Never surrender von Sylvanas_Windrunner ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel vier - Fünfhundertundsiebenundvierzig - ----------------------------------------------------------- Sonntag. Ein guter Tag. Ausnahmsweise hatte ich mich nicht wie gewohnt von einem Wecker klingeln wecken lassen. Sondern hatte das der Sonne überlassen, die früher oder später durch das Fenster ihren Weg bahnen würde. Und das tat sie, mit aller Macht. Ich hatte alle viere von mir gestreckt, so gut das eben möglich war, bis der eine Arm eben die Wand erreichte und der andere sich aus dem Bett verlor. Klein aber fein, das Bett reichte für mich alleine völlig aus und es wäre unnötig über ein größeres nachzudenken. Davon abgesehen hätte ich nicht einmal Platz dafür. Ich versteckte das Gesicht in meinem weichen Kissen und gähnte einmal, war es wirklich schon Zeit aufzustehen? Es war gerade so bequem hier. Kuschelig konnte man es kaum nennen, denn die Temperaturen waren dafür einfach morgens schon zu hoch. Außer man stand natürlich total darauf morgens schweiß gebadet aufzustehen. Vorsichtig tastete ich nach meinem Handy: wie viel Uhr war es eigentlich? Blind hatte ich nach dem Objekt gefischt und es auch gefunden. Wehmütig darüber das die Nacht mir zu kurz erschien, warf ich durch ein offenes Auge ein Blick auf das Display. Acht Uhr und siebenunddreißig Minuten. Von wegen kurzer Nacht. Ein weiteres Mal vergrub ich mein Gesicht in dem Kissen unter mir. Kurz rechnete ich durch wie viel Zeit mir noch blieb, bis ich fertig sein müsste. Über Nacht hatte ich nicht diese dumme Einladung, die gestern aussprach, vergessen. Tja, das Süppchen müsste ich jetzt auch eigenständig auslöffeln. Um mich einen Augenblick länger davon abzulenken, studierte ich die neuen Nachrichten auf meinem Smartphone. Ebenso einen Wetterbericht der nichts neues zu verkünden hatte. Hitze. Hitze. Und nochmal Hitze. Da war ein Ausflug ans Meer doch eigentlich nicht verkehrt. Das ließ sich einfach nicht gut reden. Eine Stunde später betrachtete ich mich und mein Outfit in einem langen bis auf den Boden reichenden Spiegel. Der Eitelkeit halber, hatte ich mir immerhin ein großer Spiegel gegönnt. Quatsch. Man sah sich einfach besser als in so einem kleinen Ding. Und ich überprüfte nun einmal gerne mein Aussehen, vielleicht war es etwas Eitelkeit aber die sollte jeder besitzen. Daran könnte ich nichts Falsches erkennen. Ein leichtes zustimmendes Nicken segnete also die Auswahl ab. Prüfender Blick zur Uhr. Check. Sachen packen und los. Die wenigen Dinge die ich benötigte waren schnell zusammengesucht und auch entsprechend verstaut und fand mich daher recht schnell auch auf den Weg zum Bahnhof wieder. Der Ort an dem ich mich mit Tea für heute verabredet hatte. Nicht das ich mich schon ein bisschen unwohl dabei fühlte, erinnerte ich mich auch noch an das was Rei gestern fantasiert hatte. Super. Vielleicht sollte ich die beiden einander vorstellen. Wobei… nein. Das könnte ich kaum akzeptieren. Es würde nur etwas Anständiges an Teas Seite geduldet und der müsste durch meine Prüfung, ganz klar. Hmpf. Bevor ich sowas verlangen könnte, sollte ich vielleicht meinen Freunden erst einmal die Person vorstellen, die mein Interesse innehatte. Auf keinen Fall – ganz dumme Idee. Das war viel zu früh. Das war genau Fünfhundertundsiebenundvierzig Tage zu früh. Absolut. Viel zu früh. Außerdem galt es das einfach nicht zu riskieren. Nicht nur das, ich musste dann ehrlich sein, richtig? Ehrlich, wie lange das schon so war. Nein. Einfach nur nein. Soweit waren wir noch nicht. Davon abgesehen, verlieh diese Geheimniskrämerei dem Ganzen noch etwas ganz eigenes Unwiderstehlichem. Jeder