Fesseln des Verrats - Fortführung nach Kapitel 13 von Aleye85 ================================================================================ Kapitel 63: Fast ein Jahrhundert später --------------------------------------- „Schatz, wie weit bist du mit den Snacks?“, frohlockte Tachibana, der gerade die Säfte und den Tee richtete. Zoltan fluchte leise vor sich hin. So hatte er sich die Sache mit der Großfamilie damals nicht gedacht. Abgesehen davon war inzwischen viel Zeit vergangen und er hatte geglaubt, dass sein Partner ihn an der heiligen Quelle nur hatte necken wollen. Tja, er hatte sich geirrt … „Schatz?“, wiederholte Tachibana, als keine Antwort erklang. „Ich hab dir schon x-mal gesagt, dass du mich so nicht nennen sollst!“ „Ha ha, hab ich vergessen – aber du bist doch eben auch mein …“ Zoltan stellte das Tablett schnell auf dem Tisch ab und hielt seinem Gefährten den Mund zu. Der griente ihn provozierend und glückselig an. „Wenn ihr weiterhin so herum trödelt, wird das Essen nie fertig! Wie gut, dass wir euch helfen.“ Zoltan schnalzte verärgert mit der Zunge, drehte sich jedoch nicht zu den Knirpsen um. Das tat Tachibana für ihn, der vor Stolz nur so strahlte. „Ah, Katsumi und Aya. Vielen Dank! Was würden wir nur ohne euch machen?“ Der vierjährige lief rot an und nickte verlegen. Dann sprangen er und Aya in die Küche, um den Nachtisch vorzubereiten. „Ha ha, sind sie nicht niedlich?“ „Wie man‘s nimmt“, nuschelte Zoltan wenig überzeugt. Er konnte mit Kindern einfach nichts anfangen. „Jetzt sei doch nicht so. Ich finde, wir leisten gute Arbeit.“ Zoltan kam nicht dazu, zu antworten. Laute Schreie von Sodom drangen aus dem Spielraum zu ihnen rüber. „Herbergsvater! Herbergsvater! Hotsuma, Sairi, Masamune, Senshiro, Tsukomo und Shuusei prügeln sich schon wieder!“ „Ha ha, gehst du oder ich?“ „Der Herbergsvater bist wohl du, also wälze es nicht auf mich ab“, murrte Zoltan und befreite sich aus Tachibanas Umarmung. „Wohl wahr – sammelst du dann die anderen Kinder zum Essen ein? Und pass auf, dass sie sich die Hände waschen.“ Zoltan verdrehte genervt die Augen, trat schweigend in den großen Garten und hielt nach den üblichen Kandidaten Ausschau. Lange musste er nicht suchen. Ria und Touko saßen auf dem saftig grünem Rasen und pflückten Blumen, um Ketten daraus zu basteln. Er trat näher, doch beide machten keine Anstalten, aufzustehen. „Na los, auf nach drinnen, Hände waschen. Es gibt gleich essen.“ „Aber wir sind noch nicht fertig“, beschwerte sich Touko und schenkte ihm einen schmollenden Blick. Zoltans Augen verformten sich zu zwei schmalen Schlitzen. „Jetzt schau doch nicht gleich wieder so böse, Onkel Zoso“, schaltete sich Ria ein und Zoltan seufzte. „Das gibt Falten, sagt Papa Shizuka. Und Mama hat gesagt, dass du gut aussiehst, manchmal.“ Seine Gesichtszüge entgleisten. Die Kleine brachte ihn aus dem Konzept. Was hatte er nochmal gewollt? Er atmete tief durch und fuhr sich durch seine Haare. „Fertig!“, riefen die Mädchen zeitgleich und sprangen auf. Fröhlich hoben sie ihre Blumenketten in die Höhe. „Wem schenkst du deine?“ Ria begann zu lächeln. „Sairi, natürlich.“ „Mh …“ „Touko, was ist?“ „Ich wollte meine eigentlich Tsukomo schenken.“ „Aber?“ „Er hat sich geprügelt.“ Ria zuckte mit den Schultern. „Das sind halt Jungs. Die können nicht anders.“ „Aber das ist blöd.“ „Ja, Jungs halt, sagt meine Mama immer.“ Touko schüttelte entschieden den Kopf. Ihr Bruder sollte sich nicht prügeln, sonst würde ihre Mutter Yomi bestimmt traurig sein und ihr Papa Takashiro wäre enttäuscht. Da kam ihr eine Idee. Sie drehte sich entschlossen zu Zoltan um, schaute zu ihm auf und hob ihm die geflochtene Kette entgegen. „Für dich.“ „Nein, danke.“ Der Kleinen klappte die Kinnlade nach unten. „Warum denn nicht?!“ „Weil Männer keine Blumenketten tragen.“ „Du bist gemein! Das verrate ich Tachilein!