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Black Bird

A Love that never should have been born [12.07. chapter 10 up ^^]
von

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Act 1

"Black Bird"

A Love, that never should have been born
 

First Act
 

Das Flimmern des Bildschirms warf merkwürdige Schatten an die Wand. Doch für diese Schatten hatten wir alle keine Augen. Fassungslos starrten wir auf den Bildschirm, sahen uns die schockierenden Bilder des Videos an.

"Das genügt.", sagte mein Vorgesetzter Yoshiki Hayashi und der Bildschirm wurde schwarz und künstliches Licht der Deckenbeleuchtung durchflutete den Raum.

Die Bilder waren weg, doch sie hatten sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt.

Mein Blick fiel auf Die, der links neben mir saß. Er hatte sein Gesicht von dem Bildschirm abgewandt. Wer konnte es ihm bei diesen erschreckenden Bildern verübeln? Ein Blick nach rechts und ich sah in Kyos abweisenden Blick. Wie bei jeden Fall, in den wir bisher gemeinsam ermittelt hatten, war sein Gesicht eine einzige Mauer, ließ keine Emotionen zu. Er tat es aus reinem Selbstschutz, das wusste ich, immerhin waren wir lange genug miteinander befreundet.

"Andou, geht's?", fragte Kommissar Hayashi meinen Partner. Die hob seinen Kopf, nickte nur kurz. "Gut, dann gehen wir in mein Büro und besprechen alles weitere." Er stand auf und wir folgten ihm.

In seinem Büro wies er uns an Platz zu nehmen.

Nun saßen wir also hier wie auch schon im Vorfuhrraum. Die links, Kyo rechts und ich zwischen ihnen. Kommissar Hayashi saß hinter seinem Schreibtisch, auf den sich bereits erneut einige Akten stapelten. Ja, als Vorgesetzter der Ermittlungsabteilung hatte man es nicht leicht. Aber nun galt es nicht über Hayashi-sans Arbeitsleben zu philosophieren, sondern sich auf unseren, zu 90%-iger Wahrscheinlichkeit, neuen Fall zu konzentrieren.

Ein vernehmendes Räuspern und Kommissar Hayashi begann zu erläutern.

"Das was Sie eben gesehen haben, ist das neuste Video eines illegalen Menschenhandel- und Pornorings. Zu größter Wahrscheinlichkeit liegt hier wieder eine Verbindung zu "Black Bird" vor." Ich wurde hellhörig. "Gomen ne Sir. "Black Bird" ist doch..." "Würden Sie mich bitte ausreden lassen Niikura!", fuhr Kommissar Hayashi dazwischen. Ich nickte. "Sehr gut. "Black Bird" ist sehr wohl die uns bekannte Organisation, die Kinder aus fremden Ländern hierher schmuggelt und sie zur Prostitution zwingt. Aber um zu dem vorliegenden Fall zurückzukommen. Ich habe sie hierher geholt um ihnen diesen Fall anzuvertrauen, eben aus besagten Grund, da sie bereits mit dieser Organisation Erfahrung haben. Ihr letzter Fall hat die Gefährlichkeit dieser Organisation aufgedeckt und nun möchte ich, dass Sie uns helfen diesen Ring und "Black Bird" zu zerschlagen. Nun Niikura, Andou, Nishimura? Nehmen Sie den Fall an?" Stille. Wow, das war... schwierig.

Kyo und ich sahen uns an. Es stimmte, das wir beide diese Organisation durch unseren letzten Fall aufgedeckt hatten. Und wir waren froh ihn überlebt zu haben.

Die, der wohl nicht ganz verstand, sah zwischen uns beiden hin und her. Woher sollte er das auch wissen. Er war erst seit einigen Wochen bei und tätig, aber durchaus talentiert. Er hatte bereits mit seinen 25 Jahren einen gefährlichen Mörder gestellt, wobei sein Freund Shinya ihm sehr geholfen hatte.

Kommissar Hayashi wartete immer noch auf eine Antwort. Kyo zuckte mit den Schultern, Die war verwirrt. "Würden Sie uns vorher noch mit einigen Details vertraut machen, Hayashi-san?", fragte ich, weil ich mir selbst noch nicht sicher war. "Es gibt nicht viele Details. Im Endeffekt ist das alles was wir haben.", gab Kommissar Hayashi nach kurzen Zögern zu.

