Mondsüchtig von C-Bird ================================================================================ Kapitel 1: 1. Phase: Neumond ---------------------------- 1.Phase: Neumond Begegnung und Wiedersehen ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Schweigend stand er dort an der Haltestelle und sah zu wie sein Bus blinkte und davonfuhr. Ein unergründliches Lächeln zeichneten seine Lippen auf das langsam alternde Gesicht des Mannes. Einige paffende Jugendliche suchten Schutz vor dem Regen unter dem Dach des Haltestellenhäuschens , um sich dann gackernd über ihn lustig zu machen. Aber das war ihm egal. Nach mehr als zwanzig Jahren hatte er ihn wiedergesehen. Sein Ziel war erreicht. Langsam nahm er den Hut ab , von dessen dunkler Krempe es tropfte, und ließ ihn fallen. Mit sicheren Schritten und weiter lächelnd ging er auf die viel befahrene Straße. ______________________________________________________________________________ "Mr. O'Lear? würden sie uns bitte die Ehre erweisen und sich zurück auf ihren Platz zurückzubewegen. Das würde dem Unterrichtsklima und ihrer Note wesendlich besser bekommen als ihr momentanes Treiben." Der Schüler zog es tatsächlich in Erwägung aufzustehen, schließlich hatte er sein Gegenüber schon oft genug Ärger gemacht. Langsam ging er zu seinem Platz, den Zorn des Lehrers wohlwollend ignorierend. Warme Briesen wurden vom Wind in den Klassenraum getragen und sorgten hier und dort für entnervtes Keuchen, da es so schon heiß genug war. Trotzdem war der heiße Spätsommer äußerst willkommen. Endlich klingelte es. Einige packten ihre Dinge so schnell zusammen, dass sie die Hälfte verloren und schließlich doch als letztes den Raum verließen. Andere, zu denen auch Daniel O'Lear zählte, räumten gemächlich ein, um mit ein paar Mädchen den Raum zu verlassen und zum Bus zu gehen. "Hey Danny, hast du Lust mit uns in ein Café zu gehen ?" Zwei von ihnen hatten sich bei ihm eingehängt und versuchten ihr Glück, gespannt darauf wartend, ob sie eine Abfuhr kriegen würden. Danny warf einen kurzen Blick zu seinen Freunden und willigte dann grinsend ein. Er liebte es sich einen Spaß daraus zu machen, wie sie ihn anhimmelten. Einige Minuten später fanden sie sich zu dritt in einem gemütlichen Café wieder. An der hölzernen Decke rotierten leise surrende Ventilatoren und ein angenehmer Geruch von Kaffee, Tee und Keksen hing in der Luft. Gemeinsam mit seinen Verehrerinnen setze Danny sich in eine Ecke und blickte sich um. Das Holz der Tische und Bänke war sanft Mahagonifarben und die Polster in einem satten Bordeauxrot gehalten. Und bis auf einen einzelnen Gast, der einige Tische weiter saß, war es vollkommen leer. Danny ließ sich langsam auf die Bank sinken und grinste MerryAnn -dem Mädchen links von ihm - zu. Hey, er hatte sich sogar ihren Namen gemerkt. Nicht schlecht für den Anfang. "Hast du eigentlich eine Freundin ...?" Lilian, das zweite Mädchen, sah zu ihm herauf und drückte dabei ihre Brüste an seinen Arm. "Bis jetzt nicht, Honey. Aber bald vielleicht", sagte er mit seinem Aufreißerlächeln und ließ seinen Blick wieder wandern - bis zu dem Gast ein paar Tische entfernt, der über ein dickes Buch gebeugt an einer Tasse nippte. Er wusste nicht genau wie es dazu kam, aber seine Augen hefteten sich wie gebannt an den blassen Fremden. Gerne hätte er sein Kinn angehoben und seine Haare zurück gestrichen, nur um seine Augen sehen zu können... "Hey Danny...." _______________________________________________________________________________ "Er wird wach..." "Wurde ja auch Zeit. Was hat er sich denn bitte dabei gedacht ?!" "Das wird sich zeigen. Setzen sie sich bitte