Sherlock Holmes von Cyrene (das unheilvolle Familienerbstück) ================================================================================ Kapitel 12: Keine Ruhe im Sturm ------------------------------- “Ganz schönes Unwetter heute Nacht!”, versuchte der Detektiv mit ruhiger Stimme ein kleines Gespräch anzufangen, während er das herunter geangelte Glas vor John auf die Arbeitsfläche stellte. Dem Doktor lief dabei ein angenehmer Schauer über den Rücken, verursacht durch den warmen Atmen des Größeren, den er in seinem Nacken spürte. Unbewusst strich er sich über die Arme, hier unten war es noch kühler als in seinem Zimmer und so langsam fing er an zu frösteln. “Ja, und laut noch dazu!”, entgegnete John leise und drehte seinen Kopf kurz zur Seite, um für das herunter gereichte Glas, ein “Danke!” hinterher hauchend. Sherlock erwiderte nichts, ging nur einen kleinen Schritt zur Seite und nach vorne, so dass er nun direkt neben seinem Mitbewohner stand, dann zu ihm runter sah und beobachtete wie sich John etwas Milch in sein Glas goss. “Sie hatten einen Albtraum!” John sah auf. “Gut kombiniert!” Sherlock verzog keine Miene, legte seinen Kopf ein wenig schief und musterte seinen Nebenmann. Der Detektiv verspürte mit einem Mal das Bedürfnis dem Doktor mitzuteilen, dass er ebenfalls einen, mehr oder weniger, Albtraum gehabt hatte. Doch Sherlock ließ sich von seinen derzeitigen Gefühlen, die der Jüngere prompt als Last bezeichnete, nicht in die Irre führen oder gar beeinflussen. “Geht es wieder?”, erkundigte er sich schließlich, nachdem der Ältere einen großen Schluck aus seinem Glas genommen hatte. Dieser sah nun irritiert hoch in Sherlocks Augen, erkannte in ihnen, im Licht der Straßenlaterne, welches gerade so vom Wohnzimmer in die Küche reichte dass der Größere seine Frage ernst gemeint hatte. “Ehm…ja, sicher! Es war nur ein kleiner Albtraum, nichts von Bedeutung!” Er zuckte mit den Schultern und schenkte Sherlock sogar ein kleines Lächeln. “Und ich dachte schon…” Sofort verstand John. “Ach so! Nein, nicht SO EIN Traum! Vom Krieg und dem Ganzen habe ich schon seit Wochen nicht mehr geträumt! Um ehrlich zu sein nur noch sehr selten, seit ich hier eingezogen bin!" Der Lockenkopf nickte verständnisvoll. Gott?! Was war bloß los mit ihm? Was kümmerte es ihn, was sein Mitbewohner für nächtliche Träume hatte? Wieso plötzlich dieses Interesse und diese Sorgen?… Der Detektiv wusste es selbst nicht genau. Er gab zu, dass er in diesem Augenblick einfach intuitiv handelte, so wie es sich ergab, ohne viel darüber nachzudenken.… Ob das so gut war?… Der ehemalige Militärarzt unterdessen schwor sich gedanklich, dass er mit Sicherheit dem Anderen NICHT sagen würde was genau er geträumt hatte. Das er in diesem Albtraum nämlich in Wahrheit nur vor gespenstisch ominösen Schatten und anderen seltsam verformten Gestalten geflüchtet war… Eigentlich eher ein Traum von einem kleinen ängstlichen Jungen… Einfach nur peinlich für sein Alter, wie er fand. Gerade, als der Größere von beiden wieder etwas sagen wollte, wurde die ganze Küche, mitsamt den beiden Männern von einem erneuten Blitz erleuchtet. Dieser plötzliche Helligkeitsanstieg und der darauf folgende grollende Donner, ließen John ein wenig zusammenzucken. Verdammt! Wie er das hasste. Sherlock stand nur da und rührte sich keinen Zentimeter. Zwar hatte er sich ebenso kurz erschrocken, als es plötzlich heller geworden war, doch ließ er sich davon nicht beirren. Angespannt und die Schultern ein wenig nach oben gezogen trank John sein Glas schließlich leer und stellte es wieder vor sich