Mein wunderschöner Quälgeist von Blackmage ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3 Der Besuch Oder... Wie ich eine alte Bekannte wieder sah und ein schreckliches Erlebnis mit einem Fischmenü machte. Die nächsten Tage hatte ich frei. Über Weihnachten und Neujahr was das Museum geschlossen und die meisten Mitarbeiter verbrachten ihren Urlaub im Süden, irgendwo, wo es eben nicht schneite. Ich verzichtete auf so eine Reise und blieb stattdessen in London. Wie immer stand ich auch an meinen freien Tagen früh auf und besah meinen Terminkalender. Heute Nachmittag sollte ich Maya besuchen, eine Ex-Angestellte Bei NERV und im Grunde eine gute Bekannte. Ich hatte keine Lust hinzugehen, doch die Tatsache, dass sie als einzige meiner alten Bekannten so nah an London wohnte stimmte mich, zusammen mit ihrem langen Bitten und Betteln, dann doch milde und ich entschied mich, zu ihr zu fahren. Immerhin könnte ich ihr schon das Geschenk mitbringen, das ich für sie gekauft hatte. Den Vormittag verbrachte ich allerdings mit einkaufen. Ich fuhr mit dem Wagen, da ich keine Lust hatte schon wieder mit vollen Taschen in der Bahn zu stehen, wo mir wohlmöglich noch jemand etwas klaute. Ich entschied mich zum Piccadilly Circus zu fahren, da sich dort mein bevorzugtes Zeichenutensiliengeschäft befand und ich benötigte dringen neue Farben und Pinsel, da ich mich während meinen freien Tagen sicher etwas ausgiebiger meinem Hobby widmen würde als sonst. Ich parkte mein Auto und ging die Piccadilly Street hinunter. Wie immer war die Straße mit Leuten überfüllt, die von Geschäft zu Geschäft gingen. Wahrscheinlich waren die meisten von ihnen Touristen oder Leute, die nach Weihnachtsgeschenken Ausschau hielten. Die Hektik um mich herum ignorierend ging ich weiter und besah mir auf meinem Weg die vielfältigen Dekorationen der Geschäfte. Wenig später berat ich dann das "House of modern Art" und sah mich um. Ich fühlte mich in diesem Geschäft seltsam wohl. Die Verkäuferinnen kamen schon lange nicht mehr auf mich zu um mich zu beraten, da ich ihnen unmissverständlich klar gemacht hatte, dass ich für mich selber entscheiden konnte: Durch pure Ignoranz und ein paar Erklärungen. Ich kaufte neues Weiß und zudem weitere kühle Farben, Farben des Winters. Eine Tube fiel mir ins Auge und ich nahm sie aus dem Regal. Die Farbe war seltsam, fleischfarben und doch irgendwie rosarot, fast wie die Lippen der Collegestudentin am Tag davor. Nahezu panisch legte ich die Tube wieder zurück, legte im Gegenzug ein paar andere in meinen Einkaufskorb, dazu einen weiteren Block, Verdünnungsmittel und ein paar Pinsel. Ich zahlte schnell und verließ keuchend das Geschäft. Ich atmete tief durch und lief dann weiter, direkt zum nächsten Supermarkt. Während ich durch die Regalreihen lief und dabei Obst und Gemüse in meinen Einkaufswagen legte ging nur ein Gedanke durch den Kopf: Wieso konnte ich diese Rikku nicht aus meinem Gedächtnis verbannen, es war fast so als hätte man ihr Bild mit einem Brandeisen tief in mein Gedächtnis gebrannt. Seit gestern suchte sie mich in meinen Gedanken heim, sogar in einem Traum, den ich letzte Nacht hatte, sah ich ihr Gesicht. Während ich meine Lebensmittel bezahlte, versuchte ich mir einzureden, dass das nur daran lag, weil sie mir gestern so ungewohnte Fragen gestellt hatte, aber irgendetwas in mir sagte, dass dies nicht der Grund gewesen sei. Ich verließ den Supermarkt und wollte mich zurück zu meinem Auto begeben, als mein Blick plötzlich auf ein Geschäft auf der anderen Straßenseite viel. Es war die Borders Buchhandlung, eine der größten Buchhandlungen