Sherlock Holmes von Cyrene (das unheilvolle Familienerbstück) ================================================================================ Kapitel 10: Schon wieder?! -------------------------- Mit einem lauten Knall schlug der Detektiv die Wohnungstür  zu und entledigte sich seines Mantels. Etwas ausgelaugt zog der Doktor ebenfalls seine Jacke aus und ließ sich direkt auf den Stuhl neben der Tür fallen. Die weiche Polsterung tat mehr als gut, woraufhin John leise stöhnend die Augen schloss. Sherlock machte es sich unterdessen auf seiner Couch gemütlich, nahm sein Handy zur Hand und fing an, tief in Gedanken versunken, darauf herum zu tippen. Für kurze Zeit die Ruhe genießend, John hatte noch immer ein widerhallendes ‘Boom Boom Boom’ in seinem Kopf, lehnte sich dieser weiter auf dem Stuhl zurück und begann sich zu entspannen. Sherlock versuchte sich derweil zu konzentrieren. Er wollte den Besuch im Club als Erfolg verbuchen, zumindest für ihre Ermittlungen im Fall Brown, doch er konnte einfach kein Gefühl der Zufriedenheit in sich erzeugen. Viel zu sehr ärgerte er sich, vollkommen untypisch für ihn, da über, dass John seine Tanzvorschlag so abgewiesen hatte und es außerdem augenscheinlich unglaublich eilig gehabt zu haben schien, durch den Wechsel zum 'Sie' schnell wieder so viel Distanz wie möglich zwischen sie zu bringen. Aber warum störte ihn das alles so? War es nicht so gedacht gewesen? Sherlock wusste nicht, was er erwartet hatte, aber er wusste, dass sein 'Ablenkungsmanöver' nicht geplant gewesen war und ihn mehr durcheinander gebracht hatte, als er sich eigentlich eingestehen wollte. Es war doch gar nichts gewesen! Zumindest nichts, was solche gedanklichen und körperlichen Reaktionen auslösen hätte dürfen. Wie es John wohl damit ging? Außerdem war das ja nicht die einzige 'Intimität' dieses Abends geblieben. Im Flur, vor der Mitarbeiter Tür, waren sie sich doch auch, gleich zweimal kurz hintereinander, wieder so ungewöhnlich nahe gekommen. Warum hatte der Detektiv auch unbedingt das Bedürfnis verspürt dem Doktor ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht zu wischen? Das hatte er schon einmal getan, als John schlafend neben ihm auf der Coach gesessen hatte. Und dann die Situation an der Wand, die nur durch Johns übergroße Neugier ausgelöst worden war. Der 'Kuss' und das heimliche Gespräch im Flur waren natürlich nur Show gewesen, hatten alleine dem Zweck gedient, einem oder mehreren Außenstehende etwas vorzuspielen um den Auftrag nicht zu gefährden, aber die Sache mit den Haarsträhnen und Johns gleichzeitiger Wunsch, Sherlocks Temperatur zu überprüfen, da war niemand in der Nähe gewesen, dem sie damit etwas hätten suggerieren müssen, was eigentlich nicht war. Das war spontan und echt gewesen. Sherlock seufzte genervt leise auf und konzentrierte sich lieber auf seine Recherchen, war definitiv sinnvoller als diese absolut sinnlosen Gedanken. Er wusste, dass er auf keinen grünen Zweig kommen würde, wenn er versuchen würde, herauszufinden, warum er plötzlich so ein Bedürfnis danach hatte, den Kleineren zu berühren und warum sein Verstand und vor allem sein Körper bei Aktionen, die er eigentlich nur deshalb durchführte, um ein bestimmtes Ziel in ihren Ermittlungen zu erreichen, so seltsam und untypisch reagierte. John döste währenddessen vor sich hin. Dabei machten sich seine Gedanken selbstständig und ehe er sich versah, landeten auch sie bei dem 'Kuss'. John wollte eigentlich gar nicht großartig über diesen nachdenken, wollte es nicht mal wirklich als 'Kuss' bezeichnen, da es ja nur der Rettung ihrer Tarnung und der