und beruhigen sie sich." "Ich bin ruhig, außerdem kann ich mich auch alleine hinsetzen!" Zwei Stimmen drangen an sein Ohr und holten in unsanft aus seiner Erinnerung, Eine aufgeregte Weibliche und die eines Mannes, der beschwichtigend auf sein Gegenüber einredet. "Wenn sie sich nicht beruhigen, muss ich sie bitten raus zu gehen..." "Ich sagte doch ich bin ruhig." Die unterdrückte Wut brodelte in der Stimme der Frau. So war sie immer gewesen, exzentrisch und verplant bis ins kleinste Detail. Langsam öffnete der Mann im Bett seine Augen und erblickte einen jungen Arzt und eine ihm bekannte Frau Anfang vierzig. Er versuchte etwas zu sagen, doch sein Mund war völlig trocken und die Worte blieben in seinem Hals stecken. "Du sollst in deinem Zustand nicht sprechen." Entgegnete sie schnippisch auf seine stummen Worte. "Ihre Frau hat recht .... Mr. O' Lear. " Mit einem kurzen und kritischen Blick streifte der Weißkittel den Patienten und dessen Besuch. Am liebsten würde der Patient aufstehen und die Beiden zusammenschlagen, dafür, dass sie in geweckt hatten. Da sein derzeitiger körperlicher Zustand dies aber nicht zuzulassen schien, blieb er liegen und sah zur Decke. Der Arzt räusperte sich. "Ich lasse sie beide nun ein wenig allein... klingeln sie, wenn es Probleme gibt." Leise Schritte. Das Öffnen und Schließen der Tür. "Danny.... warum hast du das getan..?" Es war keine Wut mehr aus der Stimme der Frau zu hören. Sein Blick wendete sich zu ihr. Sie hatte einen Arm um ihren Bauch gelegt, als würde sie ihre Schwangerschaft verbergen wollen. Das lange, gelockte schwarze Haar umrahmte ihr Gesicht, wallte über ihre Schultern und die üppigen Brüste. "Ich...." Mehr konnte er nicht sagen. Seine Stimme versagte - er hatte sie zu lange nicht benutzt. Einen Moment lang möchte er alles erzählen. Alles was er gesehen hatte. Er möchte ihr Gesicht in seine Hände nehmen, ihre Stirn küssen und schwören, dass es ihm leid tut. "Schon in Ordnung.... Reden wir besser später... Ruh dich aus.." Bedächtig strich sie ihm ein paar fuchsbraune Haarsträhnen hinters Ohr und lächelte entschuldigend. Dann stand sie auf. "Ich komme morgen wieder..." MerryAnn drehte ihm den Rücken zu und ging. ________________________________________________________________________________ Strömender Regen prasselte hernieder und empfing die aus der Schule strömenden Schüler mit einer kalten Dusche. Zu eben diesen gehörte auch Danny, der schon bis auf die Haut durchnässt war. Dies war wohl auch ein Grund dafür, dass sich wieder ein paar Mädchen mehr um ihn und seine Freunde tummelten. Sein weißes Hemd war durchsichtig geworden und gab so Aussicht auf seinen nackten Oberkörper. Plötzlich hörte die Stimme und spürte den Atem seines Freundes an seinem Ohr. "Du bist wahnsinnig. Spätestens in einer Woche liegst du krank im Bett." Es war Raphael Kingsley. Das lange flachsblonde Haar hing ihm triefend über die Schultern und die blauen Augen streiften besorgt über Daniels Körper. "Du bist nur eifersüchtig, dass du mich mit den Mädchen teilen musst, gib 's zu." Danny lehnte sich gegen ihn und schürzte beleidigt die Lippen. Wenn er ehrlich war, fror er tatsächlich erbärmlich. Raphaels Gesicht ließ keine Äußerungen über sein Inneres zu. "Oh ja, ich kann mich kaum im Zaum halten. Mir wird schon ganz warm." Auch seine Stimme blieb dermaßen monoton, dass man sich nicht sicher sein konnte, ob er das nun ernst meinte oder nicht. Auch Danny erging es so, weswegen er einen Sicherheitsabstand zwischen ihn und sich brachte. "Hör auf. Du machst mir...", begann er eine Erwiderung, die allerdings stockte, als er auf die andere Straßenseite sah. Danny