Sonic Saga von Tikal (Sonic mal anders: Weg von platten Charakteren ohne echte Probleme, hin zu...? Lest selbst!) ================================================================================ Kapitel 5: Das Gespräch mit Amy ------------------------------- Die Werkstatt war nicht groß, sie wurde von dem Auto, das in der Mitte stand, fast völlig zugestellt, sodass für die beiden Mechaniker kaum noch Platz blieb. Tails war der eine, und der andere war Rotor, ein Walross. Er hatte vor zwei Jahren zugestimmt, Tails als Azubi anzunehmen, und er bezahlte Tails zwar nicht gerade üppig, aber sie waren für jeden Cent dankbar. Rotor legte das Werkzeug weg (Sonic hatte keine Ahnung, was Rotor gerade damit getan hatte) und stand auf. "Du bist zu früh", sagte er. Er hatte eine recht tiefe Stimme, war aber ein sehr umgänglicher Zeitgenosse, und Sonic und Tails mochten ihn. "Ich weiß", antwortete Sonic. "Aber ich bin nicht hier, um dir deinen Schüler wegzunehmen. Ich muss nur kurz mit ihm reden." "Worum geht's denn?", fragte Tails, der inzwischen unter dem Auto hervorgekrochen war. "Ich habe gerade eben mit Espio gesprochen", antwortete Sonic. "Es ist, wie ich dachte." Tails senkte den Blick. "Das wird dich sicher freuen, oder?" Sonic seufzte. "Ich weiß es nicht", antwortete er. "Espio weiß noch nicht, wer es war, und solange ich das nicht weiß... bringt uns das nicht weiter. Halt die Augen offen." Tails nickte und ging zurück zum Auto. Rotor hatte völlig verdattert daneben gestanden. "Worüber habt ihr geredet?", fragte er Sonic leise. Sonic schweig. "Das geht dich nichts an", sagte er schließlich. "Komm mit", sagte Rotor leise und zog Sonic in eine Ecke. Dort baute er sich vor Sonic in seiner ganzen Größe auf, sodass er ihn um fast zwei Köpfe überragte. "Wenn du mich schon bittest, dir einen guten Detektiv zu empfehlen, und wenn dieser Detektiv dann Erfolg hat, meinst du nicht, dass ich Anspruch darauf hätte, zu erfahren, womit du ihn beauftragt hast?" Sonic wandte den Blick ab. "Du weißt nicht, worum du mich bittest", sagte er langsam. "Bitte zwing mich nicht, davon zu sprechen." Rotor schüttelte den Kopf. "Ich weiß nicht, worum ich bitte", antwortete er, "weil du mir nie davon erzählt hast. Es mag etwas Schreckliches sein, aber über solche Sachen sollte man reden. Sonst verfolgen sie dich dein ganzes Leben lang." "Nein", knurrte Sonic. Dann sah er Rotor in die Augen. "Vielleicht hast du Recht, und ich sollte mit jemandem darüber reden. Aber noch nicht. Ich...", er senkte den Blick, um die Tränen zu verbergen, die ihm beim Gedanken an den Tag von vor zwei Jahren kamen, "ich bin noch nicht bereit dazu." Rotor wandte sich ab. "Pass auf, dass du nicht an dem Erlebnis zerbrichst", sagte er noch leise, bevor er zur Reparatur des Autos zurückkehrte. Ärgerlich ballte Sonic die linke Hand noch stärker zur Faust als bisher. Rotor hatte ja keine Ahnung, was er erlebt hatte. Rotor wusste nicht, was er verloren hatte. Aber er hatte Recht. Er hatte ihm geholfen, indem er ihm Espio empfohlen hatte. Es ging ihn nichts an. Das Erlebnis ging niemanden etwas an. Auch Rotor nicht, der doch einer seiner wenigen Freunde war. Er ging zu Tails' Jacke und steckte das Geld in die Innentasche, bevor er sich zum Gehen wandte. "In einer Stunde bin ich wieder da", sagte er an Tails gewandt, bevor er durch die Einfahrt verschwand. Amy seufzte und leckte an ihrem Eishörnchen. Selbst ihre Lieblingseissorte konnte sie nicht von den Gedanken an Sonic ablenken. Seit über einer halben Stunde war sie jetzt unterwegs, und obwohl sie eigentlich nicht erwartet hatte, ihn so schnell zu finden, war sie doch enttäuscht, dass sie noch keine Anzeichen von Sonics Anwesenheit gefunden hatte. Sie war zwar immer noch entschlossen, notfalls den Rest des Tages und die restlichen Tage der Ferien mit ihrer Suche zu verbringen, aber sie hätte sich schon einen Beweis dafür gewünscht, dass ihre Suche nicht vergeblich war, sondern vielleicht in absehbarer Zeit von Erfolg gekrönt sein würde. Sonic ging ziellos durch die Fußgängerzone. Mit seinen Gedanken war er bei Tails. Er war nicht überrascht, dass Tails auf die Nachricht von Espios Teilerfolg so teilnahmslos reagiert hatte. Tails war immer noch der kleine Fuchs, der er schon vor zwei Jahren gewesen war. Immer noch war er klug und geschickt - zwei Vorzüge, die für Rotor ausschlaggebend gewesen waren - , aber er war noch schüchterner und ängstlicher geworden, als er es früher gewesen war. Sonic musste im Stillen lächeln, wenn er an die Zeit dachte, als alles noch normal gewesen war. Tails war immer gemieden worden, zum einen wegen seiner zwei Schwänze, die seine Mitschüler sich nicht hatten erklären können, und zum anderen wegen seiner außergewöhnlichen Leistungen in der Schule. Obwohl Tails drei Klassen übersprungen hatte, war er immer unter den besten Schülern der Klasse