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Kleine Geschichtensammlung

Etwas zum Träumen...
von

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Lächeln

Eine leichte Brise kam auf. Der milde Meereswind strich sacht über das Gras, welches sich in sanften Wellen wiegte. Die Sonne hatte den Zenitstand bereits überschritten und neigte sich nun langsam wieder dem Horizont zu. Ihre wärmenden Strahlen ließen das ruhige Meer glitzern, als verberge es tausende Saphire in sich. Die Wellen trieben ruhig dahin und ein paar Möwen hatten sich zum ausruhen auf den Wellenbrechern niedergelassen. Ausruhen. Auch ich war hierher gekommen um auszuruhen. Zu entspannen. Wegzukommen von meinem ärgerlichen Alltag. Erleichtert lies ich mich in das weiche Gras sinken und schloss die Augen. Um mich herum nahm ich nur das Rauschen der Wellen wahr und den leichten Wind, der über mich hinweg strich. Frei. Nur hier konnte ich frei sein. Frei von allem Ärger, all meinen Pflichten, Sorgen, Ängsten. Nichts weiter, einfach nur frei.

Aus einem Impuls heraus richtete ich mich wieder auf, blieb jedoch sitzen und streckte mich ausgiebig. Ich öffnete meine Augen wieder und blickte in die klare See. Plötzlich nahm ich ein Geräusch neben mir wahr. Ich drehte meine Kopf nach rechts und sah plötzlich eine junge Frau an, die neben mir saß. Sie hatte, genau wie ich gerade eben, die Augen geschlossen und atmete die frische Meeresluft ein. Ich hatte nicht bemerkt, wie sie gekommen war. Oder saß sie schon die ganze Zeit über dort? Auch wenn es mir ein wenig seltsam vorkam, dachte ich nicht weiter darüber nach, denn die Frau hatte jetzt auch wieder die Augen geöffnet und erwiederte meinen Blick, wobei sie freundlich lächelte. Irritiert lächelte ich zurück, wusste jedoch nicht, was ich sagen sollte.

„Herrlich“, meinte sie nur mit einer leisen, sanften Stimme, die dem klaren Singsang des Windes ähnelte.

„Ja“, stimmte ich ihr zu und wandte dann meinen Blick zurück zum Meer. Es war seltsam. Mir war die Situation in keinem Sinne unangenehm, obwohl ich mich fragte, ob ich die junge Frau vielleicht von irgendwoher kannte. Doch ich schwieg. Saß einfach nur da. Schaute.

Auch die Frau beobachtete jetzt wieder das Spiel der Wellen und die wenigen umherkreisenden Möwen.

Ohne mich an sie zu wenden, fragte ich vorsichtig „Kommen sie auch öfter hier her? Ich habe sie noch nie hier gesehen.“ und wartete eine Antwort ab. Doch es kam keine. Ich sah sie mit wartendem Blick an, aber sie schien meine Frage überhört zu haben. Gerade, als ich nachhaken wollte, holte sie aus einer kleinen Tasche, die sie neben sich zu stehen hatte, einen weißen Block und einen Bleistift heraus. Den Block legte sie behutsam, als wäre er von großem Wert, auf ihren Schoß, den Bleistift hielt sie in ihrer Hand, und setzte an, als wolle sie gleich darauf los zeichnen. Jedoch hielt sie inne, als müsse sie erst überlegen. Ihr Blick wanderte wieder zu mir und ihre rehbraunen Augen schauten tief in meine. Als wolle sie in mein Innerstes sehen, es einfangen und aufzeichnen. Ich hielt ihrem Blick stand, wusste ich auch nicht, was sie bezwecken wollte.

„Lächeln.“

Irritiert schaute ich sie an. „Lächeln?“ Es klang wie eine Feststellung, doch ich verstand nicht, was sie mir sagen wollte. Es war, als versuche mir jemand, meiner Landessprache nicht vollkommen mächtig, etwas mitzuteilen, jedoch hatte er das falsche Wort gewählt.