sollte ein gut gepflegtes Geheimnis haben. Aus der Ferne entdeckte ich bereits die brünette Tänzerin und winkte ihr kurz zu. Ich lief also zu ihr herüber um sie richtig zu begrüßen und hoppla. Das waren wirklich unheimlich lange Beine und sie könnten vielleicht etwas mehr Stoff vertragen, aber das war ja nur meine Meinung. Reiß dich zusammen Atemu, das wird kein einfacher Tag heute. „Hast noch was vor, von dem ich nichts weiß“, gab es neben einer freundschaftlichen Umarmung auch noch ein stichelnder Kommentar. „Entschuldige“, folgte sofort aus meinem Mund, der Blick sprach Bände. „Angenommen“, gab sie dann mit einem kurzen Schmunzeln zurück. „Wir müssen dort lang“, änderte ich dann das Thema und deutete in den Bahnhof. Es wäre keine besonders lange Fahrt aber auch keine kurze, im Angesicht das ich das erste Fettnäpfchen für heute erfolgreich von meiner Liste streichen könnte. Woah und gewiss würde das noch unangenehmer werden. Ich lotste Tea und mich also durch den Bahnhof zum richtigen Zug, den Weg kannte ich ja bereits. „Ich hoffe du hast ne Kamera dabei“, sagte ich und deutete nachdem Kauf von den Fahrkarten auf ihre Tasche. Denn die Aussicht wäre atemberaubend. Und gleich das ich sie bereits kannte, würde ich sicher erneut ins Staunen geraten. Tea verneinte meine Frage, aber versicherte das man ja auch mit einem Handy gute Fotos machen konnte. Das Stimmte sicherlich, doch wäre eine richtige Fotokamera etwas anderes. Aber nun ja, so sei es eben. Im Zug suchten wir uns einen Platz und setzten uns. Die Fahrt dürfte ungefähr Sechzig Minuten dauern, und ich hatte das Gefühl das sie länger werden würden als auf meiner ersten Fahrt. Ich war ja selbst schuld, daher sollte ich aufhören mich zu beschweren. Und doch verließ mein Mund dieses genervte Zungen schnalzen. „Alles in Ordnung?“, fragte die Brünette, selbstverständlich nach. Natürlich war es das. Alles ist in bester Ordnung, wenn ich es genau betrachtete, könnte es für mich sicher kaum besser laufen. Was diese Situation betraf sicher schon. „Ja, aber sicher“, erwiderte ich auf ihre Worte. Es würde reichen, wenn sich einer von uns dabei unwohl fühlte. „Die Fahrt dauert nur immer so schrecklich lange“, setzte ich auf meine Worte nach um es nicht gänzlich wie eine Lüge wirken zu lassen. Sicher kannte meine Freunde meine Ausdauer und damit zusammenhängende Geduld, aber sie waren nicht immer so groß wie es die anderen glaubten. Nun gut in diesem Fall waren ja auch diese sechzig Minuten gar nicht das Problem, denn jede Minute der Geduld würden sich auszahlen. Aber manchmal fiel es eben auch mir schwer mich zu beherrschen. Vor allem wenn ich mir dabei so im Klaren war, dass ich einem Freund damit keinen Gefallen tat. In dem Fall war es eben Tea. Anders aber wollte ich diesen Umstand auch abschütteln, sonst machten wir ja auch allerlei Unternehmungen. Etwas völlig Normales eben. Nach der Bemerkung allerdings von neulich, fühlte sich das jedoch alles etwas anders an. Komplizierter. „Ich habe uns noch etwas mitgebracht“, sagte dann die Brünette und hatte für die kleine Reise sogar Proviant besorgt. Auf Tea war eben wie immer verlass. Sie dachte wirklich an alles. „Verhungern kann man mit dir sicher niemals“, gab ich darauf amüsiert zurück. Aber eventuell könnte man unabsichtlich ein paar Kilos zunehmen. Die Tänzerin beherrschte nicht nur ihren Körper ziemlich gut, sondern auch den Kochlöffel. Zu mindestens hatte sich den anderen und mir das so gezeigt. Nach einer kleinen Stärkung entpuppte sich die Brünette auch als gut vorbereitet. Tea hatte ein Kartenspiel dabei, ganz so als hätte sie geahnt das ich nicht so redselig wie gewöhnlich sein würde. Es ging doch wirklich nichts über ein gutes Spiel. „Soll ich dich gewinnen lassen?