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Arash - Herr der Gezeiten

Der ewige Winter
von

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Kapitel 1: Das Dorf der Jahreszeiten

Es herrschte tiefster Winter in dem kleinen Dorf Octron, welches nahe den Bergen im Norden lag. Der Schnee war in der vergangenen Nacht kniehoch gefallen und bedeckten nun die Felder, Häuser, Scheunen, Wiesen und die Bäume der Wälder. Naomi schlich schwerfällig durch den Wald mit einem kleinen Korb in der Hand in dem ein paar weiße Schneebeeren lagen. Diese Beerenart wuchs nur im Winter und war um diese Jahreszeit ein sehr nahrhaftes und gesundes Gewächs. Naomi wurde von ihrer Mutter in den Wald geschickt um ein paar dieser Gutschmeckenden Beeren einzusammeln und diese nach Hause zu bringen.

Vorsichtig setzte Naomi einen Fuß vor den anderen, sie sah nicht wohin sie trat, deshalb konnte jeder Schritt fatale Folgen haben. Sie hielt inne und blickte zum Himmel der mit dicken grauen Schneewolken bedeckt war. Der ganze Wald um Naomi herum leuchtete in einem wunderschönen atemberaubenden Weiß. Stille herrschte, nur das Knirschen des Schnees war zu hören und das Fallen der schweren wei-ßen Masse von den Bäumen.

Natürlich war es für ein Mädchen in Naomis Alter nicht ungefährlich in solch einen Wald zu gehen, be-sonders jetzt, da der Winter schon sehr lange anhielt und die Nahrung knapp wurde. Die Könige der vier Länder, Eiscolt, Feuersturm, Blattregen und Blütentraum, gaben sich gegenseitig die Schuld an den verheerenden Schneestürmen welche bereits ihre Opfer gefordert hatten. Naomi lebte in einem Dorf, welches man als Dorf der Gezeiten bezeichnete.

Hin und wieder kamen Ritter und Adelige in ihr Dorf geritten um Kundschaft zu erhalten, wie lange der Winter noch dauere. Doch auch die Ältesten konnten darauf keine Antwort geben, denn sie wussten es selbst nicht. Kriegerische Handlungen waren nun nicht mehr selten unter den vier Königen der vier Län-der. Wer nicht aufpasste, konnte zwischen die Fronten dieser übermächtigen Länder geraten und schneller sein Leben verwirken als der Schnee vom Baum fallen könnte.

Sie hielt an, beugte sich nach vorn und zupfte sachte von einem Schneebeerenstrauch ein paar Beeren ab. Der Strauch selbst hatte heimtückische Dornen an denen man sich leicht verletzen konnte. In der Ferne hörte Naomi ein seltsames Knacken des Schnees. Irgendetwas Schweres schien durch den Schnee zu waten. Vielleicht ein Bär oder ein Schneepuma. Es hätte alles sein können, wenn Naomi nicht das Schnauben und Wiehern eines Pferdes gehört hätte. Sie stand auf und blickte in die Ferne aus der das Geräusch kam. Sie sah nichts.

Fest umklammerte sie den Korb und sprintete nun durch den Schnee, nicht mehr darauf achtend wo sie hintrat. Wer sie dabei beobachtet hätte, hätte sicher gedacht die Schneeprinzessin persönlich durch-streife den Wald. So wunderschön sah das Bild aus. Zwischen den zugeschneiten Bäumen und Sträu-chern sprang das junge Mädchen in ihrem schneeweißen Mantel dahin. Ihr silbriges Haar wehte im Wind und ihre schnellen Bewegungen wirkten so elegant und anmutig.

Dann sah sie was sie sehen wollte. Ein schwarzes Pferd schleppte sich durch den Schnee. Das Tier trug einen Sattel auf dem Rücken, hatte auch Geschirr um den Hals, doch der Reiter fehlte. Erneut wie-herte das geschwächte Tier, als rufe es nach seinem Herren. Naomi trat aus ihrer Deckung hervor auf das wunderschöne Wesen zu. Dieses hielt sofort inne und begutachtete die Schneeprinzessin neugie-rig.

Naomi reckte dem Tier ihrer Hand entgegen und sofort, ohne lange zu überlegen, trat das Geschöpf ihr entgegen und ließ sich von der Hand des jungen Mädchens berühren. Es wieherte zufrieden und kläg-lich zugleich. Naomi sah die blutenden Vorderläufe des stolzen Tieres, es musste sehr, sehr weit gelau-fen sein durch die klirrende Kälte des Schnees.

