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Geniestreich

Koharus Masterplan
von

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Schulsprecher Arisada Shuya wusste nicht womit er das verdient hatte. Die Shitenhoji war sowas wie das Zentrum allen Chaos und er war ihr Schülerratspräsident. Natürlich er war gerne in einer solchen Position und die Arbeit seines älteren Bruders zu übernehmen war ganz in seinem Sinne. Seinem Ministerstab, Arisada befand, dass dies der richtige Name war, gehörten die klügsten Köpfe ihrer Schule an, allen voran Koharu Konjiki, der nachweislich einen IQ von 200 besass und ihr Schatzmeister war. Es war praktisch unmöglich, dass er sich verrechnete. Mit seinem Charisma und Konjikis Verstand waren ihnen keine Grenzen gesetzt. Nur hatte es einen Nachteil Menschen wie Konjiki um sich zu haben, abgesehen von seiner äusseren Erscheinung natürlich. Sie waren für den Normalsterblichen nicht zu verstehen. Manche mochten sagen, dass ihre Entscheidungen eben zu weitreichend waren, als das sie jemand von durchschnittlichem IQ erkennen konnte, Arisada hatte seine ganz eigenen Theorien zu Konjikis Verhalten, wie er zu allem seine Gedanken hatte.

So auch an diesem Tag als er seines Weges ging, unschuldig und mit den Gedanken gewiss nicht fernab seiner schulischen Ziele.

„Schulsprecher Arisada-san, Schulsprecher Arisada-san! So warten Sie doch.“

Er brauchte sich nicht umzudrehen um die Gestalt zu dieser Stimme zu erkennen. Konjiki Koharu hatte eine der markantesten Stimmen überhaupt und sein Tonfall war eindeutig. Oder auch nicht… dies lag wie immer im Auge des Betrachters. Der Höflichkeit halber und weil er nicht unbedingt mit einer Stimme im Rücken sprechen wollte, drehte er sich zu Konjiki um, dessen Lächeln breit wie immer war.

„Was kann ich für dich tun, Schatzmeister Konjiki-san?“, fragte er wesentlich gestelzter als sein Gegenüber, dessen Anblick eigentlich eine Beleidigung für seine Augen war. Ohne Frage er war brillant, sein Intellekt war unerreicht, aber wieso musste er diese lächerliche rosa Federboa zu seiner fast-Glatze tragen, auf die er heute auch noch sowas wie eine Samuraiperücke gelegt hatte? Wenigstens trug er nicht die Mädchenschuluniform. Ein schwacher Trost aber.

„Wenn es euch recht ist, Schulsprecher Arisada-san, dann stelle ich meine bescheidene Frage gleich hier“, antwortete ihm Koharu und deutete eine Verbeugung an.

„Natürlich, fahre fort, Konjiki-san“, sagte Arisada, der sich fragte was der Schatzmeister von ihm wollen konnte.

„Ihr kennt doch unsere Schulprinzessin, Kawada Haruka, nicht wahr?“

Natürlich kannte er sie. Wer kannte die Schulschönheit nicht? Und er war quasi ihr Entdecker und wusste wohl am besten wer sie war. Aber es wäre unhöflich Konjiki zu sagen, dass er das nicht nur wusste sondern es auch äusserst gedankenlos war diese Frage zu stellen. Obwohl… wahrscheinlich beabsichtigte er genau das. Nun zumindest hatte er es aufgegeben auch nur zu versuchen zu verstehen wie ein Genie funktionierte. Und Konjiki war seltsamerweise nicht das einzige Genie in seiner Umgebung. Trotzdem verstand er noch nicht was Konjiki von ihm wollte. Aber er glaubte nicht, dass es zu seinem unmittelbaren Nachteil sein würde.

„Ja, natürlich kenne ich unsere Prinzessin.“

„Wir sind in derselben Klasse, Arisada-san. Seit der ersten Klasse.“ Wieder eine Information, die er schon längst hatte. Trotzdem war er weiter höflich wie es sich gehörte.

