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Facepeeler

There is no pleasure without pain
von

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Pain

„Stell dich verdammt noch mal nicht so dumm an, es stinkt mir bis zum Hals!“

„Schrei nicht so, Steve.“, flüsterte Neyla so leise wie möglich.

Es war wie immer dasselbe Szenario, Neyla war nun seit einem halben Jahr bei Taproot dabei, alles hatte von Anfang an perfekt geklappt und die Öffentlichkeit hatte sie als Frau in der Nu Metal Band perfekt akzeptiert, aber die Jungs taten dies nicht. Sie wollten weibliche Unterstützung, aber hatten sich niemals auf den Typen von Neyla konzentriert, nun behandelten sie diese wie Dreck. Sie fühlt sich schlecht in der Gegenwart der vier, aber was sollte sie schon tun? Nicht einmal ihr Verlobter konnte ihr in diesen Moment viel Unterstützung schenken. Er war doch nur ein Fußballspieler. Mit betrübtem Blick sah Neyla auf den Ring von Torsten, den er ihr zur Verlobung geschenkt hatte, sein Name war eingraviert. In verschlungener Schrift kreuzten sich die Buchstaben Torsten Frings. Er trug den ihren mit ihrem Namen, Neyla Stevenson. Seufzend hob sie den Kopf.

Steve rannte wild aufgebraucht im Studio auf und ab, die Zigarette, die er rauchte, qualmte im Aschenbecher vor sich hin, die anderen drei saßen auf der Couch gegenüber von Neyla und sahen Steve zu, wie er versuchte sich abzuregen.

„Ich weiß nicht, für wie dumm du uns hältst, Neyla, aber langsam solltest du dir im Klaren darüber sein, dass es so nicht geht…“, knurrte Steve in einem scharfen Ton.

Neyla sah unsicher zu ihm, sie fragte sich bereits wieder, was sie angestellt hatte. Sie hatte nur eine Idee zu dem Song des Albums beigetragen, woher sollte sie denn wissen, dass es so enden musste? Sie schüttelte verzweifelt den Kopf, würde sie widersprechen, würde Steve wieder ausrasten. Es schmerzte ihr.

Die Jungs hatten nie versucht, sie kennen zu lernen, von Anfang an hatten sie Neyla als eingebildete Zicke abgestempelt, die keine eigenen Ideen hatte und nur noch zum Singen diente. Sie war viel mehr, aber man gab ihr nicht die Chancen und das zerstörte Neyla innerlich immer mehr. Sie legte den Kopf etwas schief.

„Ich halte weder Dich, noch die Anderen für dumm.“

Steves scharfer Blick kreuzte ihren hilflosen und er schüttelte nun selber den Kopf. Wie ihre Finger mit dem Ring spielte nervte ihn an und baute sich vor ihr auf.

„Pass mal auf, wenn du mit deinen Gedanken nicht langsam wieder bei der Band bist, zieh ich dir einen Strich durch die Rechnung. Deinen komischen Affen von Fußballspieler, den du so vergötterst, solltest du mal vergessen, er ist nicht so perfekt, wie du denkst. Genauso wenig wie du.“

Neyla hasste es, wenn man gegen ihren Verlobten Vorurteile aufbaute, Steve kannte Torsten nicht, es war echt hässlich, wie er ihn im Moment noch sanft beleidigte.

„Ich denke nicht nur an ihn.“, verteidigte sie sich mit leiser Stimme.

„Nein?!“

Steve packte ihre Hand und deutete auf den Ring, den sie umspielte, Neyla sah weg, dies war keine Begründung, aber Steve dachte immer, er hatte Recht. Er würde sie auch nach Hause schicken, wenn es ihm reichte, das tat er öfters.

„Und außerdem: Für dich heiße ich immer noch Stephen, nicht Steve, haben wir uns da mal langsam verstanden?“

Neyla nickte nur unglücklich, wie lächerlich das doch war. Sie durfte ihn nicht bei Spitznamen nennen, weil er sie hasste? Sie konnte ihn zwar auch nicht sonderlich leiden, aber sie wollte ihm die Chance geben, Dinge zu ändern. Wieso nahm er diese Chance denn nicht einfach an? Sie fuhr sich angestrengt seufzend über die Stirn, dann erhob sie sich und ging zum Fenster. Draußen fiel leichter Regen, der ihr Tränen in die Augen trieb, der Stress war zu hoch, sie stand mächtig unter Druck, wann würde die Band sie akzeptieren?

„Und hör auf zu flennen.“, murmelte Steve zu ihr und nahm auf der nun leeren Couch platz.

Neyla verdrehte die Augen, wann hatte er endlich mal das letzte Wort? Er gab nie auf. Es war typisch für ihn und es störte sie unheimlich, warum akzeptierte er es nicht, dass sie ihm nicht zuhören wollte? Das würde die Situation wahrscheinlich einfacher machen.

Lies

Allerdings gab Stephen auch nie zu, dass er unrecht hatte, außer vor seinen besten Freunden. Mit einem düsteren Blick griff er nach der Zigarette und besah sich den Stummel, der bereits erloschen war.

„Fuck it“, fluchte er leise und schmiss den Überrest in den Aschenbecher zurück.

Dann riss er Mike sein Paket aus der Hand, der sich gerade selbst eine nehmen wollte und ein Protestgeräusch von sich gab.

„Nimm deine eigenen“, murrte er, aber da Stephen gerade bockig war, stellte er sich seinem besten Freund gegeüber taub, nahm sich eine Zigarette und warf Mike das restliche Päckchen zurück in den Schoß. „Und lass deine Pisslaune an anderen aus“

Neyla beobachtete die Szene und runzelte die Stirn. Bei den anderen Bandmitgliedern wusste sie nicht richtig, woran sie war. Sie zeigten meist ihr gegenüber die kalte Schulter und keine offene Abneigung. Vielleicht waren sie aber auch einfach kontrollierter als Stephen, der sein Gefühlsleben auf der Zunge trug und viel impulsiver war. Neyla vermutete, dass die Jungs Steve im Stillen und wenn sie alleine waren recht gaben und Neyla genauso verachteten wie Stephen es tat. Hoffen tat sie allerdings, dass die anderen Mitglieder vernünftiger waren.

Neyla strich sich verstohlen über die Augen um die Tränen loszuwerden, die ihre Iris wässrig glänzen ließen.Dann wandte sie sich wieder vom Fenster ab und nahm ihren Platz auf dem Sessel ein.

„Ich hab keine Pisslaune, ich muss nur mal unserem Prinzesschen erklären, wo der Hase bei uns langläuft“, gab Steve bissig an Mike zurück, der nur die Augen verdrehte und sich seinen Teil dachte.