Vorsichtig ergriff Naomi die Zügel des Tieres und führte es langsam hinter sich her durch den tiefen und kalten Wald in Richtung ihres Dorfes. Das Tier wippte zufrieden mit dem Kopf und folgte dem jungen Mädchen ohne Widerstand zu leisten. Wo mochte es nur herkommen, dachte Naomi angestrengt nach und warf einen kurzen Blick auf das schwarze Pferd.

Der junge schwarze Hengst schnaubte kurz und beschleunigte seine Schritte immer mehr. Naomi hatte Mühe dem Tier zu folgen. Zu ihrer Überraschung schien der junge Hengst genau zu wissen wohin Na-omi eigentlich wollte. Sie erreichten den Rand des Waldes und blickten von einem kleinen Hügel aus auf das Dorf Octron. Das Tier nickte mit dem Kopf und lief nun langsam und angestrengt dem Hügel hinab auf das Dorf zu.

Kaum betrat sie das Dorf, kam auch schon einer ihrer guten Freunde aus seinem Haus. Er blickte sie nervös an, dann musterte er das schwarze Pferd, begeistert seufzte er: „Was für ein Tier? Wundeschön! Woher hast du es?“ „Es war im Wald, verletzt und schwach.“, erwiderte Naomi und streichelte die Nüs-tern des Hengstes. Sie reichte ihrem Freund, Marco, den kleinen Korb mit den Beeren und sagte: „Bring das zu meiner Mutter und hole mir ein paar Decken aus meinem Zimmer.“ Marco nickte verstehend, ergriff den Korb und stürmte davon.

Naomi führte den schwarzen Riesen in die Scheune ihres Vaters. Dort standen bereits einige Tiere aus dem Dorf. Pferde wie Kühe, Schweine wie Ziegen, überall, in jeder Ecke stand irgendein anderes Haustier und schmiegte sich Wärme suchend an ein anderes Tier. Naomi führte den schwarzen Hengst zu einer freien Stelle im Stroh. Vorsichtig nahm sie Sattel und Geschirr ab, welches bereits auf der Haut des Tieres zu reiben begonnen hatte.

Erst als der Hengst den Sattel und die Zügel los war, ließ er sich schwerfällig ins Stroh niedersinken und schnaufte tief durch. Sofort fielen dem Tier die Augen zu. Die Tür zur Scheune ging auf und Marco, gefolgt von Naomis Vater, kam herein. Marco gab Naomi die Decken und ihr Vater nahm die Vorderläu-fe des Tieres in Augenschein. Naomi deckte dem Pferd mit den Decken den Rücken ab um es zu wär-men.

Mit einem tiefen Seufzen stand ihr Vater wieder auf und wandte sich an seine Tochter: „Du weißt, dass wir ihn nicht auch noch füttern können?“ Naomi blickte ihren Vater traurig an und dieser nickte und lä-chelte: „Aber ich kann seine Wunden versorgen und du kannst ihm Wasser machen.“ Naomi nickte und verließ zusammen mit Marco die Scheune. Mit Wasser machen meinte ihr Vater Schnee einsammeln und überm Feuer zu schmelzen.

Zusammen mit ihrem guten Freund sammelte sie in einem großen eisernen Eimer Schnee ein und im Haus schmolz sie zusammen mit ihrer Mutter dieses. Ihre Mutter seufzte traurig: „Ich weiß, dein größter Traum war und ist ein eigenes Pferd. Ein neues Leben, weit weg von diesem Dorf.“ Naomi antwortete nicht darauf, sie wusste wie sehr es ihre Mutter schmerzte dies auch nur auszusprechen. Doch zu ihrer Überraschung sagte sie: „Vielleicht ist dieses Tier deine Chance für das Abenteuer nach dem du dich so sehr sehnst.“

Naomi hörte auf den Schnee im Topf zu rühren und blickte ihre Mutter an. Diese nickte lächelnd ihre Tochter an: „Ich kann dich nicht ewig halten und nur weil du von hier weggehst, heißt dies noch lange nicht, das es Leb wohl heißt. Wir sehen uns sicher einen Tag wieder. Es liegt nur an dir. Wenn du ge-hen willst, dann tu es solange du die Chance dazu hast.“ „Was ist aber mit Vater und dir, mit meinen zwei Brüdern?“, fragte Naomi mit zitternder Stimme nach.

