, Noé~" ,jammerte er, worauf der Vampir nur die Augen verdrehte, sich aber dennoch dazu bequemte seine Schritte etwas zu verlängern. Vanitas massierte sich entzwischen mit beiden Händen vorsichtig die Schläfen. "Alles in Ordnung?" ,fragte Noé besorgt und Vanitas grunzte nur bestätigend. Wie um seine Aussage zu verhöhnen, entschied sich sein dämlicher Gleichgewichtssinn ihm wiedereinmal den Dienst zu verzagen. Er sah zwar den zweifelnden Blick des anderen, aber sagte dazu nichts. Ein paar ungerade und taumelnde Schritte machend, verfluchte er seinen dämlichen Einfall Noé suchen zu gehen. Der wäre bestimmt auch so wiedergekommen, spätestens wenn er Hunger hatte, da verhielt es sich ähnlich wie bei dem verdammten Katzenvieh. (welches ständig weiße Haare auf seinem Umhang hinterließ) Ein Schweigen breitete sich aus. Langsam kam es dem Arzt vor als würde Watte durch seine Nase in sein Gehirn geschoben. Alle Geräusche um ihn herum mischten sich zu einem monotonen Rauschen zusammen, sei es nun dass gluckern des Flusses, das Getuschel der Passanten (bildete er sich das nur ein oder starrten sie ihn noch mehr an als sonst?) oder das Rauschen des abendlichen Windes in den Bäumen am Ufer des Flusses. Das Gefühl der trägen Wolke in seinem Kopf nahm immer mehr zu, erstickte sein Gedanken unter den rasenden Kopfschmerzen und den verstopften Nebenhöhlen. Sein Blick richtete sich unfokussiert auf das glizernde, schwarze Wasser der Seine, an der sie entlang gingen. Einen Moment war ihm so, als würde er unter Wasser entlang gehen. Die schmerzen schwanden und es wurde immer dunkler. Dann kippte die Welt auf einmal nach Rechts Nachdenklich beobachtete der Vampir den Arzt. Er bewegte sich fahriger als sonst. Normalerweise hatte sein Gang gleichzeitig etwas lauerndes und doch flüchtiges. Ein wenig als würde er sich gleichzeitig auf der Jagd und auf der Flucht befinden. Die Schritte bemessen, aber behutsam, federnd und mit angespannten Beinen. Aber heute schlührten seine Schritte und er stolperte hin und wieder. Warum Vanitas ihn gesucht hatte, hatte er nicht gesagt, aber er wirkte irgendwie so, als hätte er Schmerzen und Noé wollte ihm nicht unnötig reizen. Ein gereizter Vanitas war nämlich noch schlimmer als einer im Normalzustand. Und so lief er einfach hinter dem torkelnden Menschen her. Noé hatte gerade für sich beschlossen, keinen Ton mehr von sich zu geben und die Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen, als mehrere Dinge gleichzeitig passierten Das erste was Noé wahrnahm, war das Vanitas Knie einfach einklappten und er mit einem klangvollen "Dong", mit dem Kopf auf das Geländern am Flussufer schlug bevor er auf das dreckige Kopfsteinpflaster sackte. Es war viel zu schnell gegangen um zu reagieren. Sekundenbruchteile danach war der zweite Impuls ein heftiges Zerren und Stechen. Noè war vor Schreck einen Schritt zurückgestolpert und auf Murrs Schwanz getreten. Ein jäher Reißender Schmerz zuckte durch sein Bein, als die Katze sich laut jaulend und fauchend dort verbiss. Fluchend machte Noé einen Satz nach vorne und entschuldigte sich aufrichtig bei seinem weißen Kater. Sein Blick schoss zurück zu den am Boden liegenden Arzt. Ein Schauer überfuhr ihn. Er sah ziemlich tot aus. Doch dann vernahm er das leise Geräusch, des schlagenden Herzens, und den Atem. Mit zwei großen Schritten war er an seiner Seite. Erleichtert seufzte Noé auf, sank neben dem Betäubten auf die Knie. Vanitas murmelte unverständliches Zeug und warf unruhig den Kopf von eine Seite auf die Andere, aber er wachte nicht auf. Der junge Vampir blickte sich hektisch um. Wer konnte ihm helfen? Konnte irgendwer ihm überhaupt helfen? Die Gegend war ruhig. Ihnen war seit Ewigkeiten kein Mensch mehr begegnet. Entsprechend waren sie alleine. Zögernd hob Noé Vanitas auf seine Arme. Es war ihm keinesfalls entgangen, wie der andere Mann manchmal vor einigen Berührungen zurückscheute, und er hoffte, dass es für den Angehörigen des blauen Mondes in Ordnung war. Er wollte ihn schließlich nicht in seiner Privatsphäre verletzen. Der Schwarze Mantel rutschte und es bedurfte einiges an Geschicklichkeit um Vanitas, den Mantel und die Katze auf seine Arme zu laden. Normalerweise hätte er den Arzt ganz einfach unter dem Arm geklemmt, aber er wusste nicht ob und wenn ja, wie er verletzt war. Er deutete es als gutes Zeichen, dass er kein Blut roch, aber dass hieß noch lange nicht, dass der Arzt glimpflich davon gekommen war. Etwas unschlüssig blieb der Weißhaarige auf der menschenleeren Straße stehen. Wohin sollte er jetzt? Vanitas regte sich erneut schwach, eine Hand krallte sich in Noés Mantel. "Ich bring dich zum Arzt", erklärte er entschlossen, doch der Schwarzhaarige murmelte etwas was sehr deutlich nach: " Lass den scheiß" klang und sein Kopf rollte wieder kraftlos zurück. Noé zögerte noch einem Moment, biss sich auf die Lippe. Sollte er wirklich auf Vanitas hören oder ihn gegen seinen Willen zu einem Arzt bringen? Nein! Wenigstens die Entscheidung musste er ihm noch lassen, wenn dieser doch sowieso schon erdulden musste von ihm getragen zu werden. Noé war zwar etwas naiv in seiner