Timeline von ZerosWolf (Reise in die Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 37: Ein guter Schleifer ------------------------------- Das Trio um den jungen Ash hatte sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht. In jeder Straße fanden sie mindestens einen Juwelier der mit Liponsteinwaren warb, jedoch nur wenige, die auch das Schleifen mitgebrachter Ware anboten. Jaze hatte ihnen eingebläut, nicht den erst besten Schleifer aufzusuchen. Viele seien unseriös und verkauften minderwertige Ware. Wie man hohe von minderer Qualität unterschied konnte er ihnen jedoch nicht sagen. Dafür bräuchte man ein besseres Auge als seines. Ash ließ seinen Blick über die Auslagen schweifen. Für ihn sah alles gleich aus. Egal ob Raute, Halbkugel oder Tropfenform, für ihn war alles gewöhnlicher Schmuck. Wenn nicht Liponstein dran gestanden hätte, hätte es für jeden x-beliebigen Kristall gehalten, mit dem Frauen sich schmückten. Ein Verkäuferpärchen stellte sich ihnen in den Weg. „Guten Tag, die Herrschaften. Sie sehen aus wie Trainer, habe ich recht oder habe ich recht?“, grüßte sie die Frau. „Äh, ja“, entgegnete Ash etwas überrumpelt. „Dann werdet ihr euch freuen, dass ihr uns aufgefallen seid“, behauptete der Mann. „Unser Meister, der Große Shilei Fu, ist der mit Abstand beste Liponsteinschleifer der Stadt.“ Sie teilten sich, um Platz für einen alten, gebeugten Mann im grünen Kimono zu machen. „Ich schleife nur für auserwählte Trainer“, sagte dieser mit ausländisch klingendem Akzent. „Trainer, deren Stärke mir ins Auge sticht wie eure.“ Misty wurde misstrauisch. Solche Situationen hatte sie schon zu oft erlebt. „Ob eure Apparaturen dieses Mal was taugen?“, fragte sie skeptisch. „Eure Tarnung tut es nicht, Team Rocket.“ In Sekundenbruchteilen waren die drei vor ihnen auf Verteidigung eingestellt. „Verdammt, wie konnte die Göre unsere Tarnung durchschauen?“, wollte James von Mauzi wissen. „Die Tarnung ist perfekt!“, verteidigte sich dieses. „Ihr seid nur zu schlechte Schauspieler!“ „Sie haben uns erst durch dich durchschaut!“, behauptete Jessie. „Vielleicht solltet ihr nicht immer die gleiche Masche durchziehen“, empfahl Rocko. „Vielleicht solltest du deine Ratschläge sonst wohin stecken!“, fauchte Jessie zurück. „Oder ihr sucht euch eine neue Karrierelaufbahn“, meinte Ash, der erst durch seine Freunde das falsche Spiel durchschaut hatte. „In dieser seid ihr echt schlecht.“ „Was erlaubst du dir!“, rief Jessie empört. „Vipitis! Zeig diesem Dreikäsehoch, wer hier schlecht ist!“ „Ich bin kein Dreikäsehoch mehr!“, rief Ash, seinerseits gekränkt und schickte Pikachu mit einem Donnerblitz in den Kampf. Die Attacke explodierte und schickte Team Rocket fliegen. Die umstehenden Leute schienen es für eine Art Show gehalten zu haben, denn sie applaudierten verhalten, bevor sie tuschelnd weiter gingen. „Verschwinden wir hier“, schlug Rocko vor und die Freunde machten sich daran, so schnell wie möglich Distanz zum Kampfplatz zu bekommen. In einer weiteren Straße gingen sie einfach in der Menge unter. Hier sorgte eine andere Person für einen Aufruhr. „Scharlatane!“, rief eine alte Frau mit erhobenem Gehstock gegen einen Liponsteinhändler. „Ehrlose Betrüger! Schämen sollt ihr euch!“, „Gute Frau, ich bitte Sie, beruhigen sie sich doch“, bat ein Mitarbeiter des Geschäfts. „Sie vertreiben unsere Kundschaft.“ „Kundschaft!“, empörte sich die alte Dame. „Ahnungslose Blinde, die Steine kaufen, die kein ehrbarer Schleifer auch nur in die Hand genommen hätte!“ „Baba, bitte, beruhige dich!“ Die Stimme glaubten die Freunde zu kennen. Es war das Kind des Kochs, das die alte Frau am Arm zu ziehen versuchte. Ein Junge von vielleicht neun Jahren. „Ihr ahnungslosen Dummköpfe bringt die ganze Branche in Verruf!“, wetterte die alte Frau weiter. „Gnädige Frau“, sagte der Verkäufer mit einem gezwungenen Lächeln, „Wenn Sie nicht auf der Stelle vor meinem Laden verschwinden, werde ich die Polizei rufen.“ „Ruft sie doch!