auf der Arbeitsplatte ab. “Wie soll man bei diesem Sturm in Ruhe schlafen können?!” Sichtlich genervt strich er sich mehrmals durchs zerzauste blonde Haar und seufzte. Sherlock blieb still. Er stand einfach nur da und beobachtete den kleineren Mann neben sich. Betrachtete ihn genauer, musterte ihn und fing an zu überlegen. Er hatte sofort bemerkt, wie die Stimmung zwischen ihnen beiden sich verändert hatte, wenn auch nur ein wenig. Seit den Geschehnisse im Barcode Vauxhall und dieser Sache, vor einigen Stunden im Wohnzimmer, wo sie sich mit einem mal so, mehr oder weniger absichtlich und ohne Zuschauer, nahe gekommen waren, doch sein Handy dazwischen gefunkt hatte.… Dann auch noch die Tatsache, dass er gestern Mittag im Schlaf den Namen des Kleineren ausgesprochen hatte,... Alles sehr seltsam. Die Stimmung war leicht angespannt und genauso fühlte sich auch der Kleinere in diesem Augenblick. Abermals strich er sich über die Augen, sah dann aber aus dem Augenwinkel, dass sich Sherlock noch keinen Zentimeter bewegt hatte und richtete sein Augenmerk nun auf diesen. Ihre Blicke trafen sich. Trotz des wiederkehrende diffusen Lichtes sahen sie sich stillschweigend in die Augen. Keiner von beiden wusste nun so Recht was Mann denn sagen könnte. Jeglicher Satz hätte jetzt die Atmosphäre gestört, die sich so langsam aufzubauen schien. Ein wenig Verwirrtheit lag in Johns treuen Augen, doch momentan war sein Kopf einfach leer. Brachte keinen festen Gedanken mehr zusammen, war einfach zu müde und durcheinander. Schließlich aber senkte der Blondschopf wieder seinen Kopf, nahm sein Glas erneut in die Hand und schaute zur Seite. “Nun,…”, fing er leise an und räusperte sich. “…ich denke ich trink noch schnell was und…geh dann wieder ins Bett!” Mit diesen Worten wollte er wohl der peinlichen Stille entkommen und da sie sich beide eh so unbeholfen verhielten, fand er, dass es wohl am Besten war. Doch mit dieser Meinung blieb er wohl allein. Denn ein gewisser Jemand, der noch immer neben ihm stand, dachte erst gar nicht daran, sich jetzt gleich wieder hinzulegen - den Gedanken, das sie ja in aller Früh ihren Fall mit hoher Konzentration wieder aufzunehmen mussten, dabei ganz beiseite geschoben. Nachdem sich John noch etwas Milch eingeschenkt hatte, wollte er schließlich zu einem weiteren Schluck ansetzen, Sherlock auch schon wieder das Wort ergriff. “Wissen Sie, ich-…” Mit einer plötzlichen und fürchterlichen Heftigkeit setzte mit einem mal ein weiterer Blitz ein, erleuchtete die Küche kurz beinahe taghell, woraufhin der Donner danach, auch nicht lange auf sich warten ließ. Ein entsetzlich lautes Geräusch. Was für ein unheimliches Gewitter. Erschrocken japste John auf. Sherlock hingegen wusste im gleichen Atemzug was gleich geschehen würde, hatte schon den rechten Arm zum Eingreifen erhoben, wollte noch etwas sagen. …Doch da war es auch schon zu spät. Der Doktor hatte die Hälfte von der, sich noch im Glas befindlichen, Milch verschüttet, direkt auf sein Pyjama Oberteil. … Verdattert blickte er mit großen Augen an sich herab und machte ein bedröppeltes und zugleich angeekeltes Gesicht. “Verdammt!?!” Sherlock brachte zur selben Zeit kein Wort heraus. Aber er fing an zu schmunzeln, konnte es sich einfach nicht verkneifen. Diese Szene vor ihm fand er einfach zu amüsant. Und so herrlich passend zu seinem kleineren Freund. “War ja klar, dass mir das mal wieder passiert!” Verärgert über sich selbst stellte John hastig sein Glas in die Spüle und nahm sich ein Geschirrhandtuch zur Hand. Hektisch versuchte er die Milchflecken von seinem