“ „Das heißt Tachibana und …“ Zoltan stockte. Stritt er gerade wirklich mit einer Vierjährigen? Blödsinn. So weit war es also schon um ihn bestellt. Abermals Seufzend ging er auf die Knie. „Na gut. Dann hüh und rein mit euch zum Hände waschen.“ Touko und Ria gaben ein quietschendes Jubeln von sich und legten ihm Erzieher die Blumenkette um den Hals, bevor sie beschwingt ins Gebäude und ins Bad sprangen. Zoltan erhob sich und ließ seinen Blick weiter durch den Garten schweifen. In der Ecke unter den Trauerweiden wurde er fündig, wo die Zwillinge Yuki und Danny neckten. Es war irgendwie ironisch, dass ausgerechnet der wiedergeborene Reiga der Vater von Luca und Luze geworden war. Yuki hingegen war der Sohn von Ibuki und Tsubaki durfte sich mit Danny herum plagen. Er schüttelte leicht den Kopf. Seltsam, wie sich alles entwickelt hatte, nachdem Tachibana an der Zeitgeschichte und dem Schicksal herumgebastelt hatte. Er hatte es tatsächlich geschafft, die Seelen der Verstorben auf den Punkt genau einzufangen, sodass auch Yomi, Tachibana und ihre Bediensteten wiedergeboren worden waren.Er hatte das Jahre geplant, ohne dass jemand davon wusste. So hatten alle Wächter und seine alten Kameraden ein neues Leben, unbeeinflusst von der Vergangenheit und den Sorgen geschenkt bekommen. Er hatte es sogar bewerkstelligen können, dass sie in demselben Zeitabschnitt geboren worden und somit nun alle versammelt waren ... Sein Gefährte war wirklich unglaublich. „Nein, das geht nicht!“, beschwerte sich Yuki und ballte seine kleinen Hände zu Fäuste. Luca stand unbeeindruckt vor ihm. „Warum nicht?“ „Weil … weil das nur Erwachsene machen.“ „Das heißt, später ja?“ Yuki dachte kurz nach und schüttelte emsig seinen Kopf. „Nein.“ „Warum?“ „Weil ich kein Mädchen bin!“ „Man kann auch Jungen küssen“, kam Luze seinem Bruder zu Hilfe, doch Yuki blieb hartnäckig. „Nein, das geht nicht.“ „Doch, ich beweiß es dir!“ Noch bevor die anderen reagierten konnten, griff Luze nach Danny und zog den blonden Jungen zu sich. Ihre Lippen trafen sich zu einem unschuldigen Kuss, den Zoltan gewissenhaft unterbrach. „Hey, Schluss jetzt. Dafür seid ihr noch viel zu jung!“ „Sag ich doch“, flüsterte Yuki beschämt vor sich hin, konnte seinen Blick jedoch nicht von Luca wenden, der ihn hypnotisierend ansah. Danny und Luze lächelten sich ununterbrochen und schüchtern an Zoltan hielt ihn eine kurze Anstandspredigt, die sie gehorsam über sich ergehen ließen, auch wenn keiner von ihnen wirklich hin hörte. Dann schickte er auch sie nach drinnen und folgte ihnen. Sodom kam ihm bereits entgegen gehüpft. „Du bist spät. Der Herbergsvater braucht deine Hilfe.“ „Hach … warum wundert mich das jetzt nicht?“, murmelte Zoltan vor sich hin und bedachte den kleinen Jungen mit einem prüfenden Blick. „Um was geht es dieses Mal bei dem Streit?“ Sodom tippte sich mit dem Zeigefinger eine gefühlte Ewigkeit gegen sein Kinn und überlegte. „Ich bin mir nicht sicher. Zuerst haben nur Hotsuma, Kuroto und Sairi gestritten. Dann hat sich Senshiro eingemischt und Shuusei und Masamune. Die haben gerangelt und dann wurde Tsukomo angerempelt und seine leckeren Chips sind auf den Boden gefallen … ja, so glaube ich.“ Zoltan seufzte. Das bedeutete mal wieder einen Anruf bei den entsprechenden Eltern, unter anderem Rou, Hotsumas Vater, und Isuzu, der in diesem Leben Kurotos Vater war. Ach ja, Senshiro wohnte ja bei seinem Großvater … „Zoso?“, fragte der Knirps mit piepsiger Stimme und riss ihn aus seinen Gedanken. „Zoltan – wie oft muss ich das noch korrigieren?“ Er blickte verärgert nach unten und in die großen, wässrigen Augen von dem Kleinen. „Schon gut, schon gut. Nun rein zu den anderen.“ „Jaha!