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Fesseln des Verrats - Fortführung nach Kapitel 13

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Zwillinge bleiben Zwillinge

Wie erstarrt blieb Masamune im ersten Moment stehen.

„Das nenne ich mal riesig …“, murmelte entsetzt vor sich hin und starrte auf den einäugigen Dämon, der mindestens drei Meter Höhe aufwies, während die anderen sich auf den Kampf vorbereiteten und blitzschnell eine Strategie zurechtlegten. Sairi zog seinen Cousin zu sich, denn während die Wächter das Licht der Götter, sowie die nicht Kämpfenden zum Schutz in die Mitte nahmen und sich ihren Weg durch die Duras zu den eingekesselten Dorfbewohnern erkämpften, begaben sich Reiga, Zoltan, Tachibana, Sodom und die Zessbrüder direkt zum Zyklop. Zumindest versuchten sie es. Ihr Plan ging fast auf. Neunzig Prozent der Duras strömte zu Yuri, als sie das Licht der Götter wahrnahmen und wurden von den Wächtern erfolgreich in Schach gehalten und vernichtet. Doch ein paar stellten sich ihnen in den Weg und schienen den Zyklop mit aller Macht zu schützen, der gerade dabei war, sich ein schreiendes Kind einzuverleiben.

„Widerlich“, meinte Tachibana tonlos und bestürzt, aber Zoltan zuckte mit den Achseln.

„Wenn man Hunger hat, hat man Hunger.“

Ein entgleistes Lächeln legte sich über das Gesicht des ehemaligen Herbergsvaters.

„Wie immer liebe ich deinen Sinn für Humor.“

Gemeinsam preschten sie nach vorne und Tachibana war gerade noch schnell genug, um eine Lichtkugel in Richtung des Dämons abzufeuern, die ihn an der Hand traf, bevor er das zappelnde Mädchen verschlingen konnte. Mit einem grellen Schrei stürzte das Mädchen in die Tiefe und Zoltan warf seinem Partner einen entgeisterten Blick zu.

„Gut gemacht“, nuschelte er mit deutlicher Ironie in der Stimme und Tachibana fluchte vor sich hin.

Geistesgegenwärtig gab Luca Sodom den Befehl der Rettung. Der kleine Drache sprang blitzschnell auf seinen vier Pfoten nach vorne und fing das Kind noch während des Falls ab. Mit großen Augen, in den noch deutlich der Schock zu lesen war, krallte sich das Mädchen in das weiche Fell des Drachen, der es in Sicherheit brachte.

Obwohl sie zuvor so lange getrennt waren und seit ihrem Wiedersehen eine große Kluft zwischen ihnen herrschte, arbeiteten die Zessbrüder perfekt zusammen. Gemeinsam nutzten sie ihre Magie, um die flinken Duras zu beseitigen, die sie partout nicht zum Ziel durchließen. Während Luze seine Gegner beseitigte hatte er stets ein Auge auf den Engel. Zwar zweifelte er nicht daran, dass Danny sich verteidigen und gut austeilen konnte, doch sicher war sicher. Er schielte kurz zu seinem ehemaligen Meister, der noch immer dabei war, die Beschwörungsformel zu sprechen. Sie selbst hatten Probleme zum Zyklop durchzukommen, doch Reiga sollte es mit seiner Magie schaffen. Und so war es. Kaum hatte der Nekromant die Worte zu Ende gesprochen, erschien ein riesiger Löwe. Mit einem lauten, markerschütternden Grollen sprintete er auf den Dämon zu und griff gemäß Reigas Anweisungen an. Immer wieder holte er mit seinen großen Pranken aus, biss zu und wich flink den Attacken des Riesen aus. Nach nur zehn Minuten gelang es ihm, das Ungetüm zu Fall zu bringen und sein Dasein ein für alle Mal zu beenden. Sofort wollten sich die restlichen Duras zurückziehen, doch das ließen die Wächter nicht zu. Keinen einzigen von ihnen ließen sie entkommen. Zu groß war die Gefahr, dass Luzifer in nur wenigen Minuten hier aufkreuzen würde, falls es einer der Gegner schaffte, zu entwischen. Wenn sie Pech hatten, würde er ohnehin davon erfahren.