Ohne weitere Erklärungen wandte sie ihren Blick abermals von mir ab und betrachtete das Meer.

„Ich“, begann sie unverwandt, „kannte einmal eine junge Frau, die von drei jungen Männern geliebt wurde. Diese drei waren Brüder und als einer von ihnen zu ihrem Vater ging und um ihre Hand anhielt, brach großer Streit unter ihnen aus.“ Sie machte eine nachdenkliche Pause, als könne sie sich nicht mehr genau erinnern. Dann setzte sie ihren Bleistift auf das Papier und begann, weiche Linien zu zeichnen. Verwundert beobachtete ich sie dabei. Ich begann, immer weniger zu begreifen.

Nach und nach füllte sich das schneeweiße Papier mit Linien und Strichen und es entstand ein Bild. Nach einer Weile fuhr sie, noch während sie zeichnete, fort.

„Da die Familie der jungen Frau arm war und die drei Brüder recht wohlhabend, entschied ihr Vater, sie solle sich einen von den Dreien auswählen. So lud er sie zu sich und stellte ihnen diese eine Aufgabe: In einer Woche sollte jeder von ihnen seiner Tochter ein Geschenk machen. Sie sollten es bei ihm zu Hause abgeben. Derjenige, dessen Geschenk seine Tochter am meisten beeindruckt, soll sie zu Frau nehmen dürfen.“

Plötzlich musste sie husten. Sie drehte sich dabei weg und ihr ganzer Körper erzitterte. Ich erkundigte mich vorsichtig, ob es ihr gut ginge, doch sie ignorierte wieder, schluckte kurz und fuhr ungerührt fort.

„Nun war bald die Woche herum und es wurde nacheinander die drei Geschenke abgegeben.

Das erste, was die Tochter erhielt, war ein wunderschönes Diadem in dem ein funkelnder Smaragd eingelassen war. Die Tochter betrachtete diesen wertvollen Schmuck und legte ihn achtvoll auf einen Tisch.“

„Hat sie sich denn nicht gefreut, ein so schönes Geschenk zu bekommen?“, unterbrach ich sie und lies mich nach hinten ins Gras zurückfallen. Die junge Frau blickte von ihrer Zeichnung auf und lächelte mich an, doch konnte ich einen kleinen Funken Schmerz in ihren Augen sehen. Nur einen kurzen Augenblick lang, dann wandte sie sich auch schon wieder ihrer Zeichnung zu.

„Höre“, murmelte sie und schwieg dann.

Ich pflückte eine Pusteblume, die rechts neben mir stand, um ihre kleinen Windsegler gen Himmel schweben zu lassen und wartete darauf, dass sie ihre Geschichte weiter erzählt, doch bald wurde es mir zu lang und ich fragte, „Was waren denn die anderen Geschenke?“

Da begann sie, weiter zu erzählen.

„Nur kurze Zeit später traf auch schon das nächste Geschenk ein. Es war das schönste Kleid, das sie je in ihren Händen gehalten hatte. Als sie es auf die Bitte des Vaters hin anzog, passte es ihr wie angegossen und sie sah darin aus wie eine Prinzessin.“

„Keine Frage, dann nimmt Sie bestimmt ihn“, murmelte ich verschlafen zu der Frau hoch.

„Behutsam zog die Frau das Kleid wieder aus, legte es achtvoll zu dem Diadem auf den Tisch.“

Jetzt richtete ich mich doch wieder auf. „Herrje, diese Frau war aber ziemlich undankbar! So ein Kleid muss doch unglaublich teuer gewesen sein und sie zeigt keine Freude.“

Die junge Frau schüttelte nur verständnislos den Kopf und fuhr fort.

