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Erwarte nichts, rechne mit allem

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Beschleunigung…? - Teil 1

Beschleunigung…?
 

Er gähnte, die Augen noch geschlossen, streckte dabei seine Arme ein wenig nach hinten, traf mit einer Hand auf das härtere Etwas unter seinem Kopf, der noch immer viel zu schwer war und nur von einem dumpfen Pochen erfüllt zu sein schien.

Verwirrt fragte er mehr sich selbst: „Häh?“, blieb kurz still liegen, blinzelte und öffnete schließlich seine Lider. Doch bei dem Anblick, der sich ihm bot, schlossen sich seine Augen sofort wieder, so schnell wie möglich. Mark rieb über sein Gesicht, wollte den Schlaf vertreiben, hoffte, nur um sie nach einem Seufzen langsam wieder aufzumachen, ohne dass sich dieses eigenartige Bild änderte.

Jin lag neben ihm, ein Arm ausgestreckt und damit sein harter Kopfkissenersatz. Das schlimmste jedoch war der starre Blick, gänzlich fixiert und auf ihn gerichtet. Die goldenen Augen waren so merkwürdig leer und glänzend, dass er leise: „Jin? Ist e…“ fragen musste, und gleich unterbrochen wurde – wie so häufig.

„Shhhhhhh“, gurrte ihm Sarah ins Ohr, zog dabei wieder an seinen Haaren und murmelte: „Er schläft, erholt von Gift…“ weiter.

Mark schüttelte nur ungläubig den Kopf, hob seine Hand, um damit auf seinen Dschinn zu zeigen, und fuchtelte ein wenig damit in die Richtung. „Er…Er…Augen…Er schläft doch nicht“, wollte er ihr klar machen und versicherte sich noch einmal, konnte das Gold noch immer so deutlich erkennen.

Doch sie ließ sich davon nicht beeindrucken, tapste auf dem Bett immer näher zu ihm und fing dann an, leise zu erklären: „Hm? Er schläft. Weiß nicht, wie sie machen das, aber Gefahr so schneller bewusst. Dschinns hassen Angst, hassen ihre Welt. Wollen nicht zurück, verhindern das und blicken lieber. Aber Angst haben sie, wollen nicht einfach verschwinden hier – tot oder zurück in Heimat.“ Da legte sie ihren Kopf schief, sah offenbar, wie wenig Glauben er ihr schenken konnte und wie unsicher er gerade schaute, lange Momente Jins Bauch beobachtete, wie er sich langsam hob und senkte. Das und das Schweigen, die Tatsache, dass sein Bettpartner im Moment nichts sagte, sich nicht rührte und viel zu friedlich war...

„Wieso? Was soll so schlimm sein an…an Heimat?“, wandte er sich schließlich wieder Sarah zu. „Und wieso rede ich jetzt eigentlich mit dir darüber?“

„Weil ich weiß und erzähle?“ Sie kicherte zwischen den Worten, wurde dann aber wieder etwas ernster. „Und weil ich von dir wissen will Sachen. Dschinns haben Angst vor Welt, in der sie machtlos, in der sie ohne Magie und die Hölle ist. Mehr konnte auch nicht…erfahren. Dschinns sehen Heimat als Hölle, furchtbare Hölle in der nur Tod und Verderben sie erwarten, in der sie nichts finden. Gefangene dort, ohne Möglichkeit zu entkommen.“

Mark lauschte ihr, die Augen schwer, aber das Interesse groß. Es klang wie eine Erklärung, wie etwas, was ihm Jins merkwürdiges Verhalten fast verständlich erscheinen lassen konnte - vielleicht. „Und wie schaut es dort aus? Wieso versuchen sie nicht von dort zu entkommen, wieso sind sie so verrückt…?“

Sarah legte ihren Kopf wieder auf die Seite, murmelte leise etwas von „Körnern“, bevor sie so etwas wie seufzte. „Ich weiß nicht. Aber wolltest du in Hölle zurück? Würdest du ‚normal‘ sein, wenn du in einem grausamen Ort aufgewachsen? Und hier, hier sind sie Gefangene der Menschen – die einzige Möglichkeit Magie auszuüben, sich ‚unterzuordnen‘. Also…“

Dabei tapste, nein sprang sie näher zu ihm, ließ ihm keine Zeit mehr, aus seinem geöffneten Mund auch noch ein Wort hinaus zu lassen. „Aber jetzt ich will wissen, will wissen, wieso du wehrst dich gegen Jin.“

„Weil er mich dazu bringen will, weil er versucht, weil er mir keine Wahl lässt. Ich bin nicht schwul“, stammelte er ohne lange nachzudenken das, was er in den letzten Tagen schon so oft zu sich selbst gesagt hatte, schon fast wie eine Formel, ein Gebet für ihn war – an das er nicht immer glauben konnte.