Die der Dorfbewohner kamen vorsichtig aus ihren Verstecken heraus und schlichen misstrauisch auf ihre Retter zu. Das gerettete Mädchen krallte sich noch immer ins Sodoms weiches Fell und vergrub ihr Gesicht in seinen Rücken, was der Drache schwanzwedelnd hinnahm. Ein alter Mann, der sich Halt suchend auf einen Stock stützte, traute sich als erster zu den Fremden nach vorne. Sein Gesicht gleich einem Faltenmeer, doch seine schmalen Augen funkelten vor Wachsamkeit und Neugier.

„Ihr habt uns gerettet. Habt großen Dank, Fremde. Doch sagt, ihr seid keine gewöhnliche Menschen, nicht wahr?“

Die Freunde sahen sich uneinig an. Schließlich ergriff Danny das Wort.

„Mehr oder weniger. Was ist hier geschehen?“

Der Alte nickte verständnisvoll und hakte nicht weiter nach. Während er den Wächtern und Kameraden berichtete, trauten sich immer mehr Dorfbewohner, sich zu ihnen zu gesellen. Reiga wurde regelrecht von kichernden, jungen Frauen belagert.

„Wenn die wüssten, an was sie sich da ranschmeißen“, nuschelte Tsubaki verdrossen und verschränkte ihre Arme, während sie das Ganze misstrauisch beäugte. Masamune beobachtete wiederum sie mit einem amüsierten Grinsen.

„Seit sich die Erde aufgetan hat, sprudeln immer mehr Dämonen hervor, vernichten und versklaven ganze Städte und Dörfer. Nicht einmal vor Gargarenzia machen sie halt. Bei uns gibt es nicht viel. Was wollen sie von uns? Seit Wochen überfallen sie unser Dorf in regelmäßigen Abständen. So viele Männer und Frauen wurden bereits getötet oder entführt. Nicht einmal vor Kindern und Säuglingen machen sie halt.“

Besorgt folgte Yuki dem Lagebericht des Ortsansässigen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es in den anderen Orten anders aussah. Sein Blick fiel auf das gerettete Mädchen, das ausgelassen mit Sodom spielte und ihm ein sanftes Lächeln entlockte.

„Es tut mir Leid, dass ihr so viel Leid ertragen müsst. Doch dürfte ich euch trotzdem um einen Gefallen für uns bitten?“, fragte Danny freundlich, als der alte Mann geendet hatte.

„Natürlich, bitte sagt, wie können wir euch helfen?“

„Wir sind alle ziemlich erschöpft. Hättet ihr etwas zu Trinken und vielleicht eine Kleinigkeit zu Essen für uns?“

Die Augen des betagten Mannes, der sich als Ian vorstellte, wurden groß. Er schlug peinlich berührt seine freie Hand über den Kopf.

„Wo bleiben nur meine Manieren?! Bitte verzeiht, das ist mir jetzt aber unangenehm. Wir bestehen sogar darauf, dass ihr bei uns rastet! Das ist das Mindeste, was wir tun können.“

Mit präzisen Anweisungen bat er seine Leute, alles vorzubereiten, führte die Reisenden in ein ehemaliges Hotel, das noch recht gut erhalten war und zeigte ihnen die getrennten Duschen für Männer und Frauen. Dankbar nahmen sie die Handtücher entgegen, die ihnen von den Bewohnern gereicht wurden. Sodom nahm seine menschliche Gestalt an, klammerte sich müde, doch fröhlich an Yukis Arm und begab sich mit den anderen zu den Duschen.

„Und dass du ja nicht wieder auf die Idee kommst, zu spannen!“, rief Touko Hotsuma drohend hinterher, der verärgert aufschnaubte.