Okay... das würde die Entscheidung noch schwieriger machen. Andererseits wollte ich mehr über diese Organisation erfahren, denn das was Kommissar Hayashi uns gezeigt hatte, war alles andere als ohne gewesen. Noch jetzt wurde mir bei den Bildern schlecht. Dieses arme Mädchen.

"Okay... wir nehmen den Fall an.", entschied ich schließlich. Kommissar Hayashi nickte ernst. "Dann freut es mich Sie in meiner Abteilung begrüßen zu können Kommissar Niikura. Wenn Sie wollen können Sie und ihre Leute noch heute anfangen." Er reichte mir die Hand und ich schlug ein. Dann wandte er sich an Die und Kyo, die er ebenso begrüßte.

"Haben Sie denn ein Büro zur Verfügung?", fragte ich kurz darauf. Kommissar Hayashi nickte. "Ja... wir haben es vorbereiten lassen. Folgen Sie mir und sollten irgendwelche Fragen sein, melden sie sich bei meinem Assistenten Kommissar Gakuto." Ich nickte. Kommissar Hayashi führte uns drei in einen großen hellen Raum mit drei Schreibtischen. An der Pinwand befanden sich bereits einige Fotos und Informationsblätter und auf einen Schreitisch lagen Kopien der Videos. Kyo strebte genau auf diesen zu, nahm eine der Discs und startete den PC.

Er hatte also sofort seinen Platz bezogen.

Die starrte ihn an. "Du willst dir noch mehr solcher scheußlichen Videos ansehen?" Er klang schockiert. Kyo drehte sich mit dem Drehstuhl in seine Richtung, blickte ihn kalt an. "Natürlich. Das ist mein Job, Andou. Ich bin Computerspezialist und dazu da, die ganzen Informationen rauszusuchen. Das Ausführen und Klarmachen von "Black Bird" ist Kaorus und deine Sache.", fauchte er, wandte sich dann wieder dem Bildschirm zu.

Die stand da und wirkte wie vor den Kopf gestoßen. Ich seufzte. "Die komm am besten mit und laß Kyo arbeiten. Ich erkläre dir was passiert ist." Die sah mich an, nickte und folgte mir.

Ich beschloss, dass es besser war, das außerhalb des Büros zu tun.

Im Erdgeschoss des riesigen Polizeigebäudes gab es ein kleines Café, in dam wir uns niederließen. Jeder mit einer Tasse dampfenden Kaffee in der Hand.

"Kaoru, was ist denn mit Kyo los? So kenne ich ihn nicht." Seufzen. Woher sollte Die es auch? Er kannte ihn und mich erst seit ein paar Wochen. Ich ring tatsächlich mit mir, es Die zu erzählen. Immerhin war es Kyos Privatleben, aber um mit Die zusammenarbeiten zu können, musste er es wissen. "Die... Kyo geht es im Moment wirklich nicht gut. Unser letzter Fall, den Kommissar Hayashi ansprach. Diese Organisation "Black Bird". Das alles hängt damit in Verbindung. Kyo, Gara, ein junger Kommissar, und ich haben eigentlich nur an einem ganz normaler Fall eines Drogendelikts gearbeitet. Aber während unserer Ermittlungen fanden wir heraus, dass das alles viel größer war als wir dachten. Dennoch wollten wir den Fall aufklären. Nur dabei haben wir uns zu tief in Dinge eingemischt, die zu groß für uns waren. Wir hatten unsere Verdächtigen ausfindig gemacht und waren bereit sie zu überwältigen. Kyo war durch ein Headset mit uns verbunden. Durch Kameras und Sensoren konnte er uns den Weg mitteilen. Aber um es kurz zu machen. Kyo hat bei diesem Einsatz seinen Freund verloren. Deshalb ist er jetzt so." Ich sah Die ins Gesicht. Er wirkte bedrückt. "Sprich ihn aber nicht drauf an, okay?" Er nickte.

Ich trank einen Schluck von meinem Kaffe, der inzwischen etwas seiner Hitze verloren hatte.