Neyla verzog über den Spottnamen ‚Prinzesschen’ missmutig das Gesicht. Sie hasste es, wenn Steve sie so nannte und ihr damit Überheblichkeit unterstellte. Deswegen konnte sie es sich auch nicht verbeißen, ertwas zu sagen.

„Für dich heiße ich immernoch Neyla und nicht Prinzesschen“, äffte sie seinen ruppigen Ton nach und verschränkte die Arme.

Sie wusste, dass es eine Dummheit war, Stephen noch zu reizen, wenn er ohnehin schon heißlief und der Blick, den er ihr zuwarf, bestätigte dies eindeutig. Wie so oft schmiss er nun seine Baseballcap auf den Tisch, kam um diesen herum während er sie Zigarette ablegte, stützte seine Hände auf die Armlehnen von Neylas Sessel, sodass sein Gesicht vielleicht eine Handbreit von Neylas entfernt war. Neyla roch den kalten Zigarettenqualm, den Stephen ständig an sich hängen hatte, vermischt mit seinem Aftershave, das ohne den Qualm eigentlich gut riechen würde.

„So, und mal ganz langsam: Von dir lass ich mich ganz sicher nicht verarschen. Du hast für heute mal wieder den Bogen kräftig überspannt, also sieh bloß zu, dass du Land gewinnst. Ruf wegen meiner deinen Star an, dass er dich in seinem Proll-Ferrari abholen kommt oder geh zu Fuß, aber mach dich bloß weg, sonst vergess ich mich“, zischte er Neyla bedrohlich an.

Sie hatte keinerlei Zweifel, dass Stephen imstande wäre, sich zu vergessen und stand schnell auf als er die Lehnen wieder freimachte. In weniger als zwei Minuten hatte sie das Studio verlassen, wieder einmal von Meister Richards persönlich vor die Tür gesetzt.

Steve hatte ihr wütend nachgestarrt und seine Zigarette schnell bis zum Filter geraucht, sodass er fast husten musste und warf den Stummel aus dem Fenster.

„Verdammte Schnepfe“

Er ließ sich zurück auf die Couch fallen und legte den Kopf in den Nacken. Neyla kostete ihn sein gesamtes Nervenkostüm.

„Manchmal frag ich mich echt, ob wir alle besoffen waren als wir diese Idee mit der weiblichen Stimme hatten“, murrte er und konnte sich tatsächlich noch immer für den Entschluss ohrfeigen, bisher gab es nichts als Scherereien. „Oder ob wir besoffen waren als wir das kleine Biest genommen haben..“

Need You

Die anderen sagten nichts, sie wussten auch nicht, was sie hätten sagen sollen, Stephens Stimmung war total im Keller, er war zum explodieren bereit und wollte keinen Widerspruch hören. Mike seufzte leise, Phil und Jarrod widmeten sich weiterhin ihrem Gespräch zu und ignorierten alles. Was sie wirklich über Neyla dachten, wusste Steve selbst nicht, aber er hoffte natürlich auf volle Zustimmung. Da Steve keine Antwort von seinen Freunden erhielt, schnaufte er und ging zum Fenster.

„Wetten wir, ihr kleiner Angeber holt sie wieder ab, damit sie sich ja nicht den süßen Hintern abfriert?!“, knurrte Steve und beobachtete Neyla, die unten auf dem Mauervorsprung saß und mit ihrem Ring spielte.

„Mhm.“, war nur die gemurmelte Antwort von Mike.

Neyla wartete tatsächlich darauf, dass Torsten sie abholen würde, sie hatte die Situation am Telefon nicht erklärt, sie hatte ihn nur leise gebeten und klang dabei sehr betrübt. Torsten hatte sich sofort seine Gedanken gemacht, er wusste, dass es Neyla schlecht ging, wenn sie zuviel Stress auf ihrer Arbeit hatte.
 

Als Torsten aufgelegt hatte, kam Jürgen gleich zu ihm, legte seine Hand auf die starke Schulter und lächelte ihn an. Sie waren nun schon seit einigen Monaten in den USA zum trainieren, Torsten und einige andere wohnten noch hier, erst zur WM war ein Umzug nach Deutschland geplant, er hatte nämlich für die folgende Zeit ein gutes Angebot von Werder Bremen bekommen, welches er sich nicht nehmen lassen würde. Neyla wusste bereits bescheid und hatte zugestimmt.

„War das deine Freundin bzw. Verlobte?“, fragte Jürgen mit einem Zwinkern.

Torsten nickte: „Ja, wäre es in Ordnung, wenn ich eine halbe Stunde eher gehe? Ich soll sie von der Arbeit abholen, immerhin ist es eiskalt und glatt draußen und Neyla geht es nicht sehr gut.“

„Stress?“

„Ach…“, seufzte er nur, „…weißt du, Klinsi, ihr Beruf, den sie gewählt hat, scheint doch nicht so ganz der Richtige für sie zu sein, ich weiß es nicht. Die Jungs behandeln sie ziemlich schlecht, Neyla ist vollkommen runter, ich hab sie in letzter Zeit nur selten ehrlich lächeln gesehen.“

„Kannst nicht mal du sie aufmuntern?“, bemerkte Jürgen verwundert.

„Doch, einigermaßen, aber natürlich ist es nicht leicht für sie, die Probleme zu verdrängen, die sie täglich erwarten. Dabei ist sie eine wirklich gute Sängerin und hat in Sachen Musik viel auf de Kasten.“, antwortete Torsten mit einem Seufzer, dann packte er sein Handy zurück in seine Jackentasche.

Unsicher strich er sich über sein Tattoo am rechten Unterarm und verkleinerte etwas die Augen. Seine Wut auf die Band war ziemlich groß, er wollte den Typen endlich mal zeigen, wo der Haken hing. Niemand ging so mit seiner Verlobten um. Aber was konnte er schon ausrichten? Stephen nahm Torsten gar nicht ernst.

„Mir soll’s recht sein. Du hast heute super trainiert, widme dich heute deinem Privatleben. Morgen seid ihr dann um 10 Uhr hier, ich hab vorher noch einen Arzttermin mit meiner Frau.“, grinste Jürgen, dann aber zwinkerte er und klopfte Torsten auf die Schulter. „Ihr packt das schon, irgendwann ist jede schlimme Zeit vorbei.“

Torsten nickte, bedankte sich knapp und ging schließlich duschen und sich umziehen. Immer wieder waren seine Gedanken bei Neyla, er wusste, wie es ihr jetzt gehen würde, er wusste, was sie erzählen würde, aber er wusste noch immer nicht, was er gegen die Kerle machen konnte.

„Verdammten Wichser.“, murmelte er wütend.

