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Der Große Zazzim

von

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Vorwort

Die Legende besagt…

 

Mantorok ist kein Gott. Er, dessen Präsenz zeitlos ist, der schon war, bevor das Sein begann, ist jenseits aller Begrifflichkeiten, mit denen ein primitiver sterblicher Verstand ihn zu erfassen fähig wäre. Seine Präsenz kann nicht bemerkt, nicht wahrgenommen, nur anhand der Zeichen seines Wirkens erkannt werden. Er, Höchster unter allen, Erster, Einziger und Letzter, formt die Realität mit bloßen Gedanken. Sein Wille steht außerhalb aller Dimensionen.

Diese Entität verfolgte über Jahrtausende und Jahrmillionen die Schöpfung des Kosmos, die Entwicklung der Galaxien, das Aufblühen von Kulturen und das Sterben ihrer Sonnen. Wissend, dass die Kräfte, die ihm oblagen, bei einem direkten Eingriff alles zerstören könnten, was so vorzüglich für seine Unterhaltung beschaffen war, formte er aus seinem puren Willen heraus Diener seiner selbst. Mächtige Avatare seines Verstandes, Hüllen zunächst nur, die er mit einem einzigen Gedanken ausfüllte, ihnen einen Geist gab, der erwachen, lernen, sich selbst weiterformen konnte.

In den unzähligen Welten, in denen seine Boten verehrt und gepriesen wurden, unter den Milliarden von Leben, die ihm Unterhaltung für die Ewigkeit verschafften, gab es schließlich einen winzigen Winkel der Existenz, in dem die Dinge einen katastrophalen Verlauf zu nehmen schienen. Mithra, einer jener Boten eines höheren Willens, kam vom Weg ab. Die Huldigungen der niederen Sterblichen und ihre Lobpreisungen seines Namens stiegen dem Laufburschen zu Kopf, er begann sich selbst für göttlich zu halten, für unsterblich, unbezwingbar, überlegen – und sagte sich frei von Mantoroks Willen.

Für diesen wäre es ein Leichtes gewesen, die verdorbene Kreatur einfach zu zerschmettern. Nicht mehr als einen Gedanken hätte es gebraucht, doch welches Zeichen hätte dies für seine anderen Werkzeuge ausgesendet? Das sie alle ersetzbar waren? Das sie alle keinen tatsächlichen Wert besaßen? Dass sie nur zu dienen hatten, seinen Gelüsten Befriedigung verschaffend, seine Unterhaltung garantierend, seinen Willen tragend? All dies mochte der Wahrheit entsprechen, doch als er zugelassen hatte, das sie sich selbst lehrten, sich selbst frei entwickelten und eigenständig weiterformten, gab er ihnen die Möglichkeit, ihr eigenes Sein zu begreifen. Sie würden nicht gutheißen können, sollte er ihnen diese Botschaft senden.

So entschied der allmächtige Ewige, seinem Willen Blut und Fleisch zu verleihen, um die ungläubigen Sterblichen und fehlgeleiteten Abtrünnigen wieder auf den rechten Pfad zu führen und Mithra, so unverzeihlich sein Wahn auch war, über die wahren Kräfteverhältnisse des Universums zu belehren und ihn aus seinem Irrglauben heraus zu führen.

Dies war die Geburtsstunde des Großen Zazzim.

 

In das Königreich Talingarde entsandt, manifestierte sich Mantoroks Wille im Wald von Caer Bryr und nahm die Gestalt der dort üblichen Kreaturen an. Die Auswahl stand zwischen den Menschen der dortigen Stämme, den wilden Ebern, den klugen Eulen oder einem der Kobolde. Die Entscheidung wurde letztlich sehr pragmatisch getroffen: Eber und Eulen konnten sich schwerlich mit anderen Völkern verständigen und als erst einmal der Kreis des Möglichen auf Menschen und Kobolde eingegrenzt war, siegten Letztere durch ihre deutlich bessere Anpassung an ihre Umgebung.

Nachdem der Große Zazzim sich in Gestalt eines dieser kleinen Grünlinge manifestiert hatte, er Verstand und Persönlichkeit eingeflüstert bekommen hatte, schloss man mit ihm einen Handel ab. Nur ein Werkzeug des höheren Willens, wie er jetzt war, würde seine Existenz zerfallen, sobald er den Auftrag seines Schöpfers erfüllt hätte. Doch Mantorok, in einer Geste seiner Großzügigkeit, schickte dem Kobold den Kleinen Zazzim. Eine formbare Kreatur, Ausdruck seines guten Willens. Eines Tages, sobald Mithra von seinen Sünden überzeugt wäre und man den selbsternannten, aber falschen Gott von seinem Irrglauben geläutert hätte, würde der Kleine Zazzim den Großen verschlingen. Während Fleisch, Blut und Knochen vergängliche Spuren einer oberflächlichen Existenz waren, würde das geflüsterte Wort Mantoroks, die unsterbliche Seele seines Dieners, auf das Gefäß übergehen und dem Großen Zazzim stünde die Ewigkeit der Existenz offen.