„Die Lehrer schätzen sich sicher glücklich zwei solch talentierte Schüler in der Klasse zu haben.“

„Nun ich glaube, dass es ziemlich anstrengend ist zwei Schüler zu haben, die einen korrigieren sobald sie einen Fehler entdecken, aber dem Klassenschnitt ist es zuträglich.“

„Natürlich, Konjiki-san, natürlich. Dennoch welche Frage liegt dir denn auf dem Herzen?“

Ohne zu bemerken waren sie weitergegangen und standen vor dem Raum des Schülerkonzils. Wie automatisch öffnete Arisada die Tür und ging mit Koharu herein. Es war ein Reflex. Eine liebgewonnene Gewohnheit. Er schritt zu seinem Platz einem grauen Sessel. Man mochte denken, dass grau die tristeste Farbe überhaupt war, doch für Arisada spiegelte sie etwas wider, was ihm sein Bruder mal gesagt hatte.

„Wir sind die graue Eminenz und als solche ist es unsere heilige Pflicht diese bunte Schule ein wenig ordentlich zu halten. Den Lehrern und Schülern zuliebe.“ Sein Bruder war wesentlich philosophischer veranlagt, aber er verstand seinen Grundgedanken und respektierte ihn. Ordnung halten und gleichzeitig die Eigenheiten der Schule zu lassen.

„Bitte Konjiki-san, setz dich doch“, bot er ihm an und deutete auf die Polstergruppe, die das Zimmer neben dem langen Tisch mit den Stühlen dominierte. Der Schatzmeister leistete diesem sehr versteckten Befehl folge. Er setzte sich auf die Lehne der Couch, wobei er geräuschvoll mit der Federboa wedelte. Woher er dieses Ungeheuer hatte, wusste Arisada nicht.

„Du kennst doch Shiraishi Kuranosuke?“

„Ja, natürlich. Wir sind im selben Jahrgang und in diesem Jahr wieder in derselben Klasse. Ich bitte dich mit deinem Anliegen jetzt vorzutreten.“

Konjiki lächelte. Es folgte ein weiteres Rascheln der Federboa, die nun direkt vor dem Gesicht des Schülerratspräsidenten zu tänzeln schien. Ziemlich elegant für einen Glatzköpfigen mit Samuraiperücke.

„Ich möchte die Prinzessin als Geschenk für unseren Captain Shiraishi Kuranosuke“, sagte Konjiki nun und sah dem Schülerratspräsidenten direkt in die Augen.

Ein wenig erstaunt über diese dreiste Forderung, blickte Arisada ihn an. Nicht, dass er damit meinte der Schatzmeister hätte den falschen Weg gewählt. Alle Anliegen bezüglich ihrer ehrenwerten Schulprinzessin hatten über ihn zu gehen und über keinen anderen. Mit lästigen Details wurde sie nicht geplagt. Warum auch? Dafür war er als ihr Entdecker und Quasimanager zuständig. Nein, es war eher so, dass er nicht verstand warum er sie Shiraishi schenken wollte und er dazu auch noch Captain sagen musste.

„Ich fürchte, ich kann dir nicht ganz folgen, Konjiki-san“, gab er zu, wusste aber, dass niemand dem Genie von Osaka folgen konnte. Daher war es zumindest nicht ganz so schlimm nicht zu verstehen, was er von ihm wollte.

„Es tut mir ausgesprochen Leid, wenn ich mich unklar ausdrücke. Ich möchte Kawada Haruka für deinen Klassenkameraden Shiraishi Kuranosuke, dem Captain unseres Tennisteams.“ Er brach kurz ab, schob seine Brille zurecht, ehe die Ferderboa wieder herumzischte. „Die Prinzessin ist doch in keiner AG oder?“, fragte er und klang dabei leicht besorgt.

„Nein, das ist sie nicht. Ihre Verpflichtungen als Prinzessin würden dadurch darunter leiden.“

„Ausgezeichnet!“, rief Konjiki aus und stand von seinem Platz aus, „also was sagst du, Schulsprecher Arisada-san?“

Ja, was sollte er dazu sagen? ‚Konjiki-san, anscheinend bist du wirklich des Wahnsinns‘ oder ‚ich ziehe es vor, weiterhin alle Rechte über die Prinzessin zu haben‘? Die Antwort war simpler.

„Was willst du mit der Prinzessin im Tennisclub, Konjiki-san?“ Er räusperte sich und fügte an: „Möglichst ohne Faxen und weitere Geheimnisse.“

Ein klein wenig schwand das Lächeln aus dem Gesicht des anderen und das Ende der Federboa bewegte sich nicht mehr sondern hing schlaff herunter. Sie wirkte… irgendwie unglücklich, aber das bildete sich Arisada gewiss ein. Wenn man Konjiki zu lange ausgesetzt war, konnte sowas passieren.