“, gab ich mit einem breiten Lächeln von mir und sah meine Begleitung an. Es war ein übliches Kartenspiel, was jedoch nicht bedeutete das ich es deswegen nicht ernst nehmen würde. Auch wenn es längst nicht mehr die Gewichtung von einst hatten, Herausforderung blieb Herausforderung. Und es hatte mit Respekt zu tun so etwas ernst zu nehmen. Den einzigen Menschen den ich bei seinen Herausforderungen nicht mehr ernst nehmen konnte, war mein Chef, aber das war wieder etwas völlig anderes. Ein ganz anderes Kaliber als die liebe Freundin vor mir. „Höre ich da etwas Arroganz?“, pfefferte die sonst eher ruhigere Brünette zurück und lächelte dann selbst verschmitzt herüber. „Niemals“, gab ich darauf belustigt zurück. Vielleicht war es nur ein bisschen so. Nein, wirklich…ich könnte, wenn ich wollte, aber ich wusste auch dass es mir nicht stand. Und nötig hatte ich es auch nicht. Für ein bisschen Spaß könnte ich es aber mimen. Tatsächlich waren die sechzig Minuten damit ziemlich zügig herum gegangen. Unerwartet, aber es war gut. Sehr gut. Es erleichterte mein Gemüt ungemein. Und irgendwie konnte ich mich nun mit etwas mehr Aufrichtigkeit darauf freuen. Darauf, wieder hier zu sein. Wenn gleich es dieses Mal nicht die Person war, die mein Herz so tief begehrte. Die Erinnerung aber daran reichte erst einmal für mich aus. Schnell hatten Tea und ich den Zug verlassen und machte ihr verschiedene Vorschläge wohin wir nun gehen könnten, sollten und mussten. An diesen Ort zurück zu kehren fühlte sich etwas wie Freiheit an. Nicht dass ich es sonst nicht so wäre, aber es fühlte sich einfach anders an, wenn man wusste das die Chance ein weiteres bekanntes Gesicht zu treffen höchst gering war. Und man sich damit einfach etwas gehen lassen konnte. Und ich mich in meiner Überzeugungskraft nicht ganz so bedeckt halten muss, wie gewöhnlich. Das hatte nichts mit verstecken oder verstellen zu tun, wenn ihr nun daran dachtet für mich war die Rücksicht. Immerhin hatten wir uns gemeinsam darauf geeinigt. Und Rücksicht und ein Kompromiss funktionierte nur wenn alle beteiligten dafür etwas gaben. Und mir musste man wirklich nicht erklären was es bedeutete etwas zu Geben oder zu opfern für etwas. Gutes. Ja, so dürfte man es irgendwie schon verstehen. Auch wenn ich der Meinung war das ich genug Geheimnisse gehabt hatte, vor mir selbst und meinen Freunden. Ich erinnerte mich genau an dem Wort laut: auf eines mehr oder weniger käme es jetzt auch nicht mehr an. Und soll ich euch was sagen, diese Worte hatten mich zu keiner Sekunde überrascht. Es gab eben Dinge, die auch ich niemals verändern könnte. Was gut so war und ist. Zurück zu meiner aktuellen Begleitung, sie hatte es nicht verdient das ich in meinen Gedanken herumturnte. Tea äußerte mir Gegenüber welchen Vorschlag sie zuerst nachgehen wollen würde. Der Strand und das Meer – hervorragende Wahl. Ich konnte nicht leugnen, dass ich ziemlich glücklich mit dem Ablauf des Tages war. Es hatte sich als ein hoch dargestellt und nicht wie zu nächst befürchtet als Dilemma. Zu mindestens konnte ich es für mich so einordnen. Sicher gab es zwischen Tea und mir diesen kleinen Momenten in denen es komisch wurde. In Erinnerung würde mir wohl dieser Souvenir Shop bleiben. Und vor allem die Worte der Brünetten: hier hast du es also gekauft. Ja, ihr erinnert euch and en Karaoke Abend, ja genau sie meinte das Shirt. Es wäre albern gewesen zu sagen nein, aber es war ebenso albern mich danach nach derartig zu fragen. Das hatte sie offenbar anhand meines Blickes erkannt und er dürfte sie auch daran erinnert haben, dass ich mit ihr nicht