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Ungewissheit

Sei mein Augenlicht
von

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Nächtliche Verwirrung

Die Sonne war gerade hinter den Bergen verschwunden, als eine junge Frau aus einer der Holzhütten trat.

Sicheren Schrittes ging sie auf den nahe gelegenen Fluss zu, während ihr schwarzes, hüftlanges Haar bei jedem Schritt nach hinten aufbauschte. Sie mochte so um die zwanzig Jahre zählen, genau ließ es sich aber nicht sagen, da ihr Gesicht von fast schon kindlicher Unsicherheit geprägt war.
 

Als sie endlich am Ufer ankam kniete sie sich mit einem Waschbrett hin und begann ihre Sachen mit geübten Bewegungen vom Schmutz zu befreien.

Leise summte sie dabei ein Lied, während ihr Mund zu einem kleinen Lächeln verzogen war.

„Oh, hallo Yumi.“

Die Frau schrak nicht auf, sie hatte das kleine Mädchen, welches sich interessiert zu ihr herunterbeuge schon von weitem gehört.

„Hallo Misaki. Was tust du hier? Solltest du nicht längst im Bett liegen?“

Ein sanfter Tadel schwang in der Stimme der Frau, die offensichtlich Yumi hieß, mit.

„Ich hab mich raus geschlichen.“ Erwiderte das Mädchen keck, was Yumi ein Kichern entlockte.

„Du bist ein echter Frechdachs.“

Eine Weile blieb es still, während Yumi immer weiter wusch.

„Du sag mal, wieso wäschst du nicht tagsüber mit den anderen Frauen?“ fragte Misaki plötzlich.

Sie hatte sich in der Zwischenzeit neben Yumi gesetzt und blickte diese nun erwartungsvoll an.

„Weißt du, für mich macht es keinen Unterschied, ob ich meine Sachen nun am Tag oder bei Nacht wasche.“ Antwortete die Schwarzhaarige und lächelte wieder.

„Stimmt schon, aber tagsüber hast du Gesellschaft.“ Misaki beugte sich leicht nach vorne.

„Die habe ich doch jetzt auch, oder nicht?“ War alles was Yumi dazu sagte.

Das Mädchen hatte recht, eigentlich wäre es schlauer die Wäsche mit den anderen Frauen zu waschen, aber sie konnte die mitfühlenden Worte einfach nicht ertragen.
 

„So.“

Yumi räumte ihre Kleidung zusammen und stand auf. „Ich bin fertig und du solltest jetzt wirklich schlafen.“

Misaki zog einen Schmollmund.

„Aber ich bin doch noch gar nicht müde.“

Behutsam legte Yumi dem Mädchen eine Hand auf den Kopf.

„Wenn du erst einmal liegst kommt die Müdigkeit wie von alleine, also hopp.“ Sanft schubste sie das Mädchen in Richtung der Hütten.

„Na gut, also Gute Nacht Yumi.“ Rief die Kleine ihr noch zu, ehe sie geschwind davonflitzte. „Gute Nacht.“ Rief Yumi ihr noch hinterher, war sich aber nicht sicher, ob Misaki das noch gehört hatte.
 

Schwer beladen mit ihrer nassen Wäsche lief die junge Frau wieder auf ihre Hütte zu.

Eigentlich wollte sie nur kurz die Wäsche waschen und anschließend schlafen gehen, aber irgendwie bekam sie Lust auf ein nächtliches Bad.

Geschwind nahm sie ein weißes Tuch von einem Stapel und machte sich auf den Weg in den Wald.

Sie kannte eine wunderschöne heiße Quelle und genau dort wollte sie den Tag ausklingen lassen.

Es war eigentlich nicht besonders ratsam bei Nacht noch in den dunklen Wald zu gehen, schließlich wimmelte es dort nur so von Dämonen, aber das konnte sie nicht abschrecken.

Yumi war noch nie der ängstliche Typ gewesen.

Stille breitete sich um sie aus, als Yumi sich einen Weg durch die Gebüsche bahnte.

Sie war hier schon tausende Male entlanggelaufen, konnte aber trotzdem nicht verhindern, das ein oder andere Mal zu stürzen. Schnell rappelte sie sich immer wieder auf und schritt weiter, als wäre nichts gewesen.

Während sie so dahin lief stützte sie sich immer wieder an Bäumen oder Felsen ab, es sah fast so aus als wäre sie betrunken.
 

Als sie kurz davor war die Quelle zu erreichen zuckte Yumi plötzlich zusammen.

Sie hatte ein Geräusch gehört. Ein Knacken von Ästen hatte die Stille der Nacht durchdrungen.

Hastig versuchte sie sich hinter einem der Bäume zu verstecken, während sie immer wieder den Kopf nach links und rechts drehte.

Das tat sie automatisch, obwohl es eigentlich keinen Unterschied machte. Sie könnte auch einfach still dastehen, es käme auf dasselbe raus.
 

„Was suchst du hier.“

Mit einem leisen Schrei wirbelte die Frau herum. Diese Stimme jagte ihr einen Angstschauer über den Rücken. Sie war so kalt und emotionslos.

„I…ich wollte baden.“ Flüsterte Yumi und drückte sich dabei so stark wie möglich an den Baum.

Sie spürte einen Windhauch und kurz darauf die Wärme eines Körpers direkt vor ihr.

„Mitten in der Nacht?“

All ihre Sinne sagten ihr, dass dieser Mann gefährlich war, aber sie würde sich nicht einschüchtern lassen, schließlich hatte sie das gleiche Recht hier zu sein wie er.

„Ja, habt Ihr etwas dagegen?“ Ein schnauben war die einzige Antwort.
 

„Darf ich fragen wer Ihr seid?“ versuchte Yumi das Gespräch in sicherere Gefilde zu steuern. Der Mann gab keine Antwort nur seine Körperwärme verriet ihr, dass er noch direkt vor ihr stand. Sie versuchte es erneut.

„Eure Stimme klingt nicht menschlich.“ Ein weiteres Schnauben. „Mach die Augen auf Weib. Sehe ich vielleicht aus wie einer von diesen schwächlichen Würmern?“

Etwas erschrocken über seine heftige Reaktion hob Yumi den Kopf.

„Entschuldigung mein Herr, aber ich bin blind.“
 

Die Stille die sich nun ausbreitete, war spannungsgeladen.

Sie hatte keine Ahnung, wie er auf ihr Geständnis reagieren würde. Immerhin wusste sie nun, dass er ein Dämon war, was die Angelegenheit aber nicht unbedingt verbesserte, eher das Gegenteil.

Während sie so in Gedanken versunken war, spürte sie plötzlich eine klauenbesetzte Hand an ihrem Kinn.

Fast schon gewaltsam hob er ihren Kopf, vermutlich um sich zu vergewissern, dass sie auch wirklich die Wahrheit sprach.
 

„Ein Grund mehr nachts nicht durch den Wald zu laufen.“ Flüsterte er nahe an ihrem Ohr.