"Konzentrieren wir uns jetzt lieber auf diesen Fall. Das wird ganz schön hart.", sagte ich schließlich nach einiger Zeit. Die nickte nur und stand ebenfalls auf.
 

***
 

Ängstlich huschten die dunklen Augen im Raum umher. Ich sah deutlich die Angst in ihnen, konnte verstehen, dass der Kleine weg wollte. Aber er konnte es nicht, denn zwei dicke Hände hielten seine Oberarme fest.

Den kleinen Stoffbären in seinen Händen drückte er fest an seinen Körper.

"Ist das der Kleine?", fragte Sugizo, der seinen Arm nun von meiner Hüfte entfernte und mich etwas von sich schob. Ich akzeptierte es stillschweigend. Mein Blick glitt hinüber zu dem Jungen. Er war klein und schmächtig, wirkte verängstigt und eingeschüchtert. Man hatte ihn in ein Matrosenkleid gezwängt und seine wohl einstmals schwarzen Haare, waren nun platinblond und zu zwei Zöpfen gebunden. Mir war klar, dass alles daran gesetzt wurde, soviel aus ihm herauszuholen wie es möglich war.

Mein Gesicht war so ausdruckslos wie das einer Puppe.

Ich würde mich hier nicht mit einmischen, stand ich doch selbst kaum höher, als dieses arme Geschöpf. Meine Rolle stand hier nicht zur Debatte, das wusste ich genau. Ich beobachtete nur.

Sugizo ging auf den Kleinen zu, der unweigerlich noch mehr zurückwich. Kritisch musterte er ihn von allen Seiten, gab den beiden Schränken, die ihn festhielten schließlich das Zeichen. "Ich will seine Zähne sehen!" Ich kannte diese Prozedur. Es tat mir fast schon ein wenig leid mit ansehen zu müssen, wie einer der beiden Schränke den Kleinen losließ und ihn aufforderte den Mund zu öffnen. Doch er war so verstört, dass er nur den blonden Haarschopf schüttelte. Der große Typ hatte keine Gnade. Er umfasste den Kiefer des Kleinen und zwang ich auseinander. Ein Herzzerweichendes Wimmern verließ seine Kehle, aber auch darauf nahm Sugizo keine Rücksicht.

Er beugte sich nach vorn und überprüfte die Zahnreihen des Kleinen, wie beim Kauf eines Pferdes.

"Hm... er sieht passabel aus. Gibt es etwas, das ich wissen muss? Macht er Probleme? Ist er noch unberührt?" Das Lächeln auf den Lippen des Verkäufers wurde größer. Mich widerte dieser Gedanke an. Ich stand hier und sah zu, wie dieser arme kleine Junge wie ein Stück Vieh verkauft wurde. Aber womöglich ging es ihm hier besser, als dort wo er herkam. "Ja, Sugizo-san. Er ist ganz frisch und unschuldig. Keiner hat ihn angefasst. Also Frischfleisch." Dieses hässliche Grinsen konnte doch nicht menschlich sein.

Ich war froh, dass Sugizo das genauso sah, denn er wandte sich jetzt um, an Mana.

"Mana... überprüfe die Papiere!", sagte er nur und Mana nickte. Ich verstand nicht, wieso Mana sich unterordnete. Er war bildhübsch, aber kannte keine Regung. Mit federnden Schritten ging er auf den schmierigen Typen zu, der ihn wohl mit seinen Blicken ausziehen wollte, nahm die Papiere des Kleinen entgegen und kehrte zurück zum Schreibtisch. Mit geübten Augen überflog er die Zeilen, nickte nur als Verständnis, dass alles in Ordnung war. Sugizo wandte sich wieder an den Verkäufer. "Ich nehme ihn. Wie teuer soll er sein?" "12 Millionen Yen." Das Gesicht des Schmierentypen wurde breiter. "Ein stolzer Preis. Ich gebe dir 10 und keinen Yen mehr." Ich lachte innerlich, als ich das Grinsen in sich zusammenfallen sah. Ja, Sugizo wusste wie er handeln musste. Mana warf mir einen Blick zu. Sofort straffte ich meinen Körper.

Es war das erste Mal, dass ich bei einem Geschäft dabei war.

Ein Privileg, den nur manche genießen durften.