„Denk nicht daran. Wir haben doch ein gutes Leben. Und selbstverständlich wird dein Vater nicht sehr begeistert sein, doch lass mich mit ihm reden. Geh nun zu deinem Pferd.“, ihre Mutter schüttete den erhitzten Schnee in eine Schüssel und reichte diese ihrer Tochter. Naomi nahm diese entgegen, nickte und verließ das Haus. Immer darauf achtend nichts zu verschütten erreichte Naomi die Scheune. Zu ihrer Überraschung stand der Hengst schon wieder aufrecht auf seinen strammen und schönen Beinen. Ihr Vater sah sie etwas erstaunt und doch blass im Gesicht an. Die Wunden an den Beinen des Pferdes waren wieder verheilt und auch die Abschürfungen, verursacht durch den Sattel, waren längst nicht mehr zu sehen. Sie trat mit der Schüssel in der Hand auf ihren neuen tierischen Freund zu. Dieser trank gierig das leicht erwärmte Wasser.

Ihr Vater seufzte zufrieden: „Er ist etwas sehr besonderes.“ Damit verließ er die Scheune. Naomi drehte sich herum und sah die Tür zufallen. Sie fühlte sich etwas schuldig, denn sie hätte ihren Vater als erste darauf ansprechen sollen, auf die Sache mit dem Dorf verlassen. Sie sah das Pferd an, welches sich wieder ins Stroh legte, sie fragte vorsichtig: „Wer bist du?“ Das Tier sah sie nur stumm an und bewegte leicht die Ohren.

Naomi setzte sich zu dem schwarzen Pferd ins Stroh und seufzte: „Du brauchst einen Namen!“ Das Pferd wieherte daraufhin zustimmend und Naomi nickte: „Na gut. Wie wäre es mit Black?“ Der Hengst wieherte protestierend auf und schüttelte erzürnt den Kopf. Naomi lächelte und streichelte das Pferd nachdenklich: „Aber wie dann?“ Sie blickte sich in der Scheune um. Ihr Blick fiel auf den Lederbeschla-genen Sattel. Dieser war wundervoll verziert und da fiel Naomi ein wunderschöner Name ein, ein Name wie der eines sehr seltenen Edelsteines: Aneela.

„Aneela, ich nenne dich Aneela!“, erwiderte Naomi erfreut und streichelte das Tier auf Vorfreude auf die kommende Reise. Plötzlich wurde die Scheunentür aufgerissen und Marco stürmte aufgeregt herein, er atmete sehr schnell und wedelte mit den Armen hin und her: „Ritter aus Eiscolt. Sie nähern sich unse-rem Dorf. Sie kommen aus dem Wald.“ Kaum hatte er dies gesagt, rannte er wieder nach draußen in die klirrende Kälte. Naomi stand ebenfalls auf, warf noch einmal ein Blick auf den schwarzen Hengst und folgte ihrem Freund schließlich.

Draußen war ein großer Tumult im Gange. Mehrere Bewohner des Dorfes rannten aufgeregt hin und her, sammelten ein, was einzusammeln war. Schafften Kinder und die Ältesten in ein und dasselbe Haus und verriegelten es. Sicherheit war nun das wichtigste für die Ältesten und die Kinder, denn Ritter aus Eiscolt bedeuteten Ärger und Ärger wollten die Bewohner von Octron ganz gewiss jetzt nicht haben. Naomi rannte an den verschiedensten Leuten des Dorfes vorbei auf ihre Mutter und ihren zwei Brüdern zu die vor dem Haus standen.

Kaum erreichte Naomi ihre Mutter, kam ihr Vater aus dem Haus, packte die beiden Jungs und drängte sie hinüber zu einem weiteren Haus, das mit Ältesten und Kindern gefüllt wurde. Naomi stellte sich zu ihrer Mutter, ergriff ihre Hand und flüsterte: „Was wollen sie von uns? Wie viele sind es?“ Doch ihre Mutter kam nicht zum Antworten, denn schon ritt die Vorhut der Eiscolt-Ritter in das kleine Dorf am Rande der Berge ein.

Zwei Reiter saßen auf stolzen weißen Pferden. Die Ritter blickten sich kurz um und warfen dann einen Blick zurück zum Eingang des Dorfes. Von dort her kamen bereits sechs weitere Reiter. Auch diese saßen auf dem Rücken von schneeweißen Pferden und trugen weiße Rüstungen. Naomis Vater trat an ihre Seite und legte seine Hand auf ihre Schulter. Einer der beiden Reiter klappte sein Visier hoch und Naomi stellte verblüfft fest, dass dieser Mann nicht älter sein konnte als sie es selbst war. Er blickte sie kurz an, lächelte charmant und wandte sich dann an Naomis Vater: „Wir brauchen ein Lager für die Nacht.“

Naomis Vater blickte die Menschen im Dorf an und hob die eine Hand: „Ich weiß nicht was ich sagen soll. Abgeben von unseren Vorräten können wir nichts und auch eure Pferde können wir nur mit Wasser versorgen und einem Schlafplatz.“ „Mehr brauchen wir nicht. Wir haben verletzte unter uns. Sie brau-chen ärztliche Versorgung und einen warmen Platz zum Schlafen.“, entgegnete der junge Reiter und warf der hübschen Naomi ein Lächeln zu.