Weltanschauung, aber keinesfalls dämlich. So wusste er dass Vanitas Problem mit vielen Sachen sich vermutlich nicht gegen ihn persönlich sondern eher gegen die Allgemeine Anwesenheit von Personen und deren Einstellung richteten. Er drehte sich um. Jetzt musste er nur noch den Weg zurück in das Hotel finden. Eigentlich hätte er noch gerne eine kleine Tour durch Paris gemacht, aber er verzichtete drauf. Er konnte schließlich schlecht mit einem anderen jungen Mann, eingewickelt in einen Schwarzen Mantel und einer weißen Katze auf dessen Bauch in ein Geschäft reinspazieren, und ebenso schlecht konnte er Vanitas einfach davor aussetzen. (Obwohl Murr sicherlich prima auf ihn aufgepasst hätte) Er musste etwas schmunzeln als ihm dieses Bild vor Augen kam. Eine Weile streifte Noé auf der Suche nach einer Option durch Paris. Dann ließ er sich schließlich auf einer Bank nieder, lehnte Vanitas auf seine Schulter und legte den Kopf zurück. Er wollte nur kurz eine Pause machen. Murr trampelte sich eine Kuhle in Vanitas Bauchgegend und Noé sah grinsend dabei zu, wie der Kater sich niederließ. Vanitas würde sich wieder beschweren, über die vielen Katzenhaare auf seinem schwarzen Mantel. Der Kopf des Arztes lag auf seiner Schulter und er spürte den kräftigen Atem durch das Senken des Brustkorbes. Es beruhigte ihn, dass sein Gegenüber so kraftvoll atmete und nicht den Eindruck machte, dass er Schmerzen habe. Vanitas war nicht übermäßig klein, wirkte aber in Gegenwart von Noé tatsächlich etwas mickrig und schmal. Wie ein halbes Kind im Grunde. Noé schüttelte den Kopf. Auch wenn er den jungen Mann noch nicht lange kannte konnte er mit absoluter Sicherheit sagen, das dieser Schein trog. Natürlich war Vanitas noch albern und kindlich in manchen Momenten. Aber er hatte keinerlei Skrupel jemanden umzubringen und diese Kaltblütigkeit bewieß das Alter. Es schien als wäre seine Seele schon durch Jahrhunderte gereist, als wäre sie Älter als ihr jetziger Besitzer. Und natürlich diese Augen. Es wurmte Noé gewaltig, wenn Vanitas dieses Gesicht machte. Diese undeutbare Miene. Es war eine Mischung aus höchste Konzentration,absoluter Resignation verbissener Wut, eiskalter Zorn und Unbehagen bis Angst und etwas, nunja undeutbares...... Was konnte diesen jungen Mann, diesen außergewöhnlichen Arzt dazu bewegen so auszusehen? Einen Moment musterte Noé den jungen Mann noch, ließ seinen Blick über die schwarzen Wimpern und die geschlossenen Augenlider wandern, über die tiefen Schatten unter diesen (warum waren sie ihm vorher noch nie so aufgefallen?) , über den schwarzen Schopf und den Sanduhrohrring. Seine Arme lagen schlaff neben ihm und sein Gewicht drückte auf Noés Schulter und sein Schlüsselbein. Murr grummelte und kuschelte sich noch etwas tiefer in Vanitas Magengrube. Der Vampir musste grinsen. Was Vanitas wohl sagen würde, wenn er aufwachte. Komplett friedlich lag er da. Noé lehnte sich zurück, passte auf, dass Vanitas Kopf nicht von seiner Schulter rutschte und sah hinauf in den Himmel. Es war kühl an diesem dämmerigen Abend. Die dunklen Wolken fegten über sie hinweg. Ein Windstoß rauschte durch die Blätter der Bäume und Noés Kopf ruckte hoch. Ein Hauch von Vorahnung lag in der Briese. Ungute Vorahnung, dunkle Ungewissheit.Zu Ihnen Getragen mit dem Wind. Der Vampir hielt die Nase in die Luft und öffnete den Mund, um besser zu riechen. Die Luft knisterte, wie vor einem schweren Gewitter. Noé schüttelte den Kopf, er musste sich beeilen. Er wollte nicht das Vanitas krank wurde. Reiner Selbsterhaltungstrieb. Ein Vanitas im besten Gesundheitszustand war schon schwer zu ertragen, jedenfalls über längere Zeit. Ein gereizter Vanitas war noch schwerer bis unmöglich zu ertragen. Und krank? Noé schnaubte laut. Bisher wusste er es nicht, hatte aber auch absolut kein Verlangen danach es ausprobieren. Und so wie er den Menschen kannte würde er sich auch noch weigern zum Arzt zu gehen. Noé seufzte schwer, ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und sah in den Himmel. Eine drängende Neugier wuchs in ihm. Er hätte wirklich gerne in Vanitas Blut nach einer Begründung für dieses für ihn ungewöhnliche Verhalten gesucht. Aber er tat es nicht. Erstens würde das Vanitas merken, und das würde nicht gut für ihn ausgehen, und zweitens war die Neugier nicht so groß, dass er Vanitas Vertrauen missbrauchen wollte. Und drittens konnte er das nicht vor sich selbst verantworten. Vanitas Lider flatterten. Er spürte etwas warmes unter seiner Wange und mörderische Kopfschmerzen. Etwas schweres lag auf seinem Bauch. Es gab eine eigenartige Vibration von sich. Der Schleier vor seinen Augen lichtete sich langsam, als würde er mit geöffneten Augen aus einem tiefen Wasser auftauchen und sie nicht verschließen wenn er durch die Oberfläche brach. Vanitas konnte erst nur Schemen erkennen, aber dann wurde seine Sicht allmählich klarer. Es dauerte einen Moment bis er merkte, dass erstens, sich eine überaus dicke Katze auf seinem Bauch bequem gemacht hatte und dass er zweitens an Noé gelehnt geschlafen hatte…. Geschlafen hatte!