"Aber Sir, er ist wirklich das Beste vom besten. Wir haben ihn extra zu ihnen gebracht.", versuchte der Verkäufer es auf eine andere Tour. "Nein. 10 Millionen oder sie nehmen ihn wieder mit!" Das war hart. Ich sah deutlich Angst in den dunklen Augen aufsteigen.

"Na gut... 10 Millionen bar und er gehört ihnen!", gab der Typ schließlich nach.

Sugizo lächelte, winkte.

Nun kam also ich ins Spiel. Ich hob den Koffer mit dem Geld an, straffte meine Schultern, drängte jeglichen Ausdruck aus meinen Augen und schwebte ebenso elegant wie Mana es zuvor getan hatte, auf die kleine Gesellschaft zu, blieb direkt neben Sugizo stehen.

Er öffnete den Koffer, zeigte den dreien das Geld, welches fein säuberlich dort aufbewahrt lag.

Die Augen des Verkäufers glitten erst gierig über das Geld und dann über meinen Körper. Ich war solche Blicke gewöhnt, wusste genau welche Gedanken sie enthielten.

"Ich danke für den Kauf und bin sicher bald wieder für sie zu liefern.", sagte der Verkäufer, wollte nach dem Koffer schnappen, doch Sugizo hielt ihn ab. "Die Freude war ganz meinerseits. Wenn ich wieder etwas brauche, melde ich mich. Toshiya, reiche ihnen das Geld." Ich nickte, klappte den Koffer zu und hielt ihn dem Verkäufer hin. Er schnappte sofort danach, blickte dann mir in die Augen.

"Ich habe noch etwas Zeit. Dürfte ich mir dieses Prachtstück zu Gemüte ziehen, Sugizo-san?" Ich sah bereits den Hunger in den Augen leuchten.

Sugizo blieb ganz der Geschäftsmann. "Ich denke nicht, dass Sie ihn bezahlen können." Innerlich dankte ich Kami-sama.

Das Grinsen wich erneut und der Verkäufer wandte sich zum Gehen. Auch die beiden Typen verschwanden und ließen den Kleinen stehen.

Ich drehte mich zu Sugizo, umschlang seinen Nacken mit meinen Armen und zog mich an ihn. "Arigatou Sugizo." Ich wollte ihn küssen, doch er wehrte ab. "Kümmere dich um den Kleinen, Toshiya. Ich habe jetzt keine Zeit." Er schob mich von sich und wandte sich an Mana. "Ist für heute Abend alles vorbereitet?" Mana nickte.

Das war es dann also. Etwas beleidigt missachtet zu werden, verschränkte ich die Arme und drehte mich zu dem Kleinen, der verloren vor mir stand.

Ich seufzte.

Na super. Also durfte ich mich jetzt um diesen kleinen Neuling kümmern.

"Komm. Ich bringe dich zu den anderen.", sagte ich immer noch etwas biestig, als Sugizo in seinen Geschäften innehielt. "Nimm ihn mit in dein Zimmer!" Empört drehte ich mich um. "NANI?! Aber ich dachte..." "Du sollst nicht denken, sondern tun was ich dir sage!" Erschrocken zuckte ich zusammen.

Sofort wurde ich wieder meiner Rolle bewusst. Dennoch in meinem Stolz gekränkt, packte ich den Kleinen an der Hand und zog ihn hinter mir her.

Das er erneut wimmerte, störte mich nicht.

Erst in meinem Zimmer angekommen, ließ ich ihn los. Der Kleine verkroch sich ängstlich in einer Ecke. Erst da bemerkte ich, wie ich mich dem Kleinen gegenüber benommen hatte. "Hey... gomen ne... wollte nicht so gemein zu dir sein.", versuchte ich den Kleinen etwas zu beruhigen. Aber anscheinend wollte das nicht so ganz funktionieren. Er drückte sich nur weiter in die Ecke hinein.

Ich seufzte.

"Ach Kleiner. Nun komm schon her. Ich tue dir nichts.", machte ich weiter. Glanzleistung Toshiya. Als ob ich mir glauben würde, wenn ich vorher so grob angefasst worden war.

