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Reise in die Vergangenheit
von

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Sehen und gesehen werden

Das Bad war groß und Misty und Shio waren alleine. Die Freunde hatten erst spät das Hotel erreicht, sodass die meisten Gäste schon gebadet hatten, als sie dieses betraten.

Für Außenstehende saßen die Mädchen schweigend vor den Waschstationen. Sie konnten die sprachlose Konversation der beiden nicht hören.

„Du kannst also jetzt Telepathie“, stellte Misty fest.

„Unter anderem“, bestätigte Shio, ihre neue Fähigkeit nutzend. „Und scheinbar auch Illusionen. Das Koka vorhin war nie weg. Ich habe es unbewusst getarnt.“

Mistys Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. „Wenigstens konnte ich es nicht mehr sehen. Die Viecher ekeln mich einfach an.“

Von Shio war ein leises, schnaubendes Lachen zu vernehmen, während sie ihre Haare einseifte. Misty schreckt mit einem Spitzen Schrei zurück. An der Wand vor ihr krabbelte ein Webarak, welches durchsichtig wurde und verschwand. „Das ist nicht witzig!“, fuhr sie laut die lachende Shio an.

„Doch“, antwortete diese grinsend mit ihrer Stimme und griff den Schwamm. „Komm, das war nur ein Scherz. Lass mich dir als Entschuldigung den Rücken waschen.“

Misty setzte sich schmollend auf ihren Hocker und ließ ihre zukünftige Tochter gewähren. Sie führten ihre Konversation wieder mental fort.

„Seit wann kannst du das?“, wollte Misty wissen.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Shio. „Ich habe es erst heute bemerkt. Ich kann mir nur vorstellen, dass es in der Menschenmenge in Adaman City passiert ist.“

„Denkst du, Team Psy hat das mit Absicht gemacht?“, überlegte Misty.

„Gute möglich“, bestätigte Shio. „Sie waren sehr ruhig in letzter Zeit und Illusionen waren eine Fähigkeit von Natasha. Ich verstehe nur nicht, was es ihnen bringen sollte, mich mächtiger zu machen.“

„Das weiß ich auch nicht“, meinte Misty. „Lass mich jetzt deinen Rücken waschen.“

Die Mädchen wechselten die Positionen. Shio sah nachdenklich im Spiegel Misty zu. Den Rücken gewaschen zu bekommen erinnerte sie an früher, an glücklichere Zeiten, als sie nur Gedanken hören konnte und das meiste noch nicht verstand und ihre Mutter sich noch nicht mit ihrer Besonderheit überfordert fühlte.

„Du wirst keine schlechte Mutter sein“, sandte Shio an Misty, welche sich gerade Gedanken über das Verhältnis ihres zukünftigen Ichs zu ihrer Tochter machte.

„Findest du?“, meinte Misty überrascht.

„Bevor ich dich in dieser Zeit kennen gelernt habe, habe ich das anders gefunden“, gestand Shio. „Aber ich glaube, jetzt verstehe ich dich besser.“

„Trotz Gedankenlesens?“, dachte Misty amüsiert.

„Vielleicht gerade deswegen“, entgegnete Shio, nahm den Duschkopf und spritzte Misty mit kaltem Wasser ab.

„Ah! Na warte!“, rief Misty, nahm ihrerseits einen Duschkopf und spritzte zurück. Auf die Art duschten sich die Mädchen gegenseitig lachend ab, bevor sie zum Aufwärmen ins heiße Badewasser stiegen.

„Was ist eigentlich mit deinen Haaren“, fragte Misty plötzlich. „Waren sie schon immer gestreift?“

„Oh, nein“, winkte Shio ab. „Und wenn man mich scheren würde, wäre ich gefleckt. Geboren wurde ich mit ganz schwarzen Haaren. Ace übrigens auch, aber er ist irgendwann rot geworden. Darum hat es keinen gewundert, als meine Haare auch anfingen rot zu werden. Nur haben sie irgendwann damit aufgehört und jetzt sehe ich so aus.“

„Also werde ich mich durchsetzen“, grinste Misty zufrieden, was Shio zum Lachen brachte. Sie lehnte sich über den Rand des außenliegenden Beckens und sah hinunter. Direkt unter ihnen lag das Männerbad, jedoch verwehrte ein Milchglasdach jegliche Einblicke. Noch eine Stufe tiefer lag ein großes Becken, das für Pokémon gedacht war. Sie sah Abby dabei zu, wie es Mistys Azurill beobachtete, welches mit Garados spielte. Ein seltsames Paar, die beiden.