„Nun ich hab ein gewisses Talent der Prinzessin festgestellt und dieses Talent haben wir vor zu nutzen.“

Die Prinzessin in Tenniskleidung? Zu was erdreistete sich dieses Genie jetzt wieder? Aber mit ihren Schuhen würde das schwierig werden. Oder wollte das Team lediglich den alleinigen Anspruch auf ein Maskottchen? Obwohl Shiraishi letztens darüber geklagt hatte, dank der abgehenden Drittklässler hätten sie jetzt zu wenig Leute. Daraufhin hatte er ihm Ishida Gin empfohlen, von dem er wusste, dass er Tennis spielte, wenn auch nicht in der AG. Anscheinend reichte das immer noch nicht.

"Was verhofft ihr euch davon?", fragte er nach und erhoffte sich eine Antwort, die er nicht gleich hinterfragen musste. Trotzdem dass er glaubte, der Schatzmeister füge ihm keinen Schaden zu, war es nicht auszuschliessen, dass er sich einen Spass mit ihm erlaubte.

"Einen Sieg", lautete die knappe Antwort des Genies, der von seinem Platz nun aufgestanden war.

"Mit der Prinzessin als Motivationsstütze?"

"Als Spieler." Je knapper die Antworten des Gegenübers wurden, desto stärker spürte Arisada, die aufkommende Ungeduld. Es musste irgendwann mühsam sein, wenn man von Menschen umgeben war, die weniger klug als man selbst waren und man wusste, dass man damit alleine war. Zumindest hatte Arisada so viel Fantasie sich das auszumalen.

Trotzdem kam er nicht umhin ihn ungläubig anzusehen. "Konjiki-san... du versuchst doch gerade nicht mich zu veralbern?"

"Nichts läge mir ferner." Er seufzte abermals, zog die Samuraiperücke mit dem lächerlichen Zopf vom Kopf und betrachtete sie kritisch. "Ich habe eine ganz einfache Bitte geäussert, Arisada-san. Weder zu ihrem noch zu eurem Nachteil wird das sein."

"Wie soll ich einer Bitte stattgeben, von der ich nicht weiss was...", fing Arisada an, wurde aber diesmal scharf von Koharu unterbrochen. "Es geht um ein Geschenk. Mehr braucht Ihr nicht zu tun, Schulsprecher Arisada-san."

Das wieder zu einer besonders höflichen Tonart gewechselt wurde, verriet dem geübten Redner Arisada, dass sein Schatzmeister... wäre dieser ein normalbegabter Mensch, langsam ärgerlich wurde. Nun er selbst war es auch, aber das war nicht weiter von Belang. Vielleicht war es ratsam diese Unterhaltung zu beenden bevor sie Ausmasse annahm wie der trojanische Krieg. Und er war sich recht sicher, dass man gegen Konjiki Koharu nur verlieren konnte, wenn man nicht mit einer gewissen Intelligenz ausgestattet war. Nicht dass er selbst nicht klug wäre, aber gegen das Genie aus Osaka hatten die Wenigsten eine Chance.

Die Federboa verliess ihren angestammten Platz um Koharus Hals und rollte sich zu einem Knäuel zusammen, als sie zu Boden glitt. Es schien still zu werden in dem Raum und Arisadas Blick wandte sich wieder dem klügsten Schüler ihrer Schule zu. Ohne seine lächerliche Verkleidung wirkte er bemerkenswert normal, sah man vielleicht von seiner Kopfform und der grossen Brille ab.

„Ich will wissen, was du vorhast, Schatzmeister Konjiki-san“, erwiderte Arisada ernst, nicht sicher ob er gerade einen strategischen Fehler beging. Wenn Konjiki ein Ziel vor Augen hatte, dann erreichte er es. Selbst wenn er über Leichen gehen musste.

„Sie machen es mir wirklich nicht leicht, Schulsprecher Arisada-san, aber was erwarte ich von unserem Schülerratsvorsitzenden?“

Nun was Konjiki Koharu von ihm erwartete, konnte er wirklich nicht sagen. Es war schon schwer genug zu wissen, was er verlangte und jetzt sogar ungehalten schien.