Londons ich verspürte plötzlich Lust, mich darin etwas umzusehen. Ich betrat die Buchhandlung und wurde sofort von einer Mitarbeiterin gegrüßt. Mir kam es vor als wollte sie mir an den Hals springen um mir zur Weihnachtszeit einige Bücher unterzujubeln doch ich sagte ihr, dass ich mich selbstständig genug fühle, alleine zu suchen. Verschiedene Teilbereiche der Bücherei sah ich mir durch, Unterhaltungsliteratur, Lyrik, dazwischen Sach - und Wissensbücher. Mein Interesse galt den Büchern über Kunst und ich blätterte einige durch, bis ich einen Blick im Nacken spürte. Ich wusste nicht was es war, nur, dass mich jemand zu beobachten schien. Ich drehte mich um und wünschte mir sofort, nie die Buchhandlung betreten zu haben. Einige Schritte vor mir stand tatsächlich wieder diese Rikku. Sie trug eine ziemlich dicke Daunenjacke, weiß mir blauen Längsstreifen am arm und den Markenschriftzug in Brusthöhe. Sie lächelte wieder. Ihr Gesicht war leicht gerötet und etwas feucht, wahrscheinlich kam sie direkt von draußen. Wir starrten uns eine Weile an, bis es mir dann zu blöd wurde und ich mich wieder den Büchern widmete, mit der Hoffnung, sie würde mich einfach in Ruhe lassen. Ich begann mich immer unbehaglicher zu fühlen als sie näher schritt und fing an, mir die Bücher im Regal nebenan durchzusehen. In diesem Regal befanden sich Bildbände mit Zeichnungen des Viktorianischen Englands. Ich bemühte mich, nicht in ihre Richtung zu blicken, doch konnte ich spüren, wie sie ab und zu in meine Richtung blickte. Ihr Satz ging mir wieder durch den kopf: "Was ist denn, wenn ich viel lieber etwas über sie erfahren möchte, Miss Ayanami?" Wieso wollte sie etwas über mich erfahren, dieser Gedanke lies mir keine Ruhe. Ich drehte mich weg, um ihr zumindest nicht mehr ins Gesicht sehen zu müssen, doch es war zwecklos. "Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen sie verstecken sich vor mir, miss Ayanami.", grinste sie. Das war eindeutig zu viel, nicht, dass ihre Anwesenheit mich einfach verwirrte, sie schien es auch noch genau zu wissen. Sie machte mich krank. "Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen sie sind ziemlich aufdringlich... Rikku.", antwortete ich. "Nur Rikku bitte.", meinte sie, "Das "sie" können wir doch weglassen oder? Immerhin sind wir beide nicht so alt, das wir uns gegenseitig siezen müssten." Sie grinste immer noch. Sie zu duzen brachte mich nur noch mehr in Kontakt mit ihr. Das "sie" ist unpersönlich und distanziert, daher bevorzuge ich diese Art der Anrede, und jetzt wollte Rikku einfach auf das "du" umsteigen. Ich antwortete nicht und es schien sie nicht zu stören, scheinbar ignorierte sie es einfach. "Wie ist dein Vorname?", fragte sie schließlich und erntete einen verstörten Blick von mir. "Aus welchem Grund wollen sie das wissen?" Ich brachte es nicht über mich sie zu duzen, ich wollte es einfach nicht, weil ich so fürchtete in näheren Kontakt mit ihr zu kommen. "Nun ja, ich finde es ist netter jemand mit Vornamen anzureden, dass ist nicht so formal.", war ihre Antwort. "Mir wäre es lieber, wenn wir es bei der formalen Anrede belassen würden." Nicht gewillt mich auf weitere Konversationen mit ihr einzulassen griff ich den Bildband aus dem Regal, für den ich mich entschieden hatte und machte mich auf den Weg zur Kasse. Zu meiner Überraschung rief Rikku mir ein fröhliches "Auf Wiedersehen" hinterher. Ich bezahlte mein Buch und machte mich auf dem schnellsten Weg zurück zu meinem Auto. Völlig aufgekratzt schmiss ich meine Einkäufe ungeordnet in den Kofferraum, schloss diesen, riss die Fahrertür auf und startete