„Wie man es nimmt. Da ich noch nie einen Dämon gesehen habe, weiß ich auch nicht wovor ich mich fürchten muss. Es ist lediglich die Ungewissheit, die mir Angst macht.“ Antwortete sie leise.

„Große Worte für ein so kleines Mädchen.“

Empört schlug ich seine Hand weg.

„Ich bin kein kleines Mädchen und außerdem kann ich gut auf mich selbst aufpassen.“

„Das habe ich gesehen.“

„Was wollt ihr eigentlich von mir? Wenn ihr nur gekommen seid um mich zu verspotten könnt ihr gleich wieder gehen und falls ihr mich töten wollt so möchte ich euch bitten es schnell zu tun, ihr werdet schließlich auch nicht jünger.“ Giftete Yumi ihn an.

Sie hatte genug von diesem arroganten Kerl.

„Du bist mutiger als du aussiehst und frech noch dazu.“

In seiner Stimme schwang Spott mit, was Yumi zur Weißglut brachte.

„Ja und verteidigen kann ich mich auch, wenn es sein muss!“ knurrte sie.

Ein kurzes Auflachen seinerseits war Antwort genug. Er nahm sie nicht ernst.

„Oh, du willst also kämpfen.“ Wieder triefte seine Stimme vor Hohn.

„Wenn es sein muss.“ Antwortete die junge Frau mit zittriger Stimme. Dieser Typ machte sie wütend.

„Nein danke, wir wissen beide wie dieser Kampf ausgehen würde.“

Immer noch stinksauer wollte sie ihm gerade eine Beleidigung an den Kopf werfen, besann sich dann aber.

Sie wusste ja selbst, dass ihre Chancen auf einen Sieg im Nullbereich waren und dass nicht nur, weil sie keine Ahnung hatte wie genau er überhaupt gebaut war.

„Wenn du nicht kämpfen und mich offenbar auch nicht töten willst, was möchtest du dann?“

Sie verstand nicht, warum er nicht einfach ging. Sie hatte nichts, was sie ihm geben könnte.
 

Yumi erstarrte zu Eis, als sich der Fremde ihr hinunter beuget und seine Lippen fast ihr Ohr berührten.

„Dein Geruch hat mich angelockt, aber offenbar hast du noch keine Ahnung.“ Hauchte er in ihr Ohr.

Sie musste heftig schlucken und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

„Keine Ahnung von was?“ fragte sie mit belegter Stimme.

Er lehnte sich wieder zurück und Yumi spürte seinen eisigen Blick auf ihr ruhen.

Vielleicht ein paar Sekunden später drehte er sich um und wollte schon verschwinden, als die Schwarzhaarige aus ihrer Starre erwachte.

„Wartet!“ Schnell versuchte sie ihm zu folgen und knallte dabei direkt in einen Baum.

„Au, verdammt!“

Die Frau stolperte rückwärts und landete auf ihrem Hosenboden.

Mit Tränen in den Augen rieb Yumi ihre Stirn, als sie plötzlich etwas spürte.

Seine Hand, sie tastete vorsichtig ihre Schramme ab. „Törichtes Ding.“ Flüsterte er.

„Das ist alles deine Schuld.“ Jammerte die junge Frau.

Sie sah nicht, wie er bei ihren Worten eine Augenbraue hob.

„Du wirst es überleben.“ War alles was er dazu sagte, ehe er noch einmal über ihre Wange strich und anschließend aufstand.

Yumi spürte ein heftiges kribbeln im Bauch, als der Mann sie berührte und insgeheim sehnte sie sich nach mehr.

Woher kamen nur diese Gefühle? Gerade als der Fremde im Unterholz verschwinden wollte rief sie noch. „Bitte, bevor du gehst verrate mir deinen Namen!“

Yumi dachte schon, er hätte sie nicht mehr gehört, als seine Antwort sie doch noch erreichte.

„Sesshoumaru.“

Kirschblüten

„Yumi, hast du gehört was ich gesagt habe?“

Misaki zerrte am Ärmel der Schwarzhaarigen, die daraufhin aus ihren Gedanken schreckte. „Tut mir leid, was hast du gesagt?“

Die Kleine verzog ihr Gesicht zu einer Schmollmiene, was Yumi natürlich nicht sehen konnte.
 

Seit jener Nacht im Wald schweiften ihre Gedanken immer wieder zu diesem merkwürdigen Mann, Sesshoumaru.

Sie wusste immer noch nicht genau, was er nun eigentlich von ihr gewollt hatte und das bereitete ihr Sorgen.

Würde er womöglich noch einmal zurückkommen?

Oder war es ein einmaliges Treffen gewesen.

Die junge Frau konnte nicht genau sagen, welche der beiden Möglichkeiten ihr lieber wäre. Dieser Fremde war eindeutig gefährlich und ein Dämon noch dazu, aber andererseits.

Vorsichtig betastete Yumi ihre Stirn, an der sie noch etwas Schorf spüren konnte.

Seine Stimme hatte sie in seinen Bann gezogen. Ein Schauer durchlief ihren Körper als sie die Erinnerungen daran wieder aufleben ließ.
 

„Yumi!“ brüllte plötzlich jemand in ihr Ohr.

„W..was?“ Anscheinend hatte Misaki fröhlich weitergeplappert, während die Schwarzhaarige ihren Gedanken nachhing. „Was ist heute nur mit dir los?“ Wollte das kleine Mädchen wissen.

„Verzeihung, ich bin wohl etwas verträumt.“ Versuchte Yumi sich aus der Affäre zu ziehen.

„Das kann man wohl sagen.“

In Misakis Stimme schwang immer noch etwas Wut mit.

„Ich wollte wissen, ob du mit mir noch zu der großen Lichtung im Wald gehst.“ Wiederholte sie ihre Frage.

„Ja, gerne, aber nur wenn deine Mutter nichts dagegen hat.“ Antwortete Yumi mit einem Lächeln. Misakis Wut verpuffte und sie klatschte fröhlich in die Hände.

„Ich frag sie schnell.“ Wie ein Wirbelwind brauste sie davon.
 

Die Schwarzhaarige mochte dieses Mädchen, sie war immer so voller Tatendrang und steckte alle mit ihrer Herzlichkeit an.

In diesen Zeiten war so etwas selten geworden, immerhin bestand die ständige Gefahr eines Überfalls durch Banditen oder Dämonen.

Das Misstrauen der Erwachsenen legte sich wie ein düsterer Schleier über die Herzen der Kinder.

Man sagte es gäbe nichts Reineres als die Seele eines Kindes, dem konnte Yumi nur beipflichten.

Da aber immer mehr Soldaten benötigt wurden und der Krieg viele Opfer forderte wurden diese reinen Seelen schon früh mit dem Tod und der Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert.

Schmerz und Leid vergifteten die Herzen und es blieb nur ein Schatten der früheren Unschuld übrig.