Nach einiger Zeit wurde es mir schließlich zu bunt. "Bleib doch da sitzen. Ich geh jetzt was essen!", sagte ich und stand auf, als er wieder leise wimmerte. Ich drehte mich um.

"Was ist denn? Willst du auch was?" Anstatt zu antworten hob er nur den kleinen Teddy an. Ich stemmte die Hände in die Hüfte. "Was ist denn mit deinem Bären? Entweder du redest jetzt oder ich gehe!" Bei aller Liebe, aber ich hatte genug von diesem Spielchen. Wieder antwortete der Kleine nicht. War er stumm oder wie?

Genervt lief ich auf ihn zu, wollte ihm den kleinen Bären wegnehmen, aber er schrie auf und biss mir in die Hand. "Du kleines Biest!", zischte ich schmerzerfüllt und gab ihm eine Ohrfeige. Der Kleine wimmerte erneut, zog sich noch mehr zusammen.

Im Augenblick war mir das egal. Ich hatte nur Augen für meine Hand, auf der sich ein Abdruck seiner Zähne sichtbar machte. Wütend entriss ich dem Kleinen sein Stofftier und endlich bekam er den Mund auf. "Nein... Teri-chan...",rief er, wollte nach dem Bären greifen, aber ich hielt es hoch. "Nichts da. Der Bär bleibt hier!", fauchte ich, als ich ein leises Lachen hinter mir hörte. Ich drehte mich um und blickte direkt in Sugizos lächelndes Gesicht. "Was denn los Totchi? Macht der Kleine Stress?", schmunzelte er. "Mou... das ist nicht witzig. Die kleine Ratte hat mich gebissen!", entgegnete ich beleidigt, hielt das Stofftier immer noch in meiner Hand. Meine Aufmerksamkeit galt nun Sugizo, sodass ich den Kleinen nicht bemerkte, sehr wohl aber, wie er mir das Stofftier wieder entziehen wollte. Überrascht aufschreiend ließ ich es los und der Kleine zog es sofort wieder an sich. Ich funkelte ihn böse an, als ich bereits ein Paar Arme um meine Taille spüren konnte und kurz darauf an einen Körper gezogen wurde.

"Ach Toto... er ist doch noch so klein." Heiser Atem prickelte meinen Hals und hauchzarte Küsse entlockten mir ein wohliges Seufzen. Vergessen war der Kleine und das Stofftier. Jetzt gab es nur noch Sugizo und mich. Doch ich sollte mich ein zweites Mal an diesem Tag in Geduld üben, denn sobald ich mich umdrehen wollte, hielt Sugizo in seinem Tun inne. "Im Moment habe ich keine Zeit Toshiya. Aber heute Nacht, versprochen. Ich wollte nur nach dem Kleinen sehen. Kümmere dich um ihn." Wieder keimte Wut in mir auf. Gefrustet drückte ich Sugizo von mir. "Ich soll also Babysitter für dieses Biest spielen!? Das sehe ich nicht ein!" In meiner Rage ignorierte ich die Wutfalte auf Sugizo Stirn, was ich besser nie wieder tue.

Ein plötzlicher Schlag warf mich etwas zurück. Erschrocken sah ich Sugizo an, automatisch fuhr meine Hand zu der Wange, die bereits warm wurde.

Aber anscheinend hatte Sugizo noch mehr mit mir vor, denn ich fühlte wie er mich tiefer in das Bett drückte, sein kalter Blick mich lähmte.

"Vergiss nicht was du bist Toshiya! Ganz schnell landest du wieder dort wo du herkommst. Denn du bist nicht mehr als ein Stück Ware, mit dem ich mich im Moment etwas mehr beschäftige, klar!!?" Ängstlich nickte ich, atmete erleichtert auf, als Sugizo mich losließ. "Heute Abend gehst du ins Dinar und wehe du bringst nicht genug Geld mit rein!" Betrübt senkte ich meinen Kopf, signalisierte Sugizo so, dass ich verstanden hatte.

Super Toshiya! Hast du ja mal wieder toll hinbekommen. Ins Dinar! Was schlimmeres gibt es nicht. Seufzend blieb ich auf dem Bett liegen, wartete nur darauf, dass Sugizo mich allein ließ.

