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Reise in die Vergangenheit
von

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Sommerfest im Beerengarten

Ash, Misty und Rocko trafen beim Frühstück auf Jaze. Er sah aus, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen.

„Guten Morgen“, grüßte ihn Ash. „Was hat dich denn wach gehalten?“

„Meine Forschung“, gähnte Jaze. „Ich wollte nur ein paar Notizen machen und ehe ich mich versah war es nach drei.“

„Du scheinst wirklich für Liponsteine zu brennen“, merkte Rocko an.

„Sie sind ja auch faszinierend!“, rief Jaze, plötzlich hellwach. „Alles was wir auch in meiner Zeit wissen ist, dass sie Pokémon verstärken. Wir wissen nicht, wie sie entstehen oder warum sie diese Wirkung haben. Wenn ich das Rätsel lösen kann, wird die ganze Welt sehen, dass ich der großartigste Forscher alles Zeiten bin!“

„Sehr ehrgeizige Ziele“, meinte Misty. „Dass du bei deiner Forschung noch zum Reisen kommst, wundert mich.“

„Ich kann das halt“, grinste Jaze stolz. „Ich werde der erste forschende Pokémonmeister der Welt!“

„Vielleicht etwas zu ehrgeizig“, murmelte Ash und wollte lieber das Thema wechseln. „Wo ist Shio?“

Jaze zog eine beleidigte Grimasse. „Keinen Schimmer. Das letzte was ich gehört habe war 'Dad braucht mich' und schwupp war sie verschwunden.“ Er versucht Shio auf lächerliche Weise nachzuahmen, wofür er ein paar Lacher erntete.

„Dann wissen wir wenigstens bei wem sie ist“, meinte Misty sichtlich erleichtert.

„Du solltest dir nicht so viele Sorgen um sie machen“, fand Ash. „Wir wissen doch, dass sie auf sich aufpassen kann.“

Diese Kritik hörte Misty nicht gerne. „Du solltest dir wenigstens ein paar Sorgen um sie machen! Muss ich dich daran erinnern, dass eine ganze Organisation hinter ihr her ist?“

„Wenn die auftauchen kann sie doch einfach wegteleportieren oder sich mit Psychokinese verteidigen. Sie ist ein kluges Mädchen. Vertrau ihr einfach!“, sagte Ash.

„Dass sie nicht so unvorsichtig ist wie du, heißt nicht, dass sie es alleine mit denen aufnehmen kann!“, rief Misty. „Wer weiß, was die noch so alles in der Hinterhand haben?“

„Egal was, Shio wird das schaffen!“, behauptete Ash und es entwickelte sich ein Starrkampf. Dieser wurde von Jaze Nachrichtenton unterbrochen. Alle Blicke wandten sich auf ihn, was ihn doch etwas einschüchterte.

„Von Shio“, stellte er fest und las vor: „Hört auf euch zu streiten. Ich komme nach dem Frühstück zurück. Benehmt euch solange.“

Verstimmt schweigend setzten Ash und Misty sich hin und begannen mit dem Frühstück. „Gehen wir dann heute noch Mal in die Mine?“, wollte Misty wissen.

„Das wäre doch Zeitverschwendung!“, rief Ash. „Wir sollten uns lieber schnell den nächsten Orden sichern!“

„Aber uns fehlen Kampfliponsteine“, erinnerte ihn Misty.

„Na und? Meine Kampfpokémon sind auch ohne stark!“, argumentierte Ash. „Wenn wir noch Mal in die Mine gehen, verlieren wir mindestens zwei Tage!“

„Aber dafür bekämen wir einen Vorteil!“, sagte Misty eindringlich. Erneut wurde ihr Gespräche durch eine Nachricht unterbrochen.

„Ich meine es ernst, lasst das Streiten!“, las Jaze vor.

Ash und Misty funkelten sich an, als wäre es ein Wettkampf, wer die Route bestimmen durfte.

„Misty hat Recht, was die Liponsteine angeht“, entschied sich Rocko für eine Seite. „Es kann nur Vorteile haben, sich gründlich vorzubereiten. Sieh es als eine Chance für ein intensives Training an.“

„Und Training haben wir nötig“, pflichtete ihm Misty bei.

