Dancing on thin ice von Suga-chan ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Kapitel 2 Hyoma musste zugeben, dass er ein schlechtes Gewissen hatte, nachdem er Isagi an der Bar hatte stehen lassen. Er hatte sich den Rest des Abends entweder an Reo und Nagi gehängt oder an Kunigami und Bachira. Dabei hatte er immer darauf geachtet, dass er Isagi aus dem Weg ging. Er wusste, dass dies lächerlich war, aber er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst. Über seinen Unfall zu reden, hätte zu vieles in ihm ausgewühlt; dessen war sich Hyoma bewusst. Isagi hatte diese Behandlung nicht verdient, aber er war nicht bereit, sich Nachfragen zu stellen. Er hatte sich im letzten Jahr darauf verlassen, dass seine Freunde wussten, was mit ihm passiert war, und die ganzen Ärzte und Pfleger hatten es ebenfalls gewusst. Er hatte mit niemanden darüber sprechen müssen. Isagi war eine neue Konstante, auf die er sich erst einmal einlassen musste. Und das schaffte Hyoma aktuell nicht. Es gab zu vieles, was ihn beschäftigte und mit dem er sich auseinandersetzen musste. Sein Unfall war sowieso schon präsent genug, da musste er nicht noch mit dem Neuen darüber sprechen, obwohl er ihn so höflich gefragt hatte. Und vielleicht hatte er ihn ja nur gefragt, da er neugierig war, weil die anderen es ihm längst erzählt hatten. Das wäre doch das Wahrscheinlichste, oder? Sie lebten in einer Kleinstadt, da sprachen sich solche Sachen nun einmal herum. Hyoma war sich selbst bewusst, dass dies alles nur Ausreden waren, damit er sich dem nicht stellen musste. Er wusste auch, dass Isagi eine Entschuldigung verdient hatte. So verhielt man sich einfach nicht; egal, was vorgefallen war. So hatte er es beigebracht bekommen. Er nahm sich fest vor, dass er sich bei Isagi entschuldigen würde, wenn er das nächste Mal auf ihn traf. Jetzt wollte Hyoma aber erst einmal mehr über den neuen Eishockeyspieler erfahren. Er hatte ihn doch irgendwie neugierig gemacht und er wollte wissen, was die anderen so über ihn dachten. Auf dem Treffen hatte er beobachten können, dass er wohl bei allen ganz gut ankam, obwohl er gerade einmal einen Monat hier war. Er schien sich wohl recht schnell in die Mannschaft eingelebt zu haben. Heute traf sich Hyoma wieder einmal mit Bachira, Hiori und Sendou in ihrem Stammcafé. Eigentlich war Reo auch immer dabei, aber die Eishockeymannschaft hatte heute eine Extra-Trainingseinheit eingelegt. Ihr Trainer Ego hatte einen strengen Plan aufgestellt, damit sie in dieser Saison glänzen würden. Dies hieß wohl, dass Hyoma seinen besten Freund in den nächsten Wochen nicht so oft sehen würde. „Oliver ist gestern Abend allen Ernstes auf dem Sofa eingeschlafen. Ich habe ihn gerade so wachbekommen, dass er doch ins Bett geht, damit wir nicht dort schlafen müssen. Ansonsten hätte ich heute sicher Rückenschmerzen“, erzählte Sendou, nachdem die Bedienung ihnen ihre Getränke gebracht hatte. Für Sendou einen Cappuccino, für Bachira eine heiße Schokolade mit Extrasahne, für Hiori einen schwarzen Tee und für Hyoma einen Milchkaffee. „Kannst du immer noch nicht ohne ihn schlafen, Sen?“, zog Bachira seinen Teamkameraden zunächst auf, „Aber Rensuke hat gestern auch gesagt, dass er gleich ins Bett gehen will, weshalb wir im Schlafzimmer unsere Serie gesehen haben. Er ist nach einer halben Stunde eingeschlafen.