Wenn diese Idioten sich wenigstens etwas im Griff hätten, dann würde die ganze Sache anders aussehen. Aber nein, sie mussten ihren Frust wieder an unschuldigen Leuten auslassen. Mit einem Kopfschütteln schulterte er seine Trainingstasche und ging über den Rasen, um wenigstens den Jungs noch Tschüss zu sagen. Das Stadion, in dem sie trainierten, war überdacht in dieser Jahreszeit und angenehm warm. Er winkte zum Platz, sowohl Jürgen, als auch Joachim und die anderen Jungs gaben einen Gruß zurück, er verließ das Stadion. Draußen schlug ihm sofort die Kälte entgegen und einige Schneeflocken fielen in sein Haar, mit einem seltsamen Geräusch schloss er seine Autotür auf und warf alles hinein, was lose an ihm hing.

Die Fahrt zu den Studios dauerte nicht sonderlich lang, mittlerweile fror Neyla ziemlich und war glücklich, als sie den Ferrari von Torsten vorfahren sah. Steve knurrte am Fenster nur und verließ den Ort wieder, Neyla eilte auf den Beifahrersitz, schloss schnell die Tür und schnallte sich an. Torsten sah zu ihr, seine Hand strich über ihre kalte Wange und er drehte ihren Kopf zu sich.

„Na Süße?“, flüsterte er zärtlich.

In seiner Gegenwart fühlte sie sich so furchtbar wohl, sie konnte dieses Gefühl kaum beschreiben. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, sie näherte sich seinem und gab ihm einen liebevollen Kuss, der einige Zeit anhielt, bis hinter ihnen eine Hupe erklang. Torsten stand natürlich genau auf dem Busparkplatz.

„Oops.“

Er grinste und fuhr sofort weiter, Neyla lächelte matt.

„Hallo mein Bär.“, flüsterte sie dann zurück und er sah eines ihrer seltenen, ehrlichen Lächeln auf ihren Lippen.

The Reason

Torsten beschloß, nicht jetzt anzufangen, über den Vorfall zu reden, sondern zu warten, bis sie daheim waren. Er zog die Geschwindigkeit seines Wagens etwas höher und fuhr auf den Highway. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Highways war ein Jammer für ihn, oder vielmehr für den Wagen. Auf einer Autobahn in Deutschland könnte er sein Kätzchen mal endlich richtig schnurren lassen. Das plante er auf jeden Fall, sobald er wieder bei Werder war und freute sich schon darauf.

Neyla spielte neben ihm an den Knöpfen der Stereoanlange und suchte einen neuen Sender, da der bisherige beschlossen hatte, jetzt seine Country-Stunde abzuhalten. Außer dem Radio war es still, leise hörte man noch den Motor und das kaum hörbare Gebläse der Klimaanlage, die versuchte, mehr Wärme ins Auto zu bringen.

Aus den Augenwinkeln sah Torsten, dass Neyla aus dem Fenster blickte und eine düstere Miene aufgesetzt hatte, die ihm verriet, dass es wohl wieder einigen Zoff bandintern gegeben hatte. Manchmal war es ihm unverständlich, warum Neyla in dieser Band nicht schon lange das Handtuch geworfen hatte und sich eine neue suchte, aber sie war dagegen. Sie mochte die Musik, die sie mit Taproot machte und das hielt sie an dieser Band fest. Dass sie gut waren, wollte er gar nicht bestreiten, sie waren sogar sehr gut, mit und ohne Neyla, aber das menschliche an ihnen war zum Kotzen.

Torsten verließ den Highway an der entsprechenden Ausfahrt wieder und war nach einigen Minuten an seinem Haus angekommen und parkte seinen Wagen vorsichtig in die vollgestellte Garage. Die beiden stiegen aus, Torsten dürckte den Knopf der Zentralverriegelung und nahm Neyla an die Hand, die um das Auto herumgekommen war und ging mit ihr in das große Haus, das fast an eine Villa grenzte und von den Jungs in Neylas Band mit genausogroßem Abscheu betrachtet wurde wie der Ferrari. Frings vermutete dahinter schlichtweg Neid, da sich die Band derlei nicht leisten konnte. Sie verdienten zwar nicht schlecht, aber es reichte auch nicht für den großen Wurf.

Als sie drinnen angekommen war, legte er seine Tasche mit Trainingsklamotten ans Treppenende und führte Neyla in das Wohnzimmer, ihren Lieblingsort im Haus, abgesehen vom Schlafzimmer und der Badewanne. Mit einem Seufzer ließ er sich auf die weiche Couch fallen und zog Neyla mit sich, direkt in seine Arme, wo sie sich einkuschelte, froh, jemanden zu haben, der sie gern bei sich hatte und sie umsorgte.

„So, und jetzt erzähl mal, was los ist. Du siehst schon wieder so zerknirscht aus“, stellte Torsten fest und strich durch Neylas Haare.

„Ach, es ist wie immer Steves Unbeherrschtheit“, seufzte diese unglücklich und sah zu dem Mann auf, den sie so bedingungslos liebte. „Ich wollte doch nur eine Idee beitragen und er ist wieder komplett ausgetickt, er war wieder total ungerecht.“

Torsten schüttelte nur den Kopf. „Warum lässt du dir das denn gefallen, Ney? Du hast es doch nicht nötig, dich von dem Neidhammel runterputzen zu lassen.“

Er war gar nicht gut auf Stephen zu sprechen, so schlecht, wie dieser seine Verlobte behandelte. Aber auch den Rest der Band konnte er nicht ausstehen, schließlich taten die auch nichts, um ihr zu helfen.

„Immer hacken sie auf mir und dir herum..“, jammerte Neyla bedrückt und vergrub ihren Kopf tiefer in Torstens Körper.

„Das ist doch purer Neid, Neyla. Du solltest endlich was tun, du bist völlig fertig, seit du in der Band bist. Man kann doch nicht erwarten, dass du dich gegen vier solcher Flachpfeifen durchsetzen kannst.“

Neyla gab Torsten im Stillen recht, sie vermutete auch Neid dahinter, aber nicht nur, es musste doch auch noch etwas anderes geben, dass die Jungs zu so viel Abneigung trieb.

„Aber ich mag doch trozdem, was ich mache..“, seufzte Neyla und Torsten wusste, dass sie wieder in der alten Sackgasse angekommen waren.

„Ach, Süße. Taproot ist doch nicht die einzige Band auf dem Planeten, die gute Musik macht und dich nehmen würde. Du hast genug Talent, um dich in Bands zu bewähren, die auch menschlich angenehm sind. Willst du dich ewig von ihnen heruntermachen lassen? Ich möchte doch gar nicht, dass du überhaupt nicht arbeitest, weil ich weiß, dass es dir Spaß macht, aber so ist das doch kein Spaß, sondern nur Stress. Das wäre doch als würde ich in einer Mannschaft spielen, die ich zwar als solches mag, aber ich von meinen Kameraden nur fertig gemacht werden würde...da kann man doch gar nicht richtig zeigen, was man draufhat.“

Your Love

Neyla seufzte, natürlich hatte er Recht, er würde den Verein dann auch wechseln, wenn man nur heruntergemacht wurde, dann konnte man nicht richtig arbeiten und auch nicht alles aus sich herausholen. Aber irgendwie war es bei ihr anders. Sie wollte diese Band nicht aufgeben.