„Da hast du Recht“, seufzte Ash.

„Schön, dass ihr euch einig seid, aber die Mine ist geschlossen“, stellte Jaze fest und legte seinen PokéTerm so auf den Tisch, dass die anderen drei lesen konnten, was dort stand. „Es sieht so aus, als sei es mit der Garpasituation zur Zeit zu gefährlich, dort zu schürfen. Und den Aufzug müssen sie auch noch reparieren.“

„Und das kannst du in deinem PokéTerm lesen?“, wunderte sich Ash.

„Klar, steht alles im PIN“, meinte Jaze.

„Im was?“, hakte Ash nach.

„Davon habe ich gehört“, stellte Rocko fest. „Das Pokémon Informationsnetzwerk, kurz PIN. Das ist etwas ganz neues, dass den Austausch von Pokémondaten einfacher machen soll.“

„Ganz genau“, bestätigte Jaze. „In unserer Zeit ist es nicht mehr wegzudenken, aber hier ist es gestern erst eingeschaltet worden. Im Moment ist es nur von den Computern in den Pokémon Centern erreichbar, aber bald werden sie Pokénavs, Pokétch und all die anderen Geräte aufrüsten und Sendemasten einrichten, damit man von überall darauf zugreifen kann.“

„Das ist ja cool!“, rief Ash.

„Nicht wahr?“, grinste Jaze. „Und der geniale Kopf dahinter ist niemand anderer als Professor Tann.“

„Was, Professor Tann? DER Professor Tann?“ Ash wirkte sehr ungläubig.

„Traut man ihm gar nicht zu“, meinte Misty.

„Zumindest nicht auf den ersten Eindruck“, fügte Rocko hinzu. „Wenn wir ihn besser kennengelernt hätten, würde es uns sicher nicht so sehr überraschen.“

„Vermutlich“, stimmte Misty ihm zu.

Jaze nickte und war schon wieder mit seinem PokéTerm am Gange. „Rocko, du wolltest zum Beerengarten, der auf dem Weg nach Magnos City liegt, richtig?“

„Stimmt“, bestätigte Rocko.

„Das trifft sich gut. Da ist heute ein Sommerfest“, erzählte Jaze.

„Sehr gut!“, rief Ash.

„Besonders da es auf dem Weg liegt, richtig?“, neckte ihn Misty.

„Haha, erwischt“, lachte Ash verlegen.

„Dann holen wir jetzt die Talismane bei der bezaubernden Kokomi ab und dann nichts wie auf zum Beerengarten!“, rief Rocko und eilte davon.

„Der ändert sich wohl nie“, seufzte Misty, doch zogen sie, Ash und Jaze es vor ihr Frühstück zu beenden, bevor sie Rocko folgten.

Der Besuch bei Kokomi war kurz und rein geschäftlich und die Freunde hatten gerade die Stadt hinter sich gelassen, als Shio wieder an ihrer Seite auftauchte. „Was hab ich verpasst?“, fragte sie überraschend ausgelassen und ging neben ihnen her.

„PIN ist online“, erzählte Jaze, „und wir gehen zum Beerengarten.“

„PIN ohne PokéBook? Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, lachte Shio. „Und auf den Beerengarten bin ich gespannt. Da müsste es noch eine Beere geben, die in unserer Zeit aus irgendwelchen Gründen ausgestorben ist.“

„Vielleicht können wir etwas Saat ergattern, dann können sie die Beere in unserer Zeit mit den neuen Erkenntnissen nachzüchten und wir gehen dafür in die Geschichte ein“, schlug Jaze vor.

„Mach dich nicht lächerlich“, schallte ihn Shio. „Ich bin dafür, die Saat mitzunehmen, aber wir werden sie anonym spenden. Es muss niemand wissen, woher wir die haben werden.“

„Hoppla, das klingt ja richtig verschwörerisch“, meinte Rocko.

„Ja, und du bist ungewöhnlich entspannt“, stellte Ash fest.

