Schutzengel wider Willen von Maginisha ================================================================================ Kapitel 1: Draco ---------------- Septembermorgen. Klare Luft. Erste Sonnenstrahlen. Vogelgezwitscher. Glückliches Tirilieren und Schmetterlinge. SMASH! Der Vogel sang nicht mehr und Draco drehte sich mit dem Zauberstab in der Hand noch einmal zur anderen Seite um. Blödes Viehzeug. Warum machte es auch mitten in der Nacht so einen Höllenlärm. Aber damit war jetzt Schluss. Er war seit siebzehn und somit volljährig. Außerdem war heute der erste Tag im neuen Schuljahr, da würde er sich ohnehin nicht mehr um diese lächerliche... Stille im Kopf. Scheiße! Schule! Potter! Grummelnd erhob er sich aus dem Bett und setzte die nackten Füße auf den Boden. Wenn das nicht dämlichste Tag in diesem Jahr werden sollte, dann mussten sich die folgenden aber anstrengen. Er gähnte ausgiebig und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ok, duschen war nötig. Man wollte ja schließlich nicht wie ein gemeiner Strauchdieb in Hogwarts erscheinen. Ganz kurz verweilte er noch bei dem Gedanken, wie es wohl gewesen wäre, wenn er ein paar Wochen früher geboren worden wäre. So hätte er bereits mit elf eingeschult werden können, anstatt so unrühmlich spät seine Ausbildung anzutreten. Aber auch für ihn hatte es keine Ausnahme von den Regeln für das Eintrittsalter gegeben und so war er denn mit dem legendären St.Potter in einem Jahrgang. Seine Schulsachen waren bereits gepackt. Eigenhändig versteht sich, denn er würde niemandem erlauben seine Sachen zu berühren; nicht einmal seiner Mutter. Narzissa Malfoy hatte sich zurückgezogen, seit sein Vater weg war. Das Haus wurde nur noch durch die wenigen Bediensteten belebt, denn wenn die blonde Frau nicht über einem der wenigen unverfänglichen Briefe seines Herrn Erzeugers saß, war sie meist nicht ansprechbar. Er sah, dass sei unter seinem Weggang litt, doch sie war zu stolz, um es öffentlich zu zeigen. So litt sie still vor sich hin und verkroch sich mehr und mehr im Arbeitszimmer ihres Mannes, was Draco in Bezug auf seine Tagesgestaltung relativ freie Hand ließ. Draco mochte diesen Zug an seiner Mutter. Was er jedoch nicht besonders schätzte, war die Tatsache, dass sie ihm verbot, sofort in die Reihen der Todesser einzutreten und darauf bestand, dass er weiter nach Hogwarts ging. Sie war ihrem Cousin Sirius Black zwar nicht sehr zugetan gewesen, sein Tod jedoch hatte sie nachdenklich gemacht. Seit dieser nicht besonders taktvollen Aktion ihrer Schwester Beatrix, die inzwischen ebenfalls untergetaucht war, konnte sich seine Mutter nur noch wenig für die Sache des Dunklen Lords begeistern. Immer wieder hatte sie Draco gesagt, dass sie ihn zwar nicht aufhalten würde, ihm jedoch auch nicht helfen würde, in sein eigenes Verderben zu laufen. Es sei genug, dass sie den Verlust seines Vaters zu beklagen hatte und dass sie gar nicht daran dachte, auch noch ihren einzigen Sohn an einen schlangenäugigen Scharlatan zu verlieren, der sich von einem Kind besiegen ließ. Wenn man es also genau nahm, war das Narbengesicht daran schuld, dass er sich immer noch in dieser dämlichen Schule voller Schlammblüter mit einem greisen Schulleiter herumärgern musste und nichts tun konnte, als zu warten, dass der Dunkle Lord ihn zufällig entdeckte. Auf die Hilfe von seinen beiden Leibwächtern Crabbe und Goyle konnte er nicht zählen. Ihr Väter waren zwar ebenfalls Diener des Dunklen Lords, aber ihnen war zuzutrauen, dass sie dem Herrn der Todesser einen Brief schrieben im Stil von: "Lieber Du-weißt-schon-wer! Unser Freund Draco ist ein dufter Typ, der gerne für dich arbeiten würde. Wir vertrauen ihm und das solltest du auch tun. Liebe Grüße Vincent und Gregory. PS: Bring, wenn du mal vorbeikommst, was zu essen mit." Er schüttelte sich bei dieser Vorstellung. Nun ja, man musste Einschränkungen machen, wenn man nicht fürchten wollte hinterrücks von einem Vertrauten verraten zu werden. Am besten indem man schlauer war als eben jener. Er riss sich aus seinen düsteren Betrachtungen los und schlurfte ins Bad. Im heißen Wasser der Dusche kehrten seine Lebensgeister langsam zurück und er hätte sich fertigmachen müssen. Trotzdem blieb er noch unter dem Strahl stehen, bis seine Haut anfing vor Hitze zu kribbeln und er es einfach