Wintermärchen von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: 2 ------------ Autor: Clea Ich widme dieses chapter Shion und Finja und allen anderen, die eine Fortsetzung wollten. Ich kann nicht glauben, dass ich vergessen habe, dieses Kapitel hochzuladen (ist nämlich schon seit einem halben Jahr fertig -.-). Wenn ihre einen dritten Teil wollt, dann schreibt mir bitte Kommis ^.~! Wintermärchen Teil 2 "Oh Gott! Ja draußen im Park!", schluchzte die Frau in den Telefonhörer. Sie sah sehr müde aus und gut zwanzig Jahre älter, als sie wirklich war. Natürlich musste das damit zusammenhängen, dass es ihr nicht gut ging, sie weinte bitterlich. Irgendetwas schien die Dame furchtbar aus der Fassung gebracht zu haben. Wenn man sie so sah, wie sie da am Küchentisch saß, ein Häufchen Elend, zitternd und bleich, konnte man sich vorstellen, dass sie im Augenblick nur noch ein Schatten ihrer selbst war und sie normalerweise eine ganz attraktive Frau sein musste. "Okaa-san! Mach dir keine Sorgen, es geht ihm gut!" Eine Männerstimme. "Oh, Die, ist das wahr?!" Die Frau stellte sich auf ihre wackeligen Beine und umarmte den jungen rothaarigen Mann, der eben die Küche betreten hatte. Man konnte sein Gesicht nicht richtig erkennen, es war in den Haaren der Frau verborgen. Als er sie losließ lächelte er aufmunternd, geleitete seine Mutter zum Tisch zurück und rückte einen Stuhl zurecht, damit sie sich wieder setzen konnte. Dann begann er mit besänftigenden Worten auf sie einzureden. "Er ist stark unterkühlt, warum genau er zusammengebrochen ist, lässt sich nicht feststellen, der Arzt mit dem ich gesprochen habe, meinte, es sei nur Erschöpfung infolge von Schulstress gewesen." Während er das sagte schaute Die seiner Mutter nicht in die Augen, musterte stattdessen die noch unberührte Winterlandschaft draußen vor den Küchenfenstern. Sie durfte nicht wissen, dass er log und vor allem: Sie durfte niemals erfahren, was in Wahrheit geschehen war. "Aber wie kommt er nur dazu mitten in der Nacht in den Park zu gehen?? Ich..." Sie schüttelte fassungslos den Kopf und vergrub das Gesicht in ihren Händen. "Ach, du weißt doch, was für ein Träumer er ist...", lachte Die. Er wollte noch etwas hinzufügen um seine Okaa-san zu beruhigen, vermochte es aber nicht. Etwas schnürte ihm die Kehle zu. "Ich geh zu Totchi, er ist auf seinem Zimmer..." "Gut... oh und Die?" Der Rotschopf blieb auf halbem Weg zur Tür stehen und drehte sich noch einmal um. "Hai?" "Könntest du dich bitte um die Kühlschrankmagneten kümmern? Sie haben alle eine leichte Grippe...", schluchzte Dies Mutter. Ihr Sohn seufzte. "Klar, Mama..." "Er war im Schockzustand, als er da raus gegangen ist. Die Ärzte haben versucht mit ihm zu reden, sie sagen, er wäre verstört, würde nicht antworten. Wir haben ihn vergewaltigt, Totchi! Geschändet. Er hat furchtbare Schmerzen sagen sie." Die fuhr sich mit der Hand durch die Haare und stöhnte. Toshiya feilte seine Nägel und erwiderte: "Ich weiß, Die. Wir haben ihn sehr verletzt. Aber es ist unser Recht, oder? Niemand sonst darf das. Er gehört uns, seine Schönheit, seine reine Seele, alles. Das hast du selbst gesagt." Der Rotschopf antwortete nicht sofort. "Hai. Ich weiß. Und es ist wahr. Niemand wird ihn uns nehmen... dieser Arzt... er ist ziemlich jung, er kennt dich aus der Uni und hat ein Auge auf dich geworfen... er wird nichts sagen... ich habe ihm versichert, dass er Chancen bei dir hat, wenn