„Aber schau doch, wenn ich die Band deswegen verlassen, weil sie mich fertig machen, sehen sie sich doch nur bestätigt in ihren Worten. Aber wenn ich versuche, Stärke zu zeigen und mich nicht von ihnen unterkriegen lasse, dann werden sie merken, dass sie so was nicht mit mir machen können.“

Torsten nickte: „Natürlich hast du damit Recht, aber – ohne dich irgendwie zu verletzen – du bist nicht stark genug, um dich gegen sie zu wehren.“

Neyla schluckte und strich sanft über seinen Bauch, zärtlich und langsam, wie es Torsten nach einem stressigen Trainingstag beruhigte. Torsten hatte ein Lächeln auf den Lippen, seine Hand fuhr weiter sanft durch ihre Haare und er betrachtete sie eingehend. Neyla hatte auf seine Worte hin bisher nichts mehr gesagt, aber er spürte, dass sie es einsah. Es dauerte einige Sekunden, bis Neyla sich von seinem Körper erhob, ihm direkt in die Augen sah und einen Blick aufgesetzt hatte, den Torsten so noch nicht kannte.

„Hm?“, er strich liebevoll über ihre Wange.

„Wie soll ich ihnen denn dann meine Stärke beweisen, wenn ich seelisch nicht mehr Fit genug dafür bin?“

Torsten dachte einige Zeit nach und kratzte sich nachdenklich am Kinn, dann nahm er mit seinen Händen die von Neyla und zog sie wieder näher an sich heran. Neylas Nasenspitze berührte die ihres Verlobten und sie sah ihm offen und ehrlich in die Augen. Mit Erwartung, welche Antwort er auf ihre Frage hatte.

„Ney…es ist schwer, dass so zu sagen. So spontan, denn ich weiß nicht, welche Schwächen sie von dir kennen und nutzen. Wenn wir das wüssten, dann könnte ich dir helfen, deine Schwächen mehr aufzubauen, damit die Jungs sehen, dass du nicht mit dir spielen lässt.“

„Es ist so kompliziert.“, seufzte sie. „Nur weil du mehr als sie verdienst, machen sie uns runter. Das ist einfach nicht Fair, Schatz!“

„Was ist heutzutage schon noch fair?“

Neyla nickte und Torsten gab ihr einen Kuss, dann zog er sie wieder in seine Arme und lächelte müde. Neyla hatte die Augen geschlossen und ihren Kopf sanft auf seine Brust gelegt, hier, bei ihm, konnte sie so gut entspannen, das tat einfach gut und beruhigte sie. Für einige Momente vergaß sie all die Vorfälle der letzten Tage und lächelte selig. Torsten sah zu ihr hinab und freute sich darüber, dann stupste er sie sanft an und Neyla sah fragend auf.

„Wir wäre es, wenn du uns etwas zum Mittag kochst, in der Zeit räum ich meine Trainingstasche aus, die verschwitzten Klamotten in die Wäsche und mach den Kamin an. Mit einer großen Wolldecke, heißem Essen und einem Tee machen wir es uns dann hier auf der Couch gemütlich und reden über Dinge, die uns glücklich machen. Na?“

„Wie früher?“

„Wie früher.“

Neyla lächelte ihn glücklich an, gab ihm einen zärtlichen Kuss, von dem sich beide nur schwer trennen konnten, dann stand Neyla auf und ging in die Küche, die groß und geräumig war. Alles war an seinem Platz und man konnte sich gut hier drin aufhalten. Torsten nahm seine Trainingstasche und ging in den Keller, um seine Wäsche in die Waschmaschine zu schmeißen und die Schuhe zum Lüften daneben. Die Tasche hing er an einer kleinen Garderobe dort unten auf, die extra für seine Trainingssachen war, dann ging er die Treppen wieder hoch und schielte zu Neyla in die Küche. Er beobachtete sie erst schweigend und erkannte, dass es ihr etwas besser ging, sie sah nicht glücklich aus, aber erleichtert und tat das, was er ihr gesagt hatte, sie ließ sich nicht ablenken.

„Süße? Ist oben im Bad noch Wäsche? Dann schmeiß ich das Ding unten an.“

Neyla sah zu ihm, sie war glücklich darüber, dass er so gut im Haushalt mithalf, in diesem riesigen Haus verlor man leider leicht den Überblick über solche Dinge, vor allem bei dem Stress, den beide kannten und hassten.

„Ich glaube schon, ja.“, lächelte sie sanft.

Torsten nickte und verschwand die Treppe hinauf. Neyla seufzte ruhig und machte sich weiter an das Essen ran, sie kochte Torstens Leibgericht, das munterte ihn auf und eigentlich liebte sie es auch so sehr, dass sie glücklich wurde beim Essen. Sie hatten nun mal ihre seltsamen Angewohnheiten, die sie so eng zusammen schweißten wie sie nun waren. Torsten kam schon wieder runter, verschwand aber direkt im Keller, er hatte anscheinend die Wäsche gefunden.

„Ich liebe Dich…“, flüsterte sie ihm hinterher, er würde es nicht hören, aber es war ihr wichtig, es manchmal auch einfach so zu sagen.

Viel lieber hatte sie es aber natürlich, wenn sie es sich in die Augen sagten und dabei beide spürten, wie sehr sie aneinander hingen, sich liebten und brauchten. Die Wärme, die beide Herzen umgab, die Lust und die Zärtlichkeit, alles, was sie brauchten und hatten.

You know

Nachdem Torsten die Waschmaschine ans Laufen bekommen hatte, stieg er wieder die Treppe hoch und wurde direkt in die Küche gelockt. Seine Nase verriet ihm eindeutig, dass auf dem Herd sein Lieblingsessen vor sich hinköchelte und ihm lief bereits das Wasser im Mund zusammen.

„Schon allein für deine Kochkünste könnte ich dich heiraten“, grinste er und biss Neyla von hinten liebevoll in den Nacken, die leise kicherte und ihm den Ellbogen in den Bauch knuffte.

„Ich verwöhn dich halt gerne“, grinste sie zurück und küsste ihn kurz, „Aber du kannst schonmal das Feuer in Gang bringen und dann Tee kochen“

Torsten salutierte und verschwand ins Wohnzimmer, wo er dem Kamin im wahrsten Sinne des Wortes Feuer unterm Hintern machte. Als die Flamme so groß war, dass man sie alleine lassen konnte, erhob er sich schwerfällig, klopfte sich die Hände an seiner Hose ab, da sie etwas verrußt waren und schlich zurück in die Küche.

