Zum Inhalt der Seite

Timeline

Reise in die Vergangenheit
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Onkel Rocko

Shio saß alleine auf ihrem Zimmer. Sie sollte den Fuß hoch legen und deshalb auf ihrem Zimmer essen. Ihre Freunde hatten ihr versprochen, später etwas aus der Cafeteria vorbeizubringen.

Gelangweilt nutzte sie die Gelegenheit, um jemanden aus der Zukunft anzurufen.

„Hallo Shio“, meldete sich Rocko am anderen Ende. Er hatte sich von den Freunden mit den Jahren am meisten verändert. Um Augen und Mund hatten Lachfalten tiefe Gräben gezogen, sein Haar war mit weißen Strähnen durchsetzt und die beginnende Halbglatze versteckte der Enddreißiger mit einem ausgeblichenen Bandana mit Onixmuster, das Shio ihm vor langer Zeit mal geschenkt hatte. Als Kind fand sie es cool. Jetzt war sie sich nicht mehr so sicher, aber ihr Patenonkel hütete es wie einen Schatz.

„Hallo Onkel Rocko. Wie läufts im Paradies?“, wollte sie wissen. In ihrer Zeit besaß Rocko ein riesiges Areal, in dem er Pokémon umsorgte und züchtete.

„Alles in bester Ordnung, danke der Nachfrage“, antwortete Rocko. „Aber seit wann machst du Small Talk?“

Shio musste lachen. „Ich versuche, schlechte Angewohnheiten abzulegen. Und es interessiert mich schon, ob du neue Pokémon unter deiner Aufsicht hast.“

Rocko nickte zustimmend. „Eine gute Einstellung. Und du kennst mich ja, ich nehme fast täglich neue Pokémon auf. Wenn ich nicht aufpasse, geht mir bald der Platz aus.“

„Du wirst schon eine Lösung finden“, meinte Shio.

„Ich arbeite dran“, bestätigte Rocko. „Aber jetzt raus mit der Sprache: Was bedrückt dich?“

Shio seufzte schwer und Rocko sah besorgt aus. „Meine Fähigkeiten und Team Psy“, gestand Shio. „Diese Irren haben mir, ohne dass ich es gemerkt hätte, mindestens drei neue Fähigkeiten gegeben. Vielleicht auch mehr und ich habe sie noch nicht alle gefunden. Ich habe Angst davor, dass ich irgendwann aufwache und im Schlaf alles um mich herum zerstört habe.“

„Das wird nicht passieren“, versicherte ihr Rocko zuversichtlich. „Gerade weil du diese Angst hast. Du möchtest niemanden verletzen und nichts zerstören und dass sitzt tief in deinem Unterbewusstsein.“

„Da hast du wohl recht“, sagte Shio erleichtert. „Wenn nur nicht diese blöden Kopfschmerzen ständig wären.“

„Du siehst auch müde und blass aus, soweit ich das erkennen kann“, bemerkte Rocko. „Ich vermute, dass all diese neuen Fähigkeiten viel Energie verbrauchen. Versuche mehr zu Essen und eher schlafen zu gehen.“

„Ich will aber nicht zunehmen und auch nichts verpassen“, schmollte Shio.

„Wenn meine Theorie stimmt, wirst du nicht zunehmen“, behauptete Rocko, „und wenn du ausgeschlafener bist, hast du mehr von deiner Wachzeit, vor allem ohne Kopfschmerzen.“

„Ist ja gut“, seufzte Shio. „Dein jetziges Selbst wird mir bestimmt etwas leckeres kochen.“

„Worauf du dich verlassen kannst“, lachte Rocko. „Und ich habe noch etwas, das dich aufheitern wird.“ Er verschwand vom Monitor.

„Oh, was denn?“, fragte Shio neugierig, zappelig vor Ungeduld. Wenn ihr Onkel Rocko eine Überraschung für sie hatte, war es meistens etwas großartiges.

Rocko erschien wieder auf dem Bildschirm, doch dieses Mal trug er ein Pokémon im Arm.

„Ein Baby Felilou!“, rief Shio und ihre Stimme quietschte vor Aufregung.

„Ja, es ist heute Nacht geschlüpft“, erzählte Rocko. „Es war von Anfang an für dich bestimmt. Und schau mal, es ist sogar etwas besonderes.“ Er drehte das Pokémon um und präsentierte Shio den weißen Fleck auf seinem Rücken, der wie ein Herz geformt war.