er uns diesen kleinen Gefallen tut... du wirst es ihm eben einmal besorgen müssen, dafür erzählt er Mutter nichts von unserer kleinen Aktion..." "Na, dann ist ja alles paletti!", strahle Toshiya, sprang auf und hängte sich an Dies Hals. "Ich... ich brauche ihn, Totchi... ich brauche ihn so sehr... so was muss jemandem wie ihm doch passieren, daran ist er selber Schuld. Er ist so zart wie ein Schmetterling, wenn ich ihn sehe, möchte ich ihn einfach nur festhalten...", murmelte Die. "Schau doch nicht so gequält, Onii-san! Ich weiß genau, was du sagen willst. Es gibt keine Chance, sein Herz und seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es ist der einzige Weg ihn zu besitzen. Indem wir seinen Körper nehmen, bevor es ein anderer tut." Toshiya drückte Die an den Schultern auf den Boden und öffnete seine eigene Hose. " meinst du? Doch, die gibt es vielleicht. Aber nicht für uns. Nicht für seine leiblichen Brüder. Oder glaubst du, er verliebt sich in dich oder mich?" Die kniete vor dem dunkelhaarigen Mann nieder, umschlang seine Knie und leckte neckisch an seiner Männlichkeit. Toshiya lachte auf. "Das ist Inzest, was?" Er kicherte. Dann wühlte er seine Hände in den roten Haarschopf und fasste grob zu. "Wenn wir schon etwas Sündhaftes tun, dann soll es wenigstens Spaß machen, ne...", säuselte Totchi und machte die Beine noch ein wenig breiter. Die seinerseits lachte schmutzig und nahm seinen Bruder in den Mund. Als er erwachte war er alleine. Ryutaro hatte keine Ahnung wo er sich befand, wusste nur, dass er hier nicht sein wollte. Ein weißer Raum, steril, Apparaturen piepsten und summten. Mit ziemlicher Sicherheit ein Krankenhauszimmer. In völliger Verwirrung blickte der zierliche Junge um sich. Sein ganzer Körper fühlte sich pelzig an, sein Unterleib krampfte. Irgendetwas sagte ihm, dass er sehr starke Schmerzen haben würde, würde diese trübe Flüssigkeit nicht durch einen Schlauch in seinen Arm laufen. Da öffnete sich auf einmal die Tür und eine ihm sehr vertraute Person betrat (ohne vorher zu klopfen) die Bühne. Als Ryutaro seinen Bruder erkannte, stellte sich allerdings kein erleichterndes oder beglückendes Gefühl bei ihm ein, sondern irgendetwas wühlte in plötzlich innerlich völlig auf. Und während Die langsam auf sein Bett zuging, fielen ihm schleichend wie tödliches Gift einzelne Brocken ein, Schatten einer grauenvollen Erinnerung. Vor seinem geistigen Augen erschienen wirre, verschwommene Bilder: er, vollkommen nackt, auf dem Sofa, Toshiyas Schreie, Dies schweißnasse Haut, sein Geruch, Küsse, Berührungen, die Gesichter seiner beiden Brüder in Ekstase... Ryutaro umfasste seinen kleinen Körper mit den Armen, er hatte wild zu zittern begonnen. Mit starrem Blick schaute er zu der Person, die nun direkt vor ihm stand und grinste. "Hi, Kleiner!", lächelte Die und wollte ihm auf den Rücken klopfen, was der "Kleine" mit glasigen Augen und klopfendem Herzen über sich ergehen ließ. Er schämte sich so sehr vor diesem Menschen, Die hatte ihn ohne Kleidung gesehen und Dinge mit ihm gemacht, die Männer normalerweise mit Frauen machen. Manchmal auch mit anderen Männern, ja, aber doch nie mit ihren Geschwistern. Der Rotschopf stand derweil im Raum herum und musterte seinen kleinen Bruder erschrocken. "Ryu, alles okay?", fragte er vorsichtig und streckte die Hand nach dem Jüngeren aus. Dieser hingegen konnte die Situation kaum noch ertragen. Innerlich wollte er instinktiv