Leid, leiden, leid tun von Chimi-mimi ================================================================================ Kapitel 4: IV ------------- Nur das Ticken einer Uhr und das Atmen der vier Anwesenden war zu hören. Davis war ganz schwindlig von den Entschuldigungen und Tais Blick, der so viel sagte. Es war fast zu viel. „Wie nur kann ich dir zeigen, dass es mir wirklich leidtut?“, murmelte Tai leise. Davis hatte darauf keine Antwort, weil er es nicht verstand, doch ein schrilles und energisches Klingeln gab ihm eine Pause. „Erwartest du noch jemanden?“ „Eigentlich nicht…“ Bevor Davis sich befreien konnte, war Veemon schon mit einem „Ich geh schon!“ an der Wohnungstür. Von seiner Position am Boden in der Küche konnte er nicht sehen, wer so ausdauernd geklingelt hatte und die Stimmen waren leise, so dass er sie nicht erkannte. Ganz im Gegensatz zu Tai, der immer noch seine Knie umklammerte, aber dabei „Das kann doch nicht wahr sein“ murmelte. „Davis, es tut mir sehr, sehr, sehr leid.“ „Davis, Tai?“ Das war Matt. Jetzt erkannte Davis die Stimme und dieses Mal konnte er Tais Entschuldigung nachvollziehen. „Ich weiß, Tai, wir hatten etwas anderes abgemacht, aber…“ „…aber du musstest trotzdem kommen“, beendete Tai den angefangenen Satz. „Ich habe auch etwas mitgebracht!“ Matt raschelte mit einer Tüte, ehe er bei ihnen in der kleinen Küche stand. „Oh… alles okay bei euch? Vergesst es, dass war die falsche Frage.“ Davis ließ seinen Blick wandern, von der Tüte hoch zu Matts entschlossenem Gesichtsausdruck bis hin zu Tai, der einfach nur mit den Augen rollte. So langsam wurde dieser Abend wirklich skurril und eigentlich war er schon bei Tais kleinem Überfall an seine Grenzen geraten. Jetzt stand auch noch Matt hier. Nach Monaten, in denen sie kaum Kontakt hatten. „Hör zu, Davis, ich weiß nicht, was Tai dir gesagt hat, aber ich will mich entschuldigen. Wir waren echt miese Freunde – und ich war mal Digiritter der Freundschaft. Ich schäme mich für mein Verhalten.“ Jetzt fing auch noch Matt an, sich zu entschuldigen. Doch bevor Davis etwas erwidern konnte, hielt Tai ihm blitzschnell den Mund zu: „Hmpf!“ „Sag jetzt nicht, es ist schon okay oder dass alles gut ist und wir ja unser eigenes Leben haben und du nicht so wichtig wärst. Das will ich nicht noch einmal hören!“ „Was? Das kannst du nicht sagen, Davis!“, rief Matt entsetzt aus. „Hat er aber.“ „Hmpf.“ „Nein. Davis. Ich…“, für einen Moment suchte Matt nach den richtigen Worten, dann sank er neben Tai auf die Knie und warf Davis einen genauso intensiven Blick zu. „Ich habe eine Frage an dich. Nur eine einzige Frage, ja?“ „Hm?“ „Wenn Tai oder ich zu dir sagen würden, dass es okay ist, weil es wichtigeres als uns gibt, wie würdest du reagieren?“ „Natürlich seid ihr wichtig!“, erwiderte Davis empört, nachdem Tai endlich seine Hand weggezogen hatte. „Ah. Dann habe ich noch eine Frage an dich. Warum sind wir wichtig, du aber nicht?“ „Ich… also… oh.“ „Ja, oh.“ Matt nickte wissend. „Glaub mir, ich kenne das. Aber jetzt, während du das verdaust, ich habe dir etwas zu essen mitgebracht.“ „Oh…“, wiederholte Davis sich. „Ich sagte doch, wir haben dich durchschaut, Kumpel.“ „Hast du dich mal angesehen? Du bist viel zu dünn. Du bist dünner als Mimi und du weißt, wie sehr sie auf so was achtet!“ Matt hatte sich mittlerweile im Schneidersitz zu ihnen gesetzt und wühlte in der Tüte. „Deshalb gibt es jetzt erstmal etwas zu essen.“ Davis drehte sich schier der Magen um, beim Gedanken, was Matt da alles zum Essen mitgebracht haben könnte. Noch schlimmer war nur, dass er es essen musste. Hoffentlich nichts zu Fettiges. „Hier, Tai, für dich ein Sandwich. Ich kenne doch deinen Dauerhunger.“ „Ah, super, danke!“ „Für euch Digimon habe ich auch Sandwiches. Für mich nur ein bisschen von dieser Matcha-Rolle. Ich bin eigentlich noch satt von deinem leckeren Essen, aber zusammen schmeckt es besser, oder? Und für dich gibt es ein Jogurt und etwas Obst.