Sherlock Holmes von Cyrene (das unheilvolle Familienerbstück) ================================================================================ Kapitel 14: Der Morgen danach ----------------------------- ...Zerzaustes Haar,… … dunkle Augenringe,… ...finstere Miene,... ...müder Körper,… ...und eine Laune von der fiesesten Sorte! Genauso fühlte sich John Watson am nächsten Morgen,... Ihm ging es mehr als mies. Das lag nicht an dem Gin Tonic, den er letzte Nacht in der Bar getrunken hatte. Er hatte keinen Kater. Nicht einmal das Unwetter, das sich zum Glück um 4 Uhr Morgens endlich wieder vollständig verzogen hatte, war Schuld. Nein,… Es lag ganz allein an einem gewissen Herren. Einem Mann, der Johns Gefühlswelt in den letzten Tagen komplett auf den Kopf gestellt hatte. Ginge es nur um ‘das’, hätte der Doktor jetzt allerdings nicht solche riesigen Augenringe. Im Schlaf, wie in den Zwischenphasen - in denen er sich im Bett herum gewälzt hatte wie ein Irrer - hatte er einfach nicht diese verfluchten Bilder aus seinem Kopf bekommen und das warme Kribbeln in seinem gesamten Körper wäre zwar alleine ganz angenehm, aber gepaart mit den Schuldgefühlen war es unerträglich gewesen. Mit den, seiner Meinung nach, viel zu sinnlichen Kuss hatte Sherlock Johns Hirn und Herz komplett Schachmatt gesetzt. Die ganze restliche Nacht hatte er das Gefühl nicht los bekommen, noch immer diese sanften Fingerspitzen auf seiner Narbe und die Lippen des Größeren auf seinen zu spüren. Zärtlich,…so ungehörig sanft,…eine süße Qual.… John konnte sich nicht entscheiden, ob er diese Sache in der Küche für ‘richtig’ halten sollte oder für einen großen Fehler. …Einen, den er wohl möglich bereuen könnte?… Doch auf der anderen Seite, dachte sich der blonde Mann sogleich, erschien es, bei genauerer Betrachtung, eher albern, das Passierte so intensiv in Frage zu stellen. Es hatte ihm gefallen, er hatte mitgemacht, Punkt. Nun wollte er sich gefälligst zusammen reißen, was schwerer war, als es sich anhörte. Doch er MUSSTE, sie hatten schließlich endlich wieder einen spannenden Fall, der eindeutig wichtiger war und der nun darauf wartete, von ihnen beiden endlich gelöst zu werden… Als der Veteran etwas später im Badezimmer ankam, traute er sich erst gar nicht, in den Spiegel zu schauen. Als sein Blick stattdessen unglücklicherweise auf den kleinen blauen Radiowecker fiel, welcher auf dem Fenstersims direkt neben ihm stand und dem Doktor die momentane Uhrzeit mit großer blau-leuchtenden Zahlen anzeigte, brannten sich die Zahlen regelrecht in seine Netzhaut.… John wusste im Augenblick nicht vor was ihm mehr grauste - dem Spiegel oder der Uhrzeit. Es war verflucht noch mal erst kurz nach Sieben. Hätte er die Nacht besser geschlafen, hätte ihn diese Erkenntnis jetzt sicherlich nicht gar so erschüttert. Ein Grummeln hallte im Bad wieder. Missmutig wusch er sich zuerst lieblos das Gesicht, stellte jene Tätigkeit jedoch sofort wieder ein. Warum eigentlich nicht gleich baden gehen? Kaum hatte sich John das gefragt, zog er sich auch schon aus, stieg in die Badewanne und ließ warmes Wasser ein. Das angenehm warme Nass an seinem Körper tat mehr als gut. Wohlig seufzend ließ sich der Blondschopf noch weiter ins Wasser sinken, hielt sich dabei am Wannenrand fest und schloss, das Rauschen des Wasserhahns genießend, die Augen. … Auf diese Art und Weise kurz Abzuschalten war wohl momentan das Beste für John. Er war nervlich am Ende, so leicht würden er die Gefühle und Erinnerungen nicht loswerden. Aber er musste sich unbedingt immer wieder vor Augen führen, dass er ein erwachsener Mann und kein Teenager mehr war. Eigentlich, dachte er dann weiter, ob nun alt oder jung, es spielte hier tatsächlich nicht wirklich eine Rolle. Das Einzige, was er nun für sich zu entscheiden hatte war, ob für ihn selbst dieser Kuss eine Bedeutung hatte oder nicht.