“ Er schüttelte den Kopf und nahm einen großen Schluck von seiner heißen Schokolade. Anschließend leckte er sich den Sahnebart von der Oberlippe. „Ego-san nimmt sie aktuell ganz schön hart ran, oder? Kenyu und ich wollten uns gestern Abend eigentlich noch mit Karasu und Otoya treffen, aber dann hat uns Karasu schließlich angerufen, dass sie sich kein Stück mehr rühren wollen“, gab auch noch Hiori bekannt, was er aktuell über das Training der Eishockey-Mannschaft wusste. Jetzt wurde Hyoma immer neugieriger. „Dann ist es wohl kein Wunder, dass sie noch einmal feiern mussten. Dafür werden sie jetzt wahrscheinlich keine Zeit mehr haben. Ego-san will dieses Jahr unbedingt den Pokal mit ihnen holen, oder?“, fragte er nach und hoffte, dass er damit das Thema nach und nach auf Isagi lenken konnte. Er wollte es nicht zu offensichtlich machen, dass er sich für ihn interessierte. Bachira und sicherlich auch Sendou hätten ihm sicher einen Strick daraus gedreht. Im Endeffekt wusste er ja, dass es seine Freunde nur gut mit ihm meinten, aber Hyoma wusste noch nicht, ob er schon bereit für mehr war. Erst einmal musste er sich sowieso bei Isagi entschuldigen und dann konnte er sehen, was sich daraus entwickelte. „Ja, das ist ihm wohl ein ganz wichtiges Anliegen. Oliver meinte auch, dass ihre Chancen dieses Jahr echt gutstehen“, antwortete ihm Sendou zunächst und drehte seine Tasse ein wenig hin und her. Hyoma nickte und nahm einen Schluck von seinem Milchkaffee. „Hat er deswegen nicht auch Isagi ins Team geholt? Rensuke meinte mal etwas in der Art zu mir.“ Neugierig blickte Bachira zu ihm und auch Hiori schenkte seine Aufmerksamkeit Sendou, was Hyoma schon die ganze Zeit tat. Dieses Gespräch verlief genau in die Richtung, die er sich gewünscht hatte. „Ja. Oliver und er waren ja im letzten Sommer ein paar Tage unterwegs und haben verschiedene Teams beobachtet, um zu sehen, ob sie jemanden anwerben können. Dort haben sie Isagi entdeckt und er hat Ego mit seinem Talent ziemlich beeindruckt. Oliver meinte, dass er ihn noch nie so erlebt hat.“ „Ego mit Talent zu beeindrucken, ist wirklich schon eine Kunst. Ich weiß noch, wie intensiv Rensuke damals trainiert hat, um sich einen Platz in der Mannschaft zu erkämpfen. Er hat aber auch schon gesagt, dass Isagi eine ganz neue Dynamik mit ins Team bringt“, berichtete Bachira weiter. Auch Hyoma konnte sich noch daran erinnern, wie sehr sein bester Freund damals trainiert hatte, um die Aufmerksamkeit von Ego zu erlangen. Sendou nickte zustimmend. „Ja, Oliver ist auch begeistert von ihm. Isagi spielt ja als Flügelspieler, also muss er von Natur aus schon ein Allroundtalent sein, aber er meinte zu mir, dass Isagi noch etwas anderes mit sich bringt. Ihr wisst ja, dass Rin manchmal schwierig in die Mannschaft einzubauen ist, aber mit Isagi hat Ego wohl ganz neue Ideen, um ihn einzusetzen.“ Sendou trank seinen Cappuccino aus und auch Bachira hatte inzwischen seine heiße Schokolade geleert. Hyomas Milchkaffee näherte sich auf seinem Ende und Hiori hatte auch nur noch ein paar Schlucke Tee vor sich. „Also hat sich Isagi gut in die Mannschaft eingefügt? Es klingt zumindest so, was ihr erzählt“, fragte Hyoma nach, in der Hoffnung, dass es nicht allzu offensichtlich klang, dass er sich besonders für ihn interessierte. „Ja, ich denke, dass man das schon so sagen kann. Du solltest ihn mal spielen sehen, Chigiri. Kommst du mit zum nächsten Spiel? Dann kannst du es dir ansehen, wie er auf dem Eis ist“, schlug Hiori jetzt vor und lächelte ihn aufmunternd an, da er wohl ahnte, dass Hyoma ein wenig unwohl bei dem Gedanken war. Auch wenn er noch mit niemanden drüber gesprochen hatte, wussten seine Freunde doch, womit seine Pause zusammenhing. „Ich schau mal“, war seine schlichte Antwort und er versteckte sich hinter den Resten seines Milchkaffees. Seine Gedanken driften