Hellauf begeistert von dieser Segnung und dem Versprechen der Unsterblichkeit, begab sich der Große Zazzim auf den Weg, um die Ungläubigen zu läutern, die Fehlgeleiteten zu führen und die Abtrünnigen zu strafen. Seine Bemühungen trieben ihn über viele Jahre hinweg in unterschiedliche Dörfer und Städte, selbst am Wegesrand bemühte er sich, den Glauben an den einzig wahren Mantorok zu verbreiten. Gelegentlich hatte er Erfolg. Jene, die ihm lauschten, lächelten, nickten, versprachen ihm bei ihrer Ehre, sie würden die Kunde weitertragen. Es waren müßige Schritte und nur kleine Erfolge, doch der Große Zazzim ließ sich nicht entmutigen. Auch als ihn mehrfach die Bewohner der Ortschaften davonjagten, ihn beschimpften und mit faulem Obst oder gar Steinen bewarfen, keimte nie ein Zweifel an der Richtigkeit seiner Sache auf.

Immer wieder aufs Neue versuchte er, die Bewohner Talingardes zu überzeugen. Mit der Hilfe seiner Messdiener und des Kleinen Zazzim predigte er, vollzog seine Rituale und bekehrte hier und da den einen oder anderen. Meist jedoch waren es die großen Städte, die ihm gegenüber verschlossen blieben, verbohrt in ihrem Irrglauben und zu festgefahren, um zu begreifen. Er aber, klug wie sein Schöpfer ihn formte, begriff die höheren Zusammenhänge all dessen und erkannte: Es waren nur Wenige, die den Vielen diktierten, was sie zu sagen, zu tun und zu glauben hatten. Diese Erkenntnis beflügelte den Kobold enorm, denn nun wusste er, was sein Ziel sein musste!

Die erste größere Siedlung diente ihm als Experiment zur Bestätigung seiner These. Da er erkannt hatte, das viele sich eher davon abgeschreckt sahen, wenn er sie über Mantoroks Güte belehren wollte, indem er ihnen vorführte, welch wunderbare Schöpfungen sein Gebieter hervorbringen konnte, trat er allein durch die Tore der Stadt. Allein auch setzte er Fuß vor das Grundstück der regierenden Minderheit, einer einzelnen Familie. Die Wächter waren rasch davon überzeugt, dass er dringende Angelegenheiten zu besprechen habe und man ihn bereits erwarten würde – es durfte keine Verzögerung geduldet werden!

So begab er sich in das Anwesen. Hier angelangt, galt es das Werk zu verrichten. Bekehrung oder Sühne, diese einfältigen Kreaturen mussten begreifen! So rief er den Kleinen Zazzim zu sich und gemeinsam mit ein paar Messdienern schickte sich der Gesandte an, die zu Läuternden aufzuspüren. Dabei jedoch kam ihm das Hauspersonal in die Quere. Kreischend und verständnislos flohen sie, ohne seine Worte zu hören, ohne sich über die Falschheit ihres Glaubens belehren zu lassen. Was blieb ihm schon, als die Verbohrten und Ignoranten zu strafen? Wachen kamen, deren Ohren ebenso geschlossen, deren Geist ebenso starr und unflexibel war. Blut floss reichlich, doch der Große Zazzim wollte sich nicht aufhalten lassen, wollte nicht, dass sein Experiment schon vorzeitig scheiterte.

Er erreichte die Räumlichkeiten, die er gesucht hatte und wollte zu predigen beginnen, als ihm jemand etwas Hartes über den Schädel zog und die Dunkelheit ihn umfing.

 

Verbrennen wollten sie ihn, für das schwerwiegende Verbrechen der Blasphemie! Gotteslästerung, das musste sich der Große Zazzim anhören, er, der Gesandte!

Festgekettet wie ein Tier, gefüttert wie ein Neugeborenes und angegafft wie eine Zirkusattraktion brachte man ihn über die lange und erschöpfende Seereise nach Brandenscar, die Gefängnisburg, deren Insel man nur über eine Brücke erreichen konnte und die im Ruf stand, es sei noch nie ein lebendes Wesen von dort entkommen.

Brandenscar

Dem Großen Zazzim wurde natürlich rasch klar, dass die hiesigen Zustände gerade für einen Propheten Mantoroks einfach untragbar waren. Die Qualität der Bewirtung ließ sehr zu wünschen übrig – die Menge der gebrachten Speisen ohnehin! -, das tagtägliche Stehen, angekettet und geknebelt, tat zweifellos seiner stetig schwächer werdenden Muskulatur nicht gut und die leidige Notwendigkeit des Toilettenganges nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit verrichten zu können war mehr als unangenehm.

Doch immerhin hatte man ihm ein paar Kameraden gegeben. Mit ihm auf dem Schiff hatte sich bereits diese Alte befunden, augenscheinlich ein Mensch, die man wie ihn ebenso geknebelt und gefesselt hielt. Er hatte gehört, wie man sie eine Hexe nannte und freute sich insgeheim darauf, ein paar freundliche Worte mit ihr wechseln zu können. Die beiden Kitsune hingegen, die weniger strikt, aber dennoch solide in der gleichen Zelle angekettet waren, kannte er noch nicht. Den Gesprächen nach schien es sich um ein Geschwisterpaar zu handeln. Das würde natürlich erleichtern, sie zu bekehren – vollbrachte er es, Sinn und Verstand in einen von beiden zu bringen, würde dieser dem anderen eben jenes lehren können.