„Es ist nun mal meine Pflicht und eine Ehre die Schüler zu schützen und die Prinzessin fällt auch unter diesen Schutz. Also Konjiki Koharu, Schatzmeister, kannst du mir bürgen, dass sie in guten Händen ist?“, fragte er und wählte seine Worte so vorsichtig wie möglich, was zwar nicht viel brachte, aber ihm das Gefühl von Ruhe und Sicherheit gab.

Ein kurzes Lächeln stahl sich wieder auf Konjikis Lippen. So als wolle er sagen: ‚Sehe ich aus wie ein Bösewicht, der die Schönheit nur um ihres Äusseren will?‘

„Natürlich, Arisada-san. Nichts liegt mir ferner. Sind wir nun d’accord?“, fragte er und streckte ihm die Hand entgegen. Diesmal blieb ihm keine Wahl, als sich auf das Wort des Genies zu verlassen und er gab ihm die Hand. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben. Nur, dass der Teufel neuerdings Japaner war, grosse Brillen trug und Cosplay bevorzugte.

Dame

Dame
 

Die Mädchenschuluniform stand der Prinzessin gut. Besser als manchem Mädchen, denn das war der Clou an dieser Position. Ein Schulidol, das man anhimmeln konnte ohne dass die Freundin eifersüchtig wurde. Kawada Haruka wusste wie man an der Grenze zwischen Extremen balancierte und dabei noch gut aussah. Wer würde einer solchen Prinzessin auch nicht zu Füssen liegen?

Ausserdem gab es ein kleines Taschengeld für die Rolle der Schulprinzessin, was Haruka ganz recht kam. Die Familie ihrer Hoheit war finanziell nämlich nicht auf Rosen gebettet. Nicht, dass sie Hunger leiden mussten oder etwas derartiges, aber bei vier Kindern konnte man keine grossen Sprünge machen. Die Prinzessin war also insofern gar keine Prinzessin wie man es kennt. Zumindest keine von der Sorte, die daheim von hinten bis vorne bedient wurde. In der Schule gab es zwar durchaus den einen oder anderen Jungen, der dem Charme der Prinzessin erlegen war und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, aber deswegen wurde sie nicht hochmütig. Es machte Spass, wenn Ihre Durchlaucht ehrlich zu sich selbst war, aber es war auch sehr anstrengend. Kein Wunder bei all den Pflichten. Dass Arisada diese Idee so geschickt vermarktete, störte Haruka herzlich wenig. Wissend um das Geheimnis dieser Position, das eigentlich kein Geheimnis war, entlockte es Haruka öfters ein Lächeln.

„Hime-sama, Hime-sama, so warten Sie doch.“

Erstaunt drehte sich die Prinzessin um und ihr schönes Antlitz wandte sich Konjiki Koharu zu, der breit lächelte. Die Federboa lag wieder um seinen Hals und wippte fröhlich bei jedem Schritt mit. Die Samuraiperücke hatte er sich diesmal geschenkt. Schliesslich wollte er die Prinzessin nicht erschrecken. Dabei wusste sie doch schon recht gut wie er war.

„Hast du vielleicht etwas Zeit für mich übrig?“, fragte er bescheiden, worauf die Prinzessin eine Augenbraue hochzog. Sie hatte langes hellbraunes Haar und ein feingeschnittenes Gesicht mit rehbraunen Augen. Die Schuluniform betonte die zierliche Figur, die etwas puppenhaftes hatte. Koharu war nicht überrascht. Haruka wusste ganz genau wie man sich in Szene setzte.

„Es kommt ganz drauf wie viel Zeit du brauchst, Koharu“, antwortete Haruka, strich sich elegant eine Strähne aus dem Gesicht. Die Prinzessin lächelte, eine professionelle Geste, was Koharu durchaus interessant fand, aber zu wenig ehrlich. Aber sie nannte ihn wie es sich gehörte beim Vornamen. Schliesslich waren sie Klassenkollegen und führten die Notentabelle ihrer Schule an. Nur hatte man erst Kawada Harukas Genie nicht erkannt, dabei hatte es für ihn auf der Hand gelegen.

„Es kommt ganz auf deine Kooperationsbereitschaft an“, erwiderte Koharu, worauf Hime die Stirn runzelte. Das war das Schwierige an Menschen von annähernd gleichem Intellekt. Sie kamen einem viel rascher auf die Schliche und so seltsam es klang, meist waren sie auch viel misstrauischer.