nicht mehr länger aushielt. Seufzend drehte er das Wasser ab und griff nach seinem Handtuch. Während er sich abtrocknete blieb sein Blick an dem großen Spiegel im Badezimmer hängen. Er war durch einen Zauber vor dem Wasserdampf geschützt und so konnte er sich ausgiebig betrachten. Nun ja, wenn er ehrlich war, war er nicht gerade sehr beeindruckend gebaut, aber das konnte man mit dem entsprechenden Auftreten wieder geradebiegen; zumal man als Sucher sowieso nicht zu schwer gebaut sein durfte. Seine blonden Haare, die sonst auf Kinnlänge herangewachsen waren, klebten jetzt nass an seinem Kopf und bildeten einen eher farblosen Gegensatz zu seinem von der Wärme geröteten Gesicht. Doch das würde sich ändern, wenn er noch lange hier herumstand. Das abkühlende Wasser, das seinen Körper herunter lief, würde die gewohnte Blässe zurückbringen, die ihn immer ein wenig durchschienend aussehen ließ. Grau-blaue Augen unterstrichen den leicht ätherischen Charakter seines Antlitzes. Draco lächelte seinem Spiegel-Gegenüber selbstverliebt zu. Ja, er sah gar nicht so schlecht aus, daran bestand kein Zweifel. Nicht wenige Mädchen träumten sicher nachts von ihm, aber er hatte ja schließlich Pansy. Die war glücklich über alles, was er ihr hinwarf und stellte kein Ansprüche. Als ob er Interesse an einer Liebschaft gehabt hätte. Pah, so etwas brauchte er nicht. Trieb ja, Gefühl, nein. Hormone konnte man nicht steuern, aber Sentimentalitäten schon. Er schnitt eine Grimasse und lachte dann auf. Wenn er noch lange herumtrödelte würde er den Zug verpassen. Als er sich angezogen hatte und noch die letzten Dinge in seinem Koffer verstaut waren, schritt er hoch erhobenen Hauptes die Gallerie der Eingangshalle entlang. Als er gerade an der Treppe angelangt war, ging die Tür zum Arbeitszimmer seines Vaters auf und seine Mutter trat hinaus. Sie schien ihn zunächst nicht zu bemerken, drehte sich jedoch herum, als er anfing, die Stufen hinunter zu steigen. Ihre Augen waren von tiefen Schatten gesäumt, die ihn mehr trafen, als er es je zugegeben hätte. Er hatte seine Mutter immer geliebt, da sie die Einzige gewesen war, die ihn jemals wirklich freundlich behandelt und verwöhnt hatte, wo immer Gelegenheit dazu gewesen war. Sehr zum Ärger seines Vaters, versteht sich. Doch Kinder waren dumm und leicht zu beeindrucken und inzwischen war seine Liebe eher einer Art Respekt gewichen, den diese Frau immer noch einzufordern verstand. Auch jetzt verharrte sie am Fuß der Treppe und erwartete, dass er kam und sich von ihr verabschiedete. Er nahm die letzten Stufen und stellte sich aufrecht vor sie hin. Mit einer fast liebevollen Geste, richtete sie seinen ohnehin gerade sitzenden Kragen und lächelte ihn an. "Mein Sohn.", sagte sie nur und war offensichtlich versucht, ihm auch noch durch das Haar zu streichen. Wie peinlich. Er konnte vom Glück sagen, dass ihn niemand so sah. Draco hauchte ihr daher schnell einen Kuss auf die Wange und antwortete sachlich: "Ich muss gehen, Mutter." Damit drehte er sich um und verließ Malfoy Manor, ohne sich noch einmal zu ihr umzudrehen. Er hasste diese Abschiedsszenen, doch diesmal war es besonders schlimm; wusste er doch, dass sie jetzt völlig alleine in dem großen Haus war. Trotzdem wollte er sich damit nicht belasten. Er hatte Wichtigeres zu tun, wenn er den Namen seiner Familie weiter in Ehren halten wollte, den der verpflichtete schließlich zu einer gewissen Haltung. Draußen wurde sein Gepäck verstaut, dann ging die Fahrt zum Bahnhof nach London los. Eine unsinnige Erfindung, die Geschichte mit dem Zug. Aber es war eben Tradition und Traditionen ließen sich eben nicht so einfach ändern. Dummerweise mussten sie auch noch einen kleinen Umweg in die Winkelgasse machen, weil dieser unfähige Nichtsnutz von einem Buchhändler die Bestellung, die er durchgegeben hatte, nicht vollständig geliefert hatte. Es fehlte die neuen Bücher für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. "Schutzzauber", "Geistwesen und ihr Nutzen" und "Magische Amulette" hatten alle drei auf der Liste gestanden und er hatte keines der drei erhalten. Was kümmerten ihn die Lieferschwierigkeiten dieses Stümpers. Nicht dass ihn diese Werke sehr interessiert hätten, aber er wollte sich nicht die Blöße geben, ohne sie zu erscheinen. Es war ohnehin fraglich, wen der tattrige