….Verfluchter Mist… Er zuckte so heftig zusammen, dass Murr von seinem Körper rutschte und fauchend zu Noé floh. Ächzend fuhr er hoch. Sein Kopf bestrafte ihn mit einem reißenden Schmerz, der ihn die Augen zusammenkneifen ließ. Auch der Vampir erschrak. Vanitaszischte schmerzerfüllt und hielt sich den Kopf, während er von dem Vampir abrückte. Noé blickte den jungen Mann mit großen Augen an. "Alles in Ordn....?",setzte Noé an doch Vanitas hob die Hand um ihn zu unterbrechen. Dann sagte er um einiges leiser und sachter als sonst: " gehen wir nachhause", auch der Sarkastische Unterton und die übliche Bissigkeit fehlte. Noé hob nochmal an um was zu sagen unterbrach sich dabei allerdings selbst und schwieg. Vanitas, stemmte sich in die Höhe und schwankte los. Noé lief dicht hinter ihm um einen erneuten Sturz zu vermeiden. Kaum waren die beiden in ihrem Zimmer angekommen, verzog sich Vanitas aufs Dach. Noé der keinerlei Interesse daran verspürte einen Fettfleck, der einmal Vanitas gewesen war, von der Straße zu kratzen, folgte ihm auf leisen Sohlen. Einen Moment sah er sich suchend um, bis er die zusammengesunkene Gestalt bemerkte, die auf dem Dach hockte. Vanitas saß in der Abendsonne; die Knie an den Körper gezogen, die Arme darauf verschränkt und den Kopf auf die Arme gebettet starrte er gedankenverloren an den Horizont, weit über die Dächer von Paris. Die Wolken hatten sich verzogen und die Sonne ging in einem dunklen Orangerot unter. Sein Sitzplatz war kalt, hart und windumpeitscht, aber er stand nicht auf. Der Schwindel hatte sich etwas gelegt, aber momentan rasten seine Gedanken einfach. So kam ihm ein klein wenig Ruhe auf dem Dach sehr gelegen. Was wäre passiert wenn man ihn gefunden hätte? Die Chasseure, oder schlimmer, Dr Moreau? Ein anderer Vampir, der nicht so friedfertig war wie Noé? Man hätte ihn ausrauben können, ihm das Buch- .... Scheiße!... das Buch. Unwillkürlich fuhren seine Finger in seine Taschen und Gott sei dank, da war es. Sein Atem jagte und er zitterte am ganzen Leib. ´Was wenn Noé meine Hilflosigkeit ausgenutzt hat?´ schoss es ihm durch den Kopf. Panisch betastete er seinen Hals, aber natürlich fand er keine Wunde. Er scholt sich einen Idioten. Das würde der Trottel sich nicht trauen. Es würde nicht seinem Charakter entsprechen einfach so einem Menschen zu beißen. Dafür war er viel zu gutherzig, dieser Pfosten Verzweifelt und beschämt begrub der Schwarzhaarige den Kopf in den Händen und krallte sich in seine Kopfhaut. Nachdem er eine ganze Weile nur seinen heißen Atem gegen die Dunkelheit seiner eigenen Umklammerung stieß, hob er schließlich wieder den Kopf und blickte zurück ins schwindende Tageslicht. Selbst dieses ließ seine Augen, nach der Finsternis unterhalb seines Mantels, brennen. Er seufzte. Langsam begann er auf die Schindeln niederzusehen. Begann beiläufig mit seine Finger mit den Kieseln die dort lagen zu spielen. Sie zu drehen und in der Hand zu wiegen. Einer nach dem anderen ließ er fallen, nur um sie aufzuheben und wieder von vorne zu beginnen. Er ertastete den kühlen Stein und irgendwie, beruhigte es ihn auf eine absurde Art und Weise, dass feste kühle Matrial der Schindeln unter ihm und der Kiesel in seinen Händen zu spüren. Sicherheit die seine Gedanken davon abhielten zu weit davon getragen zu werden. Auf einmal fuhr ihm ein Schauer über den Rücken . Er merkte, dass jemand hinter ihm stand und auf ihn hinunter sah, auch ohne sich umzudrehen. ´Jahrelange Konditionierung` ,fuhr es ihm, in einem Anflug von schwarzen Humor durch den Kopf. Dann fiel auch sein großer Schatten über Vanitas. Auch ohne auf die Form zu achten wusste der Arzt dass es sich nur um Noé handeln konnte. Wer sonst wusste, dass er auf diesem Dach war? Trotzdem war es unangenehm jemanden hinter seinem Rücken zu wissen. "Setz dich doch, es macht mich nervös, wenn du da stehst", grummelte Vanitas, ohne den Kopf zu drehen. Noé trat in sein Blickfeld, ignorierte jedoch die Aufforderung. " Woher wusstet du, dass ich es bin?" ,fragte er stattdessen. Auch Noé blickte auf den Horizont und sah den Sitzenden nicht an. "Dein Schatten", gab Vanitas knapp zur Antwort. "Abgesehen davon, wer soll es sonst sein", schob er hinterher und schenkte Noé ein müdes Lächeln. Er blickte zum Vampir auf. Eigentlich, musste selbst Vanitas zugeben , waren alle Vampire denen er bis jetzt begegnet war, schön. Komplett ohne einen Funken an romantischen Interesse konnte Vanitas dieses Attribut auch Noé zuschreiben. Die Vampire bewegten sich alle mit dieser Art beiläufiger Eleganz. Es waren einfach faszinierende und schöne Geschöpfe. Ganz egal ob für ihn auch die Vampire unter seiner Definition mit der Selbstsüchtigkeit fielen. Rein objektiv gesehen, waren sie durchaus schön. Noé stand mit dem Profil zur untergehenden Sonne und das Orangerot spiegelte sich in seinen violetten Augen. „Hast du keine Schmerzen mehr?“ Es war eine beiläufige Frage gewesen, mehr nicht. Vanitas blickte auf. „Wer sagt, dass ich überhaupt welche hatte?