zu Isagi ab und er beschloss, dass er sich bei ihrem nächsten Aufeinandertreffen richtig bei ihm entschuldigen würde. ❄ ❄ ❄ Gut eine Woche später stand Hyoma am Rand der Eisbahn und sah seinen Freunden beim Training zu. Auch wenn er selbst nicht auf dem Eis stehen konnte, konnte er sich nicht nehmen lassen, in der Eishalle zu sein. Innerlich sehnte er sich auch daran, selbst auf den Eis zu stehen. Er ahnte aber, dass ihn wieder nur aus der Bahn werfen würde, wenn er es versuchte. Er war noch nicht bereit dafür. „Hyoma“, sprach Anri ihn da an und kam zur Banderole gefahren, hinter der er stand. Aufmerksam sah er seine Trainerin an. Er war sich sicher, dass sie etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen hatte. „Ja?“, fragte er zurück und richtete sich auf. Bis eben hatte er noch an der Banderole den Kopf abstützt und genau verfolgt, was Bachira, Sendou und Aryuu für Sprungfolgen ausprobierten. Er dachte darüber nach, was er für Kombinationen gewählt hätte. Sein Kopf war immer noch bei seinem geliebten Sport. „Ich wollte mal hören, wie es dir aktuell geht“, begann Anri und lächelte ihn an, „Außerdem freut es mich, dass du trotz allem zum Training kommst. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass du aufhörst.“ Er konnte ihre Bedenken sehr gut verstehen. Er haderte ja immer noch mit sich selbst, wie seine Entscheidung am Ende ausfallen würde. Eigentlich wollte er das Eiskunstlaufen nicht aufgeben, aber er musste sich auch mit dem Gedanken befassen, was passieren sollte, wenn es ihm nicht mehr möglich war. „Ich denke, dass es mir so weit in Ordnung geht. Es ist immer noch schwer, dass es aktuell nicht so läuft, wie ich es gerne hätte“, antwortete er ihr ehrlich. Anri nickte und sah kurz zu seinen Teamkollegen, ob sie bei irgendetwas Unterstützung benötigten. Aber alle waren mit ihrem Training beschäftigt, somit konnte sie sich ganz Hyoma widmen. „Das kann ich mir vorstellen. Der Unfall spielt sich immer wieder in dem Kopf ab, wenn du auf den Eis stehst, oder?“ Seine Trainerin stellte genau die richtigen Fragen, die er eigentlich auch nicht hören wollte. „…Nein, nicht unbedingt. Als ich einfach so gelaufen bin, war es vollkommen in Ordnung und ich habe nicht mehr an den Unfall denken müssen. Aber sobald ich die Sprünge versucht habe…da kamen mir die Bilder wieder in den Kopf. Und dann hat mich die Panik überkommen.“ Er zuckte mit den Schultern. Ihm fehlten die Worte, um das Geschehen in seinem Kopf auszusprechen. Anri sah ihn mitfühlend an. „Das muss sehr schlimm für dich sein, Hyoma. Denkst du, dass es immer so sein wird?“ Wieder antwortete er zunächst mit einem Schulterzucken. Er wusste es wirklich nicht. Immerhin hatte er seitdem nicht mehr auf dem Eis gestanden. Kurz hatte er bei seiner Ankunft überlegt, ob er es ausprobieren sollte, aber es gab irgendetwas in ihm, was ihn zurückhielt. „Mal sehen. Ich glaube, ich müsste es ausprobieren. Aber aktuell fühle ich mich noch nicht bereit dafür.“ Für ihn war es das Beste, wenn er ehrlich mit Anri war. Seine Trainerin hatte so vieles mit ihm getan, da war es nur fair von ihm. Sie seufzte leise und strich sich eine Haarsträhne zurück. „Das ist in Ordnung. Nimm dir die Zeit, die du aktuell noch brauchst, um wieder auf dem Eis zu stehen. Und ich hoffe, dass du weißt, dass du mich jederzeit um Hilfe bitten kannst. Wir können auch allein trainieren, wenn dir das aktuell lieber ist. Ich würde es nämlich sehr schade finden, wenn du das Eislaufen aufgeben müsstest.