Schulleiter diesmal zu ihrem Lehrer bestimmt hatte. Professor Snape, sein Hauslehrer würde es wohl wieder nicht werden. Eigentlich schade, aber sein Vater hatte sicher auch Recht mit seiner Behauptung, dass sich der schwarzhaarige Mann hinter einem Kessel besser machte, denn als Kämpfer in der ersten Reihe zu stehen. Auch hatte er den Verdacht geäußert, dass es dem Todesser-Kollegen nicht mehr so sehr zum Dunklen Lord zog wie früher und dass er möglicherweise der anderen Seite ebenso diente, wie der ihren. Doch das war erst einmal nebensächlich. Draco war noch in der Schule und er würde sich an die Regeln zu halten haben. Wenngleich er doch durch die Sympathie seines Hauslehrers ziemlich viele Freiheiten genoss und er hatte nicht vor, diese durch blinde Prinzipienreiterei zu gefährden. Draco nahm, was er kriegen konnte; besonders gerne, wenn es eigentlich jemand anderem gehörte. An der Winkelgasse angekommen, hieß er den Kutscher warten und stieg selber aus. Er wollte sich kurz noch die Beine vertreten. Zielstrebig ging er durch die Menschenmenge. Einige neue Schüler machten noch letzte, hektische Besorgungen, bevor sie sich an ihm vorbei in Richtung Ausgang drängten. Er hatte noch eine Stunde, bis der Zug fuhr. Ein kleines Mädchen kreuzte seinen Weg. Die blauen Augen waren feucht von aufsteigenden Tränen. Es rief immer wieder leise nach seiner Mutter. Er beugte sich zu dem Kind hinab und zeigte in eine bestimmte Richtung. "Ich glaube, die ist gerade da hinten um die Ecke gegangen, meine Kleine.", lächelte er zuckersüß. Die Augen des Mädchens begannen zu leuchten und es drehte sich um und lief geradewegs in die Nockturngasse hinein. Dracos Lächeln wurde zu einem Grinsen, als er sie kreischen hörte und bleich in den Armen einer jungen Frau landen sah. Die drehte sich nach einer kurzen Frage an ihre Tochter suchend um, doch der junge Mann hatte ihr schon pfeifend den Rücken gedreht. Einfältiges Ding. Brachte denn den Kindern keiner mehr bei, dass man nicht mit Fremden reden sollte? Besonders wenn sie Draco Malfoy hießen. In dem Buchladen angekommen war seine Lieferung zum Glück schon fertig und er bezahlte die Bücher mit einem knappen Nicken. Warum Worte verschwenden, wenn es auch ohne ging. Er überflog kurz die Kapitel, als er wieder zum Ausgang zurückging. Das würde ja heiter werden. Schöne Formulierungen umrissen unsachliche Themen, die mit den Dunklen Künsten nicht viel zu tun hatten. Na toll. Federweiche Stunden erwarteten ihn. Das konnte nur eine Frau als Lehrerin bedeuten. Er verdrehte die Augen und ließ sich zum Bahnhof bringen. Dort angekommen scherte er sich nicht einen Deut um die Muggel um ihn herum und eilte zügig auf die Absperrung zum Gleis neundreiviertel zu. Kurz vor der Mauer erwarteten ihn schon Crabbe und Goyle. Von Pansy war Gott sei Dank keine Spur, die wäre ihm womöglich noch um den Hals gefallen. Obwohl... wenn sie es im Zug wagen würde, könnte er wenigstens gleich mal den neuen Fluch an ihr ausprobieren. Er sollte die Harre seines Gegenübers in leuchtend grünes Gras verwandeln, dass genau wie richtiges Haar weiterwuchs. Allerdings würde er dann mit einer floralen Freundin geschlagen sein, was auch nicht gerade betörend wirkte. Nicht ein bisschen Spaß konnte man haben. Aber vielleicht fand sich ein anderes Opfer. Seine beiden Kumpane nahmen wie immer seinen Koffer in Empfang und folgten ihm. Einer der beiden versuchte sogar ihn nach seinen Ferien zu fragen, doch er zischte nur, sie sollten warten, bis sie ungestört waren. Schnell hatte er ein Abteil gefunden, dass ihm gefiel und mit einem Hinweis darauf, dass sie sich besser nicht mit dem Vetrauensschüler des Hauses Slytherin anlegen sollten, komplimentierte er die Drittklässler aus Gryffindor aus ihren Sitzen. Es war so gut, böse zu sein, grinste er in sich hinein. Dann lehnte er sich in seinem Sitz zurück und lauschte mit halbem Ohr den Schilderungen von Crabbe und Goyle, die sich beide bemühten den jeweils anderen mit ihren "bösen Heldentaten" zu überbieten. Doch sie würden niemals seine Klasse erreichen. Er war eben der ungekrönte Prinz der Slytherins. Aber amüsant war es allemal. Bis bekannte, nervtötende Stimmen seine Ruhe durchbrachen. Potter. Wiesel. Granger. Willkommen zurück in der Wirklichkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)