den Motor. Auf der Fahrt zurück nach Hause konnte ich mich kaum auf den Verkehr konzentrieren, weshalb ich eine weniger befahrene Straße wählte, welche zwar meinen Nach Hause Weg verlängerte, aber weniger gefährlich in meiner Situation war. An einer Ampel atmete ich laut aus und fragte mich, wie ich mich eigentlich grad verhielt. Es erinnerte mich an eine Schulkameradin welche von einem Jungen zum ersten Mal angesprochen wurde, in den sie tierisch verliebt war. Sie verhielt sich ebenso aufgekratzt und konnte den ganzen Tag an nichts anderes mehr denken. Meine Hände zitterten. Zu Hause parkte ich den Wagen, verstaute die herausgefallenen Einkäufe wieder in den Tüten und betrat das Haus. Vor meiner Wohnungstür stand ein Geschenkpaket mit Absender Shinji Ikari. Ich verdrehte die Augen und schloss die Wohnung auf. Auf dem Geschenk stand groß und breit, dass ich es nicht vor Weihnachten öffnen sollte, neben die Schrift ein grinsendes Männchen gemalt. Ich stellte das Geschenk einfach auf den Tisch und verstaute dann meine Sachen. Mit ein paar Worten hatte Rikku es geschafft, mir die Selbstsicherheit und Gefühlskälte zu rauben die ich während all der Jahre aufgebaut und aufrechterhalten hatte. Und wieso wollte sie mich unbedingt duzen und meinen Vornamen wissen? hatte sie etwa vor sich mit mir anzufreunden? Obwohl ich so abweisend ihr gegenüber war? Bisher hatte noch nie jemand versucht sich ernsthaft mit mir anzufreunden und ich verspürte auch nicht den Drang, mit irgendjemand eine enge freundschaftliche Beziehung einzugehen. Am allerwenigsten mit so einer aufdringlichen Person wie Rikku. Ich setzte mich mit einer großen Schüssel Kekse eine Weile vor den Fernseher und redete mir einfach ein, dass irgendwas mit mir nicht in Ordnung war und dass Rikku nicht den geringsten Einfluss darauf haben würde. Als mir wieder auffiel, wie kindlich und dumm ich mich verhielt stand ich ruckartig auf und lies die Schüssel auf de Tisch knallen, sodass einige Kekse rausfielen. Ich ging ins Badezimmer. Vor dem Spiegel sah ich mich lange an und versuchte aus meinen tiefroten Augen eine Antwort zu lesen. "Bin das ich?" Sofort senkte ich den Kopf, ich führte wieder Selbstgespräche. Gelegentlich neige ich dazu, es ist angenehm eine Stimme um sich zu haben, auch wenn es die Eigene ist, doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es schlimmer wird, wenn ich nervös bin oder mich gestört fühle, es ist eine schreckliche Angewohnheit. Erneut sah ich mich an. Vielleicht redete ich es mir ein aber ich glaube, man könne in meinem Gesicht den Stress quasi ablesen, also lies ich mir ein Bad ein. Während das Wasser lief packte ich einige Sachen in eine Tasche. Nachmittags würde ich zu Maya fahren, sie hatte mich, wie gesagt, schon eingeladen. Ich packte ihr Geschenk und ein paar Liköre ein, die mir der Besitzer des Tante Emma Ladens immer mit gab. Wenig später entkleidete ich mich und stieg in die warme Badewanne. Das warme Wasser war angenehm und entspannte meinen Körper. Ich schloss die Augen und versuchte so meiner Seele auch die nötige Entspannung zu verschaffen. Wie groß konnte schon die Chance sein, Rikku wieder zu sehen, London ist eine riesige Stadt, in der Millionen Menschen leben. Das heute in der Buchhandlung war nur reiner Zufall gewesen und mit etwas Glück würden solche unangenehmen Zufälle sicher in Zukunft ausbleiben. Plötzlich jedoch zuckte ein anderer Gedanke durch meinen Kopf. Vor einiger Zeit hatte ich folgenden Satz in einem Buch gelesen: "Es gibt keine Zufälle, alles folgt seiner Bestimmung". Ich schüttelte den Kopf, dieser Gedanke war