Lange darüber nachdenken konnte er jedoch nicht, da ihm Sarah wieder in ihrer schmerzhaften Eigenart wie ein Specht gegen den Kopf hämmerte und nur durch seine ausschlagende Hand gehindert wurde, weiter Löcher in seinen Schädel bohren zu wollen.

„Und? UND? Wie kann man so…so…sein? Mir fehlen Worte. Du nur ein Leben, eines, das enden kann, bevor es begonnen hat, eines! Jede Möglichkeit, jede Sache die du ablehnst, nicht ausprobierst, obwohl du wolltest – du könntest ewig bereuen. Ich weiß es, gefangen hier, sich in den Tod gestürzt in manchen Formen, nur um in schlimmerem zu landen. Wieso probierst du nicht und dann entscheidest?“, kreischte sie mit einem viel zu hohen Ton in sein Ohr, immer beängstigender. „Tausende Kinder ich habe, Millionen und ich nicht viel bereut. Es egal, das Leben zu kostbar – einzigartig jede Chance. Und du wirfst Möglichkeiten weg, hast alles, nutzt nichts. Wieso?“

Mark starrte sie jetzt ungläubig an, schüttelte den Kopf und wollte nicht in dieses erwartungsvolle Vogelgesicht schauen, dass eine Antwort verlangte. Noch einmal vergewisserte er sich, dass Jin schlief, strich kurz über dessen Haare und begann dann zu reden, sicher, dass er es nicht hören würde: „Weil…ich bin keine Schwuchtel und ich will keine sein. Meine Freunde, meine Eltern würden mich dafür hassen, dass ich nicht so bin, wie ich sein sollte. Was würden sie sagen…“

Ein harter Schlag gegen seinen Kopf stoppte ihn, seine Finger fuhren wie von selbst hinauf zu der schmerzenden Stelle und kamen blutbefleckt wieder. Völlig verwirrt hielt er inne und konnte nur noch Sarah zuhören, die sofort anfing zu plappern.

„Hast du verdient“, beschloss sie, bevor sie anfing ihn förmlich zu belehren. „Er hier“, dabei nickte sie in Jins Richtung, „würde wie du willst alles drehen, solange es nützt ihm. Und du glücklich und reizbar, dabei ein Wunsch für ihn – perfekt es ist dann und sein Himmel. Glaub mir: Du besser es hast als so viele andere und eine verpasste Möglichkeit zu ewiger persönlicher Hölle werden kann, bis du stirbst. Und dann du wirst bereuen für immer.

Wenn du nicht willst, dann nicht tun, aber du es genossen, du alle Chancen – also überlege, bevor du vertust, lass nicht Furcht als einzige bestimmen. Schlaf und was dann als erstes denkst, das ist richtig.“

„Wieso? Wieso tust du das alles? Und wieso sollte ich…ich will nic…“, brachte er zwischen mehreren Schluckern hervor, während er seinen Unterkiefer kaum unter Kontrolle halten konnte.

Ihre Antwort hörte sich wie ein resignierendes Seufzen an: „Versucht alles zu vergessen, zu sein wie Tier, das ich bin, doch am Ende hat nicht funktioniert. Ich am Schluss gefunden, was mein Sinn im Leben ist: Lernen, helfen, lehren, beraten. Und das tausendfach gemacht. Also vertrau mir, vertrau dir und höre auf DICH! Was nach dem Schlaf du denkst über Jin, darüber, ob du probieren solltest Sex noch mal – weil gefallen es dir hat – das tu. Ändern noch immer du kannst und es nicht würde heißen, dass du nicht auch Frauen mögen könntest. Ich weiß, dass man alles mögen kann. Und damit ich suchen müssen nach Essen. In Früh ich will Essen und Fenster mach auf…“, und befahl das letzte regelrecht.

Mark öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder und stand lustlos auf, quälte sich aus dem Bett und schlürfte in Richtung Fenster. Leicht ließ es sich öffnen, der Griff schnell hinunter gedrückt, und genauso rasch flatterte Sarah davon, aber nicht ohne noch: „Und offenlassen!“, zu gurren und ihn allein mit ihren Belehrungen und „Weisheiten“ zu lassen.