Dort suchte er im Schrank nach der großen Thermoskanne aus Edelstahl, die er mit fünf Teebeuteln behängte und etwas später mit kochendem Wasser übergoß. Dabei summte er leise vor sich hin und brachte die Kanne mit ihren großen Teebechern, auf die ein Foto von ihnen beiden am Verlobungstag aufgedruckt war, ins Wohnzimmer, wo er sie auf den Couchtisch stellte. Die Tassen hatte er extra machen lassen und seitdem tranken sie nur noch aus diesen, die anderen Tassen verstaubten allmählich im Schank. Dann hörte er aus der Küche den Zeitmesser piepsen, der verkündete, dass das Essen fertig war und Torstem setzte sich grinsend auf die Couch. Jetzt knurrte auch sein Magen richtig und er wollte schnell seinen Teller haben.

Neyla schien bereits geahnt zu haben, dass er Hunger hatte und hatte seinen Teller ordentlich vollgepackt. Mit beiden und zwei Gabeln kam sie lächelnd ins Wohnzimmer und musste fast laut loslachen als sie Torsten sah, der gespannt auf der Couch saß. Hätte man sich einen Schwanz und Schlappohren dazugedacht, hätte Torsten einen perfekten Hund abgegeben, der schwanzwedelnd auf sein Fresschen wartete.

Leise kichernd bei der Vorstellung setzte sie sich zu ihrem Verlobten, der sie gerade noch die Teller abstellen ließ, bevor er sie mit sich in die Decke einschlang und sie für einen Moment nur noch Schwarz sah.

„Ey“, lachte sie und zog ihren Kopf wieder hervor.

Torsten grinste sie an, sodass Neyla ihn in den Bauch piekste, womit sie aber nicht weit kam, da er so gut trainiert war, dass sein Bauch hart wie Stahl war, selbst im entspannten Zustand.

„Du hast noch nicht gelernt, dass es nichts bringt, was?“, grinste er weiter und schnappte sich seinen Teller, an dem er erstmal genüsslich schnupperte und vom einen bis zum anderen Ohr lächelte. „Hach, ein Gedicht..“

„Ich werde es nie lernen, weil ich es viel zu gerne tue“, sagte Neyla, streckte ihm die Zunge heraus und nahm sich ihrerseits ihren Teller, weil auch sie Hunger hatte. „Aber jetzt erzähl du doch mal vom Training, scheint ja ziemlich anstrengend gewesen zu sein.“

„Oh ja“, mampfte Torsten durch einen Mund voll Spaghetti mit Käse-Kräutersoße, „Jürgen und Jogi nehmen uns verdammt hart ran. Aber es lohnt sich echt, wir werden immer fitter und können jetzt auch laufen und nicht nur draufballern.“

Seinen Spaß an der Nationalmannschaft sah Neyla mit Freude, Fußball war seine Leidenschaft und er war stolz wie Oskar, für diese Mannschaft spielen zu dürfen. Deswegen hängte er sich auch voll rein und verteidigte seinen Stammplatz mit Zähnen und Klauen. Selbst wenn er abends manchmal so platt war, dass er kaum noch den Weg zum Schlafzimmer schaffte und am nächsten Morgen nur noch aus Muskelkater bestand. Neyla hatte ihr Kochverhalten auf die Ernährungspläne von den DFB-Beratern umstellen müssen, aber das war kein Problem gewesen, auch wenn Torsten sich manches Mal danach sehnte, eine Tüte Chips ohen schlechtes Gewissen essen zu können.

Neyla goss ihnen Tee ein und nahm gleich einen Schluck. „Solange es sich lohnt, ist es ja gut. Ihr werdet Erfolg haben bei der WM, ganz sicher. Verdient habt ihr es allemal, so hart wie ihr trainiert.“

Dawn and Morning

Torsten lächelte ruhig und nickte kurz: „Ja, das hoffe ich doch. Die WM in Deutschland ist eine verdammt große Herausforderung mit uns. Wir sind nun mal die deutsche Nationalmannschaft und was würde es schöneres geben als den Pokal in Deutschland zu gewinnen? Wahrscheinlich nichts für uns Fußballer. Es ist ein verdammter Traum von uns und den werden wir uns von keinem nehmen lassen.“

Neyla musste bei seinen Worten etwas grinsen und verschlang nun auch ihre Nudeln, dass Torsten sich wohl fühlte bei seinem Beruf war ihr sehr wichtig, wenn sie beide so einen Stress hätten, würden sie es wohl kaum zusammen aushalten. Zumindest nicht so lange. Mit einem ruhigen Seufzer lehnte sie sich noch etwas gegen seine Schulter und aß ihren Teller leer, selbst Torsten leerte seinen bis zum letzten Soßenklecks, dann verschwanden die Teller auf dem Wohnzimmertisch und die beiden legten sich eingekuschelt auf die breite und weiche Couch. Neyla lag eng an seiner Brust und spürte Torstens Hände, die sie sanft im Nacken und am Rücken streichelten, ihre liefen ruhig über seine Brust auf und ab.

„Ich liebe Dich.“, flüsterte Neyla zu ihm.

Torsten musste einfach lächeln: „Ich dich noch viel mehr.“

Neyla schloss entspannt die Augen, dafür, dass sie wie früher wieder reden wollten, waren beide von ihrem Arbeitstag zu sehr geschafft. Also ließen sie es bleiben und ruhten sich ganz gelassen auf der Couch aus, die Zeit schlich immer mehr dahin, irgendwann, gegen 23 Uhr stupste Torsten seine Verlobte sanft an, die in einem Halbschlaf gelegen hatte. Mit einem Gähnen sah sie zu ihm.

„Hm?“

„Komm, es ist spät, wir sollten schlafen. Wir haben beide einen harten Tag vor uns.“

„Ich hab morgen Frei.“, murmelte Neyla verschlafen.

„Ich aber nicht.“, grinste Torsten, streckte ihr die Zunge raus und kletterte über sie von der Couch hinunter. „Und ich kann den Schlaf bei dem Trainingsprogramm gebrauchen.“

Neyla lächelte und brachte die Teller in die Küche, während Torsten den Kamin sicherte, damit nichts abbrennen konnte. Hand in Hand wanderten sie die Treppen hinauf in das dunkelrote Schlafzimmer, welches voller Romantik steckte, allein von der Einrichtung her. Beide machten sich bettfertig, lagen auch schnell unter der warmen großen Decke die sie sich teilten und sahen einander an.

„Gemeinheit, dass du frei hast. Aber vielleicht willst du ja mitkommen?“

„Zum Training? Soll ich mittrainieren?“, grinste Neyla.