“ Dieser Vorschlag ließ Hyoma aufhorchen. An diese Option hatte er noch gar nicht gedacht. Er hatte mehr darüber nachgedacht, ob er nicht noch einmal mit der Psychologin aus der Reha sprechen sollte. Vielleicht wäre dies auch eine Option. „Dank dir, Anri-san. Das weiß ich sehr zu schätzen und ich werde darüber nachdenken, wie ich es am besten damit umgehe.“ Es war ein Versprechen an seiner Trainerin, aber auch an sich selbst. Er hatte über ein Jahr dafür gekämpft, um wieder so weit gesund zu sein, damit er auf dem Eis stehen konnte, da wollte er sich jetzt nicht aufhalten lassen. Er musste sich selbst nur noch etwas Zeit zu sprechen. ❄ ❄ ❄ Nach dem Gespräch mit Anri musste Hyoma erst einmal frische Luft schnappen. Es hatte doch einige Sachen in ihm aufgewühlt, die er ordnen musste. Er wusste auch noch nicht, ob er später wieder in die Eishalle gehen würde oder doch lieber nach Hause. Das würde er spontan entscheiden. Er steuerte die Getränkeautomaten vor der Halle an, wobei er noch nicht ganz wusste, für was er sich entscheiden würde. Am Ende wurde es eine Cola. Er hatte die Hoffnung, dass das Koffein ihm helfen würde, seine Gedanken schnell zu ordnen. Er wollte einen freien Kopf haben. „Oh, du bist auch hier“, wurde er da angesprochen, als er seine Flasche gerade aus dem Automaten geholt hatte. Auch wenn er diese Stimme erst einmal in seinem Leben gehört hatte, erkannte er sie sofort wieder. Vorsichtig drehte er sich um. „Hallo Isagi“, sagte er zunächst und war sich dann unschlüssig, ob er noch etwas hinzufügen sollte. Eine Entschuldigung wäre am angebrachtesten, aber sie wollte nicht sofort über seine Lippen kommen. Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, wobei Hyoma einen Schritt zur Seite ging, damit der Eishockeyspieler ebenfalls zu den Automaten gelangen konnte. Er ging an ihm vorbei und für einen kurzen Augenblick streiften sich ihre Oberarme. Hyoma überkam eine Schuldigkeit, die er zuvor noch nicht gespürt hatte. Er fragte sich automatisch, warum dies so war. Immerhin verband ihn so gesehen nichts mit Isagi, außer dass sie einen gemeinsamen Freundeskreis hatten. Sie hatten sich bisher einmal miteinander unterhalten. Eigentlich war da nichts zwischen ihnen. Trotzdem. Das Gespräch zwischen Isagi und ihm beschäftigte Hyoma durchgängig. „Es tut mir leid, wie ich das letzte Mal behandelt habe“, entschuldigte er sich schließlich und sah auf seine Fußspitzen. Er hatte Angst vor Isagis Reaktion auf seine Entschuldigung. Auch wieder ein Gefühl, welches er nicht zu beschreiben wusste. Er hörte, wie der Eishockeyspieler seine Flasche aus dem Automaten zog und sich anschließend räusperte. „Du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen. Als ich gemerkt habe, dass du nicht über das Thema sprechen willst, hätte ich nicht weiternachhaken sollen. Ich habe dich wohl echt mit meinen Fragen überfallen. Mir tut es also auch leid, wie es gelaufen ist.“ Als Hyoma ihn ansah, bemerkte er, wie sich sein Gegenüber mit der freien Hand am Hinterkopf kratzte. Eine Geste, die ihm schon bei ihrem ersten Aufeinandertreffen aufgefallen war. In seiner anderen Hand hielt er eine Flasche Sprite. „Trotzdem…Es war nicht nett von mir, dass ich dich einfach habe stehen lassen. Ich hätte dir vernünftig sagen sollen, dass ich nicht darüber sprechen will. Dich einfach so stehen zu lassen, war auch nicht die nette Art.“ Hyoma hoffte sehr, dass er ihm so klarmachen konnte, dass es ihm ernst war, darüber zu sprechen. „Schwamm drüber. Unser erstes Aufeinandertreffen stand einfach unter einem schlechten Stern. Es spricht doch trotzdem nichts dagegen, dass wir uns besser kennenlernen, oder?