… Die Antwort lag klar auf der Hand, entschied er sich schnell… Er war im Leben zwar ein zu emotionaler Mensch, als dass er so einfach und eiskalt so eine Kussszene wieder verdrängen könnte… aber er konnte und durfte sich da keinesfalls rein steigern. Es war abgehackt. Während er noch, umgeben vom Wasserdampf, mit geschlossen Augen die Wärme um sich herum genoss und auf sich einwirken ließ, entschied er sich dafür, einfach wieder ganz normal mit seinem Freund, nein seinem Kollegen um zu gehen… Es nützte zwar beiden nichts, wenn er sich durch diese Aktion plötzlich anders verhielt, aber er brauchte nun diese Distanz, mehr als er sich selbst eingestehen wollte. John empfand es als wichtig, neutral  mit der Sache umzugehen. Genau. So würde er es machen! Er würde es nicht ansprechen und sich auch nicht von Sherlock zu diesem Thema provozieren lassen. Er würde aber vor allem dafür sorgen, dass sich diese Sache nicht wiederholte, ja, er würde jegliche Intimität gnadenlos unterbinden. Mit diesen Gedanken öffnete er wieder seine Augen, war nun felsenfest entschlossen und fing an sich zu waschen. Während er das tat, kam er natürlich nicht drum herum auch seine verblasste Schusswunde zu überqueren, strich mit den Fingern darüber und stoppte für einen Augenblick. Sein Kopf versucht sofort ihm wieder irgendwelche Bilder aus der vergangenen Nacht vor Augen zu führen, doch er hielt stand und schüttelte mit zusammengekniffenen Augen den Kopf. Er wollte das Gefühl von Sherlocks sanftem Fingerspitzen wieder vergessen, verdrängte die neuerlichen Schauer, die ihm bei solchen Gedankengänge so gleich wieder über den Rücken jagen wollten. Seinem Körper. … Sogar seinem eigenen Körper konnte er offenbar nicht mehr trauen, weil dieser neuerdings, unabhängig von seinem Geist, einfach zu machen schien, was er wollte… Der Doktor seufzte leise und frustriert auf. Mit halb geschlossenen Augen sah er dann an sich hinunter. Nochmals, aber definitiv zum aller letzten Mal, fuhr er mit seiner Hand über die Narbe. Strich die kleine Erhebung und konnte sich selbst seltsamerweise ein kleines dezentes Lächeln nicht verkneifen… So wusch er sich weiter, brauchte auch nicht mehr lange, bis er auch schon frisch und nach Seife duftend langsam wieder aus der Wanne stieg und sich die nächsten zehn Minuten komplett für den neu angebrochenen Tag fertig machte. Zu seiner Überraschung brauchte es nicht viel, damit er letztendlich wieder ‘ganz normal’ aussah. Das Einzige, was jetzt noch auf den wenigen Schlaf hinwies, waren die leichten Schatten unter seinen Augen, doch die würden heute mit der Zeit auch noch verschwinden. Ohne weiter darüber nachzudenken, verließ er nun das Badezimmer, mit besserer Laune, als der, mit der er es vor einer halben Stunde betreten hatte und warf seinen Pyjama in den Wäschekorb, alle Gedanken an die Milchflecken darauf und an das dazugehörige Erlebnis dazu dabei strickt ignorierend. Mit langsamen Schritten, betrat John Watson schließlich das Wohnzimmer, wollte gleich die Küche ansteuern, als ihm plötzlich ein am Schreibtisch sitzender und Kaffee schlürfender Detektiv ins Auge fiel. Sofort lenkte er um und ging auf den anderen Mann zu. “Guten Morgen” Ohne zu Lächeln, sondern mit neutralem Gesichtsausdruck und monotoner Stimme und auch ohne den Größeren anzusehen, setzte er sich an den Tisch, wo schon Teller und Besteck, sowie ein paar zusammengesuchte Lebensmittel darauf standen und schnappte sich gleich