Torsten boxte sie sanft gegen die Schulter. „Ne, das werden Jürgen und Jogi wohl kaum akzeptieren, du würdest das gar nicht durchhalten. Aber du kannst zusehen und mit den Jungs quatschen und außerdem meinte Klinsi vor drei Tagen eh noch zu mir: ‚Wann bringst du denn mal wieder Neyla mit? Mit ihr kann ich mich so gut über meine Hobbys unterhalten!’ Der Mann hat dich als Gesprächspartnerin echt gefressen.“

Neyla lachte und kuschelte sich bei ihrem Geliebten ein.

„Na wenn es ihn glücklich macht.“

Torsten nickte und strich durch ihr Haar.

„Gute Nacht meine Kleine.“

„Schlaf gut, Liebling.“

Sie schalteten das Licht aus, schlossen die Augen und genossen die Ruhe und den Frieden zwischen ihnen, es war verdammt still, die Nacht brachte keine Geräusche mit sich und niemand störte sie mit einem Anruf oder sonstigen. Torsten freute sich bereits darauf, Neyla wieder zum Training mitzunehmen, während die sofort eingeschlafen war. Eine Weile lag er noch wach, grübelte über die Zukunft, über die kommende Hochzeit, die sein Herz schneller schlagen ließ, dann überfiel auch ihn die Müdigkeit, die sich den ganzen tag angesammelt hatte und er schlief ein.

Am nächsten Morgen klingelte sein Wecker gegen halb Neun, Zeit zum Aufstehen, in anderthalb Stunden war Trainingsbeginn. Neyla öffnete etwas erschöpft die Augen, Torsten fühlte sich durch den schrillen Ton des Gerätes gleich hellwach und sah die Decke einige Sekunden lang nur schweigend und verpeilt an.

„Man, da ist man schon mal später dran und man ist immer noch todmüde, als wenn es sechs Uhr Morgens wäre.“, murmelte er.

Neyla nickte nur, gähnte kurz und schlüpfte aus der warmen Decke hinaus, sofort fror sie etwas und rieb sich über die Arme, Torsten kam zu ihr herum und nahm sie wärmend in den Arm.

„Noch so müde oder einfach nur so kalt?“

Neyla legte den Kopf etwas schief: „Keine Ahnung, aber du bist warm.“

„Ja, menschliche Heizung, wie ihr alle immer behauptet.“

„Lernt ihr beim Training auch, wie ihr eure Lebensgefährtinnen wärmt und all so was? Dann weiß ich ja warum ihr so lange unterwegs seid!“, sie grinste.

Torsten kitzelte sie etwas, dann gab er ihr einen zärtlichen Kuss und öffnete nebenbei den Kleiderschrank, um seine Klamotten rauszusuchen. Während er sich seine Jeans und einen Pullover zog, fröstelte Neyla noch etwas und besah sich ihre Klamotten. Letzten Endes entschied auch sie sich für eine einfache Jeans und einen Pullover, den Torsten ihr einmal geschenkt hatte und der ihr besonders gut gefiel. Beide machten sich in Ruhe fertig, als sie dann am Frühstückstisch saßen, war es bereits Viertel nach Neun.

„Ich hab keine Lust auf dieses Training heute, der Tag….Schnee, Schnee, Schnee. Man sieht nichts anderes mehr, wer hat da schon Bock auf Bewegung?“

Neyla lächelte, es schneite heftig draußen, kalte Winde zogen durch die Stadt und der Regen blieb liegen, Zentimeter hoch.

„Ich find es draußen wunderschön.“

Torsten nahm ihre Hand und drückte diese sanft: „Du bist wunderschön, schöner als der Schnee.“

Mit einem sanften Lächeln sah Neyla in seine Augen, es schmeichelte sie sehr.

Nice to see you

Torsten lächelte ebenso zurück und widmete sich wieder seinem Kaffee. Mit Kaffee war es fast eine Hassliebe. Eigentlich mochte er ihn nicht besonders, aber ohne kam er morgens nicht auf Touren, also hatte er sich an ihn gewöhnt. Neyla hingegen rührte in einem heißen Kakao mit einem ordentlichen Turm Milchschaum, den Torstens Luxuskaffeeautomat in Null Komma Nichts perfekt zauberte. Nebenbei kauten sie an ein paar Scheiben Toast, Torsten vermisste seine Brötchen oder Vollkornbrot zum Frühstück, aber in Amerika war die Auswahl an Brotsorten zum Heulen, zumindest für einen mit Reichhalt verwöhnten Deutschen.

Gleich würde er auf dem Platz herumtoben, zwar mit langärmligem Shirt, aber spätestens nach Trainingsende würde er ein Eisklotz sein, der dringend ein Bad brauchte. Er seufzte beim Gedanken an die warme Wanne sehnsüchtig und blätterte die Seite der Zeitung um, die er halb auf dem Schoß liegen hatte.

Neyla beobachtete weiter den Schnee draußen, Torsten quittierte dies mit einem Lächeln. Den Schnee alleine fand er auch sehr schön, zumindest hingen jetzt keine kitschigen, beleuchteten Weihnachtsmänner herum. Die Dekorations- und Kitschwut der Amerikaner zur Weihnachtszeit fand er fürchterlich, es war einfach nur bunt, grell, kitschig und machte meist Lärm. Mit Zeit der Besinnung hatte Weihnachten hier wenig zu tun. Vorher hatte er gedacht, schon in Deutschland wäre es schlimm, aber Amerika schlug alles.

„Du musst aber gleich vorsichtig fahren..“, mahnte Neyla streng, sie wusste um Torstens Vorliebe für schnelle Geschwindigkeiten, vor allem im Ferrari.

„Ja, ich weiß“, antwortete er gehorsam.

„Sonst endest du irgendwann in der Leitplanke“, prophezeite Neyla ihm düster.

„Ja, Nostradamus“, grinste Torsten und Neyla streckte ihm die Zunge heraus. „Ey, sei brav. Oder ich nehm dich heut abend nicht mit ihn die Wanne.“

„Oh, na dann bin ich wohl besser ein liebes Mädchen“, kicherte Neyla und rührte wieder in ihrem Kakao.

„In der Tat, Baby.“

Sie führten ihr Früstück in aller Ruhe zuende, dann verschwand Torsten kurz, um seine Tasche zu holen und Neyla zog ihre Jacke an. Mit schnellen Schritten verließen sie das Haus und gingen zur Garage. Frings warf die Tasche in den Kofferraum, Neyla hatte sich bereits auf den Beifahrersitz gerettet.

Eine Minute später setzte rückwärts die nicht geräumte Einfahrt hinaus und war etwas später schon fast wieder auf dem Highway. Neyla drehte bereits wieder am Radio herum und summte vor sich hin. Nach ein paar Kilometern hatte sie einen Sender gefunden, der ihr gefiel und lehnte sich in ihren beheizbaren Sitz zurück, während sie draußen das Fallen des Schnees im Auge hielt und sich sichtbar an dem Anblick draußen erfreute. Hin und wieder fuhr sie gerne mit Torsten zum Training. Die Spiele waren zwar interessanter und spannender, aber die Schadenfreude in ihr sah den Jungs gerne beim Abrackern zu.