Natürlich war es nicht überall so, aber Yumis Dorf befand sich in einem Krisengebiet und jemand wie Misaki, die offenbar niemals ihre Fröhlichkeit verlor, war selten geworden.
 

„Sie hat Ja gesagt, aber nur, wenn wir bis Sonnenuntergang wieder hier sind.“ Rief das kleine Mädchen schon von weitem.

„Gut.“ Antwortete die Schwarzhaarige und nahm Misakis Hand.

Es war schon ein merkwürdiger Anblick, wie ein kleines Mädchen eine erwachsene Frau über die Äcker führte.

Yumi wusste, dass sie Misaki vollkommen vertrauen konnte. Auch wenn sie ab und zu über einen Stein stolperte hatte Misaki sie noch niemals irgendwo gegenlaufen lassen.

„Nicht so schnell.“ Yumi konnte sich gerade noch so abfangen, bevor sie mitten im Dreck gelandet wäre.

„Tut mir leid, ich bin nur so aufgeregt, der kleine Kirschbaum den wir eingepflanzt haben müsste doch jetzt blühen.“ Erklärte Misaki mit leuchtender Miene.

„Stimmt ja.“ Yumi ließ sich von der Aufregung des Mädchens anstecken und lief eine Spur schneller.

Die Beiden hatten vor einigen Jahren einen Kirschkern in der Mitte der Lichtung eingepflanzt, als eine Art Symbol ihrer Freundschaft.
 

Nach wenigen Minuten waren sie endlich angekommen.

Misaki ließ Yumis Hand los und rannte davon.

„Er blüht, Yumi, da sind ganz viele Kirschblüten!“ Schrie sie freudig, während die Schwarzhaarige sich langsam auf ihre Stimme zubewegte.

„Wirklich?!“ Yumi war endlich an dem kleinen Baum angekommen und ließ sich ins Gras sinken.

„Sie sind wunderschön, ich wünschte du könntest sie sehen.“

In Misakis Worten schwang etwas Trauer mit. Yumi war ihre beste Freundin und sie fand es unfair, dass alle anderen sehen konnten nur sie nicht.

„Schon in Ordnung. Du musst einfach mein Augenlicht sein.“
 

Vorsichtig nahm Misaki die Hand der Schwarzhaarigen und führte sie über einen der dünnen Äste bis hin zu einer kleinen Blüte.

Behutsam strich Yumi darüber, fühlte die seidigen Blütenblätter und fuhr die Staubblätter entlang.

„Sie sind hellrosa. In der Mitte sind sie etwas dunkler und außen am Rand der Blütenblätter fast weiß.“ Erklärte Misaki, während Yumi noch immer fühlte.

„Die Staubbeutel sind gelb, so wie bei allen Blumen.“

Die junge Frau lächelte und ließ ihre Hand sinken. „Danke, jetzt hab auch ich eine Ahnung, wie sie aussehen.“

Yumi war nicht von Geburt an blind, sie wusste daher, was sie sich unter den einzelnen Farben vorstellen konnte.

„So und jetzt muss ich mich noch dafür rächen, dass ich wegen dir fast hingefallen wäre.“ Grollte sie mit dunkler Stimme, was Misaki zusammenzucken lies.

„Mach dich bereit.“ Yumi hob bedächtig ihre Hände, nur um Misaki kräftig durchzukitzeln.

„Aufhören. Ich mach‘s auch nie wieder.“ Japste das Mädchen mit Lachtränen in den Augen. „Das hättest du wohl gerne.“ Kicherte Yumi und kitzelte weiter.

Nach einiger Zeit lagen die beiden Mädchen lachend in der Wiese und hielten sich den Bauch.

„Das war schön.“ Flüsterte Yumi und die Kleine neben ihr nickte.
 

Urplötzlich hörte man ein tiefes Donnern. Yumi schreckte auf, als auch noch panikerfüllte Schreie über die Lichtung drangen.

„W..was war das?“

Misaki hatte sich nun ebenfalls aufgesetzt und klammerte sich an Yumis dunkelblauen Kimonoärmel fest.

„Ich weiß es nicht.“ Flüsterte die Schwarzhaarige, als ihr ein beißender Geruch in die Nase stieg.

„Misaki, siehst du hier irgendwo Rauch?!“ fragte sie aufgebracht.

In solchen Momenten hasste sie es nichts sehen zu können.

„Ja, ich sehe eine dicke schwarze Wolke direkt über dem Dorf.“ Schluchzte das Mädchen. „Mama, Papa ihnen ist doch nichts passiert, oder?“

Yumi drückte das Mädchen kurz an sich. „Ich weiß es leider nicht.“ Flüsterte sie.

„Wir müssen nachsehen, aber ganz vorsichtig in Ordnung?“

Yumi stand auf und zog Misaki mit hoch. Eigentlich würde sie viel lieber erst einmal alleine nachsehen, damit die Kleine nicht in Gefahr geriet, aber da sie nichts sehen konnte, brauchte sie einen Führer.

Innerlich verfluchte sie ihr Handicap und griff nach der Hand des Mädchens.

„Misaki, hör mir zu, du musst mir genau sagen, was du siehst hast du verstanden? Wir werden jetzt schön langsam zurücklaufen und sobald du jemanden entdeckst, den du nicht kennst sag es mir.“

„Okay.“ Schniefte das Mädchen und die Beiden liefen los.
 

„Au, verdammt!“ fluchend stemmte Yumi sich wieder in die Höhe.

„T..tut mir leid.“ Immer noch kullerten Misaki die Tränen über die Wangen.

„Schon in Ordnung.“ Versuchte Yumi sie zu beruhigen.

Während der letzten Meter war sie gegen Büsche und Steine gerannt, aber das kleine Mädchen war im Moment viel zu ängstlich, um besser aufpassen zu können.

„W..wir sind jetzt am Waldrand und der Rauch wird immer dichter.“ Versuchte Misaki Yumi auf dem Laufenden zu halten.

„Okay, wir müssen uns unentdeckt anschleichen, glaubst du das bekommen wir hin?“

Sie spürte das Nicken der Kleinen. „Gut, dann los.“

Im Zickzack liefen sie über die Felder und Wege, während sie sich immer wieder hinter Felsen wegduckten.

„Siehst du schon jemanden?“

„Nein. Aber fast alle Hütten sind zerstört. Yumi es ist so schrecklich.“ Wieder begann die Kleine zu Schluchzen.

„Schhh, ich bin ja bei dir. Hab keine Angst.“ Behutsam strick Yumi dem Mädchen über den Rücken, als ein lauter Knall zu hören war und einer der Hütten in die Luft flog.

„Ahh!“ Misakis schrie laut auf und drückte sich noch enger an ihre Freundin.

„Es wird alles gut.“ Yumis Stimme zitterte bei ihren Worten.

Es war unüberhörbar, das hier etwas Großes im Gange zu sein schien.