„Oh, ist das süß!“, quietschte Shio und hielt den Pokéterm ganz nah an ihr Gesicht, damit sie auch kein Detail übersah. „Ich kann es gar nicht erwarten, es in den Armen zu halten.“

„Das wirst du, sobald du nach Hause kommst“, versicherte ihr Rocko. „Es ist übrigens ein Weibchen.“

„Fina“, seufzte Shio vor Glück. „Ich nenne sie Fina.“ Das Felilou maunzte so niedlich, dass sich Shio das Herz zusammen zog. Jetzt hatte sie etwas, auf das sie sich zu Hause freuen konnte.

Sie fühlte sich gestört, als es an der Tür klopfte, aber dennoch erlaubte sie dem Besucher einzutreten. Es war der Rocko dieser Zeit mit einem Tablett voller Leckereien. „Ich habe mir erlaubt die Küche auszuleihen und...“ Rocko fuhr erschrocken zurück, als er sich selbst erkannte und es war ein Wunder, dass er nichts verschüttete. Seine zukünftige Version reagierte ebenso überrascht, indem er das Telefonat beendete.

„Och“, seufzte Shio und klappte den Pokéterm zu. „Fina...“

„Fina?“, wiederholte Rocko.

„Eine Felilou, dass du für mich züchten wirst“, erklärte Shio und sah erwartungsvoll zu dem Tablett voller Essen. „Was ist das alles?“

„Suppe, Fisch, Fleisch, viel Gemüse und ein großer Pudding“, zählte Rocko auf und gab ihr das schwere Tablett. „Du sahst die letzten Tage etwas müde aus, also habe ich dir von allem etwas gebracht.“

Shio musste lachen und Rocko sah sie verwundert an. „Das ist genau das, was Onkel Rocko verschrieben hat“, erklärte sie.

„Onkel Rocko, hm? Das gefällt mir!“, grinste Rocko.

„Man kann auch sagen Kummerkastenonkel“, meinte Shio und aß einen Löffel Suppe.

„Der kann ich in dieser Zeit auch sein“, schlug Rocko vor, „auch wenn ich mich für einen Onkel noch zu jung fühle. Aber du kannst mir immer alles erzählen.“

„Ich weiß“, lächelte Shio, „aber alles was ich dir erzähle muss ich irgendwann wieder löschen. Erlaube mir, die Arbeit klein zu halten. Sie wird eh mit jedem Tag größer.“

„Das verstehe ich“, sagte Rocko. „Hast du schon deiner Mutter von den neuen Entwicklungen erzählt? Sie wird es sicher nicht von meinem zukünftigen Ich hören wollen.“

Shio sah ertappt zur Seite. „Ist ja gut, ich machs gleich.“

„Alles klar“, lachte Rocko. „Dann gehe ich zurück zu den anderen.“

Er verließ den Raum und Shio machte sich über das Essen her. Sie hatte wirklich Hunger und Rocko hatte das alles nur für sie gekocht!

Shio liebte ihren Onkel Rocko mehr als sie zugeben wollte. Neben ihrer temperamentvollen Mutter war er immer ein verständiger Ruhepol und Vermittler gewesen. Wer weiß wie oft ihre Streitereien ohne seine Interventionen in Katastrophen ausgeartet wären? Jetzt, da sie genauer darüber nachdachte, war Onkel Rocko schon eine Macht für sich. Er hatte seine Farm, seine Pokémon, seine eigenen zwölf Kinder mit zehn Frauen von denen aber keine bei ihm lebte, weil er einfach nicht treu sein konnte, auch wenn eine regelmäßig zu ihm zurück kam, nur um ihn dann wieder zu verlassen. Wie groß sein Herz war, dass er dazwischen noch Zeit für seine Patenkinder fand und wie schamlos sie ihn ausgenutzt hatte, realisierte sie erst jetzt. Sie schämte sich dafür.

Sie nahm wieder ihren Pokéterm zur Hand und öffnete das Telefonprogramm. Es war Zeit, sich selbst dem Drachen zu stellen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Linchen89
2019-11-14T05:54:26+00:00 14.11.2019 06:54
Hab die letzten 2 Tage die ganze Geschichte gelesen.
Tolle Ideen, gefällt mir sehr gut, ich in gespannt wie es weitergeht 😀👍
Antwort von:  ZerosWolf
14.11.2019 15:59
Danke für die Rückmeldung!
Ich freue mich immer, neue Leser begrüßen zu dürfen. Ich hoffe, dass dir auch die Fortsetzungen gefallen werden.
Ich habe noch ein paar Kapitel fertig, die Woche für Woche hochgeladen werden und den nächsten Verlauf grob skizziert. Allerdings ersticke ich gerade in Uniarbeit und kann daher nicht sagen, wann ich wieder zum Schreiben komme.


Zurück