erkannte ihn augenblicklich wieder. Er hatte vor einigen Tagen in dem Café gesessen, in dem er mit den Mädchen gewesen war und genau wie dort, zog er nun seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Das lange dunkelrote Haar hing ihm in einem geflochtenen Zopf über die Schulter, ein paar Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Der Fremde schien ein gutes Stück größer zu sein als er, ähnlich wie Raphael, doch er hatte nicht die breiten Schultern, die Raphael oft wie einen Schrank wirken ließen. Doch trotzdem hatte er etwas bedrohliches an sich, auch wenn Danny nicht so recht zu beschreiben wusste, was es war. Noch während er darüber nachdachte, setzte der rothaarige sich in Bewegung, ging mit großen, grazilen Schritten auf den Jugendlichen zu. "Weißt du, ich fände es reizend, wenn du mich nicht ständig anstarren würdest." Sagte er abschätzend, als er genau vor Danny stehen blieb. "So etwas fällt nämlich auf, Kleiner, und ich falle eigentlich nicht gern auf." _____________________________________________________________________ Er schreckte auf und blickte in MerryAnns Gesicht. Sie saß still neben seinem Krankenbett und las ein Buch von Stephen King - Das geheime Fenster. Hatte sie schon bemerkt, dass er aufgewacht war? Mit einem resignierenden Seufzen setzte er sich auf. "Hi." Sagte er mit gespielter Freude in der Stimme. Eigentlich wäre er lieber allein gewesen. Etwas überrascht blickte sie auf und schloss das Buch. Sie wirkte erleichtert , ihr Lächeln war echt. "Hi." Erwiderte sie. "Wie geht's dir?" "Könnte schlimmer sein." Er bereute bereits, dass er sie eben noch nicht da haben wollte. "Und.. euch?" Mit einem nun ehrlichen Lächeln machte er eine Geste zu ihrem Bauch. Ein rötlicher Schimmer stahl sich auf ihre Wangen.Dann seufzte sie schwer und blickte betreten auf ihre Knie. "Uns geht es gut... aber was ist mit dir wirklich?" Ihre Stimme war schleppend, als müsse sie sich zu jedem Wort zwingen. "Du .. du bist einfach auf diese Straße gelaufen." Als sie ihn wieder ansah, lag eine Mischung aus Verzweiflung und Vorwurf in ihren Augen. Er hatte gewusst, dass sie ihn bald darauf ansprechen würde. Doch was sollte er ihr sagen? Er konnte es sich doch selbst kaum eingestehen, wie sollte er es dann jemandem erklären der rein gar nichts darüber wusste? Seine Antwort kam schließlich forsch und abweisend. "Darüber will ich nicht reden.. Es geht dich nichts an.." Starr blickte er auf die gegenüberliegende Wand. Eine kalte Wut begann in ihm zu glimmen, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. "Es geht mich also nichts an...?" MerryAnns Stimme war völlig monoton. Polternd fiel der Stuhl auf den Linoleumboden, als sie abrupt aufstand. "Es geht mich nichts an, dass du einfach auf die Straße rennst ?! Verdammt, Daniel, es ist Glück, dass du überhaupt noch lebst ! Es grenzt an ein Wunder, dass dir fast gar nichts passiert ist!" Ihre Wut erlosch, alle Kraft schien aus ihr zu weichen, als er sie endlich wieder anblickte. Heiße Tränen liefen über die blassen Wangen, während sie zitternd in die Knie ging und sich wie ein kleines Kind zu wiegen begann. Doch er konnte nichts tun außer sie anzublicken.... Sie erschien ihm plötzlich wie eine Fremde, nicht wie eine Frau die nun bereits das zweite Kind von ihm erwartete... Er bekam eine Gänsehaut, spürte wie kalter Schweiß über seinen Rücken rann und seine Hände befeuchtete. MerryAnns zusammengekauerte Gestalt wurde undeutlich, in seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Schwankend befreite er sich aus den Laken, stolperte in das kleine Bad und erbrach sich. Als die Ärzte kamen, hatte er bereits