Zum Inhalt der Seite

Fesseln des Verrats - Fortführung nach Kapitel 13

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die größte Sünde

Sie fühlte sich zerrissen. Zweigeteilt. Unschlüssig. Takashiro war so nah. Wie lange hatte sie sich nach ihm gesehnt. Nach seiner Nähe. Seinem Lachen. Sein ganzes Wesen. Doch nun ... War das noch ihr Geliebter, dem sie damals durch die Oberhäupter entrissen worden war? Er musste es sein, aber sie erkannte ihn kaum wieder. Natürlich wusste sie um sein Leiden, um den dämonischen Wirt in seinem Körper. Ihre Mörder hatten es ihr damals verraten, bevor sie ihrem ungeborenen Kind und ihr das Leben geraubt hatten.

Yomi spürte, wie Hitze sie überrollte. Freude und Trauer wechselten sich im Sekundentakt ab. Die Zeremonie war fast abgeschlossen. Gleich würde ihre Seele sich wieder mit ihrem Körper vereinen. Glücklich - sie müsste überglücklich sein und doch war ihr zum Schreien zumute. Ihr blieb keine Zeit mehr, um darüber nachzudenken, den in wenigen Sekunden war die Zeremonie abgeschlossen.

Ihre Hülle fühlte sich unheimlich schwer an, als wollte sie sie unter die Erde ziehen und dort begraben. Die Geräusche um sie herum, erschienen ihr viel zu laut und verursachten migräneartige Schmerzensschübe. Sie stöhnte leise auf. Warum war es so dunkel um sie herum? Hatte es nicht funktioniert?

"Die Zeremonie ist abgeschlossen. Du hast deine Prinzessin zurück", ertönte Luzifers Stimme und sie zuckte kaum merklich zusammen.

"Sie rührt sich nicht", gab Takashiro misstrauisch zurück

"Eine Rückführung der Seele ist nicht nur für mich kräfteraubend, sondern auch für die Seele und deren Körper. Lass deiner Prinzessin etwas Zeit", knirschte der Dämon gereizt und schritt zur Tür. Dem Wiedersehen der beiden wollte er auf keinem Fall beiwohnen. Er hatte Schnulzen noch nie leiden können. Schnell verließ er Takashiros Zimmer und schlug ungehalten die Tür hinter sich zu.

Takashiro ignorierte seinen Abgang. Seine Aufmerksamkeit galt einzig allein Yomi, die noch immer reglos vor ihm lag. War es wahr? Nach all den Jahren voller Sehnsucht und Bangen ...

Vorsichtig näherte er sich ihr. Bei jedem Schritt schlug sein Herz höher. Direkt vor ihr blieb er stehen und seine Augen musterten jede Kontur ihres Körpers. Sie sah genauso aus wie damals. Anmutig. Freundlich. Warmherzig und wunderschön.

Er streckte zaghaft seine Hand nach ihr aus und strich ihr zärtlich über die Wange. Ihre Lider flatterten, doch öffneten sich nicht. Sein Herz schlug höher.

"Yomi, bitte, wach auf."

Seine Stimme zitterte und er erkannte sich selbst nicht wieder. Vor ihm lag seine Geliebte und sie lebte. Sein Herz überschlug sich, als ihre Lider abermals flatterten, nun mehr als zuvor, und sich ihre Augen endlich öffneten. Langsam kniete er sich zu ihr nieder, sodass sie auf gleicher Höhe waren.

Yomi fühlte sich benommen. Ihre Sicht war leicht verschwommen, doch wurde mit jedem Wimpernschlag schärfer.

"Liebste, ich bin hier. Wir sind endlich wieder vereint."

Takashiro ergriff behutsam ihre Hand und zuckte gleichsam zusammen, denn der dämonische Teil in ihm begann sich zu bewegen und wollte raus, forderte wieder mehr Kontrolle.

"Nicht jetzt, nicht vor Yomi", flüsterte er zu sich selbst und hoffte, seine andere Hälfte zu beruhigen - mit Erfolg.

Yomi drehte den Kopf in seine Richtung und ihre Augen wurden groß. Freude und Sehnsucht lagen in ihnen, aber auch Bestürzung und Furcht.

"Yomi, hab keine Angst. Alles wird nun gut. Ich bin bei dir", redete er ihr zu, aber sie schreckte auf, sprang auf ihre zitternden Beine und riss ihre Hand aus seiner. Jedoch war sie noch zu geschwächt, sodass sie auf ihre Knie stürzte. Takashiro eilte zu ihr, wollte ihr helfen, doch sie kroch vor ihm zurück. Geschockt stand Takashiro da. Was war mit ihr los? Er hatte sich all die Jahre nach ihr gesehnt, verzehrte sich noch immer nach ihr .... wieso war sie derart abweisend? Fühlte sie nicht dasselbe? Das konnte nicht sein. Das durfte es einfach nicht.