“ Isagi schenkte ihm ein sanftes Lächeln, während er eine Bank ansteuerte, die in der Nähe der Automaten stand. Er ließ sich nieder und sah Hyoma auffordernd an. Er zögerte keine Sekunden und setzte sich zu ihm. Ein leichter Herbstwind zog an ihnen vorbei und Hyoma strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Die Abende wurden jetzt immer länger und er musste zugeben, dass er sich schon auf den Winter freut. Es war seine Lieblingsjahreszeit und nicht nur, weil er dort Geburtstag hatte. „Ja, da hast du recht. Ich würde dich nämlich auch gerne besser kennenlernen“, stimmte er zu und schenkte seinem Sitznachbar ein kleines Lächeln. Er nahm einen Schluck von seiner Cola und beobachtete aus den Augenwinkeln Isagis Reaktion. Das Lächeln wich nicht von seinen Lippen, während er ihn ziemlich auffällig musterte. Hyoma nahm diesen Blick erst einmal hin. Dass Isagi nicht uninteressant für ihn war, hatte er ja schon für sich entschieden. Den Rest wollte er auf sich zukommen lassen. „Du kannst mich dieses Mal alles fragen, was du möchtest. Das ist in meinen Augen nur fair, nachdem ich das letzte Mal so überfallen habe“, schlug der Eishockeyspieler vor. Hyomas Augen weiteten sich kurz vor Erstaunen. Er hatte nicht mit so einem direkten Angebot gerechnet. Vielmehr damit, dass er nach und nach ihr Gespräch auf die Themen, die von ihm wissen wollte, lenken würde. Dies war natürlich kein Angebot, welches er ausschlagen würde. „Mich würde interessieren, wie du eigentlich zur Eishockeymannschaft gekommen bist. Ich habe zwar schon ein wenig was von den anderen gehört, aber mich würde es noch mehr interessieren, es von dir zu hören.“ Er wollte nicht vor ihm verheimlichen, dass er seine Freunde schon ein wenig zu ihm befragt hatte. Irgendwann wäre es wahrscheinlich herausgekommen und Hyoma wollte Unstimmigkeiten zwischen ihnen vermeiden. „Ich habe schon fast gerechnet, dass du mich das fragen würdest. Du hast es ja alles nicht mitbekommen“, begann Isagi und nahm zunächst einen Schluck von seiner Sprite, „Was genau hast du denn gehört?“ Mit einer Gegenfragte hatte der Eiskunstläufer nicht gerechnet, aber er mochte, wie sich das Gespräch begann. Er hatte nicht das Gefühl, dass Isagi nicht nur über sich reden wollte, sondern auch seine Meinung hören wollte. „Sendou hat mir erzählt, dass du von Ego angeworben bist und ihn wohl ziemlich überzeugt hat. Er hat mir auch erzählt, dass Aiku wohl ziemlich begeistert von dir ist.“ Hyoma dachte kurz an ihr Gespräch im Café. Damals hatte er sich schon ein wenig gewundert, dass Sendou beim Sprechen nicht eifersüchtig geklungen hatte, aber vielleicht war er über diese Phase schon hinweg. Es war nämlich in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass Sendou ziemlich eifersüchtig reagiert hatte, wenn Aiku sich sehr für jemanden interessiert hatte. „Ja, das stimmt so auch. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr erstaunt über das Angebot war. Ich habe tatsächlich nur durch Zufall gespielt, da sich einer der Flügelstürmer verletzt hatte. In meiner alten Mannschaft habe ich die meiste Zeit die Bank gehütet.“ „Du hast die Bank gehütet?“ Hyoma war erstaunt. Für ihn hatte es durch Sendous Erzählung so gelungen, als wäre Isagi ein herausragender Spieler, der durchgängig auf dem Eis stand. Dieser lachte verlegend. „Ja, tatsächlich. Mein alter Trainer war sehr festgefahren in seiner Meinung und hat lieber große, muskulöse Spieler auf dem Eis gehabt, die sich auch körperlich gut durchsetzen können. Ich war wohl mit meiner Statur ziemlich fehl am Platz, obwohl ich sehr flink bin. Ego-san hat in diesem Spiel aber irgendetwas in mir gesehen, weshalb er mir ein Angebot hat. Da konnte ich natürlich nicht lange zögern und habe es angenommen.