das Bewusstsein verloren. _________________________________________________________________________ Blaue Augen in einem hellen makellosen Gesicht. Langes dunkelrotes Haar.... Danny öffnete die Augen und starrte die Decke an. Der Geruch von altem Zigarettenqualm hing in der Luft, obwohl das Fenster weit offen stand. Mit einem gequälten Murren setzte er sich auf. In irgendeinem anderen Raum besangen die Boomtown Rats ein Mädchen, das keine Montage mochte und infolgedessen Mitschüler und Lehrer erschoss. "Mach die verdammte Musik aus!" Schrie er und hämmerte heftig mit der Faust gegen die Wand. Wenig später wurde Bob Geldof unbarmherzig abgewürgt und Raphael steckte den Kopf durch den Türspalt. "Was ist los? Du benimmst dich, als hättest du eine Abfuhr bekommen." Stellte er monoton fest. Danny zog eine Grimasse und warf einen Schuh nach ihm. "Huch." Machte der unwillkommene Besucher, trat schlurfend ein und schloss das Fenster. "Is' das Selbstgeißelung oder warum lässt du hier alles auskühlen? Vergiss nich, dass das meine Wohnung ist, in der du eine Eiszeit veranstaltest." "Die Wohnung gehört deinen Eltern, die steinreich sind und dich aus dem Haus haben wollen, um ihre Ruhe zu haben." Antwortete Danny, während er sich aufsetzte und Platz für seinen Freund auf dem Sofa machte. "Das ist das Gleiche. Is' doch vollkommen egal wer's bezahlt." Raphael ließ sich neben ihn nieder und betrachtete nachdenklich den fuchsbraunen Schopf. Dann fuhr er fort: "Übrigens hattest du Recht heute Mittag." "Womit?" "Ich bin wirklich ziemlich eifersüchtig." _______________________________________________________________________ Der schwere, süße Geruch von Rosen hing in der Luft, als er aus einem Traum erwachte. Ich bin jetzt seit zwei Wochen hier, noch länger und ich werde wahnsinnig, dachte er und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Wo kam überhaupt dieser Geruch her? Seine Augen suchten forschend den Raum ab und fanden die Antwort schließlich auf einem Tisch in der Ecke des Zimmers. Ein Strauß aus sieben dunkelroten Rosen stand dort in einer braunen Tonvase. "Was zum...?" Murmelte er, bevor er aufstand und zu dem Geschenk ging, um das Kärtchen zu lesen, das neben der Vase auf dem Tisch lag: An: Daniel O'Lear Mit großen Augen drehte er die Karte um und las die Nachricht, die auf der Rückseite stand. Bald ist Vollmond. Wir werden uns wiedersehen. "Ihre Frau scheint auch ein paar Freunden gesagt zu haben wo Sie sind." Die dunkle Stimme der Schwester ließ ihn zusammenfahren. Er drehte sich um sah zu wie sie die Fenster öffnete und sein Bett machte. "Sie wissen wer ihn abgegeben hat?", fragte er erstaunt. "Natürlich, der Kerl hat mir den Strauß einfach in die Hand gedrückt, mir gesagt, dass er für Sie ist und danach ist er gegangen." Sie zuckte die Schultern. "Vielleicht kommt er ja noch mal wieder." "Wie sah er aus?" Er spürte wie er vor Aufregung zu zittern begann. Die Krankenschwester überlegte kurz. "Ziemlich groß, rote Haare bis hier." Sie hielt ihre hand auf Brusthöhe. "Sehr Schlank und blaue Augen. Kennen Sie ihn?" "Ja, Angela, ich kenne ihn... Vielen Dank.." Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er wieder zu den Blumen sah, die weiter ihren betörenden Duft verströmten. ~~~~~~Kapitel 1 - Ende ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So dies war das erste Kapitel von Mondsüchtig. Nach einigem Warten habe ich heute endlich das gesamte Kapitel hochgeladen und möchte mich bei allen Lesern & Kommi-Schreibern bedanken Ich hoffe ihr seid zufrieden und lest weiterhin mit. Liebe Grüße Schnuffel-Kaede Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)