Oberteil zu entfernen, denn so langsam fingen sie an durch den Stoff zu sickern und an seiner Haut kleben zu bleiben. Der Detektiv konnte das allerdings nicht lange mit ansehen, stellte sich Kopf schüttelnd direkt vor seinem Mitbewohner und schnappte sich das Stofftuch aus dessen Hand, welches er einfach in die Spüle fallen ließ. “Nicht so hektisch John!”, meinte er mit belehrendem Unterton und suchte dabei neben sich in einer bestimmten Schublade nach Papiertüchern. Der Angesprochene war sofort still, sah zu, wie Sherlock ein größeres Papiertuch fand und nun anfing mit diesem seelenruhig auf Johns nassem Oberteil herum zu tupfen. Mit sofortiger Wirkung spannte der Kleinere jeglichen Muskel in seinem Körper an, stand da wie angewurzelt und ließ zu wie der großgewachsene, junge Mann vor ihm den Stoff seines Pyjama Hemdes sauber machte. “Es bringt nichts wenn Sie nur drüber wischen! Die Feuchtigkeit muss von dem Papier aufgesaugt werden!… Moment, ich mach mal eben auf!” Und mit diesem Satz knöpfte Sherlock auch schon, ohne seinem Gegenüber dabei ins Gesicht zu sehen, einfach die ersten beiden Knöpfe des Pyjama Oberteils auf. Mit der rechten Hand schlüpfte er - die erschrockene Reaktion von John dabei komplett ignorierend - unter den Stoff und streifte dabei mit den Fingerspitzen zum ersten Mal die warme Haut des Kleineren. Die Luft scharf einatmend hob der blonde Mann sogleich seine linke Hand und umfasste das Handgelenk des Detektivs. “N-Nicht,…” Es war nur ein Hauchen, doch Sherlock stoppte in seinem Tun und sah auf. “Ich muss unter den Stoff, sonst wird es nicht richtig trocken!” John wäre bei diesem Satz am liebsten krachend umgefallen. Dass Sherlock sich aber auch gar nicht daran zu stören schien, wie diese Szene hier gerade aussah. Wie sie hier so nah beieinander standen und er sich von dem Größeren betatschen ließ. Gut, so heftig war es ja nun auch wieder nicht,... das änderte aber nichts daran, wie absurd diese Situation hier gerade war. John wurde nervös. “Sherlock, Sie können wieder aufhören!” Man konnte den genervten Ton in seiner Stimme deutlich heraushören. “Kann ich nicht, ich bin noch nicht fertig!” John verdrehte die Augen. “Ich kann das auch alleine, ich bin kein kleines Kind mehr!” “Das sah eben gerade aber noch ganz anders aus!” “Ach kommen Sie, jetzt werden Sie nicht kindisch!” “Dafür sind SIE bockig wie ein kleines Kind!” “Na hören Sie mal!!…” Dem Kleineren wurde es fast zu bunt. Er gab ja zu, dass er momentan ein wenig bockig wirkte, aber Sherlock ließ trotz allem einfach nicht locker. Dieser benahm sich doch selbst wie ein Kleinkind, wollte ihn einfach nicht loslassen. Was bitteschön interessierte dem Meisterdetektiv sein feuchtes Pyjama Oberteil, das war doch hier und jetzt komplett belanglos und nebensächlich. “Fangen Sie jetzt schon wieder damit an?” “Mit was?”, fragte Sherlock vollkommen unschuldig und ließ seine Hand gerade mit dem Tuch auf Johns Brust ruhen, direkt auf dem Stoff seines Oberteils, damit die restliche Flüssigkeit auch noch aufgesaugt werden konnte. “Na mit diesen Sticheleien?!” “Ich weiß nicht was Sie meinen!” “Tun Sie nicht so Sherlock, vorhin im Wohnzimmer war es doch das Gleiche!” “Inwiefern?” Sherlocks Stimme blieb weiterhin ruhig, doch wusste dieser sehr wohl, was John gerade meinte. “Sie bemutterten mich und hören einfach nicht mehr auf mich zu reizen!” “Da sehen Sie es! Sie regen sich einfach immer viel zu schnell auf!” “Kein Wunder! SIE sind schließlich genauso ein Kindskopf!” Und während beide Männer ihre, mehr oder weniger, Unterhaltung fortführten, kam der