Gerade, als sich die Schwarzhaarige weiter vorarbeiten wollte durchbrach der Schrei einer Frau die Stille. Irgendwie kam ihr diese Stimme bekannt vor und das nicht nur ihr.

„Mama!“ Misaki hatte sich von Yumi losgerissen und stürmte direkt in das zerstörte Dorf.

„Nein! Misaki komm zurück! Das ist zu gefährlich!“

Jetzt lief auch Yumi los. Sie kannte den Aufbau des Dorfes und würde sich auch ohne das Mädchen einigermaßen orientieren können.

„Misaki!“ rief sie noch einmal und stolperte kurz darauf über einen der Steine am Wegesrand. Mit einem Keuchen lag sie ausgestreckt auf dem Boden.

„So ein Mist! Wieso muss ich auch blind sein!“ schimpfte Yumi, während ihr die ersten Tränen über die Wangen liefen.

Ihr wurde schlagartig bewusst, dass das Dorf, welches ihr von Geburt an eine Heimat gewesen war nun zerstört vor ihr lag.

Ein schmerzhafter Stich durchfuhr ihre Brust und sie schaffte es nicht sich wieder vollends aufzurichten.
 

„Hey, ich hab da jemanden gefunden!“ brüllte plötzlich ein Mann. Er war sehr nah, das konnte Yumi hören.

Schwere Schritte ließen den Boden vibrieren, als der Fremde direkt vor ihr zum stehen kam.

„Dein Geruch. Du bist es also, die wir töten müssen.“

Was?! Was hatte der Mann gerade gesagt? Sie töten? Aber warum?

„Hey, ich hab das Mädchen gefunden!“ schrie der Fremde ins Nichts hinein.

Kurz darauf hörte man weitere Schritte und zwei Männer gesellten sich zu dem Ersten.

Yumi krabbelte zitternd zurück. Sollte das ihr Ende sein?

In letzter Sekunde

„Du hast Recht, sie muss es sein. Aber anscheinend hat ER sie vor kurzem ebenfalls gefunden.“

Einer der drei Männer beugte sich zu Yumi hinab und schnüffelte eingehend an ihr.
 

Von was redeten diese Männer da nur? Wieso waren sie auf der Suche nach ihr?

Sie hatte dieses Dorf doch noch niemals zuvor verlassen. Wie also hätte sie sich solch gefährliche Feinde machen können?
 

„Hey, Mädchen! Wo ist er? Antworte, wenn dir dein Leben lieb ist!“ schnauzte der erste Mann sie an.

„W…wo ist wer?“ fragte Yumi ängstlich und rutschte unauffällig ein Stück weiter nach hinten.

Dies blieb zu ihrem Leidwesen nicht unbemerkt, denn noch ehe sie überhaupt reagieren konnte griff eine starke Hand in ihre Haare und zerrten sie zurück.

„Ahh!“ Yumi schrie schmerzerfüllt auf und einige Tränen sammelten sich in ihren Augen.

„Verkauf uns nicht für dumm, Weib, sondern antworte!“ knurrte einer der Fremden, dicht an ihrem Ohr.

„I…ich weiß doch überhaupt nicht wovon ihr redet!“ versuchte Yumi sich zu erklären.

In ihrem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn. Sie kannte diese Herren nicht und doch trachteten sie nach ihrem Leben.

Vielleicht verwechselten sie Yumi ja mit irgendjemand.
 

„Ich glaube sie hat wirklich keine Ahnung, schließlich ist sie nur ein Mensch. Ich denke nicht, dass ER sie auswählen wir.“ Mischte sich nun auch die dritte Person ein.

Er hatte eine etwas vernünftiger klingende Stimme, aber das konnte auch täuschen. Schließlich waren die Stillen oftmals die gefährlicheren.

„Wir dürfen kein Risiko eingehen Tomoaki. Shinji wird sonst sehr wütend werden.“ Zischte der Mann, der noch immer Yumis Haare fest im Griff hatte.

„Ich bin ganz deiner Meinung, schließlich hat ER sie schon getroffen und offenbar verschont.“ Lenkte der Dritte ein. „Wovon zum Teufel redet ihr eigentlich?!“ schrie Yumi jetzt plötzlich auf.

Die drei Männer blickten erstaunt zu dem Mädchen, das nun wütend die Zähne zusammenbiss.

Wenn sie hier schon sterben sollte, dann wenigstens nicht ohne eine Antwort.

„Halt die Klappe, Miststück! Wir stellen hier die Fragen, also wo ist ER?“

Der Fremde riss wieder an ihren Haaren, was Yumi erneut aufkeuchen lies.

Er war anscheinend der Hitzköpfigste der Drei.

„Ich weiß immer noch nicht von wem ihr redet.“ Antwortete die Schwarzhaarige und versuchte sich aus dem Griff ihres Peinigers zu befreien.

„Lass das Guldo, ich glaube die Kleine hat keine Ahnung. Wir töten sie einfach und dann ist die Sache gegessen.“

Der Mann, welcher vorhin als Tomoaki bezeichnet wurde, machte eine wegwerfende Handbewegung und wendete sich anschließend zum Gehen.

„Ihr schafft das sicher ohne mich.“ Fast schon gelangweilt lief er davon.

„Na gut, ich werde das übernehmen, wenn du nichts dagegen hast.“

Dieser Guldo zerrte wie zur Bestätigung wieder an ihren Haaren.

„Von mir aus. Ich seh mich noch etwas im Dorf um. Vielleicht finde ich noch jemanden zum fressen.“ Auch der andere drehte sich weg und ging.
 

„Fressen? I…ihr seid also Dämonen?“

Yumi hatte schon so etwas geahnt, aber in der heutigen Zeit konnte man sich nie sicher sein.

Auch Räuber und Banditen machten vor diesem kleinen Dorf nicht halt.

„Richtig geraten.“ Flüsterte Guldo in ihr Ohr und seine Miene verzog sich zu einem boshaften Grinsen.

„Heißt das, die ganzen Dorfbewohner sind…“ „Tot, ja, ich muss zugeben, das war wirklich ein Spaß.“

Ein sadistisches Lachen entfuhr ihrem Gegenüber, während Yumi mit Müh und Not ein Schluchzen zurückhalten konnte. Alle ihre Freunde und ihre Vertrauten waren einfach nicht mehr da? Das konnte doch nicht sein.

Misaki!

Ein eiskalter Schauer durchlief die Schwarzhaarige.

Hieß das etwas, die Kleine war auch…Nein, diese Vorstellung war zu grausam. Unkontrolliert liefen Tränen über Yumis Gesicht. Es war nun also tatsächlich vorbei.
 

„Kannst du mir wenigstens noch sagen, um was es eigentlich ging, bevor du mich tötest?“ fragte die Yumi mit bebenden Lippen.

Einerseits wollte sie noch etwas Zeit schinden und andererseits musste sie einfach wissen was hier gespielt wurde, auch wenn ihr dieses Wissen nicht mehr helfen würde.

Es hatte anscheinend irgendwas mit ihrem Geruch zu tun, nur was?