Situation gedient hatte und Sherlock ja im Grunde nur mit seinen Johns Lippen berührt hatte, mehr nicht. Alles um diese 'Fakten' herum, zum Beispiel Johns unerwartete körperliche Reaktion darauf und die Tatsache, dass ihn die 'Zuschauer' am meisten gestört hatten, all das wollte er ganz schnell vergessen und Sherlock einfach, natürlich gedanklich, dafür danken, dass er mit dieser gelungen Aktion die Mission im Club gerettet hatte. Auch die zwei Situationen kurz hintereinander im Flur wollte er einfach schnell vergessen. Ja, genau so würde der Ältere das handhaben. Da er nun seine, für ihn gerade ungewöhnlich wichtige, sprachliche Distanz zu dem Jüngeren wieder und Sherlock bestimmt im Barcode alles Wichtige heraus gefunden hatte, was es zu ermitteln gab, wurde dem Älteren ein weiterer Besuch in dem Club sicherlich erspart bleiben und deshalb sollte das mit dem Abhacken und Vergessen auch ein Leichtes sein, dachte er noch zuversichtlich, als er auch schon durch eine tiefe Stimme angesprochen, aus seinen Gedanken geholt wurde. “Morgen Mittag werden wir in ‘Surrey‘ unsere Ermittlungen fortsetzen!” John schlug die Augen auf und sein Blick glitt zu Sherlock, welcher immer noch auf dem Sofa lag. Sofort wieder vollkommen wach, fing er sogleich an zu überlegen. “Moment! Ist Surrey nicht eine Grafschaft außerhalb Londons?!” Sherlock richtete sich auf und antwortete schnell, ohne den Kleineren dabei anzusehen. “Richtig! Unser genaues Ziel ist ‘Wandsworth’, welches sich in dieser Grafschaft im Südwesten Englands befindet, also nicht gerade hier um die Ecke!” Der Blondschopf setzte sich etwas aufrechter hin, sah, jetzt deutlich interessiert zu seinem Mitbewohner, welcher nun an der Sofa Kante saß, hinüber und hörte diesem aufmerksam zu. “Sagt Ihnen dieses Anwesen irgendetwas?” Sherlock blickte John nun doch an und warf ihm sein Handy zu, welches dieser geschickt auffing. Der Doktor besah sich das Bild, welches der Detektiv vorhin im Nachtclub, im Mitarbeiterraum nach Indizien suchend, von einer Fotografie in Mr. Browns Portmonee gemacht haben musste, genauer an. Drauf zu sehen war ein sehr altes und doch prunkvolles Anwesen, inmitten einer grünen Wiesenfläche, geschmückt mit vielen gepflegten Bäumen und Sträuchern, welches sich an einem angrenzenden Wald befand, soweit er das auf dem kleinen Foto erkennen konnte. Es war ein sehr schönes Haus, die Außenwände des Gebäudes waren dunkelbraun und weiß, eine wunderschöne Mischung, gepaart mit dunkelroten Türen und goldverzierten Rahmen, sehr prunkvoll und kostspielig wahrscheinlich. Doch dem Älteren fiel noch etwas auf. “Ja!…Es kommt mir bekannt vor! Wurde dieses Anwesen nicht vor vielen Wochen mal in den Medien gezeigt? Dort soll doch der Besitzer, ein alter Mann und dessen Enkel, verstorben sein! Nur damals dachte man, er sei wegen seinem hohen Alter eines natürlichen Todes gestorben und das Enkelkind hat angeblich Selbstmord begannen!” “In der Tat!”, kam es knapp und Sherlock stand in einer fließenden Bewegung von seinem Platz auf. Er ging mit schnellen Schritten an John vorbei, schnappte sich einfach sein Handy aus dessen Hand, packte es in seine Hosentasche zurück und öffnete beiläufig die ersten beiden Knöpfe seines Hemdes. Dem Detektiv war wohl nun doch etwas warm geworden, wie der Doktor, der diesen die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte, bemerkte, doch ließ er sich davon nicht beirren und hörte Sherlock weiterhin zu, da dieser auch schon mit seinen Ausführungen begann. "Alle, besonders Scotland Yard, lagen, natürlich, mal wieder vollkommen falsch! Damals schon kam mir die Sache