Leider dauerte es über eine Woche, ehe sich die Geschehnisse wieder beschleunigten.

Die Verlobte des einen Kitsune war für einen Besuch aufgetaucht. Eine nette Geste, wie der Große Zazzim befand, also handelte es sich um aufrechte, tugendhafte Leute. Dann müsste sein Wort auf umso fruchtbareren Boden fallen! Als der Pelzige jedoch zurückkehrte, brachte er einen Schleier zum Vorschein. Ein wirklich hübsches Ding und der Große Zazzim konnte nicht leugnen, dieses Stück nicht einfach nur wiedererkennen zu können, nein, er war gespannt, war aufgeregt! Einst hatte er einen Menschen mit einem ganz ähnlichen Stück gesehen. Sein ganzer Umhang war bestickt, wirklich kunstvolle Handwerksarbeit. Er löste ein Stück davon, ließ es fallen und die Stickereien wurden lebendig, wurden materiell.

Magie war natürlich nichts anderes als ein winziger Bruchteil eines kleinen Funkens dessen, was Mantorok konnte, wusste und wollte. Doch allein im Charakter eines Symboles musste man alle Magie verehren, war sie doch ein Bruchteil von Ihm und eine direktere Verbindung gab es nur im Gebet selbst.

Obendrein war der Schleier wirklich hübsch.

Mit dem Knebel gestaltete es sich natürlich etwas schwieriger, den beiden Befellten zu erklären, was es nun zu tun galt. Zu diesem Zweck löste sich die Schwester des Beschenkten aus ihren Ketten, indem sie die Gestalt eines kränklich-dürren Weibes annahm und einfach aus den Handeisen herausschlüpfte. Sie löste seinen Knebel und nun, so glaubte er, sei seine Stunde gekommen! Statt jedoch mit seinen Lehren beginnen zu können, wies man ihn auf die zugegeben leidigen Umstände ihres Seins hin. Ein Gefängnis, umgeben von Ungläubigen und Häretikern, ja… das war wohl tatsächlich nicht der beste Ort.

Er erklärte ihnen die Verwendung des Schleiers und die beiden nutzten dieses wundervolle Geschenk sogleich, um eine Ablenkung zu inszenieren. Einhundert goldene Münzen rollten über den Boden und das Klimpern und Klirren alarmierte die Wächter. Vom irreführenden Ruf des Glanzes und Wertes angelockt, betraten sie unvorsichtig die Zelle und wurden von den beiden Kitsune überwältigt. Es war ein wundervoller Anblick, zu sehen, wie diese beiden – auch ohne es zu wissen – bereits jetzt das Werk des Einen verrichteten. Im Zuge der ersten Schritte ihres Ausbruches wurde der Große Zazzim Zeuge, wie die Alte sich befreite, indem sie ihre Schlösser zu Staub und Rost zerbröseln ließ. Eine wirklich bemerkenswerte Fähigkeit!

Von den vielen Tagen schlechter Behandlung ausgehungert und ausgezehrt, verschaffte sich der Kobold zunächst ein wenig Stärkung an den gerichteten Leibern der Sündigen. Er rief zudem den Kleinen Zazzim herbei, damit sie ihr Band nach so langer Zeit wieder festigen und sein zukünftiges Gefäß sich am Blut und Fleisch der Häretiker stärken konnte. Zwar bedurfte es ein klein wenig Aufklärungsarbeit bei der unwissenden Alten, das an seinem zukünftigen Gefäß nichts Unnatürliches war, doch sie hatte bald schon ein Einsehen, als er ihr erklärte, dass der Kleine Zazzim sein Werk im Willen Mantoroks verrichten und die Ungläubigen und Fehlgeleiteten strafen würde.

Der kleinen Gruppe stieß schließlich noch Grumblejack hinzu, ein Tieflingsoger aus der Nachbarzelle, der zügig eine besonders innige Verbindung zum Kleinen Zazzim zu entwickeln schien, teilten sie doch so vieles. Beide schätzten sie den Geschmack des Fleisches der Sünder und fanden Genugtuung darin, deren Irrglauben zu strafen!

War sich der Gesandte Mantoroks zunächst nicht ganz sicher gewesen, so befand er den Willen seines Herrn und Schöpfers nun doch für unzweifelhaft. Er gestattete diesen Leuten, ihn zu begleiten und rekrutierte sie für seine Bestrebungen. Zunächst natürlich hieß das, dem Gefängnis Brandenscar zu entkommen. Immer wieder stellten sich ihm Frevler und Ungläubige in den Weg, doch mit Hilfe jener, die noch nicht wussten, wem sie dienten, gelang es ihnen, die Hindernisse und Hürden zu überwinden. Dabei kam auch der Häretiker Sir Blackerly zu Fall, dessen tatsächlicher Blasphemie sie alle ein überaus schmerzhaftes Brandmal auf ihrer Hand zu verdanken hatten und der ihnen nachträglich immerhin einen kleinen Dienst erwies, indem er sie mit genug Alkohol für Brandbomben, einer guten Summe weiterer Münzen und allem voran, seinem Körper versorgte.