„Und was ist mit deinem Bein?“, wollte Misty besorgt wissen.

Shio lächelte. „Ich hatte beim Frühstück eine sehr ergiebige Unterhaltung mit meinem Vater und danach ein sehr fruchtbares Training“, erklärte sie. „Was mein Bein angeht: Es tut weh. Ich tue nur so als würde ich laufen, aber eigentlich schwebe ich. Ich bin entspannt, weil mir klar geworden ist, dass unsere Anwesenheit hier den Lauf der Dinge nicht verändert. Ich brauche also gar nicht so akribisch aufpassen nichts falsch zu machen, wie ich es bisher getan habe. Das bedeutet aber nicht, dass ich euch mehr aus der Zukunft erzählen werde“, fügte sie hinzu, als sie solche Gedanken von ihren Freunden vernahm.

„Schade“, meinte Ash scherzhaft. „Aber was für ein Training hast du mit deinem Vater gemacht?“

„Er hatte eine Idee, warum das Teleportieren nicht funktioniert hat – und er hatte recht“, sagte Shio.

„Ash hatte eine Idee? Na sieh mal einer an“, neckte Misty.

„Hey, hältst du mich etwa für blöd?“, rief Ash.

„Ganz und gar nicht“, sagte Misty und hakte sich bei ihm ein. „Du hast manchmal eine lange Leitung und bist etwas naiv in deinen Ansichten, aber das ist süß.“

Ash sah zur anderen Seite und kratzte sich verlegen an der Nase. Er wusste, dass sie Recht hatte, aber er wollte es ungern offen zugeben.

Shio lächelte siegessicher. Sie hatte sich Sorgen gemacht, als sie während des Frühstücks für längere Zeit durchsichtig wurde, aber es schien doch alles in einem verträglichen Bereich zu sein.

„Und welche Idee hatte dein Vater?“, hakte Jaze nach.

„Die Mitteleportierenden müssen genauso an das Ziel denken wie ich“, erklärte Shio, „oder an mich.“

Jaze legte nachdenklich die Hand ans Kinn. „Beeinflussen die Gedanken der weiteren Personen den Ort?“

Shio nickte bestätigend. „Wenn wir uns auf verschiedene Wegpunkte konzentriert haben, kamen wir genau in der Mitte heraus.“

„Dann wurde also aus 'Bergarena' und 'Durst' ein Bergsee“, schlussfolgerte Jaze.

„Wahrscheinlich“, bestätigte Shio.

„Das ergibt Sinn“, stimmte Rocko zu.

„Hey, dann könntest du uns in Sekunden nach Magnos City bringen, richtig?“, fragte Ash aufgeregt.

„Oder in ein Paar Stunden nach Kanto“, meinte Shio. „Die einzige Grenze ist, dass ich eine Person oder einen einzigartigen Ort kennen muss, sonst greift der Zufall.“

„Dann könnten wir heute Abend schon die Arena herausfordern!“, rief Ash begeistert.

„Nichts da“, widersprach Misty. „Hast du vergessen, dass wir auf dem Weg zum Beerengarten sind? Heute darf Rocko mal bestimmen, wo es hin geht, dass sind wir ihm schuldig.“

„Sehr freundlich“, dankte dieser. „Aber ich glaube auch nicht, dass wir teleportieren sollten. Wir würden so viele spannende neue Orte, Freunde und Pokémon verpassen, das wäre es mir nicht wert.“

„Da hast du Recht“, gab Ash zu. „Na gut, bleiben wir beim Laufen.“

Seine Freunde nickten zustimmen und sie gingen gemeinsam weiter, sodass sie am frühen Nachmittag am Beerengarten ankamen. Ein bunt geschmückter Bogen überspannte den Eingang, hinter dem sich Buden mit Beerengerichten und beerenbasierten Spielen aufreihten.

„Das sieh alles toll aus“, meinte Rocko. „Womit sollen wir anfangen?“

„Die Beerenshakes sehen gut aus“, meinte Misty.

„Klingt gut, ich habe ziemlich Durst“, stimmte Ash ihr zu.