Wenig später parkte ihr Verlobter seinen Wagen zwischen den ganzen anderen Luxusschlitten der Mitspieler und sie stiegen aus, darauf bedacht, schnell wieder ins Warme zu kommen.

„Brrr“, schüttelte Torsten sich als sie im Stadion angekommen waren und strich sich durch die Haare, um die Schneeflocken loszuwerden.

„Ja, es ist wirklich kalt“, sagte Neyla und lächelte ihn an. „Ich such mit jetzt mal einen Platz.“

„Tu das“, stimmte er zu, küsste sie kurz und verschwand dann in den Kabinen, um sich umzuziehen.

Neyla ging die Gänge entlang, zu den Ausgängen zum Stadion und betrat den Rasen. Einige Spieler wärmten sich bereits auf, wer Neyla sah, winkte ihr kurz. Sie winkte zurück und ging zur Trainerbank, in der in dicke Jacken gepackt Jürgen und Joachim saßen.

„Neyla, sehr schön, dich mal wieder zu sehen“, freute Jürgen sich, stand auf und schüttelte ihr die Hand.

„Ja, freut mich auch“, lächelte sie zurück und nahm neben ihm Platz.

Sie beobachtete die Spieler, deren Atmen wie ihr eigener in einer weißen Wolke über ihr aufstiegen, dann sah sie wieder zu Jürgen, der seine Uhr kontrollierte.

„Bei dem Wetter muss man sich doppelt aufwärmen“, seufzte er.

Training..

Neyla lächelte gemütlich. „Kann ich mir gut vorstellen.“

Jürgen grinste nur und klatschte ein wenig in die Hände, da sich David, Bernd und Lukas noch immer auf der Treppe zu den Umkleiden aufhielten und nicht hinaus auf den Rasen kamen.

„Ihr meint wohl, ich seh euch nicht, was? Marsch, Jungs, ihr seid nicht zum Faulenzen hier und vor allem kommt ihr mit Faulenzen nicht mal über Costa Rica hinweg!“, rief Jürgen zu den Drei und schüttelte etwas den Kopf. „Bei dem Wetter sind die Jungs sowieso extrem unmotiviert.“

„Oh ja, und das nicht nur auf dem Rasen.“, grinste Neyla nun zu Jürgen.

Jürgen betrachtete sie eine Weile mit einem ruhigen Blick. Das, was Torsten ihm gestern erzählt hatte, hatte der Trainer nicht vergessen, aber es schien so, als wenn es Neyla besser ging. Er wusste schon immer, dass Torsten ein guter Seelsorger war, selbst in der Band konnte er das verdammt gut. Joachim seufzte kurz, dann fuhr er sich durch sein dunkles Haar.

„Ich geh mal in der Kabine schauen, was der Rest macht. Die sind verdammt langsam heute.“, knurrte er.

Jürgen nickte, erhob sich von seinem Platz und ging an den Spielfeldrand. Von hier aus hatte er einen besseren Blick auf das, was die Jungs auf dem Rasen veranstalteten und schon viel schneller fielen ihm wieder mehr Sachen und Bemerkungen ein. Neyla lächelte von ihrem Platz aus und sah Miroslav, Jens und Bastian dabei zu, wie sie ihre Runden zum Aufwärmen über den Platz treten. Zwei Minuten später tauchte Joachim wieder auf und schleppte den gesamten Rest mit sich, auch Torsten war bereits fertig, winkte kurz zu ihr und begann dann auch zu laufen. Zufrieden setzte Jürgen sich wieder und auch Joachim ließ sich auf seinem Stuhl nieder. Kurz rieben sich beide Männer die Hände, dann sah Jürgen wieder zu Neyla.

„Rate mal, was ich das letzte Wochenende gemacht habe.“, lächelte er, aber das war kein normales Lächeln, er schien fast zu grinsen und Neyla zog eine Augenbraue hoch.

„Hm, in deinem Leben gibt es zu viele Möglichkeiten.“

„Ich war mit meiner Familie Minigolf spielen, man glaubt es kaum, aber ich habe bei diesem Wetter eine Halle gefunden, die noch auf hat und ihr Programm weiterhin anbietet, ansonsten haben alle Minigolfanlagen keine Überdachungen mehr heutzutage.“

Jürgen schien sich verdammt daran zu erfreuen und Neyla grinste.

„Und? Wer hat gewonnen?“

Jürgen streckt sie ihr etwas die Zunge raus, Neyla grinste nur, nun wusste sie wenigstens schon mal, wer verloren hatte.

„Deine Frau?“

„Aber wie, die hat uns abgezogen, Naturtalent, ich weiß es nicht.“

Joachim räusperte sich kurz: „Ich will euer Gespräch nur ungern unterbrechen, aber die meisten von denen laufen seit 10 Minuten ihre Runden, reicht das nicht für heute?“

Jürgen nickte, erhob sich wieder und ordnete seine Mannschaft zu sich, die nun einigermaßen aufgewärmt war. Er teilte ihnen die Dehnübungen mit, die Jungs gehorchten auch sofort und dehnten sich, Jürgen grinste stolz.

„Wie die Hunde.“

Joachim lachte nur und Neyla grinste, sie hatte ja schon bei Torsten bemerkt, dass er manchmal einem Hund ähneln konnte. Mit Freude beobachtete sie das Training und es schien heute schneller umzugehen, als man erwartete.

Ungefähr nach vier Stunden war Jürgen bereits soweit, dass er die Jungs in Mannschaften einteilte, zwei Stück, die gegeneinander spielen würden. So hatten auch die Torwarte die Chance, wieder einmal richtig zu zeigen, was sie konnten.

„Joachim spielt Schiedsrichter für euch, wir machen eine dreiviertel Stunde das Spiel, dann könnt ihr Heim gehen. Außer, ihr baut Nachspielzeit ein, aber so wie ich euch kenne.“

Die Jungs grinsten geheimnisvoll, Jürgen verteilte die gelben Hemdchen, damit die Mannschaften zu unterscheiden waren und setzte sich wieder neben Neyla. Sie unterhielten sich eingehend über ihre Freizeit und sahen nebenbei dem Spiel zu, welches Joachim selten abpfiff, da er sowieso kaum Ahnung von einem Schiedsrichter hatte, und im Moment auch auf andere Dinge bei der Mannschaft achten musste.

„In zwei Monaten geht es mit der WM los. Ende dieses Monats steht der Umzug an. Dann sind es nur noch sechs Wochen. Seid ihr auch schon am packen?“, fragte Jürgen dann plötzlich.