„Misty, darf ich etwa ausprobieren?“, fragte Shio vorsichtig.

„Wenn es nicht weh tut“, entgegnete diese.

„Ich glaube nicht“, meinte Shio und starrte in die Ferne.

Misty wartete ab, doch nichts passierte. „Machst du irgendwas?“

„Sieh mal woanders hin“, bat Shio nur.

Misty verstand nicht, doch sie sah nun auch hinunter zu den Pokémon. Am Rand des Milchglasdachs konnte sie Ashs Hinterkopf hervorlugen sehen. Vermutlich sah er auch den Pokémon zu.

Shio richtete sich neben ihr wieder auf. „Das ist eine merkwürdige Fähigkeit.“

„Was hast denn gemacht?“, wollte Misty wissen.

„Die Welt durch deine Augen gesehen“, antwortete Shio und setzte sich wieder ins Wasser. „Ich weiß nur nicht, ob es eine eigene Fähigkeit ist oder mit der Telepathie zusammenhängt.“

„Und wie war die Welt durch meine Augen?“, fragte Misty neugierig.

„Bunter“, lachte Shio. „Aber längst nicht so bunt, wie durch Piktrios Augen. Das war ein Schock.“

„Ach, deshalb hast du geschrien!“, rief Misty. Dann kam ihr ein Gedanke und sie grinste schelmisch.

„Meine Reichweite geht mindestens bis zu unseren Pokémon dort unten“, sagte Shio. „Also ja, ich könnte durch die Augen der Jungs gucken, aber was hätte ich davon?“

„Ich frage mich, ob du das, was du siehst, mit der Telepathie an mich übertragen kannst“, erklärte Misty sich.

Shio seufzte. „Wenn du so dringend Einblicke möchtest, hättest du mit Ash in ein Privatbad gehen sollen.“

Misty lief puterrot an. „Nein, das wäre zu viel! Sehen ist nicht...“

„Schon gut“, winkte Shio ab. „Ich kann es ja mal versuchen.“

Es war, als setze Misty eine Brille auf, die einen Film abspielte. Das Bild vor ihren Augen war ein ähnliches Bad, jedoch in einer anderen Farbe gefliest. Sie konnte nur vermuten, dass sie durch Rockos Augen blickte, denn sie hörte ihn sagen, dass es Zeit wäre, aus dem Wasser zu gehen. Ash stimmte ihm zu und sie und Shio wurden so heimlich Zeugen, wie sich der sichtbar nicht mehr ganz so kindliche Ash sich splitterfasernackt mit seinem Freund und dem kleinen Lutz in die Umkleide begab. Nach nur wenigen Momenten zoomte sie wieder aus dieser Sicht heraus und sah Shio vor sich, deren Wangen eine Spur von rot zeigten.

„Wir sollten jetzt auch heraus gehen, wenn wir nicht unseren Kreislauf strapazieren wollen“, meinte diese und stieg aus dem Becken.

Misty folgt ihr, wobei Shio sie beobachtete. Sie hörte von unter sich plötzlich einen überraschten Aufschrei und es klang unverkennbar nach Ash.

„Ob etwas passiert ist?“, sorgte sich Misty.

Shio zuckte nur mit den Schultern und ging in die Umkleide. Sie trafen in der Lobby auf ihre männlichen Freunde. Die Blicke von Ash und Misty trafen sich und beide sahen mit erröteten Wangen zu Seite.

„Was ist nur los mit ihnen?“, wunderte sich Rocko.

„Nur ein kleiner Streich“, grinste Shio und klärte ihn telepathisch über ihre neuen Fähigkeiten auf und den Vorgang, bei dem er unwissend geholfen hatte. Rocko tadelte sie still, verlangte aber nicht, ähnliches für ihn zu tun. Er fand, dass ein Gentleman Frauen nicht auf die Art belästigen sollte. Sie rechnete es ihm hoch an.

Ash und Misty gingen schweigend nebeneinander her auf dem Weg zum Pokémonbad. Als die beiden auch nach dem abtrocknen und einsammeln ihrer Pokémon nicht miteinander sprachen, beschloss ihre zukünftige Tochter, ihre Erinnerungen ein biss aufzufrischen.

„Shio!“, riefen beide mit einer Mischung aus peinlicher Überraschung und Verärgerung. Diese ergriff lachend die Flucht. Sie war sich sicher, ihrer Zukunft eine kleine Nachhilfe gegeben zu haben.



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