Dunkelhaarige ein Stück näher. Seine Hand, welche nun wieder unter Johns Hemd ruhte, griff nun, das Papiertuch immer noch in der Hand, regelrecht in den Stoff von Johns Hemd und zog somit den kleinen Mann etwas näher zu sich. Und tatsächlich. Es war wieder genauso wie vor ein paar Stunden, sie konnten einfach nicht aufhören sich gegenseitig zu Triezen und irgendwelche Belehrungen bzw. Sprüche an den Kopf zu knallen. “Und hören Sie jetzt endlich auf mit diesem verdammten Tuch auf mir herum zu tupfen! Es ist eh schon alles getrocknet!” Sherlock sah runter auf dessen freigelegte Brust. “Ja,…aber ihre Haut!” Irritiert folgte John seinem Blick nach unten. “Meine Haut?…” “Sie ist etwas verklebt!” Von jenem Satz lief dem Kleinere einen Schauer über den Rücken. Wieso nur musste Sherlock plötzlich so flüstern? Prompt änderte sich die Stimmung. Sherlock ließ den Stoff los, tupfte noch ein letztes Mal mit dem noch feuchten Tuch über Johns Pyjama Oberteil, strich darüber, ganz langsam. Die warme und weiche Haut des Doktors brachten Sherlock zum grübeln, erinnerte ihn unwillkürlich an seinen Traum, während dieser doch krampfhaft versuchte, jegliche Gedanken, die damit zusammenhingen, zu verdrängen. Unbewusst streifte seine Fingerspitzen dabei erneut jene Haut, hauchzart und kaum spürbar. John fing an leicht zu zittern. “…Ihre Hand,…”, holten Johns leise Worte den Größeren wieder aus seinen Gedanken. “Was soll damit sein?” Wieder nur ein Flüstern. Und zu Johns Entsetzen war dieses plötzlich so nah. Er konnte förmlich den Atem seines Gegenübers an seiner Stirn spüren, hob daraufhin seinen Kopf etwas in die Höhe. “Sie…ist kalt!” Wie wahr. Sherlocks Hände waren nicht gerade warm, dafür aber der Körper vor ihm umso mehr. Es faszinierte ihn, genauso wie das Gesicht seines Mitbewohners. Johns Augen waren nun halb geschlossen, doch nicht vor Müdigkeit. Ein wenig leidend sah er aus, noch dazu nachdenklich, etwas unsicher und doch,….sah Sherlock da etwa eine gewisse Sehnsucht? Ein sehnsüchtiger Blick in diesen dunklen und müden Augen? Als sich Sherlock Johns Aussage wieder bewusst wurde, ließ er langsam, fast schon vorsichtig, die Hand mit dem Papiertuch sinken. Auch John nahm nun seine Hand wieder vom Handgelenk des Anderen. “Einen Moment noch!…” Mit diesen Worten näherte sich der Dunkelhaarige schon wieder ein Stückchen, doch John rührte sich dieses Mal nicht. Ließ seine Arme hängen, die Hände zu Fäusten geballt. Mit einer erstaunlichen Ruhe versuchte Sherlock erneut die getrocknete Milch von der Brust des Älteren zu entfernen, wischte immer wieder drüber, dirigierte dabei langsam seine Augen weiter rauf zu Johns Gesicht. Dieser zog unbewusst die Arme näher an seinen Körper, ließ seine Augenlider ein wenig weiter sinken. Die derzeitige Stille, das prasselnde Geräusch des Regens und diese wiederkehrende knisternde Atmosphäre um sie herum, ließen beide Männer die Welt um sie herum komplett ausblenden. Jetzt gab es für sie kein Gewitter mehr, kein morgiger Fall, keinen Mörder ausfindig zu machen, keine Aufgaben, keine Zuschauer, keine piepsenden Handys, keine Bedenken oder nervende Gedanken, die jene Stimmung hätten vereiteln können.