"Bitte, beruhige dich. Erkennst du mich nicht mehr?"

Sie schluckte. Ihr Körper zitterte unablässig. Yomi traute sich kaum, ihm in die Augen zu sehen - es schmerzte so sehr. Sie zog sich mit den Armen zur Wand, um sich daran hochzuziehen. Takashiro folgte ihr im sicheren Abstand. Sie spürte seine Enttäuschung und Trauer. Er verstand sie nicht.

"Yomi, bitte ... lass mich dir helfen."

Er setzte einen Schritt auf die zu und ihr Kopf schwang zu ihm herum. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt, die sie mühevoll zurückhielt. Grausam. Das Schicksal war einfach zu grausam.

"Und wer hilft dir?!", fuhr sie ihn an und war selbst über ihren scharfen Tonfall überrascht. Perplex sah er ihr dabei zu, wie sie sich ein Stück nach dem anderen auf ihre wackligen Beine kämpfte. Als sie jedoch einen Schritt setzen wollte, verlor sie den Halt. Sofort sprang er auf die zu und fing sie auf. Liebevoll drückte er sie an sich und strich ihr über den schmalen Rücken.

"Ich bereue nichts, solange dir nur bei mir bist", flüsterte er ihr zärtlich ins Ohr.

Yomi schluckte und geriet ins schwanken. Vorsichtig erwiderte sie den Druck seiner Umarmung.

"Wie kann ich deinen Worten denn noch vertrauen?", wisperte sie traurig in seine Brust.

"Wieso solltest du nicht?", fragte er irritiert.

Yomi schob ihn leicht von sich und sah ihm in die Augen. Ihr Blick war entschlossen, wenngleich von Melancholie getrübt.

"Verstehst du denn nicht? Du hast alles verraten, woran wir geglaubt und wofür wir gekämpft hatten. Die Wächter, unsere Freunde ... das Licht der Götter!"

Takashiros Miene verfinsterte sich.

"Nein, Du verstehst nicht, Yomi! Wir wurden reingelegt. Sie haben mich damals weggeschickt, damit sie dich töten konnten!"

Ihre Augen nahmen einen mitfühlenden Ausdruck an. Behutsam strich sie ihm über die Wange.

"Ich weiß, doch die Wächter und das Licht der Götter hatten damit nichts zu tun."

"Die Menschen sind schuld daran, dass wir auseinander gerissen wurden - dass du ermordet wurdest!"

Yomi ließ ihren Arm sinken und schüttelte traurig den Kopf.

"Nein, du kannst nicht die gesamte Menschheit dafür bestrafen, weil uns etwas vor Ewigkeiten angetan wurde."

"Findest du das überhaupt nicht grausam und ungerecht? Hast du mich denn gar nicht vermisst?!", schrie er sie ungehalten an. Der Dämon in seinem Innern rebellierte und verlangte nach der Oberhand. Sie wich ein paar Schritte zurück und war erleichtert, dass ihre Beine sie trugen.

"Natürlich habe ich dich vermisst. Du ahnst ja gar nicht, wie sehr."

"Dann lass uns endlich zusammen sein!"

"Nein, das geht nicht. Nicht so. Nicht unter diesen Bedingungen und zu diesem Preis. Takashiro sieh dich an: du bist nicht mehr du selbst."

Eine glitzernde Träne lief ihr über die Wange, gefolgt von einer weiteren.

Takashiro schluckte und ballte seine Hände zu Fäusten. Er versuchte erst gar nicht, das Zittern zu unterdrücken. Es wäre ohnehin zwecklos. Ihre Worte hatten ihn zu tief getroffen. Nach all den Jahren der Sehnsucht und des Verzehrens entzog sie sich ihm ...

"Ich kann das in den Griff bekommen", murmelte er leise, doch sie schüttelte abermals den Kopf und wandte sich von ihn ab. Vorsichtig setzte sie einen Schritt nach dem anderen in Richtung Tür.

"Selbst wenn", Yomi blieb um Türrahmen stehen und holte kurz Luft. "Glaubst du wirklich, ich könnte zu dem Preis weiterleben und glücklich werden?"

"Wo willst du hin?"

"Das Richtige tun - ich werde das Licht der Götter und die Wächter befreien, bevor Luzifer alle tötet und mit den anderen Dämonen jeden lebenden Menschen auf der Erde vernichtet." Sie drehte sich noch ein letztes Mal zu ihm um. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich ein liebevolles Lächeln ab.

"Ich kann nicht zulassen, dass derjenige, der mir am meisten bedeutet, die größte Sünde begangen hat und sich irgendwann in alle Ewigkeit dafür verantworten und büßen muss."

Dann wandte sie sich endgültig von ihm ab und verließ den Raum.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück