It's melting away from under my feet von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Im Auftrag seiner Majestät ------------------------------------- "Verdammtes Wetter!" Der Regen prasselte unaufhörlich gegen die Scheiben. Es regnete nun bereits seit dem frühen Mittag, und die Straßen konnten das Wasser kaum mehr aufnehmen. Vor einer halben Stunde hatte die Kutsche die gepflasterte Straße verlassen und fuhr nun über einen breiten Sandweg, der sich durch die Wassermassen in einen wahren Sumpf verwandelt hatte. Die Felder rechts und links des Weges glichen nun mehr Seen. Richard Hornig wandte seufzend seinen Blick vom Fenster ab und ließ sich in die Kissen zurücksinken. "Das Wetter passt zu meiner Stimmung - ebenso trüb wie der Himmel!" dachte er und warf einen Blick auf seine Taschenuhr. Bald würde die Kutsche München erreichen. "Endlich!" dachte er und stieß einen missmutigen Laut aus. Nur widerwillig war er aus Linderhof aufgebrochen, zu gern wäre er dort geblieben. "Ich würde nun vielleicht am warmen Kamin über einem guten Buch oder am Schreibtisch sitzen, anstatt in der Welt herumreisen zu müssen." Wieder einmal war er von seinem König auf die Reise geschickt worden, um einen Auftrag zu erfüllen, der alles andere als einfach werden würde. Ludwig II. war eine alte goldene Schwanenfigur in die Hände gefallen. Hornig sollte nun die Nachfahren des unbekannten Künstlers ausfindig machen und in Erfahrung bringen, ob noch weitere Kunstwerke außer dem Schwan, der den König so faszinierte, existierten. Richard Hornig wusste, dass er den Auftrag zu Ludwig vollster Zufriedenheit ausführen musste, um nicht wieder bei ihm in Ungnade zu fallen. "Wäre er doch nur nicht so furchtbar kompliziert!" dachte Hornig, wandte seinen Blick erneut den grauen Feldern zu und hing weiter seinen ebenso trüben Gedanken nach. Eine halbe Stunde später erreichte die Kutsche Fürstenried - München war nicht mehr fern. Richard Hornig nahm die vorbeiziehenden Häuser des Ortes kaum wahr, und schon hatte die Kutsche den Ort passiert. Der Kutscher trieb die Pferde noch einmal an, auch er sehnte sich nach einem warmen Zimmer in einer Pension. Hornig sah erneut ungeduldig auf die Uhr - inzwischen standen die Zeiger auf halb acht. Da erschütterte auf einmal etwas das Gefährt, die Pferde scheuten, der Kutscher fluchte etwas Unverständliches und Richard Hornig wurde gegen die Türe der Kutsche geschleudert. Als sich die Kutsche nicht mehr bewegte, wagte er es, sich aufzurappeln und umständlich aus der sich zur Seite neigenden Kutsche zu klettern. Ärgerlich rieb er sich den schmerzenden Arm und fluchte, da der Regen ihm bereits jetzt die Kleidung völlig durchnässt hatte. Der Kutscher kam mit den Händen fuchtelnd auf ihn zu und deutete auf die offensichtlich gebrochene Radachse der Kutsche: "Das kann ich auf die Schnelle nicht richten!" Hornig brummte verärgert: "Müssen wir nun die Nacht etwa in der Kutsche verbringen?!" Der Kutscher zuckte etwas hilflos mit den Schultern: "Alleine kann ich das nicht reparieren. Wir müssen wohl... Aber warten Sie! Wenn mich mein Gedächtnis nicht völlig verlassen hat, muss dort das Schloss Fürstenried liegen." Er deutete nach Nordosten auf ein Wäldchen. "Fürstenried? Nun gut, lassen Sie uns gehen, vielleicht finden wir dort Hilfe." Der Kutscher holte Hornigs Gepäck aus der Kutsche und führte ihn einen schmalen Weg durch den Wald entlang, bis sie auf eine breitere Alle stießen. Unterwegs überlegte Hornig, was er über Fürstenried wusste: Seid etwa einem halben Jahr lebte dort Prinz Otto, des Königs geisteskranker Bruder, das Schloss war für ihn eine Art private Anstalt. Ludwig sprach nie über seinen jüngeren Bruder, jedoch hatte Hornig ihn einmal dabei beobachten können, wie er mit betroffenem Gesichtsausdruck ein psychatrisches Gutachten über Ottos Zustand gelesen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)