Meeting at evening von Lost_Time ================================================================================ Kapitel 3: Expecto Patronum --------------------------- Er hatte das Design des Raumes beibehalten und sie hatte aufgehört zu versuchen, ihn davon zu überzeugen, es zu ändern. Woher sie das wusste? Weil sie den Raum seit einigen Wochen ebenfalls nutzte, um Zauber zu üben. Grund dafür war eine Anmerkung ihres Professors für Zauberkunst, welcher darauf hingewiesen hatte, dass ihre Zauberstabbewegungen unpräzise wurden. Sie liebte Zauberkunst sehr und wollte bei dem Professor nicht schlecht dastehen, weswegen sie beschlossen hatte, es Lysander gleich zu tun. Die Sticheleien von Lily und Ellis, dass sie nun regelmäßige Dates mit dem „Vampir“ hatte, hatte sie stets zurückgewiesen. Trotzdem fühlte sie sich innerlich als etwas Besonderes so viel Zeit mit ihm verbringen zu können. Im Gegensatz zu Lysander war sie jedoch nicht jeden Abend in dem Raum. Heute, am Freitag, war einer ihrer festen Übungsabende. An diesem Wochentag konnte sie auch sehr lange üben, denn am nächsten Tag war kein Unterricht. Als sie sich nach dem Abendessen im Raum einfand, war Lysander noch nicht da. Die Dursley hatte sich vorgenommen, neben den Zauberstabbewegungen, auch an einem Patronuszauber zu arbeiten. Dieser würde zwar erst im sechsten Jahr gelehrt werden, aber sie wollte ihn probieren, damit er ihr später leichter von der Hand ging und sie vor ihren Mitschülern ein bisschen glänzen konnte. Die Bewegung dafür hatte sie bereits genaustens im Buch studiert. Es fehlte nur eine positive Erinnerung. Eine starke, positive Erinnerung hatte es im Buch geheißen. Daisy überlegte, dachte an den besten Geburtstag, den sie je gehabt hatte und versuchte es einfach. Nichts passierte. Sie konzentrierte sich fest auf das Geschehnis, wie sehr sie sich gefreut hatte, und sprach den Zauber erneut. Nichts. Anscheinend war die Erinnerung nicht stark genug. Oder lag es an der Bewegung? Daisy probierte noch einige weitere, in ihren Augen, starke Erinnerungen aus. Nichts. Enttäuscht ließ sie sich auf einen Stein nieder, welchen sie sich gewünscht hatte. „Den Zauber lernst du nächstes Jahr.“ „Ich weiß“, murmelte sie hörbar „Wieso übst du ihn dann?“ Lysander hängte seinen Umhang an den abgebrochenen Ast eines Baumes. Sein Pullover folgte diesem. Anschließend krempelte er sich wie immer die Hemdärmel hoch. Im Gegensatz zum richtigen Wald, war es hier angenehm warm, weswegen die dicken Herbstkleidungsstücke nicht notwendig waren. Ein Vorteil des Raums, hatte er irgendwann angemerkt. „Ich will den Zauber noch nicht perfekt können, aber ich würde gerne mal in Verteidigung als Vorzeigeschülerin glänzen“, erklärte sie ihm den Beweggrund, „Guck nicht so. Du machst es doch auch nicht aus einem anderen Grund den ganzen Abend.“ „Doch.“ „Ach wirklich? Welcher ist es dann?“ „Privat.“ Daisy verdrehte die Augen. Aus Lysander irgendwas Privates herauszubekommen war schwierig. Eine Sache, die ihr auch Melody bestätigt hatte. Wobei seine Schwester ihr versichert hatte, dass man bei ihm nur am Ball bleiben musste. Sie kam sich komisch dabei vor, als Melody dies erklärte und dabei dieses wissende Lächeln über ihr Gesicht huschte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie angedeutet hatte, dass sie was von dem Challlain wollte. Wieso wussten anscheinend alle mehr als sie? „Der Zauber ist wirklich komplex und schwierig. Eine schön geübte Handbewegung reicht nicht aus.“ Daisy blinzelte leicht, als sich Lysander überraschender Weise an sie wandte. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er jetzt stillschweigend seiner Übung nach ging. Anscheinend war ihm heute nach… Smalltalk? Helfen? Es war untypisch, aber den Teufel würde sie tun und ihn danach fragen. Manchmal war es gut, nicht nach dem warum zu fragen, sondern Dinge einfach hinzunehmen. „Ich weiß, man braucht auch eine starke, positive Erinnerung. Aber ich habe sie alle durch und nichts passiert.