Das pelzige Weibchen vermochte sich in die Gestalt des Herrn zu versetzen und so die alarmierten Wachen in die Irre zu führen. Natürlich hätte der Große Zazzim sie für ihre Initiative angemessen würdigen wollen, doch noch immer befand er den Zeitpunkt für nicht günstig. So eilten sie sich stattdessen, das Haupttor zu erreichen und gerieten in einen Hinterhalt. Ungläubige und Frevler waren stets ein Dorn im Auge des Großen Zazzim gewesen, sie spotteten des Willens Mantoroks und verachteten seine Macht. Doch diese Kreatur war unverfroren genug, den Spott und Hohn auf eine ganz neue Ebene zu bringen! In der Gestalt eines Menschen fasste die Korruption Fuß, hatte als personifiziertes Übel sich in Fleisch gepresst und wob den Willen Mantoroks gegen seine Diener. Ein Parasit war das, eine Missgeburt, verseucht, verdreht, nicht würdig der Existenz, die sie sich erschlichen hatte!

Gefängnisvorsteher nannten sie ihn, doch er war kein Mensch mehr, besaß keine Persönlichkeit mehr. Der Große Zazzim war schon früher auf diese Perversionen gestoßen, die man hierzulande Magier nannte. Sie trugen den Spott schon in ihrem Namen! Die Magie war ein Geschenk, sie war ein Teil des Einen und dieses Ding missbrauchte jene Kräfte, saugte wie ein Blutegel daran und verleibte sich Mächte ein, die ihm nicht zustanden!

Nur der zahlreich nachrückenden Dienerschaft war zuzuschreiben, dass der Große Zazzim nicht völlig in Rage geriet und der verderbten Existenz dieser Monstrosität ein Ende bereitete!

Gezwungen, rasch zu flüchten, zogen sie sich durch den Pfeilhagel der Unfähigen über die Brücke zurück und verließen die Festung von Brandenscar. Viel hatten sie erdulden, viel hinnehmen müssen. Jeder trug seine Wunden – natürlich mit Ausnahme des Gesandten, den der Wille Mantoroks geschützt hatte! Doch einen Oger galt es zu ziehen und den Kleinen Zazzim hatten diese Frevler fürchterlich zugerichtet.

Mit seinen Rekruten folgte der Große Zazzim der Wegbeschreibung, welche er von der Verlobten des Kitsune bekommen hatte. In den Sümpfen vor der Festung wurden sie zwar kurzzeitig in eine wirklich unschöne Auseinandersetzung mit einem dreisten Frosch verwickelt, der glaubte, er könne einfach so einen seiner Lakaien verspeisen, doch diesem frechen Unhold trieb er solche lächerlichen Ambitionen zügig aus!

Sie gelangten tief in der Nacht zu einem wirklich überaus stilvollen Haus, dessen Einrichtung vorzüglich den Eindruck von Noblesse und Klasse fortführte. Auch die Verlobte des Kitsune konnten sie endlich kennenlernen, eine überaus adrette und vornehme Dame… für… einen Menschen, natürlich. Im Verlaufe dieses Abends konnten sie sich endlich vom Schmutz ihrer Inhaftierung befreien lassen, sie wurden vorzüglich verköstigt und in prächtigen kleinen Sälen mit gewaltigen Betten untergebracht. Mehr noch als das, erwies sich eben dieses Weib als überaus gönnerhaft, ihnen je einen persönlichen Diener zur freien Verwendung zur Verfügung zu stellen.

Der Große Zazzim hatte bereits prächtige Pläne für das Elfenweib, doch leider kam ihm der Verlobte Tiadoras zuvor. Einen Moment erwog der Gesandte zwar, auf sein Recht als Prophet zu bestehen, überließ dem Felligen jedoch schließlich das Weib als Belohnung für seine bisher demonstrierte Nützlichkeit und Kompetenz. Stattdessen begnügte sich der Kobold mit einer schlanken Schwarzhaarigen, die ihren Dienst ebenso gut würde erfüllen können.

Erst zu späterer Stunde wurden sie schließlich darin eingeweiht, weshalb man ihnen so unverhofft geholfen hatte. Tiadora führte sie zu einem älteren Würdenträger, den der Große Zazzim mühelos erkannte. Er war Kardinal, also ein hoher Geistlicher des Glaubens, dessen Zeichen hier nahezu allgegenwärtig war. Asmodeus war natürlich kein Gott. Vielmehr war er, genau wie Mithra, ein Laufbursche, Werkzeug und Bote Mantoroks, doch im Gegensatz zu diesem Abtrünnigen wusste Asmodeus noch um seinen Platz und den Wert von Loyalität. Der Große Zazzim betrachtete diesen scheinbaren Zufall der Hilfestellung daher nun mit völlig anderen Augen und sah darin eine kleine Hilfestellung seines Schöpfers und Gebieters. Selbst die Boten des Einen schienen mit dem Verhalten des Irregeführten nicht einverstanden und begehrten gegen den Wahnsinngen in ihrer Runde auf. Ein wahrhaft vorzügliches, vorbildliches Verhalten!