einfach lächerlich. was für eine Art von Bestimmung sollte das sein? Außerdem ist Bestimmung für den, der sie erlebt, wieder rein zufällig, daher ist dieser Satz gerade so viel wert wie Shinjis Geschenk auf meinem Tisch. Sollte es wirklich irgendeinen Zusammenhang zwischen unseren beiden Treffen geben, so bin ich die letzte, die irgendeinen Einfluss drauf hat. Selbst wenn ich mich in der Wohnung einschließen würde könnte sie mich anrufen, da sie meine Nummer irgendwie herausgefunden hat, und so weiter. Zufälle passieren eben. Unruhig legte ich meinen Kopf in den Nacken. Ich dachte schon wieder zu viel nach. Manchmal denke ich zu viel nach und versuche meine Stimmung anschließend mit irgendetwas Süßem auszugleichen. Es gibt nichts Schlimmeres. Etwa zwanzig Minuten später fing das Wasser an langsam kalt zu werden, also stieg ich aus, trocknete mich kurz ab und zog mir neue Sachen an. Meine Haare lies ich relativ nass, nur so, dass sie nicht tropften. Ich setzte mich in meinen Sessel und blätterte in dem Bildband den ich in der Borders Buchhandlung gekauft hatte. Er enthielt Bilder von verschieden Künstlern, die alle das Viktorianische England zeigten. Allerdings nicht nur die prächtigen Bauten und schönen Parks dieser Zeit. Der Bildband zeigte auch die andere Seite der Medaille, wie zum Beispiel Bilder des damaligen Whitechapel, Bilder des Newgate Gefängnisses usw. Die Künstler hatten versucht, durch diese Bilder auf die schlimmen Zustände die damals herrschten aufmerksam zu machen, leider nur mit mäßigem Erfolg. Die Menschen sehen nur das, was sie auch sehen wollen, so glaubten die meisten Menschen, dass die Frauen sich wegen ihres starken Sexualtriebs prostituierten und nicht um an ein bisschen Geld zu kommen. Während ich so die Bilder betrachtete kam mir die Idee, dass ich selbst einmal versuchen könnte ein Bild von London zu zeichnen, anstatt der ständigen Landschaftsbilder, auf die Dauer wurde das eintönig. Die Idee fesselte mich sogar so sehr, dass ich sofort anfing meine Staffelei aufzubauen und einige Farben vorzubereiten. Nach den ersten Strichen viel mein Blick allerdings auf die Uhr. Halb zwei Nachmittags. Hastig wusch ich die Pinsel und zog meinen Mantel an. Um zwei Uhr war ich mit Maya verabredet und mit der U-Bahn von London zu ihr in den Stadtteil Highgate war es eine Fahrt von dreißig Minuten, das würde knapp werden. Ich stieg die Treppe schnell herab und hetzte zur U-Bahnstation, wo ich den Zug gerade noch erwischte. Zum Glück war die U-Bahn heute nicht so voll und ich bekam einen Sitzplatz. Während der Fahrt hoffte ich inständig, dass der Besuch bei Maya nicht zu lange dauern würde und dass sie mich nicht erneut einladen würde. Warum musste Maya auch ausgerechnet nach London ziehen? Nun ja, wenigstens wohnen wir in Stadtteilen, die weit voneinander entfernt liegen. Als der Zug endlich Highgate erreichte, hastete ich zu Mayas Wohnung. Ich konnte es nie leiden zu spät zukommen. Fast jedes Haus an dem ich vorbeikam war weihnachtlich Illuminiert, so auch das Haus von Maya, das ich fünf Minuten nach zwei erreichte. Das Dach war mit Lichterketten verziert und im Vorgarten stand ein Schlitten mit Weihnachtsmann und Rentieren. Na ja, wer in Dr.Akagi verliebt ist, kann nicht viel guten Geschmack besitzen. Ich ging zur Haustür und betätigte die Klingel. Fast augenblicklich öffnete Maya persönlich, als ob sie mit einer Stoppuhr vor den Tür gewartet hätte. Immerhin lächelte sie und versuchte es zu vertuschen. "Hi Rei", begrüßte sie mich. "Hi", antwortete ich nur. Sie trat zur Seite und ich ging ins Haus. "Na, was hast du da denn