weiter darüber reden würde. Mit keinen von ihnen. Freunde, nein, Familie hin oder her. Diese eine Angelegenheit würde ich nicht mit ihnen teilen. Nicht jetzt. Aber vielleicht irgendwann. Eben wenn die Zeit dafür gekommen war. Fünfhundertundsiebenundvierzig Tage – da war zu meinem Leidwesen noch Luft nach oben. Zum Leidwesen meiner schwindenden Geduld. Sicher könnte man meinen ich müsste sowas schon früh gelernt haben. War es den in der Antike nicht auch stets etwas, was man andere nun glauben lassen wollte. Ich konnte mit Sicherheit sagen, dass man mir das beigebracht hatte, was aber niemals hieß das es deswegen leichter sei. Auch eine goldene Krone die man stolz, aufrichtig und erhaben trug…auch diese konnte verrutschen und beim Aufprall auf den Boden einen der wertvollen Juwelen verlieren. Die Kunst lag darin meine Freunde und allen anderen nicht sehen zu lassen, wenn ich diese Bruchstücke aufsammelte und wieder artig zusammensetzte. Doch mein Gewissen war darüber längst zur Ruhe bekommen, denn es war viel Zeit vergangen. Es war längst in Ordnung die Kontrolle auch mal anderen zu überlassen und diese nicht zurück gewinnen zu müssen. Ach, das klang ein bisschen so als sei ich ein totaler Kontrollfreak. Das war ich nicht. Sich überraschen zu lassen, konnte etwas Schönes sein. Ich war mir jedoch sicher, dass es der Macht der Gewohnheit zuschulden war, dass bei einer Überraschung immer erst sowas wie ein Alarmglöckchen los ging. In Anbetracht der Zeit die ich mit meinen Freunden erlebt hatte, schien es nicht verkehrt zu sein mehr zu wissen als andere. Den die Seite die nicht so viel weiß hatte mir nicht so gefallen. Sicher konnte man es mit einem Rätzel gleichsetzen und das feuerte mein Spieltrieb irgendwie auch an. Doch es hatte dabei mehr als etwas Spaß auf dem Spiel gestanden. Und es war vermutlich das, was mich manchmal noch zur Hut rief. Zusammen mit Tea hatte ich ebenfalls noch etwas im Souvenir Shop gekauft. Ich würde es wohl verschenken, mit dem Wissen das ich es nicht oft sehen würde. Aber wenn würde ich mir sicher Zeit nehmen es zu betrachten. „Für dich?“, sprach die Brünette die mich aus meinem kleinen gedanklichen Ausflug riss. Meine Irden mussten der Brünetten sofort verraten haben, dass ich mich ertappt fühlte, als ich sie ansah. Die Tänzerin schmunzelte kurz. Erwischt. Etwas mehr Contenance. „Seit wann bist du unter die Rhetoriker gegangen?“, fragte ich sie darauf nur. Uns beiden war klar, dass ich es nicht für mich gekauft hatte. Und für einen Moment ärgerte ich mich diesem Drang nachgegeben zu haben. Es war doch meine eigene Schuld, an ihrer Stelle hätte ich ja auch gefragt. „Man wird doch noch fragen dürfen“, gab sie leise glucksen zurück. Natürlich dürfte sie das. Tea dürfte mich alles Fragen was sie wollte. Das dürften Sie alle. Bedeutete aber nicht, dass ich ihnen darauf Antworten würde. „Immer“, gestand ich ihr dann. Hob dann jedoch kritisch meine Augenbrauen an. „Allerdings war das keine ernsthafte Frage“, fügte ich meinem vorherigen Wort hinzu. Die Tänzerin sah mich nur an und sagte darauf nichts. Auch wenn wir beide gerade ein Lächeln auf den Lippen trugen, wussten wir beide das es gerade nicht witzig gemeint war. Ich kannte die junge Frau anders, deswegen fiel es mir schwer den Gedanken zu festigen wie ich mich gerade dabei fühlte. Bedrängt. Es war für mich nicht neu Grenzen zu überschreiten und ganz bewusst zu übertreten. Und ich hatte die Leute um mich herum oft gezwungen mir auf diesen Weg zu folgen. Jetzt werden viele sagen: wie kommst du darauf. Der Fehler daran lag im Detail. Aber das wollte ich hier jetzt nicht weiter erläutern. Jedenfalls hatte ich nach meiner Rückkehr