seltsam vor, ich fand es aber eher uninteressant und deshalb unnötig weiter darauf einzugehen! Heute fügt sich aber nun alles perfekt zusammen und dieser alte Fall kann neu aufgerollt werden!”, freute sich der Lockenkopf, welcher sich nun, seine Runde durchs Wohnzimmer beendend, mit einem Grinsen wieder auf seine Couch fallen ließ. “Jener alte Mann ist nicht etwa eines natürlichen Todes gestorben und der Fall des Enkelkindes, welches seine ‘Enkeltochter’ war, hat natürlich auch nichts mit Selbstmord zu tun, das wäre nämlich viel zu offensichtlich! Beide, Mr. Thomson, Besitzer jenes Grundstückes, und Ms. Brown, wurden umgebracht! Warum genau, werden wir sicher bald herausfinden, dazu fehlen mir momentan noch ein paar Details! Gleich morgen früh werde ich für uns eine Objekt Besichtigung dieses Grundstückes arrangieren, damit wir dort ungehindert und ungestört Beweise sammeln können, dazu bedarf es nur eines einzigen Telefonats!” Damit war das Thema ‘Wie kommen wir dort rein?’ schon für den Größeren geklärt und abgemacht, was John schließlich schon gewohnt war, ihn also nicht wirklich überraschte. Eins allerdings störte ihn noch an der ganzen Sache. “Aber was hat das jetzt alles mit unserem Verdächtigen zu tun? Und was haben Sie in diesem Mitarbeiterraum eigentlich genau gefunden?” “Noah!” “Wie Bitte?”, wollte John wissen, als er nur diesen Namen als Antwort bekam. “Noah Brown heißt er! Und er ist deshalb wichtig für uns, weil er Teil jenes Falls von damals ist, welcher im Übrigen genau zwei Monate zurück liegt! Unser lieber Noah ist nämlich das zweite Enkelkind von Mister Thomson, dem schon erwähnten Besitzer des Grundstückes!!” John legte überrascht den Kopf schief, fing an zu grübeln. “So ist das also! Aber wieso ist er nicht dort geblieben, er hat doch sicherlich das ganze Haus geerbt, oder nicht?” “DAS mein lieber John werden wir morgen noch herausfinden!” Doch so leicht ließ sich der Doktor nicht abwimmeln. “Sherlock, ich kenne Sie mittlerweile gut genug! Sie wissen doch schon wieder irgendetwas und wollen es nur noch nicht sagen, weil Sie auf den 'perfekten' Augenblick warten! Was ist mit diesem Noah, sagen Sie es schon?!”, drängelte der Ältere und stand von seinem Stuhl auf. Sherlock konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. “Wie wahr, Sie kennen mich einfach schon viel zu gut, weshalb ich auch, wie Sie gerade schon richtig sagten, mit meinen anderen Antworten den perfekten Zeitpunkt abwarten werde!” Seufzend verdrehte John die Augen und schüttelte leicht den Kopf. War ja mal wieder so klar, typisch Sherlock eben, aber gut, wenn der ach so tolle Meisterdetektiv meinte, dann sollte er doch machen was er wollte. Er war schon im Begriff sich von Sherlock abzuwenden, aber dann fügte dieser, immer noch grinsend, hinzu “Sie werden es noch früh genug erfahren und nun rauf ab ins Bett, Schlafenszeit!” Sofort hielt John in seiner Bewegung inne. Hatte er da gerade richtig gehört? Ungläubig sah John zu Sherlock, der sich ebenfalls wieder erhob. “Sie sind nicht meine Mutter!” Ein Schmunzeln seitens Sherlock folgte. “Das ändert nichts daran, dass wir jetzt schlafen gehen sollten, da wir morgen wieder einen anstrengenden Tag haben werden!” “Ich wiederhole, Sie sind nicht meine Mutter!” Der Größere kam einen kleinen Schritt näher, was seinem Mitbewohner zwar auffiel, diesen aber nicht dazu brachte sich von seinem Platz zu rührte. “In Ordnung, dann sage ich es Ihnen als Ihr Freund und Kollegen, in Sorge, dass Sie morgen unausgeschlafen und unkonzentriert für unseren Fall sein könnten! Ist das besser für Sie?” John hob eine