schönes?", fragte sie lächelnd und deutete auf meine Tasche. Ich holte das Geschenk heraus und gab es ihr, danach zog ich meinen Mantel aus und hing ihn in die Garderobe. Maya führte mich ins Wohnzimmer, welches unbeschreiblich stark nach Zimt roch, als würde der Geruch einen in den Boden drücken wollen. Auf ihren Sofalehnen standen Nikoläuse aus Plüsch, die Wände waren verziert und ein großer Baum prangte in einer Ecke, der über und über mit Schmuck verziert war, hauptsächlich in Rot gehalten. Ich fragte mich, für den Maya sich so eine riesen Mühe mache, immerhin lebte sie genau so alleine wie ich. Meine Wohnung war kaum geschmückt, von den Geschenken meiner Bekannten mal abgesehen. Fast hätte ich sie das sogar gefragt, doch ich hielt mich zurück. Wir setzten uns auf die Couch und ich holte die kleinen Liköre aus der Tasche, um unsere lange Gesprächspause wenigstens zu unterbrechen. Ich reichte ihr einen Schnaps und nahm mir selber einen, dann tranken wir und sie wünschte frohe Weihnachten. Der Likör schmeckte stark nach Vanille und irgendetwas anderem und war fürchterlich süß. Danach nahm ich mir noch einen und trank auch diesen. Normalerweise trank ich fast nie Alkohol doch ich erhoffte mir, die Stimmung, oder besser: Meine Stimmung, dadurch etwas aufzuheitern. "Wie geht's denn so?", fragte Maya schließlich. "Ganz gut.", antwortete ich, "Und selber?" "Auch ganz in Ordnung, der Job ist halt stressig, aber zum Glück habe ich jetzt frei." Bei diesen Worten hoffte ich, dass sie nicht vorhatte sich noch einmal während der Weihnachtszeit mit mir zu treffen. "Sag mal Rei", kam es von Maya, "Was machst du eigentlich an Weinachten?" "Ich hatte vor am Weihnachtsabend in die St-Martin.in-the-Fields Kathedrale zu gehen.", war meine antwort. Ich hatte irgendwie schon mit so einer Frage gerechnet und mir eine passende Antwort zurrecht gelegt, um nicht den Weihnachtsabend mit Maya verbringen zu müssen und da Maya für Kirche und Religion absolut nicht übrig hatte, war diese die einzige Möglichkeit, einem weiteren Treffen zu entgehen. Leider strahlte ihr Gesicht viel zu sehr, was mich beunruhigte. "Na das trifft sich ja super, genau da wollte ich auch an Weihnachten hin, Gottesdienst vor der Bescherung und so.", grinste sie. Ich zwang mir ein Lächeln ab und trank einen weiteren Likör. Wieder schlug mir der Zufall mit der Faust ins Gesicht und ich konnte nichts dagegen tun. Ich fragte mich, wie sie alleine Wohl Bescherung feiern würde, als ihre, im Grunde überflüssige und von mir erwartete Frage mich aus meinen Gedanken riss. "Wie wäre es, wenn wir einfach zusammen den Gottesdienst erleben?" "Ähm... das... das wäre reizend", antwortete ich und fühlte mich, als hätte ich mich selbst geohrfeigt. "Klasse!", lachte sie nur und nun griff auch sie zum zweiten Likör. Später ging sie dann in die Küche um schließlich Selbstgebackenes aufzutischen. So saßen wir, aßen Kekse und redeten über belanglose Dinge. Wie geht's Shinji? Kommen er und Kaworu noch gut zurrecht? Hörst du noch ab und an von Misato? Und so weiter. Schließlich kam sie wieder auf Weihnachten zurück. "Wann meinst du, sollen wir uns treffen?" "Der Gottesdienst beginnt um 18.00 Uhr, also würde ich sagen wir treffen uns um 17.45 Uhr vor der Kathedrale." Leider war Maya mit diesem Vorschlag einverstanden und so stand mir ein weiteres unangenehmes Treffen bevor, noch dazu am Weihnachtsabend. Auch wenn ich für Weinachten nicht übrig hatte, hätte ich es doch als angenehm empfunden, Weinachten auf die Art zu verbringen die mir gefällt, nämlich alleine. Wir führten noch eine Weile weiter Smalltalk, aber