„Das letzte Geschenk aber war nur eine kleine Schatulle ohne großartige Veredelungen. Sie bestand aus Holz, in das kleine Bilder wie Efeuranken, Vögel und Wellen hinein geschnitzt waren. Als die Frau sie vorsichtig öffnete und hineinschaute, lächelte sie plötzlich. Ein wunderschönes Lächeln war es, das ihr Gesicht verzauberte. Ihr Vater jedoch war entrüstet über solch ein wertloses Geschenk.“

„Diesem Mann war es wohl nicht sehr ernst mit der Frau. Oder er war nur besonders geizig.“ Schon wieder hatte ich mich zu Wort gemeldet und sie somit unterbrochen. Doch zu spät hatte ich daran gedacht, dass sie mir das übel nehmen könnte. Zu meinem Erstaunen tat sie es nicht.

„Am nächsten Tag lud der Vater abermals die drei Brüder vor. Jetzt sollte seine Tochter ihre Entscheidung preisgeben. Als erstes nahm sie das Diadem von dem Tisch und überreichte es wortlos dem, der ihr stolz erklärte, dass es von ihm sei. Enttäuscht nahm er es an sich.

Als nächstes nahm sie das Kleid von dem Tisch und überreichte es seinem ursprünglichen Besitzer.

'Meine Wahl ist gefallen', sagte sie, 'Ich wähle ihn.' Und mit diesen Worten eilte sie zu ihrem Auserwählten und nahm seine Hände in ihre. ’Und nur ihn.’ Und dann lächelte sie ihn an. Und er lächelte zurück. Und alle Worte waren überflüssig.“

Und damit endete ihre Erzählung. Exakt zum gleichen Zeitpunkt wurde sie auch mit ihrer Zeichnung fertig. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk.

„Aber er hatte ihr doch nur eine wertlose Schatulle geschenkt. Warum hat sie die anderen Kostbarkeiten abgelehnt?“ Ich verstand es nicht. Die Entscheidung der Frau erschien mir so unlogisch. „Was war denn überhaupt in der Schatulle?“

Die Frau wollte gerade beginnen ihr langes braunes Haar zu einem Zopf zu flechten, als ich ihr diese Frage stellte. Einen Augenblick lang sah sie mich an, als verstand sie mich nicht so recht, dann überreichte sie mir wortlos ihren Block mit dem Bild, dass sie gezeichnet hatte. Ich nahm es entgegen und betrachtete es. Es stellte die kleine Schatulle dar, von der in ihrer Erzählung die Rede war. Sie stand auf einem hölzernen Untergrund und der Deckel war nach hinten geklappt, sodass man hinein sehen konnte. Zu meinem großen Erstaunen befanden sich darin lediglich eine kleine, flaumige Vogelfeder, eine Muschel und eine getrocknete Rosenblüte. Ich verstand nicht. Dann bemerkte ich, dass doch noch etwas in der Schatulle lag: ein kleiner Zettel, verschönert mit vielen kleinen Zeichnungen. Ich las, was auf ihm mit schöner verschnörkelter Schrift geschrieben war. Ich verstand.

„Die Schätze des Meeres, der Erde und der Lüfte schenk’ ich dir, denn aller Schmuck der Welt verdeckt lediglich deine Schönheit und nur dein Lächeln kann dich noch schöner machen.“

Die junge Frau lächelte mich zufrieden an. Und ich lächelte zurück. Mit Erstaunen fiel es mir ein. „Lächeln“, sagte ich, jetzt ebenso sicher wie sie. Eine Feststellung, natürlich.