“ „Das kannst du dann als sehr große Ehre sehen. Ich kenne wenige Spieler, die von Ego direkt ausgewählt worden sind. Eigentlich weiß ich gerade nur von Aiku und Rin“, sagte Hyoma ihm direkt. Isaig nickte. „Ja, das hat Aiku mir auch schon erzählt, als wir dann miteinander gesprochen haben. Und das weiß ich sehr zu schätzen. Ego hat mir aber auch genau gesagt, was er von mir erwartet.“ Der Eishockeyspieler nahm einen großen Schluck von seiner Sprite. „Was genau erwartet er denn von dir?“ Jetzt war der Eiskunstläufer neugierig. Bachiras Vorschlag kam auch wieder bei ihm auf, ob er nicht mit zum nächsten Eishockeyspiel kommen wollte. Er hatte immer noch keine Antwort für sich gefunden, da er sich seine Gedanken machte, was es in ihm auslöste, wenn er jemand anderes auf dem Eis sah. Und gerade beim Eishockey ging es ja gerne mal grob her. „Das ist die Mannschaft nach vorne treibe. Er hat zu mir gemeint, dass ich weiß, wie ich meine Mitspieler anspornen kann“, begann Isagi und überlegte dann, wie er fortfahren sollte, „Außerdem hat er schnell gemerkt, dass Rin und ich ganz gut miteinander spielen können.“ „Mit Rin zuspielen ist auch immer eine Besonderheit; das haben mir die anderen aus der Mannschaft schon erzählt. Kunigami meinte mal, dass er ziemlich herrisch sein kann.“ Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie sein bester Freund gewettert hatte, als er das erste Mal mit Rin trainiert hatte. Damals hatte er ihn als ein Genie mit zu viel Selbstbewusstsein und noch mehr Egoismus bezeichnet. Isagi lachte verhalten. „Herrisch trifft es wirklich gut. Man muss sich auf ihn einlassen können, aber ich glaube, dass es mir inzwischen ganz gut gelingt. Aber ich glaube, die erste Bewährungsprobe wird kommen, wenn wir das erste offizielle Spiel haben. Bisher durfte ich in einem Freundschaftsspiel für kurze Zeit auf das Spielfeld. Das war natürlich noch nichts für mich.“ Hyoma nickte verstehend. „Dann will Ego dich also ein wenig aufsparen, wie es scheint.“ „Ja, so kommt es mir auch vor. Mal schauen, ob ich dann beim ersten Spiel der Saison von Anfang an Anfang auf Eis darf. Ich hoffe es sehr.“ „Ich würde es dir wünschen.“ Er schenkte ihm ein sanftes Lächeln. Irgendwie wollte er Isagi jetzt schon auf dem Eis spielen sehen. Er musste es sich mit dem Spiel noch einmal genauer durch den Kopf gehen lassen. „Danke. Das nehme ich jetzt als Glück dafür.“ Der Dunkelhaarige zwinkerte ihm zu. Hyoma sah kurz zur Seite. Sein Herz hatte dabei einen kleinen Hüpfer gemacht. Es war merkwürdig, dass Isagi ihn als eine Art Glückbringer ansah. Gleichzeitig fühlte er sich geehrt davon. Während er darüber nachgedachte, baute sich ein kurzes Schweigen zwischen ihnen auf. Dies war aber nicht unangenehm, sondern gerade sehr willkommen. Hyoma genoss es, wenn man mit einer Person auch mal schweigen konnte, und nicht das Gefühl bekam, irgendetwas sagen zu müssen. „Du, Chigiri?“, durchbrach Isagi das Schweigen zwischen ihnen. Der Eiskunstläufer blickte wieder auf. „Ja?“ „Kann ich dich etwas zum Eislaufen fragen? Wenn du nicht willst, ist es natürlich auch in Ordnung.“ Unschlüssigkeit lag in den blauen Augen seines Sitznachbarn. Hyoma wusste es sehr zu schätzen, dass er darauf achtete, ihm nicht zu nahe zu treten. „Es ist schon in Ordnung. Frag mich ruhig. Wenn ich es nicht beantworten will, werde ich dir es dieses Mal direkt sagen.