der von mir getrunkene Schnaps erzielte leider nicht gewünschte Wirkung, das er meine Stimmung aufheiterte und so blieb ich das ganze Gespräch über einsilbig. Schließlich fragte Maya mich: "Rei, hast du eigentlich einen Freund?" Ich blickte sie überrascht an. "Nein, habe ich nicht", antwortete ich nur, immer noch verwirrt über diese Frage. Ihrem Blick nach zu Folge erwartete sie von mir die Frage nach dem "warum?" Das "warum fragst du?" und so weiter. Einige Fragen stellt man nur, dass der Gegenüber diese Gegenfrage stellen muss. Es wirkt dann weicher, der Übergang zwischen Erzähler und Zuhörer. Anstatt gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und mich mit Neuigkeiten zu überrennen, fragte Maya, ganz die Dame, zuerst nach meinem Befinden in diesem oder jenem Thema, um dann, nach meiner Gegenfrage, ihr eigenes Glück aufzutischen. Ich hasste diese Art von unterschwelligem Entgegenbringen der eigenen Person und blieb deshalb gezielt still und vermied die Gegenfrage. Ich nötigte sie regelrecht dazu, auf eine andere Schiene auszuweichen. Und so tat sie es auch. "Aber wieso denn nicht? Du bist doch ein wirklich hübsches Mädchen geworden, und glaub mir, ich kann das beurteilen." Am ende Ihres Satzes zwinkerte mir sie zu. Ich ignorierte sie und sie fuhr fort. "Ich wette es stehen mehr Männer Schlange, als man an einer Hand abzählen kann oder?" Dieses Gespräch nahm langsam aber sicher eine Wendung, die mir nicht gefiel und ich hatte auch keine Lust mich länger bei Maya aufzuhalten. "Um ehrlich zu sein Maya, habe ich zurzeit überhaupt kein Verlangen nach einem Freund und ich achte nicht darauf, ob die Männer mir hinterher schauen oder nicht." Maya sagte nichts, sondern lächelte mich nur an, wahrscheinlich dachte sie, dass ich auf Frauen stünde, weil ich kein Verlangen nach einem Freund hatte. Sie soll bloß nicht von sich auf andere schließen. Ich schaute auf meine Uhr und sagte dann: "Maya, es tut mir leid, aber ich muss jetzt leider gehen". Sie war sichtlich enttäuscht. "Schade, dass du schon weg musst.", sagte sie "Aber wir sehen uns ja am Weihnachtsabend wieder." Wortlos stand ich auf ging zur Gardarobe und nahm meinen Mantel. "Vielen Dank noch, für das kleine Geschenk.", sagte sie lächelnd. Ich nickte nur. "Du hast meins ja auch schon bekommen, mit der Post und so, und nicht spicken okay?" Ich nickte erneut. Als ich meinen Mantel endlich an hatte gaben wir uns noch schnell die Hände und ich verlies ihr Haus. Draußen atmete ich tief durch und verdrehte die Augen ein wenig. Nicht spicken... Ich hatte ihr Geschenk noch nicht mal von der Post abgeholt. Da es noch relativ früh war, beschloss ich, genau dieses zu tun und wartete an einer Bushaltestelle, wenige hundert Meter von Mayas Haus entfernt, auf einen Bus. Als er endlich kam, stieg ich ein und war erstaunt, wie wenige Leute doch mit fuhren. Schweigend setzte ich mich auf einen Platz, möglichst weit weg von den anderen Gästen. Mir war nicht nach reden. ich glaube es hätte mich schon gereizt, wenn einer Feuer für seine Zigarette verlangt hätte oder mir fröhliche Weihnachten wünschte. Später stieg ich dann aus, direkt in London und machte mich auf den Weg zur Post. Wie immer kurz vor Weinachten war die Post überfüllt mit Leuten die Päckchen und Pakete an Verwandte und Bekannte verschicken wollten. Und es ärgerte mich, dass auch zu dieser Masse von Leuten gehörte. Zum Glück ging es in der Post überraschend zügig voran und so stand ich bereits nach kurzer Zeit, mit Mayas Geschenk unterm Arm, wieder auf der Straße. Ich ging zur nächsten U-Bahnstation und fuhr zurück nach Whitechapel. Als