“, kreischte die alte Frau. „Dann kann sie euch alle wegen Betrugs festnehmen!“ „Baba!“, rief das Kind entsetzt und zerrte die zeternde Frau weg. Vorsichtshalber folgten Ash, Misty und Rocko ihnen. Die alte Frau schien genau die Art von Fähigkeiten zu haben, die Jaze ihnen empfohlen hatte. Zumindest schien sie sich mit dem Thema auszukennen. Sie kamen nicht umhin, Gesprächsfetzen der beiden zu hören. „Baba, irgendwann werden sie dich wirklich festnehmen“, mahnte der Junge. „Dieses ehrlose Pack! Die müssen verhaftet werden!“, schimpfte die Alte weiter. „Zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben, das minderwertige Ware verkauft wird!“ „Wenn du es mir zeigen würdest, könnte ich ihnen eine ehrbare Konkurrenz bieten!“, flehte der Junge. „Unmöglich!“, keifte die Alte. „Wie oft muss ich es dir noch sagen?! Jungen können keine Liponsteine schleifen!“ „Lass es mich wenigstens versuchen!“, bettelte der Junge. „Ich habe keine Zeit für solchen Unsinn!“, behauptete die Alte, ging in eine Eingangstür und schlug sie dem Jungen vor der Nase zu. „Eines Tages werde ich dich überzeugen!“, rief dieser und lief davon. Ash, Rocko und Misty sahen sich nachdenklich an. „Sollen wir eher ihm hinterher oder dieser Baba?“, fragte Rocko. „Ich finde, wir sollten uns mit der alten Schleiferin unterhalten“, sagte Misty. „Eventuell schleift sie unsere Steine und gleichzeitig können wir sie fragen, warum Jungen keine Schmiede sein können.“ „Das finde ich echt unfair“, beklagte sich Ash. „Mädchen können nichts besser, als Jungs!“ „Ach, glaubst du das?“, fuhr Misty auf. „Es gibt genug Sachen, die Frauen besser können als Männer. Ich will dich mal Wasserballett machen sehen!“ „Hey, ihr zwei. Beruhigt euch“, beschwichtigte Rocko. „Es gibt Dinge die Jungs besser können und Dinge, die Mädchen besser können. Aber die meisten Dinge sind eh von der Person abhängig.“ Ash und Misty ließen voneinander ab und folgten Rocko, der an der Tür des Hauses klopfte, in das die alte Frau verschwunden war. Die Tür wurde aufgerissen und ohne Gruß starrte die Alte sie an. „Guten Tag“, grüßte Rocko. „Wir kamen nicht umhin, ihnen auf der Einkaufsstraße zuzuhören. Da sie eine Fachfrau sind, möchten wir sie um Hilfe mit unseren Liponsteinen bitten. Wie sie schon sagten, bekommt man nur durch Spezialisten wie sie gute Qualität.“ Die alte Dame fühlte sich sichtlich geschmeichelt. „Kommt nur rein“, forderte sie die drei auf und ging voran ins innere des Hauses. „Enschuldigt die Unordnung, ich habe nicht mit Kundschaft gerechnet.“ Die Hausherrin führte sie in eine Werkstatt, die hinter einer Trennwand einen kleinen Teetisch beinhaltete. „Setzt euch, ich mache schnell Tee.“ Mit diesen Worten huschte sie wieder den Flur zurück. Die Freunde ließen ihren Blick über die säuberlich angeordneten Werkzeuge schweifen. Manche zeigten deutliche Gebrauchsspuren, andere wirkten fast neu. Eine Reihe Fotos von fertigen Werkstücken hing an der Wand. Die ungewöhnlichen Formen fielen sofort auf. „Die sind wunderschön“, bemerkte Misty. „Die Farben sind viel lebendiger und sie scheinen zu leuchten, im Gegensatz zu den Auslagen der Juweliere.“ „Findest du?“ Ash sah nicht besonderes an diesen Bildern. Lebendige Farben? Leuchten? Für ihn waren es nur Steine wie jeder andere auch. „Sie haben ein gutes Auge“, lobte die alte Schleiferin, die mit einem Teetablett in die Werkstatt kam. „Wären Sie damit einverstanden, einen kleinen Test ihrer Farbsicht zu machen?“ „Sicher“, stimmte Misty zu und setzte sich zu der Frau an den Tisch. Ash und Rocko knieten sich hinter sie. Die alte Frau hob eine Tafel mit zwei Gelben Feldern hoch. „Was sehen sie?“ „Das sind doch nur zwei gelbe Quadrate“, meinte Ash. „Aber es sind unterschiedliche Farbtöne“, belehrte Rocko ihn. „Das von mir aus rechte ist Tsitrubeerengelb, das linke ist Sonnengelb“, beantwortete Misty die Frage. „Gut, das war die leichte Stufe“, nickte die alte Dame ab. „Ein Junge ist bereits durchgefallen.