als erstes ein Brötchen. Anscheinend hatte ihnen Mrs. Hudson schon am Vorabend - während sie beide im Club ihre Ermittlungen durchgeführt hatten - ein wenig den Kühlschrank aufgefrischt und ein paar Frühstücksbrötchen und Toast besorgt. Ach, die gute Mrs. Hudson. Man konnte sie einfach nur lieben. Trotzdem wunderte sich John schon kurz etwas darüber, da ihm die Lebensmittel, die er nun hier auf dem gedeckten Tisch sah, als er letzte Nacht wegen seiner Milch in den Kühlschrank geschaut hatte, gar nicht aufgefallen waren. Er zuckte nur leicht mit den Schultern und begann einfach zu essen, er war wohl wirklich müde und zerstreut gewesen und hatte sie deshalb übersehen. Während sich der Doktor das Kaffeekännchen nahm und sich etwas Kaffee in seine Tasse goss, nahm Sherlock seine Zeitung runter, faltete Sie grob zusammen und legte sie auf den Platz neben sich. “Guten Morgen”, kam es nun endlich im bekannten Sherlock-Ton. Kurz zuvor, als John in den Raum gekommen war, hatte Sherlock für eine Sekunde von seiner Zeitung auf gesehen. Er für seinen Teil hatte wenig, also noch weniger als sonst und vor allem ziemlich schlecht geschlafen… grauenvoll. Und genauso wie es bei John der Fall gewesen sein musste, hatten sich seine Gedanken die ganze restliche Nacht mit dem Kuss beschäftigt… Immer und immer wieder waren die Szenen vor seinem geistigen Auge abgelaufen und das auch noch von ganz alleine, ohne, dass er es in irgendeiner Art verhindern hätte können. Es nervte ihn. Dieses kleine 'Experiment' würde ihm wohl noch eine ganze Weile zu schaffen machen und die Bezeichnung ‘Experiment’ klang sogar für seine Ohren zu hart. Ja, das war definitiv nicht das passende Wort. Er war selbstverständlich er gewesen, der den ersten Schritt gemacht hatte, das würde er nie leugnen,… aber allein diese Anziehung, kurz vor dem Kuss, war so stark und intensiv gewesen,… höchst interessant. Der Lockenkopf war sehr schnell mit sich selbst einig geworden und wusste genau, wie er sich John gegenüber verhalten würde. Er war der Meinung, dass sie keine Kinder mehr waren und darüber stehen mussten. Sie hatten es, so sah es der Detektiv zumindest, aus freiem Willen heraus getan und der Größere schloss daraus, dass ihre Nähe zueinander offen und ehrlich gewesen sein musste. Logische Schlussfolgerungen anzustellen zu wollen, wäre hier allerdings vollkommen albern. Er war zwar überhaupt kein emotionaler Gefühlsmensch, aber nieder rationalisieren wollte er es auch nicht, schließlich war er auch kein Roboter. Mit einem neutralen 'was geschehen ist ist geschehen' würde er es abhacken. Dieses kleine ‘Experiment‘, wie er den Kuss trotzdem des Öfteren gedanklich nannte, war auch mehr für ihn selbst gewesen, wie er egoistisch feststellte. Er hatte analysieren wollen, ob er sich wieder so fühlen würde wie bei dem 'Ablenkungsmanöver' im Club und außerdem kam aus irgendeinem Grund pure Neugierde hinzu, gepaart mit einem neu aufkeimenden Gefühl in ihm drin, welches John betraf und (noch) nicht definierbar für ihn war. Dem selbsternannten Consulting Detektiv waren schon immer Gefühlsduseleien zuwider, doch wenn etwas offen auf der Hand lag, dann leugnete er es nicht und stand dazu, zumindest vor sich selbst. Anscheinend sah sein Mitbewohner das allerdings etwas anders. Ihm waren sofort einige Kleinigkeiten an John aufgefallen, mit denen er sich ein relativ gutes Bild von dessen momentanen Zustand machen konnte. John wirkte in seinen Augen etwas gezwungen. Die dunklen Augenringe, seine Körperhaltung und die, noch etwas, müde, schimmernden, dunkelblauen Augen ließen darauf schließen, dass sein Freund wohl noch schlechter geschlafen hatte