Sie hatte sich erst heute Morgen gewaschen und auch sonst fiel Yumi kein Grund ein, wieso sie anders riechen sollte als die Dorfbewohner.

„Das ist unwichtig. Ein Mensch würde es sowieso nicht verstehen, es ist eine Angelegenheit zwischen Dämonen.“ Gleichgültig zuckte Guldo mit den Schultern und zerdrückte nebenbei ein kleines Insekt, das sich einen Weg über seine Schulter bahnen wollte.

„Aber ich bin ein Mensch und kein Dämon.“ Entfuhr es Yumi. Das ergab doch überhaupt keinen Sinn.

„Zerbrich dir darüber nicht deinen Kopf, den wirst du sowieso nicht mehr lange auf deinen Schultern tragen.“

Mit einer fließenden Bewegung erhob sich der Dämon und zerrte Yumi mit nach oben.

„So und jetzt Schluss mit der Fragerei, das führt zu nichts. Sieh lieber deinem Ende entgegen.“

Ein leises Schaben war zu hören, als Guldo seine Krallen ausfuhr.

Fast schon bedächtig legte er sie an ihre Kehle.

„Sobald du tot bist haben wir erst einmal 100 Jahre unsere Ruhe, bevor die Suche erneut von vorne beginnt.“
 

Obwohl Yumi sowieso nichts sehen konnte kniff sie ängstlich ihre Augen zusammen.

Das war es also. Das sollte ihr Leben gewesen sein?

Sie war zwanzig Jahre alt und hatte das Dorf nicht einmal verlassen, im Nachhinein bereute sie diese Entscheidung. Schon viel früher hätte sie ihre Hütte verlassen und sich die Welt ein wenig 'ansehen' sollen, aber ihre Angst und ihre Verbundenheit zu den Dorfbewohnen, besonders zu Misaki, hatten das immer Verhindert.

Sie war nie übermäßig glücklich gewesen, aber auch nicht unglücklich. Sie hatte eben gute und schlechte Tage, so wie fast alle.

„Bitte irgendwer, helft mir.“ Wimmerte sie schon fast. Yumi wollte noch nicht sterben und erst recht nicht durch die Hand von diesem eingebildeten Dämon. Ihr musste etwas einfallen, nur was?

„Du kannst flehen so viel du willst. Es wird niemand kommen.“

Dessen war sich die junge Frau bewusst. Wer sollte auch kommen, sie kannte ja niemanden mehr.

Ihre Freunde waren bereits tot und eine Familie außerhalb des Dorfes hatte sie nicht. Ja, es war vorbei, endgültig.
 

„Stirb.“

Yumi spürte den Lufthauch der klauenbesetzten Hand, deren Ziel ihre Kehle war, ehe sie urplötzlich zurückgerissen wurde.

Verwirrt und übermäßig verwundert fand sie sich auf dem staubigen Boden wieder.

„Du?!“ hörte sie die Stimme von Guldo. Er klang ängstlich und erschrocken.

„Was hast du denn hier verloren?“

Sie konnte das Zittern in seiner Stimme hören, ehe er ein paar Schritte zurücktrat.

Die Schwarzhaarige war immer noch etwas durcheinander, als sie sich wieder aufsetzte.

Anscheinend war noch eine Person gekommen und hatte sie gerettet. Vielleicht war es ja einer der Dorfbewohner. Noch ehe sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, verwarf sie ihn auch wieder.

Keiner der Dorfbewohner würde einem Dämon Angst machen können und dieser Guldo hatte eindeutig Angst.

„Das wollte ich dich eigentlich fragen.“
 

Diese Stimme, diese kalte, emotionslose Stimme. Er war es also.

Sesshoumaru war gekommen, aber doch bestimmt nicht ihretwegen, oder? Das konnte nicht sein. Sie kannten sich ja kaum, also wieso sollte er sie retten?

„Du weißt genau, wieso wir hier sind.“ Giftete Guldo und trat einen weiteren Schritt zurück.

Sein Blick schweifte kurz zu Yumi, ehe er sich wieder auf seinen Feind richtete.

Auch Sesshoumaru blickte zurück auf die sitzende Frau hinter ihm.

Ehe Guldo auch nur reagieren konnte zischte eine grüne Lichtpeitsche durch die Luft und zerfleischte ihn in Sekundenschnelle. Bedächtig schritt der Lord des Westens auf die Überreste des Dämons zu.

Anscheinend steckte in dem Kopf noch ein Hauch von Leben, denn Guldo keuchte schmerzhaft auf und seine zornerfüllten Augen fixierten den Hundedämon. „Was kümmert es dich ob wir sie töten? Sie ist doch nur ein dreckiger Mensch.“

Sesshoumaru schnaubte abfällig.

„Ja, aber sie ist mein.“

Entführt

Es war ruhig geworden und man hörte nur noch das Raschelnd der Bäume und das Knistern der brennenden Hütten.

Das Leben war aus diesem Dorf gewichen und man konnte zwischen den zerstörten Gebäuden nur noch den Tod finden.

Yumi saß immer noch in vollkommener Schockstarre auf dem staubigen Boden.

Sie war fassungslos. Das konnte doch nicht wahr sein, es musste einfach ein Traum sein.

So etwas Grauenvolles durfte es in der realen Welt nicht geben.

Insgeheim wusste sie natürlich, dass in diesen kriegerischen Zeiten solche Überfällte nicht selten waren, aber sie hatte immer geglaubt, dass dieses Dorf, ihre Zuflucht, allem standhalten würde.

Was für ein schrecklicher Irrtum.
 

Ein Schrei durchbrach die Stille und Yumi zuckte unwillkürlich zusammen. Es war nicht irgendein Schrei, nein, es war der Schrei eines kleinen Mädchens.

„Misaki!“

Die Schwarzhaarige stemmte sich blitzartig hoch und wollte auf die Stimme zustürmen, als eine starke, männliche Hand sie am Arm packte und zurückzog.

„Lass mich los!“ brüllte Yumi und schlug auf Sesshoumarus Arm ein, was ihn aber nicht sonderlich zu stören schien, ganz im Gegenteil. Seine Hand umklammerte Yumis Arm wie einen Schraubstock und offenbar würde er sie so schnell nicht loslassen.

„Ich muss Misaki helfen, also lass mich gehen!“ schrie Yumi den Dämon an, während ihre Schläge jetzt nicht nur seinen Arm sondern auch seinen Brustpanzer trafen.

„Sie werden dich töten.“ Antwortete er nur, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Er war nicht gekommen, um einem kleinen Mädchen oder diesem Dorf zu helfen. Sein Ziel war lediglich, herauszufinden, wer diese Dämonen waren und vielleicht auch das Leben dieser törichten Frau zu retten.