Sie gingen zu dem Stand, der Beerenshakes verkaufte. Unter der Karte mit den gewohnten Geschmacksrichtungen stand eine Herausforderung: Wer einen Tamotbeerenshake vollständig austrinken könne, erhielte einen Beerenkorb umsonst.

„Aus den Beeren könnten wir Pokémonfutter, Blocks oder Knurpse machen“, überlegte Rocko.

„Das is' richtig“, bestätigte der Verkäufer. „Hinten is' 'n Zelt, da könnta se gleich verwerten.“

„Klasse! Ich probiers!“, rief Ash.

„Aber Ash, du weißt doch, wie schlecht du auf Tamotbeeren reagierst“, erinnerte ihn Rocko.

„Ach, das ist doch Jahre her!“, winkte Ash ab. „Damals war ich noch ein Kind.“

„Wetten, ich kann mehr von dem Shake trinken als du?“, forderte Jaze ihn heraus.

„Die Wette gilt!“, rief Ash.

„Also drei Mal die Herausforderung bitte“, bestellte Shio.

„Du auch?“, wunderte sich Misty.

„Aber sicher!“, grinste Shio, während ihre zukünftige Mutter sich still Sorgen um ihre Gesundheit machte, die sie ignorierte.

Die drei Herausforderer griffen gleichzeitig nach ihren Getränken und stießen an, bevor sie zu trinken begannen. Ash und Jaze waren vollkommen synchron. Sie sogen am Strohhalm und man konnte sehen, wie ihre Gesichter immer röter anliefen, ihre Augen begannen zu wässern und dann ließen sie feuerspuckend von den Getränken ab.

Der Verkäufer lachte. „Die Hälfte! Kein schlechtes Ergebnis, aber kein Gewinn! Und was ist mit der jungen Dame?“

Shios Gesicht war leuchtend rot, ihr strömten die Tränen die Wangen runter und es schien, als käme Rauch aus ihren Ohren. Den Strohhalm tief im Mund war sie unter den Anfeuerungsrufen ihrer Freunde noch immer am Schlucken und man sah das Getränk im durchsichtigen Becher weniger werden, bis ein beständiges, schlürfendes Geräusch zeigte, dass kein Getränk mehr enthalten war.

Der Verkäufer läutete eine Glocke. „Wir haben eine Gewinnerin!“

Diese ließ den Becher fallen und entließ eine glurakwürdige Feuersbrunst gen Himmel. Hölle!, hallte es in den Köpfen ihrer Freunde wieder.

„Azurill, komm raus!“, rief Misty. „Kühl sie mit Eisstrahl!“ Ihr Pokémon gehorchte und überzog Ash, Jaze und Shio mit einer Eisschichte.

„Anofisch!“, fuhr Misty fort, „tau sie mit Flammenwurf wieder auf!“ Der Dampffisch erschien und folgte den Anweisungen.

„Danke für die Hilfe“, murmelte Ash, gefolgt von einem Niesen.

Shio wollte auch etwas sagen, aber es kam nicht mehr als ein Röcheln heraus. Sie verzog das Gesicht und legte eine Hand an ihren Hals.

„Es war wohl doch keine so gute Idee, die Zunge umgehen zu wollen, was?“, feixte Jaze.

„Wenigstens habe ich gewonnen“, hallte es in beleidigtem Ton in den Köpfen der Freunde wieder. „Und jetzt bestellt mir einen Nanabbeerenshake.“

