Glück ist vergänglich von Soriniath (KG Nummer 2 aus dem Deutschunterricht) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Mein Leben hat seinen Sinn verloren. Von einem Moment auf den anderen war es vorbei. Alles lag in Scherben vor mir und das nur wegen einer so winzigen Banalität. Es ist unfassbar... Und ich weiß nicht, wie ich meinen Gefühlen Ausdruck verleihen soll. Sie sind einfach unaussprechlich. Jener Hass, den ich für mich selbst empfinde, ist endlos. Warum musste ich mich auch wegen solchem Blödsinn mit dir streiten? Es ist eine grausame Ironie, dass etwas so Unwichtiges, wie ein unabgewaschener Teller, solche fatalen Folgen provoziert. Im Nachhinein könnte ich mich selbst ohrfeigen, weil ich deshalb einen Streit mit dir vom Zaun brach. Ich bin am zweifeln, weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ihr seid kaum fort und schon verliere ich meinen Lebenswillen. Ich will bei euch sein. Warum musstest du meinen kleinen Engel mitnehmen? Warum auch sie? Reichte es dir nicht, dass du mich allein durch dein Verschwinden so unglaublich verletzt hast? Du bist so grausam! Findest du es nicht egoistisch von dir, dass du einfach weg bist? Du hast mich von jetzt auf gleich einfach mutterseelenallein gelassen. Hast mir den einzigen Sinn meines Lebens genommen... Euch. Ich hasse dich dafür, doch im gleichen Moment sehne ich mich nach dir und deiner Art mich zum Lachen zu bringen. Ich sehne mich nach dem glücklichen, strahlenden Lächeln meiner Kleinen. Ich möchte euch wieder um mich haben. Wir waren doch so glücklich... Alles war perfekt, unser Haus, unsere Familie, eben einfach alles. Doch scheinbar war es zu perfekt und jemand erachtete es als notwendig mich auf eine so abartig grausame Weise darauf hinzuweisen, dass ich diesen Zustand nicht als selbstverständlichen Dauerzustand zu betrachten habe... Ja, ich habe diese Lektion gelernt. Aber nun kann ich euch nicht mehr beweisen, dass ihr mir mehr als alles andere bedeutet. Ihr seid verloren und werdet nie wieder kommen. Und ich muss mir darüber im Klaren sein, dass ich ohne euch leben muss. Warum nur? Ich verstehe es einfach nicht. Ich führ mich schon auf wie meine Kleine, wenn sie ihren Willen nicht bekam... Könnte mir jemand meinen Wunsch erfüllen, wenn ich darum bitte euch wieder hier zu haben? Hier, an meiner Seite, wo ihr hingehört? Ich denke, dass es unmöglich ist... Leider. Aber wisst ihr was? Ich habe so wundervolle Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit... Zum Beispiel die Geburt der Kleinen. Ich kann mich noch genau an die Schmerzen erinnern, die ich dabei hatte und doch hat es sich gelohnt. So ein süßes, kleines Mädchen zur Welt zu bringen ist einfach tausend Mal mehr wert als diese Schmerzen. Unsere Hochzeit gehört auch zu diesen unvergesslichen Erinnerungen. Weißt du noch, wie dein Vater plötzlich den Pausenclown gemacht hat und uns damit alle zum Lachen brachte? An jenem Tag war ich so glücklich... Es hätte nichts Besseres passieren können. Meine Augen beginnen zu glänzen und ich fang einfach an zu heulen. "Lass es einfach raus." Das sagtest du mir immer, wenn mir nach heulen zu mute war. Und ich tat es, denn du warst der einzige, der mich so verstand, wie niemand anders. "Tja, irgendwann schleicht sich die Abwechslungslosigkeit in jede Ehe." Auch dies waren deine Worte. Wie Recht du doch damit hattest, denn sonst wäre es nie zu diesem Streit gekommen. Ich suchte Abwechslung darin deine Fehler zu bemängeln. Mäkelte jedes Mal an dir rum, wenn du etwas nicht ganz zu meiner Zufriedenheit erledigtest. Ich tat es zwar mit einem ironischen Unterton, doch es war mein bitterer Ernst. Irgendwann hattest auch du genug. Du gabst mir Kontra, erinnertest mich an meine Fehler. Und ich war dir deshalb sauer. Dann kam dieser Teller. Er war wohl das Nonplusultra der Auslöser eines handfesten Ehekrachs. Ich konnte nicht mehr und du hattest auch ein für alle Mal genug. An jenem Morgen verließt du das Haus wutentbrannt und solltest auch noch die Kleine mitnehmen. Hätte ich diesen Teller doch nur nicht erwähnt. Ich hätte vielleicht alles damit verhindert. Und ihr wärt nicht von mir gegangen. Doch diese Konjunktive beweisen, dass es unabänderlich zu spät ist. Nun kann ich daran nichts mehr ändern und muss es einfach akzeptieren, wie es ist. Was bleibt mir anderes übrig? Ich bereue es jetzt schon, euch überhaupt losgeschickt zu haben. Wieso hat meine weibliche Intuition mich nicht davor gewarnt? Ich törichtes Weib hab euch unwissend in den Tod geschickt. Und jetzt zergehe ich hier förmlich im Selbstmitleid. Ich kann nichts mehr an der Tatsache ändern, dass ihr fort seid, aber ich muss damit klarkommen. Vergebt mir dieses verfluchte Selbstmitleid, ihr wisst ja, dass ich sonst nie so war... Vor zwei Stunden kam der Anruf aus dem Krankenhaus. "Ihr Mann und ihr Kind sind vor wenigen Minuten tödlich verunglückt. Sie hatten einen schweren Autounfall und sind noch am Unfallort gestorben. Mein Beileid..." Diese Worte einer verzerrten Stimme aus dem Telefonhörer ließen meine ganze Welt mit einem Schlag zerbrechen. Ich legte den Telefonhörer langsam und mit zitternder Hand weg. "Das ist doch nur ein schlechter Witz, oder? Das kann doch nur ein Witz sein..." Ich konnte und wollte es einfach nicht so hinnehmen. Es war inakzeptabel für mich, dass ihr tot sein solltet. Noch vor wenigen Minuten hatte ich euch das Haus verlassen sehen. Und ihr wart kein bisschen tot. Ihr saht nicht so aus, als würdet ihr ein paar Minuten später sterben. Wie konnte es dann nur passieren? Ich denke, dass ich es irgendwann fassen können werde, dazu fähig bin es zu verarbeiten. Du sagtest ja immer, dass ich eine starke Frau wäre. Eine, die über so was hinwegkäme. Vielleicht hattest du ja Recht damit. Ich werde zumindest alles tun, damit deine Annahme gerechtfertigt ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)