“ Ein ungläubiger Blick und ein trockenes Schnauben. „Das äußerst hübsche Geräusch als du auf dem Brückengeländer aufgeschlagen bist“, entgegnete Noé grinsend. Vanitas verdrehte die Augen. „Nein, habe ich nicht mehr“ Eine hochgezogene Augenbraue aber kein Kommentar seitens des Vampires.. „nerv nicht, als ob dich dass wirklich interessieren würde, du kannst mich doch sowieso nicht leiden“, schnappte der Mensch, den Blick wieder auf den Untergrund gerichtet. „Stimmt schon, aber ich würde ungern meinen Leibarzt verlieren“ Ein Schnauben, diesmal aus einer anderen Nase. Dann Stille Noé stierte an den Horizont und überlegte. Vanitas war ausgesprochen vorsichtig und auf der Hut, das war ihm schon mehrmals aufgefallen. Er war vielleicht naiv, aber er war nicht dumm. Auch wenn er wusste, das der Arzt es zu verstecken versuchte, sah er ja doch, wie er manchmal an seinem Essen roch, wie sich seine Nasenflügel dabei blähten. Erst hatte ihn Noé für einen Feinschmecker gehalten, aber mittlerweile war er davon überzeugt, dass er überprüfte ob sein Essen nicht vergiftet war. Er merkte, dass Vanitas immer mit dem Rücken zur Wand stand, damit ihn niemand von hinten angreifen konnte. Die hohen Mantelkrägen waren ihm auch aufgefallen. Noé registrierte auch, das Vanitas niemals in seiner Nähe schlief, merkte wie er kurz erstarrte oder zusammenzuckte wenn man ihn berührte ohne das er damit rechnete. Auch wenn er es gut zu verstecken wusste. Vampire hatten scharfe Sinne. Es fiel ihm auf, wie penibel Vanitas daruf achtete stehts zwei bis drei schichten Kleidung zwischen sich und der Welt zu haben seine Narben am Unterarm zu verdecken. Noé hatte schon mehrmals Blicke darauf erhaschen können. Es mussten tiefe Wunden gewesen sein, die diese Narben ausgelöst hatten. In mehr als einer Hinsicht. " Gehen wir rein, etwas schlafen." ,sagte Noè mit einem Mal. "Geh du schonmal vor, ich komm gleich nach" ,lautete die Antwort. Noé hielt das für eine glatte Lüge. Trotzdem wandte er sich zum gehen und sah ein letztes Mal zu Vanitas. Sein Blick war starr und hatte diesen seltsamen, nicht zu Vanitas passen- wollenden Ausdruck angenommen. Der Vampir schüttelte mit dem Kopf und trottete über die Schindeln zurück zum Fenster. "Pass auf das du nicht runterfällst, du Trottel" ,rief er durch den Wind noch zu Vanitas hinüber. Der entrückte Blick löste sich auf, wie nebel nach einer Windböe. Vanitas sah zu ihm, grinste und rief zurück: "sagt der Vollidiot der sich am laufenden Band verläuft!" "Ich verlaufe micht nicht", brüllte er zurück. "Mhm. Klar", erwiederte Vanitas. Als Noé den üblichen Schalk in seiner Stimme erkannte wurde ihm leichter ums Herz. Vanitas streckte ihm die Zunge raus und Noé schnaubte und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Einen Moment stand er noch im Zimmer, dann legte er sich hin. Eigentlich hatte er vorgehabt zu warten bis Vanitas sich entschied rein zu kommen, und ihn notfalls eigenhändig zu holen, aber der Tag forderte seinen Tribut und er fiel in einen traumlosen Schlaf. Kurz nach 2 Uhr nachts, wurde es so nass und windig draußen, das Vanitas sich hinein begab. Er gähnte. Eigentlich war er todmüde, aber so richtig wollte er sich nicht dem Schlaf ergeben. Mit der festen Intention wach zu bleiben setzte er sich auf einen unbequemen Stuhl und starrte zum friedlich vor sich hinschlummernden Noé hinüber. Ein wenig neidisch war er doch. Warum nur, sah dass Schlafen so einfach bei anderen aus, und sobald er sich hinlegte war er wach und schreckte bei jeder Bewegung von Noé zusammen. Oder wenn es ihm gelang einzuschlafen, erwachte er nicht richtig und dass ganze endete in Schlafparalysen* oder Albträumen. Abgesehen davon warnte ihn immer noch ein Teil von ihm davor sich der Hilflosigkeit hinzugeben, die dass Einschlafen in Gegenwart eines anderen Menschen nunmal innehatte. Er wusste doch selber dass es albern war, dass Noé ihm nichts tun würde, rein rational. Leider Gottes hatten seine Reaktionen nicht immer viel mit Rationalität zu tun. Man nehme nur die Aktion mit Jaenne. Okay, eigentlich jegliche Interaktion mit der Hexe des Höllenfeuers Zu einem noch gewaltigeren Gähnen, dehnten sich seine Kiefer und er legte den Kopf auf der Stuhllehne ab. Manchmal wenn es Nacht wurde, kamen die Schatten im Dickicht seiner Gedanken in Aufregung und versuchen hervorzutreten. In diesen Momenten schob er sie mit aller Kraft zurück und dachte an was anderes. So auch heute: Was ihn wirklich interessierte, war ob das Gift von Vampiren auch zur Narkose von Menschen eingesetzt werden konnte? Immer wenn er zu müde wurde dachte er über seine Tätigkeit als Arzt nach, das half ihm kühlen Kopf zu bewahren und wach zu bleiben. Um das auszuprobieren hätte er sich gerne beißen lassen, nur Noé sollte seine Erinnerungen nicht sehen und Jeanne war weg. Domi würde ihn direkt umbringen. Prinzipiell hatte er überhaupt nichts dagegen das Noé ihn biss, aber seine Erinnerungen waren für solche Scherze einfach zu Privat. Außerdem wollte er nicht, das Noé in dann nur noch wie ein rohes Ei behandelte und voreingenommen an die ganze Sache heran ging. So emotional wie sein Begleiter manchmal handelte, konnte das im Tod einiger Menschen enden. Nicht das es Vanitas groß kümmern würde. Ganz davon mal abgesehen, war dass ganze doch eher eine abstruse Bitte. Wie