Während er ihr noch nachschaute und sie verschwinden sah, schloss er langsam das Fenster, ertappte sich gerade noch rechtzeitig dabei und vergrub seine Hände lieber in seinen Haaren, bemerkte dabei, wie sein Kopf jetzt wieder leise pochte. Zu allem Überfluss war er müde, die Lider schwer und das Bett, in dem er schlafen sollte, oder besser gesagt eher wollte, noch immer mit einem Dschinn besetzt. Eine Weile überlegte er, ob er sich in irgendeinen anderen Raum schleichen oder zumindest eine Couch in Beschlag nehmen könnte, doch dann rebellierte sein Körper mit einem lauten Gähnen und trieb ihn hin zu der kuschligen Decke. Bei jedem Schritt schien er nur noch näher an Schlaf zu gelangen und fühlte schließlich, wie sein Gleichgewicht nicht mehr vorhanden war. Er stolperte über seine eigenen Füße, segelte auf das Bett zu und landete sanft darauf, ein leichter Windhauch, der ihn umgab und eine Hand, die sich um seine Hüfte gelegt hatte. In einem letzten Aufbäumen pochte sein Herz wild gegen seine Müdigkeit an, verlor den Kampf endgültig, als er die goldenen Augen neben sich sah, jetzt erfüllt von Intelligenz, die kurz aufflackerte, halb so präsent schien wie sonst. „Bleib hier…Schlafen und später…“, kam es mit einer tiefen Stimme, die fast wie verschluckt wirkte und dabei so einladend nach Schlaf klang. Ein Bett mit einem Dschinn teilen - wollte er so etwas, wollte er irgendetwas in der Richtung ausprobieren?

Kurz überlegte er, doch die Hand die zog, die Lider, die so schwer waren, nahmen ihm die Entscheidung ab. Mit einem Seufzen drehte er sich, ließ sich mit dem Kopf nach hinten fallen, und merkte schon, wie er abdriftete. Anstatt noch etwas zu erreichen nahm er stattdessen die Gedanken in den Schlaf mit…
 

Vehement schüttelte er den Kopf, versuchte zu vergessen, was Sarah ihm in der Nacht geraten, was sie an Allgemeinweisheiten platziert hatte und ihn damit sicher verwirrt haben musste. Selbst an der fehlenden Bekleidung und daran, dass seine Decke seine Brust unbedeckt ließ, kühle Schauer ihn hätten erfassen sollen, störte er sich nicht. Es war unbedeutend gegen das Problem, das er gerade hatte:

Es konnte einfach nicht sein, durfte nicht sein, denn wie konnte sein erster Gedanke im Ernst sein, dass er Jin sehr attraktiv fand, seine Wärme länger genießen wollte, das sanfte Streicheln über seinen Bauch liebte. Sein Herz hatte zu allem Überfluss auch noch anfangen zu rasen, dabei noch weiter unten, dort unten zu pulsieren.

Bei dem Blick in diese goldenen Augen, die ihn so interessiert anstarrte, wollte er nicht mehr aufschauen wollte jetzt darin versinken und alle Aufmerksamkeit besitzen, mehr fühlen…

Mit einem kräftigen Zwicken in die Wange, dem Schmerz lenkte er sich in genau diesem Moment ab.

„Nein, nein…“, flüsterte er, versuchte die gehobene Braue seines Dschinns zu ignorieren und vergrub sein Gesicht schließlich in seinen Händen, als das so gar nicht funktionierte.

„Und, du schlauer?“, störte ihn Sarah in seinem ernsthaften Bemühen all das hier gerade zu leugnen. Mehr als ein Grummeln brachte er nicht hervor. „Erzähl…oh…warte…ich weiß. Du magst…“

Wie vom Blitz getroffen schoss er hoch, ein Arm vorwärts in Richtung der Taube, bis seine Finger sich um den viel zu voreiligen Schnabel legten, zudrückten und er noch einmal den Versuch startete irgendjemanden zu überzeugen. „Sei ruhig. Ich bin nicht schwul ich“, flüsterte er, während er vehement mit dem Kopf schüttelte, „ ich bin höchstens verwirrt.“

„Ja, das du bist. Du nicht müssen schwul zu sein, um Mann zu mögen, zu lieben oder Sex zu haben. Du können alles mögen, nur eines mögen. Wie wenig denkst…eigentlich?“, nuschelte sie bemüht. Offenbar war er unfähig sie aufzuhalten, ließ los und seufzte.