Augenbraue, kam nun ebenfalls einen kleinen Schritt näher. “Ich denke, ich bin alt genug, um selbst entscheiden zu können, wann genau ich schlafen gehen muss!” “Allerdings offenbar nicht alt genug, um zu wissen, wie man sich fremde Leute vom Hals hält!” “Bitte?” Das war doch jetzt eindeutig eine Anspielung auf die Sache im Nachtclub, was John ziemlich unfair und völlig aus dem Kontext gerissen fand. Trotzdem rechtfertige er sich sofort: “Das ist wohl kaum zu vergleichen! Schließlich war ich zuvor noch nie in solch einer Situation! Außerdem wurde ich von diesen zwei nervigen Männern massiv bedrängt! Das gilt nicht!” Jetzt war es Sherlock der überrascht eine Augenbraue hoch. “Tatsächlich? Ich bin der Meinung, dass man sich auch dann aus der Affäre ziehen kann, wenn man noch nie zuvor so etwas in der Art durchgemacht hat! Dazu braucht man halt Selbstvertrauen und Durchsetzungsvermögen! Man muss improvisieren können!” Abermals wurde ein kleiner Schritt nach vorne getan, beide Männer standen sich nun schon näher als gewollt, ob bewusst oder unbewusst, die Luft um sie herum fing an zu knistern. “Wollen Sie damit etwa andeuten, dass ich diese Fähigkeiten nicht besitze? Und Improvisieren nennen Sie das?” Sherlock grinste überlegen, die zweite Frage glatt überhörend. “Ja und zudem keine Erfahrung! Sie wirkten oftmals sogar recht... schüchtern! ” “Was erwarten Sie? Diese Trottel waren sehr hartnäckig und wollten einfach nicht verschwinden!” “Ober aber SIE konnten sich schlicht und ergreifend nicht richtig durchsetzen!” Unwillkürlich legte sich ein dezenter Röte auf Johns Wangen. Sherlock reizte ihn immer mehr. Er spürte, wie er sich über die Aussagen, die im Grunde genommen stimmten, ärgerte und darüber, dass es eigentlich bei ihrem Gespräch, jedenfalls Anfangs noch, um etwas vollkommen Anderes gegangen war. Der Größere drehte und legte nun allerdings, offenbar mit voller Absicht und sehr geschickt, alle seine Sätze so zurecht, dass es plötzlich um die Sache im Barcode Vauxhall ging. Aber warum? Was versprach sich der Detektiv bitte davon? Und warum sprach er dann nicht wenigstens alles an? Natürlich konnte sich der Doktor hier nicht so einfach erfolgreich raus reden, was ihm auch sichtlich unangenehm war und auch Sherlock eigentlich längst bemerkt hatte. Doch der Jüngere konnte und wollte einfach nicht aufhören diese Sache anzusprechen, nicht jetzt. Er war, obwohl er sich zuvor mit dem Fall abgelenkt hatte, immer noch ein bisschen sauer und auch etwas aufgewühlter, als ihm lieb war. Ohne wirklich zu wissen, wie das 'Gespräch' enden sollte, redeten beide Männer also weiter auf einander ein, näherten sich dabei unmerklich immer mehr und standen sich kurze Zeit später schon direkt gegenüber. … “Ich fasse es nicht! Finden Sie das etwa lustig? SIE hat ja keiner dazu gedrängt mit Ihnen tanzen zu gehen! SIE wurden ja nicht andauernd von allen Seiten her angesprochen! Und..." John wurde noch eine Spur röter "SIE wurden ja nicht mit einem 'Ablenkungsmanöver' dieser Art überrumpelt!" fügte er noch nuschelnd hinzu. Eigentlich hatte er ja vorgehabt den 'Kuss' schnell wieder zu vergessen. Aber Sherlock musste ja unbedingt ihr Gespräch zu der Situation davor lenken. Sherlock hatte sehr wohl verstanden, was nach dem 'Und' gefolgt war, verbat es sich aber umgehend selbst strikt, auf dieses Thema direkt einzugehen und hackte stattdessen lieber weiter auf der Konfrontation, die überhaupt erst dazu geführt hatte, herum. “Ich Bitte Sie John, ein deutliches ‘Nein’ hätte schon genügt, aber anscheinend wollten Sie mal wieder nicht unhöflich sein!