als er selbst, wenn auch Alptraum frei - das war alles nicht schwer zu erraten. Sherlock ahnte, dass John sich distanzieren und aus ihrer, eigentlich inzwischen, freundschaftlichen ‘Beziehung’ eine, wieder, rein kollegiale machen würde. Und ohne groß darüber nachzudenken, stellte Sherlock fest, dass er das eigentlich nicht wollte, aber er würde es wohl akzeptieren müssen und wahrscheinlich war es sogar das Beste.... Nach gestern Abend, nach dieser Nacht, nach seinem 'feuchten' Traum und nach diesem, viel zu intimen Kuss, nach all dem, so war sich der Größere sicher, musste er trotz allem etwas unternehmen. Er musste versuchen so wie immer zu sein, damit John vielleicht wenigstens weiter mit ihm befreundet sein wollte, aber vor allem musste er es irgendwie schaffen, seinem Freund zu vermitteln, dass er ihn nicht hatte ausnutzen wollen. Das war, so komisch es sogar für Sherlock selbst klang, das letzte was er wollte.… Er gab offen und ehrlich zu,… er wollte John nicht verletzen.… "Mann, bin ich mal wieder froh, dass es Mrs. Hudson gibt, ohne Sie würde ich hier bestimmt noch irgendwann verhungern, dafür muss ich ihr auf jeden Fall noch danken!” Johns leise gemurmelte Worte brachten den Jüngeren wieder in die Realität zurück, woraufhin er sich nur seinen Teil dachte und seine Kaffeetasse zum Mund führte. Sollte John ruhig denken, dass die liebe, gute Landlady für den vollen Frühstückstisch und Brötchen Korb verantwortlich war, besser so. Das Sherlock es, aus dem Anflug eines schlechten Gewissens heraus, gewesen war, der los gegangen und etwas zu Essen für seinen Mitbewohner organisiert hatte, das musste dieser wirklich nicht wissen. Er trank einen großen Schluck, wühlte sich in seinem Kopf noch schnell durch die noch verblieben Gedankengänge jenes nächtlichen Erlebnisses und machte sich dann davon frei. Frei von all den Dingen, die  sein Hirn blockierten und einfach nur lästig waren, sie hatten schließlich noch einen Fall zu lösen und und ihnen lief bei der Suche nach dem Mörder die Zeit davon. Gedacht - getan. Schon setzte in seinem Kopf wieder der 'Sherlock-Modus ein, was bedeutet, dass sein Gehirn nach Deduktionen, mehr Wissen und neue geistige Herausforderungen verlangte. Zur 'Abwechslung' mal wieder etwas 'Sinnvollem'. An gleich zwei Tagen hintereinander ‘über Gefühle nachdenken’ war, Sherlocks Geschmack nach, nach der langen Zeit, in der er das überhaupt nicht getan hatte, einfach zu viel auf einmal.… Ja, Ablenkung war bestimmt die beste und wirkungsvollste Medizin für die beide Männer und mit dieser Einstellung war Sherlock tatsächlich nicht allein. So saßen die Mitbewohner noch eine ganze Weile in Stille umhüllt am Schreibtisch und aßen bzw. tranken ihr Frühstück. Bis der Jüngere schließlich als erstes wieder das Wort ergriff, sich kurz vorher leise räuspernd. “Ich habe heute schon bei diesem Anwesen in Wandsworth angerufen und mit dem Makler einen Besichtigungstermin ausgemacht! In etwa drei Stunden treffen wir uns dort mit diesem Herrn und bekommen dadurch Zugang zum Gebäude und Grundstück!” John lauschte den Worten seines Kollegen und nickte verstehend, sah den Anderen mit gefasstem Blick an und konzentrierte sich, ganz im Hier und Jetzt, auf ihren wichtigen Fall, dessen Ermittlungen endlich weiter zu rollen schienen. “Wir werden von einem Bekannten einer meiner Klienten dorthin gefahren! Das Risiko, dort unnötig aufzufallen, ist zu hoch, wenn wir bei diesem Anwesen mit irgendeinem anderen klapprigen Gefährt ankommen! Ich habe bei diesem Klienten noch etwas gut und da sein Bekannter einen Limousinen Service betreibt, werden wir heute mal erster Klasse reisen.” Gar nicht mal