“ „Glücklich.“ „Äh… wie bitte?“ „Glücklich. Nicht positiv.“ „Das ist doch dasselbe… oder nicht?“ „Dachte ich zuerst auch, aber nein. Eine starke positive Erinnerung ist, diesen Raum hier zu nutzen, statt in den Wald hinauszuschleichen. Aber richtig stark glücklich macht sie mich nicht.“ Daisy verstand, was er mit diesem einfachen Beispiel aufzeigen wollte. „Aber ich habe, zum Beispiel, an meinen besten Geburtstag gedacht. Da war ich auch superglücklich.“ Von Lysander kam ein spöttisches Geräusch. „Nicht stark genug“, folgte als Antwort auf ihren empörten Blick. Er räumte ein, dass sie vielleicht noch erst ein solches Ereignis erleben würde. „Kannst du einen Patronus?“ „Ja.“ „Zeigst du ihn mir? Bitte, bitte.“ Er atmete tief aus, was fast wie ein Seufzer klang. Dann murmelte er etwas vor sich hin, was klang, als hätte er diesen Zauber eh üben wollen. Aber ganz sicher war sich Daisy nicht. Er ging etwas weiter in den Raum und löschte die blauen Lichter. Das fahle, künstliche Vollmondlicht - in diesem Raum herrschte immer Vollmond - blieb übrig. Lysander streckte seine rechte Hand aus, hielt für eine Sekunde inne und vollführte dann die Bewegung, während sein Mund die Worte sprach: „Expecto Patronum.“ Alles ging blitzschnell. An der Spitze des Zauberstabs bildete sich eine kleine silbrig glitzernde Kugel, welche im abgedunkelten Raum noch pompöser wirkte. Als diese den Stab verließ, formte sie sich in einen Luchs. Nach nur einer Minute verpuffte dieser wieder. Hatte Lysander ihn mit Absicht so kurz beschworen? Oder blieben Patroni nur so kurz, wenn keine wirkliche Gefahr drohte? „Wie ich sagte. Komplex und schwer.“ „Sah nicht so danach aus, um ehrlich zu sein. Schade, dass er so schnell verschwunden ist.“ „Weil ich den Zauber nicht perfekt beherrsche.“ Lysander sagte dies mit einem Tonfall, der sie indirekt als Dummerchen betitelte. Es kränkte sie, beantwortete ihr aber gleichzeitig einige nicht gestellte Fragen. „Wenn du den Zauber perfekt beherrschst, bleibt er länger bestehen und du kannst auch Nachrichten mit ihm überbringen. Darauf arbeite ich noch hin.“ „Aber dafür kann man doch auch magische Briefe verschicken und solche Sachen.“ Die Zauberwelt hatte so viele tolle Möglichkeiten der Kommunikation. Wieso dann noch einen Abwehrzauber dafür nutzen? „Ein Patronus kann nicht von Fremden abgefangen werden.“ Die Erklärung war einleuchtend und kurz kam sie sich wieder ziemlich dumm vor, wenngleich Lysander es diesmal in seiner Stimme nicht hatte durchscheinen lassen. „Also ist ein Patronus so etwas, wie eine SMS oder WhatsApp-Nachricht, die man mit einem Handy verschickt“, schlussfolgerte sie. „Was bei Merlins Bart ist ein Handy?“, fragte Lysander verwirrt. Stimmt, so etwas kannte er nicht. Er war ein reinblütiger Zauberer und das Fach Muggelkunde belegte er nicht. „Ein Handy ist ein elektronisches Gerät in der Muggelwelt. Damit kann man anderen Nachrichten als Text zu kommen lassen oder sie anrufen, also direkt mit ihnen sprechen über sehr weite Distanz.“ „Klingt nach dem Flohnetzwerk.“ „Ja, damit kann man es natürlich auch vergleichen.“ James und Albus hatten den Dursley Geschwistern erklärt, wie dieses funktionierte und auch gezeigt, wie man etwas Schnabernack damit betreiben konnte. Es erinnerte sie an schlechte und unlustige Telefonstreiche. Nachdem sie ihm unaufgefordert einen kleinen Exkurs in die Muggelwelt gegeben hatte, widmete sich Daisy ihrem eigentlich Projekt wieder: Dem Patronus. Sie holte ein Buch heraus und war bereit, sich noch einmal neu mit der Thematik auseinanderzusetzen. Während Lysander trainierte, für was auch immer, klappte sie das Buch nach einer Weile resigniert zu. Es gab nichts, was sie übersehen hatte. Es scheiterte wohl wirklich an der emotionalen Komponente. Lysander bemerkte ihren Missmut und kam zu ihr, als sie im Begriff war zu gehen. „Dein einer Geburtstag war der glücklichste Moment bisher sagst du?