Und dann mischte sich zu allem Überfluss auch noch sein Jin ein: „Tja, sie hat Recht, mein Markus. Oder um es leichter zu sagen: Du kannst Männer mögen, Frauen mögen und auch beides mögen. Und du könntest noch alles mögliche dazwischen und außerhalb gut finden. Obwohl das natürlich keine Rolle spielt, da nur ich zähle und du mich immer schon wolltest, so jemanden wie mich. Und da du mich schon magst – wenn ich Sarah richtig verstanden habe…“

„WAS? Das habe ich nie gesag…ich fand den Sex gu…argh, ich bin ein Mann, also muss ich den Sex gut gefunden habe…zum Henker, vergiss es einfach. Ich…“, stotterte er wieder einmal, wollte Jin irgendetwas erklären, was ihm beim Anblick der Brotkrumen, an denen Sarah fröhlich pickte und die der Dschinn ihr hinwarf, sofort wieder verschwand.

Erst erstaunt, dann fassungslos, riss Mark die Augen auf und maulte: „Du, du untreues Vieh du! Du hast mir das in der Nacht nur erzählt, weil er dich bestochen hat.“ Dabei fuchtelte er wild mit seinen Händen hin und her, zeigte abwechselnd auf die beiden Übeltäter und fühlte dabei völlige Gedankenleere, die sich aber nicht ganz bis zu seiner Zunge durchkämpfen konnte. „Du Lügnerin. Und ich hätte ihm fast erzählt, dass ich ihn attraktiv finde und wir vielleicht noch einmal ausprobieren könnten, Se…“, redete er wie ein Wasserfall, stoppte sich im letzten Moment durch einen kräftigen Biss auf die Zunge. Der kräftige Schmerz ließ ihn sichtbar zusammenzucken.

Zwischen dem Hinunterschlingen der verschiedenen Brocken, schaute Sarah auf, gurrte ein wenig und meinte dann nur: „Ich lügen nie. Und durch Wahrheit sagen ich endlich Essen bekommen…aber nie in Lüge ich gesprochen. Mein Rat gut war, mein Rat wertvoll und die Wahrheit.“ Damit wandte sie sich wieder glücklich ihrem Mahl zu und beachtete ihn nicht weiter.

„Mein lieber Markus, warum nicht ein Stück weiter gehen und probieren? Dein Schaden soll es nicht sein – und meiner natürlich auch nicht“, fing jetzt Jin an zu sprechen, ein immer präsentes Lächeln auf den Lippen, die Hand ausgestreckt, während die Finger sich bogen und ihn zu sich locken wollten.

Mark blinzelte fassungslos, sein Kopf zum Bersten gespannt, rutschte langsam weg von dieser Einladung, weg von den Verrückten. „Ihr habt sie nicht mehr alle!“, schrie er in dem Moment, in dem er die Kante des Bettes erreichte, drehte sich schnell um und sprang aus dem Bett, rannte zum Eingang. Ohne sich weiter umzuschauen, ohne auf seine Umgebung zu achten, riss er die Tür auf, rannte auf den Gang und zog kräftig an ihr. Mit einem lauten Knall krachte sie zu, vibrierte weiter, während er anfing sich umzuschauen – und erstarrte.

Ein paar Meter vor ihm stand sein Großvater in seinem grauen Designer-Anzug, fuhr sich mit den Fingern durch die streng anliegenden schwarzen Haare und hatte eine Braue gehoben.

„Vielleicht solltest du dich des Nächtens etwas mehr zurückhalten. Ein kleiner Tipp Markus: Bevor du deinen Körper so zur Schau stellen kannst, musst du noch deutlich daran arbeiten. Also zieh dir etwas an“, wies er ihn zurecht, spannte dabei wie zur Unterstreichung dieser Beleidigung seinen deutlich trainierten Körper an, und stoppte erst, als etwas anderes seine Aufmerksamkeit beanspruchte.

„Pierre, wie oft muss ich es dir noch sagen…“, stürmte seine Großmutter in einem sehr bunten Kleid – oder etwas ähnlichem – in ihre Richtung, ergriff die Krawatte seines Großvaters und zog diesen in ihre Richtung, ohne Mark weiter zu beachten. „Ich habe keine Lust mehr darauf, dass du den ganzen Tag nicht einmal halb erreichbar bist. Und mir ist es egal, ob du eine Firma leitest und damit viel Geld verdienst – davon haben wir schon genug. Oder glaubst du, dass wir ewig Zeit haben? Also komm endlich wieder ins Bett, oder ich suche mir einen weniger spießigen…“