so schlechte Aussichten, wie der Doktor fand. John war zwar kein Auto-Fanatiker, hatte im Allgemeinen nicht großartig Ahnung auf diesem Gebiet, jedoch fand er es auf jeden Fall ganz erfrischend, mal etwas anderes als Taxi zu fahren. Vor allem auch noch in eine Grafschaft. Solche Orte interessierten ihn, er war jetzt schon gespannt auf das Kommende. “Ich nehme an, Sie wünschen, dass ich mich entsprechend kleide. Wird ein Anzug angemessen sein? " Sherlock nickte “Richtig, wir müssen dort wie wohlhabende, am Kauf der Immobilie interessierte, Gentleman auftreten. Zwar kennt uns dort keiner und die Menschen, denen wir begegnen, werden uns wahrscheinlich nie wieder sehen, aber dennoch müssen wir den richtigen Eindruck vermitteln! Interessant wäre es natürlich, wenn uns in diesem Anwesen durch Zufall Noah Brown in die Arme laufen würde! Aber ich glaube kaum, dass er dort plötzlich auftauchen wird, dafür ist sein Verhältnis zum Makler zu angekratzt!” John fragte erst gar nicht nach was es schon wieder mit dieser Andeutung wegen dem gespannten Verhältnis zwischen dem Makler und dem jungen Brown auf sich hatte. Viel lieber biss er von seinem belegten Brötchen ab und aß sich schon einmal für den heutigen Tag satt - man wusste schließlich nie, wenn man mit Sherlock Holmes unterwegs war, wann man wieder etwas zu Essen bekam. Er brauchte jetzt unbedingt wieder neue Energie, das ließ ihn sein Körper deutlich spüren. Und somit saßen beide noch eine Weile so da und schwiegen sich mehr oder weniger an. Innerlich aber dachten sie sich ihren Teil, letztendlich doch froh sich mehr oder weniger normal gegenüber dem jeweiligen Anderen verhalten zu können. Sie waren sich im Stillen einig, nicht über die letzte Nacht zu reden. … Als Sherlock und John schließlich mit dem Essen/Kaffee trinken fertig waren, räumte John den Tisch ab und die Küche etwas auf, während Sherlock indessen schon in sein Zimmer verschwand, um sich für ihren Auftritt in Wandsworth umzuziehen und vorzubereiten. Der Jüngere von beiden wählte heute seine Garderobe etwas sorgfältiger aus als sonst und fügte als kleines Accessoire, damit er auf den ersten Blick etwas wohlhabender wirkte, einen seiner Gehstöcke dem Outfit hinzu, welcher sein Gesamtbild seriöser erscheinen lassen würde. Außerdem staubte er seinen Zylinder ab. Er hatte mehrere dieser Gehstöcke im Petto, die er hin und wieder bei einem seiner kleinen ‘Detektivabenteuern’ hatte mitgehen lassen, alle auf ihre Art unterschiedlich und jeder mit einer spannenden Geschichte. Der ausgewählte Stock war aus schwarz lackiertem Aluminium mit einem silbern verzierten Knauf. Mit dem Bild im Spiegel mehr als zufrieden, verteilte er zum Schluss noch alle wichtigen Sachen in seinen Taschen. Und schon verließ er wieder sein Zimmer, lief direkt ins Wohnzimmer und setzte sich, auf John wartend, auf seine Couch, in Gedanken versunken die Mails in seinem Handy checkend, unter denen sich auch die, von Molly zugesagten, Autopsie Berichte befanden. In der Zwischenzeit hatte sein Freund ebenfalls endlich etwas Passendes in seinem Kleiderschrank gefunden. Argwöhnisch betrachtete er den Anzug in seiner Hand. Im Grunde genommen war es eigentlich so ziemlich egal, was genau er tragen würde, Hauptsache John sah ordentlich aus und machte einen glaubwürdigen Eindruck. Allerdings putzte sich Sherlock sicherlich heraus und deshalb musste John sich, seiner Meinung nach, schon auch ein wenig Mühe geben. Er hängte den Anzug deshalb zurück und wählte neu. Schnell zog er sich dann auch endlich um, wählte noch ein Accessoire und einen Hut, besah sich anschließend im Spiegel seiner Innen-Schranktür und war nun tatsächlich