wohl der Querschnitt von Vampirzähnen aussah? Waren sie hohl oder eingekerbt? Oder bissen die Vampire erst um eine Austrittswunde zu schaffe ? Injizierten sie das Gift durch ihre Zähne oder war es im Speichel enthalten? Er blickte zu Noé hinüber (welcher sein Kissen in einem unbarmherzigen Klammergriff an sich gepresst hatte) und nahm sich fest vor ihn auszuquetschen wenn er wieder wach war. Langsam passierte über die Grübelei genau das, was er so verzweifelt zu vermeiden hatte suchen. Sein vermaledeiter Körper forderte den Schlaf ein, den er viel zu lange zurück gehalten hatte. Schmerz. Glühendes heißes Eisen, welches sich durch seine Rippen brannte. Seine Kehle war wund vom schreien, sie schmerzte. Die Ohren klingelten von seinen eigenen Schmerzensbekundungen. Und wieder und wieder fiel der dunkle Schatten des Doktors über ihn, nutzte seine Hilflosigkeit, die ihm dank des Schlafmittels im Essen überfallen hatte aus. Es hatte doch so komisch bitter geschmeckt, warum hatte er sich austricksen lassen, wie ein dämlicher Köter? Die Tränen und das Blut flossen gleichermaßen und er sah die gruselige, abstrakte Gestalt des Doktors näher kommen. Der Schrei riss Noé derart plötzlich aus dem Schlaf wie ein Schlag ins Gesicht. Das Geräusch knallte durchs Zimmer, fraß sich wie der Strang ein feurigen Peitsche seine Wirbelsäule hinunter und bohrte sich wie glühende Nadeln in sein Trommelfell. Er war auf den Beinen bevor er überhaupt die Augen richtig geöffnet hatte, die Krallen und Zähne gebleckt, blickte er sich nach dem Unruhestifter um. Das Zimmer lag im Dunkeln. Der Mond ließ sein bleiches Licht durch das Fenster fallen, auf Vanitas, wie so häufig, leeres Bett und den Stuhl. Doch der Stuhl war nicht leer. Irgendwas krampfte und wand sich auf dem Stuhl. Es zuckte und zappelte wie ein Tier in höchster Todesqual. Das war es auch was diese quälenden Laute ausstieß, immer und immer wieder markerschütternde Schreie, gefolgt von undeutlichem Geflüster. Ein verstörender Geruch wehte zu ihm hinüber. Der Gestank brach liegender Angst. Unter höchster Spannung, näherte sich Noé diesem Wesen.... und erstarrte. Das was sich so verzweifelt auf dem Stuhl krümmte war... Vanitas. Das Bild vor Noé ließ ihn vor puren Entsetzen die Magensäure in die Kehle schießen. Der Arzt hatte seine skelettartigen Klauenhände so fest in das schwarze Holz des Stuhles gekrallt, dass das Material ächzte. Sein Gesicht war weiß, und nass vor Angstschweiß. Die komplette Gestalt war verkrampft. Die Verzweiflung oder der Schmerz oder die Panik, was auch immer ihn quälte, schien so groß zu sein, dass er nicht merkte wie fest er zupackte. Noés Herz raste bei diesem Anblick und er hörte Vanitas Herz stolpern, hörte seinen rasselden Atem. War es die Verletzung von heute Abend die ihn so schmerzte? War es irgendwas anderes? Sollte er eingreifen? Der Vampir konnte es nicht sagen, das einzige was er mit vollkommener Gewissheit wusste war: Irgendwas stimmte ganz und gar nicht! Arme und Beine peitschten hilf- und ziellos durch die Luft. Vanitas stieß ein schauderhaftes Geräusch zwischen unvorstellbarem Schmerz und Todesangst, welches Noé einen eisigen Schauer über den Rücken schickte, aus, rollte sich fest zusammen und krallte die behandschuhten Hände wieder in das dunkle Möbelstück. Die scharfen Nägel durchstießen die Handschuh, splitterten auf dem Holz. Ein erstickter Schluchzer scholl durch das Zimmer. Noé zuckte zusammen und er starrte, er konnte nicht anders als einfach nur zu starren. Das klägliche Geräusch wirkte wie ein Pistolenschuss abgefeuert in einer zwielichtigen Gasse in dunkler Nacht. Niemals, unter gar keinen Umständen hätte er dieses verletzliche Verhalten mit Vanitas in Zusammenhang bringen können. Vanitas war stolz und sarkastisch und würdevoll und albern. Aber nicht so... so... sein Gehirn konnte es einfach nicht akzeptieren, dass dieses wimmernde, zappelnde ,kranke Geschöpf dort Vanitas war. Dann riss sich Noé doch von dem sich windenen und um sich schlagenden Leib los. Panik wallte in ihm auf. Was sollte er tun? Hektisch sah er sich im Raum um. Was konnte er machen? Ein erneutes Wimmern erklang. Mehr aus Reflex als von einem logischen Entschluss gesteuert trat er auf Vanitas zu und packte ihn vorsichtig an der Schulter. Beziehungsweise wollte er das. Kaum hatte er ihn berührt, fuhr Vanitas dermaßen stark zusammen, das Noé erschrocken einen Satz zurück machte. Ein horrorgeschwängerter Schrei, lauter als jeder Vorangegangene erscholl und der Arzt schlug nach ihm. Noé war dermaßen überrascht, dass er nicht mehr ausweichen konnte. Vanitas krallenbesetzte Finger bohrten sich in seine Wange und hinterließen tiefe, lodernde Kratzer. Noé, vollkommen überrascht trat wieder einen Schritt vor. "Vanitas?! Vanitas wach auf" ,murmelte er. Erneut schlug Vanitas nach ihm, aber diesmal war der Vampir vorbereitet und fing seine Hand in der Luft ab. Wie unter Krämpfen krümmten sich die schmalen Finger in den schwarzen Handschuhen. Die zweite Hand hatte sich wie eine Schlinge aus Drahtseil um sein Handgelenk gelegt, und drückte zu. Aber es war keine drohende Geste, es war mehr ein