Der Umzug. Neyla hatte ihn irgendwie fast verdrängt, sie freute sich natürlich, von der Band wegzukommen, aber sie wusste immer noch nicht, wie es in Deutschland weitergehen würde. Torsten hatte es in dem Fall so einfach, er wusste, wie er sein Leben weiter leben würde, er hatte als Fußballspieler nicht das Problem mit dem Beruf. Neyla seufzte leise.

„Nein, noch nicht. Erst nächste Woche wollen wir anfangen, diese Woche war bisher nur mit Stress verbunden, da wollten wir uns das ersparen. Aber natürlich werden schon die kleinsten Dinge beiseite gestellt, damit man sie nicht mehr suchen muss. Ein Haus haben wir uns ebenso schon gekauft und der Transport der ganzen Dinge ist auch geregelt. Wenn alles glatt läuft, können wir ungefähr nach einem Monat unser fertiges Haus betrachten, mit allen Dingen, die wir brauchen und auf ein neues Leben anstoßen. Und dann können wir auch endlich heiraten.“

„Ach ja, eure Hochzeit. Ich hoffe, ihr ladet mich und meine Familie ein.“, grinste Jürgen.

„Wie könnten wir euch als Gäste auslassen?“

Beide lächelten, nach 45 Minuten brach Joachim ab und die Jungs verschwanden durchschwitzt und etwas kaputt in der Umkleide. Joachim und Jürgen erhoben sich ebenso und gingen gemeinsam mit Neyla zum Ausgang des Stadions.

Hot Water

Draußen pfiff ein ungemütlicher Wind und Neyla vergrub die Hände tiefer in den Taschen ihrer Jacke und wärmte sich innerlich, indem sie an das bevorstehende Bad mit Torsten dachte, dabei musste sie lächeln, sodass Jürgen eine Augenbraue hochzog, aber nichts sagte. Es dauerte etwas, da kamen die ersten Spieler wieder aus den Kabinen, verabschiedeten sich und verschwanden schnell in ihren Autos um dem Schnee zu entkommen. Neyla erwartete gar nicht, dass Torsten gleich kam, er trödelte immer etwas herum und war meist einer der letzten.

So auch heute, zusammen mit Michael kam er als letzter aus den Kabinen und unterhielt sich in aller Gemächlichkeit. Druaßen allerdings wurde er wegen der Kälte etwas schneller. Er verabschiedete sich von Michael, Jürgen und Joachim, packte Neyla bei der Hand und zog sie zum Auto.

„Erst nicht beikommen und dann hetzen. Das hab ich gern“, grinste Neyla als Torsten seine Tasche in den viel zu kleinen Kofferraum des Ferrari warf und sie einstieg.

„Nicht stänkern“, grinste Torsten zurück und startete den Wagen.

Beim Zurücksetzen aus der Parklücke wäre er fast über Michaels Füße gefahren, der ebenfalls zu seinem Auto eilte und Torsten grinsend mit der Faust drohte. Dieser quitterte genauso dumm grinsend mit einer ungehobelten Geste und fuhr vom Stadion direkt auf die Auffahrt zum Highway. Nach einem Räuspern von Neyla drückte er ein wenig auf die Bremse und schaltete die Scheibenwischer ein.

„Sehr schön..“, lächelte Neyla zufrieden und lehnte sich zurück.

„Ja, Mami“, grinste Torsten.

„War’s anstrengend?“, fragte sie und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.

„Gestern war es schlimmer. Die Kälte haut trotzdem gut rein.“

„Dafür gibt’s ja Badewannen mit heißem Wasser und viel Schaum“, stellte Neyla in Aussicht.

„Sei ruhig oder ich fahr doch noch schneller“, grinste Torsten und trat spielerisch aufs Gas.

„Wag dich ja nicht“

„Na gut“

Die restlichen Minuten verbrachte Neyla damit, einen alten Rocksong im Radio mitzuträllern, Torsten hörte ihr zu und konzentrierte sich nebenbei auf die Straße, von der er herunterfuhr und den Weg zum Haus einschlug. Neyla war so in ihren Song vertieft, dass sie gar nicht mitbekam, wie Torsten einparkte und den Motor abstellte. Dann erst merkte sie etwas, da auch das Radio verstummte.

„Ach, wir sind schon da?“, fragte sie verwundert und sah aus dem Fenster gegen die Garagenwand.

„Nein, ich wollte mal in einer fremden Garage parken“, grinste Torsten, zog den Schlüssel ab und steig aus.

Neyla lächelte verlegen und stieg selbst aus, schonmal ins Haus vorausgehend.

„Ich lass Wasser ein“, rief sie und war schon halb die Treppe nach oben.

„Okay“, rief er zurück und wanderte mit seiner Tasche die Treppe nach unten in den Keller.

Neyla ging ins Badezimmer und begann, den Wasserhahn aufzudrehen, der die große Badewanne verwunderlich schnell füllen konnte. Aus einem Schrank wählte sie einen Badeschaum aus, heute war es Orange und Honig, den sie großzügig ins Becken goß. Sofort bildete sich Schaum, der mit jedem Liter Wasser wuchs. Weil sei Lust dazu hatte, ließ Neyla den Rolladen herunter und kramte aus einem anderen Schrank ein paar Kerzen hervor, die sie auf dem Wannenrand verteilte und anzündete. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk, sie hatte einfach Lust auf so eine Stimmung gehabt. Sie suchte zwei große, kuschelige Handtücher aus und hängte sie über die Heizung, damit sie schön warm waren. Die Bademäntel hingen ebenfalls bereit.

Ein paar Minuten später spazierte Torsten erwartungsvoll ins Bad und begutachtete Neylas bisheriges Werk. Lächelnd stemmte er die Hände in die Hüften und sah Neyla an.

„Na, du hast dir ja richtig Mühe gegeben.“

„Natürlich. Soll doch gemütlich sein“, grinste Neyla und drehte das Wasser ab.

Torsten nuschelte etwas, das Neyla nicht verstand, weil er gerade sein Shirt über den Kopf zog. Noch immer könnte sie jedes Mal sehnsuchtsvoll seufzen, wenn er seinen Oberkörper präsentierte und vergaß dabei immer selbst, sich auszuziehen.

„Aufwachen, Schatz“, lachte Torsten und legte seine Hose zu seinem Shirt.

„Äh, ja“, murmelte Neyla überrumpelt und zog sich nun selbst aus, während ihr Verlobter bereits in die Badewanne kletterte und voll zufrieden seufzte als er sich im warmen Wasser zurücklegte.

„Gott, was eine Wohltat“, lächelte er mit geschlossenen Augen und merkte erst gar nicht, wie Neyla ebenfalls in die Wanne stieg und sich mit dem Rücken gegen seine Brust lehnte.

„So lässt es sich aushalten“, seufzte Torsten und schlang seine Arme um Neylas Hüfte.

„Stimmt“



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