ich wieder zu Hause ankam, entledigte ich mich meines Mantels und stellte das Geschenk von Maya zu Shinjis Paket auf den Tisch. Danach begann ich mich wieder dem Bild zu widmen, das ich angefangen hatte, kurz bevor ich zu Maya gefahren war. Malen entspannt mich, es gibt mir für eine Weile so etwas wie Sicherheit. Ich kontrolliere die Striche, die Farben, es geschieht allein nach meinem Willen. Meine Bilder sind stimmungsabhängig. Meistens bringe ich Landschaften aufs Papier, ab und an auch Gebäude, es ist verschieden. Ich dachte Über den Besuch bei Maya nach. Was hatte er gebracht? Ich konnte es nicht beantworten. Ich legte den Pinsel zur Seite und sah hinüber zu den beiden Geschenken auf dem Tisch. Maya hatte sich sichtlich Mühe mit dem Verpacken gegeben. Shinji ebenfalls, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Ich stand auf und ging hinüber zum Tisch. Shinjis Geschenk war relativ schwer und ich wunderte mich, was wohl darin sei. Schließlich packte ich es aus. Es war eine große Glaskugel auf einem schweren Holzsockel. Die Kugel war mit Wasser gefüllt und ein kleines Dorf war darin eingearbeitet. Es erinnerte etwas an London, weil ein großer Turm mit dabei war, ähnlich dem Big Ben. Wenn man die Kugel umdrehte, etwas wartete und dann wieder richtig hinstellte sah es aus, als würde Schnee auf das Dorf fallen. Diese Prozedur konnte man ewig wiederholen. Es war purer Kitsch und passte auf irgendeine Art zu Shinij. Ich stellte es auf einen meiner Schränke und nahm dann Mayas Paket unter die Lupe. Es war nicht sonderlich groß und auch nicht sehr schwer, ich vermutete, dass ein Buch oder so etwas darin war. Ich öffnete es und sah, dass mich meine Ahnung nicht getäuscht hatte. Nachdem ich jedoch den Titel des Buches gelesen hatte, fand dieses Geschenk sehr schnell seinen weg in den Papierkorb. Der Titel dieses Buches lautete nämlich "How to find a Boyfriend". Deshalb hatte sie mich also gefragt, ob ich schon einen Freund habe. Ich ging wieder zu meiner Staffelei und zeichnete weiter. So verbrachte ich den Nachmittag. Gegen 18 Uhr entschied ich mich für Heute aufzuhören und noch irgendwo eine Kleinigkeit essen zu gehen. Nach einiger Überlegung entschied ich mich zum "Cafe in the Crypt" zu gehen, welches sich in der Krypta der "St-Martin-in-the-fields" Kathedrale befand, der Kirche, in der ich auch den Weihnachtsabend verbringen würde. Ich lief dieses mal und dachte nach. Was würde das für ein Weihnachten werden, mit Maya zusammen in der Kirche. Ich hätte ihr Geschenk nicht auspacken sollen, denn schon der Gedanke in der nächsten Zeit mit Maya zusammen etwas zu unternehmen widerte mich geradezu an. Ich konnte mir ihre Anspielungen auf das Buch oder auf mein Singelleben schon lebhaft vorstellen. Dabei lebte sie selbst genau so alleine wie ich. Aber bei ihr war es vielleicht etwas Anderes. Maya fühlte sich mehr zu Frauen hingezogen, das erschwerte die Sache möglicherweise. Sie hat es zwar nie gestanden, doch ihr Verhalten damals bei NERV sprach Bände. Ich fragte mich, wie man sich in so einer Situation wohl fühlen würde. Später kam ich dann am Cafe an und bekam sogar noch einen Sitzplatz. Es war ziemlich voll. Der Kellner kam und ich bestellte ein Wasser und Menü Nummer. sieben, Lachsfilet mit noch irgendwas, ich überflog die Karte nur. Als der Kellner wenig später mit meiner Bestellung kam, wunderte ich mich über den großen Teller und das Filet. Es war mit irgendeiner rahmigen Soße übergossen und jede Menge Gemüse war um den Fisch herum drapiert. Plötzlich kam ich mir seltsam vor. Den Fisch alleine zu verspeisen erschien