Misty konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und orderte eine Runde Shakes für alle, während Shio ihren Preis entgegen nahm. Der Shake linderte den Schmerz, aber sprechen konnte sie noch immer nicht. Zum ersten Mal war sie dankbar für ihre neue Fähigkeit, denn so konnte sie ihre Meinung trotzdem zum Ausdruck bringen. So passte sie zum Beispiel beim Sinelbeerentauchen, feuerte aber Ash und Misty an, die versuchten den Budenrekord zu brechen. Diesen Sieg brachte jedoch Jaze dem Team ein und er erhielt dafür ebenfalls einen Beerenkorb. Rocko gewann einen bei einem Blindverkostungswettbewerb und Misty und Ash konnten gemeinsam einen doppelten beim Paarbeerenlauf ergattern, bei dem sie zu Zweit eben diesen Korb schneller als jedes andere Pärchen ohne Verlust zum Ziel bringen mussten. Zum Abschluss der Spiele versammelten sie sich einträchtig um die Beerenmixer und Knurpstöpfe und verarbeiteten ihre Beute. Hierbei stellte sich Shios kommunikatives Talent zum Vorteil heraus, denn sie verhandelte mit den Pokémon um deren bevorzugte Geschmacksrichtungen und den Zielen ihrer Trainer. Besonders die Kokli hatten ganz spezielle Vorstellungen, wie ihr Futter auszusehen hatte: Rohe Beeren, die sorgfältig zur Seite gelegt wurden.

Während die Geräte arbeiteten, bemerkte Ash ein paar junge Erwachsene in den T-Shirts der Gartenmitarbeiter, welche aufgeregt hin und her liefen und untereinander tuschelten. Er ging zu ihnen und fragte, ob etwas passiert sei.

„Wir werden wohl die Mutprobe durch die Plantage ausfallen lassen müssen“, erklärte ein junger Mann. „Sie hat Tradition und besonders die Jugendlichen freuen sich jedes Jahr darauf, aber der Verantwortliche ist krank geworden und niemand kann ihn ersetzen. Wir haben keine Zeit mehr, alles aufzubauen.“

„Das ist ja schade“, fand Ash. „Können wir irgendwie helfen?“

„Überlassen sie das mir“, krächzte Shio mit rauher Stimme. „Ich habe ein paar geniale Ideen. Aber ich werde ein paar eurer Pokémon brauchen.“
 

Die Sonne war untergegangen. Ash, Misty, Rocko und Jaze standen an der Startlinie für die Mutprobe. Sie hatten von Shio die strikte Anweisung erhalten, sie nicht zu behelligen und waren nun sehr gespannt, was sie wohl plante.

„Ob sie ihre Fähigkeiten einsetzen wird?“, überlegte Rocko laut.

„Sicher nicht“, sagte Jaze. „Dafür machen die sie zu müde. Sie hat irgendwas mit dem Pokémon vor.“

„Das denke ich auch“, stimmte Misty ihm zu. „Famian war eine logische Wahl, es ist ja ein Geist.“

„Ja, aber was will sie mit Kleinstein, Anofisch, Pikachu und den anderen?“, wunderte sich Ash.

„Lassen wir uns einfach überraschen“, meinte Rocko.

Sie begaben sich zur Anmeldung, um sich Startnummern zu holen. Man konnte sich entweder als Paar registrieren lassen, oder in einer Lotterie einen Partner ziehen. Ash und Misty wählten die erste Option, Rocko und Jaze ließen sich Partner zuteilen. Rocko wurde mit einem vierzehnjährigen Mädchen gepaart, dass sich sofort in ihn verliebte, aber nicht sein Typ war und Jaze musste mit einem zehnjährigen Jungen gehen, der zum ersten Mal mitmachen durfte und vor Aufregung die ganze Zeit brabbelte.

Die Paare wurden in fünf Minuten Abschnitten eingelassen. Jaze wurde immer und immer genervter von seinem Anhängsel.

„Glaubst du, dass es wirklich gruselig wird? Ich meine so richtig gruselig?“, fragte er Jaze.

„Wird wohl“, brummte dieser.

„Ich weiß ja nicht. Leute, die als Geist verkleidet aus dem Gebüsch springen sind nicht wirklich gruselig“, behauptete der Junge, dessen Namen Jaze nicht interessierte, auch wenn er sich vorgestellt hatte.

„Ich glaube nicht, dass sie sich mit sowas zufrieden geben würde“, meinte Jaze. In diesem Augenblick hörte man aus dem dichten Baumbestand vor ihnen eine Frau kreischen.

„Das klang fake, findest du nicht auch?“, meinte der Junge großspurig. „Ich meine, da will uns nur jemand vorab beunruhigen.“

„Das wäre untypisch“, entgegnete Jaze.