Diese fühlte sich wahrlich geschmeichelt. Sie spürte wie sie rot anlief und wie unangenehm es ihr war, von jemand auf so eine Art und Weise angesehen zu werden. Naomis Vater bemerkte dies und warf sofort ein: „Ich werde sofort einen Arzt zu ihnen Schicken. Meine Tochter führt eure Pferde in die Scheune.“ Damit trat Naomis Vater zurück und verschwand in den Menschenmengen. Der junge Ritter stieg von seinem Pferd ab und die anderen Ritter taten es ihm nach.

Naomi nahm lächelnd das Pferd des jungen Mannes in ihre Obhut und führte es zu der Scheune. Zu ihrer Überraschung folgten die anderen Pferde ihr automatisch. Und auch der junge Ritter schlich ihr lächelnd und leicht verlegen hinterher. Naomi stieß mit dem Fuß die Scheuentür auf und ließ die Pferde in die Scheune ein.

Als alle Tiere drin waren betrat auch Naomi die Scheune zusammen mit dem jungen Ritter. Dieser sah sich kurz um und wandte sich dann an Naomi: „Ich bin sicher du wirst die Tiere auch absatteln und ih-nen Wasser geben.“ „Eigentlich nicht, werter Herr, mir wurde aufgetragen die Tiere in die Scheune zu bringen, nicht sie zu versorgen.“ Der junge Ritter lachte und blickte sich um, sein Blick verharrte auf Aneela.

Dieser hatte sich wieder erhoben und die Decke von seinem Rücken heruntergeworfen. Er erwiderte den Blick des Ritters. Der Ritter lächelte nun längst nicht mehr, er sah Naomi ernst an: „Wem gehört dieses Pferd?“ Naomi sah den Hengst kurz an und zuckte mit den Schultern: „Mir.“ Der Ritter schien irgendwie von der Rolle zu sein: „Seit wann?“ „Schon seit einer ganzen Weile.“, erwiderte Naomi. Natür-lich war dies gelogen, doch sie wusste, dass der Ritter das Pferd zu kennen schien und dies bedeutete nichts Gutes.

„Weshalb wollt Ihr das wissen, junger Herr?“, fragte Naomi nervös nach und der junge Ritter nickte ent-schlossen: „Nun ja. Diese Pferde sind äußerst selten, nur die Reiter des Niemandslandes besitzen sol-che Tiere.“ „Das Niemandsland? Ich kenne dieses Land nicht?“, erwiderte Naomi, bisher hatte sie wirk-lich nur von vier Ländern gehört.

„Das Niemandsland. Ein Land in dem Kreaturen hausen die du nicht mal in deinem Träumen zu sehen bekommst, wo Menschen leben, die von dieser Welt ausgestoßen wurden und wo Wesen leben, wie dieses Pferd.“ „Ich fand es vor einigen Jahren.“, log Naomi und sah Aneela neugierig an. Der junge Ritter erwiderte: „Man sagt, der Herr der Gezeiten sei mit solch einem Tier gesehen wurden.“ „Der Herr der Gezeiten?“, fragte Naomi nach und der junge Ritter seufzte: „Ja, der Herr der Gezeiten. Er gebieten über den Frühling, dem Sommer, dem Herbst und dem Winter.“ „Dann ist es sein Verdienst, das der Winter kein Ende nimmt?“, seufzte nun Naomi und drehte sich zur Scheunentür um.

Der junge Ritter nickte: „Ja, vermutlich sogar. Man sagt, dass der Herr der Gezeiten aus dem Nichts aufgetaucht sei. Urplötzlich, als hätte er etwas zu erledigen oder ist auf der Suche nach etwas. Er wurde gesehen im Osten von Eiscolt.“ „Dann sucht ihr nach ihm?“, fragte Naomi nach und der junge Ritter nickte entschlossen: „So ist es. Mein Herr, der König, verlangt es so. Wenn er den Herr der Gezeiten als Erster in die Finger bekommt, hat er die Macht.“

Im Osten also, dachte Naomi, sah Aneela noch einmal kurz an und verließ dann die Scheune zusam-men mit dem jungen Ritter.



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