„Wie ungezogen von dir, Koharu. Du willst mir doch am Ende nicht bloss an die Wäsche?“, fragte die Prinzessin neckisch zurück, was bei Koharu ein Lächeln hervorrief. Hime spielte gut, besser als jeder, den er kannte.

„Oh, nichts käme mir weniger in den Sinn“, antwortete Koharu wahrheitsgetreu. Tatsächlich hatte er nichts übrig für die Dinge, derer sich die Schüler höherer Klassen so abgaben. Zwar besass er Sinn für Ästhetik, auch wenn den niemand sah, aber Liebe war für ihn eine rein platonische Sache.

„Nun in diesem Falle, Koharu, sei es dir gestattet dein Anliegen vorzutragen“, befand die Prinzessin und beging damit ihren ersten Fehler. Hime spielte diese Rolle so gut, dass sie fast ein Teil ihrer Persönlichkeit geworden war. Die gestelzte Sprache hatte sie wohl vom Schulsprecher gelernt, schliesslich wusste er, dass Haruka ganz anders klingen konnte. Dies ohne weiteren Hintergedanken.

„Nun Eure Hoheit, ich wollte mich erkundigen wie es mit euren Clubaktivitäten steht.“

„Du weisst, dass die nicht existieren. Ich bin als Prinzessin schon beschäftigt genug.“

Es klang ein wenig brüsk, so als wäre das Thema ein sehr heikles. Natürlich alle würden sich um die Prinzessin reissen. Das war nicht immer so schön wie es sich anhörte.

„Was hältst du von unserem Tennisclub?“, fragte Koharu unbeirrt weiter.

„Dass ich dir leider absagen muss, Konjiki Koharu. Ich habe weder Talent noch Interesse daran.“

„Da habe ich ganz anderes gehört.“

„Ich hab gesagt, ich will nicht. Hörst du schlecht?“

Da war es. Ein kurzes Aufflackern von Himes wahrem Charakter. Der Ton, der vorher so wohlgeformt und jeder Höflichkeit entsprach, kippte. Fast hatte er es geschafft. Aber ein fast reichte nie. Ein fast trennte hundert Prozent von neunundneunzig Prozent. Es machte den Unterschied zwischen sehr gut und perfekt aus.

„Einem Genie wird leicht langweilig. Das weisst du doch am besten, oder Hime?“

„Wenn hier einer den Titel Genie verdient, dann wohl du, nicht ich. Mit deinem IQ kann ich nicht mithalten.“

Er verzog das Gesicht. Er hatte doch seine Missbilligung darüber ausgedrückt, was er von diesen Intelligenztests hielt. Ob man Intelligenz messen konnte, war doch recht fragwürdig. Dass Kawada es ihm so schwierig machen würde, war klar gewesen. Eigentlich genoss er ja genau das am meisten, aber ein kleiner Fehler und man konnte die ganze Arbeit hinschmeissen. Im Geiste verfolgte er nochmals seine Schritte zurück und befand, dass er zu unvorsichtig gewesen war, doch da war es bereits zu spät.

„Koharu, was hast du vor?“

Die Stimme der Prinzessin war lauernd geworden. Seine Schritte sollten jetzt wohl überlegt sein.

„Du kennst doch Shiraishi Kuranosuke?“

„Ja, er ist in der Parallelklasse und Captain eures Teams“, antwortete die Prinzessin unwillig, „spar dir also diese Heranschleicherei!“

Koharu seufzte lautlos. Eigentlich machte es ihm ja Spass was jetzt folgte, aber er war von Natur aus ein Pazifist. Nur war es so, dass man das Wort Pazifist sehr weit ausdehnen konnte.

„Ich verstehe… ich möchte, dass du mir zum Tennisplatz folgst, weil dich Shiraishi Kuranosuke sehen will, Hime-sama“, versuchte er es nun. Der Schwächste Punkt von Haruka war immer noch die Eitelkeit. Dass der Prinzessin geschmeichelt wurde, war für sie wie Luft zum Atmen. Haruka liebte Komplimente mehr als man denken würde. Obwohl manchmal brauchten sie doch alle etwas Selbstbestätigung. Sogar manches Genie.

„Dann soll er doch zu mir kommen, wenn er Gefallen an mir gefunden hat“, gab die Prinzessin zurück, aber Koharu hörte doch deutlich, dass sie sich geschmeichelt fühlte.