„Untypisch für wen?“, wollte der Junge wissen.

Jaze grinste verschwörerisch. „Der Geist, der die Plantage heimsucht. Hast du davon etwa noch nie gehört?“

„N-Natürlich habe ich das!“, rief der Junge und versuchte ein mutiges Gesicht aufzusetzen. „Aber das sind alles nur Ammenmärchen!“

„Wir werden ja sehen“, meinte Jaze amüsiert und konnte nicht abwarten, dass dieser Junge sich die Seele aus dem Leib schrie, so wie der Mann, dessen Stimme ihnen durch die Bäume entgegen hallte.

Rocko hatte ganz andere Probleme mit seiner Partnerin. „Oh, das klingt aber wirklich gruselig“, sang diese eindeutig unbeeindruckt und klammerte sich an Rockos Arm. „Du musst mich gaaaanz festhalten, sonst kriege ich vor Angst noch einen Herzinfarkt.“ Dabei drückte sie ihren kaum vorhandenen Brustansatz gegen seine nackte Haut.

„Es wird schon nicht so schlimm sein“, seufzte Rocko und versuchte, seinen Arm zu befreien. „Im Endeffekt ist doch alles nur ein Spiel.“

„Oh, aber ich bin mir gaaaanz sicher, dass mein Herz stehen bleiben könnte. Aber ein starker Mann wie du wird mich doch beschützen können?“, säuselte seine Partnerin und schmiegte sich nur enger an ihn.

„Immer ich“, murmelte Rocko und sah zu, wie zwei junge Frauen, das erste Paar, aus dem Labyrinth heraus stolperten. Sie sahen ein wenig derangiert aus und ihre Gesichter waren Kreidebleich, doch ihre Schönheit wirkte noch immer auf Rocko und nur der Klammergriff hielt ihn davon ab, zu ihnen zu laufen.

Die Frauen sahen sich an, dann den Weg zurück, dann wieder sich und fingen an zu lachen. „Hammer! Das war der Hammer! Wie hat sie das nur gemacht?“, rief die eine.

„Keine Ahnung, aber ich hatte noch nie so viel Angst! Das war die beste Mutprobe aller Zeiten!“, lachte die Andere und plaudernd gingen sie zu einem Mitarbeiter, der jedem erfolgreichen Teilnehmer der Mutprobe ein Erinnerungsfoto überreichte, dass wohl irgendwo im Lauf der Strecke geschossen wurde.

Ash und Misty waren nun fast dran. Da sie nicht erst einen Partner suchen mussten, standen sie ein gutes Stück vor ihren Freunden in der Schlange. Nach dem ersten Schrei hatte Misty Ashs Hand gegriffen.

„Beruhig dich“, meinte Ash und drückte ihre Hand. „Es sind nur Shio und unsere Pokémon. Und außerdem bin ich doch bei dir.“

„Ich weiß“, sagte Misty ein wenig beschämt. „Aber es klingt, als habe Shio sich ganz schön gemeine Sachen einfallen lassen.“

„Aber schau doch, alle die rauskommen lachen“, meinte Ash und deutete auf das bereits dritte Paar, dass erschöpft lachend aus dem Parcours gelaufen kam.

„Das nächste Paar bitte!“, rief ein Mitarbeiter.

„Das sind wir“, meinte Ash und zog Misty an der der Hand mit sich zwischen die Bäume.

Sie gingen ein Stück und mussten dann um eine Ecke gehen. Hier, außerhalb der Sichtweite von außen, waberte ein dichter, feiner Nebel, der sich kühl auf die Haut legte. Misty erschauerte in ihrem sommerlichen Outfit und drängte sich dicht an Ash, wobei sie sich umsah.

„Schau mal, da oben“, sagte dieser und deute auf etwas. Die Baumkronen waren mit Spinnweben behangen, über die gelegentlich ein Blitz zuckte.

„Hier gibt’s doch keine Käfer?“, meinte Misty und bekam ein ungutes Gefühl in der Magengegend, das sie auf eine Flucht nach hinten führen wollte.