“ Auffordernd lächelte er ihn an. „Okay…Mich würde interessieren, wie du überhaupt zum Eislaufen gekommen bist. Ich finde es immer spannend über das zu sprechen. Wenn du möchtest, kann ich dir auch zuerst erzählen, warum ich mit dem Eishockey begonnen habe.“ Isagi nahm einen weiteren Schluck aus seiner Flasche, während er auf eine Antwortet wartete. „Das ist in Ordnung für mich; das beantworte ich dir gerne“, begann Hyoma, „Ich bin durch meine Schwester zum Eislaufen gekommen. Sie hat es durch eine Freundin entdeckt und sie sind dann regelmäßig hier in der Halle gewesen.“ „Du läufst hier schon seit deiner Kindheit?“, kam eine spontane, neugierige Frage von Isagi. Hyoma lachte kurz. „Ja, es ist die einzige Eishalle hier in der Gegend. Alle haben hier ihre ersten Schritte auf dem Eis gemacht.“ „Sehr interessant“, Isagi nickte, „Erzähl bitte weiter.“ „Also, meine Schwester war immer mit ihrer Freundin hier zum Eislaufen. Meine Mutter hat die beiden öfter abgeholt und mich da natürlich mitgenommen. Als ich gesehen habe, wie viel Spaß die beiden dabei hatten, wollte ich es auch unbedingt ausprobieren. Meine Mutter war am Anfang nicht so begeistert davon.“ Gerade musste er daran denken, wie er ihr damals damit in den Ohren gelegen hatte, dass er unbedingt so viel Spaß wie seine große Schwester haben wollte. „Warum das denn?“ Wieder Neugierde, die in Isagis Stimme lag. „Ich war damals vier oder fünf und in ihren Augen eigentlich viel zu jung dafür. Aber ich habe sie so lange genervt, bis sie es mich dann hat ausprobieren lassen. Und seitdem habe ich es immer geliebt.“ Zum Ende hin wurde Hyoma immer leiser. Er musste automatisch daran denken, wie sehr er sich damals in das Gefühl verliebt hatte, wenn er auf dem Eis stand. Als er das letzte Mal auf dem Eis gewesen war, hatte er es auch gehabt, aber dann waren die Bilder von seinem Unfall ihm in den Kopf gekommen. Er hatte Angst davor, dass er dieses Gefühl verlieren könnte. Vielleicht war dies einer der weiteren Gründe, warum er das Eis aktuell so mied. „Es hört sich schön, dass du schon so lange fährst. Und du musste jetzt nicht weiter darüber sprechen, wenn du nicht möchtest. Ich kann gerne erzählen, wie ich dazu gekommen bin, wenn du möchtest.“ Hyoma nickte. Er war sehr dankbar für dieses Angebot. Auch überkam ihn das Gefühl, dass es zwischen Isagi und ihm von nun an besser laufen würde. Er freute sich schon darauf, wie sich ihre Beziehung zueinander entwickeln würde. „Ich bin tatsächlich in der Grundschule dazugekommen. Wir hatten damals eine Woche, wo uns verschiedene Sportarten vorgestellt worden sind. Mich haben Fußball und Eishockey am meisten interessiert. Meine Mutter ist mit mir zu beidem gefahren und am Ende hat mir das Eishockey spielen am meisten Spaß gemacht. Und da bin ich dann am Ende hängen geblieben“, erzählte der Dunkelhaarige freimütig von sich selbst. „Und sie hatte damals keine Angst um dich?“ Der Eiskunstläufer war doch etwas erstaunt darüber, dass Isagi schon in so jungen Jahren zum Eishockey gekommen war. Von den meisten seiner Freunde wusste er, dass sie erst in der Mittelschule begonnen hatten. „Nein, überhaupt nicht. Aber meine Eltern haben nicht sonderlich viel Ahnung von Sportarten“, er zuckte mit den Schultern, „Und seitdem spiele ich.“ „…Ich würde dich gerne mal spielen sehen“, sagte Hyoma frei heraus, ohne darüber nachzudenken. Es kam einfach so auf ihm heraus. Isagi sah ihn zunächst erstaunt an, bevor er zu strahlen begann. „Sehr gerne! Ich würde mich sehr darüber freuen.“ Als er die Freude in seinem Gesicht sah, hoffte Hyoma, dass er ihm diesen Wunsch irgendwie erfüllen konnte. Ohne, dass ihn dabei die Angst überkam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)