… Vorsichtig strich Sherlock mit dem feuchten Papiertuch über die restlichen klebrigen Stellen auf Johns Haut, kurz hinweg über dessen Schlüsselbein und wieder runter Richtung Schulter. Seine rechte Hand tauchte immer weiter unter das Hemd und überquerte schließlich jene Stelle, die den Doktor für sein Leben lang an den Krieg erinnern sollte. Der Ältere zuckte kurz, als Sherlock jene Narbe mit dem Tuch überquerte, erschrocken zusammen. Aber er hielt still. Mit der anderen, freien Hand öffnete der Jüngere nun, ohne wirklich vorher nachzufragen, einfach den nächsten Knopf des Hemdes, schob den Stoff mit der Papiertuch Hand etwas weiter zur Seite und huschte selbst mit den Augen für eine Sekunde lang über die Schusswunde. Bis jetzt hatte Sherlock sie nie zu Gesicht bekommen. Hatte Johns verblasste Narbe nicht einmal bemerkt als dieser gestern noch nackt und nur mit einem Handtuch bekleidet vor der Couch über ihm gestanden hatte. Jetzt aber, da er sie erblickt hatte, konnte er einfach nicht anders, festigte seinen Blick, welcher Johns Gesichtszüge musterte und bewegte seine linke Hand darauf zu. Der Kleinere von beiden verkrampfte sich augenblicklich als Sherlock nun mit seinen Fingerspitzen hauchzart über die Narbe glitt. Viel zu langsam wiederholte er dieses Spiel und streifte immer wieder die warme Haut des Doktors. Warum John das hier über sich ergehen ließ, wusste er selbst nicht genau. In diesem Augenblick wusste er überhaupt rein gar nichts mehr. Sein Kopf war leer. Er hatte Sherlocks Vorhaben gerade eben noch kommen sehen, ließ es aber trotz allem einfach geschehen. Er war nicht stolz auf diese Narbe, doch genierte er sich auch nicht, sie zu zeigen oder empfand es als unangenehm wenn jemand sie sah. Sie gehörte nun einmal einfach zu John und dabei würde es auch bleiben. Doch Sherlocks Berührungen,…waren auf merkwürdige Art und Weise… tröstend. Dessen Fingerspitzen kitzelten leicht. Es war in der Tat ungewohnt dort, an genau dieser Stelle, so sanft berührt zu werden.… Doch der Kleinere, zu seiner Schande, genoss es.… “Sie zittern!…”, kam es leise vom Größeren, welcher seine ungewohnten, und nicht für möglich gehaltenen, zärtlichen Berührungen nicht einstellte und dabei auch die letzten paar Zentimeter, die noch zwischen ihnen vorhanden war, nun überwand. “Weil,…es hier so kühl ist!”, flüsterte John, so leise, dass es nur Sherlock noch verstehen konnte, weil er ihm so nah war. Der Detektiv versuchte krampfhaft sich zu konzentrieren, aber, arrgh, der Kuss im Barcode, die Szene im Wohnzimmer, sein heißer Traum, alles das hatte dazu geführt, dass er nun hier mit dem Doktor in der Küche stand, diesem regelrecht zärtlich über dessen "Kriegssouvenir" streichelte und sich flüsternd mit ihm über irgendwelche belanglosen Dinge unterhielt, nur um in seiner Nähe sein zu können. Es war doch zum Haare raufen. Es kam ihm plötzlich ein Gedanke, etwas womit er mit Sicherheit das zu Sprache bringen und hoffentlich aus der Welt schaffen konnte, dass ihm das alles eingebrockt hatte, er wollte den Kleineren provozieren, mit ihm über den 'Kuss' im Barcode zu diskutieren. Er wusste nicht, wieso er glaubte, dass es ihm helfen würde. Er hatte sich, bevor er das 'Ablenkungsmanöver' eingeleitet hatte, keine Gedanken darüber gemacht, wie es John damit gehen würde, wenn er auf diese Weise ihre 'Tarnung' schützen würde, was auf jeden Fall nicht fair war, worüber John aber offenbar nicht sprechen wollte, weil er es einfach zu verdrängen versuchte. Sherlock hatte genau das getan. Sherlock hatte sich im Vorfeld überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, dass dieser Kuss, ja sogar nur diese bedeutungslose Berührung ihrer Lippen, überhaupt Auswirkungen auf ihn haben könnte. Als ihm dann aber ungewöhnlicherweise dabei sehr viel durch den Kopf gegangen war und sein Körper, für seine Verhältnisse, übermäßig heftig auf diesen reagiert hatte, tat der Detektiv das Einzige, was ihm in dem Moment, wo es nur um die Mission ging, am Sinnvollsten