fliehen, weg, weg aus diesem Raum, von diesem Menschen, hinaus in die weißen, verschneiten Weiten, die ihm unablässig "Komm ..." zuhauchten. Als Dies Finger seinen Arm berührten, zuckte Ryutaro leicht zusammen, der Kontakt löste in ihm einen plötzlichen, gedanklichen Prozess aus, er spürte die geschwisterliche Wärme und Vertrautheit, in der er sich immer so geborgen gefühlt hatte. Die Hand seines Bruders umfasste seinen Arm und erstickte jegliche Erinnerungen. Etwas in dem kleinen, zarten Jungen aber flüsterte ihm das Gegenteil ins Ohr. Er konnte seine eigenen Gedanken und Gefühle nicht verstehen, sein Körper verkrampfte sich und als er dem großen Rotschopf, der auf dem Bett ganz dicht bei ihm Platz genommen hatte, in die dunklen Augen sah, überfiel ihn Panik und grauenvolle Angst. Dies Finger brannten auf seiner Haut, sein ganzer Körper stand in Flammen. Auf einmal sah Ryutaro nicht mehr seinen gutmütigen Bruder, sondern eine Bestie mit glühenden Augen, tiefer und endgültiger als die Hölle, an seiner Seite. Der Blick des Jungen wurde trüb, er war unfähig auf die erstickende Angst, in der sein Körper und seine Seele ertranken, in irgendeiner Weise zu reagieren. Langsam sank er nach hinten, das Bewusstsein verlierend. Sein großer Bruder fing ihn vorsichtig auf und barg ihn in seinen Armen. Aber seine Augen waren furchtbar traurig. Schneeflocken fielen wieder vom Himmel, tanzten durch die schneidend kalte Winterluft und legten sich auf die Stadt, so auch auf das Dach eines Krankenhauses, in dem irgendwo ein Junge vom Schnee träumte, in den Armen seines weinenden Bruders. Ewig. Gläsern wie Kristall. Schlafende Gefühle, schlafende Gedanken. Ewiger Schnee. Ewiger Schlaf. Eisige, funkelnde Stille. Wieso verlieren wir Menschen uns nicht einfach in dieser ewigen Winterlandschaft? ...gläserne Körper... gläserne Seelen... Als Ryutaro zum dritten Mal die Augen aufschlug, hatte es schon wieder zu schneien begonnen. Schnee über Tokyo. Er blickte geradewegs in Toshiyas lachendes Gesicht. Aus einem unerklärlichen Grund versteinert, zu keiner Gefühls- oder Körperregung fähig, war er gezwungen abzuwarten, was geschehen würde. Der Kopf des jungen Japaners war zur Abwechslung mal völlig leer, keine erregten Schreie und düsteren Bilder erfüllten ihn, doch diese Leere war für ihn ebenso beängstigend und verwirrend. Toshiya grinste anzüglich, senkte seinen Kopf langsam zu dem Jungen herab den er in den Armen hielt und küsste ihn sanft auf die Lippen, ohne in seinen Mund einzudringen. Mit der rechten Hand begann der dunkelhaarige Mann Ryutaros Wange liebevoll zu streicheln. Dem Jungen selbst wurde übel. , wollte er schreien, Doch so sehr er es auch versuchte, es gelang ihm nicht, die Worte mit der Zunge zu greifen: Sie flackerten wie eine Leuchtreklame in seinen Gedanken auf und waren, noch bevor er sie aussprechen konnte wieder verschwunden. Toshiya fuhr fort seinen Bruder zu küssen. Dieser wurde dabei beinahe wahnsinnig, er wollte einfach nur fort, weit weg, da waren schon wieder diese Erinnerungsfetzen, die Leere in seinem Kopf wie weggefegt und ja, natürlich, er wurde auch erwartet. Irgendwas da draußen rief ihn zu sich, wartete auf ihn. Der Winter würde erst gehen, wenn er Ryutaro mit sich nehmen konnte. Ob es noch schneite? Wenn er an den Winter dachte, musste der junge Japaner nicht diese anderen Gedanken ertragen. Es war seine Art, vor der Wirklichkeit zu fliehen. "Er ist aufgewacht ...", murmelte Toshiya in Ryutaros Wange und umfasste ihn noch etwas fester. "Na endlich..." Die lachte leise. "Hey Ryu, was möchtest du zu Abend essen? Totchi und ich kochen, Mutter muss bald zur Arbeit. Sie wollte nur warten, bis zu daheim bist, dann geht sie." Jetzt erst bemerkte Ryutaro, dass sie zu dritt in Dies Auto saßen, der Älteste fuhr, Toshiya und er selbst befanden sich auf der Rückbank. "Ah ja, noch etwas...", begann Toshiya und entfernte sich soweit von der Wange seines kleinen Bruders, dass er diesem in die Augen sehen konnte. Ryutaro wagte nicht wegzusehen, er fürchtete, Toshiya könnte anfangen, ihn unter seiner Kleidung zu berühren, den Pullover hochzuziehen oder ähnliches, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. "Mutter weiß nicht, was vorgestern Nacht passiert ist. Sie hat dich im Krankenhaus besucht, aber der Arzt hat ihr kein Wort gesagt. Du wirst das auch nicht. Verstanden?" Damit fixierte ihn Toshiya mit seinen dunklen Augen, ein Blick, der dem zierlichen Japaner in der Seele brannte, wie Feuer. Ryutaro wimmerte, Tränen liefen bereits in Strömen seine weißen Wangen hinab und tröpfelten auf Toshiyas Arme. "Wa-wa-waru-" Er veschluckte sich, hustete und schloss dabei die Augen, "Warum wir das getan haben?" Dies Stimme schlug an Ryutaros Trommelfell, sie hallte so laut in seinem Kopf wieder, dass er Kopfschmerzen davon bekam. Der Rotschopf lachte dröhnend auf, drehte das Lenkrad und sprach weiter. "Ganz einfach, Kleiner. Du gehörst uns. Wir lieben dich... auf unsere Art. Mutter versteht das nicht, wenn du ihr davon erzählst wird sie sehr traurig... und das willst du doch nicht, oder?" Als er am nächsten Morgen erwachte, hatte Ryutaro eine lange Nacht hinter sich, in der er sich stundenlang herumgewälzt hatte in dem verzweifelten Versuch die schmerzhaften Erinnerungen an das Verbrechen seiner Brüder zu verdrängen. Irgendwann hatte der Junge dann vor Erschöpfung doch noch einen unruhigen, traumlosen Schlaf gefunden. Heute Morgen also fühlte er sich wie gerädert. Er stand auf und streckte sich. Doch schon überrannten ihn seine Gefühle auf Neue, trieben ihm die Schamesröte ins Gesicht und lähmende Panik in alle Glieder. Sie hatten alles gesehen, seinen Schweiß, seinen Schmerz, alles. Es fühlte sich so an, als ob er zwei geliebte Menschen für immer verloren hatte. Das waren nicht mehr Die und Toshiya, es waren Bestien - Ungeheuer, wie sie in Ryutaros Büchern vorkamen. Auf dem Schulweg (Ryutaros Brüder waren morgens nie zu Hause) gelang es dem jungen Japaner diesen inneren Abgrund, der sich nach und nach in seiner Seele auftat und in dem er früher oder später aus Nimmerwiedersehen verschwinden würde, zu entfliehen. Natürlich, wie konnte er das nur vergessen. Ryutaro stapfte durch den funkelnden Schnee, der so früh morgens noch beinahe unberührt wie eine Jungfrau auf den Straßen lag. Heute hatte er Doppelstunde Japanisch. Zwei Stunden, in denen er sich sicher und geborgen fühlte. Niikura-sensei. "So, schlagen Sie bitte ihr Buch auf Seite 152 auf und schreiben Sie als Hausaufgabe einen Aufsatz über Thema 3. Na, dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Tag! Ah ja und bevor ich es vergesse: Ryutaro, könnte ich Sie nach der Stunde noch einmal sprechen?" Es läutete. Ryutaro klappte seine Tasche zu und ging langsam durch die Reihen seiner Mitschüler, die alle noch eifrig damit beschäftigt waren, ihre Sachen zusammenzupacken. Mehrere