“ Erstaunt sah Davis auf das angebotene Essen und dann zu Matt, der ihm ein verschmitztes Lächeln schenkte. „Nicht alle essen so viel wie Tai…“ „Hey!“ „…und dazu kommt, dass ich nicht wusste, wann du das letzte Mal gegessen hast. Also habe ich dir lieber etwas leichtes mitgenommen. Wenn du willst, kannst du aber Tais Sandwich oder meine süße Kleinigkeit haben.“ „Hey!“ „Ruhe, Tai. Also, Davis, was soll es sein?“ Matt hielt ihm den Jogurt und das Obst hin und stumm griff Davis danach. Schweigend aßen sie dann ihr jeweiliges Essen. Es war eine angenehme Stille, sie wirkte nicht angestrengt und Davis hatte nicht das Bedürfnis, sie füllen zu müssen. Der kühle Jogurt und das frische Obst rutschten auch erstaunlich gut runter und mit jedem Bissen merkte Davis, dass er wohl doch Hunger hatte, auch wenn er am Ende satt war. „Danke“, wisperte er. „Danke fürs Essen“, erwiderte Matt. „Können wir jetzt reden?“ „Um…“ „Wow, sensibel, Matt, sehr sensibel“, mischte Tai sich ein und wischte sich die letzten Krümel aus den Mundwinkeln. Bevor du gekommen bist, hatten Davis und ich tatsächlich ein sehr gutes Gespräch.“ „Super, dann können wir jetzt zu dritt weiterreden, weil, Davis, ich mache mir ehrlich gesagt wirklich Sorgen um dich.“ „Es tut mir l…“ „Nope!“ Wieder hielt Tai ihm blitzschnell den Mund zu. „Keine Entschuldigungen von dir.“ „Davis“, Matts Stimme wurde ganz sanft, „du hast keine Schuld, also hast du auch keinen Grund, dass es dir leidtun muss. Du leidest ganz offensichtlich und es tut uns leid, dass wir das nicht früher gesehen haben.“ Obwohl Tai seinen Mund wieder freigegeben hatte, konnte Davis nur stumm nicken. „Also, erzähl uns, was ist los mit dir?“ „Ich…“ Wo sollte er nur anfangen? Sollte er wirklich darüber reden? Was sollte er den beiden erzählen? „Weißt du was, wir stellen dir Fragen, ja?“ Tai grinste ihn an. „Ich fange an. Geht es dir so schlecht, weil du unglücklich verliebt bist?“ Matts Augenbrauen schossen in die Höhe, aber er schwieg und Davis war dankbar, dass er nicht darauf einging, sondern nur zuhörte. „Etwas?“ „Okay. Hast du Probleme mit deinem Restaurant?“ „Nein!“ Hier konnte er Matts Frage zumindest schnell und mit voller Überzeugung antworten. „Dann können wir das ja von der Liste streichen. Ich wieder. Was machst du so in deiner Freizeit?“ „Ich…“ „Wir machen nichts“, kam es von Veemon, das im Hintergrund zusammen Agu- und Gabumon gespannt zuschaute. „Wir arbeiten, essen und schlafen.“ „Veemon!“ „Na, stimmt doch.“ „Danke, Veemon. Sag uns immer bescheid, wenn du glaubst, dass Davis uns nicht ganz die Wahrheit sagt, okay?“, bat Tai das kleine Digimon mit einem Zwinkern. „Okay!“ „Verräter…“ „Nächste Frage: Wann hast du dich zum letzten Mal mit Freunden getroffen?“ „Heute“, hierbei warf Davis Matt einen ausdruckslosen Blick zu. „Und vor uns?“ „… Ähm…“, war Davis‘ kleinlaute Antwort, „Ich weiß es nicht?“ „Das war wenigstens ehrlich. Wann hast du das letzte Mal versucht, dich mit einem Freund zu treffen?“ Tais Fragen trafen ins Schwarze. Davis versuchte, sich noch etwas kleiner zu machen, während er beharrlich schwieg. „Veemon?“ Das war unfair, aber sein Digimonpartner war mehr als bereit, ihn zu verraten: „Letzte Woche hat ihm Ken abgesagt. Mal wieder.“ Vielsagende Blicke gingen zwischen Tai und Matt hin und her. „Vermisst du Ken?“ Natürlich vermisste Davis seinen besten Freund. Was war das für eine Frage? Dennoch verlor er kein Wort dazu und betrachtete intensiv seine Knie. „Das interpretiere ich mal als ein Ja“, seufzte Matt. „Ich habe noch eine Frage. Hast du das Gefühl, wir und insbesondere Ken haben dich im Stich gelassen?“ „Nein“, kam es wie aus der Pistole geschossen. „Haben wir dich zurückgelassen?“ „Um… nein…“, dieses Mal war Davis‘ Antwort deutlich unsicherer. „Denkst du manchmal, dass wir ohne dich weitergehen? Vielleicht… in eine Zukunft, in der du keinen Platz mehr hast?“ „Was? Nein? Vielleicht… ich…“ Nachdem Matt die letzten Fragen gestellt hatte, hatte Tai nun noch eine letzte Frage: „In wen bist du verliebt? Ist es Ken?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)