mir auf einmal als unmögliche Protzerei, die ich gar nicht nötig hatte. Ich hätte die Karte doch besser studieren sollen. Schlimmer wurde es, als ich bemerkte, dass eine Frau am gegenüberliegenden Tisch mich anstarrte. Ich starrte zurück und sie fing an zu grinsen. "Vornehm geht die Welt zu Grunde hm?", meinte sie, mit eindeutigem Blick auf mein Essen. Ich antwortete nicht und nahm dann den ersten Bissen. Warum konnten die Menschen ihre blödsinnigen Kommentare nicht für sich behalten, es kümmerte sie nicht, dass ihre Kommentare möglicherweise für den Angesprochenen verletzend und beleidigend waren, solchen Kommentare werden ohne zu überlegen ausgesprochen, nur, damit man etwas gesagt hat. Ich war froh, dass solche Kommentare mich völlig kalt ließen. Ohne den Menschen um mich herum in irgendeiner Form Beachtung zu schenken aß ich auf und verließ das Cafe. Während meinem Spaziergang durch das abendliche London zurück nach Hause, kam mir der unangenehme Gedanke, dass Maya sicher versuchen würde, mit Vorschlägen, wie nach dem Gottesdienst noch etwas trinken zu gehen, denn Abend in die Länge zu ziehen. Egal was für Vorschläge sie machen würde nach dem Gottesdienst würde ich nach Hause gehen. Ich schlief unruhig. In meinem Kopf tanzten Gedanken von Maya und der Frau um Cafe. Zwischendurch ein Bild wo das Fischfilet ein Stück Brokkoli sezierte. Dann wachte ich auf. Ich griff an meine Stirn und war erleichtert, dass sie nicht heiß war. Trotzdem blieb der seltsame Traum. Normalerweise träume ich so etwas nur, wenn ich Fieber habe. Ich nahm schließlich zwei Tabletten und legte mich wieder hin. Dieses Mal schlief ich gleich ein. Die nächsten Tage verbrachte ich größtenteils damit, mich zu langweilen. Ich vermisste die Arbeit. Sie bringt Abwechslung in meinen Alltag. Die Tage über fühlte ich mich nicht in der Stimmung zu malen und packte die Sachen ganz weg, um nicht dran denken zu müssen. Ein paar Tage vor Weihnachten machte ich einen größeren Einkauf, um über die Feiertage genügend zu haben. Ich ließ mir viel Zeit und schlenderte über die Einkaufspassagen. Am 22. bekam ich einen Anruf von Kaworu, der mir alles Liebe und Gute zum Fest wünschte. Ich sicherte ihm gleiche Wünsche zu, obwohl ich es nicht wirklich so meinte. Er erzählte noch etwas über sich und Shinji und legte dann auf. Am 23. kam es jedoch zu einem erfreulichen Ereignis. Maya rief mich an und teilte mir mit, dass sie am 24. leider nicht mit in die Kirche kommen könnte, da Ritsuko einen Besuch angekündigt hatte. Sie wiederholte während des Telefonats zig Mal wie Leid es ihr tat, dass sie nicht kommen könnte. Ich sagte nur, dass ihr nichts Leid tun brauche, wünschte ihr schöne Tage mit Ritsuko und legte dann auf. Ich war froh, dass ich heilig Abend nicht mit Maya verbringen musste entschied mich aber doch dafür in die Kirche zu gehen, obwohl jetzt keine Notwendigkeit mehr dafür bestand. Meine Laune besserte sich schlagartig. Es war wie ein Weihnachtsgeschenk, über das ich mich wirklich freute. Den Rest des 23. verbrachte ich größtenteils mit Fernsehen und ich ging früh ins Bett. Der Tag darauf verlief nicht unbedingt anders. Ich stand eine weile am offnen Fenster, mit den Armen auf die Fensterbank gelehnt und beobachtete die Leute. Viele waren in großer Eile. Wahrscheinlich mussten sie noch Geschenke kaufen. Abends machte ich mich dann bereit für die Kirche. Ich duschte, zog mir etwas edlere Kleider an und föhnte meine Haare. Ich zog meinen Mantel an und verließ meine Wohnung mit einem leichten, ungewollten Grinsen auf dem Gesicht Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)