verzweifelter Versuch sich zu befreien. Nutzlos kratzten seine Klauen über das Handgelenk des Vampirs und hinterließen dort ebenfalls blutige Striemen, als er seine Handschuhe zerfetzte, aber Noé packte nun seinerseits Vanitas andere Hand und hielt sie zusammen. "Vanitas!" ,rief Noé mit wachsender Angst. "Vanitas, wach auf!" Aber Vanitas wand, weinte, schrie und strampelte immer weiter. Noé atmete tief ein. Hoffentlich bringt er mich dafür jetzt nicht um, fuhr es ihm durch den Kopf. Dann gab er ihm einen leichten Klaps auf die Schulter. Vanitas riss die Augen auf. Es waren seine blauen Augen und gleichzeitig nicht. Sie tosten und es war wie einen tiefen dunklen See zu blicken. Unergründlich, aber mit der Gewissheit, dass dort, tief unten in den Schatten etwas lauerte. Sie wirkten merkwürdig unfokussiert und wild, aber auf negative Art. Nicht wie sonst, nicht würde- oder geheimnisvoll, abenteuerlustig, sarkastisch und neckisch, sondern gehetzt, wie ein gejagtes, hageres Tier, welches der Jäger soeben aufgestöbert hatte. Er wirkte, als sähe er genau, den grauenhaften Triumph in den Augen seines Gegenüber. Es war die blanke Panik. So als würde er den Vampir, welcher immernoch seine Handgelenke umklammert hielt, gar nicht sehen. Er starrte einfach durch ihn hindurch. Das war nicht Vanitas. Das war jemand anderes in Vanitas Verkleidung. Noé Augen leuchteten leicht im Dunkeln, aber das einzige Gefühl was sie innehatten waren unverhohlene Besorgnis und Angst. Was war mit Vanitas los? "Vanitas, beruhige dich", sagte Noé. Seine Stimme klang kläglich dünn und zitterte. Noé verwünschte es. Er wollte ihn ja beruhigen, aber seine eigene Angst wogte in dunklen Wellen durch den Raum. "Beiß mich nicht, bitte bring mich nicht um!", flehte Vanitas. Seine Krallen hatten sich in seine Kopfhaut gebohrt und ein wilder verzweifelter Blick war in seine Augen getreten, wie bei einem eingekesselten Tier, dass verzweifelt nach einem Ausweg suchte. Noé brauchte einen Moment um zu realisieren, was Vanitas da gesagt hatte, und vorallem wie er es gesagt hatte. Er hatte gefleht. Er flehte nie. Und einen weiteren Moment brauchte er um hastig den Mund zu verschließen und somit seine Fänge zu verbergen. "Ich habe nicht vor dich zu beißen", sagte Noé leicht verunsichert. Klar roch Vanitas verdammt gut, aber erstens wollte er keinesfalls Vanitas Vertrauen missbrauchen und zweitens war ihm seine Drohung noch sehr präsent und traute Vanitas zu, ihn umzubringen. Vanitas Bewegungen erlahmten langsam. Das heftige Jagen seiner Brust und Flanken beruhigte sich. Seine Augen klarten auf. Er löste die Fingerspitzen aus seinem zerwühlten Haaren. "Noé?", krächzte er. Er hörte sich schwach und bekümmert an. Irgendwie so resigniert, als hätte er schon hunderte Menschenleben gelebt und wäre nicht erst am Anfang seines eigenen. Abgesehn davon wirkte es so, als wäre er komplett woanders, gefangen in den Klauen des Traumes, oder der Erinnerungen, Noé konnte es nicht sagten. Er sah wie Vanitas ganzer Körper noch stark bebte. . "Ja, ich bin's", sagte Noé erleichtert. Vanitas schüttelte den Kopf und der Vampir ließ vorsichtig seine Handgelenke los. Noè trat etwas zurück. Er blickte zur Seite und sah in den Spiegel der an der Wand hing. Seine Augen glühte scharlachrot in der Dunkelheit. Er sah wirklich reichlich bedrohlich aus. Erst jetzt fiel ihm auf in welcher Position sie dort standen. Vanitas, zusammengekrampft und zusammengerollt auf einem Stuhl und Noé über ihn gebeugt. Es sah aus, als wäre der Arzt tatsächlich Noés Beute. Der Vampir schluckte unbehaglich und knetete seine Finger. Dann wandte er sich um und ließ sich auf sein Bett fallen. Er starrte auf seine Hände und erst als er das Blut fühlte, was aus seinem zerfetzen Handgelenk und seiner Wange auf den Boden tropfte, rührte er sich wieder. . Er hörte wie Vanitas sich aufrichtete und sich mit der Hand durch die von Schweiß nassen schwarzen Haare strich. Er seufzte tief und Noé zuckte zusammen, in der Erwartung eines Schlages, vielleicht sogar eines Angriffs. Er kannte Vanitas noch nicht gut genug um abschätzen zu können, wie dieser in so einer Extremsituation reagierte Mit einem Mal sprang dieser auf, riss die Tür auf und verschwand im dunklen Flur. Erst war der vampir komplett perplex, dann wollte Noé ihm folgen, ließ sich aber zurück aufs Bett fallen und atmete tief durch. Wenn der andere wirklich von Vampiren geträumt hätte, war einer, der ihm hinterherlief wahrscheinlich eher kontraproduktiv. Eigentlich hatte er in der Zwischenzeit etwas schlafen wollen, doch etwas hielt ihn davon ab. Und nach einer Weile des herumwälzens setzte er sich wieder auf. Was hatte Vanitas? Wovon hatte er geträumt, dass es diese Reaktion hinterließ? Verdammt! Er ballte die Hände zu zitternden Fäusten und biss die Zähne zusammen. Verdammt! Verflucht! Vermaledeit! Der Vampir drängte die brennende Hilflosigkeit zurück. Blut tropfte auf das Bett. Erschrocken löste er seine Fänge aus der Unterlippe. Es dauerte eine Weile bis er wieder aufsah. Er hörte schleppende Schritte über den Flur. Nervös atmete er tief ein. Kam jetzt der von ihm vermutete