doch ganz zufrieden mit sich selbst. Er sah aus wie ein schick gekleideter John Watson, fertig und bereit für ihre Ermittlungen. Ohne noch länger zu grübeln, ging er schnell die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo sein Mitbewohner schon auf ihn wartete. Gerade, als Sherlock sich schon gelangweilt nach hinten  lehnen wollte, kam der Blondschopf ins Zimmer, endlich. Dieser stand sofort auf. Beiläufig und unauffällig, jedoch aufmerksam wie immer begutachtete er seinen kleineren Freund und musste mal wieder feststellen, dass John, wenn er denn wollte, wirklich Geschmack bei seiner Kleiderwahl beweisen konnte. Der Doktor trug einen hellbraunen, dezent karierten Anzug mit passender Weste über dem weißen Hemd und eine dunkelbraune Krawatte, sowie dunkelbraune Lederschuhe. Das Outfit wurde durch eine Melone, von der der Detektiv sich ernsthaft fragte, wo der Ältere die bitte vor ihm versteckt hatte und einer Taschenuhr, deren Kette er an der Weste befestigt hatte, komplementiert. Sherlock konnte nicht umhin erneut zu bemerken, dass John durchaus attraktiv war. Die Farbe des Anzug betonten seine dunkelblauen Augen und die Melone ließ seine Gesichtszüge etwas markanter wirken. Sherlock bemerkte gar nicht wirklich, wie er nun auf den Älteren zuging und ungefragt, ohne den anderen zu berühren, die Taschenuhr an der Kette aus der Westentasche zog um sie zu begutachten. John war, mal wieder, so überrumpelt davon, dass der Jüngere ihm SCHON WIEDER so nahe kam, dass er vollkommen vergaß, seinen Kollegen dafür zu maßregeln oder selbst auf Abstand zu gehen. "Ein Familienerbstück?" John bekam nur ein Nicken zustande. Sherlock, der nun realisierte, was er da gerade tat, steckte mit einem ehrlichen 'sehr schön' die Taschenuhr an ihren Platz in Johns Weste zurück und ging dann zwei Schritte rückwärts. Der Doktor wollte sich schon beschweren, ließ es dann aber lieber bleiben, er wollte jetzt, kurz vor der Abfahrt zum Anwesen wegen so einer, wie er sogar selbst fand, Lappalie, keinen Streit mit dem Detektiv beginnen. Stattdessen deutete er auf den Gehstock und frage "Danke, der auch?" John besah sich Sherlocks gesamtes Outfit, während dieser die Frage verneinte und kurz erzählte, wie das edle Accessoire in seinen Besitz gekommen war. Der Detektiv sah heute ganz anders aus wie sonst. Er trug eine Nadelstreifen Hose und eine gemusterte Weste über den weißen Hemd, welches am Kragen, statt einer Krawatte ein schwarzes Seidentuch zierte. Dazu einen schwarzen, knielangen Mantel und ebenso schwarze Lackschuhe. So anders wie sonst wäre es eigentlich gar nicht gewesen, aber damit, dass dieser seine Locken im Nacken zusammen gebunden hatte, einen Zylinder trug und mit dem Gehstock wirkte der hochgewachsene und, wie John nüchtern feststellte, hübsche, junge Mann regelrecht aristokratisch und hätte locker als Lord durchkommen können. “Also dann John, nach Ihnen!” beendete Sherlock die für ihn zugegebenermaßen unangenehme Situation. Nicht nur, dass er dem Kleineren, schon wieder, ohne Nachzudenken, nahe gekommen war, John sah heute zudem erneut wirklich gut aus, was Sherlock aber nicht kommentieren wollte, weil er, untypisch für ihn, nichts Falsches sagen wollte und außerdem ertrug er gerade, aus irgendeinem Grund, den bewundernden Blick des Älteren nicht. Deshalb bat er seinen Freund mit einer höflichen Geste voraus zu gehen. John zögerte auch nicht lange, ging los und verließ mit dem Consulting Detective nun auch schon das Haus. Im Flur waren sie Mrs. Hudson begegnet, die ihnen mit einem anerkennenden Blick einen erfolgreichen Tag gewünscht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)