“ John, der sich immer noch fragte, worauf der Jüngere eigentlich genau hinaus wollte, griff jetzt ebenfalls verbal aggressiver an. Sherlock wollte Schuld Zuweisungen machen, das konnte er auch: “Entschuldigung, dass ich kein grober Eisklotz wie Sie bin! Wahrscheinlich haben die anderen Männer schon ihre eiskalte Aura gespürt und sich deshalb erst gar nicht getraut, sich Ihnen auch nur zu nähern!” Sherlock lachte darauf hin leise auf. “Und wenn schon, die anderen interessieren mich nicht! Außerdem..." Er zögerte kurz, sprach dann aber in gleicher Lautstärke weiter und hob dabei die Hände, um Johns Gesicht damit zu umfassen. " So kaltherzig kann ich gar nicht sein, du bist schließlich der beste Beweis dafür!” John stockte und nahm plötzlich überdeutlich Sherlocks warmen Atem wahr, welcher sanft über seine Wangen strich. Außerdem griff er mit seinen Händen nach Sherlocks Handgelenke, tat aber weiter nichts um sie los zu werden. Erst jetzt fiel ihm auf, wie nah er dem Jüngeren schon gekommen war. Zwar waren ihre Gesichter immer noch ein kleines Stück voneinander entfernt, er konnte aber dennoch eindeutig spüren, wie sich der Stoff seines T-Shirts und der von Sherlocks Hemd leicht berührten. Das erneute 'Du' registrierte er nur am Rande. Trotz oder gerade wegen der seltsamen Situation hackte er sogleich in sarkastischem Ton etwas lauter nach, die kühlen Hände auf seinen Wangen einfach ausblendend. “Wieso wenn ich fragen darf? Etwa weil ich, unter anderem, deine seltsamen, spontanen Einfälle, mehr oder weniger, kommentarlos ertrage?” “Nein,…”, kam sofort die leise Antwort. Sherlock konnte nun nicht mehr umhin, den 'Kuss' und zumindest die dritte Situation des Abends den seltsamen, spontanen 'Einfällen', zuzuordnen, die John ansprach und ohne, dass er noch viel Einfluss darauf hatte, überrollte ihn nun alles, was er bei dem letzten, sogar für seine Verhältnisse, sehr speziellen 'Einfall' gedacht und gefühlt hatte, ja, gefühlt. Der Detektiv erschauderte unmerklich. Der Rest des Satzes wurde dadurch zu einem ehrliche Seufzen “…weil nur du weißt und an erkennst, dass auch in Mir etwas Gutes steckt!” John hielt sofort die Luft an. Hatte er gerade richtig gehört? Hatte Sherlock das gerade eben tatsächlich laut gesagt und ernst gemeint? Jedenfalls sah dieser gerade überhaupt nicht aus, als würde er scherzen. Der Blondschopf wusste nicht wie ihm geschah, die momentane Situation war so seltsam, so…. er konnte es nicht anders benennen. Nur bei diesem verflixten Detektiv kamen jene Gedanken und Gefühle zum Vorschein. Aber Moment. ….Gefühle? … Auf unerklärliche Weise senkten sich nun Johns Augenlider etwas, er schaute aus halb geschlossenen Augen in die seines Gegenübers und konnte sich wieder einmal nur über sein Leben wundern. Mit Sarah wünschte er sich solche Empfindungen, bekam sie aber nicht und mit Sherlock.... … Auch Sherlock erging es momentan nicht anders. Er konnte nicht wirklich nachvollziehen, weshalb er unbedingt diese Situation mit John provozieren musste. Er konnte nicht weg, er konnte nicht aufhören. Wollte noch etwas sagen, wenigstens noch irgendeine schnippische Bemerkung,... mehr um sich selbst wieder in den Griff zu bekommen... doch die fiel aus... Sherlock kam John stattdessen weiter langsam immer näher, Zentimeter um Zentimeter. War ihm schon so nah, viel zu nah. Johns Alarmglocken schrillten laut auf! im Vergleich zu dem "Ablenkungsmanöver" im Club, sah er dieses Mal Sherlocks Gesicht, ganz deutlich, in einem Tempo seinem immer näher kommen, bei welchem er, ahnte sein verwirrtes Hirn doch recht deutlich, was Sherlock vor zu haben schien, noch, rechtzeitig eingreifen