Der Gesandte beschloss nun, seine Mitflüchtlinge zu ehren, indem er sie vom Rang der Rekruten in die Position von Initianten erhob. Sie handelten bereits im Willen Mantoroks und dienten ihm – wenn auch indirekt über das Wort Asmodeus‘ -, so sollten sie auch gepriesen werden als Anhänger und Propheten seines Willens! Auf diese Weise zutiefst befriedigt, erstaunt, erfreut und mit neuem Enthusiasmus beflügelt, begab sich der Große Zazzim zu Bett. Gewaltige Veränderungen würden sie alle erwarten… nein. Nein nein, sie würden sie herbeiführen! Ja. Ja, genau… sie würden einen Sturm gegen die Ungläubigen und Fehlgeleiteten entfesseln, der einen jeden in Talingarde vor die Wahl stellen würde: Werde Teil des Sturms oder gehe darin unter!

Die Prüfung der Neun

Wie man es ihnen angekündigt hatte, wurde der Große Zazzim zusammen mit seinen frisch erwählten Initianten einer Prüfung unterzogen, in welcher der Gesandte und seine Rekruten beweisen mussten, das sie über die Stärke, Entschlossenheit und Gerissenheit verfügten, um Mantorok angemessen dienen zu können. Überdies sollte auch der ergebenen Anhängerschaft des Großen Zazzim vor Augen geführt werden, welche Gefahren ihnen drohen konnten und welche Qualitäten sie zur Überwindung derer würden aufbringen müssen.

Eifrig, sich seinem Gebieter und Schöpfer zu beweisen und auch zu demonstrieren, dass er sich gutes Gefolge ausgesucht hatte, trat der Große Zazzim in Begleitung seiner ergebenen Rekruten in die Tiefen eines verschlungenen Kellergewölbes herab, welches sich unter dem Anwesen im Sumpf erstreckte. Neun Prüfungen als Symbol für die Neun Höllen sollte es geben. Da hatte sich Asmodeus etwas Hübsches ausgedacht – der Kobold kam nicht umhin, die Finesse darin zu würdigen. Für einen Laufburschen einer höheren Entität hatte man diesem offenbar bereits einiges an Verstand gewährt.

Der erste Raum verlockte sie mit einer so offenkundig lächerlichen Falle, dass der Große Zazzim sich in seinem Verstand beleidigt fühlte. Ein großer, quadratischer Raum lag vor ihnen und eine breite, doppelflügelige Tür befand sich direkt gegenüber der Treppen, welche sie hier herabgeführt hatten. Gewiss war das der Ausgang… natürlich.

Aufmerksamen Auges bemerkten sie zunächst eine geheime Kammer an einer anderen Wand und gelangten so in den Besitz eines verzauberten Edelsteines, der Frostmagie beherbergte. Mit wenig mehr Mühe erkannten sie nun auch die Falle vor der scheinbaren Tür – offenbar würde man darunter in eine Grube stürzen. Stattdessen erkannten sie jedoch eine weitere, ebenso verborgen liegende Pforte. Sehr zum Verdruss des Großen Zazzim mussten sie Grumblejack davon abhalten, die lockende Haupttür zu benutzen. Der Tieflingsoger hatte zwar ein Einsehen, als man ihm von den Fallen berichtete… doch auf seine Weise war es trotzdem peinlich. Allerdings, so ermahnte sich der Kobold nicht zu vergessen, hatte er diesen Hünen ja auch nicht für seinen überragenden Intellekt rekrutiert – dafür gab es ja schon ihn! -, nein, er war wegen seines überaus starken Armes hier.

Und vielleicht wegen seiner Vorliebe, Dinge in Stücke zu reißen. Das war stets ein unterhaltsamer Anblick.

Das nun ausgerechnet die alte Hexe in die Grube stürzte, war bedauerlich. Der Große Zazzim konnte sich nicht ganz einen Reim darauf machen, ob sie schlichtweg neugierig gewesen war, was sich wohl hinter der gesicherten Tür befand, oder ob sie schlicht versuchte, durch ihre Ambitionen ihn zu beeindrucken. Natürlich schmeichelte ihm der Enthusiasmus, mit dem sie sich an die Arbeit machte – doch was war Arbeit schon wert, wenn sie in Versagen gipfelte?

Die zweite Kammer erwies sich als weiterer Versuch, sie irrezuführen – und abermals wurde er unterschätzt. Deutliche Fußspuren führten zu den zwei offensichtlichen Türen. Wenn etwas zu einfach aussah, dann war es das zumeist auch. Entsprechend wandte sich der Gesandte des Einen der scheinbar ausgelassenen Route zu. Eine dritte Tür war dort im Mauerwerk eingelassen, doch wurde sie samt der halben Wand von einem wabbernden, pulsierenden Pilz überwuchert. Seine Faszination für das Gewächs und sein neugieriges Rätseln über dessen Fähigkeiten und Besonderheiten wurde nur noch von seiner Ungeduld überragt. Dieser Pilz sollte sie ekeln, sie vergraulen, sie die anderen Türen probieren lassen. Es wären ja nur ein paar Schritte! Man könne sie wieder zuwerfen, wenn etwas Schreckliches dahinter wäre.