erschienen war. Er hatte alles bis auf den Triumph Gedanken, dass es klappte, komplett verdrängt. Und was hatte es ihm gebracht? Kaum war er allein mit dem Kleineren, war es Thema geworden, weil er es ja unbedingt provozieren musste und zu allem Überfluss hatte sich sein Unterbewusstsein dazu entschieden, ihm prompt den ersten feuchten Traum seines Lebens daraus zu mixen. Wenn er also wollte, dass es wirklich abgehackt wurde, musste er den Älteren dazu bringen, mit ihm darüber zu sprechen. "Nun ja" Sherlock flüsterte immer noch, nahm die rechte Hand mit dem Papiertuch weg, legte es ebenfalls in die Spüle, die linke ließ er locker auf Johns Brust liegen, spürte deutlich Johns schnell schlagendes Herz. "Nun bin ich ja da um Sie immer wieder aus brenzligen Situationen zu retten" John versteifte sich etwas, griff mit der rechten Hand nach Sherlocks Handgelenk, wie als wolle er dessen Hand von seiner Brust ziehen und antwortete, die Augen fragend etwas aufgerissen: "Wie meinen Sie das jetzt bitte wieder? Was für brenzligen Situationen denn?" Sherlock, der tatsächlich froh war, dass John durch Nachfragen auf das neue Thema einstieg, lächelte milde. "Mein lieber John, allein in den letzten zwölf Stunden haben Sie es nun schon zum dritten Mal alleine meinem Eingreifen zu verdanken, dass die Sache glimpflich ausgegangen ist." John war kurz verwirrt, verzog dann aber missbilligend das Gesicht. "Sie meinen also, dass Sie mir damit, dass Sie mich herumgeschleudert, gegen eine Wand gedrückt oder damit, dass Sie mir mit einem Papiertuch in der Hand, mich dabei halb aus ziehend, auf dem Oberkörper rum getatscht oder damit, dass..." Er wurde rot und stockte kurz, wollte er das wirklich sagen, wollte Sherlock wirklich, dass Sie dieses Thema direkt besprachen? "Sie mich in aller Öffentlichkeit einfach geküsst haben, nur um zwei Typen, die unsere Ermittlungen behindert hatten, los zu werden und unseren Verdächtigen in Sicherheit zu wiegen, geholfen haben..." John schluckte schwer. Sherlock hatte gewonnen, John sprach das Thema an, jetzt konnte er es mit ihm klären und es so mit Sicherheit tatsächlich abhacken. Er hatte dem Kleineren beim Aufzählen mit neutraler Miene zugehört, seine Hand an Ort und Stelle gelassen. Er antwortete überheblich grinsend: "Ja genau, ich habe drei Mal die Situation gerettet, aber so dramatisch, wie Sie diese nun darstellen, war keine von ihnen. Das mit der Wand war Ihre Schuld, ohne mich hätte Mr. Brown Sie direkt vor der Tür entdeckt, unsere Tarnung wäre endgültig hin gewesen und unsere Mission im Barcode gescheitert" Er registriere wie John eine Augenbraue hob, redete aber unverdrossen weiter. "Gerade eben hätten Sie, wenn ich nicht eingegriffen hätte, Ihr Oberteil, dass Sie selbst bekleckert haben, weil Sie ihren Körper vor Schreck nicht im Griff hatten, endgültig versaut und könnten es nun nicht mehr tragen." Sherlock redete einfach weiter, konfrontierte John erbarmungslos mit den Tatsachen und sagte das was ihm in den Sinn kam. Das nächste, was ihm über die Lippen kam, war ebenfalls nicht von seinem Gehirn abgesegnet worden, als er es auch schon aussprach. "Und das mit dem 'Küssen', ich bitte Sie, mein lieber John, Sie, der eigentlich deutlich mehr Erfahrung damit haben müsste als ich, müssen doch selbst sehen, dass das gar kein Kuss war. Ich habe lediglich mit einer harmlosen Handlung, viel besser als Sie mit Worten zuvor, dafür gesorgt, dass diese Männer verschwinden und unsere Tarnung als 'Pärchen' vor Mr. Brown glaubhaft bleibt. Also bitte interpretieren Sie da nicht zu viel rein. Wenn das, was da passiert ist, in Ihren Augen tatsächlich die Bezeichnung 'Kuss' verdient hat, dann haben Sie wohl tatsächlich nicht SO viel mehr Erfahrung in dieser Richtung, sind wohl wirklich ziemlich schüchtern." John war jetzt richtig gehend sauer. Sherlock stellte sich als Retter und ihn als Trottel hin und das alles nur um, mal wieder, im Recht zu sein. Sherlock hatte, ohne ihn überhaupt erst zu fragen, solche Maßnahmen ergriffen, die ihn, John, in ein Gefühlschaos gestürzt hatten und behauptet nun auch noch eiskalt John reagiere einfach über. "Wollen Sie damit sagen, dass Sie, egal wer Ihre Begleitung bei dieser Mission gewesen wäre, so gehandelt und von jedem erwartet hätten, dass dieser da einfach mit und sich genau so wenig etwas daraus macht, wie Sie es wohl tun?" Sherlock stockte. Mist. Mit so einer Frage, bzw. mit solchen hatte er tatsächlich nicht gerechnet. John sprach diesen einen Punkt an, über den Sherlock nicht reden, sich keine Gedanken machen wollte, vor allem nach diesem Traum und der Erkenntnis darüber, von wem er genau geträumt hatte, nicht. Er musste aber irgendwas erwidern, sonst würde er ja jetzt ziemlich blöd vor dem Kleineren da stehen. Nur was sollte er antworten. Sollte er lügen oder die Wahrheit sagen? Was würde ihrer Freundschaft weniger schaden? Er war sich vollkommen sicher, dass es keine Option gab, die keinen Schaden anrichten würde. Er schaute dem Doktor in die Augen, sah, trotz dem wenigen Licht, deutlich, dass die Antworten gespannt erwartet wurden und er wollte eigentlich nicht lügen. Deshalb versuchte er sogleich, beinahe krampfhaft, abzuschätzen, was die Wahrheit für Auswirkungen haben würde. Er seufzte kaum hörbar resigniert auf, schaute seinem gegenüber nun direkt in die Augen und wappnete sich für die Aussagen, die Konsequenzen haben würden, welche, die er nicht hundert Prozent unter Kontrolle hatte. "John, Sie wissen, dass ich mir Sie als meinen Mitbewohner, Assistenten, Kollegen und inzwischen als Freund bewusst ausgesucht habe und es beleidigt mich, dass Sie, immer noch, denken, sie wären unbedeutend und ersetzbar. Es spielt eigentlich keine Rolle über das was wäre wenn nach zu denken, aber Nein, ich hätte diese Mission nicht mit jedem durchgezogen und auch nicht auf die Art, wie ich es mit Ihnen getan habe." John schaute ihn ungläubig an. Sherlock hatte so ehrlich wie möglich geantwortet, hatte aber versucht wage zu bleiben, um sein Gesicht nicht noch mehr als eh schon vor dem Kleineren zu verlieren. Allerdings hatte er für John genug offenbart. "Sie meinen das tatsächlich ernst? Weil Sie mit mir dort waren, haben Sie getan was Sie getan haben? Und weil ich es war, haben Sie sich keine Gedanken darüber gemacht, wie es mir damit geht? Denken Sie, dass ich so treu doof bin, alles mit mir machen zu lassen, solange es dem, Ihrem Fall dient?! " "Ja, ich habe alles, was ich getan habe, getan, weil genau du dabei an meiner Seite waren, nur du" Sherlock griff bei diesen Worten, ohne wirklich darüber nachzudenken, mit der rechte Hand unter Johns Kinn und hob dessen Gesicht damit ein wenig zu seinem nach oben. "Aber auch ich konnte nicht einschätzen, was für Folgen es für dich haben würde und ich..." er wusste nicht ob er so ehrlich sein konnte, aber Johns flehender, ergebener Blick, Sherlocks Erinnerungen an den Traum, sowie sein Körper zwangen ihn gerade regelrecht dazu." konnte ehrlich gesagt auch nicht ahnen, was es in mir auslösen würde, obwohl es, zumindest nach meiner Einschätzung, nicht mal ein richtiger Kuss war." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)