Kurz darauf hörte ich die Tür ins Schloss fallen, drehte mich selbst auf die Seite, sah den Kleinen an. Er hatte sich noch mehr in die Ecke gedrückt, war wohl erschüttert durch Sugizos Reaktion.

Ich setzte mich auf, fuhr noch einmal über meine schmerzende Wange.

"Hey Kleiner... komm mal aus der Ecke raus, hm?", redete ich ihn weitaus sanfter an, als bisher. Der Kleine zuckte merklich zusammen, sah mich mit seinen großen braunen Augen an. "Das mit vorhin tut mir leid.", sagte ich noch etwas leiser, lächelte.

Ein scheuer Blick kam meinem entgegen und tatsächlich regte sich der Kleine etwas, war wohl dennoch nicht gewillt wirklich ins Licht zu treten. "Och Kleiner... ich beiße wirklich nicht, dafür aber du.", versuchte ich es weiter auf die scherzhafte Schiene, obwohl ich zugeben muss, dass sein Biss wirklich wehgetan hatte.

Nach einiger Zeit dann endlich hatten meine Redenskünste Erfolg. Der Kleine kam aus der Ecke hervor, spielte nervös und schüchtern mit den Armen des Plüschteddys.

Ich lächelte ihn offen an, schwang meine langen Beine über den Bettrand, blieb aber weiterhin sitzen. "Ich bin Toshiya und wie heißt du?", fragte ich, behielt mein Lächeln bei.

Kurz schaute der Kleine sich unsicher um, murmelte dann aber. "Bou." Ich hatte Mühe ihn zu verstehen, nickte dann aber. "Bou... ein schöner Name.", sagte ich. Er nickte nur zaghaft. "Und wer ist dein kleiner Freund?" "Te...Teruki-chan.", kam es leise zurück.

"Hm Teruki-chan also." Mir kam eine Idee, wie ich Bou vielleicht noch weiter anlocken konnte. Langsam und immer darauf bedacht den Kleinen nicht zu erschrecken stand ich auf, ging Schritt für Schritt auf ihn zu. Bou zitterte zwar etwas, blieb aber stehen, sah mich nur an.

Ich ging schließlich leicht vor ihm in die Hocke und berührte den Stoffbären an der Pfote. Bou dachte wohl ich wollte ihn ihm wieder wegnehmen, denn er zog ihn etwas zurück und murmelte. "Nein... nicht wegnehmen." Ich lächelte ihn nur an, griff erneut nach der Pfote, hielt sie nur locker fest. "Ich nehme ihn dir nicht weg. Ich möchte mich bei Teruki-chan entschuldigen. Gomen nasai Teruki-chan." Über das verdutzte Gesicht Bous konnte ich nur schmunzeln. Der Kleine verstand wohl nicht so ganz, was ich dort tat.

Aber dann lächelte er, lächelte unschuldig. Er zog den Stoffbären zurück und hielt ihn sich ans Ohr. Dann nickte er erfreut, seine Augen strahlten.

Es wärmte mir das Herz.

Dieser kleine Junge war so niedlich und unschuldig. Aber diese Unschuld würde wohl nicht mehr lange erhalten bleiben. Ein tonloses Seufzen verließ meine Lippen.

Ich schreckte auf, als Bou mir plötzlich sein Stofftier hinhielt und mit fröhlicher Kinderstimme sagte: "Teruki-chan hat dir verziehen. Er sagt, er mag dich." Ich lachte leise. "Das freut mich. Ich mag Teruki-chan auch und dich auch Bou." Der kleine Junge nickte, kam nun seinerseits einen Schritt auf mich zu, dennoch wirkte er zaghaft.

Ich blieb wo ich war, hockte weiterhin auf dem Boden.

Inzwischen tat mir mein Verhalten mehr als leid. Dieser Junge war so niedlich und auch verstört. Er erinnerte mich an mich selbst, als ich hierher gebracht worden war.

Wie alt er wohl war?

Ich wollte ihn gerade fragen, als die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen wurde und eine laute Stimme den Raum durchbrach.

"Toshiya! Deine Schicht fängt an. Wie hast du es bloß geschafft ins Dinar abgeschoben zu werden?" Purer Hohn. Ich sah kurz zu Bou, der sich zurück in seine Ecke verzogen hatte.