Genau in diesem Moment beugte sich sein Großvater hinunter, legte seine Lippen erst sanft auf ihre, vergrub seine Hand in ihren Haaren, drückte sie an sich und küsste sie viel zu leidenschaftlich, während sie an seiner Krawatte zog. Beide hatten offensichtlich völlig auf seine Anwesenheit vergessen. Er stand nur noch fassungslos da, schluckte und zuckte zusammen, sein Mund weit geöffnet, bis ein kräftiges Zittern ihn erfasste. Verzweifelt tastete er mit seiner Hand nach dem Griff, packte so fest zu, dass seine Knöchel weiß zu sehen waren, und riss die Tür mit voller Gewalt auf. Sofort ließ er sich nach hinten fallen, stolperte entsetzt zurück und gab im letzten Moment dem Eingang mit seinem Fuß einen kräftigen Tritt, bis er mit einem lauten Krachen zufiel. Blinzelnd und einen tiefen Luftzug holend, lehnte er sich gegen die Tür, das Grauen endlich ausgeschlossen, und versuchte dabei verzweifelt die Bilder zu vergessen, die noch immer vor seinen Augen schwebten.

Minuten schienen zu vergehen, bis ein leises Kichern ihn ablenkte. Sein Blick schoss hoch, hoch zu Sarah, die auf dem Bett hockte und ihn…auslachte?

„Was jetzt? Ich will keine Beleh…“. Er fauchte sie an, wollte nur, dass er etwas Ruhe hatte, doch Jin und die Taube schienen um die Wette zu grinsen.

Jetzt streichelte sein Dschinn auch noch den Vogel und brachte damit ein merkwürdiges Stechen in seiner Brust zum Vorschein. Sarah gurrte zufrieden, und erklärte dann weiter: „Ich nur wollte hinweisen dich, dass du noch nackt…“

„Ich bin so…“, wollte er schon wieder entgegnen, schaute dabei an sich hinunter und lief rot an. Eine Hand schoss zu seinem entblößten Glied in einem hastigen Versuch es zu bedecken, während er schnell Kleidung suchte, etwas fand und die Lacher dabei ignorierte. Schnell wandte er sich um, zur Tür hin, in Sicherheit und konnte endlich seinen Arm fallen lassen.

„Hübscher Po…“, gackerte die Taube jetzt, flatterte gleich darauf aufgeregt und stieß noch ein „Au“ aus.

„Sehr lustig…“, murrte er, während er sich seine Hose und das Hemd, die leicht nach Rauch stanken, so schnell wie möglich anzog und sich wieder umdrehte. „Jetzt bin ich hier gefangen, kann nicht raus…“, badete er weiter in Selbstmitleid, stockte erst wie gebannt, als Jin lächelnd aufstand und in Richtung der Tür schritt.

„Was hast du vor?“, brüllte er die Frage förmlich heraus, ahnte das Schlimmste – das auch gleich in Erfüllung ging. Er sprang auf, sah zu seinem Entsetzen, wie sich das Tor zur Verdammnis Millimeter um Millimeter fast wie in Zeitlupe bewegte, aufschwang, bevor er ihn erreichen konnte. Sein Herz raste, pochte, als er mit ausgestreckter Hand kurz vor dem Ziel erstarrte und alles seinen Lauf nehmen hörte.

„As-salāmu ʿalaikum. Verzeihen Sie, ich wollte mich nur kurz vorstellen: Jin Naphuriquales“, begann der Dschinn, verbeugte sich tief und machte dabei eine komplizierte Geste mit einer Hand, strich damit über Stirn und Brust.

Anstatt einer anderen Reaktion, vor jeder anderen Reaktion schaute sein Großvater ihn nur schweigend an, sah wohl sein Entsetzen und versuchte ihn mit einem: „Keine Sorge, Markus…“ zu beruhigen, nur um sich im nächsten Moment mit wenig Begeisterung an Jin zu wenden: „…was ich von ihnen nicht sagen könnte, Herr Naphuriquales.“

„Und wieso, Herr…?“, erwiderte sein Dschinn trocken, dabei aber immer noch ein freundliches Grinsen auf den Lippen und beide Arme vor der Brust verschränkt.

„Candé, Pierre Candé. Und auch wenn meine Frau begeistert – zu begeistert“, dabei schienen die Augen seines Großvaters kurz furchtbar klein zu werden, beinahe Blitze durch die Gegend zu schleudern, während er sich mit dem rechten Zeigefinger über das Kinn rieb, die Hand nachdenklich dort liegend, „so bin ich nicht so schnell zu blenden wie sie in ihrer Begeisterung. Markus hier war zwar schon immer etwas eigenartig…“

In dem Augenblick wollte Mark protestieren, ging noch ein paar Schritte nach vorne, hatte den Mund schon geöffnete, ohne, dass ihm jemand Beachtung schenkte, stattdessen alle weiterredeten, als wäre er nicht da. Er war nicht eigenartig…

„…aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Einstellung von heute auf morgen hätte ändern können. Dazu ist er zu unflexibel. Also stimmt hier etwas nicht, Herr Naphuriquales…“, schloss sein Großvater richtig, während Mark selbst gerade anfing beleidigt zu schauen und sich ganz so zu fühlen. Merkwürdigerweise stand seine Großmutter mit verschränkten Armen da und sagte die ganze Zeit über nichts, noch immer nicht und verfolgte mit ihrem scheinbar amüsierten Blick die ganze Unterhaltung.