„Das wäre deine größte – AH!“, rief Ash plötzlich und Misty schrie zeitgleich mit ihm auf. Etwas hatte sie an ihren Knöcheln gepackt. Misty rannte schreiend los und zog Ash mit sich mit.

„Beruhig dich, Misty!“, flehte dieser und hielt gegen, wodurch er sie zum stehen brachte. Sie hätte ihn sonst vom Kurs weggezerrt und er war gespannt, was Shio sich noch hatte einfallen lassen. „Das war bestimmt nur Kleinstein.“

Misty atmete heftig. „Du hast recht. Bestimmt nur Kleinstein.“

Ash konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und legte einen Arm um Misty, um sie weiter zu führen. Sie brauchten nicht lange zu gehen, da hörte Misty ein Tropfen. Ash lauschte in die Stille und vernahm es auch. Das hier war eine Plantage, auf der es eigentlich keinen Wasserlauf geben sollte. Neugierig folgten sie dem Geräusch. Der Nebel war so dicht, dass sie den Boden nicht sehen konnten. Misty erschrak, als sie plötzlich in eine Pfütze trat.

„Na toll, jetzt habe ich Wasser im Schuh“, beklagte sie sich.

„Wenn es nur das ist“, lachte Ash.

Plötzlich schrie Misty auf und sprang hinter Ash. „Etwas hat mich berührt!“

„Bildets du dir das nicht ein?“, meinte dieser und ging näher an die Pfütze. Plötzlich schossen vier lange Ranken daraus hervor, die im Nebel bedrohlich tanzten. Ash und Misty schrien dieses Mal gemeinsam auf und wichen ein Stück zurück. Da legten sich ihnen von hinten weißschimmernde Klauen um die Hälse. Misty bekam einen Schreikampf und rannte wieder blind drauflos.

Ash, der sich wieder nicht gegen sie wehren konnte, sah zurück und sah Famian dort schweben und glaubte neben ihm die Schatten von Bisaknosp und Meganie zu erkennen. Er zeigte seinen Pokémon den lobenden Daumen hoch, bevor er sich daran machte, Misty wieder zu beruhigen.

„Das war echt gerissen, den Rankenhieb so einzusetzen“, lachte er und streichelte der schwer atmenden Misty beruhigend über den Rücken.

„Dieses Mädchen wird mich noch umbringen“, klagte Misty.

„Niemals, das wäre ja ein Nachteil für sie“, grinste Ash und nahm seine Freundin wieder an der Hand. Er fand es süß, wie sehr sie sich für Mut und Halt an ihn klammerte.

„Wenn das so weiter geht, wird sie ihre Chancen verspielen“, murrte Misty.

„Ach komm schon, wir haben es ja fast geschafft“, munterte Ash sie auf und zog nun sie weiter. „Sieh mal, da vorne ist schon der Ausgang.“ Er zeigte auf einen Lichtschein am Ende des Weges. Mistys Gesicht hellte sich auf und sie ging hoffnungsvoll etwas schneller. Doch je näher sie dem Licht kamen, desto sicherer wurden die beiden sich, dass es nicht der Ausgang war. Der Lichtschein tanzte im Nebel. Dann begannen um sie herum Irrlichter zu erscheinen. Sie folgten diesen mit den Augen zu den Bäumen. Etwas rührte sich im Baum genau neben ihnen: Eine menschliche Gestalt hob sich langsam vom Baum ab. Dann schoss diese plötzlich schwebend auf sie zu und rief mit rasselnder Stimme: „Verschwindet!“

Ash und Misty schrien lauter als zuvor, doch dieses Mal rannte Misty nicht weg. Sie blieb wie versteinert stehen und starrte mit klappernden Zähnen Shio an, die kopfüber mit Zombiemake-up und eine Grimasse ziehend vor ihr schweben blieb. Diese drehte sich um und winkte mit der Hand vor Mistys Augen, bevor sie ratlos zu Ash sah.