“, jubelte Sodom und sprang vergnügt voraus in den Speisesaal. Zoltans Schläfe begann zu pochen. Er und Kinder … Erzieher war der letzte Beruf, der für ihn in Frage gekommen wäre. Er massierte seine Schmerzen weg und atmete tief durch. Wer war nochmal der Vater von der kleinen piensigen Nervensäge? Ach ja, er war der kleine Bruder von Aya und Fuyutoki war der Vater der beiden. Er hatte noch immer Probleme, sich die neuen Verhältnisse zu merken. Seltsam wie sehr man doch an alten Gegebenheiten festhing. Nachdenklich betrat er den großen Speisesaal in dem es gespenstisch still war. Hatte Sodom nicht angedeutet, dass Tachibana mit dem Chaos überfordert war? Warum saßen dann alle bereits artig und still am Tisch und starrten ihn an? Unheimlich. Ihm fröstelte. „He he, was machst du denn wieder für ein Gesicht?“ Sein Gefährte lachte und kam strahlend auf ihn zu. Sodom setzte sich zu Yuki, der ihm extra einen Platz freigehalten hatte. „Wie ich sehe, hast du alles im Griff …“ „Ja, sieht so aus. Alle unsere kleinen Schäfchen friedlich versammelt und der Streit geklärt.“ „Gut, dann können wir ja essen.“ Zoltan wandte sich zum Tisch um, doch Tachibana hielt ihn fest und schüttelte lächelnd seinen Kopf. „Nein, es fehlt noch etwas.“ In dem Moment sprang die Tür auf und Aya trat ein. Sie trug in ihren Händen ein blaues Samtkissen, das sie vorsichtig, als würde sie einen Schatz tragen, zu den beiden Männern brachte. Direkt vor den beiden blieb sie stehen und hob schüchtern das Kissen nach oben, auf dem ein Paar verzierter Goldringe lag. Zoltan zog verwundert eine Augenbraue in die Höhe. Was sollte das jetzt? „Vielen Dank, mein Engel“, lobte Tachibana das Mädchen, nahm die Ringe und ging vor Zoltan auf die Knie, der ihn noch immer verdattert anstarrte. Er schien wirklich nichts zu ahnen. Der Herbergsvater kicherte in sich rein. Einfach zu süß, sein kleiner Dämon. „Wir kennen uns bereits mehrere Ewigkeiten und haben beide viel durchgemacht. Viel schönes, aber auch viel grausames. Das Schicksal hat es nicht immer gut mit uns gemeint und doch hat es uns wieder nach vielen Jahrhunderten … ähm ich meine Jahre“, er schielte kurz zu den Kindern, die zum Teil peinlich berührt und zum anderen Teil aufgeregt wartend da saßen und sie beobachteten, „zusammengebracht und nun weiß ich mehr denn je, dass ich nie wieder getrennt von dir sein möchte.“ „Das weißt du erst jetzt?“ „Ha ha, nein schon damals, als wir uns wiedergefunden hatten.“ „Wieso kniest du auf dem Fußboden?“ Tachibanas Gesichtszüge entgleisten. Manchmal war sein Gefährte der reinste Stimmungskiller. Nun, auch das liebte er an ihm. Leise seufzte er auf. „Tja, es ist eben üblich, dass man für einen Heiratsantrag auf die Knie geht.“ Für einige Sekunden sahen sie sich in die Augen. Tachibana kam es vor, wie eine Ewigkeit, bevor Zoltan endlich den Sinn seiner Worte begriff und seine Kinnlade nach unten klappte. „Ein was?“ „Willst du mich heiraten?“ Die Mädchen begannen zu klatschen und zu jubeln. Sogar die Jungs stimmten in den Beifall ein, auch wenn die Begeisterung von Hotsuma, Kuroto, Sairi und den Zwillingen sich in Grenzen hielt. „I… Idiot“, murmelte Zoltan verlegen und wich seinem Blick aus. „He he, doch nicht vor den Kindern. Achte auf deine Ausdrucksweise.“ „Das … das ist so … kitschig.“ „Ist das ein ja?“ Tachibanas Stimme bekam einen leicht unsicheren Unterton. Zoltan schaute ihm ins Antlitz und er wäre am liebsten in seinem zärtlichen Blick versunken. Wie sollte er da noch nein sagen? Gerührt sank er zu ihm auf die und nahm sein Gesicht in die Hände. „Ja, du romantischer Spinner.“ Seine Lippen legten sich auf die seines zukünftigen Mannes und vereinten sich zu einem innigen Kuss. Er hörte den Lärm und die gemischten Ausrufe der Kinder um sich herum, teilweise entsetzt, teilweise gerührt, und schaltete die Geräusche um sich herum aus. Er brauchte kein Ritual, doch für Tachibana würde er es tun. Er würde mit ihm zusammenbleiben. Jetzt. Später. Für immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)