Mädchen lächelten ihm zu, als er vorbeiging, ein Junge mit kurzen schwarzen Haaren und einer zierlichen Brille rief ihm hinterher: "Bis morgen, Ryu-kun!" Ryutaro lächelte ihnen verlegen zu und beobachtete, wie sich das Klassenzimmer langsam leerte. Nachdem der Letzte gegangen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, drehte sich Kaoru Niikura zu ihm um und musterte ihn mit besorgtem Blick. Schließlich rückte er seine schmalrandige Brille zurecht, wie er es immer tat, wenn er nachdachte und sagte: "Ich will nicht lange drum herum reden. Geht es Ihnen nicht gut, Ryutaro?" Der Angesprochene starrte seinen hübschen Lehrer erschrocken an. War es denn so offensichtlich? "N- nani?", stammelte er errötend. Gleichzeitig stiegen ihm die Tränen in die Augen. Verdammt, er konnte doch jetzt nicht anfangen zu heulen. "Sie sehen furchtbar mitgenommen aus... ist etwas passiert? Sie können offen mit mir sprechen." Der blasse Junge konnte den Blicken seines Lehrers nicht ausweichen, sein fein geschnittenes Gesicht mit den hohen Wangenknochen, seine warme menschliche Art: Er hatte diesen Menschen schon immer bewundert. So geduldig, konnte er sich gegenüber den Schülern immer durchsetzen. Seine jugendliche Art (er war erst 31) und dieses Feuer in seinen Augen, wenn er über Literatur, Bücher und Dichtung sprach, das alles machte Niikura-sensei zu einem respektierten und vor allem beliebten Lehrer. Viele der Mädchen schwärmten für ihn und würden alles geben, um ein einziges mal mit ihm alleine zu sein, so wie er, Ryutaro, es jetzt war. "Ich verstehe, dass es Ihre Privatangelegenheiten sind, doch wenn ich Ihnen helfen kann..." Der Lehrer hielt inne und blickte den Anderen fragend an. Dieser konnte nicht mehr an sich halten. Dabei hatte er sich in den letzten Stunden so zusammengerissen. Jetzt strömten glitzernde Tränen seine Wangen hinab. , dachte er verzweifelt und verbarg das errötende und tränennasse Gesicht in seinen Händen. Herr Niikura hingegen starrte seinen Schüler schockiert an. Er hatte also Recht gehabt. Etwas war geschehen. , dachte er. Eine lange Pause entstand in der nur Ryutaros unterdrückte Schluchzer zu hören waren. Dann reichte ihm sein Lehrer ein Taschentuch und sagte behutsam: "Verzeihen Sie. Ich hätte nicht fragen sollen... aber möchten Sie jetzt nicht mit mir sprechen?" Er zog den Stuhl am Lehrerpult zurück, so dass der Junge Platz nehmen konnte. Ryutaro setzte sich und sagte dann mit ungeheurer Überwindung und gesenktem Kopf: "Gomen nasai, Niikura-sensei. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, aber... ich möchte jetzt nicht... es ist nur... die Schule überfordert mich im Augenblick. Aber das bekomme ich schon wider in den Griff-" Seine Stimme riss ab. Sein Lehrer blickte ihn geduldig an. "Ich habe verstanden. Aber vergessen Sie nicht, Sie können immer zu mir kommen." Ryutaro schniefte und nickte. Dann brachte er doch noch ein schmales Lächeln zustande, nahm langsam seine Tasche und verließ das Klassenzimmer. Jetzt ein Buch. Zurück im Raum ließ er einen zutiefst beunruhigten und nachdenklichen Lehrer. Eine Woche lang geschah nichts. Die war den ganzen Tag bei Bandproben, die halbe Nacht auf Konzerten und Toshiya war damit beschäftigt für die Uni zu lernen bzw. seine Professoren zu verführen. Ryutaro sah die Beiden kaum, wofür er unendlich dankbar war. Er verbrachte die Tage damit Bücher zu lesen, den Kühlschrankmagneten Kunststücke