Verlust

In den nächsten Tagen, die mir wie Wochen erschienen, hatte ich nicht eine freie Minute, mich auch nur zehn Schritte von meinem Hof zu entfernen. Die Arbeit häufte sich und wo ich auch hinflüchtete, in der Hoffnung, nur eine kurze Zeit Ruhe zu haben, erwarteten mich bereits die nächsten Probleme. Nun hatte auch noch eines der Pferde gefohlt und so war bereits über eine Woche vergangen, in der ich keine Gelegenheit erhaschen konnte, auch nur in die Nähe des Hangs am Meer zu kommen. Ich erhoffte mir, die geheimnisvolle Frau wieder zusehen und mehr zu erfahren. Mehr über sie und mehr über ihre Geschichte. Es war seltsam: Obwohl es keine Anzeichen gab, dass die junge Frau überhaupt noch einmal zurück an diesen Ort kehren würde, erhoffte ich – nein, war ich mir sicher, dass ich sie wieder dort antreffen würde. Je mehr ich darüber nachdachte, umso langsamer verging die Zeit. Doch endlich wurde die Situation wieder etwas entspannter. Es gab nicht mehr so viel zu tun und eines Abends erinnerte ich mich wieder an den wunderbaren Moment, als ich mit ihr am Meer saß und sie mir die Geschichte erzählte. Es war schon recht spät, vielleicht zu spät um noch einmal auf den Hang zu gehen; ich tat es trotzdem. Es wehte wieder eine leichte Brise, wie damals, jedoch war sie nicht so angenehm warm. Ich hatte mir eine Decke mitgebracht, denn selbst im Sommer konnte es in der Nacht sehr kühl werden. Zunächst legte ich sie nur ins Gras und setzte mich daneben, doch schon bald war ich durch die Kälte gezwungen, sie um meinen Körper zu wickeln. Gerade, als ich damit fertig geworden war, tauchte eine dunkle Gestalt neben mir auf. Lautlos und so unauffällig, als wäre sie schon die ganze Zeit dort gewesen. Etwas erschrocken richtete ich mich aus der Hocke auf. Ich hoffte… und wurde nicht enttäuscht. Mit einem freundlichen Lächeln ließ sich die junge Frau ins Gras nieder, so sanft, als fiele eine Feder auf die Erde. Ich setzte mich ebenfalls wieder, ohne jedoch den Blick von ihr zu wenden. Sie schaute mich nicht an, sondern blickte direkt aufs Meer. Der Mond legte einen silbrigen Schimmer über das Wasser. Es wirkte wie verzaubert. Wunderschön.

Ich suchte ihren Blick, wollte, dass sie mich ansah, doch sie tat es nicht. Ich versuchte es anders.

„Hallo.“, meinte ich leise, „Es… es ist schön, dich wieder zu sehen. Was… für ein Zufall.“ Unsicher schenkte ich ihr ein Lächeln. Ihr Blick wurde noch wärmer, als wüsste sie es besser. In ihren Augen erstrahlte ein Glanz, obgleich sie mich immer noch nicht ansah.

Enttäuscht schwenkte ich meinen Blick wieder aufs Meer. Da erklang plötzlich wieder ihre leise, zarte Stimme. Sie ähnelte dem Säuseln des Windes und war dennoch klar und deutlich zu verstehen. Sie zerschnitt auch nicht die Stille, wie es wohl meine müde Stimme getan hatte, sie war einfach nur da und erfüllt die Luft mit dem Klang des Windes. Leicht und zart.

„Man trifft sich immer zweimal im Leben.“

Augenblicklich sah ich sie wieder an, in der Hoffnung, dass sie meinen Blick erwiedern würde. Ich wurde abermals enttäuscht. Weiterhin sah die Frau wie verzaubert aufs Meer hinaus.

„Zum Glück.“, bestätigte ich ihren Satz.

Als hätte sie mich nicht gehört, sprach sie: „Ich kannte einmal zwei Mädchen.“

„Ah, wieder eine Geschichte!“, freute ich mich.

Die Frau ignorierte meinen Kommentar. Sie wollte weiter erzählen, doch als sie ihren Mund öffnete, musste sie schrecklich husten. Ihr ganzer Körper schüttelte sich und sie kniff fest die Augen zusammen. Aufmerksam wickelte ich mir meine Decke vom Leib und legte sie über die Schultern der jungen Frau, damit sie sich nicht erkältete. Dankbar wickelte sie sich darin ein, schluckte kurz und setzte erneut an.