“ „Ja.“ „Dann versuchen wir es noch einmal.“ Moment mal, war da gerade Lysander direkt vor ihren Augen ausgetauscht worden? Hatte er wirklich „wir“ gesagt? Er wollte ihr bei dem Patronus-Zauber helfen? Aktiv? Neben der Verwunderung über diese Hilfe, stellte sich ihr noch die Frage: Wie? Wie wollte er ihr helfen bei einem so persönlichen Zauber? Seine Nähe verursachte bei ihr kurz etwas Unbehagen. Erklären konnte sie sich dieses nicht, weswegen sie es einfach abschüttelte. „Konzentriere dich fest auf diesen Geburtstag. Durchlebe alles Glückliche so intensiv wie möglich. Wenn du das Gefühl hast, dass dein Herz vor Glück überschäumt, sprich den Zauber.“ „Und die Bewegung...“ „Die lass meine Sorge sein.“ Mit diesen Worten legte er seine Hand, um ihre Zauberstabhand und sie zuckte kurz zusammen. Nicht aus Angst, sondern weil sie es einfach nicht hatte kommen sehen. Sie atmete tief durch, ehe sie begann, das umzusetzen, was Lysander gesagt hatte. Sie erinnerte sich an ihren elften Geburtstag zurück. Natürlich war dieser der schönste von allen. Denn er läutete den Start für das Betreten einer neuen Welt ein. Einer Welt, die ihr gezeigt hatte, wie man Konfetti zum Jubeln brachte. Irgendwann kam sie an dem Punkt, welchen Lysander beschrieben hatte und als sie den Mund öffnete, merkte sie, wie Lysanders Hand ihre fester griff. Wie er ihre Hand durch die Luft bewegte, während sie den Zauber sprach. Als sie die Augen öffnete, sah sie wie feiner Silbernebel aus ihren Stab aufstieg. Kurz formte sich ein kleiner Schafskopf aus diesem, verpuffte dann jedoch im Bruchteil einer Sekunde. „Das war gut“, kommentierte Lysander. „Ich hab es geschafft! Äh, ich meine, wir haben… also ein bisschen zumindest. Aber es hat funktioniert“, jubelte die Hufflepuff. Ihre ehrliche, überschwängliche Freude ging auch an Lysander nicht spurlos vorbei, selbst wenn man seine Freude nur in seinen Augen lesen konnte. Daisy beließ es bei diesem vorläufigen Etappenziel im Bezug auf den Patronuszauber. Beide übten jeder für sich noch einige Stunden weiter. Bis Daisy mit Schrecken feststellte, dass es bald Mitternacht war. Ausnahmsweise schloss sich ihr auch Lysander an. Leise gingen sie durch die ausgestorbenen Gänge, immer bedacht darauf, weder einem Lehrer noch Geist in die Arme zu laufen. Erstere waren Dank Lysander das kleinere Problem. Gerade wollten sie zu den großen Treppen abbiegen, als ihnen Albus und James Potter entgegen kamen. Drei der Anwesenden wirkten überrascht, nur einem konnte man wie immer nichts anmerken. „Was macht ihr hier?“ „Das können wir dir nicht sagen, Blümchen“, erwiderte James und sah skeptisch zu Lysander hoch. „Heckt ihr schon wieder was aus?“ „Nein… nicht direkt. Es ist nichts Schlimmes, okay“, versicherte Albus und fügte hinzu, als Daisy ihn durchdringend ansah, „Vielleicht solltet ihr nur ein paar Sachen packen, wenn alles gut geht.“ „Aber ihr habt uns nicht gesehen, klar. Verstanden, Challlain?“ „Hey, Jamie, Ly ist in Ordnung, kein Grund ihn anzugehen. Ich kenne ihn, wir sind im selben Schlafsaal.“ „Macht nicht schon wieder Blödsinn, dafür seid ihr doch wirklich zu alt“, seufzte Daisy. „Daisy… mit wem redest du? Wir sollten weiter gehen“, meldete Lysander sich zu Wort. Die Potters grinsten sich an und verabschiedeten sich wortlos. „Das wird nicht gut ausgehen für sie, wenn jemand herausfindet, dass sie es waren. Oder?“ Lysander schüttelte den Kopf. „Hast du auch ein ungutes Gefühl dabei.“ Der Slytherin gab ein bejahendes Geräusch von sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)