„Aber Shiraishi ist doch so schüchtern“, erwiderte Koharu, dem das Lügen überhaupt nichts ausmachte. Eigentlich sollte er sich Sorgen machen. Schliesslich waren Soziopathen brillante Lügner und kannten sich bestens mit der menschlichen Psyche aus, ohne Reue zu empfinden. Koharu befand, dass er seinen eigenen Geisteszustand später überprüfen würde, wenn er mit Yuu-kun ihre neueste Show besprach.

„Shiraishi schüchtern? Da hab ich anderes gehört und gesehen“, erwiderte Hime. Die Tonlage befand sich in einem Bereich, der Koharu noch einigermassen gefiel. Nicht mehr zu lange und Haruka würde einfach gehen, wobei dieses Verb natürlich nicht zu ihrer Hochwohlgeboren passte. Eher schreiten oder vielleicht auch stolzieren, traf es bei einer Person von solchem Format.

Nun es mag den meisten Genies nicht liegen, aber Koharu wagte sich an eine Improvisation, wie er es sonst nur mit Yuuji machte. Und selbst das hier war für ihn eigentlich keine Improvisation im engeren Sinne, schliesslich hatte er sich auf diesen Fall vorbereitet.

Fröhlich schlang sich die pinke Federboa um Hime und schien dies zu geniessen. Federboas waren wirklich eigenartige Geschöpfe, die es genossen herum zu schwingen und dann und wann ein Opfer zu umschlingen um… es zu ihrer Höhle zu schleifen.

„Koharu!“, entfuhr es Hime nun wütend, die Stimmlage war nun ungefähr eine Oktave tiefer, so gut war Koharus Gehör auch nicht, dass er das herausfiltern konnte. „Lass mich gefälligst los!“

„Das geht leider nicht. Das ist eine Sache von höchster Priorität.“ Er schaffte es tatsächlich an der Federboa zu ziehen, so dass Hime ihm fast nachstolpern musste. Sollte die Prinzessin fallen würde er natürlich galant wie er war sie auffangen. Sie würde dann zwar wahrscheinlich wirklich wütend werden, aber man musste wenn man etwas erreichen wollte, auch mit Unannehmlichkeiten rechnen.

„Ich werde schreien, Koharu und zwar so laut, dass alle denken…“

„Oh, für den Fall hab ich schon vorgesorgt“, unterbrach ihn das Genie von Osaka. Er hütete sich davor so frech zu werden wie bei Arisada, aber er war sich bewusst genug um Harukas Redeschwall zu bremsen. Gerade zeigte dieses Benehmen nicht von ihrer Schulprinzessin, sondern von der wahren Natur Harukas, die manchmal etwas zu kurz kam. Diesen Teil schätzte Konjiki durchaus, aber er mochte es lieber wenn sich eine Person ihrem Wesen entsprechend gab. Obwohl er gerade reden musste…

Tatsächlich hatte er für den Fall, dass Haruka kreischte schon vorgesorgt. Und in so einer Situation schien scherzen mehr als unangemessen, warum das Kreischen auch besonders laut war und so manchen Schüler verwundert oder auch erbost zu Koharu schauen sah.

„Wir proben für ein Theater. Ihre Hoheit geht schon ganz in ihrer Rolle auf, wie ihr sehen könnt“, log er ohne rot zu werden. So plump diese Lüge wohl erschien, so perfekt war sie in diesem Falle. Es war ohnehin schon fast eine Straftat ihn einer Lüge zu bezichtigen. Er genoss, wenn man so wollte, politische Immunität. Dank Arisada, der ihm die Erlaubnis erteilt hatte.

Er konnte ja nicht ahnen, dass Arisada im Moment an einer Magenverstimmung litt. Nichts Ernstes, was sich nicht über den Mittag kurieren liess, aber man konnte es als himmlische Strafe für seinen Pakt mit dem Teufel mit der Cosplayvorliebe sehen. Böses wird bestraft. Das wusste man schon während der Meijirevolution.

Dass die Prinzessin weiterzeterte und um Hilfe rief, sie vor diesem Irren zu retten, führte zu Applaus aber nicht zur Hilfe. Ausserdem… was machte es für einen Sinn wenn Konjiki, die Prinzessin entführte?



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