Doch die Türen könnten mit Fallen gesichert sein, es könnten sogar Zauber darauf liegen – nein, sie würden keine der anderen Pforten versuchen! Der Große Zazzim versuchte zunächst herauszufinden, mit welcher Art von Pilz sie es zu tun hatten, zündete an seiner Laterne eine der Whiskeyflaschen an und schleuderte sie gegen das Gewebe. Die Kreatur entließ ein fürchterliches Kreischen, bevor es sprungartig zu wachsen begann. Von diesem Anblick zutiefst fasziniert, verbuchte der Gesandte dies als einen Erfolg seines brillanten Genies – sie wussten nun, womit sie es zu tun hatten. Wenn Feuer es wachsen ließ, war die Lösung simpel.

Der zuvor gefundene Frostjuwel wurde gegen die Kreatur geworfen und verbannte sie, zu schrumpfen und leidig quietschend zu krepieren. Wären es nicht solch schrille Töne gewesen, er hätte lachen wollen.

Die nunmehr freigewordene Tür führte sie zu ihrer dritten Prüfung. Vor ihnen öffnete sich die Tür und dahinter lag ein Raum in völliger Schwärze und Finsternis. Nicht, das ihn das nun sonderlich gestört hätte, keineswegs. Er blickte sich in aller Ruhe um, sah ein Podest im Zentrum der Kammer, auf der eine Sphäre ruhte. Kleine Löcher im Boden erweckten den Eindruck einer Falle, die Piken emporschnellen ließe, doch etwas war mit dieser Dunkelheit nicht normal. Das beinahe zärtlich-kalte Prickeln von Magie lag in der Luft. Ein Stein musste her – oder ein Stück vom Pilz. Der Große Zazzim gedachte auszutesten, ob etwas im Dunkel lauern und sie anfallen würde. Bevor er jedoch überhaupt zurückkehren konnte, hatten seine Initianten bereits schreckliche Dummheiten begangen – einmal mehr nur ein Beweis, dass man Rekruten nie unbeaufsichtigt lassen konnte, da sie sonst einander in höchste Gefahr brächten und nur Unfug anstellen würden. Jemand hatte magisches Licht beschworen und so den Groll einer in der Kammer befindlichen Kreatur geweckt, die in der Zunge Mantoroks nach Blut verlangte – und nach der Zerstörung allen Lichtes.

Wütend über die Unfähigkeit seiner Rekruten, die in diesem Augenblick ein wirklich schlechtes Licht auf ihn – ihren Meister – warfen, fiel es ihm schwer, sich völlig auf die Aufgabe zu konzentrieren. Die Möglichkeit, dieses Versagen zu sühnen, würde sich zweifellos später noch ergeben. Vorerst jedoch erkannte er die Sphäre als Artefakt der Dunkelheit und sandte Grumblejack aus, das zu tun, was er stets am besten konnte. Er zerschmetterte die Sphäre, Licht brandete nahezu unverzüglich auf und obgleich es in den Augen des Meisters stach, war doch die Gefahr durch den geisterhaften Blutsauger gebannt – hinunter in die Löcher, aus denen der gierige Nebel gekrochen kam.

Zunächst bevorzugte der Kobold die Tür direkt gegenüber des Einganges, doch schon beim Öffnen des nächsten Raumes trafen sie auf ein tatsächliches, ernstzunehmendes Hindernis: Mithrilschlangen. Geistlose, blut- und fleischlose Konstrukte mit enormer Zähigkeit und allein daher ungeheuerlich gefährlich.

Es war der Anblick dieser grässlichen Nicht-Wesen, die den Großen Zazzim einen Moment in sich einkehren ließ. In der Weite seines Geistes suchte er nach Weisheit, suchte nach dem Wort Mantoroks und fand eine Verbindung zu jener unfassbaren Entität. Er als Gesandter, als Verkörperung und Verfleischlichung seines Willens, konnte ertragen, als ein Splitter seines Geistes in ihn einkehrte. Mit dem Wissen, das sie etwas übersehen hatten, kehrten sie zum Raum des blutgierigen Schemens zurück und eilten in die abseitig gelegene, verschlossen und unbeachtet gebliebene Tür.

Eine Folterkammer lag in der Kammer jenseits und mit ein wenig Geschick fanden sie einen kleinen Alkoven in der Wand, hinter dessen Tarnung sich der Knecht eines Mithraritters befand. Der Große Zazzim überließ in einem generösen Akt der Gnade dem Kitsune Aramis, die notwendigen und brauchbaren Informationen aus dem zitternden, halb verhungerten Bündel herauszupressen. Obgleich ihm nicht gefiel, als seine Initianten vorschlugen, dieses jämmerliche Exemplar eines Fehlgeleiteten am Leben zu lassen – nein schlimmer noch, es freizulassen -, so flüsterte ihm Mantorok erneut ein, dass es keinen Unterschied machen würde. Von dieser Gewissheit besänftigt, willigte der Gesandte in den Vorschlag ein und kehrte mit seinen Begleitern zur Kammer der Mithrilschlangen zurück.