„Ach Pierre“, fing Jin an und erntete einen giftigen Blick, die knappe Zurechtweisung „Candé“, die selbst Mark zusammenzucken ließ.

Sein Dschinn ging über die Bemerkung hinweg, setzte unbeeindruckt fort: „…Candé, ich kümmere mich gut um Markus und es sollte einem intelligenten Mann aufgefallen sein, dass er insgeheim eine Vorliebe für Männer hat. Also wie kommen sie auf die I…“

„Kurz und knapp: Markus ist nicht mutig genug dafür sich irgendetwas einzugestehen, nicht flexibel genug und ein Angsthase“, erklärte sein Großvater, brachte ihn dazu, sichtlich zusammenzuzucken und laut: „OPA?“, zu schreien.

Die Hände vor sich gehoben protestierte er mit vollem Körpereinsatz, doch sein einziger Lohn war ein Kichern von Sarah, die hinter ihm gerade anfing zu flattern.

Unbeeindruckt fuhr Pierre fort: „ Und sie sind mir hochgradig suspekt. Wenn sie so viel Zeit haben, sie hier zu verbringen, dann können sie nicht genug zum Gemeinwohl beitragen. Also was arbeiten sie?“

„Privatier ist mein Metier, und ich kann ihnen versichern, dass meine Möglichkeiten für meinen Markus zu sorgen, ausreichend sind.“ Jin ließ sich offenbar noch immer nicht verängstigen und zeigte dabei auf ihn.

„Wie sie meinen, auch wenn es nicht IHR Markus ist. Aber denken sie nicht, dass ich sie nicht genau beobachten werde. Ein Fehler und ich werde persönlich dafür sorgen, dass sie nie wieder Erfolg haben können. Ich habe ein Auge auf sie…“ Damit schloss sein Großvater kühl und ohne jegliche Verabschiedung, drehte sich schnell zu Claudia, küsste sie ganz kurz, nur um dann davon zu stolzieren – ohne sich noch einmal umzudrehen.

Bevor er noch reagieren konnte, drehte sich auch schon seine Großmutter um, einen leicht verträumten Blick auf dem Gesicht und lächelte. „Manchmal ist er ein Charmeur, auch wenn er nur ablenkt. Aber Papperlapapp. Ich werde ihn noch dazu bringen die Sachen wieder offener zu sehen und endlich seinen furchtbaren Spießerberuf an den Nagel zu hängen…“, schien sie mehr zu sich selbst zu sagen, als zu ihm, bis ihre Mundwinkel wieder etwas sanken. „Oh, und steh hier nicht so rum, Markus. Du wirst schön im Garten aufräumen und die restlichen Pflanzen einsetzen als Wiedergutmachung für die Zerstörung, bevor du Barbara besuchen gehst. Und keine Sorge: Dein Geliebter wird dir sicher gerne helfen – für einen kleinen Gefallen, ein wenig Unterhaltung und Spaß …er hat auch den Schlüssel“, kicherte sie am Ende und hüpfte wie immer von dannen, ohne ihm eine Möglichkeit zur Erwiderung zu lassen. Ihr Kleid schwang bei jedem Sprung bunt hin und her.

Sein Mund öffnete sich wie von selbst und er versuchte es trotzdem: „Er ist nicht mein Geliebter, zum Henker! Und…“, doch weiter kam er nicht mehr. Sie war inzwischen um die Ecke verschwunden und ließ ihn mit einer kichernden Taube und einem verrückten Dschinn mitten auf dem Gang zurück.

„Du kannst mir auch jetzt den kleinen Gefallen tun…“, strich ihm die Luft, die sanfte Stimme um die Wange, drang in sein Ohr. Erschreckt zuckte er zusammen, fühlte sich mehr als beobachtet und drehte sich um, unfähig zu sagen, was er jetzt empfinden sollte, das einzige in seinen Gedanken das laute Pochen, das mehr einem riesigen Rauschen gleichte.