„Ich habe nicht gespannt!“

„Oh doch, das hast du!“

„Als ob es bei euch was zu spannen gäbe!“

Shuusei und Senshiro ergriffen den zappelnden Hotsuma und zogen ihn wortlos mit sich. Ria stupste ihre Freundin grienend in die Seit und Tsubaki klopfte ihr zustimmend auf die Schulter, während Aya etwas peinlich berührt dahinter stand. Gemeinsam betraten sie die Frauenduschen und ließen es sich nicht nehmen, das schüchterne Dienstmädchen zu ihrer Beziehung zu Katsumi zu löchern.
 

„Ich hab nicht gespannt!“, verteidigte sich Hotsuma, worauf Yuki lachte.

„Ja, ich weiß. Ich war doch damals dabei.“

„Sicher?“, hakte Sairi skeptisch nach und beäugte den anderen Wächter misstrauisch.

„Was heißt hier sicher?!“, schrie Hotsuma und sein Gegenüber zuckte mit den Schultern.

„Zuzutrauen wäre es dir auf jeden Fall.“

Bevor Hotsuma widersprechen konnte, schaltete sich nun Kuroto ein.

„Zuzutrauen wäre es euch beiden.“

Entgeistert starrten die zwei Streithähne ihn an und Senshiro begann zu lachen.

„Ist er nicht wunderbar? Mit einem Satz hat er euer nerviges Geplänkel beendet.“

„Senshiro?“

„Ja?“

„Ich habe Hunger.“

Sofort wollte Senshiro aus dem Raum rennen und sich an die Arbeit machen, doch Katsumi hielt ihn eisern fest.

„Das machen die Dorfbewohner. Wenn ich nicht kochen darf, dann darfst du das auch nicht!“

Herausfordernd funkelten sich die beiden an.

„Ha ha, wollen wir nicht ein Dreierbattle der Kochkünste veranstalten? Die Dorfbewohner gegen Katsumi und gegen Senshiro?“, schlug Tachibana vor und erntete sofort missgünstige Blicke.

Sowohl Reiga, Masamune, Tsukumo, Shuusei als auch Zoltan war das aufgeweckte Treiben zu viel. Sie ließen die anderen ihren Spaß und begannen zu duschen. Danny legte sanft die Hand auf Yukis Rücken und führte ihn ebenfalls zu den Brausen.

„Mach dir um sie keine Sorgen. Die brauchen das.“

„Ja, wahrscheinlich hast du recht.“

„Sodom auch duschen!“, rief der kleine Drache und sprang beherzt nach vorne.

Luze und Luca hielten sich zurück. Sie würden als letztes duschen. Noch fast ganz bekleidet standen sie in der Ecke.

„Fang jetzt bloß nicht an zu sabbern“, ermahnte Luca seinen Zwilling, der fasziniert Danny beobachtete, sich jeden Millimeter von seiner Haut und Kontur einprägte. Luze schnaufte auf das Kommentar seines Bruders hin genervt auf.

„Als ob …“

Dennoch konnte und wollte er seine Augen nicht von dem samtenen Körper des Engels abwenden. Die cappuccinofarbene Haut lud gerade dazu ein, gekostet zu werden. Wie er wohl schmeckte? In Luze begann sich etwas zu regen, wie ein kleines Tier, dessen Existenz er sich vorher nicht bewusst gewesen war.

„Du sabberst,“ schlussfolgerte Luca und schüttelte leicht den Kopf. Luze wandte sich schnell zu ihm um. Im Gegensatz zu ihm schien sein Bruder die Gelassenheit selbst zu sein. Dabei wusste er, dass Luca Yuki mehr als alles andere begehrte. Wie konnte er also dermaßen gelassen bleiben? Er sah nicht einmal hin oder etwa doch? Luze kniff die Augen zusammen und nahm die Aura seines Zwillings wahr. Doch, eindeutig. Auch Luca genoss die Aussicht, was ihm aufgeregte Schwingungen verdeutlichten. Er folgte dem Blick seines Bruders, der geradeaus auf den Spiegel schaute, wo er bestens auf die Duschenden sehen konnte. Ein Schmunzeln umspielte seine Mundwinkel. Trotz ihrer Vergangenheit und aller Differenzen: sie waren und blieben Zwillinge.



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