Dieser brach an schallendes Gelächter aus. „Genial!“, rief er. „Absolut genial! Findest du nicht auch Misty?“

Diese gab seltsam lachende Töne von sich, die immer flüssiger wurden und zu einem genauso ehrlichen Lachen wurden wie Ashs. „Ja, wirklich genial“, lachte Misty und wischte sich die Angsttränen aus den Augen. „Damit habe ich nicht gerechnet.“

Shio grinst stolz wie ein Honigkuchenpferd, bevor sie das Pärchen weiter winkte, da schon das nächste im Anmarsch war. Die zwei erholten sich draußen mit einem warmen Tsitrubeerensaft und betrachteten die Fotos, die immer dann aufgenommen wurden, wenn Famian den Besuchern die Klauen an die Hälse legte. Dabei machte es sich einen Spaß daraus, verschiedenen Grimassen zu schneiden, die ganz und gar nicht zu den panischen Gesichtern der Pärchen passte. Auf ihrem machte Famian einen Knutschmund in die Kamera, was mit deinem langen Maul und den spitzen Zähnen sehr lustig aussah.

Rocko war der nächste, der aus dem Parcours heraus kam. Seine Partnerin hatte ihn bereits nach Kleinsteins Greifer verlassen und war in blinder Panik lange vor ihm und dem Paar vor ihnen herausgekommen und hatte das Fest übereilt verlassen.

Als Jaze zu ihnen stieß, hatte er den Jungen noch bei sich, doch trug er ihn wie einen Mehlsack unterm Arm und überreichte ihm am Ausgang einem Mitarbeiter. „Der hat Shio gesehen und ist in Ohnmacht gefallen“, erzählte er. „Und an der Pfütze hat er sich in die Hose geschissen. Ich hoffe doch, ich stinke nicht nach ihm?“

Seine Freunde versicherten ihm, dass dem nicht so war, aber sie alle amüsierten sich über ihre Fotos. Rockos solo hatte Famian so ausgefüllt, dass er den Partner gespielt und sich selbst die zweite Klaue an die Kehle gelegt hatte. Auf Jaze Foto sah man eindeutig, dass es angewidert die Nase rümpfte.

„Dein Famian ist Theatermaterial“, meinte Rocko.

„Erst mal ist es Kampfmaterial“, widersprach Ash ihm. „Aber wenn es mal Theater machen will, werde ich ihm eine Möglichkeit geben.“

Als das letzte Pärchen seine Runde absolviert hatte, waren Shio und die Pokémon erlöst. Die Mitarbeiter des Beerengarten versprachen, sich um das Aufräumen zu kümmern. Shio wusch sich das Make-Up ab, bevor sie sich wieder zu ihren Freunden gesellte.

„Schade, dabei warst du so ein süßer Zombiegeist“, meinte Jaze und reichte ihr einen Becher dampfenden Beerensaft. Sie setzte sich neben ihn und bließ den Dampf weg, bevor sie etwas daran nippte. „Das tut gut. Mein Hals tut weh wie Hölle“, ließ sie ihre Freunde telepathisch wissen.

„Du musst mehr auf dich achten“, mahnte Misty. „Du könntest dich ernsthaft verletzen.“

„Aber ohne die raue Stimme wäre es nur halb so gruselig gewesen“, verteidigte Ash Shios Entscheidung.

„Du bist mal ganz still“, meinte Misty ernst. „Dieses sich selbst für andere verletzen muss sie von dir haben.“

„Tja, und mindestens vierzig Jahre werde ich es überleben“, entgegnete Ash. „Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“

„Ich kann aber nicht anders“, schmollte Misty in ihren Becher hinein. Ash legte seinen Arm um sie und zog sie liebevoll an sich. Ihre mütterliche Fürsorge sowohl für ihre Pokémon, als auch ihre Freunde und nicht zuletzt ihre Familie war eine ihrer Stärken, die Misty besonders durch die Versorgung Togepis gefunden und gepflegt hatte. Ash verstand, dass sie nur streng zu ihm war, weil sie sich Sorgen um seine und ihre gemeinsame Zukunft machte und dafür liebte er sie nur umso mehr. Trotzdem blieb er ein Freigeist und das würde sich, wie er wusste, niemals ändern, egal wie streng Misty zu ihm sein würde.



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