„Beide waren schon seit frühester Kindheit eng miteinander befreundet. Sie trafen sich oft und verbrachten den größten Teil ihrer Freizeit gemeinsam.“

„Oh ja“, platzte es aus mir heraus, „Ich hatte früher auch so einen besten Freund. Damals, als ich noch viel Zeit hatte, haben wir oft miteinander gespielt und allerlei Unsinn angestellt.“ Und traurig fügte ich hinzu: „Er und seine Familie mussten leider fortziehen. Ich weiß nicht, wo er jetzt wohnt und ob er überhaupt noch lebt.“ Mitgenommen seufzte ich.

Die Frau hatte mich, während ich sprach, aufmerksam angesehen – zum ersten Mal an diesem Abend – nicht, als wäre meine Geschichte von größtem Interesse, sondern als würde sie auf mein Innerstes horchen, die Gefühle. Seltsam, wie offen man es ihr ansah. Sie war keineswegs undurchschaubar, man musste nur genau hinsehen und verstehen…

„Sie taten alles gemeinsam“, fuhr sie fort, “doch eines Tages hatten sie einen fürchterlichen Streit. Dabei entwich der Jüngeren eine Beleidigung. Die Andere konnte ihr das nie verzeihen, so sehr sich ihre Freundin auch entschuldigte.“

Sie sprach nicht weiter. Stille. Ich sah sie verwundert an. Sie schien betrübt. Plötzlich meinte ich, etwas Glänzendes an ihrer Wange zu sehen. Mit ausdrucksloser Mine wischte die junge Frau mit der Hand drüber. Nun war nichts mehr zu sehen.

Sie fuhr fort.

„Von da an sprachen sie nie wieder ein Wort miteinander. Ihre Freundschaft war zerbrochen.“

An dieser Stelle mischte ich mich ein.

„Und das nur, weil sich die eine im Wort vergriffen hatte? Ist das nicht ein wenig übertrieben?“

Die Frau antwortete nicht. Das tat sie nie. Sie erzählte nur und schien sie die Worte der anderen nicht wahrzunehmen. Stattdessen wollte sie wieder zu erzählen beginnen, doch wurde sie abermals durch einen Hustenanfall aufgehalten. Sie schien sich wohl erkältet zu haben. Das wunderte mich nicht. Schließlich hatte sie weder eine Jacke noch eine Decke dabei.

Nach einiger Zeit war sie wieder bereit, weiter zu sprechen.

"Die Jahre vergingen und seither waren sich die beiden Frauen nie wieder begegnet. Beide hatten inzwischen einen Ehemann und Kinder und eines Tages kam die Ältere wieder in das Dorf, aus dem sie nach ihrer Heirat weggezogen war. Sie erinnerte sich wieder an ihre Vergangenheit, ihre Kindheit und den Streit. Sie hatte ihrer Freundin nie vergeben. Plötzlich wollte sie, dass alles noch einmal von Vorne anfängt und wollte sich entschuldigen. So kam es, dass sie ihre ehemalige Freundin ausfindig machte, die noch immer in diesem Dorf wohnte, und sie klopfte an ihrem Haus klopfte. Als diese die Tür öffnete und ihre alte Freundin sofort erkannte, fielen sich beide vor Freude in die Arme."

Gespannt hatte ich zugehört. Ich erinnerte mich noch immer an meine vergangene Freundschaft.

„Ich kann“, sprach ich in die Stille hinein, „mir sehr gut vorstellen, wie es den beiden in diesem Augenblick erging. Es muss wohl etwas ganz besonderes sein, dieses Wiedersehen.“

Auch ich wünschte mir ein Wiedersehen mit meinem Jugendfreund.