Wütend drehte ich mich um, blickte in das grinsende Gesicht Miyavis.

"Das geht dich nichts an!", fauchte ich ihn an.

Miyavi kicherte nur. "Och... verlierst du etwa deinen Status bei Sugizo?"

Ich wollte ihm eine giftige Antwort entgegenbringen, aber ich bemerkte, wie Miyavis Augen an mir vorbei in die Ecke huschten.

"Oh... was haben wir denn da? Etwa wieder neue Ware?" Abneigung. Das war so typisch Miyavi. Er war gerade erst sechszehn, dennoch schon drei Jahre in dem Geschäft dabei und das mit Leib und Seele. Ich konnte ihn nicht verstehen. Immer wenn ein anderer auf mich zukam und bezahlte, fühlte ich mich danach widerwärtig und schmutzig. Doch bei Miyavi schien das nicht der Fall zu sein. Er freute sich über jeden Job den er bekam, war bei vielen Kunden recht beliebt, doch er wusste, sobald ,neue Ware', wie er die Neuen oft bezeichnete, auftauchte, war diese Beliebtheit bedroht, denn auch wenn es schlimm klang, viele Kunden wollten immer jüngere Kinder für ihre perversen Gelüste. Aber ich hatte immer das Gefühl, dass Miyavi gar nicht so stark war, wie er tat. Oft waren es nur die Drogen, die ihn sein Selbstwertgefühl vergessen ließen.

"Sein Name ist Bou und ich wäre dir zu Dank verpflichtet, wenn du ihn in Ruhe lassen würdest, denn ich glaube wir haben heute eh zusammen." Miyavis Gesichtszüge entgleisten. Tja Myv. Das war das wohl ein Punkt für mich. Miyavi hasste das Dinar ebenso wie ich, denn die Kunden, die wir dort bekamen, waren meistens Kleinkriminelle oder Betrunkene, die kaum das Geld hatten unseren sonstigen Wert zu bezahlen, denn sowohl Miyavi als auch ich gehörten zu Sugizos Creme dé la Creme, was wir wohl nur unseren hübschen Körpern und unserer Erfahrung zu verdanken hatten.

Doch Sugizo wusste, wie er Ungehorsam und Widersprüchlichkeit bestrafte. Ich konnte mich also wirklich glücklich schätzen mit dem Dinar davongekommen zu sein.

Ich sah Miyavi an und er zurück.

"Mach dich fertig. In 20 Minuten will Joey los.", war das letzte was er sagte, bevor er verschwand.

Ich nickte, drehte mich dann zu Bou.

"Hey Kleiner. Ich muss jetzt arbeiten gehen. Ich bringe dich zu den anderen, okay?" Bou schüttelte den Kopf. Ich sah die erneute Angst in seinen Augen.

Seufzend hockte ich mich vor ihn. "Glaub mir. Sie sind ganz nett und wenn ich wieder da bin, hole ich dich wieder zu mir, ja?" Ich glaube ich war noch nie so geduldig gewesen. Aber ich verstand Bous Angst genau, wusste selbst wie sie sich anfühlte.

Es dauerte wohl mehr als 10 Minuten ihn zu einem zögerlichen Nicken zu bringen.

Ein Blick auf die Uhr und ich japste. Schnell stand ich auf, zog ein paar neue Sachen aus dem Schrank, zog sie in Windeseile an, wobei ich darauf achten musste die Netzstrumpfhose nicht zu zerreißen.

Dann huschte ich ins Bad, wusch mir mein Gesicht und schminkte mich neu.

Normalerweise wäre ich noch duschen gegangen, doch in acht Minuten schaffte das niemand. Meine langen Haare bürstete ich in Rekordtempo, verkniff mir die Tränen bei einem besonders großen Knoten. In diesem Moment verfluchte ich Sugizo dafür, dass er mich immer mit offenen Haaren herumlaufen ließ. Doch fluchen konnte ich jetzt nicht. Mit geübten Handgriffen steckte ich mir meine geliebte Haarpracht hoch, überprüfte noch einmal mein Make-up und stöckelte dann aus dem Badezimmer.