darauf geachtet welche Grenzen überschritten werden wollte und welche nicht. Und ich hielt mich an diesen ungeschrieben Gesetzt, was wir alle selbst definierten und anderen vorgaben. Es gab ja auch kein Grund sich ständig über diese Abgründe zu beugen. Tja so schnell wurde etwas Angenehmes dann halt doch unangenehm. Ein reiner Drahtseilakt. „Tut mir leid“, gestand ich dann an die Brünette als wir ein paar Schritte gegangen waren. Diese hatte ihren Blick voller Neugierde auf mich gerichtet. Zu Recht. Ich hatte meine Worte nicht böse gemeint. Wirklich nicht. Das bedeutete nicht, dass sie ihren Nachdruck verlieren sollten, dass es einfach langsam reichte. Egal, wie zufällig die Fragen darin versteckt sein mochten. Und ich nur zu gut die Neugierde dahinter verstand. Aber war es verkehrt gerade von denen, den ich zu tiefst Vertraute, etwas Vertrauen und Zeit einforderte. Mir war ja klar das man mit mir immer viel Geduld und Vertrauen brauchte und das ich es anderen nicht unbedingt leicht machte. Doch ich würde gerne selbst und nicht gänzlich alleine entscheiden, was ich wann und wie preisgab. Das würde doch Tea doch sicher verstehen. Wenn nicht sie, wer dann? „Lass uns nicht weiter darüber reden“, erklärte ich dann noch und hoffte das es einfach so ausreichen würde. „Lass uns noch ein Foto machen“, gab mir die Andere darauf zurück im Sinne von: längst vergessen. Ich forderte sie mit einer Geste auf, dass sie mir ihr Smartphone geben sollte. Natürlich würden wir noch ein Foto machen, auch wenn er glaubte sie hätte heute genug gemacht. Aber wie war das noch mit den Kompromissen. Ein vergleichbar geringer Preis. Meiner Meinung nach. Gefühlt zwanzig Selfies später saßen wir dann auch wieder im Zug, bereit für den Rückweg. Es war genau: sieben Minuten vor Sieben Uhr. Himmel! Waren sie wirklich so lange hier gewesen? Ach herrje, eigentlich hatte ich mich noch auf Morgen vorbereiten wollen. Immerhin wäre es Wochenstart gewesen und alles was ich heute vielleicht noch irgendwie erledigen könnte, müsste ich morgen nicht tun. Und damit wäre ein entspannter Wochenstart möglich gewesen. Apropos entspannt, da fiel mir doch direkt Rei ein. Wäre ich nun alleine gewesen, wäre mir wohl das absolut verzweifelte Seufzen der Welt aus dem Mund gerollt. So gut wie ich Rei mittlerweile kannte würde er morgen doch die zweite Runde einläuten. Dabei hatte mir die erste schon gereicht. Ja genau und die Frage war dein Wochenende. ‚Ja also ich war mit dieser langjährigen guten Freundin genau da, wo sich die ganzen verliebten tummeln‘. Genau. So positionierte man sich selbst nahezu perfekt vor dem Läster-Geschoss des anderen. So perfekt das man fast eine Gänsehaut vor Überwältigung kriegen könnte. Ekelhaft. Zur Not würde ich einfach flüchten. Ja richtig. Ich würde mich einfach auf diese lange Freundschaft berufen die selbst Kaiba nicht leugnen könnte und ich deswegen noch einen Gefallen bei ihm frei hätte. Ursprünglich hatte ich dazu andere Vorstellungen, aber besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Und mir wäre es das wert. Auch wenn ich wusste das mein Chef sicher mit einer gewissen Freude und Genugtuung nachtreten würde. Sei es ihm gegönnt. Ich hatte auch nicht mit Hilfe gerechnet, ich würde mich nur bis zum Feierabend verstecken wollen. Und vielleicht auch den Rest des Jahres. Ob ich um ein neues Büro betteln sollte? So ganz für mich alleine. Vermutlich wäre mir das zu langweilig. Irgendwie waren Reis Geschichten ja witzig, aber eben nur so lange ich nicht drin vorkam. Die Gedanken daran ließen mich jetzt schon erschöpft in den Sitz sinken. Die Tänzerin sah fragend herüber. „Wieso hat das Wochenende eigentlich nur zwei Tage?