Angriff? Noé blickte erwartungsvoll in Richtung des abgekämpften Mannes der dort stand Vanitas sah furchtbar aus. Er lehnte sich kraftlos an den Türrahmen und starrte zu Boden. Eine unangenehme Stille folgte. "Noé-.." ,setzte Vanitas an und taumelte Richtung Bett. Dem Vampir entging das leichte Zittern nicht. Noé sprang auf um Vanitas zu helfen aber der hob nur abwehrend die Hand. Etwas unschlüssig stand Noé mitten im Zimmer. "Ich frage nicht, was du geträumt hast", hob Noè zögerlich an, "aber was auch immer es war, es ist vorbei. " "Woher weißt du das?", krächzte Vanitas heiser. Seine Stimme war vom Schreien oder weinen oder wasauchimmer ungewohnt rau. Noés Kopf ruckte erschrocken hoch, er hatte nicht damit gerechnet überhaupt eine Antwort zu kriegen. Das Blut, was immernoch seine Wange hinunterlief spritzte durch die plötzliche Bewegung auf den Boden. "Du meinst, es ist.... es ist noch nicht...", wisperte Noé geschockt und wurde kalkweiß. Vanitas stutzte kurz. Dann zog sich über sein Gesicht ein trauriges Lächeln. "Eigentlich wollte ich wissen woher du wusstet, dass es eine Erinnerung war, und nicht einfach ein fieser Albtraum" "nur Erinnerungen sind so stark", sagte Noé bekümmert. Vanitas presste die Lippen zusammen zu einem dünnen Strich. " Das sagt nur jemand mit Erfahrung". Auf einmal wurde Noés Gesicht hart. Ein Schnauben entfuhr ihm, ein Laut der so überhaupt nicht zu Noé passen wollte. Das Geräusch verwunderte Vanitas. Er schmeckte sein eigenes Blut im Mund. Während des Traumes musste er sich auf die Zunge gebissen haben. " warum hast du so geschrien?", kam die Gegenfrage. Vanitas gab keine Antwort. Seine blauen Augen stierten nur ins Leere. Resignation, Verzweiflung, Wut. Dann wandte er Noé das Gesicht zu und feixte "Und warum das bedrohliche Gesicht?" Noé presste ebenfalls die Lippen zusammen bevor er zögerlich antwortete: "Spielt keine Rolle, die Vergangenheit lässt sich nicht ändern.", antwortete er wage. Vanitas stieß ein bitteres, humorloses Lachen aus. Noé schien genausowenig über seine Vergangenheit reden zu wollen wie Vanitas auch. Eine Weile sagten sie beide nichts, hüllten sich in ihr eigenen Kokoon aus Schweigen. " Woher kommt das Blut?" ,fragte Vanitas nach einer ganzen Weile Stille. Noé zuckte erneut zusammen und sah auf. " Du hast mich gekratzt, als ich dich versucht habe aufzuwecken", sagte Noé ehrlich und hielt sein Handgelenk ins Mondlicht. Rot lief das Blut daran hinunter und tropfte auf den Boden. So stark blutend, hatte es Noé gar nicht wahrgenommen. "Oh", sagte Vanitas milde beeindruckt. Jetzt sah Vanitas auch die Kratzer in Noés Gesicht und die Wunden in seiner Unterlippe. "Zeig mal her", forderte der Mensch ernst und hielt die Hand auf. Noé verdrehte die Augen. Die Krallen des Arztes waren durch die Handschuhe gestochen und schimmerten rot. Noé seufzte schwer und reichte ihm seine Hand, nachdem er den seinerseits zerfetzten Handschuh entfernt hatte. "Darf ich bitten?" , rutschte es ihm hinaus. Vanitas schaubte aber Noé sah, dass er Grinsen musste. Der schwarzhaarige zog ebenfalls seinen zerstörten linken Handschuhe aus, behielt den rechten allerdings an. Ein Umstand dem Noé keinesfalls entging. Dann zog er Noés Hand näher an sein Gesicht. Er vorsichtig die Wunderänder auseinander. Noé zischte, Vanitas grinste wieder. "Sei doch nicht so eine Mimose", neckte er. Noé funkelte ihn an, aber konnte ein leichtes Schmunzeln trotzdem nicht verstecken. Akribisch genau vermied er Vanitas Narben am Arm allzugenau zu mustern. Er ertappte sich trotzdem dabei, wie er sich fragte was sich unter dem Schichten an Mantel und Hemd befand. Erst begutachtete der Arzt die Wunden an dem Handgelenk. Vanitas Haut war kalt und feucht von Schweiß. Dann nahm er Noés Gesicht in die Hand und musterte ihn genau. "Und was ist das?", frage er mit einem Blick auf die durchlöcherten Lippen. "Draufgebissen", erwiederte Noé knapp. Der schwarzhaarige vor ihm zog spöttisch die Augenbrauen hoch. "Man könnte meinen du könntest mit deinen eigenen Zähnen umgehen!" ,stichelte der Arzt. Dann atmete er aus. Während Noé schon zu einer gepfefferten Bemerkung ansetzte sie aber hinunterschluckte. Vanitas seufzte noch mal. Dann erhob er sich erneut, raufte sich die Haare und hielt inne. Noé sah wie er wie in Trance die Hand erst sinken ließ und dann wieder an die Nase hob. Unzufrieden grunzte er. Er roch noch immer die Angst an sich, spürte das Zittern. Der Schweiß ließ sein Hemd an ihm kleben. Er hasste es wenn sein Körper seine geistige Schwäche verriet. Leise murrend drehte er sich um, ließ Noé stehen und legte den Mantel ab. Einen Moment zögerte er, dann nahm er sich ein frisches Hemd und verzog sich ins Bad. Eine Dusche würde den Schweiß abspülen und mit ihm hoffentlich die Erinnerungen. Behutsam zog er sich aus und stellte sich unter den Wasserstrahl. Die Wärme lockerte seine steifen Muskeln und er sah an sich hinab. Gedankenverloren fuhr er mit dem Fingern die Narben an seinem Oberkörper nach. Er kannte sie alle genau. Als hätte ein Tiger versucht ihn zu zerfleischen. Das meiste davon waren Werke von Moreau. Er seufzte tief, trocknete