könnte. Doch... ob es nun an dem bisschen Alkohol lag, an jener so späten Stunde oder einfach an diesem Kindskopf vor ihm,… komischerweise hatte er gerade jetzt das Gefühl, sich nicht rühren zu können,… bis-…. “BLLIIIINNGGgggg!!!!” Heftig zusammenzuckend riss John die Augen wieder auf und Sherlocks Hände nach unten, trat einen Schritt rückwärts, wobei er die Handgelenke los ließ und blickte den Jüngeren erschrocken und fragend an. Auch Sherlock wurde abrupt aus seinen Gedanken gerissen. Es machte bei beiden im Kopf gleichzeitig "Klick"  und ihnen wurde klar, was jenes Geräusch zu bedeuten haben musste. Es war ganz einfach nur der Klingelton von Sherlocks Handy gewesen, welches er sogleich aus seiner Hosentasche holte, die gerade eben empfangene SMS öffnete und schnell durchlas. Molly wollte ihm die Autopsieberichte von Mr. Thomson und dessen Enkeltochter Nora Brown per Email schicken. Wie laut dieser Ton aber auch sein konnte, wenn man in Gedanken versunken war. Beide hatten sich erschrocken, aber viel mehr darüber, was vor dem Geräusch geschehen war. Sie mussten beide zugeben, dass sie über ihr Verhalten mehr als verwirrt waren. Um von der Sache nun schnell abzulenken, räusperte sich der Ältere leise. “Und? Etwas Wichtiges?” Sherlock antwortete, kam es John nur so vor oder klang es leicht frustriert “Nicht wirklich, nur Molly!” Etwas verloren standen beide nun da, hielten den Blick gesenkt, bis der Jüngere sich schließlich von dem Älteren weg drehte, hinüber zum Schreibtisch ging und sein Handy darauf ablegte. “Gut dann,…würde ich sagen wir legen uns jetzt schlafen! Gute Nacht John!” Ohne sich nochmals zu ihm umzudrehen bereitete der Detektiv sogleich seine Couch vor, ließ den Doktor hinter sich einfach stehen und widmete sich voll und ganz seiner momentanen Tätigkeit. Etwas verwirrt und doch dankbar zugleich nickte der blonde Mann nur und meinte leise, “Ja, Gute Nacht Sherlock!” Mit fühlbarer, aber unsichtbarer, Röte auf den Wangen verließ John schnellstens möglich das Wohnzimmer, war innerlich doch froh dort raus zu kommen und atmete, als er in seinem Zimmer oben angekommen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, ein paar Mal tief ein und wieder aus. Gott verdammt?! WAS WAR DAS GERADE BITTESCHÖN GEWESEN??? Sich seine Handflächen aufs Gesicht legend, dahin, wo gerade eben noch Sherlocks kühle Hände ihn berührt hatten, versuchte er wieder einen klaren Kopf zu bekommen, schloss verkrampft die Augen und nahm dann auch gleich resigniert seufzend die Hände wieder vom Gesicht. Ohne noch irgendetwas zu sagen, geschweige denn zu denken, zog er sich geschwind um, machte das Licht aus, ging zu seinem Bett und zog sich die Bettdecke über den Kopf. Ein leises Grummeln war noch zu hören, bis sich schließlich auch dieses Geräusch in der Stille des Raumes auflöste und John letztendlich mehr unruhig als ruhig endlich einschlief. … Sherlock indessen lag noch eine Weile wach und starrte an die dunklen Decke. Er ohrfeigte sich innerlich. Was in aller Welt war das bitte gewesen? Er hatte den Kleineren nochmals küssen wollen, hatte ihn wieder geduzt, soviel war ihm vollkommen klar. Das warum dazu allerdings keineswegs. Es gab keinen logischen Grund dafür. Er rieb sich, von dem ganzen Nachdenken ausnahmsweise müde, genervt stöhnend die Nasenwurzel und beschloss, nun lieber schnell einzuschlafen, morgen wäre dieses ganze Theater bestimmt längst vergessen, hoffte er zumindest. Alles Unangenehme in die hinterste Ecke seines Verstandes verbannend, schloss er die Augen und schlief auch bald ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)