“, fragte ich sie dann mit einer gewissen Ernüchterung. Nun niemand hatte gesagt das ich Rei davon erzählen müsste wo ich mit wem war. Tat ich ja sonst auch nicht. Richtig? Richtig. „Ich glaube, dass fragen wir uns alle des Öfteren“, gab sie nun darauf zurück. Oh ja. Das taten wohl viele an einem Sonntag. Ich sollte es einfach wie immer halten. Im richtigen Moment eben gewisse Dinge überhören. Je genau so würde das schon gut gehen. Die Rückfahrt verlief ruhig, Tea tippe eine Weile auf ihrem Handy herum während ich mein Blick nach draußen gerichtet hatte. Die Sonne versprach das die Dämmerung nahte und damit unheimlich schönen Anblick bieten würde. Die Dämmerung war irgendwie ein mystisches Versprechen, findet ihr nicht auch? Sie lässt so viele Dinge anders wirken und aussehen. Als offenbarte sie Dinge die sonst in den verborgenen Lagen, ungesehen und nun bereit entdeckt zu werden. Wenn man sich beeilte könnte man kleine Wunder entdecken. Vielleicht war das aber auch einfach nur eine Träumerei meines Verstandes. Ich sollte es vielleicht doch mal als Autor probieren, hm? Vermutlich aber würde ich die Menschen mit meinen Vorstellungen langweilen. Meine Begleitung sah von ihrem Smartphone erst wieder auf, als eine Stimme im Zug verkündete das sie gleich in Domino ankommen würden. Eine ganze Weile hatte ich Tea beobachtet und daran gedacht es ihr gleich zu tun. Aber vermutlich hätte ich eh keine Reaktion auf mein Tun bekommen. Mit einer sehr großen Sicherheit hätte ich erst Mittwoch eine Reaktion darauf erhalten. Wie immer musste ich mich also in Geduld üben. War ja nicht das erste Mal. Außerdem hätte ich mich dann kaum noch konzentrieren können und wäre vielleicht etwas übermütig geworden. In letzter Zeit ließ ich mich etwas sehr oft dazu verleiten. Es brachte eben halt ein kleiner Nervenkitzel mit sich, dem selbst ich nicht lange widerstehen konnte. Ich deutete der Brünetten das wir schon aufstehen sollten, was wir letztlich auch taten kurz nachdem der Zug gehalten hatte. Die Uhr verriet das es gleich acht Uhr war und damit neigte sich der Sonntag dem Ende und es wäre Zeit sich nun zu verabschieden. Spätestens Mittwoch würde ich sie zum Mittagessen wiedersehen. Die Verabschiedung fiel wie üblich aus und ich machte mich mit einem kurzen Zwischenstopp auch direkt auf den Heimweg. Der Hunger hatte sich gemeldet, also hatte ich mir noch eine Kleinigkeit besorgt. Wirklich, und ich wunderte mich warum meine Waage schon nach Hilfe schrie, wenn sie mich sah. Mich sollte doch bald nichts mehr wundern. Den Abend ließ ich in aller Ruhe ausklingen, den Laptop hatte ich auch ausgelassen. Ich würde wohl ab morgen wieder mehr als genug Zeit damit verbringen. Oder eben damit das Rei meine Ohren zum Glühen brachte. Jaja ich kleiner Glückspilz – not. Viele würden jetzt sagen: wieso stellst du dich so an? Mich beschäftigte es halt ungemein. Gerade wenn die Behauptung so schwer wogen und mein Verlangen danach es mit aller Macht zu korrigieren sowie so schon immer schwerer zu beherrschen war. Bei meinem Pech würde Rei mich noch knacken bevor es meine Freunde taten. Der längst vergessene und verschlossene König in mir hatte nerven aus Stahl bewiesen, doch in Wahrheit war ich weit von diesem Zustand entfernt. Der Fehltritt würde mich mein Mittwochabend gekosten. Und vielleicht auch mein mehr. Nicht auszuhalten. Beherrschung war alles. Etwas mehr Würde stand mir sonst auch sehr gut. Fast etwas aufgebracht über meine Gedanken schnaubte ich und schaltete den Fernseher aus. Es wäre wohl besser jetzt ins Bett zu gehen und alle Gedanken ruhen zu lassen. Gesagt, getan. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)