sich ab, zog sich wieder Hose und Hemd an und ging hinüber zu Noé, der sich inzwischen auf sein Bett gesetzt hatte und aufblickte als Vanitas hinein kam. Vanitas ließ sich aufs Bett fallen und knöpfte sein Hemd zu. In der Dunkelheit, könnte der andere sowieso nicht soweit sehen. Aber er brauchte länger als er dachte und als er durch das Mondlicht schritt, sah Noé wie sich die tiefen Narben durch das dünne weiße Hemd hindurch abzeichneten. Er drehte sich um um Vanitas seine Privatsphäre zu geben. Was hatte er nur alles erlebt? Noé dachte an den Tag zurück wo sie unter Notre Dame in die Katakomben gegangen waren. An dem Tag hatte er Vanitas, welcher normalerweise eine zuverlässige Schicht von zwei bis drei Lagen von Stoff um seinen Körper wickelte, das erste mal ohne Oberbekleidung gesehen. Er konnte nicht sagen ob es Vanitas gemerkt hatte oder nicht, aber nachdem sie die beiden Chasseure überwältigt hatte, und ihnen der Kleidung beraubt hatten, hatte sich Vanitas in die Schatten der weitläufigen Kathedrale gedrückt um sich umzuziehen. Noé war relativ aufgeregt, deswegen hatte er nicht groß auf Vanitas geachtet. Er war fertig gewesen und sein Blick war zu Vanitas geschossen. Sein Rücken war hinter einer Säule aufgetaucht. Die blauen Glasfenster durchfluteten den mächtigen Saal mit unwirkliches Licht. Die Decke schien nicht vorhanden. Der massigen Streben, welche die imposante Kathedrale stützten warfen weite Schatten. Und zwischen Schatten und dem bleichen Mondlicht ragte Vanitas schmaler Rücken hervor. Erst glaubte Noé, dass ihm das Licht einen Streich spielte, doch dann.... nein es konnte keine Täuschung sein. Der Rücken des Arztes war weiß und ziemlich sehnig. Die Rippenbögen waren sichtbar aber er schien nicht ungesund dünn. Und über den Rücken; dem Brustkorb, die Schulterblätter und die Flanken zogen sich knotige Narben. Es sah so aus, als wäre auf seinem Rücken ein Wurzelgeflecht gewachsen. Immerwieder riesige Krallenspuren, als hätte ein gewaltiges Tier versucht ihn zu zerfleischen. Noé konnte im Nachhinein nicht sagen, warum; wahrscheinlich war es der Schock gewesen, aber ihm war sein Mantel aus der Hand geglitten. Dumpf schlug das Kleidungstück auf dem Steinboden auf, und er und Vanitas zuckten zusammen. Eigentlich war es ein leises Geräusch, aber in Notre Dame spät in der Nacht, hätte Noé genauso gut mit einer Pistole um sich schießen können. "Willst du noch auf der Trompete blasen?!" ,zischte Vanitas im zu. Sein Kopf guckte hinter der Säule hervor und die Augen funkelten ihn zornig an, aber auch ein wenig...er könnte das Gefühl nicht genau bestimmen was ihnen innelag. "Und du?" ,brachte Noé hervor, sobald er sich gefangen hatte. "Willst du es den Chasseuren einfach machen und hier auf sie warten?" Vanitas grummelte irgendetwas unverständiges. Als Noé wenig später die Treppe stieg wäre er um ein Haar hinuntergefallen. Er schüttelte den Kopf. Auch später an diesem Tag war es schwer sich darauf zu konzentrieren. Auch als Vanitas teile des Geheimnisses gelüftet hatte. Noé glaubte nicht, dass er die ganze Wahrheit gesagt hatte. Aber es hatte ihn sehr gewundert, das man ihm überhaupt soviel Vertrauen entgegenbrachte und dass ihm der selbsternannte Vampirarzt diese doch sehr private Information mitteilte. Insgesamt war der ganze Tag komisch gewesen und Noé hatte das Gefühl gehabt, sie waren an diesem Tag ein ganzen Stück näher zusammengewachsen. Vanitas hatte erstmals richtige Fragen zu Noés Vampirexistenz gestellt und hatte ihn auch beschützt. Klar, sie hatten sich gekabbelt, aber trotz allem, hatte der Vampir einiges neues erfahren. Das eindrücklichste Erlebnis war aber erst nach den Katakomben passiert. Es hatte ihn gewundert, das Vanitas sich mit dem Rücken an ihn gelehnt hatte. Er hatte die Narben spüren können, auch durch mehrere Schichten Stoff. Vielleicht war es auch nur Einbildung gewesen, immerhin hatte eine Menge Stoff dazwischen gelegen. Ein Schauer fuhr ihm über den Rücken, als er daran dachte. Betohnt werden musste einmal, dass er soetwas wie Rührung empfand, das Vanitas, ihm, einem Vampir, den Rücken zudrehte und sich an ihn lehnte um sich auszuruhen. Entweder war sein Vertrauen an Noé durch die Vorangegangenen Ereignisse gewachsen oder er war einfach nicht mehr zurechnungfähig. Beides erschien Noè damals unglaubwürdig. Vielleicht, hatte sich der Vampir damals gedacht, Vielleicht war er auch zu erschöpft gewesen. Und vielleicht hatte dieses eine Mal auch dass klitzekleine Fünkchen Vertrauen und Rationalität in Vanitas über die tiefen narben der Vergangenheit gesiegt. Noé wurde schlagartig aus seinen Erinnerungen gerissen als Vanitas sich offenkundig auf sein Bett fallen ließ. Es quietschte. Es folgte etwas Geraschel bis sich Vanitas in seine Decke eingerollt hatte. Er wirkte als wollte er sich dahinter vor den Erinnerungen verstecken. Gerade als Noé den Mund aufmachen wollte um zu fragen, scholl Vanitas Stimme durch den dunklen Raum: " Du, Noé, wie sind eigentlich Reißzähne von Vampiren beschaffen?" Noé stutzte. Dann lächelte er und fing an zu erklären. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)