Er stammelte, fluchte: „Zum Henker…du…du Perverser…grab doch selber!“, drehte sich dann um und stürmte die Treppen hinunter, das leise Lachen ein ständiger Begleiter, sein Herz ein einziger rasender Motor.

Ohne es zu bemerken, stand er schon im nächsten Moment im Garten, lehnte an einem Baum, der deutlich gelitten hatte, an dem Äste halb abgebrochen herunterhingen, die Rinde verbrannt wirkte und schnaufte. Langsam beruhigte er sich, ließ sich auf den Boden fallen, auf das wilde Gras, der Kopf gegen die einzige Stütze gelehnt und genoss die Freiheit, die Ruhe, in der alles so perfekt wirkte.

„Soll das eine Einladung sein?“ Die Stimme riss ihn aus seiner angenehmen Stimmung, ließ ihm keine Wahl mehr und lenkte seinen Blick auf Jin, der mit einer kleinen Schaufel in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen vor ihm stand. „Du siehst zum Anbei…“, begann er, ohne dass Mark es hören wollte.

Verzweifelt, die Augen weit aufgerissen, schlug er sich die Hände über die Ohren, summte: „Ich höre nichts, ich höre nichts…ich bin nicht schwul…“, biss die Zähne zusammen, als er den immer zufriedeneren Ausdruck sah und stand schließlich auf. Es schien als ob er keine andere Wahl hatte. Mit einer einzigen Bewegung griff er nach vorne, schnappte sich die Schaufel und brummte: „Garten ist wichtig…also hilf mir lieber, wenn du…also…vielleicht ich…“, rollte nur kurz mit den Augen, und akzeptierte für den Moment seine Aussage. Er ließ sich wieder auf den Boden fallen und fing an zu graben, um ihn herum das Rascheln der Bäume das einzige, was er noch wahrnahm...



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  Vampire-Hero
2009-03-04T13:19:56+00:00 04.03.2009 14:19
Yes ^^ ich danke dir vielmals, meine Liebe, das du Markus Großvater mit eingebracht hast. Der arme Junge wurde ja von allen Seiten konfrontiert und niemand wollte ihm glauben schenken, weswegen er mehr als verzweifelt. Wirklich, da ist Pierre eine mehr als willkommene Abwechslung, um mal seine Meinung offenzulegen und Markus wiederholte Erklärungen… wie er nun zu Jin steht… übereinstimmt. Auch wenn das sehr dezent ausfällt, was wohl in der Familie liegt, das sie alle so offen miteinander reden ^__^

Also Fazit, schreib bitte weiter, du bringst immer wieder Sachen und Charaktere mit ein, dass man einfach immer wieder positiv überrascht wird und auch stets seinen Spaß hat die Story zu lesen :-)

LG
Vampire

Von:  Mel_Vineyard
2009-02-28T23:29:31+00:00 01.03.2009 00:29
also ich bin ja der meinung, dass mark gewaltige artikulationsprobleme hat....er sollte mal üben sich auszudrücken!^^ (oder liegt das alles nur an der ganzen aufregung?)

nen opa gibts auch noch?pierre candé=)))lustiger name!der hält aber ganz schön was auch sich oder?
ich find so wie er und claudia sich verhalten wirken die ja sehr jung....dürft ich mal fragen wie alt die sind?geistig und körperlich!

aber ich würd mal sagen opa pierre hat den nagel auf den kopf getroffen mit seiner charakteranalyse marks!^^

aber mitlerweile hat es glaub ich sogar mark begriffen, dass er jin unwiderstehlich fndet, will es aber nicht zugeben, weils ja immer ziemlich schwer ist fehler einzusehen.....

Mel
Von:  sky74
2009-02-28T00:39:48+00:00 28.02.2009 01:39
Hallo Vandra,

ist jetzt zwar schon sehr spät (oder früh), aber ich musste doch unbedingt noch am meinen Laptop, weil ich hoffte/wusste, dass Du den neuen Teil on stellst und den musste ich unbedingt noch lesen und natürlich dafür auch einen Kommi hinterlassen. Konnte nicht mehr bis “morgen” warten. *müde, aber sehr beglückt vom neuen Kapitelchen, die Augen reibt*

Hach, war das wieder schön… *verzückt seufz*

Das Gespräch zwischen “dem weisen Yoga” (sprich Sarah *rofl*) und Mark fand ich seeeehr gelungen, auch wenn offenbar ein gewisser Jin da mehr seine Finger drin hatte, als ich anfangs annahm. *g* Aber mit Deinen Andeutungen der Jin-Welt machst Du mich ganz kirre, will endlich, endlich mehr wissen, als nur diese kleinen Brotkrumen, die Du da so einstreust. *schmoll* Das macht mich echt ganz wuschlig. *verzweifelt die Haare rauft*