„Ist mir egal, ich muss sie retten! Lass mich jetzt endlich los du blöder Idiot!“

Yumis Wangen waren vor lauter Wut schon rot angelaufen und wenn ihr Verstand im Moment nicht nur um Misaki kreisen würde, hätte sie sich vermutlich noch bremsen können, ehe sie einen der gefährlichsten Männer dieses Kontinents beleidigt hätte.

So aber, kam Sesshoumarus Schlag vollkommen überraschend und Yumi konnte gerade noch Oh sagen, ehe alles um sie herum schwarz wurde.
 

Sie lag bewusstlos in seinem Arm und er war schon versucht sie einfach auf dem Weg liegen zu lassen.

Wie konnte diese niedere Menschenfrau es auch wagen IHN zu beleidigen.

Er wusste schon, weshalb er diese Menschen nicht ausstehen konnte, sie hatten keinen Sinn für die eigene Sterblichkeit.

Leichten Schrittes lief er auf den dunkeln Wald zu.

Er wusste, dass die Dämonen bereits verschwunden waren, daher konnte er keinen Grund finden noch länger in dieser Ruine zu verweilen.

Natürlich war ihm vollauf bewusst, dass dies erst der Anfang war.

Die Dämonen würden nicht aufgeben und das zierliche Mädchen in seinen Armen auch weiterhin jagen, es sei denn…

Er konnte nicht noch eine Last mehr gebrauchen, aber sie sofort töten wollte er auch nicht.

Er musste zunächst hinter das Geheimnis dieses Mädchens kommen.

Wieso war in diesem Jahrhundert ausgerechnet so eine schwächliche Menschenfrau ausgewählt worden? Bevor er das nicht erfahren hatte, würde er sie noch am Leben lassen. Vorausgesetzt sie benahm sich in seiner Gegenwart.
 

„Meister Sesshoumaru, du bist wieder da.“

Ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren und einem kleinen Zopf stürmte auf den Dämon zu und lächelte ihn fröhlich an.

„Ja.“ War alles was er zur Begrüßung sagte.

„Rin! Rin, wo steckst du?!“ krähte jemand und Sekunden später zwängte sich eine kleine, krötenähnliche Gestalt aus dem Gebüsch.

Zunächst blickte sie sich etwas verwirrt um, ehe sie die Anwesenheit des Daiyoukais bemerkte und sofort auf das kleine Grüppchen zu hastete.

„Meister, da seid ihr ja wieder. Habt ihr alles erledigt?“

Wie schon so oft, wartete der Krötendämon, welcher Jaken genannt wurde, vergebens auf eine Antwort.

So war es nun einmal, wenn man mit Sesshoumaru reiste. Auf gute Gespräche konnte man nicht hoffen.

„Meister Sesshouma, wer ist denn diese Frau?“ fragte Rin und deutete dabei auf Yumi, die noch immer bewusstlos in seinem Arm lag.

„Sie wird uns eine Weile begleiten.“ Antwortete der Dämon ohne umschweifen und legte die Frau ins Gras.

„Ohhh.“

Das Mädchen machte große Augen und betrachtete die Fremde etwas genauer.

„Sie ist hübsch.“

Jaken dagegen schien weniger erfreut.

„Noch ein Mensch?! Aber Meister, wieso schleppen wir denn noch so ein Weib mit uns herum?“

Der Weißhaarige blickte nur abschätzig auf den kleinen Dämon und verschwand ohne ein weiteres Wort im Wald.

„Na toll, mit mir kann man es ja machen.“ Grummelte der kleine Krötendämon, als er sicher war, dass sich sein Meister in einiger Entfernung befand.

„Jaken, glaubst du sie wird Meister Sesshoumarus Frau?“ Rin blickte ihren Gegenüber mit fragenden Augen an.

„Was?! Red nicht so ein dummes Zeug! Der Meister würde niemals eine gewöhnliche Menschenfrau als Gefährtin auswählen!“ kreischte Jaken aufgebracht.

„Aber wieso hat er sie denn dann hierher gebracht?“

Darauf wusste der Grünling keine Antwort.

Sesshoumaru war in letzter Zeit sowieso merkwürdiger drauf gewesen als sonst.

Andauernd hatten sie die Richtung geändert, fast so als würden sie irgendeiner Spur folgen. Natürlich hatte Jaken, sehr zu seinem Leidwesen, keine brauchbare Antwort auf seine Frage, wohin sie den unterwegs seien, bekommen.

Vor einer Woche schließlich hatten sie in diesem Wald ihr Lager errichtet und der Daiyoukai war verschwunden.

Dann in der letzten Nacht kam Sesshouma mit einem Blick zurück, den er noch niemals bei seinem Meister gesehen hatte und jetzt, einen Tag später, schleppte er diese schwächliche Frau an.

Wie sollte man da als guter Diener nur die Nerven behalten!

„Jaken! Ich glaube sie wacht auf!“

Rins Schreie rissen den Krötendämon aus seinen Gedanken und er drehte sich missmutig zu der Frau um.

Vielleicht wusste sie ja, warum sein Meister sich so seltsam benahm, und Gnade ihr Buddha, wenn sie seine Fragen nicht beantwortete.
 

Yumi stöhnte etwas und öffnete langsam die Augen.

Alles woran sie sich erinnerte war ein überwältigender Schmerz in der Magengrube gewesen. Plötzlich riss sie die Augen auf und fuhr hoch.

Dieser Mistkerl hatte sie doch tatsächlich bewusstlos geschlagen! Das wird er bereuen!

Mit zusammengebissenen Zähnen krümmte sie sich etwas nach vorne, als sie immer noch einen pochenden Schmerz spürte.

Sie wusste noch nicht einmal, wo er sie hingeschleppt hatte.

Fast schon bedächtig nahm sie ein paar Atemzüge, um sich zu beruhigen und auf ihre Umgebung zu konzentrieren.

Sie hörte Vogelgezwitscher und das Rauschen von Blättern, außerdem vernahm sie ein weit entferntes gluckern, vielleicht von einer Quelle.

Was sie aber am meisten schockierte waren die beiden Gestalten neben ihr, deren unregelmäßige Atemzüge sie leicht wahrnehmen konnte.

„Wer ist da?“ fragte sie leise und drehte ihren Kopf etwas in die Richtung der Leute.

Innerlich betete sie, dass es sich nicht schon wieder um Dämonen handelte, aber viel Zuversicht hatte sie nicht. Schließlich wurde sie von einem Dämon entführt.

„Ich bin Rin und das ist Jaken.“

Etwas verdutzt hob Yumi ihren Kopf. Das war doch gerade die Stimme eines Kindes, oder?

„Bist du ein Mensch?“

„Bist du blind?! Natürlich ist sie ein Mensch.“ Schimpfte eine nervige Stimme drauf los.

„Ähm, ja, ich bin blind.“ Antwortete Yumi mit einem leichten Schmunzeln.

„Oh.“ Gab der komische Kerl nur von sich, ehe er vollends verstummte.

„Du bist blind?“ fragte stattdessen das Mädchen.