gewesen. Das hatte ihm schnell den Ruf eines langweiligen Strebers eingebracht, und außer Sonic und Sam hatte er keine Freunde gehabt. Er war immer sehr schüchtern gewesen, doch nun - und hier verdüsterte sich Sonics Stimmung - hatte Tails zu niemandem mehr Kontakt. Die einzigen, mit denen er sprach, waren Sonic und Rotor, und selbst in diesen Gesprächen sagte Tails nie viel. Tails nahm sich anscheinend das, was am Abend vor zwei Jahren passiert war, noch mehr zu Herzen als er selbst. Sonic fühlte erneut eine Welle von Hass, wie damals am Abend, für einen Unbekannten. Für den, der hinter diesen Anschlägen steckte. Wenn er ihn fand, schwor er sich im Stillen, würde er bezahlen, für das, was er ihm und Tails angetan hatte. Mit diesem Gedanken ging er weiter durch die Fußgängerzone, die nun, am frühen Abend, bei weitem nicht mehr so voll war wie am Nachmittag. Amy ging weiter und sah sich um. Immer noch suchte sie nach Sonic und hielt die Augen offen, um ihn möglichst früh zu entdecken. Aber ihre Suche war bis jetzt nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Allmählich verlor sie die Lust. Es war schon später Abend. Ihre Eltern mussten jeden Moment nach Hause kommen. Und Sonic hatte sie auch noch nicht gefunden. Aus dem Augenwinkel sah sie einen blauen Igel, der anscheinend ohne Ziel durch die Fußgängerzone schlenderte. Er blieb hin und wieder vor Schaufenstern stehen, wandte sich aber immer schnell wieder ab und ging weiter. Irgendetwas an diesem Igel zog sie an. Sie ging auf ihn zu. Der Igel stand mit dem Gesicht von ihr abgewandt zum Schaufenster hin, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Sie beschleunigte ihre Schritte, doch da wandte der Igel den Kopf und sah sie direkt an. Amy zuckte zusammen und blieb stehen. Es war wirklich Sonic. Ihr Gefühl hatte sie also nicht getäuscht. Und doch traf sie diese Erkenntnis wie ein Schlag. Sam hatte zwar behauptet, Sonic habe sich sehr verändert, aber auf diese Augen war sie nicht vorbereitet. Sie waren noch kälter und härter, als Sam ihr berichtet hatte. Nicht eine Gefühlsregung war zu erkennen. Sie nahm allen Mut zusammen und sprach ihn an. "Sonic...?" Er nickte knapp und wollte weitergehen. Aber Amy ging schnell zu ihm und hielt ihn am Arm fest. "Warte", bat sie. "Ich will mit dir reden." Wortlos befreite Sonic seinen Arm mit einem kräftigen Ruck und wandte sich erneut ab. "Lass mich in Ruhe", sagte er noch. "Nein", antwortete Amy entschlossen. "Mich wirst du nicht so leicht los wie Sam." Sonic seufzte. "Ich hätte wissen müssen, dass er sofort zu dir laufen und dir erzählen würde, dass er mich gesehen hat." Amy sah ihn an, sah direkt in seine Augen, obwohl es ihr schwer fiel. "Darum geht es jetzt nicht", sagte sie. "Warum willst du mit uns nichts mehr zu tun haben?" "Ich wüsste nicht, dass ich euch Rechenschaft schuldig wäre", antwortete Sonic kalt. "Wenn ich glauben würde, dass es euch etwas anginge, hätte ich längst mit euch geredet." "Und warum geht es uns nichts an?", bohrte Amy nach, obwohl es ihr bei dem Ton, den Sonic angeschlagen hatte, kalt über den Rücken lief. Sam hatte Recht gehabt. Sonic war nicht wiederzuerkennen. "Lasst mich einfach in Ruhe", meinte Sonic abweisend. "Das spart eure und meine Zeit." Amy holte aus und gab ihm eine Ohrfeige. Überrascht taumelte Sonic einen Schritt zurück und hielt sich die Wange. Er bemerkte, dass Amy weinte. Ihre Stimme war zwar noch ruhig, aber die Tränen liefen ihr übers Gesicht. "Warum tust du das?", fragte sie. "Du lässt zwei Jahre nichts von dir hören, sodass wir dich für tot halten, tauchst urplötzlich wieder auf, rettest Sam - und sagst uns anschließend, dass wir dich in Ruhe lassen sollen?" Amy fuhr sich mit dem Arm über die Augen. Bei ihren letzten Worten war schon hörbar gewesen, dass sie wütend war, und Amy musste schlucken, bevor sie weitersprach. "Ich hasse dich", brachte sie noch mühsam hervor, bevor sie sich umdrehte und weglief, weg von Sonic. Sie weinte. Weinte vor Wut und Trauer. Sam hatte sogar noch untertrieben. Sonic hatte es wirklich ernst gemeint. Sie verstand es zwar immer noch nicht, wusste aber jetzt, dass Sonic ihr nicht antworten würde. Und dabei liebte sie ihn... und trotzdem wollte er mit ihr nichts zu tun haben. Sie konnte es einfach nicht verstehen. Sonic stand noch dort, wo Amy ihm die Ohrfeige verpasst hatte. Immer noch hielt er sich die Wange und sah ihr nach. Amy hasste ihn. Sam hasste ihn wahrscheinlich auch. Bei Sam war ihm das egal. Aber bei Amy spürte er, dass es ihm nicht egal war. Aus irgendeinem Grund machte ihn der Gedanke an Amys letzte Worte traurig. Er bemerkte erst jetzt, dass er weinte. Alles verschwamm vor seinen Augen. Zornig wischte er sich übers Gesicht. Warum weinte er? Doch nicht wegen Amy, wegen ihrer letzten Worte... oder etwa doch? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)