Aber sag mal, tausende Kinder??? Ich habe ja zwischenzeitlich verstanden, dass Sarah schon seit einer geraumen Zeit ihr Dasein fristet, aber mir scheint, sie war teilweise auch nett beschäftigt… Und dass Sarah und Jin mittlerweile “so gut” miteinander können, finde ich mächtig verdächtig. Nachdem Jin ihr letztes Mal noch den Has umdrehen wollte… *lach*

Und da hatte ich schon die Hoffnung, dass Mark etwas lockerer wird und endlich einsieht, dass er Jin mit Haut und Haaren will -sch*piep*ß drauf, was alle anderen sagen, weil er doch so einige Eingeständnisse gemacht hat und dann kommt wieder dieser Umschwung. *seufz* Wie deprimierend… *zwinker*

Ich beneide Jin ja um sein Selbstbewusstsein, wie der Marks Opa gegenüber getreten ist. Ganz schön frech der Süße. Aber Opa (mit seinen SCHWARZEN -gut gehalten *neid* Haaren) ist ja auch der Hammer. Der passt wirklich gut zu Oma Claudia. Wie der rangeht… wow *lach*. Er scheint seinen Enkel auch wirklich gut zu kennen. Obwohl, ich hätte ja nie gedacht, dass er DAS so “gelassen” nimmt. Auch wenn es für den armen Mark sehr frustrierend sein dürfte, dass er und seine Meinung immer so ignoriert werden. *schmunzel*

Und ich hätte auch Probleme mit dem Nachnamen von Jin gehabt. Den hätte ich mir weder merken (auch jetzt nicht), geschweige denn aussprechen können und Opa Pierre ist da so, so … gelassen, fähig, irgendwie cool.

*prust* Besonders gefallen hat mir natürlich die “Nacktszene” *umfall* Du machst Sachen mit dem armen Jungen…

Also, dieser Teil hat mir wieder so richtig, richtig gut gefallen. Ich liebe “Erwarte nichts” und Deine irren Ideen. *Vandra feste durchknuddel*

Ich freue mich schon riesig auf nächsten Freitag… *verschwörerisch blinzelt* Ich sag nur: Fortsetzung und mehr will!!! *smile*

So, und jetzt gute Nacht!

LG
Sky

(P.S.: Kommi ist vielleicht etwas lang geworden, oder?! *grübelnd an Stirn kratzt*)
Von: abgemeldet
2009-02-27T22:49:40+00:00 27.02.2009 23:49
giggle, opa und oma sind ein echtes dreamteam^^ die sind wirklich der
hammer*sich kugelt vor lachen* mark is nu immer a widerspenstiges kerlchen, aber jin wird ihm das schon nu austreiben, er hat ja schon ansatzweise anzeichen zur besserung^^ spannend is dieses kap aber a wieder, wie immer halt...freu mi schon auf weitere!!!
knuddel di mal dolle
heaven
Von:  aYaKaShI
2009-02-27T22:01:58+00:00 27.02.2009 23:01
markus verhält sich wie ein bockiges kind
oder ein störrischer esel
kommt beides aufs gleiche hinaus
den opa find ich einfach supa^^
der ist eine klasse für sich
und mit der oma zusammen ein unschlagbares team oO

lg aya
Von:  Toastviech
2009-02-27T20:45:24+00:00 27.02.2009 21:45
MArkus tut mir immer noch leid, eher tut er mir immer mehr leid.
Alle scheinen ihn besser zu kennen als er und überrennen ihn damit.
Er kann nicht selbst darüber entscheiden, geschweige darüber in ruhe nachdenken.
Jin ist überall^^
Vielleicht sollte Jin mit mehr Ruhe und nicht so primären Sexgedanken mit Markus alleine reden oder so.

lg toasty
Von:  evejean
2009-02-27T18:29:04+00:00 27.02.2009 19:29
ui,ui wenn man das so liest bekommt man echt den eindruck das alle markus besser kennen,als er sich selber.
bin sehr gespannt wie es weitergeht.

lg eve
Von:  erim007
2009-02-27T12:09:47+00:00 27.02.2009 13:09
Das Kapitel der Weisheiten.Zuerst Sarah und dann noch der Opa.Aber ich glaube sie haben Mark ganz gut eingeschätzt.Und der arme Kerl traut sich selbst doch am wenigsten.Ob da die Ratschläge überhaupt ankommen?Bis zum nächsten
erima


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