„Ja.“ Yumi hörte das Raschelnd von Laub im Gras, als sie die Kleine direkt neben sie setzte. „Und wie heißt du?“ Echte Neugier, wie sie nur ein Kind an den Tag legen konnte, schwang in ihrer Stimme mit.

„Yumi. Ich heißte Yumi.“ Ein kleines Lächeln stahl sich auf das Gesicht der Schwarzhaarigen. Irgendwie erinnerte diese Rin sie an Misaki.
 

Mit einem Aufkeuchen sprang Yumi hoch.

„Misaki!“

Rin fiel erschrocken nach hinten um, ehe sie sich wieder aufrappelte.

„Wo ist das Dorf?!“ fragte Yumi aufgebracht und beugte sich wieder zu der Kleinen herunter. „Welches Dorf?“

Oh nein, vermutlich befand sie sich gerade mitten im Wald, weit weg von ihrem Zuhause und von Misaki.

„Ich muss es suchen.“

Hastig wollte sie davon stürmen, als sich auch schon über den nächsten Busch stolperte und im Dreck lag.

„Du kannst nicht gehen, der Meister wird sonst sicher böse.“ Erklärte Rin, während sie der Fremden half sich wieder aufzurichten.

„Dein Meister ist mir egal! Ich muss zurück zum Dorf und zwar sofort!“ schrie Yumi und wollte auch schon weiterlaufen, als eine Stimme sie innehalten lies.

„Du bleibst hier.“

Der Schock

Natürlich kannte sie diese Stimme, so kalt und dunkel. Siedend heiße Wut stieg in ihr hoch und sie wirbelte auf dem Absatz herum.

„Ach und wieso sollte ich?!“ schrie sie und trat einen Schritt nach vorne.

„Weil ich es sage.“ Kam die ruhige Antwort.

Irgendetwas an seiner entspannten Art trieb Yumi zur Weißglut.

Was fiel diesem Dämon eigentlich ein, sie hier festhalten zu wollen!?

„Ach und wie kommst du auf die Idee, dass ich mache was du sagst?“ zischte die Schwarzhaarige.

Wäre sie nicht blind gewesen hätte sie vielleicht bemerkt, dass der Dämon sich etwas anspannte und seine Augen noch mehr Härte zeigten als sonst.

Kein gutes Zeichen.

„Hüte deine Zunge, ich habe dir zwar geholfen, aber das würde mich nicht daran hindern dich hier und jetzt zu töten.“

Sowohl Rin als auch Jaken traten ein paar Schritte zurück.

Ihr Meister hatte selten derartige Ausfälle, aber wenn er sie hatte dann ging es für sein Gegenüber meistens schlecht aus.

Yumi wusste natürlich ebenfalls, dass sie sich im Moment auf sehr dünnem Eis bewegte, aber einschüchtern würde sie sich nicht lassen.

Wenn er jetzt seinen Willen durchsetzte, dann konnte sie ihre Freiheit vermutlich vergessen.

„Ich bin dir dankbar, dass du mich vor den Dämonen gerettet hast, aber wenn du mich nicht sofort in Ruhe gehen lässt, dann wirst du es bereuen!“

Jaken entfuhr ein aufgebrachtes Keuchen. So hatte nun wirklich noch niemand mit Sesshouma geredet. Diese Menschenfrau musste vollkommen verrückt sein.
 

Yumi schluckte, während sie auf eine Antwort wartete.

Sie war zu weit gegangen, aber dieser aufgeblasene Schnösel war doch selbst schuld. Hätte er sie nicht so provoziert, dann wären sie sicher zu irgendeiner Einigung gekommen, aber so… Nein!

Die Schwarzhaarige straffte entschlossen die Schultern, wenn sie schon sterben sollte, dann wenigstens mit erhobenem Haupt.
 

Der Dämon beobachtete die schwächliche Menschfrau vor ihm, wie sie stolz ihr Kinn nach vorne reckte und ihn so gänzlich ohne Furcht in die Augen blickte.

Normalerweise würde ein solcher Blickkontakt ausreichen, um seinem Gegner das Fürchten zu lehren, aber sie war blind und somit immun gegen seine erfolgreichste Waffe.

Aber nichts desto trotz hatte sie ihn beleidigt und dafür würde sie die Konsequenzen tragen müssen. Er war immerhin ein Daiyoukai und sie nur eine Menschenfrau.
 

Es ging alles so schnell, dass Yumi nicht mal aufschreien konnte.

Im ersten Moment stand sie auf dem Waldboden und versuchte furchtlos zu wirken und im nächsten wurde sie gegen einen Baum gepresst, während ihre Beine in der Luft schwebten.

„Du hast anscheinend immer noch keine Ahnung mit wem du hier sprichst Weib.“ Hörte sie den Dämon bedrohlich knurren.

Er hatte sie mit nur einer Hand um den Hals gepackt und drückte sie gegen die harte Rinde des Baumes.

„I…ich will doch nur Misaki helfen.“ Keuchte Yumi und spürte dabei ein Brennen in den Augen.

Nicht losheulen, jetzt bloß nicht losheulen, nicht vor ihm und nicht in dieser Situation.

Leider half das gut zureden überhaupt nichts.

Sie konnte nicht mehr, erst wurde ihr Dorf überfallen, dann ihr Leben bedroht und schließlich wurde sie entführt und wusste nicht ob ihre beste Freundin noch am Leben war oder nicht, das war einfach zu viel.

Lautlos liefen ihr die Tränen über die Wangen, bis zu der krallenbesetzten Hand, die sie immer noch im Würgegriff hatte.

Ihr Stolz war nun vergessen, sie wollte nur noch nach Misaki sehen und wenn sie dafür vor diesem Dämon zu Kreuze kriechen musste sollte es eben so sein.

„Ich flehe Euch an, lasst mich gehen.“ Schluchzte sie.

Kaum waren ihre Worte verstummt löste sich die Hand von ihrem Hals und Yumi glitt überrascht zu Boden.

„Du wirst diese Lichtung nicht verlassen Mädchen.“ Knurrte Sesshoumaru ehe er sich umwandte und im Wald verschwand.
 

Die Schwarzhaarige zog ihre Beine an den Körper und umschlang sie fest, bevor sie sich erneut ihrer Trauer hingab.

Sie würde es nicht alleine durch den Wald schaffen und wenn sie einfach so loslief würde dieser Dämon sie wiederfinden und vermutlich töten.

Sie hatte also keine andere Wahl als sitzen zu bleiben und zu hoffen.
 

Sesshouma derweil lief zwischen den Bäumen hindurch und betrat nach einer Weile erneut das zerstörte Dorf.

Er brauchte sich nicht umzusehen, seine Nase verriet im alles was er wissen musste und somit auch, dass das kleine Mädchen, von dem die Frau gesprochen hatte nicht mehr im Dorf war.

Der Dämon hatte keine Ahnung wohin sie verschwunden sein könnte, aber es war ihm auch herzlich egal.