“ Sie hob eine zweite Tafel hoch und wartete auf eine Antwort. Ash sah keinen Unterschied zu vorher. „Das rechte ist wieder Tsitrubeerengelb, das linke ist das gleiche Gelb, aber etwas mit weiß vermischt“, vermutete Misty. „Gut, Gut!“, lobte die Schleiferin. „Das konntest du sehen?“, wunderte Rocko sich. „Du nicht?“, fragte Misty verblüfft. „Das ist ganz normal“, versicherte die alte Frau. „Frauen können besser zwischen Farben unterscheiden, als Männer. Von Farbenblindheit sind auch hauptsächlich Männer betroffen.“ Sie holte eine dritte Tafel hervor. Misty starrte diese einen Moment intensiv an. „Tut mir Leid, ich kann keinen Unterschied erkenne“, gab sie dann zu.“ „Schade“, seufzte die Schleiferin und legte die Tafel beiseite. „Das waren Einalltsitrubeerengelb und Alolatsitrubeerengelb. Man muss solch feine Nuancen unterscheiden können, um das beste aus Liponsteinen herauszuholen.“ „Warum?“, hakte Ash nach. Er fand es unfair, dass Frauen einen solchen Vorteil haben sollten. „Der Stein verändert beim Schleifen die Farbe. Wenn man den richtigen Farbton verpasst, verliert das Produkt an Potential“, erklärte die Schleiferin. „Das erklärt die ungewöhnlichen Formen“, verstand Rocko. „Und warum sie zu dem Jungen sagten, dass er nicht schleifen könne“, fügte Ash hinzu. Die alte Dame seufzte erneut. „Mein Urenkel hat den Willen und das handwerkliche Geschick, aber im fehlt die Sicht. Aber genug davon, kommen wir zum Geschäftlichen.“ Die Freunde legten ihr ihre Minenbeute vor. Die alte Frau nahm einen Stab aus einem bläulichen Metall zur Hand und schob damit die Steine auf drei Haufen. „Diese hier“, sie zeigte auf einen grauen und einen roten Stein, „sind von hervorragender Qualität. Daraus kann man die besten Talismane schmieden.“ Dann zeigte die auf zwei gelbe, den zweiten grauen und einen roten Stein. „Die Talismane aus diesen werden annehmbar sein, aber den ganzen Rest könnt ihr wegwerfen. Daraus wird nicht mehr als Schmuck.“ „Woran erkennen sie das?“, fragte Rocko neugierig. „Nun, das können auch Männer“, lachte die Alte. „Kommen sie, nehmen sie den Stab und halten ihn an die Steine.“ Rocko tat, wie ihm geheißen und tippte zuerst einen von den aussortieren, dann einen von den besten Steinen an. „Der Stab vibriert!“, rief er überrascht. Er reichte den Stab weiter an Ash, der die gleiche Erfahrung machte. „Das ist ein Kodiumstab“, erklärte die Schleiferin. „Es ist kein seltenes Metall aber für die meisten wertlos. Ich erzähle euch das, weil ihr so gelehrige junge Menschen seid. Wenn ihr euch etwas Kodium besorgt, könnt ihr bereits in den Minen vorsortieren und tragt die nutzlosen Steine nicht mit euch herum.“ „Das ist sehr freundlich von Ihnen“, bedankte sich Misty. „Schleifen sie die Steine jetzt?“, wollte Ash wissen. Die alte Dame schüttelte den Kopf. „Ich schleife nicht mehr. Ich habe meine Farbsicht verloren. Das ist eine Berufskrankheit.“ Sie stand auf und reichte ihnen eine Visitenkarte. „Geht zu meiner Großnichte Kokomi, die Enkelin meiner Schwester Kotake, die einst mit mir zusammen gearbeitet hat.“ „Vielen Dank, Frau ...“, hielt Rocko inne. Er war sich sicher, das „Baba“, nicht ihr Name war. „Koume“, antwortete die Schleiferin. „Keine Ursache. Die Beratung macht dann 2000 Pokédollar.“ Ash und seine Freunde hatten ganz vergessen, dass sie geschäftlich zu Besuch waren. Sie legten das Geld auf den Tisch und gingen. Draußen versank bereits die Sonne hinter den Häusern. „Wir sollten gleich zur anderen Schleiferin gehen“, rief Ash eilig. „Das ist doch viel zu spät“, meinte Misty. „Die Läden machen schon zu. Wir müssen bis morgen warten.“ „Und es ist Zeit fürs Abendessen“, warf Rocko ein. Ash sah missmutig aus. Er wollte nicht mehr Zeit verschwenden, als nötig. Ihre Reise war noch lang und er konnte den zweiten Orden in Magnos City förmlich seinen Namen rufen hören. Doch fürs erst fügte er sich. Einen Tag mehr würde er schon aushalten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)