Noch einmal ein Blick auf die Armbanduhr. In zwei Minuten würde Miyavi hier erscheinen um mich zu holen. Und Bou musste noch zu Ayumi.

Ich drehte mich zu dem Kleinen und hielt ihm die Hand hin.

"Komm Bou. Sonst bekomme ich Ärger." Das leichte Drängeln in meiner Stimme war deutlich herauszuhören. Bou schüttelte wieder den Kopf.

"Bou möchte nicht, dass Toshiya geht. Bou hat Angst."

Na super! Vorhin hatte er noch genickt. Ich konnte jetzt keine Rücksicht nehmen. Wenn ich nicht zu meiner Schicht ging, würde Sugizo ausrasten und das wiederum schmerzhaft werden. "Bou, onegai! Ich bekomme sonst Ärger. Und Ayumi ist ganz lieb. Ich verspreche es." Jetzt flehte ich schon ein Kind an.

Der Kleine zögerte.

Ein Blick. Noch eine Minute.

"Bouuuu..." Quengeln. Jetzt werde ich selbst noch zum Kind.

Dann endlich das zaghafte Nicken.

"Oh danke..." Ich nahm seine Hand und zog ihn hinter mir her. Vorbei an anderen Bewohnern des Traktes, die Treppe hinunter.

Ich klopfte an die zerschlissene Tür. Hier unten hatte es mir nie gefallen, aber hier hatte auch ich begonnen.

Die Tür wurde geöffnet und Ayumi sah mich an. Ihre braunen Augen begannen etwas zu leuchten. "Toshiya! Schön, dass man sich mal wieder sieht.", strahlte sie. Ich umarmte sie kurz, drückte ihr dann aber Bou in die Arme. "Du Ayu. Ich habe jetzt keine Zeit. Schicht. Du verstehst ja. Könntest du dich bitte um den Kleinen kümmern? Ich hole ihn nachher wieder ab." Ayumi sah mich erst etwas verwirrt an, nickte dann aber.

"Natürlich. Na komm mit Kleiner. Miku und Kanon werden sich freuen." Sie sah mich noch einmal an. "Melde dich bitte mal wieder bei mir, Toshiya. Ich vermisse dich.", hauchten ihre wohlgeformten Lippen. Ich nickte und mein Herz wurde schwer.

Ayumi war ein hübsches Mädchen, aber die jahrelange Arbeit als Prostituierte hatten sie verändert, wie uns wohl alle.

Die Tür schloss sich und ich beeilte mich zurück zu meinem Zimmer zu kommen. Als ich ankam stand bereits Miyavi vor der Tür, sah mich an.

"Da bist du ja endlich! Noch länger hätte ich nicht gewartet!", knurrte er, zog den kurzen Ledermini richtig. "Gomen ne. Ich habe nur den Kleinen weggebracht.", entschuldigte ich mich. Miyavi schüttelte den Kopf. "Gewöhn dich nicht zu sehr an ihn. Bald ist er sowieso weg von hier." Ich erwiderte nichts darauf.

Miyavi hatte recht. Ich sollte mich nicht zu sehr auf Bou einlassen, denn kaum jemand wusste besser als wir, wie es in diesem Geschäft zuging.

Miyavi nahm meine Hand und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu Joey.

Es würde eine lange Nacht werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Dianeczka
2006-03-07T08:17:01+00:00 07.03.2006 09:17
I really like it ^^
Boah, ich finds voll packend!
Mach schnell weiter.
Kanns kaum erwarten
Von: abgemeldet
2006-03-03T14:58:23+00:00 03.03.2006 15:58
wow, das fängt ja echt gut an O___O
der arme Bou Y.Y
bin mal gespannt wie du weiter schreibst ^^
Von: abgemeldet
2006-02-18T17:11:58+00:00 18.02.2006 18:11
mir gefällt die story^^
mou~...armer toshiya...wurde einfach von sugi geschlagen...<.< und bou von toto ~.~
aber ich finds süß das bou erst 10 ist xD
Von:  Jeniva
2006-02-15T14:01:25+00:00 15.02.2006 15:01
Hai..*knuff*
*quietsch*..toto ist ja soooo süß..^^
weiter so..*in hände klatsch*
die story gefällt mir schon jetzt..*smile..

hehehe war erste..XD..


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