beizubringen (apportieren: Hol' die Schweizer Taschenuhr!) und einfach nur in die weiße Winterlandschaft hinauszustarren. Einen Spaziergang durch den Schnee verbot ihm die besorgte Mutter, er musste also mit dem Anblick der Flocken von seinem Zimmerfenster aus Vorlieb nehmen. An einem Mittwoch, kaum zwei Wochen nach dem Ereignis kam der junge Japaner eines Abends nach Hause, aß etwas, und setzte sich dann zum Lernen in seine letzte Zuflucht. Seine Okaa-san war bei einem Tu-pperu-Abend (Anm.der Autorin: Gibt's so was in Japan??). Gerade als Ryutaro eine besonders knifflige Matheaufgabe noch einmal nachrechnen wollte klopfte es an seiner Tür. Zerstreut antwortete er "Hai?", ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wer denn draußen stehen könnte. Der Junge bemerkte die Beiden erst, als sie schon hinter ihm standen. Sie packten ihn grob an den Schultern, drehten ihn auf seinem Stuhl herum und Die hob ihn auf. Er trug seinen kleinen Bruder aus dem Raum, gefolgt von einem sich die Lippen leckenden Toshiya. Es dauerte einen Augenblick bis der Junge verstand, was vor sich ging, dann begann er wahnsinnig zu zittern. "Bitte lass mich runter, Die... Bitte. Bitte...", wisperte Ryutaro mit weit aufgerissenen Augen. Die presste seine Handfläche mit kieferbrechender Kraft auf den zarten Mund des Jungen und schleppte ihn ungerührt in Toshiyas Zimmer. Dort angekommen warf er ihn aufs Bett, Toshiya schloss die Tür hinter ihnen. "Totchi, hast du es? Mach schnell...", zischte Die, während er Ryutaro unnötigerweise mit eisernem Griff auf das Bett drückte. Dieser hatte bereits begriffen. Und reagiert. Jedes Gefühl in ihm wurde von einer eisigen Kälte, die seine Seele beschlich, eingefroren. Wie gut das tat! Er musste nichts mehr fühlen... regungslos lag er auf den großen Kissen von Toshiyas Bett und schaute Die an, der über ihm kniete. Verwundert. Warum regte sich sein großer Bruder so auf? Hatte er etwas falsch gemacht? Nein... an Ryutaro lag das nicht... was war es dann? Warum war Die so aufgewühlt, warum machte Toshiya einen so angespannten Eindruck? Der Blauhaarige nickte auf Dies Frage hin, holte mit behenden Fingern etwas aus seiner Hosentasche und kniete sich auf sein Bett. Als Die für eine Sekunde seine Hand von Ryutaros (inzwischen von der groben Behandlung tauben) Mund nahm, schob ihm der große, schlanke Mann schnell etwas hinein. Vor lauter Überraschung schluckte Ryutaro und überlegte dann neugierig, was das wohl gewesen sein könnte. Was passierte hier? Die hielt ihn mit so einer Gewalt fest, wahrscheinlich war es dem großen Bruder egal, ob er Ryutaro jeden Knochen brach. , dachte der zierliche Japaner auf einmal, als ihm bewusst wurde, dass seine Handgelenke und Kiefer dank der unsanften Behandlung seines Bruders schmerzten. Mehr als das. Sie brannten. Sein ganzer Körper brannte. Und in seiner Seele flackerte plötzlich so etwas wie Bewusstsein auf. Die Gegenwart blickte Ryutaro mit ihren stierenden, leeren Augen an. Seine Brüder - sie taten nicht das, was er dachte? Sie waren doch nicht im Begriff ihm Gewalt anzutun? Unmöglich. Aber warum - , schrie Ryutaro innerlich, als seine gesamte Welt in glitzernde Scherben zerbrach. Er irrte sich! //Ja, du irrst dich... niemand will dir etwas Böses tun... hör auf zu weinen... // Eine Stimme? Woher? Ryutaro drehte seinen Kopf, der immer schwerer wurde, langsam nach links in die Richtung aus der das Flüstern gekommen war. Sein