Er war lediglich in das Dorf gekommen, um noch einmal die Gerüche der Angreifer zu überprüfen und nicht etwa, weil ihn das Geheule dieser Frau erweicht hatte.

Sie war noch nützlich für ihn und nur deshalb blieb sie am Leben, aber sollte er sie nicht mehr brauchen hatte er keinerlei Skrupel sie zu töten.
 

„Hier sind Pilze, die hab ich gepflückt, willst du ein Paar?“

Rin setzte sich neben die schwarzhaarige Frau und hielt ihr ein Blatt mit Pilzen und Früchten hin.

Yumi hob den Kopf und zwang sich ein Lächeln ab.

Die Kleine konnte ja nichts für die Gemeinheit ihres Meisters.

„Gerne, vielen Dank.“

Vorsichtig hob sie einen Pilz hoch und kostete.

„Die sind wirklich lecker.“ Rin lächelte über beide Ohren. „Danke.“

Eine Weile verging, in der die beiden still vor sich hin aßen, ehe Rin wieder das Wort ergriff.

„Äh, Yumi, diese Misaki, ist das das Mädchen von dem du vorhin gesprochen hast?“

Die Schwarzhaarige lächelte traurig.

„Ja, sie müsste denke ich in deinem Alter sein. Sie war…ist meine beste Freundin.“

Yumi schluckte schwer.

„Tut mir leid. Sesshoumaru ist eigentlich gar nicht so böse, weißt du. Man erkennt es nur nicht sofort.“ Versuchte Rin zu erklären.

Anscheinend mochte die Kleine den Dämon wirklich sehr.

Yumi fragte sich, was er wohl getan hatte um ihr Vertrauen zu gewinnen.

Schließlich wirkte er auf sie nicht gerade wie der Süßigkeitenmann von nebenan.

„Das würde ich dir nur allzu gerne glauben, aber zu mir war er bis jetzt nicht besonders nett.“ Antwortete die Schwarzhaarige bitter.

„Ja, ich weiß, aber wenn du jetzt bei uns bleibst, dann wirst du es schon noch sehen.“ Erwiderte Rin aufgeregt.

„Tut mir leid Rin, aber ich werde nicht bei euch bleiben. Ich muss unbedingt zurück und meine Freundin retten.“ Versuchte Yumi zu erklären.

„Aber Sesshouma hat doch gesagt, dass du hier bleiben sollst.“

Rins enttäuschte Stimme ließen Schuldgefühle in der Schwarzhaarigen aufkeimen.

Dieses kleine Mädchen war Misaki in vielen Dingen irgendwie ähnlich und in andern wiederum überhaupt nicht.

„Ja, ich…weiß. Ein bisschen werde ich wohl schon noch bleiben.“ Versuchte Yumi die Kleine aufzumuntern.

Es stimmte ja, sie konnte im Moment noch nicht weg, selbst wenn sie gewollt hätte.

Außerdem schuldete dieser schnöselige Dämon ihr noch ein paar Antworten und ohne die würde sie sowieso nicht verschwinden.

„Sag mal Rin, weißt du was dein Meister von mir will?“ fragte Yumi.

Vielleicht wusste dieses Mädchen ja Bescheid.

„Nein, keine Ahnung.“

Fehlanzeige, aber sie hatte auch nicht wirklich damit gerechnet.

„Was ist mit dir kleiner Dämon, weißt du was Sesshouma von mir will?!“ brüllte sie über die Lichtung. Jaken saß so weit entfernt wie nur möglich und versuchte die Frau mit seinen Blicken zu erdolchen, was natürlich keinerlei Wirkung hatte.

„Was fällt dir eigentlich ein Weib?! Sei gefälligst nicht so unverschämt!“ keifte er los und fuchtelte wie wild mit seinem Stock in der Gegend herum.

„Na toll, von dem werde ich sicher keine vernünftige Antwort bekommen.“ Grummelte die Schwarzhaarige und ignorierte das andauernde Gezeter des Grünlings.

„Jaken ist ein bisschen empfindlich, aber sonst ganz in Ordnung.“ Erklärte Rin und kicherte kurz, als der Froschdämon anscheinend über irgendwas gestolpert war.
 

„Wir werden bis morgen hierbleiben.“

Erschrocken keuchte Yumi auf, als sie die dunkle Stimme direkt neben sich vernahm.

Dieser Kerl konnte sich so lautlos bewegen wie sonst niemand den sie kannte.

„Und was ist mit Misaki!“

Die Schwarzhaarige sprang auf ihre Füße und trat wie sie hoffte einen Schritt auf den Dämon zu.

„Vergiss sie.“ War alles was er antwortete.

„Nein. Du warst doch noch einmal im Dorf stimmt‘s? Ich kann den Duft einer Blume wahrnehmen, die nur am Rand der Felder unseres Dorfes wächst.“

Der Dämon erstarrte.

Er hatte nicht geglaubt, dass ein gewöhnlicher Mensch so einen guten Geruchsinn haben konnte.

„Woher weißt du das?“ fragte jetzt Rin, die ebenfalls aufgestanden war.

„Da ich blind bin sind meine anderen Sinne etwas ausgeprägter als bei normalen Menschen, aber mit denen der Dämonen können sie leider nicht konkurrieren.“ Erklärte Yumi ruhig, ehe sie sich wieder zu Sesshouma umwandte.

„Was ist mit Misaki?“

Sesshoumaru blickte sie ein paar Sekunden ausdruckslos an, bevor er an ihr vorbeischritt. Im gehen sagte er ein Wort, dass Yumi zu Salzsäule erstarren lies.

„Tot.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Alexa_Chan
2013-06-28T20:06:52+00:00 28.06.2013 22:06
Hey,
Mir gefällt deine FF wirklich sehr gut..
Ich finde die Art wie du Yumi schreibst sehr Bewunderswert da ich es mir schwer vorstelle eine Blinde junge Frau zu schreiben
Aber Sessy-chan hast du wirklich sehr gut getroffen
Ich bin schon gespannt wie es weiter geht....

Wenn es Möglich ist, würde ich gerne eine Benachrichtigung über ENS bekommen, wenn ein neues Kapitel hoch geladen wird...

lg Alexa_Chan
Von:  Rachel
2013-03-11T09:44:00+00:00 11.03.2013 10:44
hey,gefällt mir gut was du schreibst.ist bis jetzt nichts neues,aber klingt interessant^^bin gespannt was es auf sich hat, mit der suche der dämonen.
Von:  CheyennesDream
2013-02-28T14:01:02+00:00 28.02.2013 15:01
Ich kenne deine FF schon von eienr anderen Plattform.

Die Idee und die bisherige Umsetzung gefallen mir. Eine Geschichte mit viel Potenzial. Stelle es mir schwierig in der Umsetzung vor bei einem blinden Chara. Bisher ist dir das gut gelungen.
Sessy gefiel mir ebenso, etwas beherrscht, kühl und zurückhaltend. Hast ihn gut getroffen.

Chris


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