Fesseln des Verrats - Fortführung nach Kapitel 13 von Aleye85 ================================================================================ Kapitel 30: Das Erwachen ------------------------ Kalt. Ihm war so furchtbar kalt. Er hatte keine Kraft mehr. Masamune wollte kämpfen, doch er konnte es nicht mehr. Viel zu lange hatte er vergebens versucht, aufzuwachen. Er spürte zwar, dass sein Vater seinen Körper nicht mehr besetzte, allerdings war sein Bewusstsein noch immer von quälender Dunkelheit umhüllt. Er war gefangen, in einem Labyrinth der Finsternis. Wie lange schon? Wieso konnte er den Ausgang nicht finden? Yuki. Sairi … er brauchte Hilfe. Wo waren seine Freunde? Seine Familie? Seine Hoffnung? Masamune bat sie im Stillen um Verzeihung. Dafür, dass er zu schwach gewesen war, sich gegen seinen Vater zu wehren – dass er sich von ihm hatte überrumpeln lassen. Dafür, dass seine Familie so viel Leid verursacht hatte. Dafür, dass er es nicht schaffte, zu erwachen und dass er nun aufgab. Er schloss die Augen, ließ zu, dass die Schwere seinen Körper besetzte wie eine unbemannte Festung und wartete. Sein Atem wurde schwächer. Masamune war bereit, da hörte er sie. Anfangs ganz leise. Was war das für eine Stimme? Er kannte sie. Was wollte sie von ihm? Wem gehörte sie? „Masamune! Masamune, du musst aufwachen!“ Diese Vertrautheit. Der forsche, fast unverschämte Ton. War das etwa … Hotsuma? Wieso erreichte er ihn? Mit letzter Kraft, die er kaum noch aufbrachte, rappelte er sich in der Finsternis auf. Noch immer hüllte ihn die Dunkelheit ein, schien ihn regelrecht aufgefressen zu haben. „Masamune, erwache! Du musst aufwachen, Masamune!“ Ja, ganz sicher. Es musste sich um Hotsuma handeln. Er musste seiner Stimme folgen. Vielleicht gab es doch einen Ausweg. Er musste es versuchen, unbedingt! Das war seine einzige und seine letzte Chance. Eine weitere würde es nicht mehr geben. Dazu fehlte ihm die Kraft. Blindlings tastete er sich vorwärts. Immer weiter dem Klang von Hotsumas Stimme folgend. Masamune konnte nicht sagen, wie lange er bereits lief, als er es endlich sah. Entfernt und doch so nah. Sein Herz begann aufgeregt zu pochen. Er biss die Zähne zusammen und wankte ins Licht, das er sich so lange herbeigesehnt hatte. Langsam begann der Wächter wieder zu zweifeln. Natürlich hatte er die Stimme der Götter und es stimmte auch, dass er Shuusei damals durch seine Fähigkeit aufgeweckt und vor dem sicheren Tod bewahrt hatte, doch Shuusei war sein Partner. Sie waren miteinander auf besondere Art und Weise verbunden. Das war mit Masamune nicht der Fall. Wie lange versuchte er nun schon, den Bewusstlosen ins Leben zurückzurufen? Eine halbe Stunde? Vierzig Minuten? Es ging an seine Substanz und ein Erfolg war nicht in Sicht. Er kniete vor Masamune, hinter ihm standen Shuusei, Yuki und Luca. Er spürte Yukis flehenden Blick in seinem Rücken. Voller Hoffnung, voller Erwartung. Er wollte ihn nicht enttäuschen. Verdammt, was musste die auch hinter ihm stehen?! Hotsuma versuchte sich abermals, auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Warum funktionierte es nicht? Dieser verfluchte Idiot musste doch endlich aufwachen! Der Wächter ballte seine Hände zu Fäusten, verstärkte seine Bemühungen. Schweißperlen traten auf seine Stirn. Für einen kurzen Moment wurde ihm schwarz vor Augen. „Masamune!“ Yukis freudiger Ausruf bewahrte ihn, sich von den Wogen des Schlafes davontragen zu lassen. Das Licht der Götter stürmte an ihm vorbei und flog regelrecht auf das Bett. Irritiert schlug Hotsuma die Augen auf. Masamune war wach! Er hatte es tatsächlich geschafft. Ein schiefes Grinsen umspielte seine Mundwinkel. Shuusei legte seine Hand auf die Schulter seines knienden Partners. Stolz spiegelte sich in seiner Miene wider. „Das war großartig. Komm, wir lassen die drei erst mal allein und du ruhst dich noch etwas aus.“ Er half Hotsuma auf die Beine, doch der schüttelte den Kopf. „Nein, es geht mir gut. Ich muss mich nicht ausruhen.“ Shuusei zog eine Braue in die Höhe. Typisch sein Partner. Dieser elende Sturkopf, doch gerade seine Sturheit war eine der vielen Eigenschaft, die er so an ihm liebte. Aber Ausruhen musste er sich. Ob er wollte oder nicht. „Sicher? Glaub ja nicht, dass ich dich unterwegs trage, wenn du vor Erschöpfung zusammenbrichst.“ „Das werde ich schon nicht!“ Shuusei schmunzelte. „Was grienst du so dämlich?!“, fauchte ihn Hotsuma an. Kurzer Hand entschlossen blieb der Wächter stehen, gab seinem Partner einen Stoß, sodass dieser im Flur gegen die Wand taumelte und stützte sich mit beiden Händen vor ihm ab. Hotsuma schluckte. Shuusei war ihm ganz nah. Er konnte sogar seinen warmen Atem spüren. „Was soll das nun wieder“, murmelte er leise, klang aber noch lange nicht so selbstbewusst, wie er es gerne gehabt hätte. Shuusei grinste ihn süffisant an, doch der leidenschaftliche Ausdruck in seinen Augen bereitete Hotsuma eine Gänsehaut. „Wenn du dich nicht ausruhen musst, fällt mir da durchaus noch ein weiterer Zeitvertreib ein.“ Für einen Moment stockte Hotsuma der Atem und er war nicht fähig, etwas zu erwidern. Er erinnerte sich an den Tag, kurz bevor Luzifer sie mit seiner Dämonenschar angegriffen hatte. Sie waren sich so nah gewesen. Leidenschaftliche Küsse. Shuuseis Geschmack. Seine Wärme … „Anscheinend bist du so müde, dass du nicht einmal mehr sprechen kannst. Ich bringe dich ins Bett und du schläfst. Ende der Diskussion.“ Entgeistert blickte er seinen Partner an, aber der stieß sich von der Wand ab und ging entschlossen voraus. Mit gemischten Gefühlen folgte er ihm. War es doch nur ein Scherz gewesen? Dabei hätte er … „Shuusei, du verdammter Idiot!“, flüsterte er leise und enttäuscht vor sich hin, während sie über den Flur liefen. Sehnsucht flammte in ihm auf, doch jetzt war wohl nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)