Blick fiel auf das Fenster vor dessen Scheiben sich weiße Flocken tummelten und einen lustigen, regen Tanz aufführten. "Ich hab gesagt du sollst aufhören zu weinen!", wiederholte der Rotschopf drohend. Ryutaro wandte seine Augen schwerfällig wieder auf seinen Bruder. Verständnislos. Die Sturzbäche von Tränen, die ihm die kalten Wangen hinunter rannen waren ihm nicht bewusst. "Hey, Die, lass gut sein, es wirkt sowieso bald...", beschwichtigte Toshiya und zündete sich eine Zigarette an (und das, obwohl er genau wusste, dass seine Mütter an die Decke gehen würde wenn sie herausfand, dass er im Haus geraucht hatte). "Hör auf damit!!!", schrie der Rotschopf, als hätte er seinen schönen Bruder nicht gehört, zog Ryutaro an den Schultern nach oben und schüttelte ihn. "Hör auf!" Der blasse Junge reagierte nicht. Aber seine großen Augen blickten Die unentwegt an. Für immer. Der Blick bohrte sich tief in Dies Seele und machte ihn wahnsinnig. "A-au...", murmelte Ryutaro geistesabwesend. "Das tut... weh... Die... hilf mir..." "Bist du irre?!", kreischte Toshyia, ließ beinahe die Zigarette fallen und war mit drei Schritten bei dem Rotschopf. Er riss ihm die zerbrechliche Gestalt aus den Händen und stieß Die grob vom Bett. "Schsch, es tut ihm leid... wir lieben dich, Ryu... ehrlich, du musst uns glauben... du gehörst nur uns... für immer..." Damit küsste er ihn sanft auf den Kopf. Zu Die gewandt zischte er: "Sag mal, spinnst du?! Du hättest ihn verletzen können! Wir haben ausgemacht, dass ihm nichts passiert! Du hättest ihn töten können!" "Das... haben wir schon längst...", sagte Die tonlos und dachte mit Entsetzen an Ryutaros Augen. Er konnte es nicht beschreiben, aber in ihnen lag ein ewiger, stummer Vorwurf. Als wollten sie sagen: "Wieso tut ihr mir weh? Wieso zerstört ihr mich?" Ryutaro nahm erstaunt zur Kenntnis, dass sein Körper taub wurde. Der pochende Schmerz in Armen und Unterleib wich einer angenehmen Betäubung. Die atmete schwer, er hatte das Gesicht in den Händen verborgen. Toshiya schaute betreten zu Boden, während er sanft über Ryutaros Rücken strich. "Es wirkt", stellte er schließlich leise fest. Ryutaro bemerkte milde verwundert, dass er seine Arme und Beine nicht mehr bewegen konnte. Den Kopf drehte er mit großer Anstrengung wieder ein Stück nach links, so dass er das Fenster im Blick hatte. Mit Erleichterung stellte er fest, dass es zwar aufgehört hatte, zu schneien, doch die weißen Flocken waren nicht verschwunden. Sie hatten ihn nicht alleine gelassen. Stumm bedeckten sie die kahlen Baumkronen der Bäume im Park, der vor dem Haus lag. , dachte er. Und noch einmal, Wie wunderschön. "Er kann sich nun nicht mehr bewegen." Toshiyas Stimme erreichte ihn kaum. Der zierliche Junge dachte daran, dass es ihm leid tat, dass er seinem großen Bruder nicht zuhörte, aber ihn quälte im Augenblick eine wichtige Frage. Wohin verschwand der Schnee, wenn er schmolz? Konnte es passieren, dass der Winter einfach ging und nie wieder kam? Ohne sich zu verabschieden? Die Vorstellung verstörte ihn so sehr, dass er wieder zu weinen begann. "Wie... wie ein kleines Kind...", murmelte Toshiya zu sich selbst. "Seine Augen... wie die eines Kindes..." "Und, spürt er noch etwas?", fragte Die schließlich, als Toshyia seinen kleinen Bruder zurück auf die Bettdecke sinken ließ. "Normalerweise ja", antwortete Toshiya. "Er kann sich nur nicht rühren." "Sind das starke Medikamente?", wollte Die wissen, als