Die Frau nickte langsam und fuhr fort: „Beide waren so froh, sich wieder zusehen und diesen Streit ein für allemal aufklären zu können. Sie wollten sich fortan des Öfteren treffen und verabredeten sich. Doch die Eine kam zu ihrem Treffen nicht. Als es der Älteren zu lang des Wartens wurde, begab sie sich zum Haus der Freundin und klopfte an. Es öffnete niemand und als sie bei den Nachbarn nachfragte, erfuhr sie voll Schrecken und Trauer, dass ihre Freundin von einer plötzlich aufgetauchten schweren Krankheit binnen nur einer Woche dahin gerafft worden war.“

Wieder schluckte die Frau. Ihre Mundwinkel zuckten und es spielte schon lang kein Lächeln mehr auf ihren Zügen.

„Und so war ihre Freundschaft endgültig und ewig, doch ihre Zweisamkeit dahin.“

Ich sah die junge Frau neben mir an. Ich konnte ihren Blick nicht deuten. Kein Lächeln, aber auch kein Schmerz. Kein Gefühlsausdruck, nichts. Ich vermochte nicht, so wie sie, ins Innerste eines Menschen zu schauen. In diesem Augenblick kam ich mir so schrecklich dumm und hilflos vor.

„Das… was für ein Pech…“, begann ich und brach dann doch wieder ab. „Wäre sie doch nur früher zurück zu ihrer Freundin gekehrt. Hätte doch nur eine früher nachgegeben.“

„Der Stolz der beiden hat es unmöglich gemacht, sich selbst eine längere gemeinsame Zeit zu schenken“, sprach die Frau und sah wieder mich an, eindringlich wie immer.

„Kanntest du die beiden Frauen?“, platze es unüberlegt aus mir heraus und sie wandte ihren Blick rasch wieder von mir ab und blickte aufs Meer.

Eine Antwort gab sie nicht.

Wie immer.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von: abgemeldet
2007-10-21T18:59:29+00:00 21.10.2007 20:59
...bin gerade über diese Geschichte gestolpert und bin sprachlos - der Text hat eine geradezu magische, märchenhafte Ausstrahlung, luftig und mit viel Spielraum für Interpretation.

Wenn ich das lese, dann habe ich das Gefühl, am Meer zu sitzen und den Geschichten der Unbekannten selbst zu lauschen - wenn mich eine Erzählung mit sich fortnimmt, dann bin ich begeistert. Wenn sie sich dann auch noch flüssig liest und die Charaktere außergewöhnlich sind, dann bin ich hingerissen.

So, Lobeshymne zu Ende - ich fasse mich kurz (oder bemühe mich zumindest darum) : JETZT wünsche ich mich ans Meer.

lg, Hanranya (die sich jetzt ins nächste Kapitel schleichen wird...)
Von:  RaMonstra
2007-08-12T11:01:51+00:00 12.08.2007 13:01
Ne traurige Sache -__-''
Mein bester Jugendfreund ist nach Norwegen gezogen ....

Wie du das schreibst ist wirklich schön ^__^

lg Jaku
Von:  RaMonstra
2007-08-12T10:55:26+00:00 12.08.2007 12:55
Schöne Geschichte ^^
Eine Geschichte in der Geschichte.
Ich hab mir beim lesen wirklich gewünscht am Meer zu liegen ^___^

Auf Fehler hab ich ehrlich gesagt gar nicht geachtet. Wenn man ließt [vorallem so eine schöne Story] will man auf sowas gar nicht achten xDD

Herrlich ^^

lg Jaku
Von:  YamatoIshida
2007-01-06T10:40:21+00:00 06.01.2007 11:40
Eine wirklich wunderschöne Geschichte =)
Zunächst Mal ein kleiner Fehler:

"und eines Abends erinnerte ich mich wieder an den wunderbaren Moment, wo ich mit ihr am Meer saß und sie mir die Geschichte erzählte." « als ich mit ihr am Meer saß, klänge besser.