Ein Schlachtplan war zügig gefasst. Sie hörten die Konstrukte bereits hinter der Eingangstür und so machten sich alle bereit, den Kampf zum Feind zu tragen. Die Pforte aufgerissen, versuchte Grumblejack sich in den Raum zu stürzen, versagte jedoch beim ersten Anlauf. Der Große Zazzim hätte seufzen wollen, schwer, lang. Erst die alte Hexe in er ersten Kammer, dann das Licht in der Dritten, das Überleben des Knechtes und nun das… doch vielleicht erwartete er zu viel von seinen Begleitern. Sie waren Gefolge und mehr noch, für den Augenblick waren sie nur Initianten. Anfänger. Grünschnäbel.

Sie würden es lernen. Irgendwie, irgendwann. Und falls nicht, würden sie eben untergehen.

Immerhin der Kleine Zazzim stellte sich als geschickt genug heraus, über die metallischen Kreaturen zu springen und sie von hinten zu attackieren. Ganz wie beabsichtigt, wirkte der Gesandte Mantoroks schließlich einen seiner mächtigen Zauber auf Grumblejack, als dieser es endlich schaffte, in den Raum durchzubrechen. Er wuchs und wuchs, Knochen verlängerten, verbreiterten sich, Muskelpakete wucherten, Haut spannte. Der ohnehin große und starke Hüne wurde nun riesig. Während der Rest der Gruppe sein Bestes tat, die Kreaturen abzulenken, hinzuhalten, zerschmetterte der gewachsene Tieflingsoger beide Konstrukte mit vernichtenden Schlägen.

Der Große Zazzim löste daraufhin den Zauber auf und die Gruppe zog sich in die nächste Kammer zurück. Auch hier hätte er nahezu augenblicklich seufzen wollen. Nahmen die Verhöhnungen seines brillanten Verstandes denn nie ein Ende? Direkt im Zentrum der Kammer, gut sichtbar im Licht einer Öllampe, ruhte auf einem erhabenen Podest ein kleiner Anhänger, der dem beschriebenen Stück, das zu bergen ihre Prüfung war, ähnlich sah. Doch schon der geringste nähere Blick darauf verriet die billige Machart und die Wertlosigkeit der benutzten Materialien. Mehr noch als das, erkannten sie die Mechaniken einer Druckplatte unter dem Ziergegenstand – und die gleiche Mechanik war in die Treppenstufen eingelassen, die zu einer Seite des Raumes in die Höhe hinabführte.

Natürlich musste abermals Grumblejack gezügelt werden. Der Tieflingsoger besaß eine rege Vergangenheit als Räuber und schien sich nicht völlig darüber im Klaren, dass dieses Leben mit einer Rekrutierung für den Einen geendet hatte, während nun sein neues, besseres, schöneres Leben begann. Allerdings war es ja auch gar nicht so leicht, alte Gewohnheiten abzulegen, wie sich der Große Zazzim erinnerte. Hatte er nicht selbst am Morgen noch dem Kleinen Zazzim Arme, Kopf und Oberkörper einer Hausdienerin als Speise vorgeworfen, während er sich mit dem beschäftigte, was für ihn von Wert und Nutzen war? Der Gedanke, sich mit einem vollständigen, lebenden, atmenden Weib einzulassen war… ganz und gar fürchterlich. Und obendrein einfach absurd! Was konnte da nur für eine absonderliche, korrupte Kreatur hervorkommen? Nein, er würde das Risiko nicht eingehen. Von den Bedürfnissen eines fleischigen Körpers nicht befreit, hatte er doch Wege gefunden, sich und Mantorok gleichermaßen zu dienen, ohne Risiken eingehen zu müssen.

Sie ließen die Kammer mit dem nutzlosen Stück hinter sich und mussten rasch erkennen, dass der Zeitpunkt gekommen war, Grumblejack neue Aufgaben zuzuweisen. Vor ihnen lag eine Kammer, in dessen Zentrum eine weitere, große Pilzkreatur wucherte. Wissend, dass sie auf jede Form von Geräusch empfindlich reagierte und einen grässlichen Schrei loslassen würde, der laut der Inschrift irgendwo Ertrunkene wecken würde, beauftragten sie den Tieflingsoger, die überaus wertvollen Reste der zwei Mithrilschlangen nach oben zu schaffen und dort auf ihre Rückkehr zu warten.

Sie vollbrachten es zwar, den Pilz in der siebten Kammer zu umgehen und hatten sich bereits klammheimlich durch die Hälfte der achten Kammer geschlichen, doch die alte Hexe stolperte – und weckte, was bisher geschlafen hatte. Acht Särge, von Seetang und Krustentieren überwuchert, waren hier aufgebahrt worden und aus vier derer drangen nun die Laute der allmählich erwachenden Untoten. Der Große Zazzim hätte die Alte wütend anfahren wollen, doch was konnte sie schon dafür? So viele Dekaden waren vorbeigezogen, hatten ihren Leib zerschunden, ihre Knochen dünn und brüchig werden lassen. Hier herumzuschleichen wäre eine gute Idee gewesen… ohne sie, die möglicherweise nicht einmal mehr richtig sehen konnte.