er langsam herantrat und vor dem Bett stehen blieb. Der Rotschopf betrachtete seinen kleinen Bruder lange und strich ihm mit der Hand über die Wange, die vom vielen Weinen gerötet und fleckig war. Toshiya zuckte die Achseln. "Weiß nicht." "Ryutaro?", sprach Die seinen kleinen Bruder behutsam an. "Ryu, hörst du mich?" Keine Regung. "Wieso schaut er denn immer zum Fenster?" Die runzelte die Stirn. "Meine Güte, er macht einen richtig ... geisteskranken Eindruck. Als hätte er den verstand verloren." Sein Gesicht verzog sich zu einer angewiderten Grimasse. "Totchi! Lass den Rollladen runter und mach das Licht an!", befahl er plötzlich mit schneidender Stimme, woraufhin der Angesprochen sofort erschrocken aufsprang und den Rollladen herunterließ. Ein Druck auf den Schalter neben der Tür erfüllte den Raum mit künstlich gelbem Licht. Der Schnee war weg. Auf einmal. Ryutaro hatte ihn von einer auf die andere Sekunde aus den Augen verloren. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen starrte er erst Toshiya an, der mit unsicherem Gesichtsausdruck mitten im Raum stand und dann Die. Die. Die versperrte ihm die Sicht. Er hatte sich zu ihm hinuntergebeugt, seine roten Haare streiften über Ryutaros Stirn. Sein Bruder bedeckte die Augen des Jüngeren mit vorsichtigen, sanften Küssen. Ryutaro antwortete mit starrem, angsterfüllten Blick. Jetzt, wo er den Schnee nicht mehr sah wurde ihm heiß, nichts kühlte den brennenden Schmerz in seiner Seele, der tief war wie die Hölle. Einen kurzen Augenblick war er wieder er selbst. Und es waren seine Brüder, die sich ihm langsam näherten. Die, der ihm den Pullover über den Kopf zog. , war Ryutaros letzter Gedanke. Dann holte ihn etwas erneut aus der Realität. Über Dies Rücken, der auf ihm lag, bildeten sich kleine, weiße Pünktchen. Erstaunt starrte Ryutaro zur Decke. Tatsächlich. Die Flocken tanzten um ihn her. Er befand sich auch nicht mehr im haus. Erst jetzt wurde dem Jungen klar, dass er draußen im Park spazieren ging. Er stapfte durch den gläsernen kühlen Schnee. Eine Erinnerung von Demütigung und unbeschreiblichem Schmerz schaute ihn aus der Ferne, vom Ende des Parks aus, an. Aber dieses Ende würde er nie erreiche, dass hatte sich der zierliche Japaner vorgenommen. Es war so schön hier ... er wollte nie wieder weg ... Die beugte sich hinab und gab Ryutaro einen langen innigen Kuss, dabei zog er den Jüngeren mit Toshiyas Hilfe aus, bis er völlig nackt auf dem großen Bett lag. "Mein Süßer Ryutaro, mein süßer Ryu-chan...", murmelte der Rotschopf versunken und begann seinen Bruder am ganzen Körper zu berühren. Liebevoll streichelte er jede Stelle von Ryutaros weißer Haut. Ja weiß, schneeweiß. Toshiya kam hinzu, nahm den Kopf des nackten Jungen in seinen Schoß und küsste in. Die beiden Brüder beschäftigten sich so lange zärtlich und eingehend mit ihrem Liebsten, die einzigen Geräusche die zu hören waren, waren das Rascheln der Bettlaken, der Kleidung, die achtlos beiseite geworfen wurde und den immer schneller gehenden Atem der zwei Männer. Der fallende Schnee vor dem Fenster fiel lautlos. "Was ist denn hier los?" Die und Toshiya erstarrten in ihrer Bewegung und schauten nach der Tür, in der der Kopf einer sehr, sehr müden Frau mit schwarzer Kurzhaarfrisur erschien. " Mutter?!" *+*+*+*+*+*+*+*+* So, das war Teil zwei. Kommis, ne...? Vielleicht gibt's dann nen dritten Teil^^... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)