Ich fände es auch gut, wenn du den letzten Absatz beim ersten Kapitel weglassen würdest. Das gibt der geschichte etwas offenes (noch offener, als dein ende des ersten kapitels) und etwas verträumtes. Du kannst das, was in dem absatz steht ja am anfang des zweiten kapitels einbringen. Ist aber nur meine Meinung, vllt gefällt es anderen (inklusive dir selbst) ja so besser - ist auf jeden Fall auch ne schöne Variante.

Deine Geschichte ist so verträumt und wunderschön. Sie hat etwas zeitloses und durch das meer eine gewisse unendlichkeit. ich liebe solche geschichten, wie die frau sie erzählt. Sie tragen immer eine schöne Wahrheit in sich. Dadurch, dass du alles so geschickt zusammen gearbeitet hast, ensteht ein wunderbares Bild.

Mit ein paar kleinen verbesserungen hier und da, könnte man deine Geschichte auch gut in nem Verlag drucken =)

Ich lese deine ffs wirklich geren, du bist meiner bescheidenen Meinung nach wirklich talentiert und mit sowohl fantasie, als auch schriftstellerischem können ausgestattet. Ich hoffe noch so einiges von dir zu lesen.

Yama ^^
Von: abgemeldet
2007-01-03T15:10:18+00:00 03.01.2007 16:10
sehr hübsch geschrieben, ein bißchen wie ein Märchen...
vielleicht solltest Du das weiterschreiben?
Von:  mizuchi_akkaku
2006-07-06T16:10:45+00:00 06.07.2006 18:10
Wow ... Ich war gefesselt und fasziniert!
Vor allem, weil ich das Meer auch unwahrscheinlich liebe ...!
Die Beschreibung am Anfang war wunderschön. Das glizern des Meeres, der Wind. Ich habe förmlich gesehen, wie der Erzähler Am meer liegt und alles genießt.
Allerdings war ich mir erst am Ende sicher, dass der Protagonist ein Mann ist ... vorher bin ich einfach mal davon ausgegangen, dass es eine Frau ist, weswegen ich zunächst am Schluss etwas irritiert war.
Und die Geschichte hat mich an ein sehr schönes Märchen erinnert ... Die Salzprinzessin hieß es glaube ich ... auf jeden Fall schenkt der Prinz, den sie am Ende erwählt, ihr Salz ... aber das finde ich längst nicht so romantisch, wie eine Muschel eine Feder und eine getrocknete Rose ...
Und ich finde auch, dass diese Gesichte wirklich etwas zum träumen ist, denn genau dazu verleitet sie!!!

sehr schön! ^-^
Von:  Chivaro
2006-05-22T09:08:56+00:00 22.05.2006 11:08
Ich finde das auch sehr schön. Die Geschichte, die die Frau erzählt, erinnert mich an irgendein Märchen, aber ich habe keine Ahnung, an welches. o.O
Ich würde so gerne jetzt auch am Meer liegen...
Von:  Hitokiri_Kurai
2005-09-01T00:02:57+00:00 01.09.2005 02:02
Beeindruckende Komposition und das Licht meiner Nacht.
Ich dachte sowas wäre auf Animexx ausgestorben.

Schön in Szene gesetzt, gewandte Umschreibungen, ein sehr schöner Schreibstil der in der Betonung des Moments liegt.
Keine 08/15 Lovestorys von dem typischen perfekten Protagonisten, der die perfekte Traumdame trifft, die zufällig auf ihn steht.

Durch das schlichte andeuten von Gefühlen, schaffst du der Geschichte Raum. Und wenn eine Geschichte solchen "Raum" oder "Platz" zur Entfaltung bekommt, tut sie eben das. Sie entfaltet sich.

Die paar Fehler die dir unterlaufen sind, kann man nur als trivial abtun. Ich hätte sie vermutlich nicht bemerkt, hätte ich nicht als Strafe für die umverschämt gute Einleitung besonders darauf geachtet.
Herrlich!


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