So stellten sie sich den untoten Kreaturen und schafften es, alle vier Wesen zu bezwingen. Dieser Kampf jedoch erwies sich als sehr viel schwieriger, kräftezehrender. Hoffend, das in der letzten, neunten Kammer nur noch das Amulett zu finden wäre, öffneten sie die verbliebene Pforte… und sahen sich in einer deutlich größeren Kammer wieder, einer Zelle obendrein.

Als Gefangener trat ihnen der Bastard gegenüber, diese verkommene Existenz eines vom Irrglauben Geblendeten, der ihn eingefangen und nach Brandenscar verschleppt hatte. Noch bevor der Große Zazzim mit sehr weise gewählten Worten und subtil stichelnden Beleidigungen seine Wiedersehensfreude ausdrücken konnte, feuerte die alte Vettel bereits mit ihrer boshaften Zunge und zog den Ärger des Menschen auf sich. Er stürmte voran und ein harter, schwerer Kampf entbrannte. Unzählige Attacken gingen ins Leere oder prallten an Schild und Plattenrüstung ab, viele Wunden wurden geschlagen. Der Gesandte sah sich sogar genötigt, die Alte vom Sterben abzuhalten. Noch war er nicht gewillt, auf auch nur einen Einzigen seiner Rekruten zu verzichten, nein nein!

Während der Kleine Zazzim für Ablenkung sorgte und den Ritter beschäftigt hielt, schlugen alle anderen wie wild geworden auf den Frevler ein, bis er endlich niederging. Im Triumph wurde dem Verblendeten das Haupt abgeschlagen und in den Abtritteimer geworfen, während man seinen erkaltenden Kadaver um das wenige Bisschen an Besitztümern plünderte.

Siegreich zurückkehrend, wurden sie als neuster Zugang in Asmodeus‘ großem Plan zur Vernichtung des irregeführten Mithra aufgenommen. Neun Prüfungen hatten sie bestehen müssen, neun taugliche Gruppen wie die Ihre gab es nun – und sie, sie waren die letzte Gruppe. Symbolhaft für den neunten Höllenkreis stehend, für die Sünden der Verräter. Man hatte sie mit einem Schleier beschenkt, der sie für mehrere Stunden tagtäglich jede beliebige Gestalt annehmen ließ – wie bezeichnend es da wirkte. Sir Blackerly war ebenso wenig tot wie der Ritter und sein Knappe, keiner der vermeintlich Guten und Rechtschaffenen wäre je gestorben, denn sie – sie alle – würden ihre Leiber und Leben animieren, mit eigenem Blut, mit eigener Stimme, wie Nekromanten würden sie die Toten tanzen lassen… und Mithra von innen heraus zermürben.

 

Drei Monate verstrichen daraufhin in hartem Training. Zusammen mit dem siebten Höllenkreis, symbolhaft für die Gewalttätigen, studierten und übten der Große Zazzim und seine Initianten, verbesserten ihre Fertigkeiten und stählten sich für die kommenden Schlachten. Im Laufe dieser Wochen lernten sie die Mitglieder der weißen Raben näher kennen, wie sich die siebte Gruppe in einer schrecklich kitschigen Anwandlung selbst nannte. Dem Gesandten Mantoroks blieb dabei jedoch nur Trick im Geiste, dessen Wissen und Intelligenz deutlich hervorstachen, während der Rest zu einer einheitlich-bedeutungslosen Masse aus Muskeln, Arroganz, Augen und Zähnen verschwamm.

Als die Zeit gekommen war, vollzog man mit ihnen einen letzten Ritus. Den Vertrag hatten sie unlängst unterschrieben, ihre Seelen auf Gedeih und Verderb dem Laufburschen Mantoroks geweiht. Der Große Zazzim hatte gezögert, doch sein Schöpfer selbst flüsterte ihm abermals ein, das Asmodeus zu trauen war. Er wisse, wo sein Platz sei und wäre so loyal wie ergeben. Nun hingegen wurde ihnen endlich offenbar, was der große Plan für den Gesandten und seine Rekruten vorsah:

Es gab große Kräfte im Norden des Landes, verschlossen und verstaut hinter Mauern und Toren, Burgen und Schilden. Man wollte sie bewaffnen, eine gewaltige Ladung dessen per Schiff hinauf bringen. Mit dieser neu geformten Armee würde der Krieg beginnen, doch dazu musste zunächst die sorgfältig errichtete Linie der Verteidiger durchbrochen werden. Ihre Aufgabe war nicht nur der Schutz der Waffenlieferung, sondern auch, danach unnötige Zeugen zu beseitigen… und ein Loch in den Wall zu sprengen. Fast wollte der Große Zazzim jetzt schon erheitert auflachen. Das also war Talingarde? Das war die Weitsicht und Gerissenheit Mithras und seiner Diener? Eine Mauer aus Burgen? Das war alles?

Eine erste und letzte Linie war immer fatal. Brach sie einmal, war sie nutzlos – und das sie brechen würde, dafür galt es zu sorgen.



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